schmitzkatze 06 - Schmitz Buch
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Warum er Mathematiker geworden ist, möchte ich von ihm<br />
wissen.<br />
»Die Mathematik als solche ist, wenn man daran interessiert<br />
ist, eine sehr befriedigende Wissenschaft. Es gibt nämlich nur<br />
wenige Bereiche im Leben, in denen man exakt zwischen falsch<br />
und richtig entscheiden kann. In der Mathematik ist das so. Und<br />
jeder auf der ganzen Welt kommt (sofern er dazu in der Lage ist)<br />
bei einem gestellten Problem zu derselben Lösung. Das ganze ist<br />
obendrein völlig losgelöst von Zeit. Was Euklid zum Beispiel vor<br />
ein paar tausend Jahren entwickelt hat, ist immer noch so aktuell<br />
wie damals.«<br />
Das sei aber sicherlich nicht alles, meint Tim Römer. Er habe<br />
sich schon früh für Naturwissenschaften und Forscher interessiert<br />
und fand es immer faszinierend, wie sie letztendlich die<br />
Welt verändert haben.<br />
»Zu einem nicht unerheblichen Teil habe ich das auch meiner<br />
Mutter zu verdanken, die mich immer und immer mit Lesestoff<br />
versorgte. Sobald sie erkannte, dass ich irgendwo angebissen<br />
hatte, deckte sie mich mit Büchern zu.«<br />
Großes Glück hat er obendrein mit seinen Mathematiklehrern<br />
gehabt.<br />
»In der Schule hat Mathematik einfach Spaß gemacht. Das ist<br />
nicht selbstverständlich. Sie haben mir erklären können, dass<br />
Mathematik eine sehr lebendige Wissenschaft ist. Sie haben mich<br />
gefördert und gefordert, wie man so schön sagt.«<br />
Unabhängig davon ist es offenbar eine große Befriedigung,<br />
wenn man ein Problem gelöst hat, das zu lösen noch niemandem<br />
vorher gelungen ist.<br />
Und ungelöste Probleme gibt es in der Mathematik genug. Das<br />
mag man als Laie gar nicht glauben. Und manche klingen dabei<br />
noch fürchterlich banal. Jeder kennt zum Beispiel Primzahlen.<br />
Klar, lernt man ja auch früh. Die Anzahl der Primzahlen, das<br />
hat die Mathematik bewiesen, ist unendlich. Aber wie verhält es<br />
sich mit den so genannten Primzahlzwillingen? Primzahlen, die<br />
immer um zwei differieren (3,5 oder 11,13 oder 17,19) Die bis<br />
heute ungelöste Vermutung ist, dass es davon ebenfalls unzählig<br />
viele gibt.<br />
Mit solchen Problemen, beziehungsweise ihren Lösungen, lässt<br />
sich sogar gut Geld verdienen.<br />
Im 17. Jahrhundert lebte der Richter Pierre de Fermat. Nur<br />
in seiner Freizeit beschäftigte er sich mit Mathematik. Kurz vor<br />
seinem Tod stellte er einen bestimmten mathematischen Satz auf,<br />
dessen Beweis er aber schuldig blieb. Jahrhunderte lang zerbrachen<br />
sich Wissenschaftler den Kopf. Anfang des 20. Jahrhunderts<br />
lobte sogar ein Privatmann ein Preisgeld von 100.000 Goldmark<br />
aus, für denjenigen, der das Problem löst. Die Uni Göttingen<br />
hatte jahrelang einen Fermat-Beauftragten, der ausschließlich die<br />
vielen Lösungsvorschläge zu prüfen hatte.<br />
Erst 1993 gelang es dem Engländer Andrew Wiles dieses Problem<br />
zu lösen und damit auch das Preisgeld zu kassieren.<br />
Und was macht die Welt der Mathematik mit einem gelösten<br />
Problem?<br />
»Unter Umständen gar nichts. Ein Anwendungsbezug muss<br />
nicht zwingend existieren. Es ist oft genug vorgekommen, dass<br />
mathematische Verfahren einfach aus Lust an der Sache entwickelt<br />
worden sind. Oftmals wurden erst viele – manchmal hundert<br />
– Jahre später Anwendungen in der Industrie gefunden. So<br />
existiert im Übrigen ein natürlicher Filter: Was keiner braucht,<br />
gerät irgendwann wieder in Vergessenheit.«<br />
Da kann man sich gut vorstellen, dass diese Wissenschaft den<br />
einen oder anderen skurrilen Typen hervorbringt.<br />
»Das mag schon sein.«, schmunzelt mein Gesprächspartner.<br />
»Man kann häufig unterscheiden zwischen denen, die Familie<br />
und denen, die nur ihre Wissenschaft haben. Menschen, die den<br />
ganzen Tag über nichts anderes tun als denken, werden manchmal<br />
etwas merkwürdig. Ich kenne da einige.«<br />
Trotzdem ist der Beruf des Mathematikers ein sehr angesehener.<br />
Da wundert es schon, dass gerne und häufig und öffentlich betont<br />
wird, Mathematik habe einen nun wirklich nie interessiert.<br />
Frei nach dem Motto: »In Mathe war ich immer schlecht.« Kein<br />
Mensch würde doch zugeben, er sei schlecht in Rechtschreibung<br />
gewesen. Bei Mathematik sieht das aus irgendeinem Grund<br />
anders aus.<br />
Das stimmt so nicht ganz, denn mittlerweile gibt es auch besonders<br />
Mutige, die sich trauen auch andere bittere Wahrheiten<br />
öffentlich zu bekennen.<br />
Wie eingangs erwähnt, ist Rechnen offenbar nicht die Stärke<br />
von David Beckham, so habe er seinem Sohn vorgeschlagen,<br />
lieber ein <strong>Buch</strong> mit ihm zu lesen. Vielleicht tut er ja damit seiner<br />
Frau einen Gefallen, denn Victoria hatte gleichzeitig dem Magazin<br />
Chic erzählt: »Ich habe in meinem ganzen Leben noch kein<br />
<strong>Buch</strong> gelesen... Ich hatte einfach keine Zeit dazu.«<br />
Thomas <strong>Schmitz</strong><br />
<strong>schmitzkatze</strong> <strong>06</strong><br />
… oder eine vorsichtige annäherung<br />
an ein ungeliebtes fach<br />
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