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Seid mannhaft! - Reformierte Kirche Birmensdorf-Aesch

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Liebe Gemeinde,<br />

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<strong>Seid</strong> <strong>mannhaft</strong>! --- Und die Frauen?<br />

(Predigt zu 1. Korinther 16,13-14)<br />

Aus zwei Gründen wählte ich die Worte von Paulus für die Predigt<br />

von heute: Erstens haben die Eltern von Silvan diese Bibelworte als<br />

Taufspruch für ihren Sohn ausgewählt. Zweitens hängen genau diese<br />

Worte in unserem Kirchturm. Sie sind in unserer zweitkleinsten<br />

Glocke eingraviert. Wenn also unsere Betzeitglocke läutet, kann<br />

Silvan sich später einmal erinnern: Auf dieser Glocke steht mein<br />

Taufspruch!<br />

Ich mache eine Wette, dass heute den meisten Leuten das Wort<br />

MANNHAFT geradezu in die Augen springt. Dieses Wort ist uns<br />

nicht mehr geläufig. In der neuen Übersetzung der Zürcher Bibel,<br />

welche erst vor 4 Jahren erschienen ist, wurde deshalb das Wort<br />

MANNHAFT durch das Wort TAPFER ersetzt. Muss ein Mann also<br />

tapfer sein, nur weil er ein Mann ist? – Oder ist das eines dieser<br />

typischen Clichés über Männer? Im griechischen Urtext steht<br />

allerdings ein Begriff, welcher eindeutig das Mannsein bezeichnet.<br />

Das Wort TAPFER hingegen klingt neutral. Warum also ist das Wort<br />

ausgewechselt worden?<br />

Jede Sprache verändert sich. Es gibt eine sogenannte Sprachgeschichte.<br />

Manche Worte kommen aus der Mode, andere sterben sogar aus. Es<br />

entstehen auch neue Worte, die es zuvor nie gegeben hat. Die Geschichte<br />

der Sprache aber widerspiegelt immer gesellschaftliche Trends und<br />

Veränderungen. – Beim Wort MANNHAFT können wir dies gut<br />

beobachten.<br />

Die Geschlechterrollen haben sich sehr stark verändert. Die Frauen<br />

haben endlich die Rechte von vollwertigen Bürgerinnen bekommen.<br />

Mehr als 100 Jahre waren die Frauen von den Männern politisch<br />

unmündig gehalten worden. Und das in unserer sogenannten, liberalen<br />

Demokratie! Mehr als 100 Jahre hatten sie kein Stimm- und


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Wahlrecht. Die Emanzipation der Frauen war dringend notwendig.<br />

Die Gleichstellung, etwa bei den Löhnen, ist jedoch bis heute nicht<br />

erreicht. --- Die neue Rolle der Frauen in unserer Gesellschaft bewirkt<br />

natürlich, dass auch die Männer ihre Rolle neu finden müssen.<br />

Mehrere Generationen von Männern wurden dadurch verunsichert. –<br />

Nur schon die Verunsicherung empfinden die weniger Klugen unter<br />

den Männern als Widerspruch. Kann ein Mann überhaupt noch ein<br />

Mann sein, wenn er verunsichert ist? Darf er seine Verunsicherung<br />

zugeben oder ist er dann schon ein Feigling? – Ein Sänger, der<br />

souverän von dieser Verunsicherung singt, ist Herbert Grönemeyer in<br />

seinem bekannten Song „Männer“.<br />

An dieser Stelle den Song vorlesen<br />

Was ich bisher in der Predigt gesagt habe, mag erklären, warum das<br />

Wort MANNHAFT ersetzt wurde durch TAPFER oder MUTIG. Es<br />

zeigt, dass jede Übersetzung durch kulturelle Veränderungen<br />

beeinflusst wird. Streng genommen, ist eine Übersetzung nie völlig<br />

deckungsgleich mit dem Original. – Jetzt könnte jemand ungeduldig<br />

werden und einwenden: Das sind sprachliche Spitzfindigkeiten. Für<br />

den Bibelleser ist das doch belanglos. Über solche Details spricht<br />

höchstens ein Pfarrer, der nicht mehr weiss, worüber er predigen soll!<br />

--- Nein, liebe Gemeinde, nein!<br />

Wenn sich wichtige gesellschaftliche Veränderungen im Gebrauch der<br />

Sprache niederschlagen, sind das keine Lappalien. Wache Zeitgenossen,<br />

welche kritisch über die Sprachentwicklung nachdenken, denken ja auch<br />

über die Hintergründe des neuen Sprachgebrauchs nach. Sie betreiben<br />

Kulturkritik.<br />

Ich erinnere Sie daran, dass die Reformation in höchstem Mass eine<br />

kulturkritische Bewegung war. Sie verwendete zu ihrer Kulturkritik<br />

die Sprache der Bibel. Darum, liebe reformierte Gemeinde, darum<br />

referiere ich so ausführlich über den Gebrauch der Sprache!<br />

Lesen wir aber genau, was Paulus schrieb: <strong>Seid</strong> wachsam! Steht fest --<br />

- im Glauben! <strong>Seid</strong> <strong>mannhaft</strong>! <strong>Seid</strong> stark! Das sind Befehle. Das ist<br />

Militärsprache. Der Apostel spricht zu seiner Gemeinde wie ein<br />

Kommandant zu seiner Truppe. – Unerhört!


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Wenn heute ein Pfarrer oder eine Pfarrerin, die Gemeinde in diesem<br />

Tonfall ansprechen würde, wäre die Entrüstung immens. Es würde<br />

heissen: Was fällt dem da ein! Der soll froh sein, dass wir<br />

<strong>Kirche</strong>nsteuern bezahlen! – Wir wollen vom <strong>Kirche</strong>npersonal<br />

angenehme Dienstleistungen aber sicher keine Anweisungen und<br />

schon gar nicht in diesem Befehlston. – Ich begreife diese Entrüstung.<br />

Trotzdem erlaube ich mir eine Frage: Wird eine <strong>Kirche</strong>, die sich nur<br />

noch bemüht, möglichst dienstbeflissen und möglichst<br />

bedürfnisorientiert, ihren Service anzubieten, wird eine solche <strong>Kirche</strong><br />

nicht furchtbar langweilig? ---<br />

Paulus sprach im Kommandoton, das ist schon wahr. Aber (!) er<br />

diente gerade so seiner Gemeinde und er stellte sich selbst mit Haut<br />

und Haar in den Dienst dieser Gemeinde. Im Vergleich dazu sind die<br />

modernen Pflichtenhefte, mit welchen besonders leistungsorientierte<br />

Gemeinden ihre Pfarrpersonen beglücken, geradezu lächerlich.<br />

Was tat aber der Apostel, der wie ein Kommandant sprach? Er rief zum<br />

Kampf auf, was denn sonst? Sind Christen denn Kämpfer? Sind Christen<br />

Soldaten? Wie sollen wir das verstehen? – Der nächste Satz macht es<br />

klar: „Alles bei euch geschehe in Liebe!“ Der Kampf der Christen ist ein<br />

Kampf für die Liebe. - Christus hatte auch zu diesem Kampf gerufen:<br />

Komm, folge mir nach! Das ist auch eine Aufforderung. Jesus selbst hatte<br />

im Kampf für die Liebe sein Leben eingesetzt.<br />

<strong>Seid</strong> wachsam, bedeutet also: Passt auf, dass die Liebe nicht verletzt<br />

wird durch euch Christen. Achtet vor allem auf jene, welche ungeliebt<br />

sind, weil sie nicht jene Leistungen erbringen können, die erwartet<br />

werden. Steht fest im Glauben bedeutet also: Gebt den Glauben an<br />

die Liebe nie auf. Schenkt immer der Liebe den Glauben und niemals<br />

der Gewalt. Gebt niemals den Glauben auf, dass die Liebe siegen wird<br />

gegen alle Mächte der Zerstörung. <strong>Seid</strong> stark bedeutet also: <strong>Seid</strong> stark<br />

in der Liebe, auch wenn ihr gehasst oder verleumdet werdet. <strong>Seid</strong><br />

stark in der Liebe, auch wenn ihr Gemeinheiten ausgesetzt seid.<br />

Alle diese Aufforderungen von Paulus kommen durch die Liebe in ein<br />

anderes Licht. Mannhaft ist nun nicht, wer brutale Stärke durch noch<br />

brutalere Stärke erwidert, sondern wer stark bleibt in der Liebe.


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Mannhaft ist nun nicht, wer wachsam immer seinen eigenen Vorteil<br />

erhaschen will, sondern wer aus Leibe auf etwas verzichten kann.<br />

Mannhaft ist nun nicht, wer unnachgiebig und stur an seine<br />

Überzeugungen glaubt, sondern, wer fest steht im Glauben an die<br />

Liebe. – Das Wort MANNHAFT verbindet Paulus hier mit der Liebe.<br />

Die Liebe im Sinne des Evangeliums ist also nichts Süssliches<br />

sondern eine kämpferische Kraft, welche gerade für Männer eine<br />

Herausforderung wäre. Es könnte sein, dass Paulus hier zwischen<br />

diesen Zeilen das Männerbild seiner Zeit kritisiert. Er stellt das<br />

Mannsein in ein anderes Licht, in das Licht der Liebe Christi. Das<br />

Wort MANNHAFT in diesem Zusammenhang beinhaltet also das<br />

kritische Nachdenken darüber, was kämpferische Mannhaftigkeit im<br />

Sinne des Evangeliums bedeutet.<br />

Nun ging der Korintherbrief aber an eine Gemeinde, in welcher<br />

Paulus auch die Frauen ansprach, einzelne erwähnte er sogar mit<br />

ihrem Eigennamen. Können Frauen aber auch <strong>mannhaft</strong> sein. Ich<br />

würde sagen: Ja, ganz sicher. Spontan kommt mir in den Sinn, wie bei<br />

der Kreuzigung Jesu fast alle Jünger davongerannt waren. Die Frauen<br />

aber blieben in der grauenvollen Todesstunde bei Jesus. Die Frauen<br />

blieben ihm treu, standen fest im Glauben, waren stark und auf ihre<br />

Weise <strong>mannhaft</strong> oder eben tapfer. Die Männer aber folgten ihrer<br />

Angst und waren alles andere als <strong>mannhaft</strong>.<br />

Paulus hatte in seinen Briefen einiges darüber geschrieben, wie Frauen<br />

und wie Männer als Christen leben sollen. Er ist mit Recht schwer<br />

kritisiert worden gerade von der Emanzipationsbewegung der Frauen.<br />

Wenn es nämlich nach Paulus ginge, dürften Frauen gar nicht<br />

Pfarrerinnen werden. Solche Urteile von Paulus sind eindeutig<br />

kulturell und zeitlich bedingt. Unsere Kultur und unsere Zeit ist<br />

anders. Sie darf, Gott sei Dank anders sein, wenn sie in der Liebe<br />

Christi bleibt. Denn die Liebe Christi ist nicht zeitbedingt. Alles bei<br />

Euch geschehe in Liebe, das gilt immer und ewig. Amen<br />

Pfr. Carl Schnetzer / Kirchgasse 22 / CH-8903 <strong>Birmensdorf</strong>


Fürbittgebet<br />

Mannhaft / 1 Kor.16,1314-/-11.09.2011<br />

Gott, du Quelle des Lebensreichtums, du hast Freude an den vielen<br />

Kulturen, an den unterschiedlichen Zeiten, an Alten und Jungen, an<br />

Frauen und Männern und an allem Leben. Alles zeugt von deinem<br />

Reichtum. Erfülle uns mit Liebe und Achtung, auch dann, wenn vieles<br />

für uns fremd und unfassbar bleibt.<br />

Kyrie eleison<br />

Gott, du Beschützer der Heimatlosen, du siehst, wie viele Menschen<br />

aufbrechen, weil sie in ihrer Heimat nicht mehr leben können.<br />

Du siehst auch, wie viele Menschen aufbrechen, weil sie eine neue<br />

Rolle suchen müssen, weil sich die Verhältnisse ihres Lebens<br />

verändert haben. Wir bitten dich für die Flüchtenden, für die<br />

Geschiedenen, für die neu Vermählten, für die Ausgesteuerten und für<br />

die Arbeitslosen.<br />

Kyrie eleison<br />

Gott, du Vater unseres Menschenbruders Jesus Christus, lass uns den<br />

Ruf Jesu neu hören: Folge mir nach. Dir nachfolgen heisst, sich von<br />

der Liebe leiten lassen. Auf deinem Weg erfahren wir, dass Du für uns<br />

alle ein unaussprechlich grosses Glück vorbereitet hast.<br />

Kyrie eleison<br />

Gott, du Freund des Friedens; am heutigen Datum bitten wir dich<br />

besonders für die Menschen in Amerika und für alle Menschen in<br />

muslimischen Ländern. Bewahre alle in deinem Frieden. Zeige uns,<br />

was uns verbindet und schenke uns Liebe zu einander und Liebe zu<br />

dir.<br />

Kyrie eleison<br />

In der Still beten wir vor dir:<br />

S T I L L E<br />

Gott, in Jesus Christus schenkst du uns deine Liebe.<br />

Wir danken dir. Amen.


Übersetzungen von 1. Korinther 16,13-14<br />

Zürcher Bibel 1931<br />

Wachet, steht fest im Glauben, seid <strong>mannhaft</strong>, seid stark!<br />

Alles bei euch geschehe in Liebe.<br />

Zürcher Bibel 2007<br />

<strong>Seid</strong> wachsam, steht fest im Glauben, seid tapfer und stark!<br />

Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.<br />

Lutherbibel 1901<br />

Wachet, stehet im Glauben, seid männlich und seid stark.<br />

Alle eure Dinge lasset in der Liebe geschehen.<br />

Lutherbibel 1985<br />

Wachet, steht im Glauben, seid mutig und seid stark!<br />

Alle eure Dinge lasst in der Liebe geschehen!<br />

Ökumenische Einheitsübersetzung 1979<br />

<strong>Seid</strong> wachsam, steht fest Glauben, seid mutig, seid stark!<br />

Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.<br />

Die gute Nachricht<br />

<strong>Seid</strong> wachsam! Steht im Glauben fest! <strong>Seid</strong> mutig und stark!<br />

Alles, was ihr tut, soll von Liebe bestimmt sein.<br />

La Bible de Jérusalem 1998<br />

Veillez, demeurez fermes dans la foi, soyez des hommes, soyez forts. Que tout<br />

se passe chez vous dans la charité<br />

La Bibbia di Gerusalemme 1974<br />

Vigilate, state saldi nella fede, comportatevi da uomini, siate forti.<br />

Tutto si faccia tra voi nella carità<br />

English Standard Version (ESV) 2001<br />

Be watchful, stand firm in the faith, act like men, be strong.<br />

Let all that you do be done in love.<br />

Vulgata lateinische Übersetzung<br />

Vigilate, state in fide, viriliter agite et confortamini.<br />

Omnia vestra in caritate fiant.


Männer nehmen in den Arm<br />

Männer geben Geborgenheit<br />

Männer weinen heimlich<br />

Männer brauchen viel Zärtlichkeit<br />

Männer sind so verletzlich<br />

Männer sind auf dieser Welt einfach<br />

unersetzlich<br />

Männer kaufen Frauen<br />

Männer stehn ständig unter Strom<br />

Männer baggern wie blöde<br />

Männer lügen am Telefon<br />

Männer sind allzeit bereit<br />

Männer bestechen durch ihr Geld und ihre<br />

Lässigkeit<br />

Männer haben's schwer, nehmen's leicht<br />

Außen hart und innen ganz weich<br />

Werden als Kind schon auf Mann geeicht<br />

Wann ist ein Mann ein Mann<br />

Männer haben Muskeln<br />

Männer sind furchtbar stark<br />

Männer können alles<br />

Männer kriegen 'n Herzinfarkt<br />

MÄNNER<br />

Songtext von Herbert Grönemeyer<br />

Männer sind einsame Streiter<br />

müssen durch jede Wand, müssen immer<br />

weiter<br />

Männer haben's schwer, nehmen's leicht<br />

Außen hart und innen ganz weich<br />

Werden als Kind schon auf Mann geeicht<br />

Wann ist ein Mann ein Mann<br />

Männer führen Kriege<br />

Männer sind schon als Baby blau<br />

Männer rauchen Pfeife<br />

Männer sind furchtbar schlau<br />

Männer bauen Raketen<br />

Männer machen alles ganz genau<br />

Männer kriegen keine Kinder<br />

Männer kriegen dünnes Haar<br />

Männer sind auch Menschen<br />

Männer sind etwas sonderbar<br />

Männer sind so verletzlich<br />

Männer sind auf dieser Welt einfach<br />

unersetzlich<br />

Männer haben's schwer, nehmen's leicht<br />

Außen hart und innen ganz weich<br />

Werden als Kind schon auf Mann geeicht<br />

Wann ist ein Mann ein Mann

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