Status Quote
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Sabine Leucht • Petra Paterno • Katrin Ullmann (Hg.)<br />
Theater im Umbruch:<br />
Regisseurinnen im Gespräch<br />
Henschel
<strong>Status</strong> <strong>Quote</strong><br />
Theater im Umbruch:<br />
Regisseurinnen im Gespräch
Sabine Leucht • Petra Paterno • Katrin Ullmann (Hg.)<br />
Theater im Umbruch:<br />
Regisseurinnen im Gespräch<br />
Henschel
Impressum<br />
www.henschel-verlag.de<br />
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:<br />
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen<br />
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet<br />
über http://dnb.dnb.de abrufbar.<br />
Die Verwertung der Texte und Bilder, auch auszugsweise, ist ohne Zustimmung<br />
der Rechteinhaber urheberrechtswidrig und strafbar. Dies gilt auch für<br />
Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung<br />
in elektronischen Systemen.<br />
ISBN 978-3-89487-845-0<br />
Auch als E-Book erhältlich: ISBN 978-3-89487-846-7<br />
© 2023 Henschel Verlag in der E. A. Seemann Henschel GmbH & Co. KG,<br />
Leipzig<br />
Umschlaggestaltung: Barbara Hinz, Leipzig<br />
Lektorat: Dr. Julia M. Nauhaus, Lübeck<br />
Gestaltung und Satz: Barbara Hinz, Leipzig<br />
Herstellung: feingedruckt. Print und Medien, Neumünster<br />
Druck und Bindung: feingedruckt. Print und Medien, Neumünster<br />
Printed in the EU<br />
Mit freundlicher Unterstützung der Berliner Festspiele und des<br />
Goethe-Instituts
6<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Vorwort der Herausgeberinnen<br />
8<br />
WO WAREN DIE FRAUEN?<br />
12<br />
Im Sinne der Freiheit der Kunst. Die Frauenquote beim Berliner<br />
Theatertreffen • ein Resümee von Yvonne Büdenhölzer<br />
Vom langsamen Bohren sehr dicker Bretter • ein Rückblick<br />
auf die Juryarbeit und die eingeladenen Regisseurinnen<br />
der »Vor-<strong>Quote</strong>njahre« von Eva Behrendt<br />
»Flamingos auf der Pinguinparty«? • Karin Henkel und<br />
Lisa Lucassen im Gespräch<br />
13<br />
17<br />
24<br />
WER SIND DIE FRAUEN?<br />
19 REGISSEURINNEN AUS DEN FESTIVALJAHREN 2020–2023<br />
35<br />
»Die Frauenquote wurde eingeführt, damit sie sich selbst<br />
abschafft« • Claudia Bauer<br />
»Je genauer du hinschaust, desto mehr Ungerechtigkeiten<br />
treten zutage« • Helgard Haug<br />
»Das Theater wird nie alt« • Florentina Holzinger<br />
»Die <strong>Quote</strong> tut meiner Kunst überhaupt keinen Abbruch« •<br />
Anne Lenk<br />
Eine Idee von Fairness • Katie Mitchell<br />
»Ich glaube, dass jeder Blick sich spezifisch verortet« •<br />
Anta Helena Recke<br />
»Dieses Gefühl ›Ich habe es geschafft!‹, das gibt es nie« •<br />
Karin Beier<br />
Die Transparenzoffensive • Leonie Böhm<br />
»Kein Mensch hat einmal gesagt: ›Jetzt reicht’s!‹« • Barbara Frey<br />
Schlaflose Nächte • Marie Schleef<br />
36<br />
44<br />
52<br />
60<br />
70<br />
78<br />
86<br />
94<br />
104<br />
114
7<br />
Weiblichkeit als Kapital • Lucy Wilke<br />
»Theater darf auch pink sein!« • Pınar Karabulut<br />
»Dass Kunst bequem sein könnte, damit habe ich nie gerechnet« •<br />
Signa Köstler und Sybille Meier<br />
»Ich habe genauso viel zu sagen wie ein männlicher Kollege« •<br />
Ewelina Marciniak<br />
»Ich bin zumindest der Meinung, dass ich keine<br />
Chauvinistin bin« • Yael Ronen<br />
»Ich suche nach Abgründen« • Felicitas Brucker<br />
»Dieses Märchen, es gäbe ja gar keine Regisseurinnen,<br />
ist endlich vorbei« • Lucia Bihler<br />
»Ändert die Gesellschaft!« • Mateja Koležnik<br />
»Ich bin eine Forscherin« • Rieke Süßkow<br />
122<br />
130<br />
140<br />
152<br />
160<br />
168<br />
176<br />
186<br />
194<br />
WIE WEITER?<br />
ANTWORTEN, POSITIONEN UND VISIONEN<br />
202<br />
Sonja Anders • Nicola Bramkamp • Amelie Deuflhard •<br />
Hayat Erdoğan, Julia Reichert und Tine Milz • Karoline Exner •<br />
Barbara Gronau • Maria Happel • Lisa Jopt • Shermin Langhoff •<br />
Iris Laufenberg • Kathrin Mädler • Anna Mülter • Barbara Mundel •<br />
Patricia Nickel-Dönicke • Amélie Niermeyer • Veronika Steinböck •<br />
Carola Unser-Leichtweiß und Eva Lange • Annemie Vanackere •<br />
Anna Wagner • Franziska Werner<br />
ANHANG<br />
212<br />
Regie-Frauen beim Theatertreffen<br />
Premierendaten<br />
Kurzbiografien der Autorinnen<br />
213<br />
216<br />
220
8<br />
Vorwort der Herausgeberinnen<br />
Gleich beim ersten Nachdenken über ein gemeinsames Buchprojekt<br />
kamen uns die zahlreichen Künstler:innen in den Sinn, deren<br />
Arbeiten uns während unserer Jurytätigkeit für das Berliner<br />
Theatertreffen begegnet sind. Dass unter ihnen so viele Regisseurinnen<br />
waren, liegt an der 50-%igen Frauenquote, die seit der<br />
Festivalausgabe 2020 gilt. Schaut man auf die Persönlichkeiten und<br />
künstlerischen Handschriften, die die <strong>Quote</strong> erst sichtbar gemacht<br />
hat, ist sie ein Segen. Für uns als Jurorinnen war sie manchmal<br />
auch Bürde, aber immer Auftrag und Antrieb, den eigenen Blick<br />
zu weiten und zu schärfen. Ohnehin ist die Suche nach jenen<br />
zehn Arbeiten des Kalenderjahres, die dem für das Theatertreffen<br />
geltenden Kriterium »bemerkenswert« standhalten, so privilegiert<br />
wie zehrend. Um dazu noch die Frauenquote erfüllen zu können,<br />
heißt es, gezielt nach Regisseurinnen zu fahnden, wobei »fahnden«<br />
durchaus wörtlich zu nehmen ist: Auch wenn sich die Prozentzahl<br />
regieführender Frauen auf allen Sprechtheater-Bühnen im deutschsprachigen<br />
Raum zusammengenommen kontinuierlich nach oben<br />
bewegt – die Werkstatistik des Deutschen Bühnenvereins weist für<br />
die Spielzeit 2018/19 rund 28,1 %, nach den für 2021/22 geschätzten<br />
Zahlen schon 34,6 % aus –, werden viele von ihnen noch immer<br />
gut versteckt: im Kinder- und Jugendtheater, auf Provinz- oder<br />
Studiobühnen und den Nebenspielstätten größerer Häuser.<br />
Dennoch haben unsere Vorgänger:innen und wir für die<br />
Festivalausgaben 2020 bis 2023 spartensprengende Inszenierungen<br />
entdeckt, spektakuläre Bilder, zarte Utopien und epische Erzählungen<br />
von Frauenhand, eigenwillige und scharfsinnige Interpretationen<br />
kanonischer und neuer Stoffe, eine Lust an der Demontage<br />
klassischer Bühnenhelden, an kämpferischen Heldinnen und der<br />
Auflösung von Geschlechtergrenzen – zumindest für die Dauer<br />
eines Theaterabends. In jedem Fall genug Spannendes, um Lust<br />
darauf zu bekommen, diese vier »<strong>Quote</strong>n-Jahrgänge« in einem
Buch zu porträtieren und gleichzeitig die Frage nach der Sinnhaftigkeit<br />
dieses Instruments zu stellen.<br />
Dass auch wir Frauen aufgewachsen sind mit ästhetischen<br />
Vorbildern, die einem männerdominierten, westlichen Kanon<br />
und Vorstellungen vom »männlichen Genie« entsprungen sind,<br />
ist, wie wir feststellen mussten, wie Giftmüll mit allzu langer<br />
Halbwertszeit. Zu oft deckt sich unsere Prägung mit der vieler<br />
Theatermacherinnen, die in diesem Buch über ihre Erfahrungen<br />
und Werdegänge sprechen: Wie fanden sie dennoch ihren künstlerischen<br />
Weg? Welche Netzwerke brachten sie weiter? Worüber<br />
sind sie gestolpert? Hat ihnen die <strong>Quote</strong> geholfen? Oder waren sie<br />
im Gegenteil dem Verdacht ausgesetzt, sie hätten es lediglich »auf<br />
dem Rockticket« zum Theatertreffen »geschafft«? So nennt es Lisa<br />
Lucassen – in ironischer Absicht. Die Mitbegründerin des Performance-Kollektivs<br />
She She Pop traf sich mit der Regisseurin Karin<br />
Henkel stellvertretend für die erfolgreiche weibliche »Vor-<strong>Quote</strong>n-<br />
Generation« auf unsere Anregung hin erstmals zum Gespräch.<br />
Yvonne Büdenhölzer, die als Leiterin des Theatertreffens 2019 die<br />
Frauenquote einführte, zieht in dieser Publikation ein Resümee,<br />
und die Theaterkritikerin und mehrfache Theatertreffen-Jurorin<br />
Eva Behrendt beschreibt, wie es zwischen 1964 und 2019 um die<br />
weiblichen Regiepositionen bei dieser Leistungsschau des deutschsprachigen<br />
Theaters bestellt war – mit einem ernüchternden<br />
Ergebnis: In den ersten 16 Festival-Jahren war keine einzige Frau<br />
dabei. Die erste Sprechtheaterregisseurin, die sich im Kreis der<br />
männlichen Kollegen behaupten konnte, war Andrea Breth, die<br />
ab 1985 neunmal nach Berlin eingeladen wurde, dicht gefolgt von<br />
Henkel mit sieben Einladungen bis 2018.<br />
Für den Hauptteil von <strong>Status</strong> <strong>Quote</strong> haben unsere (ehemaligen)<br />
Jurykolleginnen Margarete Affenzeller, Cornelia Fiedler, Valeria<br />
Heintges, Shirin Sojitrawalla, Christine Wahl und wir selbst alle<br />
Regisseurinnen getroffen, die in den ersten <strong>Quote</strong>njahren 2020 bis<br />
2023 zum Theatertreffen eingeladen waren. Entstanden sind 19 Interviews,<br />
Gesprächsnotizen und Porträts, in denen die Frauen über<br />
9
10<br />
ihren Arbeitsalltag, »weibliche« Arbeitsweisen und Ästhetik(en),<br />
Struktur-Probleme des Theaters und auch über sehr persönliche<br />
Erfahrungen sprechen. Die Texte sind so unterschiedlich wie die<br />
Künstlerinnen: Zwischen 1962 und 1990 geboren, gehören sie<br />
Generationen an, die ihr Frau-Sein mehr oder weniger stark mit<br />
dem Kämpfen-Müssen assoziieren. Sie haben Kinder oder keine,<br />
kommen aus einfachen oder privilegierten Verhältnissen, einige haben<br />
migrantische Wurzeln; sie versuchen, ihre Kunst mit einer Behinderung<br />
zu vereinbaren oder einem Leben in mehreren Ländern<br />
oder Kontinenten. Erstaunlich viele von ihnen haben zwischen sich<br />
und den Gender Pay Gap eine:n Agent:in geschaltet, einige glauben<br />
ans Kollektiv, andere ans Glück, an feministische Ideale und<br />
gewachsene Arbeitsbeziehungen.<br />
Unsere Bestandsaufnahme nach vier Jahren Frauenquote beim<br />
Theatertreffen dokumentiert nebenbei auch eine Theaterlandschaft<br />
im Umbruch, in der sich Positionen zunehmend ausdifferenzieren,<br />
intersektionale Perspektiven an Gewicht gewinnen und das Selbstbewusstsein<br />
der Protagonistinnen wächst. Gleichwohl ist die strukturelle<br />
Diskriminierung von Frauen nicht totzukriegen: Ob sie nun<br />
in Form von sexistischen Bemerkungen, unverhohlener Misogynie,<br />
Mansplaining oder offenem Boykott auftritt. Die Karriere jeder<br />
einzelnen Frau, die auf den folgenden Seiten zu Wort kommt, hat<br />
enormen Kampfgeist erfordert.<br />
Ob und wofür es <strong>Quote</strong>n auch weiterhin braucht – das haben<br />
wir zum Schluss eine Reihe von Intendantinnen und anderen<br />
Theaterfrauen in Leitungspositionen gefragt. 20 von ihnen haben<br />
mit Zustandsbeschreibungen und Gegen-Vorschlägen geantwortet<br />
oder sich zu träumen erlaubt von einer Welt, in der sich Fragen wie<br />
diese nicht mehr stellen.<br />
Sabine Leucht, Petra Paterno und Katrin Ullmann<br />
Anmerkung: Wir sprechen hier vereinfachend von »Frauen« (und Männern), weil es sich bei der<br />
Frauenquote um ein binäres Instrument handelt. Unterschiedliche Differenzierungen erfährt<br />
der Begriff in den folgenden Texten. Was das Gendern betrifft, haben wir uns nach den Sprechweisen<br />
und dem Wunsch der Regisseurinnen und Autorinnen gerichtet.
11
104<br />
Barbara Frey, geboren 1963 in<br />
Basel, genießt als Intendantin<br />
wie als Regisseurin Anerkennung.<br />
Sie studierte in Zürich<br />
Germanistik und Philosophie,<br />
begann ihre künstlerische Laufbahn<br />
als Theatermusikerin und<br />
Regieassistentin am Theater<br />
Basel, bevor sie ganz ins Regiefach<br />
wechselte. Von 1999 bis<br />
2001 war sie Hausregisseurin<br />
an der Berliner Schaubühne am<br />
Lehniner Platz und von 2005 bis<br />
2008 am Deutschen Theater<br />
Berlin.<br />
Zudem inszeniert Barbara Frey<br />
an namhaften Bühnen des<br />
deutschsprachigen Raums sowie<br />
bei den Salzburger Festspielen,<br />
seit 2006 arbeitet sie regelmäßig<br />
am Burgtheater. Als erste<br />
Frau leitete sie die Geschicke<br />
des Schauspielhaus Zürich von<br />
2009 bis 2019. Von 2021 bis<br />
2023 wirkte sie als Intendantin<br />
der Ruhrtriennale, dem größten<br />
Kunstfestival in Nordrhein-<br />
Westfalen.<br />
Barbara Frey wurde bisher zweimal<br />
zum Theatertreffen eingeladen<br />
– 2004 mit Onkel Wanja<br />
vom Münchner Residenztheater<br />
und 2022 mit Automatenbüfett<br />
aus dem Wiener Akademiethea-<br />
ter, dafür erhielt sie auch den<br />
NESTROY-Preis. 2016 wurde sie<br />
mit dem Schweizer Theaterpreis<br />
und 2022 mit dem Hans-Reinhart-<br />
Ring ausgezeichnet, den höchsten<br />
Auszeichnungen des Schweizer<br />
Theaterlebens. In der Jury-<br />
Begründung heißt es über ihre<br />
Theaterarbeit: »Ihre Sprache ist<br />
die Detailfülle der Figuren in<br />
orchestrierten Tableaus. Nie<br />
sind das leere Ideengebäude,<br />
immer werden ihre Inszenierungen<br />
zum Erlebnisraum für die<br />
Sinne.«
105<br />
Barbara Frey<br />
Foto: Luise Jakobi
106<br />
»Kein Mensch hat einmal gesagt:<br />
›Jetzt reicht’s!‹«<br />
Vom Schlagzeug zum Regiepult: Ihre Laufbahn begann am Theater<br />
Basel zunächst als Assistentin und Theatermusikerin. Wie kam es dazu?<br />
Neben dem Studium spielte ich Schlagzeug in einer Rockband,<br />
ich war mit den »harten« Jungs unterwegs, setzte meinen Ehrgeiz<br />
daran, dazuzugehören und habe mir schließlich Respekt verschafft.<br />
Das war eine prägende Erfahrung – später am Theater ganz nützlich.<br />
Das Trommeln selbst hat für mich viel mit Widerstand zu tun,<br />
ein Ausdruck von Autonomie. Das Schlagzeugspielen habe ich mir<br />
übrigens genauso selbst beigebracht wie später das Regieführen. Ich<br />
bin überzeugte Autodidaktin.<br />
Ab 1995 waren Sie als freie Regisseurin an zahlreichen Bühnen engagiert<br />
und trafen dort jeweils auf ein männlich dominiertes Arbeitsfeld, mit klar<br />
umrissenen Hierarchien.<br />
Kein Mensch hat das hinterfragt oder einmal gesagt: »Jetzt reicht’s!«<br />
Was ich schon damals ärgerlich fand: Bei den Endproben kam<br />
immer eine Männerriege auf einen zu, wir bezeichneten das scherzhaft<br />
als »die männliche Geniezentrale« – Intendant, Chefdramaturg<br />
etc. bildeten regelrecht eine Front. Wenn jemand wirklich etwas<br />
zu sagen hatte, war das ja in Ordnung, aber oft war das reines<br />
Imponiergehabe, der Wille, einem die Welt und das Theater zu<br />
erklären: »Mädels, das müsst ihr jetzt so und so machen.« Danach<br />
brauchte man erst mal ein Bier.<br />
Hat sich das mittlerweile verändert?<br />
Wenn ich auf die vergangenen 35 Jahre zurückblicke, denke ich oft:<br />
Wahnsinn, was sich bereits alles verändert hat! Das hat auch damit<br />
zu tun, dass Frauen vermehrt am Zug sind, als Regisseurinnen wie<br />
Intendantinnen; aber auch viele junge Männer ziehen nicht mehr<br />
mit. Was mich ärgert: Alle reden immerzu von Strukturen am
107<br />
Theater, als handle es sich um unverrückbare Naturgewalten. Von<br />
wegen! Strukturen sind von Menschenhand gemacht und lassen sich<br />
auch von Menschen wieder verändern. Systeme mögen über enorme<br />
Beharrungskräfte verfügen, aber wenn man sich zusammentut,<br />
kann man dagegen vorgehen. Es mag langsam, sehr langsam sein,<br />
aber es geht.<br />
2009 übernahmen Sie die Intendanz am Schauspielhaus Zürich, Ihr<br />
Vertrag wurde zweimal verlängert, Sie führten die Geschicke der Bühne<br />
bis 2019. Wie blicken Sie auf diese Zeit zurück?<br />
Zürich ist wohl eine der reichsten Städte der Welt und zugleich<br />
von arktischer Kälte. Enormer Wohlstand trifft hier auf große<br />
Seelennot, kein einfacher Nährboden für die Kunst. Außerdem<br />
hegt die Schweiz ein ambivalentes Verhältnis zu ihren Künstlern:<br />
Es wird einem das Gefühl vermittelt, dass man letztlich nicht<br />
genügt. Anfangs litt ich darunter, aber irgendwann war mir das<br />
egal und dann konnte ich den Job genießen. Grundsätzlich wurde<br />
ich von der Presse ununterbrochen auf Zuschauerzahlen angesprochen,<br />
obwohl sie gut, manchmal sogar sehr gut waren. Da hätte<br />
ich mir gewünscht, dass mehr über die Kunst gesprochen wird,<br />
schließlich habe ich bedeutende Künstlerinnen und Künstler nach<br />
Zürich geholt. Wir waren eine tolle Truppe, ein Spitzen-Ensemble.<br />
Dieser Zusammenhalt hat mir viel bedeutet. Gemeinschaft, Dialog<br />
und Austausch, das ist doch das, was das Theater im Innersten<br />
zusammenhält.<br />
Standen Sie unter dem Druck, es als erste Frau in dieser Funktion<br />
besonders gut machen zu müssen?<br />
Jede Frau meines Jahrgangs kennt dieses Damoklesschwert, dass<br />
man besser sein muss als männliche Kollegen. Frauen werden<br />
leichtfertiger und auch schärfer kritisiert als Männer, und Kritik<br />
bleibt länger an ihnen haften, weil schnell Ressentiments mitschwingen:<br />
»Sie kann es halt nicht, sie ist eine Frau.« Das passiert ja<br />
oft unbewusst! Ich bin unbeschadet daraus hervorgegangen, habe
108<br />
Automatenbüfett • vorn: Katharina Lorenz, hinten v. l.: Robert Reinagl, Dörte<br />
Lyssewski, Annamária Láng, Hans Dieter Knebel, Daniel Jesch, Maria Happel.<br />
Foto: Matthias Horn<br />
die Freude am Beruf nicht verloren. Obwohl ich noch erlebt habe,<br />
dass Frauen um ganz grundsätzliche Dinge kämpfen mussten, die<br />
heute glücklicherweise selbstverständlich sind.<br />
Geben Sie bitte ein Beispiel.<br />
Respekt! Ohne Respekt geht gar nichts. Dass das Wort einer Frau<br />
Gewicht hat, dass ihr zugehört wird. Aber es liegt auch an uns<br />
Frauen, untereinander Allianzen zu schmieden, miteinander solidarisch<br />
zu sein – all das, was Männer seit Jahrhunderten praktizieren.<br />
Das kommt gerade in Gang, da bin ich zuversichtlich.
109<br />
Haben Sie als Intendantin Künstlerinnen gefördert?<br />
Karin Henkel und Daniela Löffner waren regelmäßig in Zürich<br />
engagiert, wir haben unsere Regieassistentinnen gefördert, sie<br />
konnten bei uns inszenieren. Bei der Ruhrtriennale arbeite ich etwa<br />
mit Gisèle Vienne, Mette Ingvartsen, Florentina Holzinger und<br />
Constanza Macras zusammen. Eins fällt mir auf: Frauen bedanken<br />
sich für die Zusammenarbeit, Männer machen das eher selten.<br />
Haben Frauen einen anderen Blick auf die Dramenliteratur?<br />
Frauen haben ein anderes Verhältnis zur Welt und deshalb haben<br />
sie einen gänzlich anderen Blick auf die Künste. Trotzdem habe ich<br />
Schwierigkeiten mit dem Begriff »weibliche Ästhetik«.<br />
Warum?<br />
Es reduziert den weiblichen Blick auf das Andere, das sich neben<br />
dem tonangebenden männlichen Blick zu behaupten hat. Das muss<br />
aufhören. Ein Beispiel: Wer in den 1980er Jahren ein Buch von<br />
Virginia Woolf kaufen wollte, wurde in der Buchhandlung auf die<br />
Abteilung Frauenliteratur verwiesen – »hinten in der Ecke links«.<br />
Da stand Woolf neben Büchern über Menstruation. Mittlerweile<br />
wird die Autorin, ihrer Bedeutung entsprechend, in den Buchhandlungen<br />
unter »Weltliteratur« geführt. Darum geht es: Um<br />
Anerkennung künstlerischer Leistung jenseits von Geschlecht.<br />
Der weibliche Blick markiert keine exotische Außenseiterposition,<br />
sondern die Hälfte der Menschheit.<br />
Was muss sich am Arbeitsplatz Theater aus weiblicher Sicht verändern?<br />
Der Gender Pay Gap ist unsäglich. Auch ich wurde über den Tisch<br />
gezogen, jahrelang. Ich habe das erst bemerkt, als ich mit Kollegen<br />
über Gagen gesprochen habe. Das muss endlich aufhören. In<br />
Zürich haben mein Verwaltungsdirektor und ich gezielt nach<br />
Ungleichheiten gefahndet und für ein transparentes Gehaltsschema<br />
gesorgt. Das gibt es an vielen Häusern noch immer nicht.
110<br />
Wie könnte der Arbeitsplatz familienfreundlicher gestaltet werden?<br />
Es ist indiskutabel, dass Frauen, wenn sie einmal früher von der<br />
Probe gehen müssen, weil etwas mit den Kindern los ist, sich wie<br />
Bittsteller vorkommen. Das muss selbstverständlich sein, auch dass<br />
Männer mit anpacken. Da haben wir noch viel vor uns. Ich habe<br />
keine eigenen Kinder, daher hat sich die Frage der Vereinbarkeit für<br />
mich nicht gestellt, bei meinem Arbeitspensum hätte ich gar keine<br />
Kinder haben können.<br />
Wird Frauen am Theater dasselbe zugetraut wie Männern? Oder gibt es<br />
unausgesprochene Unterschiede, etwa dass die Tragödie von Männerhand<br />
und das Familienstück von Frauen inszeniert wird?<br />
Wer bestimmt, was man Frauen zutraut? Da könnte ich an die<br />
Decke gehen. Frauen können alles, wenn man sie lässt. Meiner<br />
Erfahrung nach funktionieren gemischtgeschlechtliche Teams am<br />
besten, auf die Zusammensetzung kommt es an. Das bedeutet aber<br />
auch, dass diejenigen, die jetzt noch zu viele Positionen besetzen,<br />
etwas abgeben müssen. Das geht nicht reibungsfrei, und solche<br />
Verteilungskämpfe erleben wir gerade – nicht nur am Theater.<br />
Stichwort <strong>Quote</strong>: Wie stehen Sie dazu?<br />
Ich mag die <strong>Quote</strong> nicht sonderlich, weil einen das wiederum auf<br />
das Geschlecht reduziert. Andererseits tut sich nichts, solange man<br />
die <strong>Quote</strong> nicht einführt. Das finde ich schade, aber als Übergangslösung<br />
ist die <strong>Quote</strong> nötig. Erlauben Sie mir einen schrägen<br />
Vergleich?<br />
Nur zu.<br />
In der Tierforschung gibt es zunehmend namhafte Forscherinnen,<br />
die andere Prämissen aufstellen als Männer und deswegen<br />
zu anderen Ergebnissen kommen. Das führt dazu, dass sich unser<br />
Verständnis der Tierwelt gerade grundlegend ändert. Oder Winzerinnen:<br />
Anfangs hieß es: »Die Frauen haben doch keine Ahnung<br />
von Wein.« Mittlerweile sind Winzerinnen federführend, neue
Automatenbüfett • Maria Happel, Christoph Luser.<br />
Foto: Matthias Horn<br />
111
112<br />
Entwicklungen in der Weinbranche sind ohne die Frauen gar nicht<br />
mehr denkbar. Es gibt viele Disziplinen, in denen Zusammenarbeit<br />
auf Augenhöhe bereits Realität ist – und alle profitieren davon.<br />
Dahin müssen wir auch mit den Künsten, mit dem Theater gelangen.<br />
Wenn wir das erreicht haben, ja, dann müssen wir nicht mehr<br />
über die <strong>Quote</strong> sprechen.<br />
2004 wurden Sie erstmals zum Theatertreffen eingeladen mit Tschechows<br />
Onkel Wanja. Sie waren damals die einzige Frau unter den zehn bemerkenswerten<br />
Inszenierungen, wurde dieser Umstand thematisiert?<br />
Überhaupt nicht. Ich habe mich einfach nur gefreut.<br />
2021, im Jahr Zwei der Frauenquote beim Theatertreffen, wurde Ihre<br />
Akademietheater-Inszenierung Automatenbüfett nach Berlin eingeladen.<br />
Kam Ihnen der Gedanke, dass die Einladung womöglich der <strong>Quote</strong> zu<br />
verdanken sein könnte?<br />
Keineswegs. Ich war zu der Zeit mit den Gedanken aus privaten<br />
Gründen ganz woanders, meine Eltern sind knapp davor gestorben.<br />
Aber ob das, was ich mache, ein Erfolg wird oder nicht, darüber<br />
denke ich schon lange nicht mehr nach. Natürlich freut es einen,<br />
wenn Vorstellungen ausverkauft sind, man gut besprochen wird,<br />
aber definiert sich Erfolg wirklich nur über Außenwirkung und<br />
Applaus?<br />
Was denken Sie?<br />
Theaterarbeit ist Gemeinschaftsarbeit, ich alleine vermag gar nichts.<br />
Erfolg hat für mich viel mit gelungenem Austausch zu tun, dass<br />
einem die Neugier nicht abhandenkommt, dass man dranbleibt,<br />
nicht aufgibt, selbst wenn man mitunter herbe Enttäuschungen<br />
einstecken muss.<br />
Das Gespräch führte Petra Paterno.
113
212<br />
Anhang
213<br />
Regie-Frauen beim Theatertreffen<br />
Hinweis<br />
Zum Teil abweichend zur Chronik der Berliner Festspiele tauchen<br />
Regisseurinnen in unseren Listen nur dann auf, wenn sie<br />
allein oder in einem mehrheitlich weiblichen/sich als weiblich<br />
verstehenden Team inszeniert haben. (Nur so wurden sie auch<br />
von der für die Festivalausgaben 2020 bis 2023 geltenden<br />
<strong>Quote</strong>nregelung erfasst.) Deshalb entfallen die Einladungen<br />
von Kelly Copper (und Pavol Liska/Nature Theatre of Oklahoma)<br />
2010, von Helgard Haug/Rimini Protokoll (mit Stefan Kaegi und<br />
Daniel Wetzel) 2004, 2006 und 2014, von Ida Müller (mit<br />
Vegard Vinge) 2012 sowie von Barbara Bürk (und Clemens<br />
Sienknecht) 2016, dafür wird das mehrheitlich weibliche Kollektiv<br />
She She Pop gezählt.<br />
1964<br />
1965<br />
1966<br />
1967<br />
1968<br />
1969<br />
1970<br />
1971<br />
1972<br />
1973<br />
1974<br />
1975<br />
1976<br />
1977<br />
1978<br />
1979
214<br />
1980 Pina Bausch, Ellen Hammer<br />
1981 Pina Bausch<br />
1982<br />
1983 Reinhild Hoffmann<br />
1984 Reinhild Hoffmann<br />
1985 Pina Bausch, Andrea Breth<br />
1986 Reinhild Hoffmann<br />
1987 Andrea Breth<br />
1988 Annegret Ritzel<br />
1989<br />
1990 Andrea Breth, Katharina Thalbach<br />
1991<br />
1992 Ruth Berghaus, Andrea Breth<br />
1993 Andrea Breth, Konstanze Lauterbach<br />
1994 Karin Beier, Andrea Breth<br />
1995 Irmgard Lange<br />
1996 Karin Beier<br />
1997 Thirza Bruncken, Sasha Waltz<br />
1998 Kazuko Watanabe<br />
1999 Andrea Breth<br />
2000 Sasha Waltz<br />
2001<br />
2002 Meg Stuart<br />
2003 Andrea Breth<br />
2004 Barbara Frey<br />
2005 Andrea Breth, Barbara Bürk<br />
2006 Karin Henkel<br />
2007<br />
2008 Signa Köstler (SIGNA)<br />
2009 Katie Mitchell
215<br />
2010 Karin Beier<br />
2011 Karin Beier, Karin Henkel, She She Pop<br />
2012 Karin Henkel<br />
2013 Karin Henkel, Katie Mitchell<br />
2014 Karin Henkel, Susanne Kennedy<br />
2015 Karin Henkel, Susanne Kennedy, Yael Ronen<br />
2016 Karin Beier, Daniela Löffner, Anna-Sophie Mahler,<br />
Yael Ronen<br />
2017 Claudia Bauer<br />
2018 Karin Henkel, Anta Helena Recke<br />
2019 Claudia Bauer, Anna Bergmann, She She Pop<br />
QUOTE<br />
2020 Claudia Bauer, Helgard Haug (Rimini Protokoll),<br />
Florentina Holzinger, Anne Lenk, Katie Mitchell,<br />
Anta Helena Recke<br />
2021 Karin Beier, Leonie Böhm, Barbara Frey, Anne Lenk,<br />
Marie Schleef, Lucy Wilke<br />
(Lucy Wilke, Paweł Duduś und Kim Twiddle)<br />
2022 Claudia Bauer, Helgard Haug (Rimini Protokoll),<br />
Pınar Karabulut, Signa Köstler (SIGNA),<br />
Ewelina Marciniak, Yael Ronen<br />
2023 Lucia Bihler, Felicitas Brucker, Florentina Holzinger,<br />
Mateja Koležnik, Rieke Süßkow
216<br />
Premierendaten<br />
Claudia Bauer<br />
• Süßer Vogel Jugend von Tennessee Williams, Schauspiel<br />
Leipzig, Premiere: 6. 4. 2019.<br />
• humanistää! eine abschaffung der sparten, nach Ernst Jandl,<br />
Volkstheater Wien, Uraufführung: 15. 1. 2022.<br />
Karin Beier<br />
• Reich des Todes von Rainald Goetz, Deutsches Schauspielhaus<br />
Hamburg, Uraufführung: 11. 9. 2020.<br />
Lucia Bihler<br />
• Die Eingeborenen von Maria Blut von Maria Lazar,<br />
Akademietheater Wien, Uraufführung: 20. 1. 2023.<br />
Leonie Böhm<br />
• Medea*, nach Euripides, Schauspielhaus Zürich,<br />
Premiere: 19. 9. 2020.<br />
Felicitas Brucker<br />
• Nora, ein Thriller von Sivan Ben Yishai, Henrik Ibsen, Gerhild Steinbuch<br />
und Ivna Žic, Münchner Kammerspiele, Uraufführung: 7. 10. 2022.<br />
Barbara Frey<br />
• Automatenbüfett von Anna Gmeyner, Akademietheater Wien,<br />
Uraufführung: 11. 9. 2020.<br />
Helgard Haug<br />
• Chinchilla Arschloch, waswas, Produktion von Künstler*innenhaus<br />
Mousonturm, Schauspiel Frankfurt und Rimini Apparat, koproduziert<br />
vom Westdeutschen Rundfunk und HAU Hebbel am Ufer Berlin,<br />
Uraufführung: 11. 4. 2019 (Frankfurt/Main).
217<br />
• All right. Good night. Ein Stück über Verschwinden und Verlust von<br />
Helgard Haug (Rimini Protokoll) mit Musik von Barbara Morgenstern<br />
in Zusammenarbeit mit dem Zafraan Ensemble, eine Produktion von<br />
Rimini Apparat in Koproduktion mit HAU Hebbel am Ufer (Berlin),<br />
Volkstheater (Wien), The Factory – Manchester International Festival,<br />
Künstler*innenhaus Mousonturm (Frankfurt/Main), PACT Zollverein<br />
(Essen), Uraufführung: 16. 12. 2021 (Berlin).<br />
Florentina Holzinger<br />
• TANZ. Eine sylphidische Träumerei in Stunts, eine Produktion<br />
von Florentina Holzinger in Koproduktion mit Spirit und Tanzquartier<br />
Wien, SPRING Festival (Utrecht), Productiehuis Theater Rotterdam,<br />
Künstler*innenhaus Mousonturm (Frankfurt/Main), Arsenic (Lausanne),<br />
Münchner Kammerspiele, Take Me Somewhere Festival<br />
(Glasgow), Beursschouwburg (Brüssel), De Singel (Antwerpen),<br />
Sophiensäle (Berlin), Frascati Producties (Amsterdam), Theater im<br />
Pumpenhaus (Münster), asphalt Festival (Düsseldorf), Uraufführung:<br />
3. 10. 2019 (Wien).<br />
• Ophelia’s Got Talent, eine Produktion der Volksbühne am Rosa-<br />
Luxemburg-Platz und Spirit in Koproduktion mit Productiehuis Theater<br />
Rotterdam, Tanzquartier Wien, Arsenic (Lausanne), asphalt Festival<br />
(Düsseldorf), Gessnerallee Zürich, Kampnagel Internationales Sommerfestival<br />
(Hamburg) und De Singel (Antwerpen), Uraufführung:<br />
15. 9. 2022 (Berlin).<br />
Pinar Karabulut<br />
• Like Lovers Do (Memoiren der Medusa) von Sivan Ben Yishai,<br />
Münchner Kammerspiele, Uraufführung: 9. 10. 2021.<br />
Mateja Koležnik<br />
• Kinder der Sonne von Maxim Gorki, Schauspielhaus Bochum,<br />
Premiere: 7. 10. 2022.
218<br />
Signa Köstler<br />
• Die Ruhe, eine Performance-Installation von SIGNA,<br />
Deutsches Schauspielhaus Hamburg, Uraufführung: 19. 11. 2021<br />
(Paketpostamt Altona).<br />
Anne Lenk<br />
• Der Menschenfeind von Molière, Deutsches Theater Berlin,<br />
Premiere: 29. 3. 2019.<br />
• Maria Stuart von Friedrich Schiller, Deutsches Theater Berlin,<br />
Premiere: 30. 10. 2020.<br />
Ewelina Marciniak<br />
• Die Jungfrau von Orleans, romantische Tragödie nach Friedrich<br />
Schiller in einer Bearbeitung von Joanna Bednarczyk,<br />
Nationaltheater Mannheim, Premiere: 22. 6. 2021.<br />
Katie Mitchell<br />
• Anatomie eines Suizids von Alice Birch, Deutsches Schauspielhaus<br />
Hamburg, deutschsprachige Erstaufführung: 17. 10. 2019.<br />
Anta Helena Recke<br />
• Die Kränkungen der Menschheit, eine Produktion von Anta Helena<br />
Recke mit den Münchner Kammerspielen in Koproduktion mit HAU<br />
Hebbel am Ufer (Berlin), Kampnagel (Hamburg) und Künstler*innenhaus<br />
Mousonturm (Frankfurt/Main), Uraufführung: 26. 9. 2019<br />
(München).<br />
Yael Ronen<br />
• SLIPPERY SLOPE. Almost a musical von Yael Ronen und Shlomi<br />
Shaban, Maxim Gorki Theater Berlin, Uraufführung: 6. 11. 2021.
219<br />
Marie Schleef<br />
• NAME HER. Eine Suche nach den Frauen+, von Marie Schleef, eine<br />
Produktion von Marie Schleef in Kooperation mit dem Ballhaus Ost<br />
(Berlin), den Münchner Kammerspielen und dem Kosmos Theater<br />
(Wien), Premiere: 25. 9. 2020 (Berlin).<br />
Rieke Süßkow<br />
• Zwiegespräch von Peter Handke, Akademietheater Wien,<br />
Uraufführung: 8. 12. 2022.<br />
Lucy Wilke<br />
• Scores that shaped our friendship, ein Projekt von und mit Lucy<br />
Wilke und Paweł Duduś mit Musik von Kim Twiddle, schwere reiter,<br />
München, Uraufführung: 13. 2. 2020.
220<br />
Kurzbiografien der Autorinnen<br />
Margarete Affenzeller, 1971 in Freistadt geboren, ist Redakteurin<br />
des Standard und seit Abschluss ihres Geschichte- und Literaturstudiums<br />
als Journalistin tätig. Sie ist Mitherausgeberin des<br />
Zeitgeschichtebandes Und ich reise noch immer (Mandelbaum<br />
2015), Autorin von Buchbeiträgen (»In der Frittatensuppe feiert<br />
die Provinz ihre Triumphe«, Brandstätter 2022) sowie Mitglied in<br />
Jurys, etwa für den NESTROY-Preis oder den Ö 1-Hörspielpreis.<br />
Von 2016 bis 2020 war sie Jurymitglied des Berliner Theatertreffens.<br />
Sie lebt in Wien.<br />
Eva Behrendt, geboren 1973 in Waiblingen, studierte Geschichte,<br />
Germanistik und Theaterwissenschaft in Mainz, Dijon und Berlin.<br />
Seit 2001 Redakteurin bei Theater heute, außerdem freie Kritikerin<br />
für die tageszeitung, Die Zeit etc. Sie war Gastdozentin am Institut<br />
für Theaterwissenschaft der FU Berlin und Mitglied verschiedener<br />
Jurys und Gremien; zurzeit ist sie Jurorin für das Berliner Theatertreffen.<br />
Yvonne Büdenhölzer ist Dramaturgin und Kuratorin. Sie leitete<br />
die Theaterbiennale »Neue Stücke aus Europa« in Wiesbaden und<br />
Mainz (2010) und den Berliner Stückemarkt (2005 bis 2011). Von<br />
2012 bis 2022 war sie Künstlerische Leiterin des Theatertreffens.<br />
2020 führte sie dort eine Frauenquote von 50 % in den Regiepositionen<br />
ein, initiierte 2021 das »Forum ökologische Nachhaltigkeit/<br />
Green Ambassadors« und kuratierte zweimal die Konferenz zu<br />
Gender(un)gleichheit »Burning Issues« mit. 2020 erhielt sie den<br />
Berliner Frauenpreis für ihr Engagement für die Chancengleichheit<br />
am Theater. Sie ist Präsidentin des Internationalen Theaterinstituts<br />
(ITI-Germany) und seit 2023 Leiterin des Suhrkamp Theater<br />
Verlags.
221<br />
Cornelia Fiedler, Jahrgang 1978, schreibt als Kulturjournalistin<br />
für Theater heute, nachtkritik.de, Süddeutsche Zeitung und stadtrevue.<br />
Als Bildungsreferentin des DGB Bildungswerks e. V. gibt<br />
und betreut sie Seminare im Themenfeld Technologie, Medien<br />
und Gesellschaft. Sie war drei Jahre in der Jury der Mülheimer<br />
Stücke und zwei Jahre in der des Berliner Theatertreffens.<br />
Valeria Heintges, 1968 in Düsseldorf geboren, lebt seit 2010<br />
in Zürich. Studium der Germanistik, Geschichte, Philosophie in<br />
Münster und Freiburg/Breisgau. Kulturredakteurin in Dresden und<br />
St. Gallen mit Schwerpunkten Theater, Literatur und Natur. Seit<br />
2017 selbstständig. Schreibt u. a. für nachtkritik.de, Theater heute<br />
und NZZ am Sonntag. 2016 bis 2018 Mitglied der Jury der Solothurner<br />
Literaturtage, seit 2022 Jurorin für das Berliner Theatertreffen.<br />
Sabine Leucht, geboren 1966, studierte Publizistik und Theaterwissenschaft<br />
an der FU Berlin und lebt seit 1998 in München,<br />
von wo aus sie über Tanz, Theater und Kulturpolitik u. a. für die<br />
Süddeutsche Zeitung, die tageszeitung, Theater der Zeit, das<br />
Münchner Feuilleton und nachtkritik.de schreibt. Diverse Jurytätigkeiten;<br />
zuletzt für NPN-STEPPING OUT, das Berliner Theatertreffen<br />
(2020–2023) und den Theaterpreis Berlin (2022 und 2023).<br />
Petra Paterno, geboren 1971, studierte Theaterwissenschaft in<br />
Wien, Paris und New York, arbeitet seit 1997 als Theaterkritikerin<br />
und ist seit 2003 Redakteurin der Wiener Zeitung. 2013 erschien<br />
ihre Studie Lichterloh. Das Schauspielhaus unter Hans Gratzer von<br />
1978 bis 2001. Von 2014 bis 2020 war sie Beirätin für Darstellende<br />
Kunst, sie ist Mitglied der Jury des NESTROY-Preises und war von<br />
2020 bis 2023 Jurorin für das Berliner Theatertreffen.
222<br />
Shirin Sojitrawalla studierte Germanistik, Komparatistik und<br />
Politikwissenschaften und absolvierte danach ein Redaktionsvolontariat<br />
bei der FAZ. Seit dem Jahr 2000 arbeitet sie als freie<br />
Journalistin mit den Schwerpunkten Literatur und Theater für verschiedene<br />
Zeitungen und Radiostationen. Von 2016 bis 2020 war<br />
sie Jurorin des Berliner Theatertreffens, seit Herbst 2021 gehört<br />
sie der Jury des Preises der Leipziger Buchmesse an. Sie lebt in<br />
Wiesbaden.<br />
Katrin Ullmann, 1971 in Heidelberg geboren. Studierte Germanistik<br />
(Schwerpunkt Theater und Medien) und Kunstgeschichte<br />
in Hamburg. Seit 1998 freie Journalistin und Kritikerin u. a. für<br />
Theater heute, Tagesspiegel, die tageszeitung, tanz, Deutschlandfunk<br />
Kultur, nachtkritik.de und Die Zeit. Von 2011 bis 2015 sowie<br />
seit 2021 Jurymitglied der Behörde für Kultur und Medien Hamburg,<br />
seit 2018 des NPN Förderbereich Tanz, seit 2021 Jurorin des<br />
Berliner Theatertreffens.<br />
Christine Wahl, geboren in Dresden, Studium der Germanistik,<br />
Philosophie und Soziologie in Freiburg/Breisgau und Berlin. Seit<br />
1995 freie Autorin und Theaterkritikerin u. a. für den Tagesspiegel,<br />
Theater heute und den Spiegel, seit 2022 außerdem Redakteurin<br />
bei nachtkritik.de. Jurorin u. a. für das Berliner Theatertreffen,<br />
den Hauptstadtkulturfonds und den Kranichsteiner Literaturpreis,<br />
aktuell Mitglied des Auswahlgremiums der Mülheimer Theatertage<br />
und der Jury des Festivals »Radikal jung«.
223<br />
Dank an:<br />
Wir danken allen Menschen und Institutionen, die uns bei diesem<br />
Projekt von Anfang an ermutigt und inhaltlich, emotional oder<br />
organisatorisch unterstützt haben. Ohne sie wäre dieses Buch<br />
nicht entstanden. Unser herzlichster Dank geht insbesondere an:<br />
Margarita Alber, Audioberlin (Matthias Scheuer & Jan Ullmann),<br />
Yvonne Büdenhölzer, Patrizia Büchele, Dorte Lena Eilers,<br />
Katharina Fritzsche, Lena Fuchs, Narjes Gharsallaoui, Hansa Studios,<br />
Barbara Hinz, Carolin Hochleichter, Christian Holtzhauer,<br />
Alexander Kruse, Alexandra Lauck, Anna Laletina, Julia Mittelstraß,<br />
Luisa Männel, Julia M. Nauhaus, Claudia Nola, Anna Röckl,<br />
Doreen Röder, Sabine Rüter, Kathrin Schäfer, die Stiftung Preußische<br />
Seehandlung (Christin Richter und Maria Stodtmeier),<br />
Konrad Szpindler, Seta Thakur, Ingrid Trobitz, Berit Wohlfarth sowie<br />
an die Fotograf:innen und Mitarbeiter:innen der Agenturen und<br />
des Henschel Verlags, vor allem an unsere Verlegerin Annika Bach.<br />
Ein ganz besonders herzlicher Dank gilt unseren Partnern und<br />
Familien – und allen Fernzügen und Motel-One-Bars, die uns<br />
Konferenzräume waren.<br />
Katrin Ullmann, Petra Paterno und Sabine Leucht.<br />
Foto: Stefan Wieland
Die <strong>Quote</strong>: Das Ende der Kunst oder<br />
eine längst überfällige Maßnahme?<br />
Als die Leiterin des Berliner Theatertreffens im Jahr 2019 die<br />
50-%-Frauenquote einführte, wurde sie scharf kritisiert.<br />
Gefährden solche Regelungen nicht die Freiheit der Kunst?<br />
Andererseits: Kann es einzig an der künstlerischen Kompetenz<br />
liegen, wenn in den 56 Festival-Jahren zuvor 27 eingeladene<br />
Frauen 193 Männern gegenüberstanden?<br />
Die Kritikerinnen Sabine Leucht, Petra Paterno und<br />
Katrin Ullmann sind diesen Fragen nachgegangen. Interviews<br />
mit Regisseurinnen sowie flankierende Essays liefern einen<br />
fundierten Beitrag zur Debatte über die Gründe für die Einführung<br />
wie den Effekt der Frauenquote. Es geht um alte Kämpfe<br />
und neue Chancen, ungleiche Produktionsbedingungen,<br />
Sexismus, den Gender Pay Gap und die Frage nach der Zukunft<br />
von <strong>Quote</strong>n.<br />
Mit Claudia Bauer, Karin Beier, Lucia Bihler, Leonie Böhm,<br />
Felicitas Brucker, Barbara Frey, Helgard Haug, Karin Henkel,<br />
Florentina Holzinger, Pınar Karabulut, Mateja Koležnik,<br />
Signa Köstler und Sybille Meier, Anne Lenk, Lisa Lucassen,<br />
Ewelina Marciniak, Katie Mitchell, Anta Helena Recke,<br />
Yael Ronen, Marie Schleef, Rieke Süßkow, Lucy Wilke<br />
9783894878450