Foxx - Folkwang Musikschule - Essen
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24 <strong>Foxx</strong> Talking Drum<br />
Talking Drum<br />
Mit 80 hat Jazzprofessorin Ilse Storb noch Träume<br />
+++ Ilse Storb kämpft für das Jazzlabor in Duisburg +++ Ilse Storb<br />
ist die einzige Jazzprofessorin in Europa +++ Ilse Storb erhält das<br />
Bundesverdienstkreuz für weltweite Friedensarbeit durch Musik<br />
+++ Ilse Storb als rastlose Brückenbauerin +++ Ilse Storb gründet<br />
das Institut für Musiksprachen der Welt in <strong>Essen</strong> +++<br />
Alle Pressemeldungen über die am 18. Juni 80 Takte jung gewordene<br />
Musikerin aus <strong>Essen</strong> gehen um die Welt. Die letzte Nachricht – die<br />
Gründung des Instituts für Weltmusik – steht allerdings noch in der<br />
Zukunft...<br />
Prof. Dr. Ilse Storb<br />
hat in Köln und<br />
Paris studiert, und<br />
der französischen<br />
Metropole ist sie<br />
gleich verfallen.<br />
Paris wurde somit zu<br />
ihrer ersten Offenbarung,<br />
der Jazz zu<br />
ihrer zweiten und<br />
Afrika zu ihrer dritten.<br />
Ilse Storb kam<br />
von der Klassik zum<br />
Jazz, weil der Jazz<br />
so unkonventionell<br />
ist und Menschen<br />
unterschiedlicher<br />
Herkunft miteinander<br />
verbindet. Die<br />
Pianistin war über<br />
30 Mal in Afrika,<br />
denn das Fremde<br />
und Exotische hat sie schon immer gefesselt. So ist es nicht verwunderlich,<br />
dass sie auch die nigerianische Trommel, die Talking Drum, zu<br />
ihren Freundinnen zählt.<br />
Ilse Storb hat im Laufe ihres Lebens Liebe und Leidenschaft für die<br />
Musiksprachen der Welt entwickelt. Und so soll jetzt endlich einer<br />
ihrer Träume verwirklicht werden: ein Institut für Weltmusik, eingebettet<br />
in die Struktur der <strong>Folkwang</strong> <strong>Musikschule</strong>. Zu den geplanten<br />
Lehrgebieten zählen die Geschichte der Kulturen, die orientalischen,<br />
arabischen und chinesischen Musiksprachen, Tanz und Schauspiel. Es<br />
soll eine ganzheitliche Ausbildung werden, und darin liegt auch die<br />
Verbindung zum <strong>Folkwang</strong>-Gedanken der Vereinigung der Künste.<br />
200 bis 300 Schüler werden von 20 bis 30 Dozenten in Einzel- und<br />
Gruppenunterricht in die Musiksprachen der Welt eingeführt. Obwohl<br />
die Professorin schon einige Stiftungen für das Projekt „an der Hand“<br />
hat, steht die endgültige Finanzierung noch nicht. Außerdem wird<br />
noch ein Gebäude für das Institut gesucht – vielleicht findet sich ja<br />
eine ehemalige Industriestätte in <strong>Essen</strong>.<br />
Gerne zitiert Ilse Storb in diesem Zusammenhang einen aktuellen<br />
Satz von Greenpeace: „Wäre die Welt eine Bank, wäre sie längst<br />
gerettet.“ Für die finanzielle Ausstattung ihres Traumes muss noch<br />
gekämpft werden, doch in 30 Jahren Hochschulpolitik hat Ilse Storb<br />
kämpfen gelernt. Schon 1971 setzte sie an der Hochschule in<br />
Duisburg das in Deutschland einzigartige Jazzlabor als Teil der<br />
Musiklehrerausbildung durch.<br />
Neben der Kämpferin gibt es aber auch die Brückenbauerin Ilse Storb.<br />
Ihre Liebe zur Afrika ist sprichwörtlich grenzenlos. Gerade in den Dörfern<br />
Afrikas hat sie viel Menschlichkeit erlebt, trotz Kolonialismus. So<br />
empfiehlt sie gleich einen „Heimatbesuch“ im – vielen leider unbekannten<br />
– <strong>Essen</strong>er Afrika Museum in der Rüttenscheider Straße 36.<br />
Nach ihrer Einschätzung sind Deutschland und der Jazz zwei Welten.<br />
Unter Hitler war der Jazz noch „Negermusik“. Die Deutschen seien<br />
immer noch ein fremden-ängstliches Volk. „Sie haben Angst vor Vitalität“,<br />
so die Jazzprofessorin, Pianistin und Afrikafreundin. Die Musiksprachen<br />
der Welt – und nicht außereuropäische Musik – sind für die<br />
Musik und die Gesellschaft ein Muss. Ilse Storb betont immer wieder<br />
das Verbindende, und so entlarvt sie den Ausdruck „außereuropäisch“<br />
als eurozentrischen Begriff.<br />
Letztlich geht es Ilse Storb aber nicht um die Theorie, sondern um die<br />
Praxis, um nicht zu sagen: die Herzensbildung. Ganz von Herzen<br />
kamen – neben vielen anderen Glückwünschen – auch die musikalischen<br />
Grüße zu ihrem 80. Geburtstag von der amerikanischen Jazzlegende<br />
Dave Brubeck, der ihr zum feierlichen Anlass eigens eine Komposition<br />
widmete. Über ihn hatte sie sich einst habilitiert. Und auch<br />
wir gratulieren an dieser Stelle noch einmal herzlich nachträglich der<br />
großen alten Dame des Jazz, die ganz im Sinne Louis Armstrongs lebt:<br />
„She likes to make people happy“.