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Die Fehde

Dem Junkermeister des Schlaraffenreychs "Zu den Gyssen" wird seine Knute gestohlen, die er zur Erziehung der ihm anvertrauten Junker und Knappen aus pädagogischen Gründen dringend braucht. Das Buch beschreibt, wie er auszieht, um diese Knute wieder zu erlangen, wie er den Täter findet und mit dessen Reych "Trutze Achalm" zu einem versöhnlichen Ausgleich kommt.

Dem Junkermeister des Schlaraffenreychs "Zu den Gyssen" wird seine Knute gestohlen, die er zur Erziehung der ihm anvertrauten Junker und Knappen aus pädagogischen Gründen dringend braucht. Das Buch beschreibt, wie er auszieht, um diese Knute wieder zu erlangen, wie er den Täter findet und mit dessen Reych "Trutze Achalm" zu einem versöhnlichen Ausgleich kommt.

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Hägar der Ungenormte<br />

<strong>Die</strong> <strong>Fehde</strong><br />

Zu den Gyssen gegen Trutze Achalm<br />

Illustration<br />

Planico vom Griebelsjoch<br />

Grußwort eines Hofnarren<br />

Spirrlifix der Seelendichter<br />

EDITION SCHLARAFFISCHE DICHTER UND DENKER


© 2011 Ingo <strong>Die</strong>nstbach (www.haegar-der-ungenormte.de)<br />

Alle Rechte vorbehalten<br />

Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt<br />

ISBN 978-38423-2972-0<br />

Printed in Germany


Inhalt:<br />

Grußwort eines Hofnarren 7<br />

& nichts als die Wahrheit 11<br />

<strong>Die</strong> <strong>Fehde</strong> 17<br />

Vortrag beim Versöhnungsessen 67<br />

Zeittafel 73<br />

Urkunden 77<br />

Erläuterungen 87<br />

Wappen der Helden 99<br />

Nachwort 101


Grußwort eines Hofnarren<br />

Rt Spirrlifix der Seelendichter (02 Berolina)<br />

Von Ritter Hägar dem Ungenormten 1 des Reyches Zu den Gyssen um ein Grußwort zu dem hier<br />

vorgelegten Werk gebeten, verleitete mich meine Begeisterung dazu, gegen eine Regel der omertá<br />

unter bestimmten Zünften, wie z. B. der Autoren und Kritiker, zu verstoßen.<br />

1 Autor der in Co-Autorenschaft mit dem Ritter Hamlet-surprise verfassten, uhuversell bekannten und<br />

einzigen >Truchsessenschule<<br />

7


Danach sollte man eigentlich Gruß-, Vor-, Nachworte oder eine Kritik nur schreiben, wenn man<br />

das zu würdigende Werk nicht gelesen hat. 2 Dennoch wagte ich einen Blick und komme nun<br />

neben meinen Glückwünschen zu diesem Ouevre nicht um eine Empfehlung herum.<br />

Es handelt sich bei dem hier in Wort (Rt. Hägar) und Bild (Rt. Planico) dargebrachten Bericht<br />

nicht einfach um einen künstlerisch aufgebesserten Nicht-ambtlichen Teyl eines Protokollums<br />

oder eine der üblichen Schwadronnaden aus Derer Schlaraffen Zeyttungen, sondern um ein Bey-<br />

Spiel, das Maßstäbe für den Umgang der Schlaraffen mit- oder gegeneinander setzt: All9 so, ihr<br />

Schlaraffen, die ihr fortan mit- oder gegeneinander umgehen möchtet: leset dieses Werk!<br />

<strong>Die</strong> Manessesche Liederhandschrift wird hinter dieser balladesk mit allerhöchster Vers- und<br />

Reimerkönnerschaft gefechsten und meisterhaft, der mönchisch-mittelalterlichen Kunstfertigkeit<br />

2 Anmerkung des Autors: <strong>Die</strong>se Regel hat folgende Vorteile:<br />

1. Man vergeudet keine Zeit mit meistens sowieso überflüssiger Lektüre.<br />

2. <strong>Die</strong> Bewertung kann nur >wohlwollend< ausfallen.<br />

3. Alle freuen sich:<br />

• der Autor der bewerteten Schrift,<br />

• die Kritiker, die das Werk gelesen haben und vielleicht zu einem anderen Urteil kamen,<br />

• die Besserwisser unter allen übrigen Lesern des Werkes.<br />

8


weit überlegen bebilderten Chronik uhuversal zweifellos verblassen müssen! Im übrigen ist dieses<br />

Werk von allerhöchster uhumoralischer Qualität. Und die ist ganz einfach:<br />

Befehdet Euch schlaraffisch in freundschaftlichem Geist mit dem Ernst, den unser Spiel verlangt,<br />

aber treibt kein profanes Spiel unter den Mänteln falsch verstandenen Rittertums.<br />

Wie mahnte uns schon unser E. S. Faust ?<br />

Freuet Euch des wahren Scheins,<br />

Euch des ernsten Spieles:<br />

Kein Lebendiges ist Eins,<br />

Immer ist's ein Vieles.<br />

9


10


& nichts als die Wahrheit<br />

11


12


Wie es große und heroische Ereignisse fordern, ist der vorliegende Bericht als klassisches Heldenepos<br />

geschrieben worden. Er wurde als Ballade in 24 zierliche Reime gesetzt und mit bunten Bildern<br />

ergänzt, so dass in Sunders auch die schlaraffische Jugend die Geschehnisse verstehen kann.<br />

Trotzdem ist es alles andere als eine Geschichte für Kinder.<br />

Worum geht es?<br />

Das Buch - eigentlich eher die Chronik - hält für die Nachwelt fest, was sich um den Jahreswechsel<br />

a.U. 150/151 zwischen den Reychen Zu den Gyssen und Trutze Achalm abspielte. Es<br />

beschreibt nüchtern und wahrheitsgemäß, was passiert ist und enthält folglich die Wahrheit und<br />

nichts als die Wahrheit.<br />

Nun darf der geneigte Leser Wahrheit und Wirklichkeit nicht verwechseln. <strong>Die</strong> nackte und<br />

nüchterne Wirklichkeit, die zahllosen und zufälligen Äußerungen und Handlungen der Hauptund<br />

Nebenakteure bekommen nur Zusammenhang und Sinn durch die ordnende Hand des<br />

Historikers, des Journalisten oder besser noch durch die des Dichters.<br />

Einem Schlaraffen muss man nicht erklären, dass er seinen Augen nicht trauen darf. Man sieht die<br />

Oberfläche der Dinge und glaubt sie erfasst und verstanden zu haben. <strong>Die</strong>se Wirklichkeit aber<br />

13


liegt verborgen unter dem der Spiegel einer glatten Oberfläche, die wenig enthüllt. Irgendwo in<br />

der Tiefe liegen die Dinge und Geschehnisse und nur der Eingeweihte, der Wissende, kann sie<br />

sehen und deuten. Deshalb vermag auch nur er, wahr zu sprechen.<br />

Erich Kästner hat zwar recht, wenn er (in >Pünktchen und AntonOb wirklich passiert<br />

oder nicht, das ist egal. Hauptsache, dass die Geschichte wahr ist! Wahr ist eine Geschichte dann,<br />

wenn sie genau so, wie sie berichtet wird, wirklich hätte passieren können." So spricht er als Journalist<br />

und Schriftsteller, die beide natürlich leicht reden können.<br />

Wir aber wollen es hier doch mit Winston Churchill halten, der als Historiker in seiner englischen<br />

Geschichte über den sagenhaften Nationalhelden König Artus schreibt: >Das alles ist wahr,<br />

oder müßte es sein und außerdem ist es mehr und etwas Höheres. Auch wenn Menschen im<br />

Kampf gegen Barbarei, Tyrannei und Ausbeutung unterliegen, wird die Erinnerung an ihre Taten<br />

gefeiert werden so lang die Welt besteht. Lasst uns deshalb festhalten, dass König Artus und seine<br />

edlen Ritter das heilige Feuer der Christenheit schützten und mit ihrer Tapferkeit, ihrer körperlichen<br />

Kraft und ihren guten Pferden für die Weltordnung kämpften und ungezählte Horden verruchter<br />

Feinde vernichteten. Damit schufen sie ein Vorbild für alle anständigen Menschen in<br />

allen Zeiten."<br />

14


Wie Artus und seine Ritter ist das Reych Zu den Gyssen also in den Kampf gezogen und in selbigem<br />

Geiste will der Chronist der Ereignisse hier tätig sein. Als Dichter hat er, im Gegensatz zum<br />

Historiker oder Journalisten und bedingt durch die Gesetze der Lyrik, nur begrenzten Platz zur<br />

Verfügung. Er muss kürzen und zusammenfassen. Er muss folglich die Handlungsstränge und die<br />

Charaktere knapp und klar herausarbeiten und ist deshalb gezwungen gelegentlich zu übertreiben.<br />

Er muss die Edlen noch edler und die Bösen noch böser erscheinen lassen. Er muss die<br />

Vielzahl der Schauplätze und Scharmützel zu einem großen Ganzen zusammenfassen, und er darf<br />

deshalb Orte und auch Personen zusammenlegen. Er darf die tatsächlichen Verläufe und Zeitpunkte<br />

ändern, wenn nur so die Handlungsstränge deutlich werden. Er darf alles. Wesentlich ist<br />

nur, dass er bei der Wahrheit bleibt.<br />

Persönlich bedauert der Dichter nur, dass die <strong>Fehde</strong> in einer Versöhnung endete. Wie viel heroischer<br />

und überliefernswerter wäre eine Schlacht gewesen, in der die Schurken schmählich unterlägen<br />

und die Sieger, die Gyssen-Ritter, triumphierend ihre blutigen Schwerter in den Himmel<br />

reckten. Des Königs Artus gedenkt man ja auch nicht, weil er friedlich seinen Acker bestellte und<br />

Schmach und Unterdrückung erduldete. Aber wir müssen hier bei der Wahrheit bleiben, ihr sind<br />

wir verpflichtet, wenn wir auch bedauern, dass die Ereignisse keinen anderen Verlauf<br />

genommen haben. Es hat halt nicht sollen sein.<br />

15


So erzählt dieses Gedicht von Streit und Vergebung, von Feigheit und Kampfeslust, von<br />

Niedertracht und Edelmut, von Trutze Achalm und Zu den Gyssen.<br />

Es berichtet einfach, wie es gewesen ist.<br />

16


<strong>Die</strong> <strong>Fehde</strong><br />

17


18


1.<br />

Zu Reutlingen schlägt sich Gyssen den Bauch<br />

Voll mit taxfrei Pasteten-Essen.<br />

Doch der Grund für diesen uralten Brauch<br />

Ist lang schon versunken, vergessen.<br />

Wer weiß noch, was Ursache für den Disput,<br />

Wer weiß noch von Krieg und vom Heldenmut?<br />

Was wirklich geschah in den Tagen,<br />

Davon will ich singen und sagen.<br />

19


20


2.<br />

Es lebte ein Meister im Gyssen-Land,<br />

Als Reychs-Pädagog sehr verehret.<br />

Der mit Lieb und Strenge und eiserner Hand<br />

Seine Junkertafel belehret.<br />

<strong>Die</strong> Knute, die nutzte er rasch und geschickt.<br />

Hat die Lederriemen mit Näglein bestückt.<br />

Mit der erzog Hägar die Jugend<br />

Und lehrte sie Kampfgeist und Tugend.<br />

21


22


3.<br />

Doch einmal, es war im Eismond wohl gar,<br />

Kam Uff-Muck nach Gyssen geritten.<br />

Es hieß, dass er ganz ohne Heimat jetzt war,<br />

Weil in Pforzheim nicht mehr gelitten.<br />

Bis Trutze Achalm, wo nicht richtig gedacht,<br />

Ihn aus Barm und Güte zum Sassen gemacht.<br />

Auf Unrat und Streit er versessen,<br />

War's Herz ihm vor Rachsucht zerfressen.<br />

23


24


4.<br />

Denn Uff-Muck erfuhr zur Jugendzeit noch,<br />

Wo der Knute Gesetze gelten.<br />

Zu Gast bei Gyssen und unter dem Joch,<br />

War er fromm und folgsam, wie selten.<br />

Zeigt die Knut zu ihm, hat er Männchen gemacht,<br />

Wie alle. Doch grimmig dabei sich gedacht:<br />

So nicht! Und dem klau ich die Knute.<br />

Dass sich Hägar ärgert, der Gute.<br />

25


26


5.<br />

Als dorten der Meister dann einmal schlief,<br />

Im Kreis seiner Schäfchen, den frommen,<br />

Kam Uff-Muck heran. Behutsam er lief,<br />

Und hat sich die Knute genommen.<br />

Er bracht sie dann schleunig zur Achalmburg hin,<br />

Erhobenen Arms, mit Triumphe im Sinn.<br />

Hat sie unterm Throne verstecket.<br />

Auf dass sie dort keiner entdecket.<br />

27


28


6.<br />

Und Hägar versinkt da in tiefem Gram,<br />

Was das Reych sehr bekümmeren täte.<br />

Den Kummer tränkt er, wie Sorge und Scham,<br />

In französischer, tiefroter Lethe.<br />

<strong>Die</strong> Kosten trägt aber der Schatz und das Reych:<br />

Zu so einem Unglück kommt's andre sogleich:<br />

Da keiner die Jugend mehr lenke,<br />

Geht sie über Tische und Bänke.<br />

29


30


7.<br />

Doch Uff-Muck tat eitel, in Prahlerei,<br />

Bald sein Werken der Welt offenbaren.<br />

So hat Gyssen den Namen und dabei<br />

Den Platz des Versteckes erfahren:<br />

<strong>Die</strong> Achalmburg! Ort, wo der Ausgangspunkt war.<br />

Man hat es vermutet - und jetzt ist es klar.<br />

Rasch tat sich der Wille verbreiten:<br />

Gen Trutze Achalm lasst uns reytten.<br />

31


32


8.<br />

Und Stückche, des Reychs gewaltiger Fürst,<br />

Vor lodernden Fackeln und Fahnen,<br />

Berauschet von wildestem Rachedürst,<br />

Schwört laut bei Uhu und den Ahnen:<br />

><strong>Die</strong> Knute zurück! Sonst: Verderbnis und Brand!<br />

Und Uff-Muck! Sonst ziehn wir gen Burg und auch Land!<br />

Und der Krieg wird dann erst geendet,<br />

Wenn alles kaputt und geschändet!<<br />

33


34


9.<br />

Nun hat man bei <strong>Fehde</strong>n ja keine Wahl<br />

Und auch nicht beim Burgen-Verbrennen.<br />

Denn Paragraph elf vom Ceremonial<br />

Tut Gyssen ja leider gut kennen:<br />

Dem Krieg geht erst Mal eine Fordrung voran,<br />

Auch wenn man die Schlacht kaum noch abwarten kann.<br />

Man holt Pergamentum und Feder<br />

Und zieht nun so richtig vom Leder:<br />

35


36


10.<br />

Man biete vom Gruß nur geringes Stück,<br />

Und nur, weil's so Brauch unsrer Väter.<br />

Man fordre die Knute Hägars zurück<br />

Und dazu auch Uff-Muck, den Täter.<br />

Damit man ihn gründelich justifizier<br />

Und so Spitzbuben- Streich nie wieder passier!<br />

Von Genugtun möcht man auch hören.<br />

Sonst wird man dort alles zerstören!<br />

37


38


11.<br />

Den Brief gibt man Hägar zu sichrem Transport.<br />

Doch wen tut man ihm an die Seite?<br />

Der Schildknappe Stefan, der reitet dort,<br />

Von der Mutter, in dem Geleite.<br />

Der schleppt ihm die Waffen und bringt ihm den Trank.<br />

Ja, Stefan hat Arbeit und kriegt wenig Dank,<br />

Und was ihn besonders verdrossen:<br />

Ihm obliegt die Pflege der Zossen.<br />

39


40


12.<br />

Finster, vorm Throne der Trutze Achalm,<br />

Wird Hägar den Brief überreichen,<br />

<strong>Die</strong> Sassen, vor Augen schon Brand und Qualm,<br />

Aus Angst und vor Schrecke erbleichen.<br />

Nur Nautico, Trutze Achalmens Regent,<br />

Behält noch die Nerven, spürt aber latent<br />

Ein bang-unbehagliches Rühren.<br />

Lässt Uff-Muck zum Throne sich führen.<br />

41


42


13.<br />

Der aber verrät gleich zitternd den Ort<br />

Zu dem er die Knute geführet.<br />

Dem Nautico stockt da Befehl und Wort,<br />

Mit dem er das Reych sonst regieret.<br />

Er winkt seinen Häschern (den Junkern des Reychs):<br />

Sie reißen Uff-Muck fort die Rüstung sogleich.<br />

Ein härenes Hemd kriegt der Fiese,<br />

Und Ketten, und ab ins Verliese.<br />

43


44


14.<br />

>Gebt Hägar die Knute, als ersten Schritt,"<br />

Ruft Nautico jetzt in die Stille,<br />

>Und nehmt, zum Zweiten, den Uff-Muck gleich mit,<br />

Dann haben nicht wir ihn beim Mülle."<br />

Doch Hägar spricht da: >Ich überleg........<br />

Es ist Winter und kalt, und lang ist der Weg.<br />

Ob er's aushält? Kann nicht drauf zählen.<br />

Und wir könnten ihn dann nicht quälen.<<br />

45


46


15.<br />

>Drum bleibe er hier auf sein Ehrenwort.<br />

Nur von diesem sei er gefangen.<br />

Doch er komme zu Gyssens Burg und Ort,<br />

Wenn ein Mond ist ins Land gegangen.<br />

Dann stelle er sich dem Gyssen-Gericht;<br />

Auf Milde dort aber hoffe er nicht.<br />

Bei der Planung des Ritts er beachte:<br />

's Reych Gyssen sippt freitags, zur Nachte."<br />

47


48


16.<br />

Da steigt manche Träne den Sassen empor,<br />

Als Hägar so edel gesprochen.<br />

Selbst Nautico wischt sich die Augen, bevor<br />

Er das Schweigen im Reych gebrochen:<br />

>In der Wochungen vier, zu Sippungsbeginn,<br />

Bring ich ihn selber nach Gyssen hin!"<br />

Und Hägar, zufrieden im Mute,<br />

Zieht heimwärts, und mit ihm die Knute.<br />

49


50


17.<br />

Vier Wochungen später: es meldet das Tor<br />

Ein Heer vor der Hessenburg Warte!<br />

Da blitzt und glänzt aus dem Staube hervor<br />

Des Sprengelfürsten Standarte.<br />

Alouette! Er selbst führt das Fähnlein an,<br />

Daneben Nautico, Edelmann,<br />

Der den Uff-Muck am Strick bei sich führet.<br />

Im Halsbrett die Händ arretieret.<br />

51


52


18.<br />

Und dann für die Porta Hercyniae,<br />

Kommt Kantzler Triarier geritten.<br />

Von dort stammt Uff-Muck, mit ihm so viel Weh.<br />

Er will um Vergebung hier bitten.<br />

So führt man den Uff-Muck vor Gyssens Thron,<br />

Sagt ihm: >Hier wartet auf dich dein Lohn!"<br />

Und zum Throne: >Hier ist er, der Freche,<br />

Habt ihn, auf dass Gyssen sich räche.<<br />

53


54


19.<br />

>Behaltet ihn lang und sitzt zu Gericht.<br />

Gern Trutze auf ihn verzichtet.<br />

Und steckt ihn ins Loch, ohn Labung und Licht,<br />

Bis er sich zu Bessrung verpflichtet."<br />

>Greift ihn!" so spricht der Thron da schlicht,<br />

Betrachtend den Uff-Muck mit grimmem Gesicht<br />

Und ein Junker mit Kette und Dolche,<br />

Der nähert sich drohend dem Strolche.<br />

55


56


20.<br />

Doch da, Alouette, er winkt: >Haltet ein!<br />

Genug mit Hauen und Stechen."<br />

Dem Schwaben Nautico macht das jetzt Pein,<br />

Man hört ihn, gequält nur, sprechen:<br />

>Als Genugtuung laden wir Gyssen ein,<br />

Zum Pastetenessen uns Gast zu sein.<br />

Atzt taxfrei bei uns stets hienieden,<br />

Und zwischen uns herrsche dann Frieden."<br />

57


58


21.<br />

Da ruft Stückche gerührt: >Der Streit sei vorbei,<br />

Wir vergelten Treue mit Treue!"<br />

Und zu Uff-Muck sagt er: >Auch du bist frei,<br />

Zeigst du uns nur Scham und auch Reue."<br />

So nimmt die Versöhnung ihren Lauf<br />

Und alles wartet gespannt darauf,<br />

Wie Uff-Muck dem Frieden jetzt huldigt<br />

Und sich und die Untat entschuldigt.<br />

59


60


22.<br />

Nun schimpft aber Uff-Muck noch fürchterlich.<br />

Doch Hägar, der Freud sehr verehret,<br />

Hat 's als Kampf zwischen Ich und Über-Ich,<br />

Rasch tief-psychologisch erkläret:<br />

>Der Widerspruch macht, dass Uff-Muck, wie's scheint,<br />

Immer das Gegenteil sagt, was er meint.<br />

Drum kann man sein Fluchen und Zieren<br />

Als Reue und Scham akzeptieren."<br />

61


62


23.<br />

So sind Gyssen und Trutze in Frieden vereint,<br />

Nur Uff-Muck schaut dumm aus der Wäsche.<br />

Doch kann er den Freunden, die wieder vereint,<br />

Den Frieden nicht stören, der Freche.<br />

Man erneuert der Reyche Freundschaftsbund<br />

Und sind Gyssen, geben Herolde kund,<br />

Zu Reutlingens ewigem Schaden,<br />

Zum Pasteten-Essen geladen.<br />

63


64


24.<br />

So kommt Gyssen seitdem, zur Pastetenzeit,<br />

Zu Trutze Achalm, um zu essen.<br />

Das Reych war dereinst zur Versöhnung bereit,<br />

Und das soll man niemals vergessen.<br />

Man speist und denkt da des Heldenquintetts:<br />

Des Nautico, Uff-Muck und Alouette,<br />

Hägar und Stückche, der Taten schwer.<br />

<strong>Die</strong> Helden gibt es heut nimmermehr.<br />

65


66


Vortrag beim Versöhnungsessen<br />

67


Ein kleines Knäpplein sagt zur Mama:<br />

Über eins muss ich mit dir reden:<br />

Im Frühling sind ewig die Gyssener da<br />

Und essen unsre Pasteten.<br />

Mir hast du doch immer eingebläut,<br />

Dass wir Schwabe nix gebet. Indesse.<br />

Warum können dann diese Rittersleut<br />

Auf unsere Koste fresse?<br />

Komisch, sagt Mama da zu dem Kind,<br />

Dass wir immer zahlen müssen.<br />

Warum wir da so unschwäbisch sind,<br />

Würd' ich wirklich gerne mal wissen.<br />

68


Sie fragt, doch keiner hat eine Spur,<br />

In der Reutlinger Ritter-Runde.<br />

Einen uralten Fürsten findet man nur,<br />

Der murmelt aus zahnlosem Munde:<br />

In grauer Vorzeit, ganz lang schon her,<br />

Als es Helden noch gab und Drachen,<br />

Da nahte ein Gyssener Ritterheer<br />

Um die Achalmburg platt zu machen.<br />

Man sagt, dass es damals ein Schlagzeug war,<br />

Geraubt zu nächtlicher Stunde,<br />

Nach diesem suchte die Gyssen-Schar.<br />

Ob's wahr war, da fehlt die Kunde.<br />

69


Man munkelt, dass dort gewesen sind<br />

Mit Nautico, Hägar, viel Recken.<br />

Auch Uff-Muck - vor dem tut noch heut jedes Kind<br />

Sich vor Angst und Schrecken verstecken.<br />

Man weiß, dass der Krieg rasch ein Ende fand,<br />

Als man Gyssen einlud zu Essen,<br />

Da ließen die Recken Verwüstung und Brand,<br />

Vor Moral und Kampf kommt das Fressen.<br />

So sind, gibt der Frühling sein Kommen kund,<br />

Mit ihm auch die Gyssen hienieden.<br />

Taxfrei Pastetchen zu Atzen ist Grund.<br />

Dann halten sie weiter Frieden.<br />

70


So gebet denn reichlich durch eueren Styx,<br />

Auch wenn euch das Nehmen mehr läge.<br />

Angst geht vor Geiz. So krieget ihr nix,<br />

Ganz wichtig: von Gyssen nicht Schläge.<br />

So wuchs ein Verschwendungs-Blümelein<br />

Auf des Geizes schwäbischem Holz.<br />

Und könnten die Helden jetzt bei uns sein,<br />

Sie wären darauf mächtig stolz.<br />

Beim Versöhnungsessen in der Trutze Achalm am 8. im Wonnemond<br />

a.U. 151 wollte Hägar die Runde nicht mit dem Vortrag<br />

der großen Ballade belasten und trug diese Kurzfassung vor.<br />

71


72


Zeittafel<br />

73


3. im Windmond a.U.147<br />

Junker Martin aus dem Reyche Porta Hercyniae (der spätere Rt Uff-Muck) reyttet erstmals<br />

im Reych Zu den Gyssen ein und sitzt verschüchtert an Hägars Junkertafel.<br />

29. im Lethemond a.U. 150<br />

Hägars Ursippenfeyer<br />

Als Gast erscheint Rt Uff-Muck und raubt die Knute des Junkermeisters Hägar.<br />

15. im Windmond a.U. 150<br />

Bei einem anberaumten Treffen mit Hägar gibt Uff-Muck den Raub der Knute nicht nur zu<br />

sondern lacht dabei höhnisch.<br />

14. im Eismond a.U. 150<br />

Rt Uff-Muck verlässt das Reych Porta Hercyniae und wird als Sasse in die Trutze Achalm<br />

aufgenommen und eingekleidet.<br />

15. im Eismond a.U. 151<br />

Der Oberschlaraffenrat des Reyches zu den Gyssen beschließt, die Trutze Achalm zu<br />

fordern, formuliert die Bedingungen und stellt den <strong>Fehde</strong>brief aus.<br />

74


21. im Eismond a.U. 150<br />

Hägar übergibt die <strong>Fehde</strong>urkunde dem Thron des Reyches Trutze Achalm.<br />

26. im Hornung a.U. 150<br />

Eine Delegation, bestehend aus dem Sprengelfürsten DSR Rt Alouette, dem OK der Trutze<br />

Achalm Rt Nautico und dem Rt Triarier des Reyches Porta Hercyniae übergibt in der<br />

Hessenburg die Antworturkunde, liefert den gefesselten und mit einem Büßerhemd<br />

gekleideten Rt Uff-Muck an die Gyssen aus und sagt die Erfüllung aller weiteren<br />

Forderungen zu. Daraufhin erklärt sich Zu den Gyssen zur Versöhnung bereit.<br />

8. im Wonnemond a.U. 150<br />

Versöhnung der Reyche bei der traditionellen Pasteten-Sippung in der Trutze Achalm, zu<br />

der die Gyssen-Sassen eingeladen sind. Strittig bleibt, ob die von der Trutze Achalm als<br />

Genugtuung versprochene Pasteten-Freiatzung nur für diese Veranstaltung gilt<br />

(Auffassung der Trutze Achalm) oder für alle Zeytten (Auffassung derer Zu den Gyssen).<br />

So ist mit der Versöhnung schon der Keim für neue Helden und ihre Taten gelegt.<br />

75


76


Urkunden<br />

77


78


Text der <strong>Fehde</strong>urkunde des Reyches Zu den Gyssen<br />

Ritterlicher Gruß zuvor und Hand auch/ aber hier nur/ weil dies so Brauch und Sitte in Schlaraffia!<br />

Vielliebe Ambtsbrüder im Reych Trutze Achalm und alle Ritter!<br />

Müssen hiero Klage führen gegen das Reych Trutze Achalm wegen schlimmer Tat eines Eurer Ritter am<br />

Reych Zu den Gyssen/ der eiggentlich ein <strong>Fehde</strong>brief zur Folg haben müsst/ so nicht unser weiser<br />

Reychsfürst Ebigon mit seyn Autorität und lauter Stimm die Gyssen-Ritter überredt/ erst einmal im Guten<br />

zu probiern und der Trutze Achalm Gelegenheit geben/ zu Kreuz kriechen und leisten Genugtun für<br />

verübte Schmach.<br />

Und also vernembet/ was sich zugetragen in der Hessenburg/ und was Ursach dafor/ dass in Harnisch<br />

gerieth Gyssens Sassenschaft:<br />

79


Item: Allwo ein übermüthig Ritterlein/ als da ist Uff-Muck der Scharfzüngler/ unversehns und heimbelich<br />

stahl die Knute unseres Junkermeisters Hägar/ als der grad Ursippte mit Leuchtem im Aug und vor Freud nit<br />

so uffmerksam war/ und P8 die Zugspitze aus der Wilhaim hat gesehen und sagt/ Ja so ist der Uff-Muck!.<br />

Item: hat der garrstige Ritter sie mit sich nommen/ und hatte Gyssens Junkermeister da nichts mehr um<br />

seyn wild und ungebärdig Jugend zu straffen und lehren/ und gingen bald über Tisch und Bänke und<br />

machten was sie wolleten.<br />

Item: Leugent jenes Ritterlein nit seyn obszön Tun an den friedlichen Sassen deren Zu den Gyssen/ und hat<br />

die Knute in die Achalmburg bracht/ wo sie bis heutt wird festgehaltten und versteckt.<br />

Item: Verlor dabei unser guter Hägar viel von sein guten Muth und Geschick als Reychspädagog/ und ist<br />

tiefsinnig worden/ und sieht man ihn nur voll Traurigkeit sitzen und Rotlethe trinkken vor Verzweifflung/<br />

und auff den Reychsschatz/ und kann keyner bezahlen.<br />

Item: hätt das Reych Trutze Achalm den Uff-Mucken prüffen müssen/ denn sieht man schon an seyn<br />

Gesicht und Gestalt/ was das für einer ist/ und dasz er wird Ärger machen/ und. Wissen wir aber/ dasz dieser<br />

lang schon die Trutze Achalm als geistig und wircklich heimatt sieht und dort sippt/ und drum dort auch die<br />

Gyssen-Knute versteckt/ und passt alles zusammen.<br />

Item: hat das Reych Trutze Achalm auch den Uff-Mucken/ ohngeacht seyner Schlechtigkeit und übel/<br />

nicht nur nicht die nöthig Züchtigung geben/nein/ ihn grad und troz allem/ und zum Hohn der guten<br />

Gyssen-Ritter/ neu auffgenommen als Sasse/ statt ihn lassen verschimmelen im Reych Porta Hercyniae.<br />

80


All diesz empfindet Zu den Gyssen als SCHMACH!<br />

Und sieht sich also gezwungen/, wohlgerüstet/ in Schildt und Schwerdt/ ein Erklärung und tiefe Reu zu<br />

fordern/ und auch Besänfftigung/ und die soffortig hergabe der Knute/ Wollen auch dasz der Übeltäter<br />

geschickt wird zur Hessenburg gebunden und in härnem Gewand/ und mit Asch oder anderm Schmutz auf<br />

sein Hauppt/ dasz wir ihn tun in unser Burgverließ bis er bitterlich bereut und Buß tut.<br />

So das Reych Trutze Achalm das nit tun mag/ werden wir/ ogwohl eiggentlich friedfertig und mehr<br />

bequem/ die Áchalmburg stürmen und verheeren und ist nit unsere Schuld dann.<br />

Mit betrübtem Lulu und einem eben noch verblieben Rest von Hochachtung<br />

Gegeben in der Hessenburg am 15. im Eismond a.U. 151<br />

Das Oberschlaraffat Derer Zu den Gyssen<br />

Das Kantzlerambt<br />

Paroli Ebigon (Reychsfürst) Stückche Winhard<br />

81


82


Text der Antworturkunde des Reyches Trutze Achalm<br />

Ritterlicher Gruß und Handschlag zuvor, aber nit, weil wir zu Kreuz kriechen!<br />

Gar schröcklich war die Kundt, die wir vernehmen mußten, die Kundt, die Rt Hägar am 21. Tag des<br />

Eismonds uns überbracht. Groß Zetern und Wehklagen erfüllte die Achalmburg ob der hellisch Gefahr, die<br />

wir vor der Burgpforte wähnten.<br />

Uns, das friedfertig Volk derer von der Trutze Achalm, wöllet Ihr mit einer Reichsfehde überziehen, gar<br />

brandschatzend das Wertvollste niederbrennen, was ein schwäbisches Reych haben kann: unsere Burg.<br />

Wöllet die Achalmburg verheeren, die Burg eines Reyches, das sich den hessischen Reychen - wenn auch<br />

fern - so doch innigst verbunden fühlt. Sippte doch dereinst unser Rt Lahnkrebser von und zum Gleyberg<br />

und sippet hier heut Rt Flottweg, einstens einer derer von Wetiflar: Wäre er dabei gewesen als unser Rt Uff-<br />

Muck Eures Junkermeisters Knute entwendet habe, Rt Flottweg hätte es verhindert. OHO hat es nicht<br />

gewollt.<br />

83


So mußten wir denn den Uff-Muck in Eisen legen, mußten auch seine strahlend neue Rüstung durch ein<br />

hären Gewand ersetzen, und ihn ins Burgverlies werfen um Euren Rt Hägar, der der Raserei nahe schien, zu<br />

besänftigen.<br />

Aber die Oberschlaraffen der Trutze Achalm haben den Uff-Muck danach einer hochnotpeinlichen<br />

Untersuchung unterzogen. <strong>Die</strong>se förderte zu Tag, daß er nur die Knute sichern wollte, die herrenlos in<br />

Eurer Hessenburg herumlag, weil der Rt Hägar freudig erregt und sich der roten Lethe hingebend, Worte<br />

der fungierenden Herrlichkeit über sich ergehen lassen mußte.<br />

Was jedoch sein Fehl war: er nahm die Knute mit. Und dann verbarg er sie in der Achalmburg, weil er sich<br />

keinen anderen Rat wußte. <strong>Die</strong>s könnte einem jungen Ritter, dessen Junkerzeit erst kurz zurückliegt,<br />

verziehen werden. Aber er hat die Knute am Thron der hohen Trutze Achalm verborgen, sich dann um<br />

Kopf und Kragen geredet und den Fungierenden - nämlich mich - beschuldigt, von seiner Missetat gewußt<br />

zu haben. Item war es gerechte Strafe, ihn ins Burgverließ der Trutze Achalm geworfen zu haben.<br />

Ihr aber, hohes Reych Zu den Gyssen müsset Rt Uff-Muck dankbar sein ob seines umsichtigen Handelns!<br />

Könntet Ihr Euch vorstellen, was passiert wäre, wenn Eures Junkermeisters Knute in die Hände Eurer<br />

Junker und Knappen gefallen wäre? Sie hätten sich und andere verletzen können!<br />

Aber ich, der an jenem Sippungstag Fungierende, habe kundt und zu Wissen getan, daß eine Abordnung des<br />

hohen Reyches Trutze Achalm den Uff-Muck zu gegebener Zeit in die Hessenburg überstellet. So sei es!<br />

84


Wir haben als Bewacher aus unserem Mutterreyche Porta Hercyniae, deren seßhafter Sasse der Uff-Muck<br />

zu jener Zeyten seiner Tat gewesen, den Rt Triarier mitgebracht und als allerhöchster Geleitschutz unseren<br />

Sprengelfürsten, den DSR Rt Alouette aus der hohen Ulma. <strong>Die</strong>s diene Euch zu Ehren.<br />

Habt Erbarmen, schaut ihn Euch an, den Uff-Muck. Dereinst ein Bild von einem Ritter, wohlgenährt, ist er<br />

nur noch ein Häufchen Elend. Er, der nicht Quell noch Lethe labt, hat sich dem Trunke hingegeben. Seine<br />

Burgwonne sitzet in der Heimburg und weinet bitterlich.<br />

In sunders aber bedenket: wir/ die Trutze Achalm sind zwar ein fröhliches/ aber armes Reych bar jeden<br />

Mammons. Es würde die Blaue Kerze in der Achalmburg für immer zum Erlöschen bringen/ wenn Ihr uns<br />

brandschatzend heimsuchen würdet. Wie wöllet Ihr das dem UHU/ Allschlaraffia und dem UHUversum<br />

erklären?<br />

Reyttet lieber in friedlicher Absicht bei uns ein/ Laßt uns gemeinsam köstliche Pasteten atzen und perlend<br />

Lethe laben und fröhlich Lieder singen.<br />

Wenn es Euch jedoch besänftigt, dann behaltet den Uff-Muck ein Weilchen bei Euch und sendet ihn dann<br />

geläutert zurück.<br />

Gegeben in der Achalmburg am 11. Tag im Hornung a.U. 151<br />

<strong>Die</strong> Oberschlaraffen der Trutze Achalm<br />

das Kantzlerambt<br />

Klaxon - Nautico - Medi-cantus Cosmokratix Von Chip der Gromodul/Der Trutze Kalli-graf<br />

85


86


Erläuterungen<br />

87


Schlaraffia, 1859 in Prag gegründet, ist ein weltweit verbreiteter Bund von Männern, die Freude daran<br />

haben, ein von freundschaftlichem Geist, Kunstsinn und Humor getragenes Spiel zu spielen. In ihren<br />

Ortsvereinen, den >ReychenZu den GyssenTrutze Achalm< mit den<br />

Reychsfarben Silber-Blau.<br />

88


Seite 31, Vers 2<br />

Seite 33, Vers 3<br />

&es lebte ein Meister<br />

Meister = Junkermeister.<br />

<strong>Die</strong> Aufgaben des Junkermeisters sind in Spiegel (SP) und Ceremoniale (C), den<br />

Gesetzbüchern der Schlaraffen, festgehalten:<br />

§ 26 (3) SP<br />

Der Knappe steht unter der Zucht des Junkermeisters, dem er unbedingten Gehorsam zu leisten hat...<br />

§ 27 (5) SP<br />

Der Junker untersteht dem Junkermeister, dem er unbedingt zu gehorchen hat.<br />

§ 49 SP<br />

Dem Junkermeister.... ist die Erziehung und Schulung der Knappen und Junker anvertraut. Er hat dafür<br />

zu sorgen, daß seine Zöglinge mit dem Schlaraffen-Spiegel und dem Ceremoniale, der Geschichte, der<br />

Symbolik, der Heraldik und der Genealogie der Schlaraffia sowie mit den Hausgesetzen innig vertraut<br />

werden. Er flößt ihnen Achtung vor dem Gesetz und vor der Weisheit der Oberschlaraffen ein und hat<br />

unablässig bemüht zu bleiben, die Knappen und Junker von den Schlacken und Auswüchsen ihrer<br />

profanen Abkunft zu reinigen.<br />

Der Junkermeister erzieht in den Schlaraffenreychen die Junker und Knappen und<br />

benutzt dabei als wirksames pädagogisches Instrument die Knute.<br />

Eismond<br />

In der Schlaraffensprache, dem >Schlaraffenlatein< gibt es eigene Monatsnamen.<br />

Hier ist mit >Eismond


Seite 37, Vers 5<br />

Seite 39, Vers 6<br />

>Wonnemond< ist Mai, >Hornung< ist Februar, > Lethemond< ist Oktober,<br />

>Windmond< ist November).<br />

Pforzheim<br />

Pforzheim meint sowohl die profane Stadt wie das Reych Porta Hercyniae. Rt Uff-<br />

Muck war zum Zeitpunkt des Knutenraubs Sasse (=Mitglied) dieses Reyches und<br />

wechselte eine Wochung (Schlaraffenlatein = Woche) vor der angekündigten Zustellung<br />

des <strong>Fehde</strong>briefs zum Reych Trutze Achalm, das deshalb zum Adressaten<br />

der Beschwerde werden musste.<br />

Achalmburg<br />

<strong>Die</strong> Burgen (=Vereinslokale) der Schlaraffenreyche tragen stolze Namen. In den<br />

Mauern der Achalmburg sippt das Reych Trutze Achalm. Gyssen sippt in seiner<br />

Hessenburg.<br />

Thron<br />

erhöhter Sitz, von dem aus der fungierende Oberschlaffe das Reych regiert und die<br />

Sippung leitet.<br />

Schatz<br />

gemeint ist hier der Reychsschatz, die Kasse eines Schlaraffenreychs.<br />

90


Seite 43, Vers 8<br />

Seite 45, Vers 9<br />

Stückche<br />

Rt Stückche der fröhliche Schlammbeißer ist Oberschlaraffe im Reych Zu den<br />

Gyssen. Sein Name steht auch für seine Ambtsbrüder, die Rt Paroli der Aquile und<br />

Thaler der Blitzblanke, die das Reych gemeinsam in und durch die <strong>Fehde</strong> führten.<br />

Paragraf 11 vom Ceremonial<br />

<strong>Die</strong> Gesamtheit der Grundsätze und Regeln für das schlaraffische Spiel ist in<br />

Spiegel und Ceremoniale zusammengefasst. Betrachtet man den Spiegel als das<br />

schlaraffische Gesetzbuch, enthält das Ceremoniale Ausführungsbestimmungen.<br />

Paragraf 11 Ceremoniale lautet:<br />

ZWEIKAMPF, REYCHSFEHDE<br />

1. Ist ein Ritter durch einen anderen so beleidigt worden, daß er im Zweikampf seiner Ehre Genüge zu<br />

tun bemüßigt ist, so hat er seinen Gegner öffentlich zu fordern, indem er sich vom Burgvogt den<br />

Reychsfehdehandschuh reichen läßt und diesen, nach vorausgegangener Anzeige bei dem fungierenden<br />

Oberschlaraffen, seinem Gegner vor die Füße wirft. &<br />

4. <strong>Die</strong> >Waffen< des Zweikampfes sind Vorträge jeglicher Art, ohne bestimmtes Thema. &.<br />

5. Einfache Mehrheit der anwesenden Ritter in geheimer Abstimmung entscheidet über den ersten und<br />

zweiten Sieg; bei Stimmengleichheit entscheidet das Los.<br />

6. Nach Beendigung des Zweikampfes findet die öffentliche Versöhnung der Kämpen statt.<br />

7. Reychsfehden können nach den Regeln entsprechend § 11 Ziff. 4-6 des Ceremoniales abgehalten<br />

werden. &<br />

91


Seite 49, Vers 11 ...gibt man Hägar zum sichren Transport<br />

analog zu § 11 (1) Ceremoniale, nach dem ein Ritter dem von ihm Geforderten den<br />

<strong>Fehde</strong>handschuh vor die Füße wirft, wird der <strong>Fehde</strong>brief eines Reychs vor den<br />

Thron des geforderten Reychs gebracht und überreicht.<br />

Schildknappe Stefan<br />

nach Wikipedia ist ein Schildknappe (auch Knappe, Page oder Edelknecht) ein<br />

junger ritterbürtiger Mann (Edelknabe), der bei einem Ritter das Waffenhandwerk<br />

erlernt. Der Junker Stefan bleibt trotz seines höheren Standes als Junker in diesem<br />

Sinne Schildknappe von Hägar und lernt das Ritterhandwerk, indem er sich um<br />

dessen Wohlbefinden kümmert.<br />

...von der Mutter<br />

Das Mutterreich Gyssens ist das Reych Nauinheimbia Wettereiba aurea. Von hier<br />

kommt Junker Stefan und wurde dem Gyssen-Junkermeister Rt Hägar von dessen<br />

Nauinheimbia-Ambtsbruder Don Bassini freundlicherweise für diesen beschwerlichen<br />

und gefahrvollen Ritt ausgeliehen.<br />

Seite 51, Vers 12 Nautico<br />

Rt Nautico von Culinarien, Oberschlaraffe der Kunst des Reyches Trutze Achalm.<br />

92


Seite 53, Vers 13 ...und ab ins Verliese<br />

Verlies = Burgverlies. Dazu bestimmt § 12 (3) Ceremoniale:<br />

a) So wie in jedem zivilisierten Staat die Justiz ihre Anstalten zur Bestrafung und Besserung der<br />

Verbrecher eingerichtet hat, so hat auch die Schlaraffia durch das Burgverlies für eine derartige<br />

Einrichtung Vorsorge getroffen. Das Burgverlies ist ein finsteres, feuchtes, von starken Mauern<br />

umgebenes Gelaß, in welches die Strahlen des Lichtes nur spärlich Zugang finden.<br />

b) Ist ein Missetäter in das Burgverlies zu sperren, so stellt der Junkermeister dem Burgvogt zwei<br />

bewaffnete Knappen oder Junker zur Verfügung, mit deren Beihilfe der Armesünder dahin abgeführt<br />

und streng bewacht wird.<br />

c) Dem Eingekerkerten wird je nach der Größe seines Verbrechens gar keine oder nur spärliche Atzung<br />

und Labung verabreicht und keinerlei Anteil an den Vorgängen im Reych gestattet.<br />

d) Eine weitere Pön, welche als Verschärfung des Burgverlieses, aber auch ohne Verbindung mit diesem<br />

in Anwendung gebracht werden kann, besteht in Anlegung des Büßerhemdes und der spitzen<br />

Büßermütze, in welche der Burgvogt den Missetäter öffentlich kleidet.<br />

Häscher<br />

siehe §12 (3) b): zwei bewaffnete Knappen oder Junker<br />

Seite 57, Vers 15 Gyssen sippt freitags<br />

die Schlaraffenreyche sippen an festgelegten Sippungstagen, Gyssen am Freitag.<br />

93


Seite 61, Vers 17 ...von der Hessenburg Warte<br />

Jede Schlaraffenburg hat einen (Wart-)Turm, von dem aus sie das Umland<br />

überwacht und auf dem der Truchseß vor der Sippung die Weisheit Uhus für den<br />

fungierenden Oberschlaraffen in Empfang nimmt, um sie diesem mit dem AHA um<br />

den Hals zu hängen und ihn so zu erleuchten.<br />

(siehe in >Das Spiel beginne 3 <strong>Die</strong> Allschlaraffische Truchseß-SchuleSprengel" genannt werden. Den Bezirksleiter<br />

(auch >Sprengelvorsitzende") nennen einfache Schlaraffenritter in ihrem Jargon<br />

gerne >Sprengelfürst


wendete Gerät hatte Sprengelfürst Rt Aloutte vom Reych Zu den sieben Schwaben<br />

ausgeliehen, wo es (weil vorhanden) offenbar noch nötig und in Gebrauch ist und<br />

vermutlich bei Burgfrauen Anwendung findet.<br />

Seite 63, Vers 18 Porta Hercyniae<br />

das Schlaraffenreich in der profanen Stadt Pforzheim.<br />

Kantzler Triarier<br />

das Reych war so betroffen von der Tat seines damaligen Ritters, dass es seinen<br />

Kantzellar, den vieledlen Rt Triarier ut Westfaolen in die Delegation zu den<br />

Gyssen entsandte.<br />

...von dort stammt Uff-Muck<br />

Uff-Muck war zum Zeitpunkt der Tat Sasse des Reyches Porta Hercyniae<br />

Seite 65, Vers 19 Trutze<br />

Kurzform für >Trutze Achalm<<br />

Seite 67, Vers 20 Pastetenessen<br />

die Reutlinger Pastete, der sogenannte Schiedwecken, ist eine heiße Fleischpastete<br />

aus Blätterteig mit einer Füllung aus Kalbfleisch. <strong>Die</strong> Trutze Achalm veranstaltet<br />

mit dem Reych Maninheimbia im Wechsel ein Pasteten- und Spargelessen.<br />

95


Dem Schwaben Nautico macht das jetzt Pein<br />

Trutze Achalm ist ein schwäbisches Reych und die Schwaben sind bekanntermaßen<br />

sparsam. Uff-Muck drückt das bei Einritten so aus: >Ich habe nichts<br />

mitgebracht, nehme aber gerne etwas mit!<<br />

Atzt taxfrei bei uns stets hienieden<br />

<strong>Die</strong> Formulierung >stets< belegt die Gyssen-Auffassung, dass die Einladung zur<br />

Frei-Pasteten-Atzung nicht einmalig, sondern dauerhaft gemeint ist.<br />

Seite 69, Vers 21 Versöhnung<br />

siehe Anmerkung zu Seite 45<br />

Seite 71, Vers 21 Freud<br />

Sigmund Freud ( 1856 bis 1939), bedeutender österreichischer Arzt, Tiefenpsychologe<br />

und Religionskritiker, Begründer der Psychoanalyse.<br />

tief-psychologisch<br />

gemeint ist tiefenpsychologisch. <strong>Die</strong> Tiefenpsychologie ist die zusammenfassende<br />

Bezeichnung für psychologische und psychotherapeutische Ansätze, die unbewussten<br />

(im Volksmund auch unterbewussten) seelischen Vorgängen einen zentralen<br />

Stellenwert für die Erklärung menschlichen Verhaltens und Erlebens beimessen.<br />

96


Seite 99<br />

Wappen<br />

Über-Ich<br />

Das Über-Ich kann im Freud'schen Strukturmodell der Psyche vereinfacht als die<br />

moralische Instanz oder auch das Gewissen angesehen werden und stellt den<br />

Gegenspieler für die elementaren Lusttriebe des Ichs dar. Das bedeutet hier:<br />

Äußerungen von Uff-Muck (Krawall und Beleidigungen) erlauben die Entdeckung<br />

seiner unbewussten (und im Regelfall diametral gegensätzlichen) Motive (Reue<br />

und Scham) und so fällt es einem Psychoanalytiker (wie Hägar) leicht, die Aussagen<br />

entgegengesetzt zu ihrem scheinbaren Inhalt zu interpretieren.<br />

Und das Beste daran ist: Uff-Muck ist dieser Deutung wehrlos ausgeliefert. Jeder<br />

Versuch einer Widerlegung muss daran scheitern, dass Widerspruch immer als ein<br />

aus dem Unbewussten kommender Widerstand gilt, der als klarer Beweis für die<br />

Richtigkeit der Deutung gilt. Stimmt er aber zu, bestätigt er die Deutung selbst.<br />

Nach § 19 Ceremoniale hat jeder neue Ritter nach erfolgtem Ritterschlag innerhalb<br />

von 60 Tagen ein Wappen beim Burgvogt abzuliefern.<br />

<strong>Die</strong> Wappen der beteiligten Helden sind auf den folgenden Seiten dargestellt. Sie<br />

zeigen in ihrer bunten Verschiedenheit besser als ein Portrait oder eine Personenbeschreibung<br />

den Charaktere ihrer Besitzer.<br />

97


Das Wappen des Ritters Paroli, Oberschlaraffe des Inneren des Reyches Zu den<br />

Gyssen, erinnert an einen Recken, dem eine wesentliche Rolle bei der <strong>Fehde</strong> zukam.<br />

So hat er jene entscheidende Sippung geleitet, in der Rt Uff-Muck an Gyssen<br />

ausgeliefert wurde. Da die Gesetze der Ballade aber nur einen Herrscher zulassen,<br />

mussten er und sein Wirken in der Figur des Fürsten Rt Stückche aufgehen.<br />

Rt Fürst Paroli hat diesbezüglich und im Hinblick auf seinen Nachruhm einfach<br />

nur Pech gehabt.<br />

Das zeigt uns aber auch, dass alle Tüchtigkeit dem Manne nichts nützt, wenn nicht<br />

Glück dazu kommt. <strong>Die</strong>ses Glück hatte Rt Rolli: er bzw. sein Wappen war, wenn<br />

auch zufällig, zur rechten Zeit am rechten Ort. Bei der Übersendung seines eigenen<br />

Wappens schrieb nämlich Sprengelfürst Alouette: >Vielleicht braucht Ihr noch<br />

einen Lückenfüller; daher habe ich noch das Wappen von Rt Rolli beigefügt. Er<br />

könnte als völlig Unbeteiligter doch auch eine gewichtige Rolle gespielt haben!<<br />

Wie wahr! So steht Rollis Wappen am Ende stellvertretend für alle Freunde, die<br />

nichts von der <strong>Fehde</strong> mitbekamen, im Nachhinein aber ihren Spaß daran haben.<br />

98


<strong>Die</strong> Wappen der Helden<br />

HÄGAR<br />

STÜCKCHE<br />

UFF-MUCK<br />

NAUTICO<br />

ALOUETTE<br />

DER UNGENORMTE<br />

DER FRÖHLICHE<br />

DER SCHARFZÜNGLER<br />

VON CULINARIEN<br />

DER FLUGUNTAUGLICHE<br />

SCHLAMMBEISSER<br />

JUNKERMEISTER<br />

OBERSCHLARAFFE<br />

ÜBELTÄTER<br />

OBERSCHLARAFFE<br />

SPRENGELFÜRST<br />

ZU DEN GYSSEN<br />

ZU DEN GYSSEN<br />

TRUTZE ACHALM<br />

DER TRUTZE ACHALM<br />

UND OI DER ULMA<br />

99


weitere Wappen<br />

PAROLI<br />

DER AQUILE<br />

PLANICO<br />

VON GIEBELSJOCH<br />

TRIARIER<br />

UT WESTFAOLEN<br />

JK STEFAN<br />

KNAPP 190<br />

ROLLI<br />

VON GIEBICHENSTEIN<br />

OBERSCHLARAFFE<br />

HOFMALER<br />

KANTZELLAR<br />

SCHILDKNAPPE<br />

UNBETEILIGTER<br />

ZU DEN GYSSEN<br />

ZU DEN GYSSEN<br />

PORTA HERCYNIAE<br />

NAUINHEIMBIA<br />

ULMA<br />

WETTEREIBA AUREA<br />

100


Nachwort<br />

Mir steht seit je der Sinn nach einer Reychsfehde. Das Aufeinandertreffen zweier Reyche in edlem Wettstreit<br />

ist für mich Höhepunkt des schlaraffischen Spiels und spornt die Beteiligen zu jenen Höchstleistungen<br />

an, die sie im schlaraffischen Alltag 3 auch den gibt es 3 und seiner Routine nicht hervorbringen.<br />

Ich gebe gerne zu, dass ich mich geärgert habe, als meine Knute 3 zum wiederholten Male 3 weg war. Doch<br />

dann lag dank dieses ruchlosen Raubs die <strong>Fehde</strong> plötzlich zum Greifen nahe. Und die beteiligten Freunde<br />

spielten prächtig mit. Sicher, wir waren jetzt verfeindet und bereiteten uns auf Forderung und Treffen vor.<br />

Doch das schlaraffische Ceremoniell findet ja nur zwischen den Tam-Tam-Schlägen statt, die eine Sippung<br />

begrenzen, was natürlich auch für alle Kampfhandlungen gilt. Außerhalb von Tam-Tam und Sippung arbeiteten<br />

die Protagonisten gut zusammen. Bei Uff-Muck in Reutlingen bereiteten Jk Stefan und ich den<br />

Auftritt in der Achalmburg vor, und in meiner Heimburg falteten und siegelten die Recken Alouette,<br />

Nautico, Uff-Muck und Triarier die Antworturkunde und legten Uff-Muck das schmutzige Büßerhemd um,<br />

bevor sie in die Hessenburg einritten, um ihn Gyssens Gnade auszuliefern.<br />

101


Den Reychen war nicht ganz wohl bei der Sache. Eine Reychsfehde ist immer eine gewaltige konzeptionelle,<br />

logistische und finanzielle Herausforderung. Das Oberschlaraffat meines Reychs ließ sich aber doch<br />

von der Notwendigkeit eines <strong>Fehde</strong>briefs überzeugen. Ich fuhr nach Reutlingen, nicht nur mit einer<br />

Urkunde im Gepäck, sondern auch mit der Mahnung: >Kommt bloß nicht mit der Reychsfehde nach<br />

Hause!< Aber das hat man nicht in der Hand. In Reutlingen gab es bei der Überreichung des <strong>Fehde</strong>briefs<br />

durchaus Stimmen, mich ins Verlies zu werfen. Ja, hätte Monachias Rt Pengerl (den ich aus eigener, bitterer<br />

Erfahrung kenne) auf Trutze Achalms Thron gesessen, wer weiß, welchen Verlauf die Geschichte<br />

genommen hätte....<br />

Doch so sah auch Reutlingen die Sache letztlich wie Gießen und war deshalb nach kurzer Bedenkzeit bereit,<br />

alle Forderungen der Gyssen zu erfüllen, so hart sie waren. Es beschlossen beide Reyche daher rasch,<br />

sich doch lieber bei einem preiswerten und weniger aufwendigen Pastetenessen zu versöhnen.<br />

Etwas wehmütig saß ich denn zu Beginn dieser Winterung im Bernlocher-Redoutensaal in Landshut und<br />

erlebte die Reychsfehde zwischen den Reychen Gallia Helvetica und Vindobona. <strong>Die</strong> Ursache war auch hier<br />

zwingend: die Vindobona hatte eine Sippung >Aus der Kitschkiste< veranstaltet, wofür Gallia Helveticas<br />

Rt Kitsch Tantiemen einforderte, was empört und mit der Forderung nach kniefälliger Entschuldigung<br />

seitens der Vindobona zurückgewiesen wurde. Auch dass Rt Kitsch im Verlauf der Verhandlungen und<br />

Vorbereitungen seinen Ritt gen Ahall antreten musste, konnte das Aufeinandertreffen nicht aufhalten.<br />

102


In Landshut ritt die Gallia Helvetica eine gekonnte, direkte und musikalische Attacke, die die Recken der<br />

Vindobana schauspielerisch konterten mit Interna aus einer Wiener Ministerialkanzlei mit ebenso fein- wie<br />

hintersinnig und -hältig gesponnen Gemeinheiten. Ich denke noch heute schmunzelnd an den leitenden<br />

Sektionschef Dr. Sedlmaier und seinen Bürodiener Sedlacek, von denen wir so erfuhren, dass die Armbrust<br />

Wilhelm Tells ein gelungener Import fortschrittlicher österreichischer Waffentechnik war.<br />

Nun geht es, wie jeder wissen kann, bei einem solchen Treffen nicht anders, als dass der eine gewinnt und<br />

der andere verliert. Und meistens ist der zweite Sieger betrübt ob des Ergebnisses. Aber spielen Sieg und<br />

Niederlage wirklich eine Rolle? Wesentlich ist doch nur, dass jeder sein Bestes gibt und alle Freude am Spiel<br />

haben. Beide Reyche waren großartig, wie auch die von der Landeshuota ausgerichtete Veranstaltung. Man<br />

erlebt einen solchen Genuss auch in Schlaraffia nicht alle Tage.<br />

Und wir haben uns versöhnt. Schade, schade, schade!<br />

Da ich die Reychsfehde nicht bekam, schrieb ich mir zum Trost wenigstens dieses Buch.<br />

Gegeben in der Hessenburg im Christmond a. U. 152<br />

Hägar<br />

103


104

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