Chronik Zaasch
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Chronik Zaasch
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<strong>Chronik</strong> <strong>Zaasch</strong><br />
In diesem Teil der <strong>Chronik</strong> werden die Ereignisse in der Folge der Jahre beschrieben. Es<br />
werden neben den Ereignissen, die sich in <strong>Zaasch</strong> selbst zugetragen haben, auch solche<br />
aus der näheren und weiteren Umgebung unseres Dorfes berichtet, wenn sie zum besseren<br />
Verständnis des Dargestellten dienen, bzw. wenn sie von solcher Tragweite waren, dass sie<br />
für die Lebensumstände in <strong>Zaasch</strong> von Bedeutung gewesen waren. Namen werden soweit<br />
genannt, wie sie die genannten Personen oder ihre Angehörigen nicht diskreditieren. Alle<br />
Fakten beruhen auf gründlicher Recherche des angegebenen Schriftgutes bzw. auf persönliche<br />
Aussagen von Bürgern, die sich an die betreffenden Ereignisse erinnern können, bzw.<br />
selbst davon betroffen waren. Historische Ereignisse wurden auch aus der angegebenen<br />
Literatur übernommen.<br />
Diese Aufzeichnung wurde im Jahre 2003 begonnen und von diesem Zeitpunkt zeitnah fortgesetzt.<br />
Dazu wurden die entsprechende Tagespresse, Informationen aus Rundfunk und<br />
Fernsehen, allgemein zugängliche statistische Informationen der öffentlichen Verwaltung und<br />
selbst Erlebtes aufgeschrieben.<br />
Im Jahre 2005 erhielt ich die Abschrift einer Schulchronik, die im Jahre 1978 von dem Lehrer<br />
Gerhard Hube, Schenkenberg aus Unterlagen, die ihm zugänglich gemacht worden waren,<br />
mit Schreibmaschine abgeschrieben wurde. Die komplette Abschrift in Schreibmaschinenschrift<br />
befindet sich in meinem Besitz. Alle Teile ,die ich aus dieser Abschrift entnehme, werden<br />
kursiv dargestellt. Diese Abschrift beginnt mit einem Vorwort.<br />
Vorwort<br />
Im vergangen Jahr erfuhr ich, dass der letzte Schulleiter der Teiloberschule <strong>Zaasch</strong>, Herr<br />
Rudolf Zschauer, im Besitz einer <strong>Chronik</strong> der ehemaligen Schule <strong>Zaasch</strong> ist. Es handelt sich<br />
dabei um zwei Hefte. Im ersten wird das Schulleben in der Zeit von 1895 bis 1911 dargestellt,<br />
das zweite enthält die wichtigsten schulischen und Gemeindeereignisse vom Mai 1911<br />
bis 1940. Leider wurde dann die <strong>Chronik</strong> nicht weitergeführt, und auch von 1945 bis zur Auflösung<br />
der Schule gibt es keine chronistischen Aufzeichnungen. Im zweiten Heft sind einige<br />
Zeitungsausschnitte enthalten. Ich habe sie ebenfalls abgeschrieben und als Anhang der<br />
Abschrift beigefügt.<br />
Schenkenberg,<br />
den 10.Januar 1978 Unterschrift :Gerhard Hube
Das Jahr 1318<br />
Aus diesem Jahr ist die erste urkundliche Erwähnung des Dorfes bekannt. Als Zeuge einer<br />
Schenkung wird ein Bürger aus dem Ort <strong>Zaasch</strong> benannt.<br />
Das Jahr 1539<br />
09.06. Herzog Heinrich von Sachsen führt mit Befehl an diesem Tag die Reformation in<br />
Delitzsch ein. Als erster protestantische Pfarrer der in der Liste der Pfarrer von<br />
Zschernitz, welche auch für <strong>Zaasch</strong> zuständig waren, ist aufgeführt , ein Vitus Keller,<br />
der sein Amt von 1539 bis 1540 inne hatte. Seit dieser Zeit ist die Kirche in<br />
<strong>Zaasch</strong> eine protestantische Kirche.<br />
Das Jahr 1657<br />
Die Söhne des sächsischen Kurfürsten Johann Georg I. schlossen nach dem Willen und<br />
Testament des Vaters in Leipzig den „Freundbrüderlichen Hauptrezeß“ in dem das alte Kurfüstentum<br />
Sachsen unter den Söhnen des Kurfürsten aufgeteilt wurde. Danach behielt Johann<br />
Georg II. die Kurfürstenwürde und den Hauptteil des Kurfüstentums sowie die außenpolitische<br />
und militärische Vertretung der sächsischen Lande. August wurde Herzog von<br />
Sachsen- Weißenfels, Moritz erhielt das Herzogtum Sachsen- Zeitz und Christian wurde<br />
Herzog von Sachsen- Merseburg. Das Amt Delitzsch, und damit die Gemeinde <strong>Zaasch</strong> gehörte<br />
fortan bis 1738 zum Sekundogeniturherzogtum Sachsen- Merseburg.<br />
Das Jahr 1738<br />
Da das Herzogtum Sachsen- Merseburg keine männlichen Nachkommen hatte fiel Delitzsch,<br />
und damit auch <strong>Zaasch</strong>, wieder an Kursachsen.<br />
Das Jahr 1793<br />
25.09. Gottfried Stallbaum der spätere Rektor der Thomaner - Schule in Leipzig wird in<br />
<strong>Zaasch</strong> als Sohn einer Gutsbesitzefamilie geboren. Er starb 1861 in Leipzig.<br />
Das Jahr 1806<br />
Dem Kurfürstentum Sachsen wurde von Napoleon die Königswürde verliehen, die bis<br />
1918 erhalten blieb. <strong>Zaasch</strong> lag also ab sofort im Königreich Sachsen, aber nicht<br />
lange.<br />
Das Jahr 1805<br />
22.05. Der sächsische König verabschiedet sich in einer Proklamation von Teilen<br />
seines Landes, da diese auf dem Wiener Kongress dem König von Preussen<br />
zugesprochen wurden. Das war der Preis, den Sachsen dafür zahlen musste<br />
dass es in den napoleonischen Kriegen 1813-1815 auf der Seite des Verlie-<br />
rers gekämpft hatte. Zu diesen Gebieten zählte vor allem Nordsachsen und<br />
damit auch das Amt Delitzsch. Aus dieser Zeit stammt eine Wortspiel. Da die<br />
Delitzscher zu Preussen mussten, nannten sie sich „Muss-Preussen“ später<br />
wurde daraus „Mus- Preussen“<br />
2
Das Jahr 1808<br />
Aus einer Beschwerde geht hervor, dass sich der Gastwirt von <strong>Zaasch</strong> gemeinsam mit einer<br />
Reihe von Gastwirten aus dem gesamten Kreisgebiet über die schlechte Qualität des Delitzscher<br />
Biers beschwert. Diese Bier soll nicht lagerfähig sein, sondern bereits nach wenigen<br />
Tagen sauer werden, so dass die Gastwirte um ihren Verdienst fürchten.<br />
Das Jahr 1857<br />
Für den 13.Juni dieses Jahres wird nach einer alten Weissagung der Weltuntergang erwartet.<br />
Viele Leute verprassen oder verschleudern ihre Habe. Die erwartete Katastrophe ist aber<br />
offensichtlich ausgeblieben.<br />
Das Jahr 1858<br />
25. Juli wird in <strong>Zaasch</strong> die von dem Eilenburger Orgelbauer Conrad Geissler errichtete Orgel<br />
in der Dorfkirche übergeben.<br />
Das Jahr 1859<br />
01.02. wird die Bahnverbindung zwischen Leipzig und Berlin eröffnet. In Delitzsch wurde<br />
der dazu notwendige Bahnhof auf der Stätte des alten Hochgerichtes (Galgens) erbaut.<br />
Dieser Bahnhof ist noch heute unter der Bezeichnung „unterer Bahnhof“ bekannt<br />
und in Betrieb.<br />
01.12. Mit dem heutigen Tag wird im Schloß von Delitzsch die „Königliche Strafanstalt“<br />
eröffnet. Es war ein Frauenzuchthaus welches an diesem Tage mit 275 weiblichen<br />
Gefangenen belegt wurde. Diese Strafanstalt bestand in dieser Form bis Ende 1926.<br />
Das Jahr 1866<br />
Im Herbst des Jahres kommt es in unserer Gegend zum Ausbruch einer Choleraseuche.<br />
Verursacht wurde diese von durchziehenden Truppen die infolge des Krieges mit Österreich<br />
diese Krankheit aus Böhmen eingeschleppt hatten.<br />
Das Jahr 1872<br />
01.07. findet die Eröffnung einer zweiten Bahnlinie, der Halle- Sorau- Gubener Bahn in Delitzsch<br />
statt. Der dazugehörige „Obere Bahnhof“ existiert heute noch (2003) als Haltepunkt.<br />
Das eigentliche Bahnhofsgebäude steht unbenutzt.<br />
Das Jahr 1879<br />
In diesem Jahr gründet sich in <strong>Zaasch</strong> der Kriegerverein.<br />
Das Jahr 1894<br />
3
In diesem Jahr wird in Leipzig eine neue Zeitung mit dem Namen „Leipziger Volkszeitung“<br />
(LVZ) gegründet.<br />
Das Jahr 1885<br />
In Delitzsch wird das letzte mit Stroh gedeckte Haus in der Querstraße auf Beschluß des<br />
Magistrates abgerissen. In <strong>Zaasch</strong> stand mindestens noch eine mit Stroh gedeckte Scheune<br />
beim Bauern Gotzsch, die erst viel später abgerissen worden ist. Darüber wird noch berichtet.<br />
Hier beginnen die Aufzeichnungen der alten Schulchronik.<br />
Diese Stelle ist eine Kirchenschullehrerstelle; früher war der jedesmalige Lehrer für <strong>Zaasch</strong><br />
auch zugleich Lehrer für Serbitz. Hatte Serbitz einen, für das Schulamt vorbereitenden, jungen<br />
Mann für wenige Thaler angenommen, so mußten doch die Kinder vom 12ten Lebensjahr<br />
die hiesige Schule besuchen. Im Jahre 1804 am 17ten Februar starb der emer. Lehrer<br />
Martin Christoph Hund, 78 Jahre alt; ihm folgte in demselben Jahr am 1ten November durch<br />
den Tod sein Sohn, der damalige Stellen- Inhaber Friedrich Wilhelm Hund, 46 Jahre alt.<br />
Nach diesem bekam die Stelle Gottlob Friedrich Schuster, früher Lehrer in Grabschütz und<br />
Reußen, gebürtig aus Quetz, Sohn des dortigen Lehrers. Dieser hat die Stelle bis zum Jahre<br />
1853 inne gehabt, wo er sich emer. ließ und dieselbe an seinen Sohn abtrat. Dieser Gottlob<br />
Friedrich Schuster starb in einem Alter von 89 Jahren 8 Monaten 18 Tagen. Sein Sohn August<br />
Ferdinand Schuster hat bis heute, wo das niedergeschrieben wird, die Stelle inne.<br />
Das Einkommen dieser Stelle bestand meistenteils aus Naturalien wie Brot, Kuchen, Garben<br />
Getreide, Weizen und Eier. Bares Geld, wie Schulgeld vom Kinde unter 9 Jahren 25 Pfg.,<br />
über 9 Jahren 50 Pfg. monatlich und Acerdenzien, war wenig; ferner Hufengeld, zwei Singumgänge<br />
und Gras- und Obstnutzung des Kirchhofs. Für die Benutzung des Kirchhofs hat<br />
der Inhaber der Stelle jährlich 14 ggl (=1Mark 75 Pfg.) an die Pfarre zu entrichten.<br />
Die Naturalien excl. Eier wurden abgelöst und in Rente verwandelt. Nicht in Rente verwandelt<br />
sind die Abgabe der Schule zu Groß- Kyhna jährlich 50 Pfg. und des hiesigen Gastwirts<br />
Dornack 1,50 Mark Den Acker bekam die Stelle bei der Separation. Seit 1873 besteht die<br />
Alterszulage, die im Jahr 1890 durch den Minister Exz. von Goslar auf 500 Mark erhöht wurde.<br />
Seit 1888 zahlt der Staat das Schulgeld.<br />
Was das Läuten der Glocken, die größte Plage für den Lehrer, betrifft, so haben, so lange<br />
ich es weiß, das meiste die Kinder zu besorgen gehabt.<br />
So verrichteten sie vor allem allein das Läuten zur Kirche, das Ausläuten der Leichen, das<br />
Läuten bei öffentlichen Begräbnissen sowie meistens das einfache Abendläuten. Deswegen<br />
wurde in den Festwochen und den Sommer- und Herbstferien, während welcher Zeit die<br />
Kinder bei der Feldarbeit häufig beschäftigt waren, nicht zu Abend geläutet.<br />
Die Glocken, welche früher ein Kind von 11 und 12 Jahren gut ziehen konnten, können jetzt,<br />
nach dem die Veränderungen an denselben vorgenommen sind, kaum drei oder vier fertig<br />
bringen. Die zweite Glocke, vor Aufstellung der neuen Uhr, ehe der Schwengel verkürzt wurde,<br />
konnte ein Knabe von 11 Jahren ganz gut läuten. Die große Glocke , die nicht auf der<br />
richtigen Stelle hängt und kürzere Schwengel hat, auch zwölf Zentner schwerer ist, läutet<br />
sich bedeutend schwerer wie sämtliche Glocken.<br />
Das jetzige Schulhaus ist in den Jahren 1843 und 44 gebaut worden. Das alte Gebäude<br />
stand in der Richtung der jetzigen Flurwand am Fahrweg. Es war aus zwei Teilen gebaut.<br />
Der erste Teil, an den Scheune und Stall angebaut war, war früher Schul- und Wohnzimmer<br />
gewesen, woher wohl auch die Unterstützung an Feuerungsgeld aus der Kirchenkasse rührt;<br />
später ist in derselben Richtung noch ein Wohnzimmer mit Hausflur angebaut worden.<br />
Das Schulgrundstück reichte an dieser Seite damals noch in den jetzigen Kirchhof hinein,<br />
etwa von der jetzigen Kirchwand am Garten 3 Meter weit, während der nördliche Teil des<br />
Grundstücks demgegenüber zurück stand, wodurch eine unregelmäßige Grenze nach dem<br />
Kirchhof gebildet wurde. Um dieselbe gerade zu legen, wurde das neue Schulgebäude et-<br />
4
was weiter auf den Kirchhof heraus gebaut. Der Gräber wegen konnte das aber höchstens ½<br />
Meter geschehen, weshalb damals mehr vom Schulgrundstück zum Friedhof kam, als von<br />
letzterem genommen werden konnte.<br />
Die Scheune nebst Stall wurde im Jahre 1863 gebaut und der Hof so, wie er jetzt ist eingerichtet<br />
ist; eingerichtet; früher mußte alles mit der Karre rein und raus geschafft werden, was<br />
sehr beschwerlich war. Da der Stall noch ziemlich gut war, so habe ich ihn, weil einige Gemeindemitglieder<br />
dazu nicht zahlen wollten, auf meine Kosten wegsetzen lassen, sonst wäre<br />
der Hof geblieben wie er war.<br />
Das jetzige Schulhaus ist fast noch ganz so, wie es 1844 übergeben wurde, nur daß ich mir<br />
auf der kleinen Oberstube einen Ofen habe setzen lassen. Im Jahre 1890 wurden die drei<br />
Giebelfenster in der Schulstube angebracht und zwei Seitenfenster zugemacht. Die Pflasterung<br />
der Hausflurs wurde im Jahre 1891 gelegt.<br />
Was den Unterricht betrifft, so hat der seit 1849, wo ich ins Amt kam, manche Veränderung<br />
erlitten; aber mit den Leistungen ist es nicht vorwärts gegangen. Damals hatten wir Raumlehre,<br />
Naturgeschichte und Zeichnen nicht zu geben, in den übrigen Fächern wurde dasselbe<br />
verlangt.<br />
Im Jahre 1891 revidierte Herr Schulrat Treibel die hiesige Schule. Im Jahr vorher verstarb<br />
Herr Sup. Reinhardt und Herr Sup Opitz aus Elsterwerda bekam die Kreisschulinspektion.<br />
1892 wurde unser Regierungsbezirk in drei Departements geteilt, und wir bekamen den<br />
Herrn Schulrat Herrmann, der nur kurze Zeit hierblieb und nach Berlin versetzt wurde. Die<br />
Vertretung hatte ein Kreisschulinspektor aus Schlesien, Herr Starteur. Dieser revidierte auch<br />
die Schule im Jahre 1893. In diesem Jahr sind fast sämtliche Landkarten und der Globus<br />
neu angeschafft worden.<br />
Im Jahre 1894, kurz nach der Revision des Herrn Sup Opitz kam auch der neue Schulrat<br />
Herr Schulze, um sich die Klasse, die für die Kinderzahl zu klein war, anzusehen. Der Umbau<br />
wurde auf ein Jahr verschoben.<br />
Im Laufe des Jahres 1895 wurde auf Kosten der Kirchenkasse ein Kirchenbuch neu angeschafft.<br />
Da dies den Anschein hat, als sei auf dieser Stelle bisher pflichtgemäß mit den Kirchenämtern<br />
Kirchenbuchführung verbunden gewesen, so soll hierzu bemerkt werden, daß<br />
das alte Kirchenbuch Eigentum meines Vaters ist, der bei seinem Amtsantritt Jahre 1805 hier<br />
Notizen über Taufen, Trauungen und Beerdigungen auf losen Bogen vom Jahre 1800 an<br />
vorfand und weiter geführt hat, was auch ich bis zu meinem Ausscheiden aus dem Amte<br />
getan habe.<br />
Am Ende dieses Jahres reichte ich meine Pensionierung ein, die mir auch gewährt wurde.<br />
Ich trat mit dem 1.Januar 1895 in den Ruhestand, wobei mich Patron wie Gemeinde reichlich<br />
beschenkten, ein Festmahl veranstalteten, woran sich gegen hundert Personen beteiligten.<br />
Von Sr. Maj. bekam ich den Adler d. Hohenzollerschen Hausordens. Für meinen Sohn, dem<br />
die Stelle nun übertragen wurde, der sie aber erst zum 1 ten April antreten konnte habe ich<br />
sie bis dahin vertretungsweise verwaltet.<br />
Das Jahr 1891<br />
In Delitzsch wird am 13. September für den 1883 verstorbenen Politiker Schulze – Delitzsch<br />
eine Bronzestatue in der Grünanlage Ecke Marienstraße auf einen Sockel aufgestellt.<br />
1895 /96<br />
Mit dem danach erfolgten Antritt des Amtsnachfolgers Oskar Schuster wurde eine Abtrennung<br />
der niederen Küsterdienste verbunden. Die Entschädigung für deren Übernahme beläuft<br />
sich auf 180 Mark, welche Summe vom kirchlichen Einkommen des Lehrers abgetrennt<br />
ist. Die Übernahme erfolgte am 1.Oktober 1895. Da sich bei Scheidung des kirchlichen Einkommens<br />
vom Einkommen des Lehrers zeigte, daß letzteres nicht 900 Mark betrug, so wurde<br />
freiwillig beschlossen, durch Zulegung von über 200 Mark es auf diese Höhe zu bringen.<br />
Im Laufe des Sommers wurde ein tragbarer Barren und ein Reck neu angeschafft, da bisher<br />
kein Turnunterricht erteilt war. Mit Genehmigung der Kgl. Regierung wird zu Beginn des<br />
neuen Schuljahres (1896/97) das Lesebuch für Landschulen von Stegard Wohlrabe für alle<br />
5
Stufen des Unterrichts nach und nach angeschafft werden, so daß das jetzige von R. und W.<br />
Dietlein, sowie die Fibel von Haeste allmählich verschwinden wird. Zu Ende dieses Schuljahres<br />
werden 4 Knaben und 4 Mädchen entlassen. Mit Beginn des neuen 2 Knaben und 4<br />
Mädchen aufgenommen, so daß die gegenwärtige Schülerzahl 70 beträgt<br />
1896 /97<br />
Bald darauf starb die durch ihren Fleiß mir liebgewordene Schülerin Anna Bärsch, 12 Jahre<br />
alt, an einem Rückenmarksleiden im Krankenhaus zu Delitzsch.<br />
In einer Schulvorstandssitzung wurde auch die Einführung des Religionsbuches von Falke<br />
und Förster beschlossen. Später wurde im Beisein eines Regierungsvertreters eine Sitzung<br />
im Interesse des Neubaus einer Schulklasse anberaumt. Darin wurde von dem Schulvorstand<br />
die Notwendigkeit einer solchen anerkannt.<br />
Der in gegenwärtiges Jahr fallende Geburtstag Weiland Kaiser Wilhelm I. ist auch in unserem<br />
Dorf festlich begangen. In hiesigem Gasthaussaale fand eine Gedenkfeier statt, an der<br />
sich auch die Schulkinder durch Aufführung eines Kinderschauspiels und Deklamation von<br />
Gedichten beteiligten.<br />
Im Herbst 1896 ließ die Gemeinde die untere größere Schulstube tapezieren sowie darin die<br />
Decke malen und eine neuen Ofen setzen. Dazu wurde der eiserne Kasten des alten wieder<br />
mit verwendet, da er noch dauerhaft erschien.<br />
Den Schluß des Schuljahres bildete die übliche Schulentlassungsfeier, und wir begannen<br />
das neue Schuljahr mit einer Schülerzahl von 72 Kindern.<br />
1897 /98<br />
Da im vorangegangenen März ein Lehrerbesoldungsgesetz in Preußen zustande gekommen<br />
war, so wurde durch die eingesetzten Provinzialkonferenzen die von den Gemeinde zu leistenden<br />
Mindestforderungen festgestellt. Sie lauten für unsere Provinz und zwar für die Landgemeinden:<br />
Grundgehalt in der Regel nicht unter 1000 Mark, Alterszulage 100 Mark mit dem<br />
Zusatz, daß in teureren Kreisen Grundgehalt und Alterszulage höher bemessen werden sollten.<br />
Für die kleineren Städte und teuren Landgemeinden wurden 120 Mark Alterszulage gefordert<br />
und für die übrigen Städte ein Grundgehalt von 1050 M und 150 M Alterszulage. Den<br />
Hauptlehrern solle das Grundgehalt bis zu 300 M und den Rektoren bis zu 600 Mark erhöht<br />
werden können. In unserem Kreis wurden diese Provinzialbeschlüsse durch den erst seit<br />
einigen Jahren eingesetzten Landrat Herrn von Busse, Brodau, in wohlwollender Weise insofern<br />
günstiger gestaltet, als er neben dem Grundgehalt von 1000 M den Alterszulagesatz auf<br />
mindestens 125 M und in wohlhabenden Gemeinden auf möglichst 150 M fest zu setzen<br />
empfahl.<br />
Dieses Vorgehen, das auch in anderen Landratsämtern unseres Regierungsbezirkes geübt<br />
wurde, hat es gewiß dahin gebracht, das unser Regierungsbezirk mit zu den drei Bezirken<br />
gehörte, in denen die meisten Gemeinden höhere Sätze als die von den vorgeschlagenen<br />
beschlossen hatten. Da aber in vielen Gegenden des Staates die Gemeinden nur gewillt waren,<br />
das gesetzlich Festgelegte zu zahlen, so ist eine große Verschiedenheit in der Lehrerbesoldung<br />
entstanden, welche Unzufriedenheit hervorgerufen hat. Es werden deshalb zur<br />
Zeit Stimmen laut, welche eine Revision der Ausführungen des Gesetzes für geboten erachten.<br />
In hiesiger Gemeinde wurden dieselben Gehaltssätze empfohlen und auch angenommen,<br />
welche im nahegelegenen Roitzsch aufgestellt waren, nämlich 1100 M Grundgehalt<br />
und 150 M Alterszulage, d. h. 100 M zahlt der Staat und für die übrigen 50 M die Gemeinde<br />
den darauf entfallenden Betrag. Der Rechnungswert ist auf 150 M berechnet. Sollte nun der<br />
Fall eintreten, dass ein Lehramtskandidat auf diese Stelle berufen wird, so erhält er während<br />
seiner ersten zwei Amtsjahre an Grundgehalt nur 1000 M und erst mit Beginn des dritten<br />
Jahres die vollen 1100 M ausbezahlt. Über diese Festsetzung ist dem derzeitigen Stelleninhaber<br />
ein amtl. Einkommensverzeichnis zugestellt.<br />
Nachträglich soll noch erwähnt werden, dass seit 1895 für die jährlichen Konferenzen die<br />
Summe von 10 M und für das amtl. Schulblatt 50 Pf. aus der Gemeindekasse gezahlt werden.<br />
Auch ein Kirchenblatt ist eingeführt worden, das vom Pfarrer den Kindern ausgehändigt<br />
wird, welche die Austeilung in den Gemeinden besorgen<br />
6
Durch Gesetz vom 23.Dezember 1896 war die vierprozentige konsolidierte Staatsanleihe,<br />
worin auch ein Teil des hiesigen kirchlichen Vermögens angelegt ist, in dreieinhalbprozentige<br />
umgewandelt, Danach hört mit dem 30.Sept. 1897 die Verzinsung zu 4% auf. Hiesige Stelle<br />
erlitt dadurch einen Ausfall an Zinsen aus der Kirchkasse. Auch durch Auslösung von Rentenbriefen<br />
wurde das Stelleneinkommen allmählich geringer. So betrugen die Zinsen aus der<br />
Kirchkasse im Jahre 1882 442 M, während sie zur Zeit nur noch 400 M ausmachen.<br />
In einer gemeinsamen Sitzung des Schulvorstandes und Gemeindekirchenrates wurde von<br />
einem Mitglied des letzteren angeregt, die jährlich zu Ostern fälligen Eier, deren jede konfimierte<br />
Person in <strong>Zaasch</strong> und Serbitz 2 Stück zu entrichten hatte, abzulösen und die dafür zu<br />
leistenden Geldbeträge aus den Gemeindekassen zu zahlen. Da hierüber Einverständnis<br />
erzielt wurde, so nahm man bis auf weiteres gemäß dem Betrage im Einkommensverzeichnis<br />
für <strong>Zaasch</strong> und für Serbitz 5 Mark Entschädigungssumme an.<br />
Eine für hiesigen Ort bedeutsame Feier fand am Sonntag den 13. März dieses Jahres hier<br />
statt. Eine Abordnung aus Leipzig, an ihrer Spitze der Konrektor des Königl. Gymnasiums<br />
Professor Dr. Wörner und Professor Dr. Brause enthüllte eine Gedenktafel aus schwarzem<br />
schwedischen Granit, welche am Giebel des Stallbaumschen Hauses, der nach der Straße<br />
zu gelegen ist, angebracht worden war. Die Tafel ist von einer großen Zahl ehemaliger Thomaner<br />
dankbaren Herzens zur Erhaltung des Andenkens ihres um das Wohl der Schule und<br />
die Wissenschaft hochverdienten einstigen Lehrers, des Rektors Professor Gottfried Stallbaum,<br />
gestiftet. Professor Wörner redete in Gegenwart vieler Einwohner des Ortes über die<br />
Worte „ Das Andenken des Gerechten bleibet im Segen“ Anfänglich hatte man geplant, die<br />
Feier durch Gesang der Thomasschüler zu verschönern. Schwere Todesfälle in der Stallbaumschen<br />
Familie ( der jetzige Besitzer ist ein Großneffe des Rektors) welche vorher erfolgten,<br />
ließen es geraten erscheinen, die Enthüllung der Gedenktafel still zu begehen.<br />
Die Tafel enthält in lateinischer Sprache die Inschrift:<br />
Gogofredo Stallbaumio hic nato die 25.mensis Septembris<br />
Anno 1793 sospilatori Platonis rectori optime merito<br />
Scholae Thomanae Lipsiensis pietas<br />
In deutscher Übersetzung lautet sie etwa<br />
Dem hier am 25 September des Jahres 1793 geborenen<br />
Gottfried Stallbaum, dem besten Übersetzer des Plato, dem sehr verdienten Rektor<br />
der Thomasschule zu Leipzig hat diese Gedenktafel die Dankbarkeit gewidmet<br />
1898 /99<br />
In dem nun folgenden Schuljahr 1898 /99 stieg die Zahl der Schüler auf 79.<br />
Es folgt eine Bericht über einen Schulausflug nach Leipzig, den ich hier nicht wiedergebe.<br />
1899 /1900<br />
Aus dem Schuljahr 1899 /1900 ist zu erwähnen, daß eine Schulleihbibliothek gegründet wurde,<br />
da der Schulbuchverlag von Hermann Schroedel in Halle an der Saale der Schule sowie<br />
den übrigen Schulen des Kreises acht Bücher hierzu schenkte.<br />
Da die Dächer des Schulhauses und der Wirtschaftsgebäude schadhaft geworden waren,<br />
ließ man sie eindecken. Ferner wurde Drainage von der Pumpe im Hof bis zum Graben hinaus<br />
gelegt.<br />
Im Herbst herrschte hier und besonders in der Umgebung viel Kinderkrankheit, der auch ein<br />
Kind der Unterstufe, Otto Keil, erlag. Schon in den Osterferien hatte ich einen Knaben der<br />
7
Oberstufe, Hermann Kömmling, durch Lungenkrankheit verloren. Trotzdem wenig Neigung<br />
zum Bau einer Schulklasse in der Gemeinde vorhanden war, drängte die Kgl. Regierung<br />
darauf, denselben in Angriff zu nehmen, weshalb, da ein Anbau an das alte Klassenzimmer<br />
nicht ratsam erschien, man beschloß, den Neubau auf dem Schulfeld, dem Schulgrundstück<br />
gegenüber, auszuführen, welcher Plan Bestätigung erhielt.<br />
Seit diesem Jahr wird auch der aus der Gemeindekasse von 1895 an gezahlte Betrag für<br />
die Teilnahme an den amtlichen Lehrerkonferenzen nicht mehr geleistet, da von jetzt an der<br />
Staat eine Summe bezahlt.<br />
Das aus der Staatskasse Quasimodogeniti (Sonntag nach Ostern ,Weißer Sonntag) fällige<br />
Tranksteuerbeneficium von 10 M ist von nun an bei der Gemeindekasse zu erheben.<br />
1900 /01<br />
1900 /1901 sank die Zahl der Schüler auf 64 herab.<br />
Im Lauf dieses Schuljahres erhielt hiesige Schule mehrere Zuwendungen, so aus dem Provinzial-<br />
Museum Halle die kleine Wandkarte mit „Vor- und frühgeschichtlichen Gegenständen<br />
aus der Provinz Sachsen“ Ein Dr. Horn in Plauen im Vogtland schenkte der Schul- Bibliothek<br />
für die von meinem Vater ihm bei der Vervollständigung des Stammbaums der Familie Horn,<br />
Serbitz, geleisteten Dienste die Bücher mit den Nummern 11 bis 17. Die Nummern 9 und 10<br />
wurden seitens der derzeitigen Lehrers aus Anlaß des in dieses Jahr fallenden Jubiläumstages<br />
der Königsherrschaft der Hohenzollern in Preußen ebenfalls der Bibliothek vermacht.<br />
Eine Nachfeier dieses Tages wurde in hiesigem Gasthaus am 18.Febr. vom Kriegerverein in<br />
Verbindung mit der Schule abgehalten. In Deklamation und Liedern brachten die Kinder<br />
Hauptzüge aus dieser Zeit und über die wichtigsten hohenzollernschen Regenten zur Darstellung.<br />
Betreffs des Schulklassenbaues wurde, da der Gutsbesitzer Alfred einen an das Schulgrundstück<br />
stoßenden Teil seines Gartens abzutreten bereit war, der Beschluß gefaßt, ihn<br />
an das alte Gebäude anzubauen, was regierungsseitig bestätigt wurde. Dieser Neubau fand<br />
1901 statt. Er wurde mit Anfang des Wintersemesters nach kurzer Feier bezogen. Um seine<br />
gute Ausführung hat sich besonders der Gutsbesitzer William Horn verdient gemacht.<br />
Da durch den Klassenneubau der Giebelstube das Licht entzogen war, wurde unter Hinzunahme<br />
einer Dachkammer der nach dem Kirchhof zu gelegene Hauserker angebracht.<br />
1902 /03<br />
Kurz vor Pfingsten 1902 fand in der Ephorie Gollme General- Kirchen- und Schulvisitation<br />
durch Generalsuperintendent Vieregge, Magdeburg, statt. In <strong>Zaasch</strong> wurde sie am 13. Mai<br />
nachmittags abgehalten. Nach üblichem Gottesdienst fand Unterredung mit den Konfirmierten<br />
statt, wonach Unterredung mit erwachsenen Gemeindemitgliedern folgte. Während dieser<br />
letzteren wurden die Kinder der Ober- und Mittelstufe von <strong>Zaasch</strong> und Serbitz in der<br />
Schulklasse nach aufgegebenen Themen kurz unterwiesen, welche religiöse Unterweisung<br />
durch den Generalsup. geschlossen wurde. Zum Eröffnungs - resp. Schlußtage der Visitation<br />
mußten die Lehrer nach Gollme resp. Landsberg, wo zweimal gemeinsames Essen mit Wein<br />
eingenommen wurde. Entschädigung ist hierfür nur von wenigen Gemeinden gezahlt worden..<br />
Auf Anordnung des Ministers fiel von diesem Jahr an eine der jährlich stattfindenden zwei<br />
Hauptkonferenzen weg.<br />
Es folgt ein Bericht über einen Schulausflug nach Halle.<br />
Im Herbst dieses Jahres beantragte ich die Verpachtung von zwei Morgen Schulacker durch<br />
die Gemeinde und regte gleichzeitig auf das mir verbleibende Stück Land eine Ermäßigung<br />
des bisherigen Pachtpreises an. Auf letzteres ging man nicht ein, versuchte vielmehr, die<br />
durch meinen Vater auf seine Kosten angelegte Pflaumenplantage am Graben in die Verpachtung<br />
einzuschließen, wogegen ich mich sträubte.<br />
8
Nach Ausweis des Grenzsteines stehen auch die letzten Bäume nicht auf dem „Dienstgelände“<br />
sondern auf Gemeindeland, wie so manche Bäume im Orte. Bei der Vermessung ist daher<br />
auch eine Linie, dem Rain an der Südgrenze des Feldes parallel laufend, angenommen.<br />
Das über der Linie liegende Feld muß Gemeindeland sein, und da dieser Randstreifen zum<br />
Schulgarten gerechnet ist, wird er ohne Genehmigung der Regierung nicht abgetrennt werden<br />
und die Bäume nicht den Pächtern übergeben oder von der Gemeinde in Anspruch genommen<br />
werden können. Da auch der Schulgarten nicht bedeutend groß ist, dürfte auch<br />
dies ein Grund sein, diese Nutzung dem Lehrer zu belassen, zumal die Pächter kaum Schaden<br />
haben, da bei der Vermessung die Bogenstücke außer Berechnung gelassen wurden.<br />
Diese Bäume sind bei der Aufstellung des Gehaltsverzeichnisses ausdrücklich zum Schulgarten<br />
gerechnet worden. Als dann 1897 das Besoldungsgesetz erlassen wurde, nach welchem<br />
der Garten außer Anrechnung zu setzen war, mußte somit auch der Wert dieser Bäume<br />
außer Ansatz kommen. Jetzt ist in dem Protokoll vom 10.Sept 1902 geschrieben :<br />
„Zunächst wurde beschlossen, die Nutzung der am Felde stehenden Pflaumenbäume dem<br />
Lehrer zu überlassen. Dann wurde beschlossen, die 2 Morgen Feld zu verpachten, den<br />
Durchschnittspreis der Verpachtung dem Lehrer auf 1 ½ Morgen anzurechnen, den Ausfall<br />
an den 175 M auf die Gemeindekasse zu übernehmen. Verpachtet wird auf 6 Jahre, vom<br />
1.Okt 1902 ab, unter Vorbehalt, daß keine ,die Pflaumenbäume schädigenden Gruben auf<br />
dem Felde gemacht werden. pp“<br />
Der erste Morgen wurde mit 36 M dem Hausbesitzer Frz. Bergmann, der nächste halbe Morgen<br />
mit 24 M und der letzte halbe Morgen mit 30 M dem Gastwirt Dornack zugeschlagen.<br />
Für den Rest des Feldes, nicht ganz 1 ½ Morgen, sind 67 Mark dem Lehrer angerechnet.<br />
Der Plan wurde von Maurermeister Conrad (Brehna) vermessen, worüber eine Skizze am<br />
Ende dieses Buches eingeklebt ist. ( die Skizze ist nicht mehr vorhanden )<br />
Die Schulbibliothek vermehrte ich in diesem Jahr durch Schulrat Polacks Schrift „ Vater Pestalozzi“<br />
In der Schlußfeier. Ostern 1902 wurden 2 Knaben und 3 Mädchen entlassen.<br />
Schuljahr 1903 / 04<br />
begann mit einer Schülerzahl von 66 Kindern. Mit Beginn desselben gelangte die neue<br />
Reichsorthographie zur Einführung.<br />
Vom 15.Mai ab bis zu den Herbstferien wurde zum ersten Male nur Vormittagsunterricht erteilt,<br />
nachdem regierungsseitig die Genehmigung gegeben war. Es sollte damit dem häufigen<br />
Fehlen der Kinder begegnet werden, die nun zu den Feldarbeiten die Nachmittage frei hatten.<br />
Es folgen Informationen über eine sechswöchentliche Krankheit des Lehrers und einen<br />
Schulausflug nach Wörlitz<br />
Mit Schluß des Schuljahres verließen 1 Knabe und 6 Mädchen die Schule. Nachzutragen ist<br />
noch, dass seit 1900 /01 Führung einer Liste über körperliche Züchtigung in jeder Schule<br />
angeordnet ist.<br />
Im Schuljahr 1904 /05<br />
fiel die Zahl der Schüler auf 61 herab Vom Mai bis zu den Herbstferien wurde wieder Sommer-<br />
Schulunterricht von 7-12 Uhr erteilt. Auch wurde nach kirchlicher Verordnung der Konfirmandenunterricht<br />
in veränderter Weise abgehalten, so daß die Kinder auch im Sommer<br />
wöchentlich einmal zu diesen Stunden gingen, doch in der schulfreien Zeit.<br />
In diesem Jahr wurde zum ersten Male durch den Kreisarzt eine kurze Untersuchung der<br />
Schulkinder auf ihren allgemeinen Gesundheitszustand vorgenommen, womit gleichzeitig<br />
auch Feststellungen über gesundheitliche Beschaffenheit örtlicher Einrichtungen (Brunnen,<br />
Kanalisation u. ähnliches) verbunden waren.<br />
9
Am Tage der Feier des fünfundzwanzigjährigen Stiftungsfestes vom hiesigen Kriegerverein<br />
beteiligte sich die Schule durch frischen Gesang : „Unser Kaiser lebe lang“ Am Montag nach<br />
derselben fand Kinderfest statt, an dem sich auch Serbitz beteiligte.<br />
Dasselbe verlief ungestört, doch erwies es sich als unbedingt nötig, den Armbrustschießplatz<br />
der Knaben durch Leinenziehen abzuschließen, was diesmal unterlassen war, sowie auch<br />
den Knaben der Unterstufe Stechvögel statt Armbrüste zu geben.<br />
An Baulichkeiten sind die Einsetzung neuer Fenster in der Unterwohnung des Schulhauses,<br />
die Einrichtung der alten Schulklasse als Wohnung, in deren Kammer ich auf meine Kosten<br />
habe einen Wandschrank anbringen lassen , und die Anlage einer Waschküche sowie am<br />
Gottesacker die Aufführung neuer Mauerbogen für Kirchtor und -.tür vorgenommen. An Stelle<br />
des früheren Holztores ist jetzt ein eisernes gesetzt. Auch der auf Holztafel im alten Torbogen<br />
stehende Spruch : „Alle, die ihr vorüber gehet“, welcher nach Aussage alter Ortseinwohner<br />
von meinem Großvater herrühren soll, wurde auf neuer Sandsteinplatte unter Glastafel<br />
stehend, wieder eingemauert.<br />
Für die Klasse wurde eine Wandtafel mit Gestell angeschafft. Die Tafel besteht aus verschiefertem<br />
Holzstoff und kostete insgesamt 43 M.<br />
Im amtlichen Schulblatt dieses Jahres Nr. 10 ist seitens der Regierung eine neue Ferienordnung<br />
herausgegeben.<br />
Am 15. Nov. cr(?). wurde eine Erhebung über Lohnbeschäftigung von Kindern im Haushalt<br />
sowie in der Landwirtschaft und deren Nebenbetrieben aufgenommen.<br />
Schuljahr 1905 /06<br />
Begann mit 68 Schülern und brachte uns am 5. Mai, dem 100. Todestag Schillers eine Schiller-<br />
Gedenkfeier, welche früh in der Schule mit den Kindern und abend unter zahlreichem<br />
Zuspruch seitens der Gemeinde im Wirtshaussaale hierselbst abgehalten wurde.<br />
Derselbe war festlich geschmückt, da reichlich freiwillige Gaben gespendet waren, aus denen<br />
auch ein Schillerbildnis angekauft und eingerahmt werden konnte, welches beim Festakt<br />
: Unter der Schiller- Linde von Paul Risch, an dem sich mehrere erwachsene Gemeindemitglieder<br />
beteiligten, verwendet und dann der Schulklasse als Eigentum überwiesen ist. Einer<br />
der am Festspiel Beteiligten Herr Ökonom Reinhold Schaaf, deklamierte „Das Lied von der<br />
Glocke“ und erntete reichen Beifall.<br />
Vom 15 Mai ab wurde wieder Vormittagsunterricht von 7. 12 Uhr abgehalten<br />
Bald nach Pfingsten erlebten wir eine Missionspredigtreise in unserer Ephorie.<br />
Es folgen zwei Berichte über Schulausflüge.<br />
Am 1. Dezember ( 1905) fand Volkszählung statt. Es wurden hier 357 Personen gezählt.<br />
Im Laufe des Sommers sind in der Lehrerwohnung Türen und Fenster der Zimmer zu ebener<br />
Erde mit neuem Anstrich versehen sowie die nördl. Giebelwand am Stalle, da sie rissig<br />
geworden ,durch Steinmauern ersetzt.<br />
Auf dem Kirchhofe wurde ein riesiger Birnbaum, dessen Platz für Gräber in Anspruch genommen<br />
werden sollte, gefällt.<br />
Es war ein Baum<br />
„- der schon jahrundertlang<br />
getrotzt der wilden Stürme Drang<br />
in dessen Krone manch Geschlecht<br />
erstand und starb nach ewgem Recht<br />
Kalt setzt der Mensch die Axt daran,<br />
und um sein dasein ist´s getan.-<br />
Selbst von der Erde tiefstem Schoß<br />
reißt er den ewgen Frieden los“<br />
10
In der Klasse sind dies Jahr zwei viersitzige Bänke eingestellt und an Stelle der alten tönernen<br />
Tintenfässer solche aus bleifreiem Metall mit Schiebedeckel beschafft.<br />
Im östlichen Teil des Dorfes ist eine Pflaumenplantage angelegt. Hier befanden sich früher<br />
zwei Teiche und Gräben, welche nach und nach zugefüllt und nun diese Plätze mit Kanalisation<br />
versehen sind.<br />
Aus Anlaß der Silberhochzeitsfeier unserer Kaiserpaares im Februar veranstalteten Kriegerverein<br />
und Schule in hiesigem Gasthaussaale einen Fest- und Unterhaltungsabend. Da diese<br />
Feier in der Gemeinde angesprochen zu haben schien, sollte noch eine Nachfeier zwecks<br />
Erlangen von Geldmitteln für Witwen und Waisen, wie dies auch dem öffentlich bekundeten<br />
Sinne unseres Herrscherpaares entsprach, abgehalten werden. Diese zweite Feier wurde<br />
eigentümlicher Weise auf Betreiben des derzeitigen Geistlichen seitens der Kreisschulinspektion<br />
trotz wiederholter Bitte nicht genehmigt.<br />
Im neuen<br />
Schuljahr 1906 /07<br />
umfaßte die hiesige Schule 63 Kinder.<br />
Während des Sommers traf ein Blitzstrahl unsere Kirche, ohne daß sonderlicher Schade<br />
verursacht wurde. Es war aber der Grund, daß Kirche und Schulgebäude mit Blitzableitern<br />
versehen wurden, die Kirche außerdem mit neuer Wetterfahne, da die alte durch Sturm herabgeschleudert<br />
war. Auch das an der Westseite des Kirchhofs noch bestehende Stück<br />
Lehmmauer ,welches im Frühjahr infolge der Nässe zusammengestürzt war, erneuerte man<br />
durch Steinmauer, deckte den übrigen Teil der Kirchhofmauer sowie die Gartenmauer des<br />
Schulgehöftes neu ein. Da auch der südliche, auf dem Haus befindliche Schornstein in seinen<br />
oberen Teilen erneuert werden mußte, lies ich gleichzeitig auf eigene Kosten ein neues<br />
Dachfenster in das Dach der der Haustreppe zunächst liegenden Kammer einsetzen und das<br />
bisherige Stück des Dachfensters verschalen, wodurch dies um vieles freundlichen und heller<br />
geworden ist. In der Küche ließ ich eine neue Küchenpumpe aufstellen, deren Gesamtkosten<br />
sich auf über siebzig Mark beliefen.<br />
Die Kirche erhielt dieses Jahr neue Fenster eingesetzt, wozu ein Geldgeschenk seitens des<br />
Amtmanns Herrn Bieler, Zschernitz, des Kirchenpatrons , an hiesige Kirche Veranlassung<br />
gegeben hat. Aus Kirchenmitteln war das Jahr vorher schon eine umfassende Orgelreparatur<br />
ausgeführt.<br />
Bemerkenswert für unser Dorf dürfte auch die im Herbst dieses Jahres ausgeführte Anlage<br />
der Elektrizitätsleitung sein.<br />
Seitens des Kultusministeriums wurde etwas für die einklassigen Schulstellen und die Entschädigung<br />
für Kirchendienste getan, „um auf dem Gebiet des Besoldungswesens der<br />
Volksschule eine größere Gleichmäßigkeit und Stetigkeit herzustellen und insbesondere<br />
auch der jetzt so häufigen Landflucht der Lehrer entgegen zu wirken“. Einklassige Schulstellen<br />
sollten ein Mindestgrundgehalt von 1100 Mark und für kirchliche Mühewaltung 400 Mark<br />
mindestens haben. Da hierorts an diesem Mindestgrundgehalt 36 Mark fehlten, wurde Zahlung<br />
derselben aus der Gemeindekasse beschlossen.<br />
Schuljahr 1907 /08<br />
brachte auf Anregung hin eine Änderung bezüglich der größeren Klassenraumreinigungen.<br />
Der darauf Bezug nehmende Teil des Protokolls lautet, daß beschlossen wurde : „Das Reinigen<br />
der Schulklassen und zugehörigen Räume an den Mittwoch- und Sonnabend -<br />
Nachmittagen, das fünfmalige Scheuern, Fensterputzen usw. sowie ein zwölfmaliges Gänge-<br />
feucht- Aufwischen während des Jahres unter monatlicher Kündigung an eine erwachsene<br />
Person zu vergeben. Obige Arbeiten unter einer Entschädigung von 40 M jährlich auszuführen,<br />
erklärte sich der Hausbesitzer Kunze bereit. Die Tätigkeit ist mit dem 1.Mai 1907 übernommen.<br />
Bei Nichtkündigung dauernde Übernahme.<br />
Während des Sommers wurde wieder Sommerschulunterricht erteilt. Am 12. Juni d.J. fand<br />
eine Berufs- und Betriebszählung statt. Nach Austritt von 8 Schulkindern im alten Schuljahr<br />
begann das neue<br />
11
Schuljahr 1908 /09<br />
mit einer Schülerzahl von 82. Vom Mai bis nach den Herbstferien wurde auf Antrag wieder<br />
Sommerschulunterricht gestattet.<br />
Es folgt ein Bericht über einen Schulausflug nach Halle<br />
An Geschenken erhielt die Schule durch den Ortsvorsteher Herrn Schaaf drei Bilder, das der<br />
jetzigen Kaiserin, des Kaisers Friedrich und das des alten Kaisers Wilhelm I.<br />
Nach dem Schulunterhaltungsgesetz vom 28.Juli 1906 sind auch bezüglich der Anstellung<br />
der Lehrer Änderungen vorgesehen. Die diesbezüglichen Abschnitte aus diesem Gesetz<br />
sind als Anhang im Gesetz über das Diensteinkommen der Lehrer und Lehrerrinnen an den<br />
öffentl. Volksschulen Preußens vom 26.Mai 1909 enthalten, das dem hiesigen Schulinventar<br />
einverleibt ist und auch aus anderen, die Schule interessierenden Gesetzen Paragraphen<br />
enthält.<br />
Am 1.Mai d. J. besuchten 39 Knaben und 44 Mädchen, am 1. Nov. 40 Knaben und 40 Mädchen,<br />
durchweg evangelischer Konfession, die Schule.<br />
Bei Schulschluß verließen 4 Knaben und 5 Mädchen die Schule, während mit<br />
Schuljahr 1909 /10<br />
3 Knaben und Mädchen neu eintraten.<br />
In Anbetracht der im Jahre 1908 westlich von Schenkenberg, am Wege nach Storckwitz, auf<br />
der kaum erkennbaren Anhöhe, dem sog. Kanonenberg, stattgehabten Ausgrabungen sei<br />
hier mitgeteilt, was darüber durch die Zeitungen bekannt gegeben ist.( Dieser Kanonenberg<br />
liegt am Ortsausgang von Schenkenberg nach Storckwitz links hinter dem letzten Haus noch vor der<br />
ehemaligen Grubenbahn)<br />
„ Es sind zwei teilweise ineinanderliegende, zeitlich und kulturell scharf getrennte Urnenfriedhöfe<br />
mit zusammen 115 Gräbern bloßgelegt. Der ältere, mehr nach dem Dorfe zu gelegene<br />
Friedhof gehört der Zeit von etwa 800 bis 500 v. Chr. an, d.h. einem späteren Abschnitt<br />
der jüngeren Bronzezeit, in welcher der Mensch, im Gegensatz zu den Bräuchen späterer<br />
Zeiten, die Leichen der Verstorbenen verbrannte. So finden wir in den 14 bis 40 Zentimeter<br />
hohen Urnen, die ohne Benutzung der Töpferscheibe gearbeitet sind, stets die wenigen bei<br />
der Verbrennung des Menschen übrigbleibenden Reste kleingeschlagener Knochen. Über<br />
die Öffnungen der Urne ist meist eine Schale gestülpt, mitunter auch zwei oder drei übereinander;<br />
daneben liegen mehrere (bis zu fünf) kleine Gefäße, sog. Beigefäße, in denen man<br />
den Verstorbenen Speise und Trank für das Jenseits mitgegeben. Metallbeigaben, auch eine<br />
Ausrüstung für das Leben im Jenseits, sind in diesen Gräbern der jüngeren Bronzezeit außerordentlich<br />
selten. In mehr als 50 Gräbern nur in 5 Fällen, und auch dann auch in sehr<br />
geringen Mengen. Von der beschriebenen Grabform weichen nur drei Funde ab, welche<br />
wohl als Gräber höher gestellter Persönlichkeiten anzusehen sind. In diesen Fällen hatte<br />
man eine Steinplatte in nahezu 1 m Tiefe in die Erde gelassen und auf ihr aus gesprengten<br />
Findlingen eine kleine Kammer aufgebaut. In diese setzte man die Urne samt den Nebengefäßen<br />
und füllte die freibleibenden Teile der Kammer mit Erde aus. Über das ganze hat man<br />
in einem Falle eine kreisrunde, 40 cm starke Steindecke von nahezu 1m Durchmesser gedeckt,<br />
bei einem anderen Grabe dagegen aus Porphyrplatten einen Kegel aufgebaut. In einigen<br />
anderen Fällen fand sich ein kleines Gefäß, angefüllt mit kaum einer Handvoll feinen<br />
Knochen eines Kindes oder man hat- wohl in ärmeren Kreisen der Bevölkerung - die Überreste<br />
des Verstorbenen auf ein großes Gefäßbruchstück gelegt, und so in die Erde gesenkt.<br />
Die durchweg gut gearbeiteten Gefäße sind meist durch Strichmuster und Hohlkehlen verziert<br />
und stets gut gebrannt; sie verraten seine hohen Grad von Kunstfertigkeit und Geschmack.<br />
Unmöglich ist es jedoch, aus den spärlichen Bronzen Schlüsse über die Metalltechnik<br />
jener Zeit zu ziehen.<br />
12
Das jüngere Gräberfeld gehört der Zeit von etwa 400 v.Chr. bis gegen 150 n. Chr. an. Die<br />
Bestattungsformen sind einfacher, Beigefäße finden sich nie, Deckschalen in seltenen Fällen.<br />
Die Gräber hervorragender Personen zeichnen sich nicht mehr durch Steinsetzungen<br />
aus. Die Gefäße sind im Gegensatz zu früher schlecht gebrannt, nicht mehr so sorgfältig<br />
gearbeitet wie einst, die Wandung ist vielfach rauh gelassen, der Formenreichtum früherer<br />
Zeiten ist verschwunden. Erst in der Zeit um Christi Geburt selbst hebt sich die Töpferkunst<br />
wieder; wir finden glänzend schwarze, oft durch feine Punktreihen verzierte Gefäße, die bereits<br />
auf Töpferscheiben gefertigt sind. Im Gegensatz zu früher stattet man den Toten reich<br />
mit Metallgaben für die Fahrt ins Jenseits aus. Aus der Reihe der Funde seien genannt :<br />
zwei eiserne Lanzenspitzen,5 Messer 3 Fibeln, 7 Nadeln, ferner aus Bronze : 3 kleine Fingerringe,<br />
2 vollständige Fibeln, Bruchstücke von anderen, ein Gürtelblech und endlich mehrere<br />
im Leichenbrand geschmolzene bunte Glasperlen.<br />
Dies jüngere Gräberfeld zeigt eine unverkennbare Ähnlichkeit mit solchen aus Norddeutschland.<br />
Wir haben in ihm einen alten germanischen Friedhof vor uns, der ein klares Licht auf<br />
die Kulturverhältnisse jener Zeit wirft. Dagegen wissen wir nicht, welchem Volksstamm das<br />
ältere Gräberfeld zuzuschreiben ist. Die Gefäße und Bestattungsformen stimmen mit denen<br />
der Lausitz, Schlesiens und Posens vollständig überein, welche sich scharf gegen die gleichalterigen,<br />
germanischen Gräber Norddeutschlands abheben, also einem anderen Volk<br />
angehören Es müssen erst weitere Funde abgewartet werden, um dies Rätsel zu lösen.<br />
In den Schenkenberger Funden entrollt sich ein Stück Vorgeschichte unserer Gegend, aus<br />
welcher bisher wenig Überreste ihrer früheren Bewohner bekannt geworden sind. Die Funde,<br />
220 Nrn.,. sind teils im Delitzscher Museum, teils im Provinzialmuseum in Halle oder in Händen<br />
von Liebhabern.“<br />
Vom 1. Mai ab fand in diesem Schuljahr wieder Sommerschulunterricht statt. Während des<br />
Sommers wurden zwei neue viersitzige Bänke eingestellt. Als am 4. September Revision<br />
durch den Kreisarzt stattfand, wurde das Wasser des alten Brunnen, der ziemlich flach angelegt<br />
war, beanstandet und Anlegung eines neuen gefordert, der nun dicht am Waschhaus<br />
gebohrt ist und eine Tiefe von 8 Metern hat. Da ich aus dem alten Brunnen Leitung nach der<br />
Küche hatte legen lassen, ließ ich dies auch beim neuen tun, wodurch mir eine Ausgabe von<br />
30 Mark entstand.<br />
Da am 26.Mai d.J. ein neues Gesetz über das Diensteinkommen der Lehrer und Lehrerinnen<br />
in den öffentlichen Volksschulen unseres Staates erlassen wurde, ist dies in das Schulinventar<br />
aufgenommen.<br />
Der Schülerbestand der Klasse belief sich<br />
am 1.Mai d.J. auf 42 Knaben, 45 Mädchen<br />
am 1. Nov. d. J. auf 40 Knaben und 46 Mädchen, durchweg evang. Konfession. Am Ende<br />
des Schuljahres wurden 5 Knaben., 6 Mädchen entlassen, während 7 Knaben., 8 Mädchen<br />
neu im nächsten Schuljahr eintraten.<br />
Das Jahr 1908<br />
22.05. Am Abend bricht über die Gegend ein schweres Unwetter herein. Ein Hagelunwetter<br />
bringt Taubeneier große Eisstücke.<br />
In Delitzsch wird die Eisenbahn- Hauptwerkstätte eröffnet. Diese Werkstätte wird sich später<br />
zu einem der größten Reichsbahnausbesserungswerke (RAW ) entwickeln.<br />
04.11. In der Mittagszeit erfolgt eine dreimalige Erderschütterung, die sich nach zwei Tagen<br />
und am 19.12. wiederholt. Über die Ursachen findet man keine Begründung.<br />
13
Die Schulchronik fährt fort<br />
Die Gesamtzahl im<br />
Schuljahr 1910 /11<br />
betrug 86 Schüler.<br />
Während des Sommers wurde auf Antrag hin die Abhaltung von Sommerschulunterricht genehmigt.<br />
Auf Umfrage hin wurden Erhebungen über gewerbliche Beschäftigung von Schulkindern<br />
veranstaltet, doch den Lehrern gleichzeitig zur Pflicht gemacht, ein eingehendes<br />
Ausforschen solcher Fälle zu unterlassen.<br />
Neu angeschafft ist in diesem Jahr die Wandkarte mit den Hohlmaßen und Gewichten. Vom<br />
April an erhält hiesige Schule seitens des Kreisausschusses auf Kreiskosten die Zeitschrift<br />
„Wir sind Deutschlands Jugend“ zugestellt. Postbestellgebühr trägt die Gemeindekasse.<br />
Nach dem Wissen des Kreisausschusses soll dies Zeitung allen Lehrern eines Ortes zugänglich<br />
gemacht werden, selbst auf Wunsch hin den Geistlichen und im Interesse der Jugendfürsorge<br />
Verwendung finden. Hier wird sie der Oberstufe ausgehändigt unter Hinweis<br />
auf den Inhalt oder Vorlesen eines Artikels, besonders aus der Rubrik „Was sich schickt und<br />
was uns gefällt“. Da das Zirkulieren der Zeitschrift unter der Oberstufe ziemlich langsam vor<br />
sich geht, wurden die Schüler aufgefordert, daß einige sich zusammentun und die Zeitschrift<br />
eigens für sich halten möchten, was leider bis zum Jahresende ohne Erfolg blieb.<br />
Die Volkszählung am 1. Dezember hatte folgendes Ergebnis im Ort:<br />
168 männlich,204 weiblich, insgesamt 372 anwesende Personen.<br />
Die Zahlung geschah ohne Beteiligung des Lehrers am Zählgeschäft.<br />
Entlassen wurden in diesem Schuljahr 6 Knaben und 5 Mädchen.<br />
Nachweisung sämtlicher Jahreseinkünfte hiesiger Schulstelle :<br />
14
I. Grundgehalt 1. a Acker 87,44 a 157,50 – 2,50 M<br />
b Kirchhofspacht 6.00 M<br />
c Jagdpacht 1,50 M<br />
2. Zinsen von Schul- u. kirchl. Kapitalien<br />
11.772,55 M<br />
a 900,00 M 4 % 36,00 M<br />
b 6800,00 M 3 ½ % 238,00 M<br />
C 22,66 M 3 ¼ % 0,75 M<br />
d 3600,00 M 3 % 108,00 M<br />
e 450,00 M 3 ½ % 15,75 M<br />
398,48 M<br />
3. Aus der Staatskasse<br />
Tranksteuerbenefizium<br />
15<br />
10,00 M<br />
4. Bezüge aus der Kirchenkasse<br />
a Stolgebühren 34,26 M<br />
b Gehaltszulage 21,00 M<br />
c Beitrag zur Heizung 9,00 M<br />
64,26 M<br />
5. Kirchliche Gebühren:<br />
Taufen, Trauungen, Beerdigungen<br />
26,46 M<br />
6. Stiftungen<br />
7. Einkünfte an<br />
a für Brote 2,00 M<br />
b für Ostereier 15,00 M<br />
8. Zahlungen aus der Schulkasse<br />
a Gemeindekasse (incl.800M Staatszuschuß) 1339,36 M<br />
b Entschädigung für Heizung 60,00 M<br />
c Niedere Kirchendienste 180,00 M<br />
Bleibt Grundgehalt 1900,00 M<br />
ab für Wohnung 557,00 M<br />
zur Pension<br />
Ich kann diese Rechnung leider nicht nachvollziehen, ich kann auch nicht angeben ob ein Fehler<br />
beim ersten Abschreiben entstanden ist. Ich habe alles sorgsam übertragen.<br />
Offensichtlich als Nachtrag erscheint jetzt nachfolgend wiedergegebener Kontrakt
Kontrakt zwischen Kirchenrat und Totengräber sowie niederem Kirchendiener<br />
§3 Als Totengräber hat er dafür zu sorgen, daß bei Beerdigungen die Gräber zur rechten<br />
Zeit fertig gestellt, die Leichengeräte nach dem Trauerhaus geschafft und überhaupt<br />
alles so besorgt ist, daß der Vollzug des Begräbnisses ohne jegliche Störung vonstatten<br />
gehen kann. Dem Geistlichen ist bei der Einsegnung der Leiche, wie nachher den<br />
Leidtragenden eine Schaufel mit trockener Erde hinzureichen.<br />
§ 4 Außerdem hat der Totengräber für Ordnung und Reinlichkeit auf dem Friedhof zu<br />
sorgen.<br />
§ 5 Als Entschädigung erhält er von dem dazu Verpflichteten für ein Grab eines Erwachsenen<br />
4,00 M für das eines Kindes 2,00 M, für ein ausgemauertes Grab nach Übereinkunft.<br />
Außerdem für Reinigen und Ordnunghalten auf dem Kirchhof auch Schneeforträumen<br />
von den Wegen, jährlich 30 M aus der Kirchhofskasse in vierteljährlichen<br />
Raten postnumerando. ( zum letzten des Quartals )<br />
§ 6 Als Kirchendiener hat er folgende Arbeiten auszuführen :<br />
1. das Läuten der Glocken nach besonderer Vorschrift<br />
2. das Reinigen der Kirche – Ausfegen und Abwischen der Bänke vor jedem Gottesdienst;<br />
Groß- Reinemachen nach Bedarf, wenigstens aber viermal im Jahre<br />
3. Ausklopfen und Abbürsten der Teppiche und Decken, sowie der Kanzel- und Altarbekleidung,<br />
auch das Waschen der weißen Überlegedecken.<br />
4. Das Putzen der Fenster, sowie der Leuchter und Altargeräte.<br />
5. Das Aufziehen und Richtigstellen der Kirchturmuhr<br />
6. Das Anzünden der Altarlichte an allen großen Festtagen und beim Abendmahl<br />
7. Das Öffnen und Schließen der Kirchentüren. Öffnen wenigstens eine halbe Stunde<br />
vor Beginn des Gottesdienstes bzw. einer Amtshandlung,<br />
8. Entschädigung jährlich 170 M.<br />
9. Vierteljährliche Kündigung. Dem Gemeindekirchenrat steht das Recht zu, den Kirchendiener<br />
bei grober Pflichtverletzung ohne Anspruch auf Entschädigung sofort<br />
zu entlassen.<br />
10. Den Anordnungen des Gemeindekirchenrates bzw. des Rendanten ist Folge zu<br />
leisten.<br />
<strong>Zaasch</strong>, den 5.Dez.1909<br />
Nach Schluß des alten <strong>Chronik</strong>heftes beginnt das neue mit<br />
Schuljahr 1911 / 12<br />
Im Mai desselben Jahres wurde mit Ober- und Mittelklasse ein Ausflug nach Leipzig unternommen.<br />
Hier ging es zu Fuß vom Berliner Bahnhof aus an dem Neubau des im Entstehen<br />
begriffenen Hauptbahnhofs vorbei nach dem Neuen Theater zum Augustusplatz. Wir besichtigten<br />
das Städtische Kunstmuseum, was in besonders entgegenkommender Weise unentgeltlich<br />
für Kinder gestattet wurde; nur Erwachsene zahlten Eintritt .Wir sahen uns auch<br />
Markthalle und Grassimuseum an, das außer montags unentgeltlich geöffnet ist ( Kinder unter<br />
9 Jahren haben keinen Zutritt) Hier interessierte der Eskimo auf seinem mit Hunden bespannten<br />
Schlitten. Den Rest des Tages verbrachten wir nach Besichtigung des Marktplatzes<br />
im zoologischen Garten, wo wohlgestaltete Samoraner ( ??) Vorstellung gaben.<br />
Im November veranstaltete die Schule in hiesigem Gasthaussaale eine Erinnerungsfeier aus<br />
Anlaß des Antritts Friedrichs des Ersten von Hohenzollern als Statthalter in Brandenburg,<br />
16
desgleichen eine am 24 Jan. anläßlich Friedrichs des Großen zweihundertjähriger Geburtstagswiederkehr.<br />
In letzterer wurde eine Sammlung unter den Anwesenden vorgenommen,<br />
um Friedrichs Bildnis für die Schule zu erlangen. Der Preis betrug 17,50 Mark.<br />
Während der Zeit vom 8.Mai bis 28. Oktober ist Sommerschule abgehalten und im Dezember<br />
seitens des Schulvorstandes eine Reinigungsordnung für die Schule aufgestellt, welche<br />
in drei Exemplaren angefertigt ist.<br />
Der Schülerbestand belief sich am 1.Mai auf 36 Knaben, 46 Mädchen worunter 6 katholische,<br />
am 1. Nov. auf 36 Knaben, 47 Mädchen worunter 5 katholische. Entlassen wurden 7<br />
Knaben , 2 Mädchen..<br />
Schuljahr 1912 /13<br />
Zu Beginn desselben wurde wegen Überfüllung der Klassen die Einrichtung von Halbtagsschule<br />
genehmigt und seit 1.Okt. die bisherige Kreisschulinspektion Gollma aufgelöst, welche<br />
der neugebildeten Kreisschulinspektion Eilenburg I einverleibt ist.<br />
Bestand der Schulklasse war am 1.Mai d. Js. 33 Knaben, 53 Mädchen, worunter fünf katholische,<br />
am 1. Nov. 34 Kn., 52 Mädchen worunter fünf katholische. Zur Entlassung gelangten<br />
bei Schulschluß 5 Knaben , 6 Mädchen.<br />
Schuljahr 1913 /14<br />
wies am Anfang 84 Schüler auf. In ihm feierten wir das fünfundzwanzigjährige Regierungsjubiläum<br />
unseres jetzigen Kaisers. Aus diesem Anlaß wurde nach Schluß der Schulfeier eine<br />
photographische Aufnahme der Kinder vorgenommen. Die Bilder wurden durch Fleischer,<br />
Delitzsch zu dem Preis von 50 Pfg. pro Stück geliefert.<br />
Während der Herbstferien ist die Klasse mit Ausnahme des Korridors, der noch gut erhalten<br />
ist, renoviert und der Schulbrunnen wegen häufigen Ablaufens infolge des feinen Sandes<br />
tiefer gebohrt.<br />
Am 1. Mai umfaßt die Klasse 39 Knaben 47 Mädchen,<br />
am 1. Nov.40 Knaben, 47 Mädchen, worunter 5 Knaben, 1 Mädchen katholisch.<br />
Bei Schulschluß kamen 5 Knaben, 6 Mädchen zur Entlassung und trat die neue Ferienordnung,<br />
nach welcher jedes Schuljahr 80 Tage Ferien aufweist, in ihr Recht. Sie ist in Nr. 2<br />
Jahrgang 25 des Amtlichen Schulblattes enthalten. Und fordert am Schlusse, daß die Befreiungen<br />
einzelner Schüler vom Unterricht auf die unbedingt nötigen Fälle zu beschränken ist<br />
und die Regelmäßigkeit der Schulbesuches mit allen geeigneten Mitteln erstrebt werden<br />
muß. So sind z.B. Beurlaubungen zu Schlachtfesten , Kirmsen nicht zulässig.<br />
Das Jahr 1914<br />
Nach dem Attentat von Sarajewo auf den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand und<br />
seine Frau beginnen die Vorbereitungen auf einen Krieg, in dem sich Deutschland und Österreich<br />
auf der einen Seite und die meisten anderen europäischen Länder einschließlich<br />
Russland auf der anderen Seite gegenüberstehen. Wegen seines Ausmaßes wird er später<br />
der „Erste Weltkrieg“ genannt.<br />
Schuljahr 1914 /15<br />
Betrug die Schülerzahl 86, davon waren am 1. Mai 40 Knaben, 45 Mädchen (rechnerisch nicht<br />
stimmend)Am 1. Nov waren 85 Schüler, 40 Knaben 45 Mädchen, wovon 7 Kn., 2 Mädchen<br />
katholisch, vorhanden.<br />
Sonnabend den 11 Juli, wurde ein Schulausflug nach Leipzig zum Völkerschlachtdenkmal<br />
unternommen. Wir versäumten auch den Besuch der Thomaskirche behufs Anhören der<br />
17
Motette ½ 2 Uhr nicht. Unter anderem belustigten sich die Kinder auch in Meusdorf, Restauration<br />
mit großem Garten, Kinder- Spielgeräten, Lachspiegel. Von Vorteil wäre es gewesen,<br />
wenn wir uns tags zuvor einen Omnibus zur Hin- und Rückfahrt gesichert hätten. In einem<br />
Kaffeeraum der Leipziger Markthalle wurde billiger Kaffee (Tasse 5 Pfg. ) getrunken.<br />
Einige Tage nach diesem Ausflug erfolgte am 1. Aug. die Mobilmachung, womit der Weltkrieg<br />
seinen Anfang nahm. Die Arbeitslust der Leute war wie weggeblasen und Kriegsbegeisterung<br />
an ihre Stelle getreten, weshalb auch die Straßen von erregt redenden Menschengruppen<br />
vollstanden. Wenn man auch der vielen Feinde Deutschlands gedachte, so<br />
schwand die ruhige Zuversicht doch nicht; nirgends Kriegslärm, höchstens in den Städten<br />
bei Umzügen der Choral :“Ein feste Burg ist unser Gott“<br />
In den angeordneten Betgottesdiensten sah die Kirche wohl kaum jemals soviel ernsthafte<br />
Beter, deren Gebet Erhörung zu finden schien, denn über Erwarten groß waren die Erfolge<br />
in diesem Jahre, besonders in Belgien.<br />
An der Lehrerwohnung wurde insofern etwas getan, als die kleine Giebelstube tapeziert und<br />
der Fußboden darin frisch gestrichen wurde sowie am Hause morsche Fensterladen erneuert<br />
wurden.<br />
Bemerkt muß in diesem Jahr noch werden, daß wegen der Größe der Kreisschulinspektion<br />
Eilenburg I ein Teil derselben, worunter auch hiesiger Ort, zur hauptamtlichen Kreisschulinspektion<br />
Halle II Land geschlagen wurde.<br />
An der Schulentlassung zu Ostern waren 5 Knaben und 5 Mädchen beteiligt.<br />
Schuljahr 1915/16<br />
Es wurde mit dem 1. Juli eine Änderung in der Beschaffung der Kleinen Bedürfnisse für die<br />
Schulklasse herbeigeführt. Von obigem Zeitpunkt jeden Jahres an erhält der Lehrer 10 M im<br />
voraus bezahlt und beschafft dafür bis 30. Juni nächsten Jahres Kreide, Schreibpapier, Umschläge<br />
zu amtl. Schriftstücken, Löschblätter, Federhalter, Stahlfedern, Geigensaiten usw.<br />
Reparaturen der Geige z.B. Neubespannung des Geigenbogens sind nicht dabei, wie auch<br />
die Bezahlung und Beschaffung von Tinte, Kehrbesen, Scheuertüchern dem Gemeindevorsteher<br />
obliegt. Das Porto für Amtsschriftstücke wird ausgelegt und etwa halbjährlich aus der<br />
Gemeindekasse zurückgefordert<br />
In kirchlicher Hinsicht ist der Lehrer frei gemacht auch von der Beschaffung des Taufwassers,<br />
Zurichtung des Abendmahlstisches, Anordnung des Liedansteckens, so daß er sich<br />
jetzt nur noch mit dem Orgelspiel zu befassen hat. Nachmittagsgottesdienste, in denen ein<br />
Predigtstück zu verlesen ist, werden nur noch an den hohen Festtagen, sowie an den Sonntagen<br />
abgehalten, an denen das Heilige Abendmahl ausgeteilt ist. Der Beginn fällt je nach<br />
dem er sich dem Spät- oder Frühgottesdienst anschließt in die Zeit von ½ 1 bis ½ 2 Uhr. Die<br />
Dauer beträgt 20 bis 25 Minuten. Mit Rücksicht auf den späten Ostertermin und den durch<br />
den weiter andauernden Krieg eingetretenen Arbeitermangel wurde die Entlassung der Kinder<br />
bereits am 31.März vorgenommen, während das Schuljahr mit den am 1. April aufgenommenen<br />
Novizen am 1.April weiteren Fortgang nahm.<br />
Im neuen<br />
Schuljahr 1916/ 17<br />
wurde ein Versuch mit Einführung der neuen Sommerzeit vorgenommen. Im September<br />
wurde der Beginn des Unterrichtes der Sommerzeit nach wegen der morgendlichen Dunkelheit<br />
auf 8 Uhr gelegt.<br />
Wegen meiner Versetzung nach Marzahna, die am 1. Juli erfolgen sollte, auf Einspruch seitens<br />
des Kgl. Ministeriums aber auf den 1.Okt. d. J. verlegt wurde, schwebt weiterer Einspruch.<br />
Von dem Ort meiner Geburt, dem Orte der mehr als hundertjährigen Wirksamkeit<br />
unseres Geschlechtes aber scheide ich mit Freuden; denn ich fühle, daß jegliche Zuneigung,<br />
besonders seit meiner vor acht Jahren geschlossenen Ehe, nach und nach zum Erlöschen<br />
gebracht wurde.<br />
18
Vivat sequens !<br />
Kriegsjahr 1917<br />
Vom 1.Okt. bis zum 1. Mai hatte Lehrer Teubner, Serbitz, die Schulvertretung übernommen.<br />
In dieser Zeit hatten die Kinder täglich 2 Stunden Unterricht. Am 1. Mai 1917 wurde Lehrer<br />
M. Gebhardt aus Zschernitz als Lehrer und Küster nach <strong>Zaasch</strong> versetzt. Die Lehrerwohnung<br />
ist fast vollständig erneuert worden (alles tapeziert, Fußböden gestrichen, Fensterläden<br />
und die Außenseiten der Türen gestrichen, in alle Zimmer elektrisch Licht gelegt). Diensttag<br />
den 1. Mai 1917 Einführung des neuen Lehrers durch Herrn Pastor Ehrhardt, Zschernitz.<br />
Anwesend waren die Herren Richter, Bley, Winter und Krone. In einer kleinen Ansprache<br />
wies der Ortsschulinspektor auf den jetzigen bedauernswerten Zustand der Schule hin und<br />
bat die Herren vom Schul- und Kirchenvorstand um Unterstützung und Vertrauen. Lehrer<br />
Gebhardt gab dann seine Ziele für sein Wirken in <strong>Zaasch</strong> an:<br />
1. Die hiesige Schule auf eine gewisse Höhe zu bringen, die man von einer ländlichen<br />
Volksschule erwarten kann und darf.<br />
2. Ein inniges Vertrauens- und Freundschaftsverhältnis zwischen Schule und Gemeinde,<br />
zwischen Lehrerhaus und Gemeindemitgliedern anzubahnen.<br />
In der ersten Maiwoche mußte der Lehrer täglich zum Unterricht früh von Zschernitz herüber<br />
kommen. Am Freitag den 4.5.1917 siedelte der neue Lehrer nach <strong>Zaasch</strong> über. Am Sonntag<br />
dem 6.5.1917 fand seine kirchliche Einführung als Organist statt.<br />
Die diesjährige Kinderzahl beträgt 95. Darunter befinden sich 2 Knaben und zwei Mädchen,<br />
deren Eltern 1916 nach der Proklamation des polnischen Königreiches aus Rußland eingewandert<br />
sind : Stanislaus Zebrowsky, Josef Zoska, Bronislava Zebroska, Stanislava Zebroska.<br />
Mit Rücksicht auf die geringen Getreidevorräte wurde am 15. 4.1917 die wöchentliche Brotration<br />
auf 3 Pfund pro Kopf herabgesetzt. Die besorgten Mütter suchen sich so zu helfen,<br />
daß sie ihren Kindern dicke Eierkuchen als Frühstücksbrot mitgeben.<br />
Pfingsten 1917 wurde von den Schulkindern im Gottesdienst der Festchoral „Komm heiliger<br />
Geist, Herr Gott“ zweistimmig vorgetragen.<br />
Am 1. Juni wurde im Deutschen Reich eine U- Boot- Spende eingesammelt. Die Kinder, die<br />
bei Begräbnissen singen, haben ihr Singegeld (3,15 M für Bergmanns Begräbnis) der U-<br />
Boot- Spende überwiesen.<br />
Infolge des Nahrungsmangels in den Städten wurden Stadtkinder während der Sommermonate<br />
auf dem Lande aufgenommen. In unserem Dorfe hatte Herr Gutsbesitzer Krone, dessen<br />
einziger Sohn fürs Vaterland starb, zwei Kinder aufgenommen. : Frieda Hapke aus Leipzig<br />
und Willi Kiesche aus Bitterfeld. Gutsbesitzer Fr. Richter hatte ein Mädchen. Hildegard Rösler,<br />
aus Chemnitz aufgenommen.<br />
Am Dienstag, dem 24 Juli 1917, wurden die Prospektpfeifen von der Orgel entfernt. Sie wogen<br />
insgesamt 61 Pfund. Für ein kg werden 6,30 Mark vergütet. Bei dieser Gelegenheit wurde<br />
zugleich die Orgel wieder instand gesetzt, für Ersatz wurde noch nicht gesorgt.<br />
Am darauffolgenden Mittwoch und Donnerstag am 25. Und 26 Juli 1917 wurden zwei unserer<br />
Kirchglocken abgenommen, um dem Vaterland zu dienen. Am Dienstag morgen trugen<br />
sie noch einmal ihre Klänge übers Dorf. Dann entfernten kräftige Arme und Hammer und Axt<br />
ihre Klöppel und Stühle. Da Hoffnung vorhanden war, sie vielleicht wiederzubekommen,<br />
wurden sie nicht wie es andere Gemeinden taten, zerschlagen, sondern wohl erhalten mit<br />
dem Flaschenzug durch das Schalloch nach Süden außen herabgelassen. Zuvor mußten<br />
einige Feldsteine aus dem altertümlichen rohen Turmgemäuer gebrochen werden. Durch die<br />
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Turmluke, ganz oben an der Spitze, war ein Baumstamm gelegt, der im Turminneren mit<br />
Ketten verankert war. Daran war der Flaschenzug befestigt. Ein starkes langes Seil, das von<br />
einem Mühlenbauer in Roitzsch geliehen war, bewegte den Flaschenzug. Jung und Alt hatten<br />
sich zu dieser historischen Handlung eingefunden. Das eine Ende des Seiles war in einer<br />
Schlaufe um den Birnbaum an dem Lehrerhaus gelegt; alles faßte mit zu und unter Leitung<br />
und Aufsicht der Beauftragten ( Stellmachermeister Schönbrodt, Schlosser Nicklisch, Zimmermann<br />
Nicklisch) wurden die Glocken herabgeholt. Als die Glocken auf dem Rollwagen<br />
standen, drängte alles heran. Jeder wollte die Glocken einmal genauer sehen und auch anfassen.<br />
Mütter hoben ihre Kinder hoch, damit auch die sagen konnten : Wir waren auch mit<br />
dabei.!<br />
Zwei Glocken mußte die Gemeinde abgeben: die sog. große und mittlere Glocke von unseren<br />
4 Glocken, die ein sehr harmonisches Geläut gaben. Beide Glocken wogen zusammen<br />
36 Ztr. 60 Pfd., die große Glocke wog allein ungefähr 28 Ztr. Auf dem Mantel der großen<br />
Glocke stand: „Gegossen 1491, umgegossen 1841, vergrößert und neu gegossen 1886 von<br />
Karl Friedrich Ulrich in Apolda“<br />
Auf der anderen Seite : „ Ein feste Burg ist unser Gott“ (darunter Luthers Bild) „Gottes Wort<br />
und Luther Lehr vergehen nie und nimmer mehr.“ Auf dem Mantel der mittleren Glocke stand<br />
„Das Wort sie sollen lassen stahn „ „ Das Reich muß uns doch bleiben „ 1886<br />
Nach beendigter Abnahme wurden die Glocken auf den Dorfplatz unter der Friedenseiche<br />
(von 1870 /71):gefahren. Bis die Glocken nach Delitzsch (Kupferschmied Spangenberg )<br />
gefahren wurden, war die Dorfjugend um sie versammelt, so daß man ab und zu mal wieder<br />
den Glockenton hören konnte, wenn ein Fürwitziger den „Bergmann“ (Läuter) spielte. Für ein<br />
kg Metall wurden 3 M Metallwert und 1 M Prämie (für die Gemeinden, die ihre Glocken bis<br />
zum 31. Juli ablieferten) gezahlt.<br />
Kurze Zeit nach der Glockenablieferung ist uns nun auch die letzte verbliebene Glocke zersprungen.<br />
( Das würde bedeuten, daß bereits eine von den 4 Glocken zu diesem Zeitpunkt gesprungen<br />
war) .Es war Donnerstags Abend, als beim letzten Schlag des Feierabendläutens ein<br />
schriller Glockenton mich erschreckte. Die Glocke war gesprungen. Es war als wollte die<br />
letzte Glocke nicht mehr tönen, da man ihre Schwestern in den Krieg geschleppt hatte.<br />
Damit hatte nicht nur die Kirche alle ihre Glocken verloren, sondern auch die Gemeinde<br />
<strong>Zaasch</strong> hatte ein wichtiges Informations- und Kommunikationsgerät eingebüßt. Zu mindestens<br />
eine Glocke wurde im Dorf gebraucht um wichtige Ereignisse zu verkünden, wie z.B.<br />
Todesfälle, Begräbnisse, aber auch Brände und andere Havarien im Dorf. Elektrische Geräte<br />
oder gar elektronische Ubermittlungsmöglichkeiten ( wie Sirenen ) gab es zu diesem Zeitpunkt<br />
noch nicht.<br />
Weihnachten 1917<br />
Nach langer Zeit fand am 1. Feiertag zum ersten Mal wieder in hiesiger Gemeinde ein Familienabend<br />
statt. Um ½ 8 Uhr hatten sich die Gemeindemitglieder und Schulkinder im Saale<br />
des Gasthauses versammelt. Nach einer kurzen Begrüßungsrede des Herrn Kantor Gebhardt<br />
wurde mit dem alten Weihnachtslied „O Tannenbaum“ begonnen. Im 1. Teil des Unterhaltungsabend<br />
wechselten dann Gedichtvorträge und Chorgesänge miteinander ab. Den 2.<br />
Teil füllte eine Lichtbildervorführung aus. Herr Pastor Erhardt, Zschernitz, führte 40 Lichtbilder<br />
vom Beginn des Weltkrieges bis zum Jahr 1915 vor, die Herr Kantor Gebhardt in interessanter<br />
und humorvoller Weise zu erklären wußte. Den Höhepunkt aber erreichte der Unterhaltungsabend<br />
mit dem Erscheinen Knecht Rupprechts , der mit voll gepacktem, von zwei<br />
Ziegenböcken gezogenem Wagen im Saale seinen Einzug hielt. Für jeden brachte der<br />
Weihnachtsmann eine Gabe. In liebenswürdiger Weise hatten die hiesigen Einwohner das<br />
Unternehmen mit Geld, Äpfeln und sonstigen Gaben unterstützt. Ein frohes Kinderlachen<br />
erfüllte den Saal, wie man es wohl kaum seit Ausbruch des Krieges gehört hatte. Mit dem<br />
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gemeinsamen Schlußlied : „Wir treten zum Beten“ schloß diese wohlgelungene Feier. Die<br />
Herzen voll Freude, voll wahrer Weihnachtsfreude schieden die Gäste voneinande<br />
r.<br />
Am Heiligen Abend fand in der hiesigen Kirche zum ersten Male eine Christmette unter der<br />
Leitung des Lehrers statt.<br />
Als Ersatz für die beschlagnahmten Orgelpfeifen fertigten die Schulkinder Papp- Orgelpfeifen<br />
an, die mit Aluminiumbronze gestrichen wurden.<br />
Das Jahr 1918<br />
Der erste Weltkrieg ist beendet. Es kommt in der Folgezeit zu massiven Änderungen im<br />
Staatengebilde Europas.<br />
In der Schulchronik berichtet der Lehrer Gebhardt :<br />
Am 17.März 1918 fand abends ½ 8 Uhr im hiesigen Gasthaus eine Konfirmandenabschiedsfeier<br />
in Form eins Familienabends statt. Gesangs- und Gedichtvortrag wechselten einander<br />
ab. Besonderen Beifall erntete ein Volkstanz und eine Vorführung „Im Gefangenenlager“.<br />
Den 3. Teil der Vortragsfolge füllten kinematographische Vorführungen aus :“Deutsche Frauen,<br />
deutsche Treue“ und „Teddy schippt“. „Aus dem Leben unserer blauen Jungs“<br />
Am Sonntag Palmarum ( 24.3.) wurden hier 13 Kinder konfirmiert, 7 Knaben und 6 Mädchen.<br />
Zur Schule wurden 9 Anfänger gebracht, so daß der jetzige Stand 89 beträgt.<br />
Zu erwähnen ist noch, daß Palmarum zur ersten Mal wieder Glockenschall zum Gottesdienst<br />
rief. Durch viele Mühe des Gutsbesitzers B. Winter und des Lehrers wurde es in einer Woche<br />
werkstellig gemacht, unsere beiden zersprungenen C- Glocken im Lager der Kriegsmetallgesellschaft<br />
in Leipzig gegen eine brauchbare umzutauschen. Am Sonnabend vor Palmarum<br />
wurde die Glocke auf den Turm gezogen. Jung und Alt war dabei. Da aber Glockjoch und<br />
Klöppel nicht recht paßten, zogen sich die Arbeiten an der Glocke bis 1 Stunde vor Beginn<br />
der Konfirmation hin. Als die Konfirmanden zur Kirche gingen, sandte sie zum ersten Mal<br />
ihre Klänge ins Dorf.<br />
Man sollte in diesen Zusammenhang allerdings wissen, dass jeder Kirche trotz der Kriegsnot<br />
eine Glocke zugestanden wurde, weil diese, neben ihrer Aufgabe, zu den diversen kirchlichen<br />
Anlässen zu rufen, auch eine wichtige Aufgabe bei der Alarmierung im Brandfalle oder<br />
bei Havarien und schweren Unglücken zu erfüllen hatte. Damit relativieren sich die Bemühungen<br />
der o. g. Personen auf einen Normalfall zur Regulierung des normalen Dorflebens.<br />
(Es folgt ein Bericht über einen Schulausflug am 11.7.1918 in die Dübener Heide.)<br />
Vierzehn Tage vor den Herbstferien begann das sog. Kartoffelscheffeln. Dazu war sonst die<br />
ganze Oberstufe beurlaubt. Die übrigen Schüler der Oberstufe ernteten unter Leitung des<br />
Lehrers Brennesselstengel. Während der Herbstferien fand am 9.und. 10.10 1919 (es muß<br />
wahrscheinlich heißen 1918 ) ein Familienabend im hiesigen Gasthaus statt. Chorgesänge<br />
wechselten mit Gedichtsvorträgen und komischen Duetten ab. 16 Kinder der Oberstufe führten<br />
einen bayerischen Volkstanz vor, während 10 Kinder der Unterstufe das Tanzlied „Brüderchen,<br />
komm tanz mit mir“ tanzten. Großen Beifall fand das Duett „Wenn der Top awwer<br />
nu e Loch ha, lieber Heinrich“, vorgeführt von den Schülern Franz Krause und Elli Neumann.<br />
Der Lehrer hatte von dieser Vorführung eine Aufnahme gemacht und den beiden Kindern für<br />
den Familienabend Postkarten davon zum Verkauf angefertigt. Den Höhepunkt erreichte<br />
unser Familienabend mit der Vorführung des Nationalfilms von Dr. F. Skowrenneck „Herd<br />
und Schwert“ Menschenschicksale aus dem Weltkrieg. Stürmische Heiterkeit erweckten die<br />
21
Filme „Die lustigen Maurer“ „Das brillante Haarfärbemittel“ usw. Alles in allem, ein wohlgelungener<br />
Abend ! Einnahme bei 50 Pfg. Eintritt, 180,50 M, Ausgaben 179 M. Obwohl dieser<br />
Familienabend überall Anklang fand, wird es doch der letzte Familienabend sein, den ich hier<br />
veranstalte, da mir leider einige unverständige Eltern Schwierigkeiten beim Einüben machten.<br />
„Die spanische Krankheit geht rum!“ sagen die Leute. Überall Siechtum und großes Sterben.<br />
Auch in unserem Orte hat diese Seuche 3 Opfer gefordert. Eine Polenfrau von Horns Polen,<br />
eine Tochter des Tagelöhners Karst und die Hausmagd unseres Müllers. Mit Kopfschmerzen,<br />
Frost, Hitze und Schnupfen beginnt die Grippe, Wer sich rechtzeitig schont und mal<br />
tüchtig schwitzt, kann nach 4-5 Tagen schon wieder aufstehen, aber, der es leicht nimmt und<br />
noch Lungenentzündung dazu bekommt, der ist unweigerlich verloren. Zur Zeit gab es fast<br />
kein Haus, wo nicht ein oder zwei Grippekranke lagen.<br />
Vom 1. November 1918 trat wieder eine Verschlechterung der Schulverhältnisse ein. Lehrer<br />
Teubner in Serbitz ist versetzt und nun hat der hiesige Lehrer montags, mittwochs, freitags in<br />
Serbitz, dienstags, donnerstags und sonnabends in <strong>Zaasch</strong> zu unterrichten.<br />
Deutschland - Republik<br />
4 Jahre lang vermochte Deutschland seinen Feinden Trutz zu bieten, da fielen in letzter<br />
Stunde unsere Bundesgenossen schmählich ab. In Bulgarien hatten sich bereits 1917<br />
deutschfeindliche Treibereien bemerkbar gemacht, denen aber unsere Regierung scheinbar<br />
wenig Wert beilegte. Wie ein Blitz aus heiterem Himmel kam es daher, als Bulgarien der Entente<br />
einen Waffenstillstand und Frieden anbot. Schmachvolle und entwürdigende Bedingungen<br />
verlangten die Gegner. Da sah sich die Türkei zum Sonderfrieden genötigt. Und<br />
schließlich verließ und noch das „stolze Habsburg“, um dessentwillen der Völkerbrand entfachte.<br />
Die Entente drohte auf österreichischen Bahnen an unsere südliche Reichsgrenze<br />
heranzurücken. Besorgnis überall ! Dazu noch das Zurückweichen unserer Truppen auf dem<br />
westlichen Kriegsschauplatz. Jeder fragte : Wie kommt das nur? Wie ist´s möglich?<br />
Bei Unterredungen mit Frontsoldaten erfuhr ich die verschiedensten Gründe. Einige sagten:<br />
„Der Amerikaner ist zu stark. Das ist kein Krieg mehr, das ist Morden und Schlachten“. Andere<br />
:“ Warum sollen es wir Dummen machen, die schlauen sind reklamiert (zurückgestellt) ,<br />
sitzen wohlgemut zu Hause und füllen sich auf unsere Kosten die Taschen. Wenn alles vor<br />
muß, gehen auch wir wieder mit vor!“ Unmut, Verärgerung, Mutlosigkeit .<br />
Wenn man nun als Unparteiischer urteilen sollte, so muß ich sagen, daß etwas Wahres daran<br />
ist. In unserem Ort von etwa 350 Einwohner gibt es tatsächlich 6 wehrpflichtige Männer,<br />
die keinen Schützengraben gesehen haben, aber Kriegsgewinn einstecken.<br />
Draußen Unmut, Ärger, im Lande Mutlosigkeit und Kriegsmüdigkeit.<br />
Darum gar kein so großes Erstaunen, als einer die Nachricht mit ins Dorf brachte : In Halle<br />
ist Revolution !<br />
Wie sich die Sache abgespielt hat, habe ich von einem Augenzeugen, einem Unteroffizier,<br />
erfahren. Der erzählte mir : Der Anstifter ist in Halle ein Gefreiter der Fliegerabwehr gewesen.<br />
Am 8.November erschien vor der Wache der Fliegerabteilung ein Auto. Die Insassen<br />
gehen in die Wachstube und fordern die Waffen. Große Bestürzung in der Wachstube. Da<br />
setzt der Gefreite dem Diensthabenden den Revolver auf die Brust und fordert nochmals<br />
sofortige Auslieferung sämtlicher Waffen. Auf der Wache wird dann die rote Fahne gehißt.<br />
Von der Fliegerabteilung geht’s im Auto zu allen Kasernen. Auf der Kaserne des Inf. Regt. 36<br />
kam gerade ein Zug mit Maschinengewehren vom Scharfschießen heim. Vom Führer derselben,<br />
eines Offiziersstellvertreters, fordert der Gefreite Auslieferung der Maschinengewehre<br />
und Munition. Während beide noch verhandeln, da sich der Offiziersstellvertreter wehrt,<br />
hat ein Soldat vom Auto aus schon ein Maschinengewehr auf den Zug gerichtet : „Waffen<br />
oder- ?“. So war in Halle mit einem Schlag die Militärmacht gebrochen. Wie in Halle so in<br />
allen Städten und größeren Orten des Reiches. Sogar bis aufs Land drang die Bewegung.<br />
Deutschland ist Republik geworden. Unruhen, Bruderzwist, Bürgerkrieg an allen Orten. Un-<br />
22
ter Führung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg fanden in Berlin blutige Kämpfe statt.<br />
Unordnung, Plünderung, Gewalttätigkeiten sind an der Tagesordnung. Keiner ist mehr seines<br />
Lebens und Eigentums sicher.<br />
Aller Augen warteten darum auf die verfass. Nationalversammlung, die Ordnung schaffen<br />
sollte.<br />
Das Jahr 1919<br />
In der Schulchronik berichtet Lehrer Gebhardt weiter :<br />
Am 19. Januar 1919 fanden dann die Wahlen dazu statt. Serbitz und <strong>Zaasch</strong> wählten im hiesigen<br />
Gasthause. Wahlergebnis : Große Mehrheit der Unabhängigen ( wahrscheinlich ist die<br />
USPD gemeint ) , obwohl die Leute gar nicht so denken.<br />
Am 25. Januar 1919 Wahlen zur preußischen Landesversammlung. Dasselbe Wahlergebnis!<br />
Die Nationalversammlung tagt nun schon mehrere Wochen in Weimar, aber besser sind die<br />
Verhältnisse trotzdem nicht geworden.<br />
Jeder will möglichst viel verdienen, aber wenig, fast gar nichts machen. Das ist ungefähr die<br />
Losung der breiten Masse.- Arbeit, nur Arbeit kann uns halten und retten.<br />
Am 2. März 1919 sollte nun auch die Wahl der neuen Gemeindevertretung stattfinden. Durch<br />
Vermittlung des Lehrers haben sich aber die bürgerlichen und sozialdemokratischen Parteien<br />
auf einen Wahlvorschlag geeinigt, so daß die Wahl nun hinfällig geworden war.<br />
Es sind gewählt :<br />
1. W. Bergmann, Maurer<br />
2. Schnabel, Arbeiter<br />
3. Nicklisch, Zimmermann<br />
4. Krause, Arbeiter<br />
5. B. Winter Gutsbesitzer<br />
6. F. Richter Gutsbesitzer<br />
7. F. Bergmann, Maurer<br />
Am 1. Weihnachtsfeiertag 1919 fand wieder einmal ein Weihnachtsfamilienabend statt. Die<br />
hiesigen Einwohner waren alle dazu schriftlich eingeladen worden. Dabei waren sogleich<br />
Spenden mit eingesammelt worden. Wir hatten soviel Geld erhalten, daß ich fast für jedes<br />
Kind ein Geschenk im Wert von 2 M kaufen konnte. Die Vorführungen fanden reichlich Beifall.<br />
Die Programme hatte uns die Direktion der „Hallischen Nachrichten“ kostenlos geliefert<br />
Mit der neuen Zeit ist auch ein neuer Geist in der Schule eingezogen. Die politischen Beunruhigungen<br />
spielen bis in die Schulklasse hinein. Zucht und Ordnung sind schwer gefährdet.<br />
Dazu kommen noch recht zahlreiche Neuerungen, die den gesamten Schulbetrieb sehr zu<br />
erschüttern scheinen<br />
Das Jahr 1920<br />
.<br />
Die 1. Neuerung ist der Elternbeirat<br />
Sonntag, den (Datum fehlt) 1920.fand in der hiesigen Schulklasse die Wahl zum Elternbeirat<br />
statt. Es waren zwei Wahlvorschläge aufgestellt.<br />
1. Wahlvorschlag : Schuster - Winter.<br />
2. Wahlvorschlag : W. Bergmann – Schinkel.<br />
23
Die Wahlbeteiligung war ziemlich schlecht. Es sind gewählt worden<br />
1. Gutsbesitzer L. Schuster<br />
2. Maurer W. Bergmann<br />
3. Viehhändler O. Schinkel<br />
4. Schweizer O. Muck<br />
5. Arbeiter O. Kemmling<br />
Nachdem Herr Pastor Ehrhardt, Zschernitz, den Vorsitz im Schulvorstand niedergelegt hatte,<br />
wurde der hiesige Lehrer Gebhardt von der Regierung in Merseburg zum Schulvorstandsvorsitzenden<br />
ernannt. Da nach einer Verfügung des Landrates eine Neuwahl des hiesigen<br />
Schulvorstandes erforderlich war, wählte die Gemeindevertretung folgende Herren zum<br />
Schulvorstand :<br />
1. Lehrer Gebhardt, Vorsitzender<br />
2. Gemeindevorsteher Schaaf, Stellvertreter<br />
3. Pastor Erhardt (von Amtswegen)<br />
4. Gutsbesitzer Schuster<br />
5. Viehhändler Schinkel<br />
6. Schweizer O. Muck.<br />
Während der sog. „Kapptage“( Anfang März 1920 hatte es in Mitteldeutschland einen Putschversuch<br />
unter Wolfgang Kapp gegeben, der am 17.3. 1920 scheiterte) herrschte auch in unserem<br />
Dorfe Aufregung. Abends kam eine Schar 20-30 halbwüchsige Burschen und forderten Herausgabe<br />
aller Waffen. An Flegeleien, Rohheiten und Frechheiten ließen sie es nicht fehlen.<br />
Im Lehrerhaus waren sie auch; da sie nichts erhielten, versprachen sie am nächsten morgen<br />
wiederzukommen. Frühmorgens ½ 10 Uhr ,ich rechnete gerade mit den Kindern, kamen 15-<br />
20 schwer bewaffnet mit Handgranaten, Gewehren usw. und forderten mich auf ,Waffen abzuliefern.<br />
Da ich keine Waffen führte, zogen sie nach langem Verhandeln ab. An den Schießereien<br />
in der Umgebung nehmen verschiedene hiesige Einwohner regen Anteil. Den Geschützdonner<br />
von den Halleschen Schießereien konnte man hier ganz deutlich hören.<br />
Sonntag, den (Datum fehlt) 1920 fand die Wahl zum ersten republikanischen Reichstag statt.<br />
Wie zu erwarten, erhielt die USPD eine große Mehrheit. Da infolge der Märzunruhen der<br />
bisherige Landrat Manteuffel beurlaubt war und die USPD im Kreis die stärkste Partei, erhielten<br />
wir dann auch einen „unabhängigen“ Landrat, den Zigarrenfabrikanten Raute, Eilenburg.<br />
Bei der diesjährigen Impfung am (Datum fehlt) 1920 unterzog der Kreisarzt die hiesige<br />
Schulklasse einer Revision.. (Trinkwasserprobleme, Kinderuntersuchung, Besichtigung des<br />
Grundstücks usw.) Mangelhaft fand er die Abdeckung des Brunnens, auch müssen Turn-<br />
und Spielgeräte ergänzt werden.<br />
Eine 2. Neuerung bildeten die Spielnachmittage und Wandertage. Besondere Spielnachmittage<br />
kann ich nicht einführen, da der Unterricht auf den Vormittag gelegt ist und am Nachmittag<br />
die Kinder Feldarbeiten verrichten. Dafür werden aber die Spiele in den Turnstunden<br />
recht gepflegt. Nach der Verfügung des Herrn Ministers soll jeden Monat ein Wandertag<br />
stattfinden, dem ist entsprochen worden.<br />
Unser erster Wandertag führte uns in Gemeinschaft mit den Serbitzern über Rödgen nach<br />
den Schwedenschanzen (Überreste der Verschanzungen aus dem Dreißigjährigen Kriege).<br />
Von da aus ging´s nach Neuhaus und Paupitzsch, an den Karpfenzuchtanlagen vorbei. Gegen<br />
10 Uhr waren wir im Walde und machten im Forsthaus Zöckeritz Rast. Nachdem wir<br />
noch im Walde eine Schnitzeljagd gemacht hatten, marschierten wir über Petersroda wieder<br />
heim.<br />
Zu unserem 2 Wandertag hatten wir uns Peter und Paul gewählt. Denn da war in Delitzsch<br />
Jahrmarkt und nur am Peter- Paul um 12 Uhr Mittags arbeitet das mit der Turmuhr in Verbindung<br />
gebrachte mechanische Bildnis von Adam und Eva (Apfelbiss). Da wir in Heimatkunde<br />
gerade unsere Kreisstadt besprachen, bot uns der Spaziergang durch Delitzsch viel Interessantes<br />
(Wendenhain, Opferstätte, Heiligbrunnen, Stadtmauer, Türme, Gasanstalt, Seminar,<br />
24
Promenaden). Einkehr hielten wir in der am Lober so idyllisch gelegenen Elberitzmühle.<br />
Nach einem Gang über den Jahrmarkt ging´s wieder heim.<br />
Unseren 3. Wandertag verbrachten wir in Jeßnitz- Muldenstein. Frühmorgens um 6 Uhr fuhren<br />
wir IV Klasse über Bitterfeld ( an den Gruben und Chem. Werken vorbei) bis nach Jeßnitz.<br />
Durch Jeßnitz über die Muldebrücken nach Altjeßnitz. Dort besichtigten wir den zum<br />
Schloß gehörigen natürlichen Irrgarten. Diese Anlage schuf ein gefangener Franzose 1870.<br />
Durch Rüster- und Klemmhecken sind viele schmale Gänge gebildet worden, die zu einem<br />
Aussichtsturm führen. Viele Sackgassen und Kreuzungen verwirren den Besucher. Das war<br />
für die Kinder ein Vergnügen ! Von da aus ging´s nach Roßdorf. Mittagsrast. Von Roßdorf<br />
mit Gesang durch die Dübener Heide an den Siedlungen vorbei nach Muldenstein. Muldensteiner<br />
Werk. Der Zug 12.37 führte uns wieder der Heimat zu. Leider konnten einige Kinder<br />
an dem Ausflug nicht teilnehmen, da die Eltern die Eisenbahnfahrt nicht bezahlen wollten.<br />
Ein wunder Punkt der Wandertage! In der letzten Woche vor Ostern unternahmen wir<br />
unseren<br />
vierten Wandertag über Serbitz, Pohritzsch nach Landsberg. Dort bestiegen wir den Kapellenberg<br />
und konnten weit Ausguck halten. Über Carlsfeld, Brehna, Serbitz marschierten wir<br />
wieder heim.<br />
Das Jahr 1921<br />
Am 18.Jan. wird in <strong>Zaasch</strong> eine eigene Feuerwehr gegründet.<br />
Die Lehrer Gebhardt in der Schulchronik berichtet weiter<br />
Am Montag, dem 11.9.21 bekam unser Dorf die 3. Komp. IR 11 (Infanterieregiment 11)<br />
Frankenberg zur Einquartierung. Infolge der kommunistischen Hölzunruhen war Reichswehr<br />
in hiesiger Gegend eingerückt. Da die Städte wieder ruhiger geworden waren und nur noch<br />
auf dem platten Lande Banden der roten Garde ihr Unwesen trieben, wurde die Reichswehr<br />
auf die Dörfer der Umgebung von Delitzsch verteilt. So erhielt auch unser Dorf Einquartierung.<br />
Leider hat sich während dieser Zeit ein bedauerlicher Unglücksfall ereignet Die elfjährige<br />
Tochter des Gutsbesitzers Alfred Winter „Leni“ wurde von einem Reichswehrsoldaten auf der<br />
Gesindestube bei Gewehrübungen erschossen. Zu ihrem Geburtstag, am 16.4.1921, haben<br />
wir sie dann zur ewigen Ruhe gebettet. Das Inf. Batl. hatte die Batl .Musik gestellt, die 3.<br />
Komp. ging als Ehrenkomp. unter Gewehr mit. Zahlreiche Abordnungen der militär. Formationen<br />
gaben ihr das letzte Geleit. Auf den Schultern von 8 Unteroffizieren in Stahlhelm trug<br />
man sie zur letzten Ruhestätte. Ein sehr schönes und würdiges Begräbnis. Aber trotzdem<br />
kann uns der Verlust nicht ersetzt werden, den unsere Klasse durch ihr Hinscheiden erlitt.<br />
Sie war uns eine liebe, lebensfrohe Freundin, deren Mund nur lachen konnte; sogar auf dem<br />
Totenbett zeigte ihr Antlitz noch lachende Züge so rasch und unerwartet war der Tod gekommen.<br />
Wir werden ihr immer ein ewiges Gedenken bewahren, möge sie sanft ruhen!<br />
Nachdem sich nun wieder die Sturmwellen des Aufruhr beruhigt hatten und die eingeschüchterte<br />
deutsche Bürgerschaft aus ihren Schlupfwinkeln sich wieder ans Licht wagte und man<br />
wieder einigermaßen eine eigene, unparteiliche Meinung äußeren konnte, besann man sich<br />
allerorten an die heiligste Ehrenpflicht : Den Helden des Weltkrieges zum Dank Ehrenmäler<br />
zu setzen So entstand auch in unserem Dorf eine Kommission zwecks Errichtung eines Ehrenmals.<br />
So wurde dann am (Datum fehlt) unser Kriegsdenkmal gebaut. Es ist aus Tauchaer<br />
Granit gehauen, demselben Steine wie das Material des Völkerschlachtdenkmals zu<br />
Leipzig. Die Kosten wurden durch Haussammlungen aufgebracht. Der Bau des Denkmals<br />
fiel in die unglückselige Inflationszeit, die manchem Glück und Vermögen geraubt. Für unser<br />
Denkmalsbau war sie günstig., heute könnten wir nicht mehr an einen Denkmalsbau denken.<br />
Gelegentlich einer Kirchenvertretung durch Herrn Superint. Petersell, Landsberg, bekam der<br />
Lehrer Kenntnis von einer „Beschreibenden Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmä-<br />
25
ler des Kreises Delitzsch“ Das ist eine Buchausgabe vom Jahre 1892, die nur in der Pfarrbibliothek<br />
zu Landsberg ist. Diese günstige Gelegenheit benutzte der Lehrer und schrieb im<br />
folgenden die Ausführungen über <strong>Zaasch</strong> nieder :<br />
<strong>Zaasch</strong><br />
Pfarrkirchdorf, 5 km nordwestlich von Delitzsch gelegen, läßt wendische Anlage des Dorfes<br />
nicht erkennen. Die Kirche liegt südlich im Dorfe. Sie ist eine spätromanische Anlage, deren<br />
Turm über dem Sanctuarium aufgebaut war An Stelle der Apsis dieses Altarraumes ist wohl<br />
im Beginn des 16. Jahrhunderts der jetzige Chor von Turmesbreite in Bruchsteinen mit<br />
Backsteinsockel und Simsen ohne Strebepfeiler dreiseitig schließend angebaut worden, so<br />
dass nun wie zu Wolteritz der Turm etwa in der Mitte des Gebäudes steht. Das Bruchsteinmauerwerk<br />
der romanischen Stücke hat keine Eckquaderung, auch die Fenstergewände<br />
sind nicht in Bruchsteinen ausgeführt. Man sieht ein altes vermauertes Fenster im Schiff an<br />
er Nordwand, auch an der Nordwand des Turmes ist noch ein romanisches Fensterchen zu<br />
sehen. Eine vermauerte Tür auf der Südseite, des Turmes, flachbogig mit Backsteinen überdeckt,<br />
ist nicht ursprünglich (Fortsetzung folgt) ( diese Fortsetzung ist nicht zu finden, dafür habe<br />
ich aus dem Originalbuch von Schönermark den kompletten Text fotokopiert, das Buch kann im<br />
Schloß Delitzsch eingesehen werden / Dedek.)<br />
Das Jahr 1924<br />
Laut Adressbuch des Kreises Delitzsch hat <strong>Zaasch</strong> zum jetzigen Zeitpunkt 355 Einwohner.<br />
Gemeindevorsteher war Herr Krone, ein Landwirt aus <strong>Zaasch</strong>.<br />
Pfarrer war der in Zschernitz ansässige und für <strong>Zaasch</strong> mit zuständige Herr Erhardt, als Lehrer<br />
ist ein Herr Gebhardt verzeichnet.<br />
In <strong>Zaasch</strong> waren 11 Gewerbe angemeldet, darunter<br />
die Gastwirtschaft der Witwe Marie Schilde<br />
zwei Brennereien u.a.<br />
Die Landwirtschaft wurde von 9 namentlich aufgeführten Landwirten betrieben.<br />
Als Hausbesitzer sind weiterhin 12 Namen aufgeführt.<br />
Als Vereine sind ausgeführt : Freiwillige Feuerwehr<br />
Schießverein<br />
Gesellschaftsverein „Quotimo“<br />
Kaninchenzüchterverein<br />
Das Jahr 1925<br />
Offensichtlich aus gegebenem Anlass wird im „Amtlichen Verordnungsblatt“ vom 17.Juli<br />
1925 darauf hingewiesen, dass es nicht erlaubt ist, nach Wahlen oder Abstimmungen, die<br />
Namen der Nichtwähler öffentlich bekannt zu geben.<br />
Das Jahr 1926<br />
Zum Jahresende wird das Frauenzuchthaus im Schloß von Delitzsch welches im Dez. 1860<br />
eingerichtet worden war aufgelöst, ein Jahr später erwirbt die Stadt Delitzsch die Gebäude.<br />
26
Laut „Amtlichen Verordnungsblatt“ mehren sich im Kreisgebiet die Fälle von Maul - und<br />
Klauenseuche massiv. So werden in diesem Jahr Fälle dieser Seuche in den Viehbeständen<br />
der <strong>Zaasch</strong>er Gutsbesitzers Ludwig Schuster, Teutschbein, Bley gemeldet.<br />
Im gleiche Verordnungsblatt wird unter dem Datum vom 12.März auf eine Polizeiverordnung<br />
aus dem Jahre 1908 aufmerksam gemacht. Dort heißt es u.a.<br />
Das Fahrrad<br />
§ 2 Jedes Fahrrad muß versehen sein :<br />
1. mit einer sicher wirkenden Hemmvorrichtung<br />
2. mit einer helltönenden Glocke zur Abgabe von Warnungszeichen<br />
3. während der Dunkelheit oder bei starkem Nebel mit einer hellbrennenden Laterne mit<br />
farblosen Gläsern, welche den Lichtschein nach vorn auf die Fahrbahn wirft<br />
Der Radfahrer<br />
§ 3 Der Radfahrer hat eine auf seinen Namen lautende Radfahrerkarte bei sich zu führen<br />
und auf Verlangen dem zuständigen Beamten vorzuzeigen.<br />
§ 5 Die Fahrgeschwindigkeit ist jederzeit so zu einzurichten, daß Unfälle und Verkehrsstörungen<br />
vermieden werden. Innerhalb geschlossener Ortschaften darf nur mit ,mäßiger Geschwindigkeit<br />
gefahren werden.<br />
§ 6.... Auch an unübersichtlichen Stellen ist das Glockenzeichen zu geben. Das Abgeben<br />
von Glockenzeichen ist sofort einzustellen, wenn Tiere dadurch unruhig oder scheu werden.<br />
Strafbestimmungen<br />
3 15 Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafe bis zu 60 Mark oder mit Haft bis zu 14 Tagen<br />
bestraft<br />
In diesem Jahr beginnen die ersten Vorarbeiten für eine Kleinbahn von Rackwitz über Delitzsch<br />
nach Glesien. Diese Kleinbahn wird in den kommenden Jahren zu einen sehr beliebten<br />
Verkehrsmittel werden.<br />
Das Jahr 1927<br />
In der Schulchronik berichtet der Lehrer Gebhardt weiter :<br />
Weihnachtsfamilienabend<br />
Zum ersten Weihnachtsfeiertagabend hatte die hiesige Schule allem Herkommen gemäß<br />
Eltern und Einwohner zu einer Weihnachtsfeier mit anschließender Bescherung aller <strong>Zaasch</strong>er<br />
Kinder in hiesigen Gasthaus eingeladen. Mit dem gemeinsamen Gesang des alten<br />
deutschen Weihnachtsliedes „O Tannenbaum“ wurde der Familienabend eröffnet. In der<br />
darauf folgenden Begrüßung und Ansprache unseres Lehrers, Herr Gebhardt, wies dieser<br />
auf die Bedeutung solcher Familienabende hin<br />
1. Die Verbindung von Schule und Elternhaus noch inniger zu gestalten<br />
2. Den Außenstehenden ein beredtes Zeugnis von der Arbeit der modernen, neuen Schule<br />
zu geben und<br />
3. Die Alten für ein paar Stunden die Sorgen und Nöte des grauen Alltags vergessen lassen<br />
und in ihnen alte längst vergessene Jugenderinnerungen wieder wachrufen.<br />
Und nun wechselten Chorgesänge, deklam. Gesangsduette, Klaviervorträge und schöne alte<br />
Volkstänze miteinander ab. Den ersten Teil des Abends beschloß eine wohlgelungene Aufführung<br />
des Märchenspiels „Hänsel und Gretel“ (frei nach Humperdick) Während der erste<br />
Teil rein weihnachtlichen Charakter trug, schwelgte der zweite Teil in Jugenderinnerungen.<br />
Mit dem schönen Radeckschen Liede „Aus der Jugendzeit“ wurde er eingeleitet. Den Abschluß<br />
bildete ein modernes, soziales Weihnachtsspiel . „Der Christmarkt“. Kostüme und<br />
Ausstattungen waren alle gemeinsam von der Schülerschaft selbst entworfen und angefertigt<br />
worden. Den Höhepunkt des Abends aber bildete die anschließende Bescherung. In liebenswürdiger<br />
Weise hatten die hiesigen Besitzer Pfefferkuchen und Äpfel gespendet. Verschiedene<br />
große Firmen hatten allerhand Geschenk- und Gebrauchsartikel kostenlos zur<br />
27
Verfügung gestellt, so dass jedes Kind schwer beladen und wohl befriedigt heim ziehen<br />
konnte. Allen gütigen Spendern und tätigen Mitarbeitern sei an dieser Stelle nochmals herzlich<br />
gedankt. Alles in allem ein rechter Erfolg, auch für die veranstaltende Klassengemeinschaft,<br />
die den Reinertrag des Abend zur Bezahlung ihres neuen Epidiaskops ( Das ist ein<br />
Bildwerfer, mit dem man Bilder aller Art aus Zeitungen und Büchern vergrößert an die Wand bringen<br />
kann) verwenden will. Strahlenden Auges und voller Weihnachtsfreude im Herzen kehrten<br />
Jung und Alt heim mit dem Wunsche, recht bald wieder einen solchen genußreichen Abend<br />
feiern zu können.<br />
Nachgetragen werden muß noch, daß ab 1.Juli 1927 die Regierung zu Merseburg unserer<br />
Schule einen Hilfslehrer zugeteilt hat. Derselbe wird von der Regierung besoldet und verursacht<br />
der Gemeinde keinerlei Kosten. Die Schulklasse ist nun wie folgt eingeteilt<br />
• 1. Klasse ( 3.-8.Schuljahr) Vormittagsunterricht Lehrer Gebhardt<br />
• 2. Klasse (1.u. 2 Schuljahr) Nachmittagsunterricht Hilfslehrer Keindorff<br />
Da der Nachmittagsunterricht bis 5 Uhr abend erteilt wird, mußte in die Klasse elektr. Licht<br />
verlegt werden. Nachdem nun unsere Klasse elektr. Licht bekommen hatte, erwarb sich die<br />
Klassengemeinschaft ein Epidiaskop , das sie selbst durch Familienabende usw. bezahlen<br />
will. Jeden Dienstag Abend veranstalten wir unseren Lichtbildabend in der Schule.<br />
Das Jahr 1928<br />
Weiter geht es mit den Eintragungen des Lehrers Gebhardt in der Schulchronik<br />
Am 5.3.1928 unternahm unsere Klasse wieder ihren ersten Wandertag im neuen Jahr. Die<br />
erste Klasse wanderte über Rödgen nach den Schwedenschanzen bei Benndorf. Dabei wurden<br />
die immer näher heranrückenden Braunkohlengruben mit ihren mächtigen Kippen eingehend<br />
betrachtet. In den alten Schwedenbefestigungen wurde ein lustiges Geländespiel<br />
veranstaltet. Von da aus ging´s durch Benndorf nach dem sog. Kosebruch, einem idyllisch<br />
gelegenen Sumpfgelände mit verwitterten Pappeln und Weiden. Wildenten und Wasserhuhn<br />
fuhren aufgescheucht auf, und der Grünspecht konnte auf seinem Reviergang beobachtet<br />
werden. Durch die Schenkenberger Gemüseaue führte uns der Weg wieder unserem heimatlichen<br />
Dörfchen zu.<br />
Die Kleinen waren am Nachmittag auf die Rödgener Wiese gewandert und konnten da das<br />
Herannahen des Frühlings an Pflanzen- und Tierwelt der Heimat miterleben.<br />
Am 14.5. 1928 unternahm die Oberstufe einen Radausflug nach dem Forsthaus Spröda.<br />
Punkt 7 Uhr starteten wir. Unser Weg führte uns durch Storckwitz und Delitzsch. Die Jungen<br />
und Mädel hatten Gelegenheit, unseren theoretischen Verkehrsunterricht praktisch verwenden<br />
zu können. Überall erregte die schmucke Radlerkolonne durch ihre vorbildliche Fahrdisziplin<br />
das Interesse der Passanten. Gegen ½ 9 Uhr trafen wir am Forsthause ein. Nun ging<br />
es zu Fuß in den morgendlichen, frischen Wald hinein. Dort wurden Betrachtungen über den<br />
Einfluß von Wind und Wetter auf den Pflanzenwuchs angestellt. Mitten im Walde fanden Orientierungsübungen<br />
statt. Mit einem lustigen Wanderlied ging es zum Forsthaus zurück. Dort<br />
wurden noch verschiedene Momentaufnahmen geknipst. Gegen 11 Uhr rüsteten wir uns zur<br />
Heimreise. Aber „mit des Geschickes Mächten ist kein ew´ger Bund zu flechten“. Eine Radpanne<br />
sollte uns noch 1. Stunde festhalten. Aber alle, Buben und Mädels griffen emsig zu,<br />
und so war auch bald dieser Schaden behoben. Um ½ 1 Uhr trafen wir wieder in <strong>Zaasch</strong><br />
ein. 28 km Weges hatte meine forsche Radlerkolonne an einem Halbtag zurückgelegt.<br />
Am Freitag dem 28.Juni 1928 , veranstaltete die Schülergemeinschaft einen Wandertag<br />
nach der Gotsche. Unser Weg führte uns am Tagebau der Grube „Ludwig“ vorbei. Die Kinder<br />
beobachteten das geschäftige Treiben in der Grube und sahen den Werdegang der Hausbrandkohle<br />
vom Kohlenflöz bis zum fertigen Brikett. Mitten im herrlichen Laubwald wurde<br />
Rast gemacht. Dann ging ´s querwaldein über Paupitzsch- Petersroda wieder heimatlichen<br />
Fluren zu.<br />
28
Am Diensttag dem 21. Aug. unternahm die Oberstufe einen Radausflug zum Flughafen Halle-<br />
Leipzig. 18 schmucke Radler fuhren zum Dorf hinaus. Unser Weg führte uns über Kyhna-<br />
Peterwitz- Klischmar - Kölsa - Glesien nach Schkeuditz In entgegenkommender Weise gewährte<br />
uns die Flugleitung freien Eintritt und einen illustr. Prospekt über Flughafen, Flugkarte<br />
und Flugplan. Die Schüler hatten dann Gelegenheit, die verschiedensten Flugzeugtypen<br />
kennen zu lernen und aus nächster Nähe betrachten zu können. Nach Besichtigung der<br />
prächtigen Dahlienschau ging es wieder heim über Glesien, Wiedemar, Klischmar, Kyhna.<br />
Erste Schulkinderuntersuchung<br />
Am Mittwoch, dem 7.Nov. fand die erste Untersuchung der Schulkinder durch den neuangestellten<br />
Kreisschularzt Dr. Lemm, Eilenburg statt. Die Untersuchung hatte folgendes Ergebnis<br />
:<br />
• 62 % Halsdrüsen<br />
• 38 % schlechtes Gebiss<br />
• 75 % Unternormalgewicht<br />
• 18 % Normalgewicht<br />
• 7 % Übernormalgewicht<br />
Dieses überraschende Untersuchungsergebnis zeigt, wie dringend notwendig eine ärztliche<br />
Überwachung des Gesundheitszustandes unserer Landeskinder ist.<br />
Lt. Amtl. Verordnungsblatt v. 19.Okt. wurde eine Sammlung für den Verein für das Deutschtum<br />
im Ausland mit insgesamt 1560,40 RM abgerechnet, wobei die Gemeinde <strong>Zaasch</strong> mit<br />
17,35 RM beteiligt war.<br />
Es ergeht die Anweisung an alle Fahrradfahrer sich um die Beschaffung eines rot- gelben<br />
Schlußlichtes für ihre Fahrräder zu bemühen.<br />
Das Jahr 1929<br />
Der Lehrer Gebhardt schreibt in seiner <strong>Chronik</strong>.<br />
Für den nach Osmünde versetzten Hilfslehrer Keindorff wurde am 1.5.1929 Schulamtsbewerber<br />
Sünderhauf als Hilfslehrer berufen.<br />
Vom 27.4. bis 12.5 mußte die Schule auf Anordnung des Kreisarztes wegen Keuchhusten<br />
geschlossen werden.<br />
Gelegentlich des 50-jährigen Bestehens des hiesigen Kriegervereins wurde am 1.7. ein Heimat<br />
und Kinderfest für alle Kinder der Gemeinden <strong>Zaasch</strong> und Serbitz veranstaltet. Gemeldet<br />
waren 142 Kinder. Um 2 Uhr versammelten sich die Kinder am Dorfplatz und unter den<br />
Klängen flotter Marschmusik ging ´s im langen Zug durchs Dorf nach dem Festplatz. Der<br />
Umzug der Kinder mit den schönen Blumenbogen der Mädchen und den grünen Seppelhüten<br />
der Knaben bot einen lieblichen, farbenfreudigen Anblick. Auf dem Festplatz vergnügten<br />
sich die Kinder mit Preisschießen, Vogelstechen und allerlei Belustigungen Die erste Knabenabteilung<br />
führte moderne Turnspiele vor. Leider mußten die Spiele infolge kräftiger Regenschauer<br />
oft unterbrochen werden. Glücklicherweise standen noch die Zelte vom Sonntag,<br />
so daß sich alles ins Trockene retten konnte. Abends führte Lehrer Gebhardt mit den<br />
Knaben und Mädchen der 1. Klasse alte deutsche Volkstänze auf, die mit sehr reichlichem<br />
Beifall aufgenommen wurden. Auch für das leibliche Wohl war sehr reichlich gesorgt. Jedes<br />
Kind bekam seinen eigenen Becher mit Kaffee und Kuchen, Limonade und zum Abendbrot<br />
eine Würstchensemmel. Bei Einbruch der Dunkelheit empfingen die Kinder eine komplette<br />
Stocklaterne, und bald bewegte sich eine lange bunte Lampionkette zum Dorf zurück. Am<br />
Denkmal fand der Zug sein Ende. Lehrer Gebhardt dankte im Namen der Schülergemeinschaft<br />
den gütigen Spendern und tätigen Mitarbeitern und versprach, während seiner Tätigkeit<br />
in <strong>Zaasch</strong> von nun an, an jedem 1. Sonntag im Juli ein Kinderfest für alle Kinder der<br />
29
Gemeinde zu veranstalten . Und so war das alte, längst vergessene <strong>Zaasch</strong>er Heimats- und<br />
Kinderfest wieder erstanden. Mit einem Hoch auf die Spender, unser deutsches Vaterland<br />
und den Reichspräsidenten v. Hindenburg schloß das erste <strong>Zaasch</strong>er Heimatfest.<br />
Es folgt eine Bericht über eine zweitägigen Schulausflug in die Dübener Heide.<br />
Das Jahr 1930<br />
Durch den Vors. des Kreisausschusses werden am 01.März nach entsprechenden Wahlen<br />
bestätigt:<br />
Als Gemeindevorsteher : Gutsbesitzer Eduard Krone<br />
Als Schöppen : Gutsbesitzer Bruno Winter, Arbeiter Richard Heilemann<br />
Als Stellvertr Schöppe : Gutsbesitzer Hugo Horn<br />
Mit Datum vom 23.Okt wird der Gutsbesitzer<br />
Walter Bley als Gemeindevorsteher bestätigt.<br />
Die Schulchronik berichtet weiter.<br />
Am Mittwoch, dem 12.2.1930. weilte die Arbeitsgemeinschaft des Schulaufsichtsbezirkes<br />
Halle II (Land) unter Führung des Rektors Hebell- Nietleben als Gast in der hiesigen Schule.<br />
Das Schülerorchester (Mundharmonika) begrüßte die Gäste mit zwei Konzertstücken. Dann<br />
führte Lehrer Gebhardt den Junglehrern mit seiner Mittel- und Oberstufe eine Stunde Verkehrsunterricht<br />
und Verkehrsschulung vor. Anschließend gab Hilfslehrer Sünderhauf 1. Std.<br />
Gesamtunterricht im 1. und 2. Schuljahr.<br />
Zur Erklärung des Gesehenen hielt Lehrer Gebhardt einen ausführlichen Vortrag über Verkehrsunterricht<br />
im Sinne der Reg. Verfügung vom 25.9.1929.<br />
Am 18.3.1930 legte der hiesige Hilfslehrer H. Sünderhauf - Eilenburg vor der zuständigen<br />
Prüfungskommission (Reg. Schulrat Schwarzhaupt, Schulrat Busse, Rektor König ) seine<br />
zweite Lehrerprüfung mit gutem Erfolg ab.<br />
Schulausstellung<br />
Am Sonntag. dem 29. März, fand im hiesigen Schulsaal eine Ausstellung modernen Schülerarbeiten<br />
statt. Besonderes Interesse erregten die Reliefmalereien der Oberstufe und die<br />
illustrierten Aufsätze. Als Ergebnisse des Werkunterrichtes waren die verschiedensten Plastilina-,<br />
Papp-, und Holzarbeiten ausgestellt. U.a. wurde auch die zeichnerische Entwicklung<br />
des Schulkindes von der einfachen Bilderschrift bis zur vollendetsten Aquarellmalerei gezeigt.<br />
Auch die modernsten Techniken, wie Scheren-, Schablonen- und Linolschnitt, Stempeldruck,<br />
Anfertigung von Spritzpapieren usw. wurden fleißig geübt. Im Sandkasten hatte die<br />
Mittelstufe in der Heimatkunde unser Dorf aus Streichholzschachteln aufgebaut. Die Mädchen<br />
zeigten moderne Nadelarbeiten. Ja sogar einen richtiggehenden Rundfunkempfänger<br />
mit Außenanlage hatte sich die Klassengemeinschaft gebastelt. Zur Durchführung des neuen<br />
Schulbücherei- Erlasses hatte eine Arbeitsgemeinschaft der Knaben ein schmuckes Bücherbrett<br />
gezimmert. Alles in allem, eine wohlgelungene Ausstellung, die den Eltern und Gönnern<br />
der Schule ein lebhaftes Bild der heutigen Schule zeigte.<br />
Von der Schule<br />
Laut Reg. Verfügung vom 25.3. ist die hiesige Hilfslehrerstelle ab 1.April wieder eingezogen<br />
worden, obwohl die Schülerzahl im neuen Schuljahr 62 beträgt. Dem seit April vorigen Jah-<br />
30
es hier beschäftigt gewesenen Hilfslehrer Sünderhauf ist eine Vertretung in Burgkemnitz<br />
übertragen worden. Da die Klassenfrequenz in den nächsten fünf Jahren aber steigt, wird<br />
wohl mit der Errichtung einer planmäßigen zweiten Lehrerstelle gerechnet werden müssen.<br />
Familienabend<br />
Am Sonntag, dem 6.April veranstaltete die hiesige Schülergemeinschaft unter Leitung des<br />
Lehrers Gebhardt anläßlich der Schulentlassung einen Familienabend. Der Saal war bis auf<br />
den letzten Platz gefüllt. Der Reinertrag der Veranstaltung soll zur Erweiterung des Schulorchesters<br />
und als Reisekostenzuschuß zur großen Harzreise verwendet werden. Während<br />
der erste Teil der Darbietungen den Konfirmanden gewidmet war, trug der zweite Teil den<br />
Charakter einer Frühlingsfeier. Eingerahmt wurde das Programm durch Vortragsstücke des<br />
neuen Mundharmonikaorchesters. Ganz besonderen Beifall ernteten die erstmals zum Vortrag<br />
gebrachten Sprechchöre mit Mienen- und Gestenspiel. In bunter Folge wechselten<br />
Volkstänze, Deklamationen, Duette und Chorgesänge ab. Den Höhepunkt des Abend bildeten<br />
die beiden dramatischen Darbietungen „Das tapfere Schneiderlein“ v. H. Römer und<br />
„Schneewittchen“. Zur Belohnung erhielten die kleinen Künstler Kaffee und Pfannkuchen.<br />
Es folgt noch ein Bericht über einen Fahrradausflug.<br />
Ab 09.Juni wird die Straße von <strong>Zaasch</strong> nach Storckwitz wegen Pflasterarbeiten gesperrt.<br />
Die Landkraftwerke Leipzig AG in Kulkwitz müssen wegen Überlastung des Elektrizitätsnetzes<br />
mit den einzelnen Gemeinden Druschordnungen festlegen, da die Zahl der Kraftstromanschlüsse<br />
in den Dörfern stark angewachsen ist.<br />
Im Dezember wird <strong>Zaasch</strong> erneut zum Sperrbezirk erklärt, weil in den Tierbeständen des<br />
Gutsbesitzers Walter Bley die Maul- und Klauenseuche festgestellt worden ist.<br />
Das Jahr 1931<br />
Ab 1.4.1931 ist Lehrer Max Gebhardt nicht mehr in <strong>Zaasch</strong>. Am 1.5. wären es 14 Jahre <strong>Zaasch</strong>er<br />
Schularbeit für ihn geworden. Die Regierung hat ihn befördert und als Konrektor nach<br />
Canena bei Halle versetzt.<br />
Mit der Verwaltung der Lehrer- ,Küster- und Organistenstelle wurde der Schulamtsbewerber<br />
Herbert Sünderhauf, beauftragt. Ich bin am 13.2. 1905 in Droysig bei Zeitz geboren, war von<br />
1919- 1925 auf der Präparande und dem Lehrerseminar in Eilenburg und dann nach dem<br />
Bestehen meiner Seminarentlassungsprüfung zunächst ohne Beschäftigung. Eine Wartezeit<br />
von einigen Jahren wurde uns vorhergesagt .Ich war daraufhin 9 Monate im Kontor der Eilenburger<br />
Motorenwerke tätig, und hatte dann Glück und war fast 2 Jahre lang Lehrer an der<br />
Privatrealschule der Herrenhuter Brüdergemeinde in Königsfeld im Schwarzwald. Eine Zeitlang<br />
verwaltete ich die einklassige Schule in Rödgen bei Eilenburg, war Hilfslehrer in Mötzlich<br />
/Saalkreis), Hospitant in Wedelwitz bei Eilenburg und in der Stadt- und Hilfsschule Eilenburg,<br />
dann Vertreter in Gollma, von Ostern 1929- 31.3.1930 Hilfslehrer in <strong>Zaasch</strong>, dann noch<br />
Hilfslehrer in Burgkemnitz und 7 Wochen bis 31.3.31 Lehrer an der Pestalozzi- und der<br />
Westschule in Bitterfeld. Den <strong>Zaasch</strong>ern bin ich also kein Fremder mehr. Das zeigte sich<br />
auch am 9.4.31, als wir meinem lieben Kollegen und Freunde, dem Scheidenden, einen Abschiedsabend<br />
veranstalteten, auf dem auch die <strong>Zaasch</strong>er ihrer Dankbarkeit durch ein schönes<br />
Geschenk Ausdruck verliehen.<br />
Bemerkt sei noch, dass ich 6 Semester in Halle studierte.<br />
Und nun hoffe ich, im alten <strong>Zaasch</strong>er Schulhaus, das aber schön neu gemacht werden soll,<br />
lange und erfolgreich arbeiten zu können und mein Glück zu finden.<br />
Sommer 1931 : Pfarrer Käetzk, Zschernitz, der auch für <strong>Zaasch</strong> zuständig war, ist unerwartet<br />
schnell einem Rufe nach Holland gefolgt, nachdem er hier nur etwa 2 Jahre gewesen ist.<br />
Vertreter ist Pfarrer Schräpler, Schenkenberg.<br />
31
Ab 19.7.1931 herrschte im Schulhaus <strong>Zaasch</strong> wieder regeres Leben. Eine junge Frau hat<br />
hier Einzug gehalten. Ich habe mich mit Fräulein Ilse Winter aus <strong>Zaasch</strong> verheiratet, die die<br />
<strong>Zaasch</strong>er Schulbänke früher selbst gedrückt hat. Alten Aufzeichnungen nach ist sie die 2.<br />
oder gar 3. Lehrerfrau die aus <strong>Zaasch</strong> selbst stammt und hier Einzug hielt.<br />
August 1931 : Die Oberstufe machte einen schönen Radausflug über Petersroda, Holzweißig,<br />
Bitterfeld in die Dübener Heide und nach Zschornewitz zur Riesenförderbrücke (ca. 300<br />
m lang, Baukosten 11.000.000 Mark), von da gings nach Forsthaus Pöplitz und Altjeßnitz in<br />
den Irrgarten, über Jeßnitz i. Anhalt und Greppin wieder heim nach <strong>Zaasch</strong>.<br />
25. Oktober 1931: Am ersten Kirmestag fand auf einem Luzernenfelde an der benachbarten<br />
Rödgener Mühle ein Flugtag statt. Ein kleiner Doppeldecker, den wir am ersten Schultag<br />
nach den Ferien ganz aus der Nähe betrachteten (wir waren alle auf dem Felde ) und 2 Eindecker<br />
führten Kunstflüge aus. Zwei Fallschirmabsprünge wurden gezeigt. Ein Verkehrsflugzeug<br />
führte Rundflüge über Delitzsch und Umgebung aus. ( pro Person 7 M, 4 Personen auf<br />
einmal )<br />
7.12.31 : 2 Stunden Unterricht, dann Wanderung nach Delitzsch: 2 bis 8 Schuljahr. Jeder<br />
hatte einen Bleistift, einen Zettel und eine Aufgabe. Schon unterwegs beginnt das Aufschreiben.<br />
Eine Gruppe schreibt Wegweiser auf, eine andere Autonummern und Zeichen, in Delitzsch<br />
werden Straßennamen, Verkehrszeichen und Firmenschilder der Bäcker, Fleischer,<br />
Uhrmacher usw. notiert und aufgemalt. Wir brauchen ziemlich lange Zeit, ehe wir auf den<br />
beiden Bahnhöfen sind , die uns reiches Material über das Sachgebiet Eisenbahn liefern. Auf<br />
der Rückwanderung kommt es uns zustatten, daß Herr Bruno Winter unsere Kleinsten auf<br />
seinem Wagen nach <strong>Zaasch</strong> fährt.<br />
Es geht mit einem Bericht über einen Theaterbesuch in Halle weiter<br />
20.12.31 : Heute fand im Gasthof unsere Weihnachtsfeier statt. Um 8 Uhr wollten wir beginnen.<br />
5 Min. vor ½ 8 Uhr war schon kein Sitzplatz mehr zu erhalten. Alle verfügbaren Stühle,<br />
sogar solche aus der Küche wurden herbeigeschafft. Unsere Mühe wurde also belohnt. Wir<br />
hatten nur 30 Pfg. Eintritt genommen, für Erwerbslose nur 15 Pfg. und haben trotz der hohen<br />
Unkosten für Kostüme usw. noch einen Überschuß herausbekommen. Was wir boten ?<br />
Im ersten Teil des Abends : Proben aus unserer Schularbeit. Die Kleinsten sangen, tanzten<br />
und sagten Gedichte an und hatten sich alle selbst kleine Kostüme zusammengestellt. Das<br />
1. Schuljahr, das waren die Tiroler. Die Mädchen des 2. Schuljahrs sangen als sorgende<br />
Mütter ihre kleinen Puppenkinder ein. 3.+4 gaben einen Einblick in eine Turnstunde unserer<br />
Zeit. „Wir spielen Zirkus“ hieß das Thema. Weihnachtslieder gemeinsam gesungen, leiteten<br />
zum 2. Teil, zur eigentlichen Weihnachtsfeier über. „Kindergespräch vor Weihnachten“ sah<br />
recht lachende Gesichter im Zuschauerraum. Ein „Weihnachtsmärchen“ als Spiel machte<br />
sich auch recht nett. Den Höhepunkt aber machte das Stück „Der Waldkinder Weihnachtstag“<br />
aus. Die neuen Kostüme der Nixen und Zwerge, die einfachen aber schönen der<br />
Elfen und der Engel, sowie die recht originellen der Wassermänner und nicht zuletzt das frische<br />
Spiel aller Beteiligten gefielen allgemein.<br />
Bemerken möchte ich noch, daß im ersten Teil das „Schnützenputzlied“ und der Sprechchor<br />
„Eisenbahn“ lebhaftes Beifallklatschen hervorrief. Zum Schluß gab ´s für jeden 2 Pfefferkuchen.<br />
Alles in allem ein gut gelungener Abend, ein Ansporn für die Arbeit des folgenden Jahres.<br />
32
Das Jahr 1932<br />
In der lokalen Zeitung wird vermeldet, dass <strong>Zaasch</strong> mit 71 Schülern die größte einklassige<br />
Schule in der Umgebung hat.<br />
Lehrer Sünderhauf berichtet in seiner <strong>Chronik</strong> :<br />
Febr. 32 : Am 19 2. 32 revidierte die neue Schulrätin, Frau Schulrätin Niklas, die Schule.<br />
März 32: Ostern 32 verließen 3 Kinder (2 Mädchen und 1 Knabe ) als Konfirmanden die<br />
Schule, 1 Schüler ging außerdem in die höhere Schule nach Delitzsch. Der Abschluß in diesem<br />
Jahre ( gemeint ist das Schuljahr ) sah zahlreiche Ereignisse auf sich vereint. Am Palmsonntag<br />
fand wieder eine Ausstellung im Schulraum statt. Wir hatten dazu immer 2 Bänke<br />
übereinander gesetzt. Die Zeichnungen hatten wir sortiert und ausgewählt und 5 - 8 aneinandergeklebt.<br />
So konnten sie ohne Mühe betrachtet werden. Sie sollten Einblick in den systematischen<br />
Zeichenunterricht vermitteln. Dazu waren natürlich verschiedene Bastelarbeiten<br />
ausgestellt.<br />
Am Dienstag feierten wir den 100. Todestag Goethes. Überall war schulfrei. Gedichte, eine<br />
Rede und eine Reihe Lichtbilder wechselten miteinander ab, auch Lieder wurden gesungen.<br />
Zugleich war Schulentlassung und Abschlußfeier.<br />
Bemerkt sei, daß seit wenigen Wochen auch die Radiostunde als eine häufig wiederkehrende<br />
Stunde in den Wochenplan mit aufgenommen ist. Wir hatten schon recht schöne Stunden<br />
gehabt. So wurden wir kürzlich durch das Hauptgestüt in Trakehnen (i.O.) geführt. Ferner<br />
durch eine schlesische Glashütte, auch Musik hören wir ab und zu, dazu gabs einige Hörspiele<br />
über Goethe. Seit einiger Zeit sind ja überall Goethefeiern, Goetheaufführungen, Goethevorträge<br />
und vor den Anpreisungen von alten und neuen Goethebüchern kann man sich<br />
kaum noch retten.<br />
April 32 : Wir sind nunmehr ab 1.4.32 wieder dem Schulaufsichtskreis Delitzsch zugeteilt,<br />
dem Herrn Schulrat Sehmisch, Delitzsch, vorsteht.<br />
Juli 1932 : Im gesamtem Schulwesens Preußens ist seit dem Herbst des Vorjahres ein starker<br />
Abbau im Gange. Schulstellen, planmäßige und überplanmäßige, wurden aufgehoben;<br />
Junglehrer in großer Zahl entlassen. Um ihnen zu helfen, wurden die älteren Lehrer bereits<br />
mit der Vollendung des 62. Lebensjahres pensioniert.<br />
Ostern 1932 erfolgte ein allgemeiner Ausgleich aller Schulamtsbewerber, in dessen Folge<br />
alle jüngeren Jahrgänge , bis einschließlich 1924 abgebaut wurden .Da ich bereits seit dem<br />
1.5. 31 einstweilig angestellt war, fiel ich nicht unter die Bestimmung, die manchen hart traf.<br />
In den Merseburger Bezirk sind am 1.4. 32 viele Schulamtsbewerber überwiesen worden, so<br />
ist in Zschernitz an 2.Stelle ein Kollege aus dem Bezirk Hannover, in Doberstau noch einer<br />
aus diesem Bezirke. Inzwischen ist der Jahrgang 1924 zur Ein- und Anstellung wieder an der<br />
Reihe.<br />
Seit 1.6.1932 bin ich nun hier als Lehrer, Kantor, Küster und Organist endgültig angestellt.<br />
Juli 1932: Die Schule besuchen jetzt 75 Kinder.<br />
33
Der neue Elternbeirat setzt sich folgendermaßen zusammen ( Eine Wahl fand nicht statt,<br />
Einheitsliste )<br />
1. Fritz Nicklisch, Vorsitzender<br />
2. Otto Brose, Stellvertreter<br />
3. Willy Hartmann<br />
4. O. Nickel<br />
5. Frau Rogalski<br />
Dezember 1932 : Am 18.12. fand im Gasthofsaal die diesjährige Weihnachtsfeier statt.<br />
Das alte Jahr, das politisch so ereignisreich war, brachte es doch den großen Aufschwung<br />
der nationalsozialdemokratischen Deutschen Arbeiterpartei unter Führung Hitlers, ihren ebenfalls<br />
großen Rückgang bei den letzten zahlreichen Wahlen und schließlich die Führung<br />
Deutschlands durch ein unparteiisches Präsidialkabinett, ist nun zu Ende. Möge das neue<br />
Jahr endlich den von allen erhofften Aufschwung vor allem in wirtschaftlicher Beziehung<br />
bringen und endlich mehr Ruhe und Frieden in innenpolitischer Beziehung in Deutschland<br />
einziehen<br />
Das Jahr 1933<br />
31.01. Adolf Hitler wird vom Reichspräsidenten von Hindenburg zum Reichskanzler ernannt.<br />
01.02. Der Deutsche Reichstag wird aufgelöst.<br />
21.06. Verbot der SPD<br />
05.07. Alle übrigen bürgerlichen Parteien lösen sich selbst auf. Die „Nationalsozialistische<br />
Deutsche Arbeiter Partei“ ( NSDAP) ist die einzige Partei in Deutschland. In diesem<br />
Punkt gleichen sich das Deutsche Reich und die Sowjetunion (SU) auch „Union der<br />
sozialistischen Sowjetrepubliken“ (UdSSR) genannt, wo es auch nur immer eine<br />
Partei gegeben hat.<br />
01.10. In Delitzsch findet der erste „Eintopfsonntag“ statt. Eintopfsonntage waren eine<br />
Erfindung der Nationalsozialisten, und sollten dazu beitragen, die „Volksgemeinschaft“<br />
zu stärken. Die Bevölkerung wurde angehalten an einem solchen Sonntag<br />
statt er üblichen Sonntagsmahlzeit einen einfachen Eintopf zu essen, und die damit<br />
eingesparten Kosten gegenüber einer üblichen Sonntagsmahlzeit sollten dem<br />
Gemeinwohl zugeführt werden. Die entsprechenden Geldspenden wurden in besonderen<br />
Sammelbüchsen gesammelt. Anfangs gab es dafür kleine Figuren als<br />
Belohnung. In manchen Städten wurde daraus sogar ein kleines Volksfest gemacht,<br />
bei dem der Eintopf aus Gulaschkanonen z.T. von führenden Parteigenossen<br />
als Gemeinschaftsverpflegung verabreicht wurde.<br />
Über die Ereignisse in <strong>Zaasch</strong> und aus der Sicht der <strong>Zaasch</strong>er Einwohner berichtet der Lehrer<br />
Sünderhauf in seiner <strong>Chronik</strong>:<br />
Schulbeginn : 10.1.33, vormittags 8 Uhr.<br />
Am 30. Januar hat der Herr Reichspräsident von Hindenburg den Führer der Nationalsozialdemokratischen<br />
Arbeiterpartei Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt. Dieser hat ein Kabinett<br />
der nationalen Konzentration gebildet, dem alle populären Persönlichkeiten der nationalen<br />
Bewegung angehören und von dem allgemein gehofft wird, daß es ihm gelingen möge,<br />
34
Deutschland einer besseren Zukunft entgegen zu führen. Hervorragende Mitglieder der neuen<br />
Reichsregierung sind :<br />
• Reichskanzler Adolf Hitler (NSDAP)<br />
• Vizekanzler Franz v.Papen<br />
• Reichsinnenminister Frick (NSDAP)<br />
• Reichsernährungsminister u. Wirtschaftsminister Geheimrat Hugenberg (DNVP)<br />
• Reichsarbeitsminister u. Min. für Jugendertüchtigung Franz Seldte (1. Bundesführer des<br />
Stahlhelm)<br />
• Reichsminister ohne Portefeuille, Leiter des Luftfahrtministeriums und kommissarischer<br />
preußischer Innenminister : Göring (NSDAP)<br />
Sämtliche Sozialdemokraten sind aus leitenden Stellen im Reiche und in Preußen entfernt<br />
worden.<br />
Inzwischen haben Kommunisten ( ein holländischer Kommunist konnte gefaßt werden) das<br />
berühmte Gebäude des Deutschen Reichstages in sinnloser Wut um Unruhe zu stiften, in<br />
Brand gesteckt und dadurch, dass es sehr stark ausbrannte, ungeheuren Schaden angerichtet.<br />
März 1933: Die Zeit der Wahlen, wir haben seit ich in <strong>Zaasch</strong>, sehr oft gewählt, ist nun hoffentlich<br />
für einige Zeit vorbei. Am 5. und 12. März waren allein 5 Wahlen. Am 5.3.33 wurde<br />
zum Reichstag und preußischen Landtag gewählt, am 12.3.33 zum Provinziallandtag, zum<br />
Kreistag und zur Gemeindevertretung. Hier sind einige Ergebnisse für <strong>Zaasch</strong> :<br />
Parteien 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10<br />
Reichstag 77 48 55 1 13 3 0 0 200 233<br />
Landtag 70 41 54 2 14 3 0 10 200 233<br />
Provinz LdT: 72 46 58 1 9 0 12 0 201 235<br />
Kreistag 69 46 59 0 10 0 16 0 201 235<br />
Parteien :<br />
1. NSDAP<br />
2. SPD<br />
3. KPD<br />
4. Zentrum<br />
5. Kampffront Schwarz- Weiß- Rot<br />
6. Deutsche Volkspartei<br />
7. Wehrwolf, Nationalrevolutionäre Bauern<br />
8. Landwirte, Haus- u. Grundbesitzer<br />
9. Abgegebene Stimmen<br />
10. Wahlberechtigte<br />
Reichstag :<br />
288 NSDAP 118 SPD 81 KPD<br />
70 ? 52 Schwarz – Weiß- Rot 21 Bayr. VP<br />
4 DVP 4 Chr. Soz. Volksdienst 5 Dtsch. Staatspartei<br />
2 Dtsch. Bauernpartei 1 Wrttbg.Bauern+Weingärtn 2 Dtsch. Hannov. Partei<br />
648 Mandate<br />
Gemeindewahl in <strong>Zaasch</strong>:<br />
Nr. 30 Einheitsliste für Recht und Ordnung : 96 Stimmen 5 Sitze<br />
Gewählt : W. Bley, H. Sünderhauf, H. Horn, A. Winter jun., A. Schönbrodt<br />
Nr. 31 Unpolitische Liste der Gegenwartsziele 52 Stimmen 2 Sitze<br />
35
Gewählt : Fr. Nicklisch jun., O. Nickel<br />
Nr. 32 Arbeiterliste 47 Stimmen 2 Sitze<br />
Gewählt : Franke, Paul Brose<br />
Für den Kreistag kandidierte für den Wahlvorschlag 21 „Der Wehrwolf Nationalrevolutionäre<br />
Bauern“ aus <strong>Zaasch</strong> der Gutsbesitzer und Gemeindevorsteher Walter Bley. Mit 240 Stimmen<br />
im gesamten Kreisgebiet ( geringste Stimmenzahl von allen Parteien) erhielt dieser Wahlvorschlag<br />
keinen Sitz im neuen Kreistag. Im Kreistag waren vertreten : NSDAP mit 14 Sitzen,<br />
KPD mit7 Sitzen, SPD mit 4 Sitzen Kampffront „Schwarz- Weiß“ mit 3 Sitzen.<br />
Am Mittwoch, dem 8.3.33 schulfrei : Siegesfeier der nationalen Revolution.<br />
Am Sonnabend, dem 11.3. Feier in der Schule zum Gedenken der Gefallenen<br />
Vom 13.-15 3- 33 Überall geflaggt zur Siegesfeier Schwarzweißrot und die Hakenkreuzfahne<br />
der Nationalsozialisten.<br />
Auf Grund von Verfügungen wurden alle Mitglieder der Liste 32 (siehe oben !) ausgeschlossen,<br />
dazu Herr Nickel. Er trat zurück und Herr Anders trat für ihn ein.<br />
Am 21. 3. 33 fand die feierliche Eröffnung des neu gewählten Reichstages in der Garnisonskirche<br />
in Potsdam und anschließend in der Krolloper statt. An diesem Tage war wieder überall<br />
geflaggt und schulfrei. Wir versammelten uns nur gegen Mittag in der Schule, um die<br />
Übertragung der Feierlichkeiten mit anzuhören.<br />
31.3.33 Die Schule verließen heute 3 Konfirmanden :<br />
Kurt Schinkel, Kurt Schuster, Walter Lukowiak<br />
Da 9 Schulanfänger aufgenommen wurden und nur 3 Konfirmanden abgingen, außerdem<br />
nur 1 Mädchen mit ihren Eltern nach Zschernitz zog, stieg die Zahl der Schulkinder weiter bis<br />
auch 79.<br />
Am 7.4. 33 erhielt ich jedoch Hilfe. Herr H. Schröder, der bis dahin in Glesien nur als Empfänger<br />
von Fortbildungszuschuß (er ist Jahrgang 1926, Delitzscher Seminar ) beschäftigt<br />
werden konnte, hat als Hilfslehrer am genannten Tage seinen Dienst begonnen. Hoffentlich<br />
bleibt uns recht lange eine Hilfslehrerstelle an unserer Schule erhalten !<br />
Am 20.4.33 war schon wieder zu flaggen. Reichskanzler Adolf Hitler feierte an diesem Tag<br />
die Vollendung seines 44 Lebensjahres. Unsere Ferien sind bis zum 1.5.33 vom preußischen<br />
Ministerium aus verlängert worden.<br />
Große Maifeier im ganzen Reiche. Aus Sparsamkeitsrücksichten ( die Musik wird uns zu<br />
teuer ) hatten wir für <strong>Zaasch</strong> keine Musikkapelle verpflichtet. Trotzdem fand ein schneidiger<br />
Aufmarsch statt. Kollege Keindorff, Serbitz, mit dem ich gut befreundet bin, führte und befehligte<br />
den Zug zum gemeinsamen Kirchgang. Zum erstenmal marschierten die <strong>Zaasch</strong>er<br />
Braunhemden, SA und uniformierte Parteigenossen.<br />
24.6.1933. An diesem Tage sollte in ganz Deutschland der große Jugendtag stattfinden. Am<br />
Morgen sollten sportliche Wettkämpfe sein, am Abend Sonnwendfeuer. Unsere Wettkämpfe<br />
früh verregneten. Wir waren zwar nach Serbitz marschiert, mußten aber unverrichteter Sache<br />
wieder abziehen. Der Nachmittag brachte eine Wetterbesserung, so das die schon verlegte<br />
Feier am Abend doch noch stattfand. In Serbitz und <strong>Zaasch</strong> war für die Musik gesammelt<br />
worden. Ein stattlicher Zug Serbitzer marschierte von dort zunächst nach <strong>Zaasch</strong>. Dann<br />
gings gemeinsam zum Anger. ( der Anger lag am Ausgang des Dorfes in Richtung Zschernitz<br />
rechts ) Dort fand dann die Feier statt. Serbitzer und <strong>Zaasch</strong>er Schulkinder trugen Gedichte<br />
und Sprechchöre, wechselnd mit Chorgesängen und gemeinsamen Liedern vor. Koll. Keindorff<br />
sorgte für Beleuchtung der ganzen Szene, indem er ab und zu Leuchtkugeln abschoß.<br />
36
Ich hielt ein Ansprache ,die den Sinn der Feier früher und heute beleuchten sollte. Gegen 11<br />
Uhr waren wir wieder im Dorfe.<br />
Am Montagvormittag fanden dann unsere sportlichen Wettkämpfe statt. Wir schnitten ganz<br />
gut ab und holten von 40 Kränzen 14. Herr Pocher, Serbitz gab 3,- M (? wahrscheinlich<br />
Schreibfehler ), die in 60 Beträgen an die Sieger gegeben wurden. Auch davon erhielten wir<br />
24,- . Im Schlagballwettspiel gewann Serbitz gegen Pohritzsch und dann auch im Kampf<br />
gegen uns. Der Jugendtag in <strong>Zaasch</strong> und Serbitz war ein Erlebnis und ein Erfolg.<br />
3.Juli 1933 Saalefahrt ( nicht abgeschrieben )<br />
Am Rande sei bemerkt, daß am 25 9 33 eine Tochter, unsere Ingrid ihren Einzug hielt, d. h.<br />
meine Frau wurde in Halle entbunden und litt danach lange Zeit an Venenentzündung.<br />
1.10.33 Erntedankfest. Es wurde in diesem Jahr zum erstenmal in einer einzig dastehenden<br />
Art gefeiert. Ein äußerst stark besuchter Gottesdienst, es mögen 250-300 Personen aus<br />
<strong>Zaasch</strong> und Serbitz im ehrwürdigen Gotteshaus gewesen sein, leitete die Feier ein. Dann<br />
fand eine schöne Feier auf dem Platze vor Horns Gute statt. Die Ausgestaltung hatten die<br />
beiden Schulen übernommen. Es wurden Gedichte vorgetragen und Reigen aufgeführt, dann<br />
brachten wir noch ein kleines Theaterstück mit lustigen Figuren für die Erntezeit zum Vortrag.<br />
Anschließend fand dann einer der schönsten Umzüge statt, die <strong>Zaasch</strong> wohl gesehen<br />
hat. Unter Führung von Koll. Keindorff (Serbitz ) und unserem Zellenwart Pg. Völkner, folgte<br />
der Kriegerverein mit der Fahne, dann marschierten die Reste der SA, die HJ und das Jungvolk.<br />
In der Mitte des Zuges marschierte die Kapelle. Und dann kamen in langer, bunter Reihe<br />
die eigentlichen Teilnehmer. Wir hatten gelost unter den Besitzern beider Orte. Jeder<br />
Bauer zog mit seinen Leuten gemeinsam einher. Jeder hatte mindestens einen Reiter gestellt<br />
. Unsere Besitzer hatten zahlreiche Erntewagen und andere Gefährte zur Stelle. Manche<br />
der Leute waren bunt und lustig gekleidet. Die Schuljugend hatte Kränze und Blumenbogen.<br />
Eine Frau (Frau Heilemann ) marschierte mit Sense, Hosen und Bart neben einer<br />
anderen Frau (Frau Nickel) die im Erntekostüm einen Korb auf dem Rücken mit Zwillingen<br />
(Puppen) ging. Alles in allem ein unvergleichlicher Tag für die beiden harmonisch feiernden<br />
Gemeinden.<br />
Am Abend spielten wir „Schanze 13“ ein klassisches Stück aus dem Weltkrieg (1 Akt) bei<br />
dem wir 3 Lehrer aktiv mitwirkten.<br />
Im „Amtlichen Verordnungsblatt“ Nr.32 vom 28.Juli ist folgende Kuriosität veröffentlicht:<br />
RdErl.d. MdI vom 3.7.1933<br />
Wird bei einem Standesbeamten der Antrag gestellt, den Namen des Herrn Reichskanzlers,<br />
sei es auch in der weiblichen Form Hitlerine, Hitlerike oder dergl. einzutragen, so hat er dem<br />
Antragsteller nahezulegen, einen anderen Vornamen zu wählen, da die Annahme des gewünschten<br />
Vornamen dem Herrn Reichskanzler unerwünscht ist.<br />
Mit dem neuen Reichserbhofgesetz vom 01.Okt. werden die Bezeichnungen „Gutsbesitzer“<br />
bzw. „Rittergutsbesitzer“ abgeschafft. Nur der Eigentümer eines Erbhofes darf zukünftig den<br />
Titel „Bauer“ führen. Eigentümer bzw. Besitzer anderer land - oder forstwirtschaftlich benutzten<br />
Grundeigentums heißen „Landwirte“. Andere Bezeichnungen dürfen nicht mehr geführt<br />
werden.<br />
Das Jahr 1934<br />
19.08. Nach dem Tode des Reichspräsidenten von Hindenburg (am 02.08.34 ) wird das<br />
Amt des Reichspräsidenten mit dem des Reichskanzlers vereinigt. Adolf Hitler übernimmt<br />
dieses Amt unter der Bezeichnung „Führer und Reichskanzler.<br />
In Deutschland tritt mit dem „Reichsbodenbewertungsgesetz“ eine Rechtsvorschrift in Kraft,<br />
nach der es möglich ist Ackerböden zu vergleichen und zu bewerten. Die Bodenwertzahl 100<br />
37
sollte dabei den besten Ackerboden bezeichnen. Als Maßstab wurde ein Ackerboden aus<br />
der Magdeburger Börde ausgewählt. Die so erstellte Bodenwerttabelle ist heute noch gültig<br />
für die Bewertung von Ackerböden. Die Äcker der <strong>Zaasch</strong>er Fluren haben Bodenwertzahlen<br />
zwischen 80 und 90. Es handelt sich also um sehr gute Ackerböden, auf denen vor allem<br />
Zuckerrüben und Weizen angebaut wurden. Der hohe Anteil an Zuckerrüben führte in der<br />
Folge zum Bau mehrerer Zuckerfabriken z.B. in Roitzsch und Delitzsch.<br />
Laut Adressbuch für den Kreis Delitzsch hat <strong>Zaasch</strong> zum jetzigen Zeitpunkt 373 Einwohner.<br />
In <strong>Zaasch</strong> sind 10 Gewerbebetriebe ansässig :<br />
2 Brennereien 1 Gastwirtschaft<br />
1 Materialhandlung 1 Schmiede<br />
1 Stellmacherei 1 Bäcker<br />
1 Maschinenhändler 1 Maschinenbauer<br />
10 Jahre früher hatte <strong>Zaasch</strong> noch eine Windmühle ,einen Schneider und Schuhmacher.<br />
In <strong>Zaasch</strong> werden 9 Landwirtschaften betrieben (Betriebsgrößen zwischen 28 bis 452 Morgen<br />
das entspricht 7 bis 113 Hektar<br />
In der Schulchronik steht über dieses Jahr folgendes zu lesen<br />
Am 16.1.1934 legte Lehrer Heinrich Schröder, der seit Ostern 1933 an unserer Schule als<br />
Hilfslehrer beschäftigt ist, seine II. Prüfung an der hiesigen Schule ab. Die Prüfungskommission<br />
bestehend aus den Herren Reg.- Rat D. Hahn -Merseburg, Schulrat Sehmisch- Delitzsch<br />
und Rektor Hansjürgens- Delitzsch.<br />
Herr Schröder hielt 3 Lektionen :<br />
• - 8. Schuljahr : Gesang ( Das neue Ostlandfahrerlied )<br />
• 1.+2. Schuljahr : Gesamtunterricht ( Vom Licht )<br />
• 3.+4. Schuljahr : Heimatkunde (Kraftwerk Zschornewitz- Golpa)<br />
Anschließend fand mündliche Prüfung statt. Die gesamte Prüfung dauerte von 14- 17 Uhr.<br />
Am 23.1.34 hatte unsere Schule wieder einen Tag von Bedeutung. Eine Tagung der Arbeitsgemeinschaft<br />
unserer in den letzten Monaten gebildeten Zelle Pohritzsch im NSLB (Nationalsozialistischer<br />
Lehrerbund) fand hier statt. Zum Thema hatten wir uns „Rassenkunde“<br />
gewählt, weil nach dem Erlaß des Pr. Min. für KW u. V. dieser Stoff gefordert wird. Wir hatten<br />
bereits einen Lehrplan aufgestellt, nach dem in diesem Jahr das Gebiet im Zusammenhang<br />
behandelt werden soll.<br />
Dazu wird noch der Text eines Zeitungsartikels angegeben :<br />
„Arbeitstagung der Zelle Pohritzsch im NSLB<br />
<strong>Zaasch</strong>. Unter Leitung des Zellenobmann, Lehrer Keindorff- Serbitz, fand im Beisein von<br />
Schulrat Sehmisch die diesmalige Ganztagung der Zelle Pohritzsch im NSLB, Bezirk Kapellenberg,<br />
in <strong>Zaasch</strong>. Sie wurde begonnen mit einer Unterrichtsprobe, die Lehrer Sünderhauf<br />
mit dem 5.-8. Schuljahr über Rassenkunde abhielt. Es wurde im Anschluß an den in diesem<br />
Jahre und in diesem Fache schon behandelten Stoff speziell das Thema bearbeitet „ An welchen<br />
körperlichen und seelischen Merkmalen erkennen wir eine Menschenrasse?“ Nach Er-<br />
arbeitung der nötigen fachwissenschaftlichen Begriffe und der Erkenntnis, daß das deutsche<br />
Volk zu einem hohen Prozentsatz nordisches Blut in sich trägt, schloß die Stunde mit der<br />
Mahnung „Sei stolz auf das wertvolle Erbgut in deinem Volke“,<br />
Anschließend hielt der Lehrer Schröder mit dem 3. u. 4. Schuljahr eine Lehrprobe auf dem<br />
Gebiet der Heimatkunde. Er zeigte besonders die Einführung einer neuen Karte mit größerem<br />
Maßstab und schloß an die Behandlung eines Gebietes nach der neuen Karte deut-<br />
38
sches Sagengut ein. Nachdem die Teilnehmer ein schlichtes Eintopfgericht, das freundlicherweise<br />
im Gasthof preiswert geliefert wurde, verzehrt hatten, ging es zum zweiten Teil<br />
der Arbeit. Lehrer Sünderhauf sprach ausführlich über die praktische Durchführung des<br />
kürzlich für die Zelle aufgestellten Lehrplanes über Rassenkunde, Rassenpflege, Bevölkerungspolitik,<br />
Familienkunde und Vorgeschichte. Er wandte sich besonders der Behandlung<br />
der Vererbungsgesetze, den Theorien über die Entstehung der Rassen und der Judenfrage<br />
zu . Lehrer Frase- Zschernitz gab Anregungen, wie er sich die Durchführung der rassenkundlichen<br />
Forderungen in den kommenden Jahren im Sinne der neuen Schularbeit vorstelle.<br />
Danach sprach Lehrer Schröder über Philipp Hördts Buch „ Grundformen volkhafter Bildung“,<br />
und verweilte besonders eingehend beim Spiel, als einer für das Kindesalter wichtigen<br />
Form der Bildungsvermittlung. Zum Schluß gab er einen Bericht über seine Erlebnisse<br />
im ersten Schulungslager für Junglehrer im Jugendhof Hassitz in der Grafschaft Glatz. Eingehende,<br />
fördernde Aussprachen unterbrachen wiederholt die Darbietungen des Tages, so<br />
daß der Obmann zum Schluß seinen Dank für die geleistete Arbeit aussprechen konnte.<br />
(Ende des Zeitungsartikels )<br />
30.1.1934. Der erste Jahrestag nach Adolf Hitlers Machtübernahme wurde schlicht und einfach<br />
gefeiert im ganzen Deutschen Reiche. Die wirtschaftlich Schwachen wurden an diesem<br />
Tage besonders bedacht, die Fahnen wehten, und die Gemeinden <strong>Zaasch</strong> und Serbitz hielten<br />
gemeinsam abends ½ 6 Uhr eine Abendandacht im Gotteshause ab.<br />
Festfolge Familienabend im Gasthof :<br />
1. „Ein Spiel vom Frühling“ von Anna Loos in 4 Bildern,<br />
2. Abschied von 12 Kameraden<br />
a.) Abschiedsworte mit Überreichung eines Auszuges aus dem Versailler Vertag und schönen<br />
Schulentlassungsscheinen.<br />
b.) „So nimm denn meine Hände“<br />
3. Aufwärts den Blick auf Volk und Vaterland<br />
a ) 3 faches Heil<br />
b) Horst – Wessel – Lied gemeinsam gesungen<br />
c) Deutschland, Deutschland über alles gemeinsam gesungen<br />
Dauer : ½ 9 Uhr – 10 Uhr abends am Ostersonntag.<br />
Schuljahr 34/35. Unterrichtsbeginn 15.4.1934 7 Uhr. Um 11 Uhr Aufnahme von 5 Neulingen.<br />
Schülerzahl am 1.5.34 72 Kinder.<br />
Schon vor den ersten Maitagen setzte eine fast unbekannte Maikäferplage ein. Wir entschlossen<br />
uns daher eines Tages in der Turnstunde, Eimer zu holen und die Pappeln um die<br />
Teiche abzuschütteln. Der Erfolg war gut. Am Tag später kam auch Anweisung vom Herrn<br />
Schulrat, der dann Weisungen des Herrn Landrats folgten, so dass unser Gemeindevorsteher,<br />
Herr Bley, Arbeitslose mitschickte und wir in 2 oder manchmal sogar in 3 Kolonnen die<br />
Bäume unserer Straßen abschüttelten. Die gesammelten Maikäfer ließen wir in Alfred Winters,<br />
meines Schwiegervaters Brennerei wiegen und töteten sie dort mit heißem Wasser ab.<br />
Für 1 Ztr. sollen wir für Schulzwecke 3 RM (Reichsmark ) bekommen, die gelegentlich bei<br />
39
einem Ausflug zur Verteilung kommen sollen. Wir haben ca. 2-3 Ztr. Maikäfer morgens von 6<br />
– 8 an 3 Tagen gesammelt.<br />
1.5. 1934. Der 1.Mai., das Fest der nationalen Arbeit, wurde wieder überall groß gefeiert.<br />
Auch wir in der Zelle <strong>Zaasch</strong>- Serbitz arrangierten, nach den Richtlinien, die wir über die<br />
Ortsgruppe vom Reichspropagandaminister erhalten hatten, etwas.<br />
Festfolge :<br />
• 6 Uhr Wecken durch das Jungvolk in Serbitz und <strong>Zaasch</strong><br />
• 8 Uhr Kirchgang (gemeinsam; Kirche voll )<br />
• ½ 10 Uhr Rundfahrt von 4 Festwagen ( Maikönigin Wally Winter, Maibaum, Maifeld,<br />
Handwerkerwagen ) Anschließend Feier auf dem Dorfplatze, hauptsächlich bestritten<br />
durch die Darbietungen der Schüler beider Schulen.<br />
• 14 Uhr Volksbelustigung durch Schießen und Kegeln im Hof des Gasthauses.<br />
• 16- 17.30 Übertragung der Feier vom Tempelhofer Felde bei Berlin (Hitlerrede)<br />
• bis 19 Uhr wieder Schießen und Kegeln<br />
• ab 20 Uhr Volkstanz im Gasthofsaal, Preisverteilung ( viele gestiftete Preise ) und Verlosung<br />
Juni 34 : im vorigen Jahre erhielt ich folgendes Schreiben, von dem ich hier eine Abschrift<br />
einrücke:<br />
<strong>Zaasch</strong>, den 25.10.1933<br />
Sehr geehrter Herr Kantor Sünderhauf !<br />
Von einigen, z.T. sehr gut herausgebrachten Fotoaufnahmen, die sicher auch Ihr Interesse<br />
finden dürften, übermittle ich Ihnen hierbei einen Abzug. Ich bitte um Aufnahme zum Zwecke<br />
der Einreihung in ein evtl. vorliegendes Schulalbum für Heimatbilder.<br />
Titel der Bilder usw.<br />
40<br />
Ergebenst<br />
gez. Gotsche (Kurt )<br />
( Die Bilder : „Ohne Worte“ „Blühender Kaktus“ und „Durchblick nach der Kirche <strong>Zaasch</strong>“<br />
sind in der <strong>Chronik</strong> nicht mehr enthalten.<br />
In diesem Jahr herrscht hier eine ungeheure Trockenheit. Es hat nur ganz selten geregnet<br />
und dann auch nur immer wenige Millimeter, die kaum den Staub löschten. Für die Ernte ist<br />
darum recht wenig zu erwarten, noch dazu, da wir sehr lange (bis Anfang Juni ) Kälte gehabt<br />
haben. Auf dem „Anger“ sind sogar um diese Zeit noch Kartoffeln erfroren. Das Getreide<br />
steht im allgemeinen nicht gut, am schlechtesten der Hafer. Futter gibt’s wenig. Endlich<br />
gab´s aber doch einmal ordentlich Regen. Es wurde aber auch Zeit, denn A. Winters Teich<br />
und Bleys Teich waren bereits vollkommen ausgetrocknet, so daß sie ohne Mühe geschlämmt<br />
werden konnten. Nach einem neuen Gemeindestatut, nach dem jeder Haus-, Hof-<br />
und Grundbesitzer zu Spann- und Handdiensten verpflichtet ist, ist tüchtig an gemeinsame<br />
Arbeit gegangen worden. Einige 100 Fuhren Schlamm sind da aus .A. Winters Teich geholt<br />
worden. Dabei sah man ganz deutlich durch die Mitte, etwa von der Einfahrt aus, den wohl<br />
schon seit der Entstehung des Teiches hindurch führenden Damm. Die Einwohner, soweit<br />
sie Handdienste zu leisten hatten, wurden schließlich abgelöst vom Freiwilligen Arbeitsdienst,<br />
der mit etwa 12 Mann vom Lager Delitzsch hier erschien. Jetzt ist er an Bleys Teich<br />
beschäftigt. Mit geschlagenen Pappelästen stellt er am südlichen und westlichen Ende<br />
Flechtwerk her, vor dem dann Steine gepackt werden, so daß der Teich eine schöne Einfassung<br />
erhält.<br />
In der Nacht vom 18./19. 6. 34 ist mein Schwager Willy Winter bei der Rückkehr vom SS-<br />
Dienst schwer verunglückt. Er fuhr mit ca. 40 km Geschwindigkeit nachts auf einen (wahrscheinlich<br />
unbeleuchtet) haltenden Autotransportzug in der Nähe der Preußischen Krone bei<br />
Bitterfeld auf. Er erlitt eine Gehirnerschütterung und einen Unterkieferbruch. 3 Zähne wurden<br />
ihm herausgeschlagen. Er liegt im Bitterfelder Allgemeinen Krankenhaus, befindet sich aber
auf dem Wege der Besserung. Ein mitfahrender Kamerad aus Roitzsch erlitt leichtere Verletzungen<br />
und konnte noch am Tage der Einlieferung wieder entlassen werden.<br />
Im Reiche hat sich etwas ereignet, das uns zunächst völlig unglaublich erschien. Der bisherige<br />
Stabschef der SA Ernst Röhm hat mit einer Reihe höherer SA- Führer gemeutert und in<br />
Verbindung mit dem früheren Reichskanzler General v. Schleicher in Verbindung mit einer<br />
ausländischen Macht gestanden. Adolf Hitler hat daraufhin persönlich durchgegriffen, die<br />
Führer verhaftet und erschießen lassen. Auch Schleicher ist mit seiner Frau, weil er Widerstand<br />
entgegensetzte, bei der Verhaftung erschossen worden. ( Röhm- Putsch 30.06.34 )<br />
Die Schulchronik fährt fort :<br />
Das Jahr 1935<br />
März 1935 Nach dem glänzenden Siege vom 13.1.35. bei dem sich über 90 % der abgegebenen<br />
Stimmen für Deutschland entschied, ist die Saar am 1.3.35 nun endgültig ins 3. Reich<br />
heimgekehrt. ( Das Saargebiet war seit 1920 in treuhänderischer Verwaltung des Völkerbundes, am<br />
13.1. 35 fand eine Volksabstimmung statt) der Führer selbst hat sie in einer Kundgebung in<br />
Saarbrücken heimgeholt. Auch wir haben eine schlichte Abendfeier an diesem Tage an unserer<br />
Hitlereiche veranstaltet. Es war schulfrei.<br />
Mein Schwager, von dessen tragischen Motorradunfall ich bereits im Vorfahr berichtete, ist<br />
ganz schnell zur großen Armee eingegangen. Er sah schon in der letzten Zeit recht schlecht<br />
aus, hatte sich aber wieder soweit herausgemacht, daß er wieder im elterlichen Betrieb mitarbeiten<br />
konnte. Am Sonntag den 27. Januar legte er sich plötzlich, dabei hatte er heftiges<br />
Erbrechen. Der Doktor Dr. Nauke, Roitzsch, glaubte eine starke Grippe, die in diesem Jahre<br />
wieder ziemlich heftig auftrat, zu erkennen. Immer wieder brach er und konnte außer<br />
schwarzem Tee nicht bei sich behalten. Als am Freitag den 1.2.35 heftige Schmerzen im<br />
Bein auftraten (wahrscheinlich Trombose) , ordnete Dr. Schwarzenbeck sofortige Überführung<br />
ins Krankenhaus an. Um ½ 5 Uhr nachmittags ist er mit meinem älteren Schwager im<br />
St. Elisabethkrankenhaus in Halle eingetroffen., dort glaubte man, dass es eine Gehirnsache<br />
sein. Um 11 Uhr abend desselben Tages ist er dann eingeschlafen. Die Sezierung hat nach<br />
Angaben der Ärzte nichts am Gehirn ergeben, vielmehr ist als Todesursache auf dem Sterbeschein<br />
: Nebennierenathrozie (muß wahrscheinlich Nebennierenatrophie heißen ). ( Schwund<br />
der Nebennierendrüse) angegeben. Und so kehrte unser Willy , der im ganzen Dorf beliebt<br />
war, tot heim nach <strong>Zaasch</strong>, in seinen Geburtsort, in den Ort, da meine Schwiegereltern bereits,<br />
das ehemalige Stallbaum`sche später Teutschbein`sche Gut für ihn gekauft hatten.<br />
Es war eine Begräbnis am 5.3. 35, wie es vordem in <strong>Zaasch</strong> nur beim Tode von Willys<br />
Schwester gewesen ist, meiner Schwägerin ,die auf so tragische Weise ums Leben kam,<br />
und deren Begräbnis mein Vorgänger ebenfalls in diesem Buche beschrieben hat. An Willys<br />
in dem Kutschenschuppen aufgebahrter Leiche standen ab morgens je 2 Mann der Bitterfelder<br />
SS- Reiterstaffel Wache. Unter Trauermusik wurde er von den Arbeiters meines<br />
Schwiegervaters im Wechsel mit der SS zu Grabe getragen. Zahlreiche Verwandte als Leidtragende<br />
gaben ihm neben SS, PO, SA Feuerwehr u.a. das Geleit. Koll. Frase aus Zschernitz,<br />
vertrat mich in der Leitung des Kindergesanges und bei der Trauerfeier in der Kirche an<br />
der Orgel. Riesige Blumenspenden schmücken noch heute am 22.3.35 einen Tag nach seinem<br />
Geburtstag ( er wäre jetzt 22 Jahre) sein Grab. Ehre seinem Andenken ! –<br />
Ostern verließen 6 Knaben und 9 Mädchen die Schule. neu aufgenommen wurden am<br />
1.4.35 3 Mädchen und 6 Knaben. Bestand am 1.4.35 65 Kinder.<br />
Gedacht sei auch an dieser Stelle der Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht durch<br />
unseren Führer und Reichskanzler am 16.3.35, durch die alle jungen, gesunden Deutschen<br />
wieder die Ehre und Gelegenheit haben sollen, ihrem Vaterland zu dienen.<br />
41
Zur Beerdigung der durch Reinsdorfer Unglück ums Leben gekommenen Volksgenossen<br />
waren auch 2 <strong>Zaasch</strong>er SA- Männer mit.<br />
Anfang Juli hat sich die Schülerzahl durch Zuzug wieder auf 67 erhöht. Anfang des Schuljahre<br />
hatten wir Gelegenheit, zum ersten mal einen Film in der Schule laufen zu lassen. Alle<br />
Schulen sollen ja im laufe der jahre mit einem Filmapparat ausgerüstet werden, wofür jedes<br />
Kind (Familien haben Ermäßigung) vierteljährlich 20 Pfg. zahlt.<br />
In der Kreiszeitung stand (Datum nicht überliefert) folgender Artikel<br />
„Hitler- Eichen werden gepflanzt „<br />
<strong>Zaasch</strong> /Serbitz. Der Luthertag wurde in der Kirchengemeinde <strong>Zaasch</strong>- Serbitz durch verschiedene<br />
Veranstaltungen festlich begangen. Im Gottesdienst, der eine zahlreiche Gemeinde<br />
versammelt hatte, hielt Pfarrer Schräpler eine eindrucksvolle Predigt über die Bedeutung<br />
Luthers in seiner Stellung zu den wichtigsten Lebensfragen aller Zeiten. Der Sologesang des<br />
Lehrers Schröder bildete eine würdige Ergänzung der erhebenden Feierstunde in der Kirche.<br />
Eine besondere Note erhielt der Tag durch die Weihe nach Pflanzung zweier Hitlereichen in<br />
<strong>Zaasch</strong> und Serbitz. Die Vereine der beiden Ortschaften, die SA-Formationen, auch aus der<br />
Umgebung, die Hitlerjugend und verschiedene andere Organisationen beteiligten sich zahlreich<br />
an der Feier, die nach einem Umzug und Kranzniederlegung am Gefallenendenkmal an<br />
der neu gepflanzten Hitlereichen ihre Fortsetzung fand. Lehrer Sünderhauf begrüßte die<br />
Festversammlung und wies auf die Bedeutung des Tages hin, der zur Sammlung der Gemeinde<br />
rufe und treue Gefolgschaft unserem jetzigen großen Führer Adolf Hitler zum sichtbaren<br />
Ausdruck bringen will. Pfarrer Schräpler hielt die Weiherede, worauf der Gemeindevorsteher<br />
Bley die Eiche im Namen der Gemeinde übernahm und den sichernden Schutz<br />
versprach. ( Diese Hitlereiche stand nach Aussagen älterer Bürger von <strong>Zaasch</strong> vor den jetzigen<br />
Grundstücken Roitzscher Str. Nr. 17 und Zschernitzer Weg Nr.1. Die Roitzscher Straße und der<br />
Zschernitzer Weg waren damals, bis auf wenige Ausnahmen noch nicht mit Wohnhäusern bebaut ).<br />
In ähnlicher Form vollzog sich dann nach dem gemeinsamen Umzug nach Serbitz auch dort<br />
die Weihestunde bei der Pflanzung der Hitlereiche. Hier hatte Lehrer Keindorff die umfassendsten<br />
Vorbereitungen zum würdigen Empfang der Gäste getroffen und einen Tag vorbereitet,<br />
wie ihn Serbitz wohl noch nicht erlebt hat. Gleichzeitig wurde hier die Feier dadurch<br />
erweitert, daß ein Denkstein zum Andenken an die Gefallenen des Weltkrieges eingeweiht<br />
wurde. Der Dorfplatz hat so durch die sinnige Verbindung von Denkstein und Hitlereiche ein<br />
würdiges Aussehen gefunden. Nach einer Ansprache des Lehrers Keindorff und der Weiherede<br />
des Pfarrers Schräpler übernahm Gemeindevorsteher Poche mit Dankesworten an alle<br />
Beteiligten die Eiche und den Denkstein in den Schutz der Gemeinde und versicherte im<br />
Namen der Gemeinde vaterländische Liebe und Treue im Reiche Adolf Hitlers. In beiden<br />
Orten bildeten Chorgesänge und Deklamationen der Schulkinder eine schöne Ergänzung<br />
des Programms. Der Festtag fand seinen Ausklang in einer gemeinsamen Abendveranstaltung<br />
im Gasthof zu <strong>Zaasch</strong>, in der neben zusammenfassenden Ansprachen noch einige patriotische<br />
Aufführungen und Konzert der Wächterschen Kapelle zur Unterhaltung geboten<br />
wurden. Mit den verschiedenen vaterländischen und kirchlichen Darbietungen und Anregungen<br />
wird dieser erhebende Feiertag gewiß allen Teilnehmern in unvergeßlicher Erinnerung<br />
bleiben.<br />
Weiter im Text der <strong>Chronik</strong> :<br />
Im Juli wurde unsere Hitlereiche umgebrochen. Die Täter hat die Polizei nicht ermitteln können,<br />
die sind vermutlich außerhalb zu suchen. Die umgebrochene Eiche ist hoch gebunden<br />
worden und grünt wieder, soll aber wahrscheinlich doch im Herbst durch eine neue ersetzt<br />
werden.<br />
Die große Trockenheit, die auch in diesem Jahr wie im vorigen fast zu einer ebensolchen<br />
Gefahr für die Ernte geworden war, ist endlich am 13.+ 14. August durch einen ergiebigen<br />
42
Regen unterbrochen worden; die Getreideernte ist ja schon seit fast 14 tagen unter Dach<br />
und Fach, für die Kartoffeln, Rüben, das Futter und die weitere Feldarbeit ist der Regen aber<br />
von großem Nutzen gewesen.<br />
Die diesjährigen Jugendwettkämpfe fanden unter Führung durch die HJ (Hitlerjugend) statt.<br />
Wir hatten durchgesetzt, daß unsere Schulen wie immer zusammen bleiben konnten, nur<br />
Rödgen bei Delitzsch. trat hinzu. Die Wettkämpfe fanden diesmal in Pohritzsch statt. Die HJ<br />
trat jungenschaftsweise an, jeder galt außerdem als Einzelkämpfer. Alle , die dem DJ und<br />
dem BDJM nicht angehörten, galten nur als Einzelkämpfer. Die Punktwertung wurde nach<br />
vorgedrucktem Muster vorgenommen. Die Jungenschaft siegten in folgender Reihenfolge :<br />
1. Weddigen (Serbitz u. Doberstau, da einzeln zu schwach) 2062 Punkte Durchschnitt also<br />
206,2 Punkte<br />
2. <strong>Zaasch</strong> 1992 Punkte, Durchschnitt also 199,2 Punkte<br />
3. Zschernitz 1935 Punkte Durchschnitt also 193,5 Punkte<br />
4. Pohritzsch 1918 Punkte Durchschnitt also 191,8 Punkte<br />
5. Rödgen 1842 Punkte Durchschnitt also 184,2 Punkte<br />
Wer mehr als 180 Punkte hatte, war Einzelsieger. <strong>Zaasch</strong> konnte 16 Einzelsieger stellen,<br />
darunter Marta Uebe mit der höchsten Punktzahl des Tages mit 292 Pkt. 28 Kinder nahmen<br />
teil. Wir können also zufrieden sein mit dem Erreichten. Hoffentlich schneiden wir immer so<br />
ab.<br />
Vor Beginn der Sommerferien unternahmen wir in der letzten Schulwoche 2 Reisen. Die Oberstufe<br />
fuhr mit Seiferts Expreß nach Wörlitz und Dessau, die Unter- und Mittelstufe mit der<br />
Bahn nach Halle in den Zoo und zur Saale.<br />
Am 1.11.35 habe ich nach dreijährigem Kursusbesuch meine Werklehrerprüfung in Halle<br />
/Saale abgelegt<br />
Das Jahr 1936<br />
Paul Gräfe sen. übernimmt die ehemalige Schlosserei von Völkner die links am Ortseingang<br />
von Delitzsch kommend, stand . Heute wird dieses Gelände nach dem Abbruch des Werkstattgebäudes<br />
vom Verein der Vogelliebhaber als Auslauf für die Tiere genutzt. Da ihm diese<br />
Werkstatt zu klein war, baut sich Meister Gräfe eine neue, größere Werkstatt an der Stelle<br />
wo sie heute noch zu finden ist. (Roitzscher Str. 13)<br />
In der Schulchronik ist zu lesen :<br />
5.1.1936 Die hiesige Schule wird jetzt von 67 Kindern, 34 Knaben und 33 Mädchen besucht.<br />
Beginn des Schuljahres 15.4.1936 mit 29 Jungen und 33 Mädchen (1 Mädchen war zurückgestellt<br />
worden 1 Junge ist von Halle zugezogen.<br />
Olympia 1936<br />
Die große Olympiade 1936 in Berlin ist vorüber. Sie hat Deutschland einen Welterfolg gebracht.<br />
Nicht nur ,daß wir bei den olympischen Sommerspielen die meisten Goldmedaillen<br />
erringen konnten, sondern auch weil die Welt wochenlang nach Deutschland sah, weil Berlin<br />
wieder einmal der Mittelpunkt der Welt war, weil so viele Ausländer das neue Deutschland in<br />
„Wirklichkeit“ sahen, so daß sie nun draußen den Lügenmeldungen der Emigranten entgegentreten<br />
konnten. Unser Führer hat durch seine überaus rege Anteilnahme manchen Sturm<br />
der Begeisterung ausgelöst. Bei einer zufälligen Fahrt vom Anhalter zum Stettiner Bahnhof<br />
hatte ich mit meiner Familie Gelegenheit, einen kurzen Blick vom Omnibus aus auf die geschmückten<br />
Straßen unserer Reichshauptstadt zu werfen. Vor allem die Straße unter den<br />
Linden prangte da in festlichem Kleide.<br />
43
Ein Artikel aus der Zeitung (Ohne Datum ) berichtet über ein Problem welches offensichtlich<br />
immer wieder bis heute auftritt.<br />
„Umleitungsstraße überbeansprucht“<br />
<strong>Zaasch</strong>. Der Zustand unserer Verbindungsstraße zur Kreisstadt Delitzsch, die schon seit<br />
längerer Zeit die Umleitung (oder wenigstens eine Teil davon ) der Straße Delitzsch - Bitterfeld<br />
zu tragen hat, ist durch den starken Verkehr sehr schlecht geworden. Als noch der ganze<br />
Umleitungsverkehr auf ihr ruhte, ergab eine Zählung : 212 Lastautos, 233 Personenautos,<br />
84 Motorräder und 87 Fuhrwerke, das sind 616 Fahrzeuge, außer Fahrrädern u.a. in 24<br />
Stunden. Alle Straßenbenutzer hoffen, daß der Kreis, in dessen Besitz der Straßenzug Delitzsch-<br />
Storkwitz- <strong>Zaasch</strong>- Roitzsch übergegangen ist, noch vor Eintritt schlechten Herbstwetters<br />
wenigstens an den mit Schlaglöchern übersäten Teilen Abhilfe schafft<br />
(Ende des Zeitungsartikels).<br />
Die Schulchronik berichtet für dieses Jahr:<br />
Dass Jahr 1937<br />
30.1.1937 : Heute haben wir die neue Fahne zum ersten Mal gehißt. Gleichzeitig haben wir<br />
das HJ- Heim im Gemeindehaus eingeweiht. Es ist die durch den Tod der Frau Schnützel,<br />
der letzten Bewohnerin, leer gewordene Stube, die die Gemeinde für die HJ mit Möbeln ausgestattet<br />
hat. Herr Bley hat mir die Schlüssel übergeben, weil ich das Heim verwalten sollte.<br />
(Es ist nichts daraus geworden)<br />
19.März 37 : Die Schule verließen heute 6 Jungen und 3 Mädchen.<br />
7.4.37 Aufgenommen wurden heute 3 Jungen, 7 Mädchen. Eine Familie mit 3 Kindern (2<br />
Mädchen, 1 Junge ) war zugezogen, so daß die Schule z.Z. wieder von 64 Kindern besucht<br />
wird (26 Jungen, 38 Mädchen)<br />
Vom 10.5.- 13. 7. 37 bin ich wieder zu einer militärischen Übung (Unterführer- Lehrgang)<br />
einberufen worden und zwar zum E. Bat. beim Inf. Reg. 35 in Weißenfels. Ich habe dem<br />
Herrn Schulrat als Vertreter vorgeschlagen :<br />
• Vom 10.5. – 12.6. Kollege Keindorff- Serbitz<br />
• Vom 14 6. – 30.6. Kollege Teiner- Zschernitz<br />
• Vom 1.7.- 13.7. Koll. Groß – Rödgen<br />
Die Vertretung ist in der vorliegenden Art genehmigt und durchgeführt worden. Ich habe am<br />
14.7. meinen Dienst wieder aufgenommen, nachdem ich am 13.7. 37 in Weißenfels als Gefreiter<br />
d. Res. und Uffz.- Anwärter d. Res. entlassen worden bin.<br />
Ein Kind ( Gertrud Schleichert ) ist inzwischen zugezogen. 3 Kinder (Fam. Richter ) verlassen<br />
unsere Schule am 15.7.37 und ziehen nach Hayna.<br />
Ein gewaltiges Ereignis für Deutschland und die ganze Welt war der Besuch des italienischen<br />
Ministerpräsidenten und faschistischen Duce Mussolini in Deutschland beim Führer<br />
Adolf Hitler. Der Gast nahm an Manövern teil, wurde in Berlin und überall festlich empfangen<br />
und besichtigte u.a. die Kruppwerke in Essen. Als er heim fuhr, war ich mit meinem Schwiegervater<br />
und meinem Mädel zufällig in Roitzsch. Wir sahen den Sonderzug, konnten Mussolini<br />
jedoch nur von hinten sehen, wenn er es überhaupt war.<br />
Das Jahr 1938<br />
12.03. Anschluß Österreichs an das deutsche Reich.<br />
44
26.05. In Fallersleben wird mit dem Bau des Volkswagenwerkes begonnen. Hier sollen<br />
PKW gebaut werden, die unter 1000 RM kosten sollten .<br />
01.10. Die deutsche Wehrmacht rückt in das Sudetenland, ein Gebiet welches zu dieser<br />
Zeit Teil der Tschechischen Republik war, ein.<br />
09.11 u.10.11. findet sie sogenannte „Reichskristallnacht“ in ganz Deutschland statt. Es<br />
war dies ein organisierter Progrom gegen die jüdische deutsche Bevölkerung. Auch<br />
in Delitzsch werden die Geschäfte jüdischer Kaufleute geplündert und zerstört. Auf<br />
dem jüdischen Friedhof in Delitzsch wird die Kapelle durch aufgeputschte Jugendliche<br />
zerstört. Aus <strong>Zaasch</strong> liegen keine Meldungen vor.<br />
Im Dezember wird in einem Erlass an die Polizeidienststellen verfügt, dass beim Skat alle<br />
„Verdopplungen“ wie contra , re, recontra, usw. verboten sind.<br />
In der „Delitzscher Zeitung“ erscheint wöchentlich eine Seite „Judenspiegel“. Dort werden<br />
die jüdischen Mitbürger auf Weisung des Reichsführers SS heftig angegriffen und verunglimpft.<br />
In der Schulchronik berichtet Lehrer Sünderhauf weiter :<br />
Das Schuljahr schloß am 1.4.38. Es wurden am 30.3.38 entlassen : 5 Mädchen, 4 Jungen.<br />
Gewaltig waren die Ereignisse des März. Unser Führer hatte den Bundeskanzler Österreichs,<br />
Schuschnigg, zu sich bestellt, um sich mit ihm über Österreichs deutsche Politik auszusprechen.<br />
Schuschnigg sicherte ehrliche Verständigung zu, brach aber bald die Zusicherungen.<br />
Als er endlich gehen mußte, rief der neue Kanzler Dr. Says- Inquart, sofort den Führer<br />
und deutsche Soldaten zu Hilfe, und endlich ging des Führers Herzenswunsch in Erfüllung:<br />
Am 13.März 38 holte der Führer sein Heimatland, die deutsche Ostmark, heim. Großdeutschland<br />
entstand.<br />
Am 10.4.38 stimmte das nun fast 75 Millionen zählende Volk der Deutschen in einer gewaltigen<br />
Volksabstimmung mit über 99 % dem vollzogenen Ereignis zu. Das waren Deutschlands<br />
größten und schönsten Stunden !!<br />
In <strong>Zaasch</strong> stimmte nur einer mit „Nein“<br />
Das Schuljahr 1938 /39 begann am 20.4.38, dem Führergeburtstag, mit 64 Kindern.<br />
Unsere Kirche wird jetzt einer gründlichen Ausbesserung unterzogen. Nachdem sie vor 3<br />
Jahren außen wieder neu ausgefugt wurde, ist man jetzt an das Innere gegangen. Am<br />
Pfingstdienstag kamen Maler und Maurer und verwandelten den Innenraum in eine Baubude.<br />
Es wurde zunächst alles abgewaschen. Die Maurer bauten ein großes Gerüst, so daß<br />
man überall bequem an die Decke konnte. Wir haben die Sache auch ausgenützt und sind<br />
auf dem Boden über dem Altarraum gewesen, der sonst nicht zugänglich ist. Er ist völlig leer.<br />
Oben waren der Zimmermann Richard Nicklisch und ich. Ich werde nochmals über die Kirchenerneuerung<br />
schreiben.<br />
Am 20.6. 38 waren wir mit 42 Kindern und 20 Erwachsenen auf Fahrt. Mit zwei Omnibussen<br />
ging es nach Naumburg.<br />
Es folgt ein Bericht über diesen Ausflug<br />
25.6.38 : Durch Wegzug zählt die Schule z.Z. 58 Kinder.<br />
8.9.38 Seit Wochen herrscht eine starke Hitze. Das Thermometer steigt täglich auf 30-35<br />
Grad C im Schatten. Regen fehlt ganz, so daß sich die Getreideernte, die übrigens<br />
gut zu werden verspricht, auf ganz kurze Zeit zusammendrängt. Selbst die größeren<br />
Güter haben bereits den Hafer eingefahren. Und bergen nun den letzten Weizen.<br />
45
Es folgt ein Bericht des Lehrers über eine gemeinsame Urlaubsreise mit der Familie Keindorff<br />
nach Österreich, der für die <strong>Chronik</strong> bedeutungslos ist.<br />
Im übrigen sei noch bemerkt, daß unsere Schulstube im Inneren neu gestrichen wurde von<br />
Malermeister Peger, Roitzsch.<br />
21.8.38 Nach Vollendung der Erneuerungsarbeiten ist die Kirche am 21.8. 38 feierlich eingeweiht<br />
worden. Es ist viel in der Kirche getan worden. Die Decke ist völlig neu gemalt,<br />
jedes der 99 Felder ist anders gestaltet, Das Gestühl und Emporen sind ebenfalls<br />
neu gestrichen, und zwar das Gestühl braun, die Emporen grau, während vorher<br />
alles kirschbaumbräunlich war. Das war auch mit der Altarwand der Fall, die<br />
jetzt grau und über dem Altar rötlich ist. Der alte , wertvolle Bilderaltar steht jetzt<br />
wieder richtig herum, nachdem ein Unterbau aus Steinen darunter gemauert wurde.<br />
Der Altar über der Kanzel ist auch neu gemalt. Über ihm ist jetzt ein Kruzifix, rechts<br />
und links stehen die ebenfalls erneuerten Figuren der Maria und des Johannes, die<br />
vordem mit dem erwähnten Kruzifix auf dem Bilderaltar nutzlos herumstanden . Die<br />
Orgel hat wieder neue Prospektpfeifen erhalten, nachdem die aus dem Weltkrieg<br />
stammenden Papp- Pfeifen verschwunden sind, die nur das häßliche Loch verdecken<br />
sollten.<br />
Bei der Einweihung sang der <strong>Zaasch</strong>er Männergesangverein, Pohritzscher Jugendliche<br />
spielten ein Stück vom Kornbauern, Superintendent Petersell ließ es sich nicht nehmen,<br />
auch zu reden . Wir jungen Menschen verstehen seine Sprache nicht mehr., wir stehen mit<br />
beiden Beinen im Kampf (darüber geschrieben : Leben). Unser junger Pfarrer Sommer<br />
sprach natürlich auch.<br />
Am 11.Oktober 1938 starb wieder ein naher Bekannter von uns, Bruno Winter, ein Onkel<br />
meiner Frau. Mit ihm ist ein Mann dahingegangen, der sich große Verdienste um das Leben<br />
der <strong>Zaasch</strong>er erworben hatte. Als Kameradschaftsführer der Kriegerkameradschaft <strong>Zaasch</strong>-<br />
Serbitz ist er auch der Schöpfer des <strong>Zaasch</strong>er Kriegerdenkmals, für dessen Bau er sich tatkräftig<br />
eingesetzt hat. Als langjähriges Mitglied des Gemeinderates war er in der Systemzeit<br />
der einzige nationale Mann, der den Roten standhaft entgegentrat. Als kirchenfreundlicher<br />
Mann und Mitglied des Gemeindekirchenrates ist er auch lebhaft für die Interessen der Kirchengemeinde<br />
eingetreten.<br />
Trennung von Kirche und Schule,<br />
Durch Verordnung des Reichsministers für Kunst, Erziehung und Volksbildung ist überall ab<br />
1.10.1938 die Trennung von Kirche und Schule ausgesprochen. Wir müssen nun auch bei<br />
uns sehen, wie wir auseinanderkommen.<br />
Sudetenland kehrt heim<br />
Beinahe wäre der Herbst des Jahres 1938 dem vom Jahre 1914 ähnlich geworden. Doch an<br />
der Spitze unseres Reiches steht ja Adolf Hitler, und der ist ein bessere Diplomat als alle. Er<br />
will den Frieden erhalten. Und doch kam´s zum Kriege.<br />
Das Jahr 1939<br />
25.03. Die Hitlerjugend (HJ), bisher eine reine Parteijugendorganisation wird zur Staatsjugend<br />
erklärt. Damit sind alle Jugendlichen im Alter von 10 -18 Jahren dienstverpflichtet.<br />
Alle anderen Jugendorganisationen sind somit ausgeschaltet.<br />
01.09. Deutschland überfällt Polen und löst damit den II. Weltkrieg aus.<br />
46
In den Zeitungen, so z.B. in der „Delitzscher Zeitung“ einem Tageblatt, das nach eigenen<br />
Angaben als „Nachrichtenblatt und Anzeiger für die Kreise Delitzsch und BItterfeld, gleichzeitig<br />
als Verordnungsblatt für verschiedene Behörden“ fungiert, wird eine groß angelegte Hetzkampagne<br />
gegen die polnische Regierung und die Polen allgemein gestartet. Am 9./10<br />
Sept. wird vom „polnischen Untermenschentum“ berichtet. Die Verteidiger Polens werden „<br />
auf die tiefste Stufe menschlicher Verkommenheit“ gestellt.. Gleichzeitig wird auch der Hass<br />
zwischen Polen und der Sowjetunion geschürt. Ständig erscheinen in diesen Tagen auch<br />
Nachrichten über Untaten und Verbrechen durch Engländer. Großbritannien wird als „Seeräuberstaat“<br />
bezeichnet. Im Zusammenhang mit angeblichen Mißhandlungen Deutscher<br />
durch Polen wird folgendes am 20.Sept. gefragt :<br />
„Konnte eine Großmacht wie Deutschland auf die Dauer zusehen, wie ein tief unter ihm stehendes<br />
Volk und tief unter ihm stehender Staat, Deutsche mißhandelt“<br />
17.09. Die Sowjetunion greift Polen vom Osten an. In der o. g. Zeitung wird das Eingreifen<br />
der Sowjetarmee positiv beurteilt.<br />
28.09. Polen kapituliert.<br />
08.11. In München mißglückt eine Attentat auf Hitler.<br />
Im September wird in Beerendorf eine Schweinemästerei eingerichtet. Damit sollte die immer<br />
schwieriger werdende Versorgungslage verbessert werden. In Delitzsch wird das Sammeln<br />
von Küchen- und Nahrungsmittelabfällen zur Pflicht aller Haushalte. Eine ähnliche Aktion<br />
wird später in der DDR unter dem Namen „Specki - Tonne“ aus den gleichen Gründen wieder<br />
aufleben.<br />
Wie die große Politik aus der Sicht des <strong>Zaasch</strong>er Lehrers Sünderhauf aussieht kann man in<br />
seiner <strong>Chronik</strong> lesen :<br />
1939, am 26.8. früh ½ 3 Uhr holte man mich heraus, es ging nochmals ins Bett, ohne natürlich<br />
nochmals schlafen zu können. Von früheren Übungen her wußte ich, was mitzunehmen<br />
war. Und so ging das Packen schnell. Bedauerlich war, daß ich um 12 Uhr in Eilenburg in<br />
der Kaserne sein mußte, denn um 14 Uhr hatte mein Schwager in Delitzsch Trauung . Doch<br />
das ging nicht anders. Meine Frau mußte übrigens am nächsten Tage , also am Sonntag den<br />
27.8. für einige Tage ins Krankenhaus, sie hatte im Juli zuvor eine Fehlgeburt gehabt. Von<br />
Eilenburg aus kamen wir nach einigen Tagen nach Josefstadt (Josefov) ins Protektorat. Dort<br />
wurden wir nochmals schwer geschliffen und zusammengeschweißt. Ich war als Unteroffizier<br />
eingetreten und mußte nach kurzer Zeit als Geräteunteroffizier und Gasschutzunteroffizier<br />
das gesamte Gerät der Maschinengewehrkompanie verwalten. Das war am Anfang keine<br />
leichte Aufgabe; wir hatten zum erstenmal das neue MG 34 als S-MG (schweres Maschinengewehr<br />
). Im November kamen wir wieder per Bahn nach Westfalen. Wir lagen in Horn i.<br />
W. einem Ort von etwa 800 Einwohnern, zwischen Lippstadt und Soest bei Erwitte. Es wurde<br />
einer der härtesten und dabei längsten Winter, die über Deutschland gingen. Temperaturen<br />
unter 20 Grad Kälte waren wochenlang keine Seltenheit. Anfang Februar mußte ich einige<br />
Tage im Bett liegen, einer Nierensteinkolik wegen. Dabei gab es unheimlich viel Schnee. Der<br />
Arzt konnte nur zu Pferde von Ort zu Ort kommen, so mußte auch Post und Befehle zum<br />
Stand des etwa 10 km entfernten Batallions vermittelt werden.<br />
Inzwischen war der sogenannte „Blitzkrieg“ mit Polen in unvorstellbarer Zeit erledigt worden.<br />
In 18 Tagen war Polen von unseren siegreichen Soldaten zu Boden geworfen worden. Nach<br />
Berlin sind die Polen marschiert, jawohl, aber nur als Gefangene. Als sich Warschau nicht<br />
ergeben wollte, mußte es unsere schwere Artillerie und unser herrliche Luftwaffe kennenlernen.<br />
Es wurde teilweise arg zerstört und mußte sich dann doch ergeben. Was keiner geglaubt<br />
hatte, war eingetreten: Der Führer hatte sich vorher mit Rußland verständigt. Es blieb<br />
neutral. Ja , es marschierte auf der anderen Seite in Polen ein. Eine Demarkationslinie wurde<br />
vereinbart und schließlich eine endgültige Interessengrenze zwischen uns und Rußland<br />
festgelegt. Polen war verschwunden, aufgeteilt, das General- Gouvernement war entstanden.<br />
Ehemals deutsche Gebiete waren wieder Gaue unseres Vaterlandes geworden. So z.B.<br />
47
entstand der Warthegau. Das alte Lodz bekam den deutschen Namen Litzmannstadt. Damit<br />
war die Gefahr eines Zweifrontenkrieges behoben. England und Frankreich, als Kriegstreiber,<br />
die uns den Krieg erklärt hatten, konnten und sollten Deutschlands gesamte und gesammelte<br />
Kraft kennenlernen.<br />
Und die Schule ? – Hatte ich vom 21.- 25. 8 in Serbitz vertreten, so sind beide Schulen am<br />
26.8 zunächst geschlossen worden. Später hat dann Kamerad Gros aus Rödgen wöchentlich<br />
3 x in <strong>Zaasch</strong> vertreten. Im kalten Winter war eine Zeitlang geschlossen, damit Kohlen<br />
gespart wurden. Im März ist Kam. Keindorff nach seiner Teilnahme am Polenfeldzug entlassen<br />
worden. Er kam täglich herüber und unterrichtete die Unterstufe. Die Oberstufe mußte<br />
ab Ostern nach Schenkenberg. Kam. Franke hat sie dort unterrichtet..<br />
Ostern sind 2 Knaben und 2 Mädchen entlassen worden.<br />
Das Jahr 1940<br />
09.04. Deutschland erklärt Dänemark und Norwegen den Krieg.<br />
01.04. In Deutschland wird die Sommerzeit eingeführt, um das Tageslicht besser ausnützen<br />
und damit elektrische Energie sparen zu können. Diese Maßnahme ist nicht<br />
neu ,sondern sie war bereits im I. Weltkrieg schon einmal eingeführt worden.<br />
10.04. Deutschland überfällt Belgien, die Niederlande, Luxemburg und Frankreich. Alle<br />
diese Staaten kapitulieren nach wenigen Wochen<br />
22.06. kommt es zum Waffenstillstand mit Frankreich. Nach diesen Siegen der deutschen<br />
Wehrmacht, die mit relativ geringen Verlusten errungen werden konnten, breitete<br />
sich in ganz Deutschland eine von offizieller Seite geschürte Siegeseuphorie aus.<br />
27.09. kommt es zum „Drei Mächte- Pakt“ zwischen Deutschland, Italien und Japan.<br />
Lehrer Sünderhauf schreibt dazu aus eigenem Erleben Folgendes:<br />
Unser Regiment wurde am 13.2.40, gerade zu meinem Geburtstage, in Richtung Westen in<br />
Marsch gesetzt. Der Feind droht mit einem Angriff durch Holland und Belgien ins Ruhrgebiet.<br />
Da mußten wir schützend bereitstehen. Ich hatte gebeten, mich weder direkt in der Front zu<br />
verwenden. Der neue Chef erfüllte meine Bitte. Nachdem ich meinen Nachfolger eingearbeitet<br />
hatte, bekam ich einen Halbzug, 2 s –MG. Ich wurde beritten, d.h. ich mußte reiten lernen.<br />
Das macht Spaß, wenn es mit 35 Jahren auch nicht mehr ganz leicht war Wir marschierten<br />
bis nach Wesel, der Stadt in der die 11 Schillschen Offiziere erschossen worden<br />
waren. In Lackhausen bei Wesel kamen wir wieder in Quartiere. Unser Zug lag in der dortigen<br />
Schule. Wir Chergierten (muß wahrscheinlich Chargierten heißen) hatten Privatquartiere.<br />
Noch immer war es an der eigentlichen Front ruhig. Ab und zu flog ein Engländer in großer<br />
Höhe irgendwo über die Grenze. Da wollte England einen neuen Schlag tun. Er wollte Norwegen<br />
besetzen, um Deutschland von dort aus besser angreifen und es auch besser blockieren<br />
zu können. Auch hier kam der Führer eher, kam er ihnen zuvor. Am 9.4. 40 begann<br />
die große Aktion des Heeres, der Kriegsmarine und Luftwaffe. Dänemark und Norwegen<br />
wurden besetzt. Dänemark ohne Widerstand, Norwegen nach teilweise heißen Kämpfen.<br />
Der Engländer war an 2 Stellen gelandet. Er wurde geschlagen, mußte sich „siegreich“<br />
.zurückziehen, wie er es nannte. Am nördlichsten Punkt, in Narvik, dem Endpunkt der berühmten<br />
Erzbahn aus Schweden, setzte er stärkste Schiffseinheiten ein. Wir hatten nur Zerstörer<br />
und leichtere Einheiten dort. Sie verteidigten sich heldenmütig, ließen sich nicht gefangennehmen,<br />
und schließlich mußte der Engländer auch hier fliehen, nachdem er wertvolle<br />
Schiffseinheiten eingebüßt hatte.<br />
Dann aber begann der entscheidendste Teil des Krieges, der Angriff im Westen.<br />
48
Am 10.Mai trat das deutsche Westheer zum Angriff an. Gigantisch war der Plan des Führers!<br />
Es war bekannt geworden und zu erkennen, daß Holland und Belgien im Bunde mit unseren<br />
westlichen Feinden waren. Sie hatten Verteidigungsmaßnahmen nur gegen Deutschland<br />
getroffen Ihre Generalstäbe arbeiteten mit dem Gegner zusammen. Da brach der deutsche<br />
Sturm los ! Überraschend setzte sich das Westheer in Bewegung. In wenigen Tagen beherrschte<br />
die deutsche Luftflotte den gesamten Luftraum über dem Operationsgebiet. Motorisierte<br />
Truppen, allen voran unsre Panzer, stießen weit in Feindesland hinein. Luftlandetruppen,<br />
an ihrer Spitze Fallschirmjäger, landeten im Rücken des Feindes, mitten in der „Festung<br />
Holland“, besetzten Brücken und wichtige Punkte. Es schien die Wiederholung des<br />
Schlieffenplanes zu sein, aber es schien nur so. In Wahrheit hatte der linke Flügel der Angriffsarmee<br />
die Stärke. Er spaltete das feindliche Heer. Im Norden waren die besten Truppen<br />
des Feindes, vor allem seine schnellen Verbände, abgeschnitten. vom Süden. Die Maginot-<br />
Linie wurde in der Verlängerung durchbrochen, die Kanalküste erreicht, große Truppenmassen<br />
in Flandern und in Artois eingeschlossen und vernichtet.<br />
Dabei durfte auch ich mit helfen. Davon im nächsten Bande der Schulchronik.<br />
Dieser nächste Band der Schulchronik ist nicht mehr vorhanden, wenn er denn überhaupt<br />
existiert hat.<br />
Das Jahr 1941<br />
22.06. Deutschland erklärt der Sowjetunion den Krieg, obwohl zwischen beiden Staaten<br />
ein „Nichtangriffspakt“ bestand<br />
11.12. Deutschland erklärt den Vereinigten Staaten von Amerika den Krieg.<br />
Es kommt zur Bildung der sog. Antihitlerkoalition durch die USA, die Sowjetunion und Großbritannien..<br />
Ab diesem Jahr endet das Schuljahr in Deutschland nicht mehr zu Ostern, sondern im Juli<br />
eines jeden Jahres.<br />
Das Jahr 1942<br />
Durch den Landrat wird angeordnet, dass alle Rodelschlitten, in privatem Besitz ,in Geschäften<br />
und Stellmachereien sofort abzuliefern sind. Die Schlitten sind mit der Anschrift des Besitzers<br />
sicher zu versehen und bei der Wehrmacht abzuliefern. Damit sollte die Ostfront versorgt<br />
werden.<br />
Wie begeistert die Bevölkerung damals hinter ihrer Wehrmacht stand, sollen folgende Zahlen<br />
zeigen. Im Rahmen einer Wintersachensammlung wurden im Kreisgebiet<br />
3.945 Wollwesten, Wollunterjacken und Pullover<br />
164 Pelzjacken und Pelzwesten<br />
1.249 Wolldecken<br />
308 Pelzmäntel<br />
849 Paar Skier<br />
102 Paar Skistiefel<br />
34 Paar Pelzstiefel<br />
eingesammelt.<br />
Ob diese Spenden, welche die Bevölkerung gesammelt hatte, jemals bei den bedürftigen<br />
Soldaten angekommen sind, ist nicht bekannt. Aus diesen Nachrichten ist aber deutlich ersichtlich,<br />
dass das Deutsche Reich bereits die ersten Schwierigkeiten hat, seine Truppen<br />
ausreichend zu versorgen.<br />
49
Mit Beginn des neuen Schuljahres wird in allen Schulen die sog. „Normalschrift“ mit den uns<br />
allen noch heute bekannten und üblichen lateinischen Buchstaben verbindlich eingeführt.<br />
Da die Verluste an Menschen an den Fronten offensichtlich drastisch zunehmen , werden in<br />
der Presse keine Zahlen über Gefallene mehr bekannt gegeben. Ein weitere Hinweis auf die<br />
verzweifelte Lage ist die Tatsache, dass das Mindestalter für Kriegsfreiwillige für die Waffen-<br />
SS auf 16 ½ Jahre gesenkt wurde. Die SS war eigentlich nach dem Willen ihrer Schöpfer die<br />
Schutzstaffel des Führers, eine Art Leibgarde. Sie trug schwarze Uniformen und als besonderes<br />
Erkennungszeichen ein Totenkopfzeichen am Mützenband. Dieses Zeichen war nicht<br />
neu, sondern bereits viel früher von bestimmten militärischen Einheiten getragen worden. So<br />
z. B bis 1914 vom Husarenregiment Nr. 5 den sog. schwarzen Husaren. Die beiden Buchstaben<br />
SS wurden in Runenform gestaltet. Runen sind altgermanische Schriftzeichen .<br />
01.03. Alle im Umlauf befindlichen Geldmünzen aus Kupfer werden eingezogen, um sie<br />
der Waffenproduktion zuzuführen. Kupfer wurde vor allem zur Herstellung von Munition<br />
dringend gebraucht.<br />
Das Jahr 1943<br />
02.02. In Stalingrad kapitulierte die 6. Armee unter Generalfeldmarschall Paulus, der diesen<br />
Titel erst kurz zuvor als Auszeichnung für sein Durchhalten an der Ostfront erhalten<br />
und als Aufforderung, den Krieg unter allen Umständen weiter zu führen. Im<br />
Kessel von Stalingrad waren seit November 1942 ca. 260.000 deutsche Soldaten<br />
eingeschlossen. Nach großen Opfern auf beiden Seiten, auf deutscher Seite lebten<br />
zum Zeitpunkt der Kapitulation noch etwa 90.000 Soldaten, die in die Kriegsgefangenschaft<br />
gingen, trat hier die militärische Wende des zweiten Weltkrieges ein.<br />
18.02. Der Reichspropagandaminister Göbbels hält im Berliner Sportpalast seine berüchtigte<br />
Rede, in der er den „Totalen Krieg“ unter dem Jubel der Anwesenden proklamiert.<br />
Alles was nicht unbedingt zur Kriegführung zwingend notwendig war, wurde<br />
zurückgestellt, und alles was dem Krieg bzw. dem „Endsieg“ dienen könnte, wurde<br />
in die Wege geleitet.<br />
In Delitzsch wurden deswegen u.a. Luftschutzbunker durch französische später auch italienische<br />
Kriegsgefangene unter Beteiligung der HJ gebaut, wovon nur noch einer unter dem<br />
Barockgarten des Schlosses bis auf den heutigen Tag (2003) erhalten ist. Die Anlage kann<br />
aus heutiger Sicht als reine Propagandaaktion abgetan werden, da ihre Bauweise keinen<br />
sicheren Schutz vor schweren Bombenangriffen geboten hätte. Die Bunkeranlage besaß<br />
eine relativ geringe Betondecke und nur eine Bodenüberdeckung von 50 -150 cm Erddeckung.<br />
Die Bauweise bot eigentlich nur gegen Infanteriebeschuss und die Luftdruckwirkung<br />
von Bomben und Luftmienen einige Sicherheit. Diese Bunkeranlage ist später von der DDR<br />
in den 50 er und 60 er Jahren noch einmal als möglicher Schutzbunker für die Zivilverteidigung<br />
genutzt worden. Heute kann diese Anlage an bestimmten Tagen besichtigt werden.<br />
Das Jahr 1944<br />
12.07. Von Peenemünde auf der Insel Usedom aus beginnt die Beschießung Londons mit<br />
der „V 1 Waffe“ Damit war ein raketengetriebenes unbemanntes Geschoß bezeichnet,<br />
welches nach der großdeutschen Propaganda als „Vergeltungswaffe“ gegen die<br />
Engländer eingesetzt war. Im September wurde die „V 1“ von der nächsten Generation<br />
„V2“ abgelöst. Der Bevölkerung wurde weis gemacht, dass mit dieser „Wunderwaffe“<br />
die entscheidende Wende im Krieg herbeigeführt werden könnte. Diese V-<br />
Waffen waren die ersten kriegstauglichen Raketen der Neuzeit. Die dazu notwendigen<br />
Forschungs- und Versuchsunterlagen wurden nach dem Krieg zusammen mit<br />
50
hochrangigen Ingenieuren wie z.B. Wernher von Braun nach den USA gebracht und<br />
bildeten den Grundstock der späteren amerikanischen Raketen- und Weltraumforschung.<br />
Im April wurde in Delitzsch wegen der immer häufiger drohenden Gefahr von Luftangriffen<br />
eine neue Luftschutzbereitschaftsregelung angeordnet. So wurde festgelegt wie oft man im<br />
Monat zum Luftschutzdienst herangezogen werden konnte :<br />
Männlich Jugendliche von 15 Jahren 4 mal<br />
Männliche Jugendliche von 16 u.17 Jahren 8 mal<br />
Männer über 18 10 mal<br />
Weibliche Jugendliche von 15 bis 18 Jahren 4 mal<br />
Frauen über 18 Jahren 8 mal<br />
Mütter mit 1 oder 2 Kindern 4 mal<br />
Der Luftschutzdienst war eine Art hilfspolizeiliche Einrichtung.<br />
01.09. Aufgrund einer Verordnung wird ab sofort die 60 – Stunden - Woche überall dort<br />
eingeführt, wo es für die „Kriegswirtschaft“ nötig ist.<br />
20.10. Durch einen Führererlaß wird der Volkssturm ins Leben gerufen. Das hieß, dass alle<br />
„waffenfähigen Männer“ von 16 bis 50 Jahren, die noch nicht oder nicht mehr bei der<br />
Wehrmacht dienten, zu den Waffen gerufen wurden. Noch ältere Bürger können<br />
sich auch freiwillig melden. Damit wurde das letzte „Aufgebot zur Verteidigung der<br />
Heimat“ aufgestellt. Obwohl der Volkssturm keine entscheidende Rolle für den Ausgang<br />
des Krieges mehr spielte, wurden auf diese Weise noch erhebliche Opfer an<br />
Menschenleben verlangt.<br />
Das Jahr 1945<br />
Im sechsten und damit letzten Jahr des 2. Weltkrieges war das Ende des schrecklichen<br />
Mordgeschehens abzusehen. Von Osten rückten vor allem die Panzer- und Artillerieverbände<br />
der Roten Armee unaufhaltsam näher. Aus dem Westen rückten die technisch weit überlegenen<br />
Landtruppen der Westalliierten an. Durch anglo - amerikanische Fliegerverbände<br />
wurden im Zentrum des deutschen Reiches verheerende Bombenlasten von Brand- und<br />
Sprengbomben abgeworfen. Brandbomben bestanden im wesentlichen aus Phosphor, der<br />
sich nach dem Abwurf entzündete und zu riesigen Bränden führte, die mit Wasser nicht<br />
löschbar waren. Nur durch Abdecken mit Sand oder ähnlichem war der Brand zu ersticken.<br />
Daher wurde vorgeschrieben, dass in allen Häusern auf den Dachböden Sandkisten bereit<br />
zu halten sind.<br />
So wurde Berlin ab Januar ständig mit Bombenflugzeugen angegriffen, der bis dahin<br />
schlimmste Angriff erfolgte am 03.02. ,<br />
am 13./14 2. wurde Dresden bombardiert,<br />
am 26.02. wurde Berlin erneut angegriffen<br />
am 07.03.die Stadt Dessau,<br />
am 11.03. die Stadt Essen und<br />
am 12.03.die Stadt Dortmund<br />
am 18.03. erlebte Berlin den schwersten Bombenangriff des 2. Weltkrieges.<br />
Aus dem Raum Delitzsch sind keine nennenswerten Bombenangriffe zu verzeichnen. Betroffen<br />
war diese Gegend nur insoweit, als auch im Raum Delitzsch viele Menschen deren<br />
Wohnungen in anderen Städten durch Bomben zerstört worden waren, eine Zuflucht und<br />
eine Bleibe suchten.<br />
In den ersten Apriltagen rücken aber von Westen her amerikanische Truppen in unser Gebiet<br />
ein. Gleichzeitig wurden in diesen Tagen mehrere Gruppen von KZ- Häftlingen durch<br />
unser Kreisgebiet getrieben. Diese Todesmärsche zogen von Halle über <strong>Zaasch</strong> / Delitzsch<br />
51
nach Eilenburg und von Torgau über Eilenburg / Krostitz/ Zschortau in den Saalkreis. 14<br />
Häftlinge wurden nachweislich erschossen, bzw. kamen wegen Unterernährung und Mißhandlung<br />
um und wurden an einer Scheune in der Nähe von Döbernitz verscharrt. Ein<br />
christliches Begräbnis erfolgte erst Monate später, nach Ende des Krieges, auf dem Friedhof<br />
in Delitzsch.<br />
Bei Ihrem Durchzug durch <strong>Zaasch</strong> am 17.04. wurden die entkräfteten Häftlinge kurzzeitig in<br />
der Scheune von Schusters Gut untergebracht. Zwei Häftlinge konnten sich beim Weitermarsch<br />
verstecken und zu den amerikanischen Truppen durchschlagen. Wahrscheinlich mit<br />
einem Panzerspähtrupp kamen sie am nächsten Tag wieder in <strong>Zaasch</strong> an. Auf dem Rückzug<br />
dieser militärischen Vorhut wurden der Bürgermeister Walter Bley und ein weiterer Einwohner,<br />
Alfred Wegener, der im Wohnhaus von Schusters Gut wohnte und auf der Braunkohlengrube<br />
beschäftigt war, mitgenommen. Am folgenden Tag wurden die Leichen dieser beiden<br />
in der Nähe von Beyersdorf am Feldrand gefunden. Eine Aufklärung dieses Sachverhaltes ist<br />
nie erfolgt. Die Beisetzung der beiden Leichen erfolgte auf dem Friedhof in <strong>Zaasch</strong> in aller<br />
Stille. Als Todestag ist auf den Grabsteinen der 19.04.1945 angegeben. Das Grab des Bürgermeisters<br />
Bley wurde im Jahre 2003 auf Wunsch der Angehörigen eingeebnet.<br />
Am 20.04. erfolgte die Übergabe der Stadt Delitzsch an das 2.Batallion des 413. Regimentes<br />
der 104 US- Infanteriedivision mit dem Namen „Timberwolf“.<br />
Mit diesem Tag treten für den Raum Delitzsch die Besatzungsrechte in Kraft. Das bedeutete<br />
unter anderem<br />
• die völlige Funktionsstillegung des öffentlichen Verkehrs einschließlich Post- und Telegraphenverkehrs<br />
• Ausgangssperre für die Zeit von 20.00 bis 6.00 Uhr<br />
• Verbot des Entfernens vom Wohnort<br />
• Verbot von Ansammlungen von mehr als 5 Personen<br />
26.04. bekamen die Soldaten der „Timberwolf“- Division bei Torgau an der Elbe den Kontakt<br />
zur sowjetischen Armee.<br />
30.04. Der Führer des Großdeutschen Reiches Adolf Hitler begeht im Führerbunker in Berlin<br />
Selbstmord<br />
08.05. Die deutsche Wehrmacht unter Führung von Admiral Dönitz unterschreibt die bedingungslose<br />
Kapitulation in Berlin. Deutschland wird daraufhin in 4 Besatzungszonen<br />
aufgeteilt. Dieser Tag wird in der späteren DDR als „Tag der Befreiung“ jährlich mit<br />
viel Pomp als staatlicher Feiertag begangen.<br />
20.05. werden die etwa 600 amerikanischen Soldaten, die in Delitzsch stationiert sind,<br />
nach Halle verlegt. Als neue Besatzung erhält Delitzsch nun Panzereinheiten der<br />
7 th Armored – Division.<br />
30 06. beginnt der Abzug der amerikanischen Truppen, der am 03.07. bis auf einen<br />
kleinen Posten abgeschlossen ist..<br />
04.07. treffen die sowjetischen Besatzungstruppen in Delitzsch ein. Das zivile Leben beginnt<br />
wieder. Die Post und die Reichsbahn nehmen ihre Arbeit wieder auf.<br />
Die Versorgung mit Lebensmitteln erfolgt wie bisher auf Lebensmittelkarten.<br />
Normalberechtigten über 18 Jahre standen für einen Monat folgende Nahrungsmittel zu :<br />
• Fleisch 100 g (entspr. 3.45 g /Tag )<br />
• Butter, Margarine o. Rohfett 100 g ( “ 3,45 g/ Tag )<br />
• Brot 6.800 g ( “ 235,00 g/ Tag )<br />
• Nährmittel 300 g ( “ 10,00 g/ Tag )<br />
• Zucker 500 g ( “ 17,00 g/ Tag)<br />
52
Kinder unter 6 Jahren erhielten täglich 1 Liter Milch.<br />
Am 22.09.wird die Kreisbodenkommission auf der Basis der von den neuen Landesregierungen<br />
und Provinzialbehörden erlassenen Gesetze und Verordnungen bestätigt. Danach wurden<br />
in den einzelnen Gemeinden die entsprechenden Bodenkommissionen gebildet.<br />
Für die Gemeinde <strong>Zaasch</strong> waren Mitglieder der Bodenkommission :<br />
Otto Müller als Vorsitzender, Walter Eichler, Richard Gubbe, Karl Franke und Richard Bergmann.<br />
Die Protokolle ihrer Arbeit wurden von einem Vertreter der russischen Kommandantur<br />
abgezeichnet.<br />
Ab Oktober begann wieder der regelmäßige Schulunterricht.<br />
Ab 1.11. erfolgt eine Neugestaltung der Lebensmittelrationierung. Danach erhalten pro Tag<br />
in Gramm :<br />
Fett Brot Nährm. Kart. Zucker Marmel Fleisch<br />
Schwerstarbeiter 20 450 40 500 25 30 40<br />
Schwerarbeiter 20 400 40 400 25 30 40<br />
Übr. Arbeiter 10 350 20 300 20 30 25<br />
Angestellte 10 250 15 300 20 30 20<br />
Kinder bis 15 Jahr 10 200 10 300 25 30 15<br />
Sonst. Verbraucher 0 200 10 300 15 30 0<br />
Für werdende und stillende Mütter gab es Zuschläge.<br />
In der Folgezeit wurden aber die Rationen aus Mangel an Nahrungsmittel häufig zeitweilig<br />
gekürzt bzw. durch Ersatzlebensmittel wie .z.B. Käse, Quark, Eier realisiert.<br />
Als Zahlungsmittel gilt nach wie vor die deutsche „Reichsmark“ (RM)<br />
05.12. Unter diesem Datum liegt ein Gemeinderatsprotokoll vor, in dem sich ein Tagesordnungspunkt<br />
mit dem Verkauf eines Flugzeuges an das Leichtmetallwerk in<br />
Rackwitz befasst. Bei diesem Flugzeug kann es sich nur um die Reste eines britischen<br />
Bombers handeln, der im Frühjahr 1945 in die Scheune von Horn´s gestürzt<br />
war. (heutiger Platz : Wiese gegenüber dem Grundstück Triftweg 2) Unterschrieben<br />
haben das Protokoll der Bürgermeister Karl Franke, sowie die Gemeinderäte F.<br />
Nicklisch, A, Schönbrodt, P. Sack, F. Grundmann und Herr Anders<br />
Das Jahr 1946<br />
Am 05.01. ist die Bodenreform für die beiden <strong>Zaasch</strong>er Bauerngüter der Familien Horn und<br />
A. Winter abgeschlossen. Außerdem wurde am 17.7. bestätigt, dass ein gemeindeeigenes<br />
Flurstück in Größe von 13,5 a im Zuge der Bodenreform aufgeteilt wurde.<br />
Unter das Bodenreformgesetz fielen alle Bauernhöfe mit einem Grundbesitz über 100 ha.<br />
Auf Grund alliirter Rechtsbefugnisse waren bereits die Besitztümer von Bürgern, die als<br />
Kriegsverbrecher, Kriegsgewinnler, hohe Parteiführer und Funktionsträger des Dritten Reiches<br />
eingestuft worden waren, enteignet. Dazu zählte in <strong>Zaasch</strong> der Bürgermeister W.<br />
Bley. Die Verteilung der Bodenflächen erfolgte durch die Gesetzgebung zur Bodenreform.<br />
07.03. Die „Freie Deutsche Jugend“ (FDJ) wird gegründet.<br />
53
05.04. Findet im Gasthaus Hartmann eine erste Zusammenkunft von Bürgern statt, die einen<br />
Kleingarten besitzen möchten.<br />
22.04. Die SPD und KPD werden zur SED vereinigt. Diese neue Partei verstand sich als<br />
alleiniger „Interessenvertreter der Arbeiterklasse“ um die „Diktatur des Proletariats“<br />
zu erreichten. In wie weit dies der Partei gelungen war, zeigte sich in den folgenden<br />
Jahren in denen viele tausend Bürger ihrem Staat den Rücken kehrten und teils unter<br />
Lebensgefahr das Land verließen.<br />
Der 1.Mai wird zum offiziellen Feiertag erklärt. Dieser Tag wird nun jährlich mit großem politischen<br />
und später auch militärischen Aktivitäten gefeiert. Riesige Massendemonstrationen<br />
waren auf den Straßen zu sehen. Die Teilnahme an diesen Demonstrationen war zwar offiziell<br />
freiwillig, aber besonders in den späteren Jahren wurde dieser Freiwilligkeit deutlich<br />
„nachgeholfen“. Viele staatliche und volkseigene Einrichtungen und Betriebe haben für die<br />
Teilnahme besondere Vergünstigungen gewährt.<br />
25.05. Wird in <strong>Zaasch</strong> der erste Kleingartenverein gegründet, dessen Gartenflächen sich<br />
noch heute (2003) am Ortsausgang nach Delitzsch befinden.<br />
Durch Anordnung der Sowjetischen Militäradministratur (SMA) wird das Reisen von einer<br />
Provinz in eine andere innerhalb der sowjetischen Besatzungszone nur mit einer gesonderten<br />
Genehmigung erlaubt. Reisen in die anderen Besatzungszonen sind generell verboten.<br />
Ende Mai wird darauf hingewiesen, dass eine große Gefahr für die Kartoffelfelder durch den<br />
Befall mit Kartoffelkäfern besteht.<br />
Der akute Mangel an Bekleidung führte am 11.06. zur Ausgabe von Sonderbescheinigungen<br />
für den Bezug von Schuhen, Mänteln Umhängen und Schürzen aus Igelit. Igelit war ein PVC-<br />
Produkt, welches luft - und wasserundurchlässig war, und bei vielen Menschen zwangsläufig<br />
zu Schweißfüßen führte.<br />
In Vorbereitung der Gemeindewahlen am 08.09. liegt ein Befehl der Kreiskommandantur<br />
Delitzsch vor, alle Wahlberechtigten Bürger zu erfassen und nach bestimmten Gruppen getrennt<br />
zu melden.<br />
Am 27.08. meldet die Gemeinde <strong>Zaasch</strong> OT Serbitz :<br />
283 Wahlberechtigte<br />
davon<br />
59 Arbeiter<br />
3 Bauern<br />
75 Neubauern<br />
3 Großbauern ab 100 Morgen<br />
9 Angestellte<br />
30 Handwerker<br />
34 ohne Beruf<br />
70 Hausfrauen<br />
davon 140 Umsiedler.<br />
Das aktive Wahlrecht besaßen, das heißt, sie durften wählen, alle Bürger der Gemeinde, die<br />
das 21 Lebensjahr vollendet hatten und mindestens drei Monate in der Gemeinde wohnten..<br />
das passive Wahlrecht, das heißt man konnte sich wählen lassen, besaßen alle Bürger, die<br />
das 23 Lebensjahr vollendet hatten und mindestens 6 Monate in <strong>Zaasch</strong> ansässig waren.<br />
Außerdem gab es eine umfangreiche Liste von Ausschlußgründen von dieser Wahl, die sich<br />
im wesentlichen aus der faschistischen Vergangenheit der betreffenden Person ergaben.<br />
Zur Wahl durften folgende Parteien und Organisationen Kandidatenlisten stellen<br />
54
SED, LDP, SDU, FDGB, FDJ, Frauenausschuss, VdgB<br />
Für die Gemeinde <strong>Zaasch</strong> liegt ein Schreiben des Landrates vor, das die Sowj. Militäradministration<br />
nur die SED als wahlberechtigte Partei registriert hat.<br />
In <strong>Zaasch</strong> wird ein Wahlvorstand bestehend aus folgenden Personen gebildet :<br />
Wahlvorstand Fritz Nicklisch i. V. Bürgermeister<br />
Stellvertreter Karl Franke<br />
Beisitzer Franz Grundmann<br />
Stellvertreter Otto Nicklisch<br />
2. Beisitzer Helmut Naumann<br />
Stellvertreter Paul Tittel<br />
3. Beisitzer Paul Gräfe<br />
Stellvertreter Walter Eichler<br />
Schriftführer Erich Seiler<br />
Stellvertreter Richard Hartmann<br />
Als Kandidaten für die SED waren aufgestellt<br />
Name Beruf Partei<br />
Nicklisch, Friedrich Baggerführer SED Ansässig<br />
Schulze, Richard Sattler SED Ansässig<br />
Hahn, Fritz Bauer SED Umsiedler<br />
Vierweg, Walter Baggerführer SED Ansässig<br />
Hartmann, Marie Hausfrau Part. los Ansässig<br />
Seifert, Ernst Bauer SED Umsiedler<br />
Dorn Franz Geschirrführer SED Ansässig<br />
Schmidt, Willi Bauer SED Umsiedler<br />
Scheibel, Paul Bauer SED Umsiedler<br />
Ob die nachträglich eingereichte Liste der LDP zur Wahl zugelassen worden ist, geht aus<br />
den hier vorhandenen Unterlagen nicht hervor,<br />
Aus dem am 09.09.1946 erstellten Wahlabschlußprotokoll geht hervor, dass alle Kandidaten<br />
bis auf Fritz Hahn gewählt sind. An die Stelle von Hahn tritt Erich Seiler. Eine Erklärung dafür<br />
ist aus den vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich.<br />
Die Wahlbeteiligung wurde mit 96,4 % ausgewiesen. 202 Stimmen waren gültig, sie fielen<br />
alle auf die Kandidaten der SED.<br />
Kurz nach den Gemeindewahlen beginnen die Vorbereitungen zu den Kreis- und Landtagswahlen,<br />
die am 20.10.1946 stattfinden sollen..<br />
Das Jahr 1947<br />
01.01. Die amerikanische und britische Besatzungszone werden zur sog. “Bizone“ und damit<br />
zu einem einheitlichen Wirtschaftssystem vereinigt. Damit beginnt die Spaltung<br />
Deutschlands in zwei eigene Staaten. Später schloß sich auch die französische Besatzungszone<br />
diesem Verbund an, es kam damit zur Bildung der „Trizone“<br />
08.03. Der „Demokratische Frauenbund Deutschlands“ (DFD) wird gegründet. Dieser Tag<br />
wird zukünftig als der „Internationale Frauentag“ in der DDR mit großem Aufwand<br />
gefeiert. Der DFD versteht sich als „einheitliche sozialistische Frauenorganisation<br />
der DDR“. Andere Frauenvereine oder –verbände gab es nicht mehr. Ausnahmen<br />
55
waren die kirchlichen Vereine, die aber keinen offiziellen Status hatten. Als sozialistische<br />
Massenorganisation war der DFD auch immer in der obersten Volksvertretung<br />
der DDR, der Volkskammer, vertreten.<br />
10.03. In Delitzsch bildet sich die erste Ortsgruppe des DFD.<br />
Auch in <strong>Zaasch</strong> wurde eine DFD- Ortsgruppe gebildet. Die erste Vorsitzende war für viele<br />
Jahre Elfriede Kiesche. Die Ortsgruppe <strong>Zaasch</strong> soll zeitweise bis 84 Mitglieder ,auch Freundinnen<br />
genannt, gehabt haben.<br />
23.06. Unter diesem Datum existiert der Pachtvertrag zwischen der Gemeinde <strong>Zaasch</strong><br />
und der Kleingärtnerverein.<br />
Das Jahr 1948<br />
20.06 In den drei westliche Besatzungszonen wird eine Währungsreform durchgeführt.<br />
23.06 In der sowj. besetzten Zone (SBZ ) wird ebenfalls eine Währungsreform durchgeführt.<br />
Als Zahlungsmittel gab es in beiden Bereichen jetzt die „Deutsche Mark“, die<br />
aber nicht identisch waren. In Delitzsch erfolgt der Geldumtausch. Da in der sowjetischen<br />
Besatzungszone noch kein neues gedrucktes Geld vorhanden war, wurde die<br />
alten Geldscheine mit einem Aufkleber versehen.<br />
24.06. Aus Protest über die Einbeziehung Westberlins , welches auf dem Territorium der<br />
SBZ lag, in das westdeutsche Währungssystem verhängt die Sowjetunion eine totale<br />
Blockade über Westberlin. Die Versorgung mit allem Lebensnotwendigen erfolgt<br />
nun über eine Luftbrücke. 322 Tage landen auf dem Westberliner Flugplatz Tegel<br />
Bombenflugzeuge aus Westdeutschland im Minutentakt und versorgen die<br />
Menschen mit allem, was zum Leben notwendig ist, bis hin zur Lieferung von Kohlen<br />
für die Heizungen. Man sprach damals von den sog. „Rosinenbombern“. Später<br />
wurde den Piloten dieser Versorgungsstaffel ein Ehrendenkmal in Berlin – Tegel<br />
errichtet.<br />
13.10. Der Steinkohlenkumpel Adolf Hennecke aus dem Zwickauer Revier erfüllt sein Tagessoll<br />
mit 387 %. Damit beginnt die bis zum Ende der DDR bekannte und gepflegte<br />
Aktivistenbewegung mit allen ihren Auswüchsen. Der Titel „Aktivist“ wurde anfangs<br />
nur an Arbeiter mit überdurchschnittlichen Leistungen, verbunden mit einer<br />
deutlichen Geldprämie, vergeben. Später wurde aus dieser Auszeichnung eine<br />
Massenware, die zu allen staatlichen Feiertagen in großen Stückzahlen an Arbeiter<br />
und Angestellte vergeben worden ist. Dazu kursierte bald ein politischer Witz : Als<br />
Hennecke seine goldene Aktivistennadel erhielt, sagte er zu Wilhelm Pieck: „Das<br />
Gold ist aber auch nicht echt“. Darauf die Antwort von Pieck; „Na, Deine 387 %<br />
auch nicht!“<br />
13.11. Die Kinderorganisation „Junge Pioniere“ wird gegründet.<br />
Da sich die Schwierigkeiten bei der Bereitstellung von Lebensmitteln ausweiten, werden im<br />
Kreisgebiet drakonische Maßnahmen eingeleitet. Der Landrat erlässt eine Anordnung zur<br />
Durchführung des Orts- u. Feldschutzdienstes. Es wird das Betreten von Wiesen, Weiden,<br />
Feldern und Wäldern ab einer Stunde nach Sonnenuntergang bis eine Stunde vor Sonnenaufgang<br />
sowie zwischen 11.00 und 13 00 Uhr verboten. Bei Zuwiderhandlungen werden<br />
Gefängnisstrafen und Geldbußen angedroht.<br />
56
In den Gemeindeunterlagen von <strong>Zaasch</strong> ist der Schriftverkehr zu mehreren „Zuzugsgenehmigungen“<br />
abgelegt. Daraus geht hervor, dass eine Gemeinde nur bereit war, Bürger<br />
aus anderen Gemeinden aufzunehmen wenn eine gleich große Anzahl von Bürgern aus der<br />
anderen Gemeinde umzieht.<br />
Am 30 Juli 1948 stellt der Vorstand der „Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe“ an die<br />
Gemeinde <strong>Zaasch</strong> den Antrag, auf dem Sandplatz vor dem ehemaligen Winterschen Gut<br />
eine Fuhrwerkswaage aufzustellen zu dürfen. Diese wurde dann auch errichtet. Heute<br />
(2003) ist davon nicht mehr zu sehen.<br />
Das Jahr 1949<br />
07.09. Gründung der Bundesrepublik Deutschland (BRD)<br />
07.10. Gründung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). In den Folgejahren<br />
wurde dieses Datum mit immer größerem Aufwand gefeiert. Zum Schluß mit mächtigen<br />
Militärparaden<br />
In diesem Jahr flüchten 125.245 Menschen aus der DDR über die noch offenen, das heißt<br />
noch nicht gesicherten, Grenzen nach Westdeutschland.<br />
Im Verlauf dieses Jahres verstärkt sich der „Stalinkult“. In Berlin wird die Frankfurter Alle in<br />
Stalinalle , in Delitzsch am 13.01.1950 der Markt in „Stalinplatz“ umbenannt.<br />
Aufgrund der angespannten Lage auf dem Sektor der Lebensmittelversorgung wird wiederholt<br />
auf den Feldschutz- Wachdienst hingewiesen. Es werden Geldstrafen bis 3.000 DM und<br />
Gefängnisstrafen angedroht.<br />
Wegen der erneuten Kartoffelkäferplage werden verstärkt Suchdienste angeordnet. Für die<br />
besten Sucher werden Süßwarenprämien ausgesetzt.<br />
• 1 kg Kartoffelkäfer = 2 kg Süßwaren<br />
• 1 Eigelege = 20 g Süßwaren<br />
Im Dezember wird die sowjetische Militärkommandantur in Delitzsch aufgelöst.<br />
Die Gemeinde <strong>Zaasch</strong> legt einen vom damaligen Bürgermeister Grundmann gezeichneten<br />
Haushaltsplan vor, in dem die Gesamteinnahmen in Höhe von 33.725 DM den Gesamtausgaben<br />
von 33.725 DM gegenübergestellt werden.<br />
Den größte Einnahmeposten stellen dabei die Steuern mit 29.994 DM dar, ausgabeseitig ist<br />
die Kreisumlage mit 14.448 DM der größte Betrag. Die Aufrechterhaltung des Gemeindeverwaltung<br />
schlug mit 4.330 DM zu Buche.<br />
Darunter 3.240 DM Besoldung<br />
470 DM Aushilfskräfte<br />
207 DM Heizung, Beleuchtung, Reinigung, Miete, Postgebühren<br />
Schreibbedarf, u. dgl.<br />
106 DM einmalige Ausgaben für Einrichtungsbeschaffungen<br />
60 DM Gebäudeerhaltung für das Feuerlöschwesen.<br />
Wie sparsam damals mit allem umgegangen werden musste, kann man heute noch sehr<br />
genau erkennen. Schriftverkehr, sofern er nicht auf vorgeschriebenen Formularen zu erfolgen<br />
hatte, wurde oft auf den Rückseiten alter Schriftstücke getätigt. So liegt uns z.B. ein<br />
Schreiben der Stadt Brehna an den Bürgermeister von <strong>Zaasch</strong> vor, welches auf der Rücksei-<br />
57
te einer Abschrift von 1911 eines „Geburts- u. Taufscheines“ aus dem Jahre 1875 des<br />
Pfarramtes in Gröbzig geschrieben worden ist. Eine Aufstellung über den Kartoffelkäfer -<br />
Suchdienst 1953 wurde auf der Rückseite eines Portraits von Karl Marx geschrieben. Die in<br />
diesen Jahren verwendeten Aktenhefter tragen häufig noch die Beschriftungen aus früheren<br />
Jahren.<br />
Am 30.08. 48 hatte die Gemeinde den Antrag auf Überlassung des ehemaligen Herrenhauses<br />
Horn ( heute Lindenplatz 7) zur Einrichtung einer Schule an die damalige Landesregierung<br />
von Sachsen- Anhalt gestellt. Dazu erging am 07.05.1949 der Bescheid, dass darüber<br />
erst entschieden werden könne, wenn die in diesem Haus wohnenden Neubauern einen entsprechenden<br />
anderen Wohnraum bekommen hätten. Damit war dieser Vorgang abgeschlossen.<br />
Unter dem 14.06.1949 sind mehrere Verträge der Gemeinde mit Einwohnern an der Straße<br />
nach Roitzsch, beginnend an der Schlosserei Gräfe bis zum Beginn der Straße nach<br />
Zschernitz, abgeschlossen worden. Danach gestattet die Gemeinde den Anliegern die<br />
pachtfreie Nutzung der vor ihren Siedlungen liegenden Parzellen. Die Nutzer hatten im Gegenzug<br />
Bäume anzupflanzen.<br />
Das Jahr 1950<br />
08.02. Das Ministerium für Staatssicherheit wird gegründet.<br />
02.03. Die erste Briefmarke der DDR mit einem Emblem der DDR wird herausgegeben. Sie<br />
hatte eine Wert von 24 Pfennig. Soviel zahlte man für einen normalen Brief. Eine<br />
Postkarte kostete damals 12 Pfennige.<br />
15.04. Die Versorgung der Schulkinder mit einer täglichen warmen Mahlzeit wird<br />
gesetzlich eingeführt.<br />
Die Sowjetunion löst die Internierungslager in Deutschland auf. Diese befanden sich z.B. in<br />
ehemaligen KZ in Buchenwald, Sachsenhausen und Bautzen. Diese Tatsache wurde in der<br />
DDR lange verheimlicht. Den Kindern und Jugendlichen wurde diese Tatsache auch bei den<br />
später häufig stattfindenden Besuchen der „antifaschistischen Mahn- und Gedenkstätten“,<br />
die in den ehemaligen KZ errichtet worden waren, nie erläutert. Es wurde immer der Eindruck<br />
bei den Kindern erweckt, dass hier nur Kommunisten und Juden von den Faschisten<br />
gefangen gehalten worden waren. Auch die Tatsache dass bürgerliche Widerstandskämpfer<br />
und Pfarrer in den KZ untergebracht waren, wurde stillschweigend übergangen. Es sollte mit<br />
allen Mitteln der Eindruck erweckt werden, dass es nur eine kommunistische Widerstandsbewegung<br />
gegeben habe.<br />
Im Verlauf des Jahres 1950 flüchten 197.788 Personen aus der DDR nach Westdeutschland<br />
und Westberlin.<br />
Im März erfolgte eine große Preissenkung der HO. Die HO war eine staatliche Handelsorganisation,<br />
welche seit ihrem Bestehen nicht rationierte Waren zu relativ hohen Preisen verkaufte.<br />
Weißbrot, 1000 g von 5,00 DM auf 3.00 DM<br />
58
Butter 500 g 30,00 DM 24,00 DM<br />
Schweinefleisch 500 g 25,50 DM 19,00 DM<br />
Kunsthonig 500 g 5,00 DM 3,00 DM<br />
Bockwurst mit Salat 4,80 DM 3,75 DM<br />
Ei 2,00 DM 1,00 DM<br />
Herrensocken 9,00 DM 6,50 DM<br />
Herrensporthemden 60,00 DM 45,00 DM<br />
Damenkleid 98,00 DM 84,00 DM<br />
In Delitzsch wird an der alten Stelle in der Grünanlage Marienstraße eine Nachbildung der<br />
Bronzestatue des Politikers Schulte- Delitzsch aus Muschelkalk aufgestellt. Das bronzene<br />
Original wurde während des 2. Weltkrieges zu Kriegszwecken eingeschmolzen.<br />
Die bis dato selbständige Gemeinde Serbitz wird nach <strong>Zaasch</strong> eingemeindet.<br />
Das Jahr 1951<br />
23.02. Die Bezugscheine für Textilien werden in der DDR abgeschafft.<br />
12.07. Die Arbeitsämter in der DDR werden abgeschafft.<br />
08.10. Die Lebensmittelkarten werden zwar offiziell abgeschafft mit Ausnahme der<br />
Karten für Fleisch ,Fett und Zucker, aber die Versorgung wird immer wieder<br />
bei bestimmten Artikeln rationiert so z. B. bei Seife.<br />
Im Dezember erfolgte wiederum eine Preissenkung für Artikel in der HO - Geschäften<br />
Fleisch 500 g von 8,50 DM auf 6,40 DM<br />
Wurst 500 g 10,00 DM 8,00 DM<br />
Butter 500 g 12,00 DM 10,00 DM<br />
Käse 500 g 6,00 DM 5,10 DM<br />
Margarine 500 g 7,00 DM 6,25 DM<br />
Wodka 0,7 l 19,50 DM 9,25 DM<br />
Weine 0,7 l 10,00 DM 7,50 DM<br />
Bier 0,3 l 1,10 DM 0,97 DM<br />
1 Paar Damenstrümpfe (Kunstseide) 7,25 DM 5,50 DM<br />
Preise für Nylon- bzw. Perlonstrümpfe gab es nicht, da diese Artikel in der DDR noch nicht<br />
angeboten wurden. Diese Kunstfaser kam erst wesentlich später unter der Bezeichnung<br />
DEDERON auf den Markt.<br />
Das Durchschnittseinkommen aller Arbeiter und Angestellten beträgt 279,00 DM. Bei einer 6<br />
–Tage Arbeitswoche zu je 48 Stunden ergibt sich bei durchschnittlich 25 Arbeitstagen monatlich<br />
ein durchschnittlicher Stundenlohn von 1,40 DM.<br />
Der Bürgermeister der Gemeinde <strong>Zaasch</strong>, die damals mehr als 500 Einwohner hatte bekam<br />
als Wahlangestellter für seine Tätigkeit damals eine monatliche Vergütung von 275,00 DM.<br />
Bei der heutigen Bevölkerungszahl wären es nur noch 240,00 DM gewesen<br />
Ein Durchschnittsverdiener musste also ca. 7 Stunden arbeiten um sich ein Pfund Butter<br />
kaufen zu können.<br />
In diesem Jahr gab es einen deutlichen Einschnitt in der Schulbildung der <strong>Zaasch</strong>er Kinder.<br />
Während bisher alle 8 Klassen in zwei Gruppen durch zwei Lehrer in der <strong>Zaasch</strong>er Schule<br />
59
unterrichtet wurden, wurden die Schüler ab Klasse 5 ab diesem Jahr in Schenkenberg beschult.<br />
Beachtenswert ist dabei, welche Belastung damit auf die Kinder zukam. Für den<br />
Schulweg gab es damals noch keine Busverbindung. Die Kinder gingen zu Fuß oder fuhren<br />
mit ihren Fahrrädern über einen Feldweg nach Schenkenberg. Dieser Feldweg existiert heute<br />
nicht mehr, er wurde im Zuge der Großfelderwirtschaft untergepflügt. Man kann heute nur<br />
noch ein winziges Waldstück, das sog. „Büschchen“ im Feld erkennen, an dem der Feldweg<br />
vorbei führte.<br />
Ab 02.06. wurde aus dem ehemaligen Herrenhaus in Schenkenberg, in dem die Volkssolidarität<br />
seit 1950 ein Kindererholungsheim führte, ein Kinderheim für Kinder, die aus den ehemaligen<br />
Ostgebieten kamen und die ihre Eltern auf irgendeine Weise verloren hatten. Diese<br />
Kinder im Alter von 7 bis 22 Jahren wurden nun in diesem „Schloß“ untergebracht. Sie besuchten<br />
dann mehrere Jahre gemeinsam mit den <strong>Zaasch</strong>er Kindern die Schule in Schenkenberg.<br />
Am 20 .09.1956 wurde dann dieses Kinderheim nach Posterstein Kreis Schmölln<br />
verlegt<br />
In diesem Jahr flüchten 165.648 Einwohner der DDR in die Bundesrepublik und Westberlin.<br />
Das Jahr 1952<br />
01.02. Erscheint erstmalig eine Tageszeitung, die später zur auflagenstärksten Zeitung der<br />
DDR wird. Es handelt sich um die „Junge Welt“<br />
08.06. Die erste „Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft“ (LPG) der DDR wird in<br />
Merxleben bei Langensalza gegründet.<br />
07.08 Gründung der Gesellschaft für Sport und Technik (GST) einer vormillitärischen<br />
Ausbildungseinrichtung für die Jugend.<br />
21.12. Das deutsche Fernsehen in Berlin- Adlershof sendet sein erstes Fernsehversuchsprogramm.<br />
25.12. Die erste Fernsehsendung der Bundesrepublik wird ausgestrahlt.<br />
In diesem Jahr führt die Friedensfahrt (Radfernfahrt für den Frieden) zum ersten Mal<br />
auch über das Gebiet der DDR, nachdem sie bereits zwei Jahre nur über polnisches und<br />
tschechisches Gebiet gerollt war. Auch durch Delitzsch führte die Strecke, an der viele tausend<br />
Bürger die Radrennfahrer begrüßen.<br />
Auf Grund des „Gesetzes über die weitere Demokratisierung des Staatsapparates“ wird die<br />
Ländergliederung der DDR abgeschafft und durch eine Gliederung in neue Bezirke ersetzt.<br />
Der Kreis Delitzsch mit seinen damals 140 Gemeinden, der bisher zum Land „Sachsen- Anhalt“<br />
gehörte, kommt zum Bezirk Leipzig, und wird gleichzeitig um den neu geschaffenen<br />
Kreis Eilenburg verkleinert. Damit entfällt auch für den Kreis Delitzsch die bisherige Kreiszeitung<br />
„Freiheit“ das Organ der SED in Sachsen- Anhalt. Die neue Kreiszeitung wird ab sofort<br />
die „Leipziger Volkszeitung“ (LVZ). Die jeweils zuständigen Tageszeitungen waren zu dieser<br />
Zeit in jedem Fall Organe der SED, was eindeutig aus dem Zeitungskopf hervorging. Unabhängige<br />
Tageszeitungen hat es in der DDR nie gegeben.<br />
Auch die gesamte übrige Presse unterlag ohnehin einer strengen Zensur durch die Partei<br />
der Arbeiterklasse. Als kleine Anmerkung am Rande sei vermerkt, dass selbst die Reden auf<br />
Faschingsveranstaltungen erst durch die Parteiorgane freigegeben werden mussten.<br />
60
Als erste LPG im Kreis Delitzsch entsteht in Wiesenena die LPG „Florian Geyer“<br />
Im August wurde die LPG „7.Oktober“ in Schenkenberg gegründet.<br />
Etwa zur gleichen Zeit gründen in <strong>Zaasch</strong> 7 Bauern<br />
Georg Hennig Peter Friede<br />
Otto Unterbeck Walter Kiesche<br />
Max Globig Walter Eichler<br />
und Fritz Hahn<br />
die LPG „Georgi Dimitroff“<br />
Georgi Dimitroff war ein bulgarischer Kommunist, der während der Zeit des Nationalsozialismus<br />
durch die Faschisten angeklagt worden war, den Reichstag in Berlin in Brand gesetzt<br />
zu haben. Der Prozeß bei dem Dimitroff freigesprochen wurde fand übrigens im alten<br />
Reichsgericht in Leipzig statt.<br />
Wie man vielleicht schon bemerkt haben wird, wurden LPGn und auch andere Wirtschaftseinrichtungen<br />
mit Namen aus der deutschen Geschichte, vorrangig aber aus der neueren<br />
antifaschistischen Zeit, belegt. Das führte bald soweit, das Großbetriebe nach noch<br />
lebenden kommunistischen Persönlichkeiten benannt wurden.<br />
Das erste LPG –Büro befand sich bis 1961 im ehemaligen Wohnhaus der Familie Krone –<br />
Nietzsch (heute Lindenplatz 3). Die genossenschaftlich bewirtschaftete Fläche umfasste damals<br />
54 ha.<br />
Das monatliche Durchschnittseinkommen aller Arbeiter und Angestellten der DDR betrug<br />
300,00 DM. Dabei gab es aber erhebliche Unterschiede, so waren es im VEB „Süßwaren“ in<br />
Delitzsch nur 225,00 DM.<br />
Als Pfarrer in <strong>Zaasch</strong> war Pfarrer Haun aus Zschernitz bis 1953 tätig. Er war der Nachfolger<br />
von Pfarrer Sommer, der diese Stelle seit 1935 innehatte.<br />
In diesem Jahr flüchteten 182.392 Personen aus der DDR nach Westdeutschland und Westberlin.<br />
Nach DDR - eigenen Angaben übersiedelten in den Jahren 1951/52 nur 33.832 Personen<br />
aus Westdeutschland und Westberlin in die DDR.<br />
Das Jahr 1953<br />
05.03. „Generalissimus“ Stalin ist gestorben. Diesen Titel hatte er sich noch zu Lebzeiten<br />
selbst gegeben. Dem ganzen Land wurde eine pompöse Trauerfeier verordnet, die<br />
eher einer Heiligenverehrung glich, wie sie in der katholischen Kirche üblich ist.<br />
Bald danach wird auch in Delitzsch wieder eine sowjetische Militärkommandantur<br />
errichtet.<br />
61
10.05. Die Stadt Chemnitz wird in „Karl-Marx-Stadt“ umbenannt.<br />
12.06. Der Ministerrat der DDR gesteht in der Presse Fehler bei der Kollektivierung der<br />
Landwirtschaft, besonders gegenüber Groß- und Mittelbauern ein.<br />
17.06. In Berlin kommt es zu Streiks der Bauarbeiter in der Stalinallee, die sich über das<br />
gesamte Gebiet der DDR ausbreiten. In der Folge kommt es zu einem Volksaufstand,<br />
der durch herbeigerufene Streitkräfte der Roten Armee niedergeschlagen<br />
wird. Es wird der Ausnahmezustand befohlen. Es werden in der Folgezeit umfangreiche<br />
Verhaftungen in vielen Großstädten der DDR bekannt. Bei diesen Unruhen<br />
waren auch in Delitzsch zwei Todesopfer zu beklagen.<br />
23.12 Es läuft einer der erfolgreichsten Kinderfilme der DDR in den Kinos an „Der kleine<br />
Muck“<br />
In diesem Jahr fliehen 391.390 Personen aus der DDR nach Westdeutschland und Westberlin.<br />
Aus <strong>Zaasch</strong> waren es u.a. die Familien der Bauern Krone- Nietsch und Dittel.<br />
Die Gemeinde Brodau wird das erste voll- genossenschaftliche Dorf im Bezirk Leipzig. Im<br />
Kreis Delitzsch bestehen 23 LPG, 8 befinden sich in Gründung. Trotz vieler Repressalien<br />
verlassen einzelne Bauern, auch in <strong>Zaasch</strong>, die LPG, um wieder als Einzelbauern zu wirtschaften.<br />
In diesem Jahr wurde in einem Raum des ehemaligen Herrenhaus des Hornschen Gutes ein<br />
Fernsehgerät aufgestellt, damit die Dorfbewohner in die Lage versetzt werden, Fernsehsendungen<br />
des DDR Fernsehens zu empfangen. Die Geräte waren sehr teuer und äußerst<br />
knapp. Die Technik war so eingerichtet, dass man mit diesen Geräten eigentlich nur das<br />
Fernsehen der DDR sehen konnte. Die Sendezeiten lagen nur in den Abendstunden. Für<br />
Kinder wurden in den Nachmittagsstunden Kindersendungen ausgestrahlt. Später wurden für<br />
die Schichtarbeiter auch Wiederholungen des Vortagsprogramms in den Vormittagsstunden<br />
gesendet.<br />
Die LPG hatte inzwischen 400 ha Land zu bewirtschaften. Das kam dadurch, das herrenlos<br />
gewordene Flächen immer einer LPG zugeschlagen wurden. Die Hälfte der Ackerflächen<br />
war unbewirtschaftet. Das in den Unterlagen ausgewiesene Genossenschaftliche Vermögen<br />
betrug 690,5 TM. Der Viehbestand belief sich auf knapp 100 Rinder und 200 Schweine.<br />
Der Wert einer Arbeitseinheit betrug 1,12 M<br />
Richard Krönert übernimmt die Schafherde der LPG, die er bis zum Ende des Bestehens der<br />
LPG führen wird. Am Ende waren es fast 37 Jahre.<br />
Das Jahr 1954<br />
22.01. der Ministerrat der DDR beschließt, dass loyal gesinnte Großbauern auch Mitglieder<br />
einer LPG werden können. Bis 1955 treten etwa 2000 Großbauern in die LPG<br />
ein.<br />
25.03. Die Anerkennung der Souveränität der DDR durch die Sowjetunion ist erfolgt, aber<br />
die Besetzung der DDR ist damit nicht aufgehoben. Alle sicherheitsrelevanten Fragen,<br />
die sich aus dem Viermächteabkommen ergaben behält sich die Sowjetunion<br />
vor.<br />
04.07. Ganz Deutschland feiert den Sieg der westdeutschen Fußballnationalmannschaft<br />
über Ungarn in Bern. Ganz Deutschland fühlt sich damit als Fußballweltmeister,<br />
auch die Fußballfanatiker aus dem Ostteil Deutschlands.<br />
62
Im Verlaufe des Jahres werden mehrere Preissenkungen bis zu 20 % für eine größere Anzahl<br />
von Lebensmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen wirksam.<br />
Erstmals kommen auch für private Haushalte Leuchtstoffröhren in den Handel.<br />
Hier einige Preise für Bedarfsartikel :<br />
Fernsehapparat Typ Rembrandt 1.300 DM<br />
Musiktruhe mit Tonband 2.300 DM<br />
Radio 300 – 400 DM<br />
Bei einem monatlichen Monatseinkommen von ca. 350,00 DM musste man also 4 Monatseinkommen<br />
für den Erwerb eines Fernsehers ausgeben.<br />
Im Juli kommt es wegen anhaltender Regenfälle zum Muldehochwasser, welches in den<br />
Gemeinden Löbnitz und Roitzschjora zu schweren Schäden führte.<br />
Mit großzügiger staatlicher Unterstützung konnte in der LPG <strong>Zaasch</strong> in diesem Jahr ein großer<br />
Schweinemaststall am Rödgener Weg gebaut werden. Dieser Stall ist heute noch (<br />
2003) in Benutzung.<br />
Durch diese großzügige staatliche Hilfe wuchs der Wert der Arbeitseinheit auf 2,41 Mark.<br />
Der Viehbestand war auf 226 Rinder und 436 Schweine gewachsen.<br />
In diesem Jahr tritt Pfarrer Bronisch seine Pfarrstelle in Zschernitz an und ist damit auch für<br />
die Kirche in <strong>Zaasch</strong> verantwortlich. Er betreute die Pfarrstelle bis 1961.<br />
Das Jahr 1955<br />
25.01. Die Sowjetunion erklärt den Kriegszustand gegenüber Deutschland für beendet.<br />
17.03. Im Automobilwerk Zwickau läuft der erste duroplastbeschichtete PKW der Welt<br />
vom Band. Er trug den Namen „P 70“<br />
01.05. Bei den Maidemonstrationen treten zum ersten mal bewaffnete Formationen der<br />
Kampfgruppen auf. Als Uniformen wurden damals noch ganz schlichte blaue Arbeitsanzüge<br />
getragen.<br />
23.12. Zum ersten Mal erscheinen die Mosaikhefte mit den Comicfiguren Dig, Dag und<br />
Digedag. Diese Heftserie wird für viele Jahre der Renner in der Kinderliteratur.<br />
In diesem Jahr flüchten 252.870 Personen aus der DDR nach Westdeutschland und Westberlin.<br />
In der LPG <strong>Zaasch</strong> wird im Ortsteil Serbitz in den Räumen des ehemaligen Gutshauses ein<br />
großes Lehrlingswohnheim für 30 Lehrlinge eingerichtet. Ausgebildet wird hier in einer dreijährigen<br />
Lehrzeit der Facharbeiter für Acker- und Pflanzenbau. Gleichzeitig wird die Fahrerlaubnis<br />
für Traktoren erworben. Die Absolventen wurden danach in der gesamten Republik<br />
eingesetzt. Nur relativ wenige blieben hier, so dass immer ein Arbeitskräftemangel bestand.<br />
Das genossenschaftliche Vermögen der LPG betrug 1.935.267 DM. Anders ausgedrückt<br />
waren das 519 ha Land, 243 Rinder usw.<br />
63
Das Jahr 1956<br />
10.01. Die Volkskammer beschließt den Aufbau der „Nationalen Volksarmee“ (NVA). Diese<br />
Armee war für einige Jahre eine reine Freiwilligen- Armee.<br />
16.11. Durch Gesetz wird die Mindestrente auf 105,00 DM festgesetzt. Die übrigen Renten<br />
werden um 30 DM erhöht.<br />
04.07. Es werden wieder Preissenkungen bekannt gegeben. So reduzieren sich u.a. folgende<br />
Preise :<br />
1 Paar Perlonstrümpfe von 25,50 DM auf 19,50 DM<br />
1 Damenkleid aus Kunstseide 87,40 DM 66,80 DM<br />
Kinderschuhe mit Kreppsohle 23,80 DM 18,00 DM<br />
Herrenfahrrad 261,00 DM 210,00 DM<br />
45 l Kühlschrank 1050,00 DM 840,00 DM<br />
Das monatliche Durchschnittseinkommen eines Arbeiters lag zu dieser Zeit bei 300,00 DM<br />
bis 350,00 DM. Das heißt für einen kleinen Kühlschrank musste man 2- 3 Monatseinkommen<br />
hinblättern. Ein Empfänger einer Mindestrente musste damals die Rente von 8 Monaten für<br />
einen kleinen Kühlschrank aufwenden.<br />
05.06. In Halle wird der erste Selbstbedienungsladen der DDR eröffnet.<br />
01.10. In allen HO- Läden ist ab sofort Teilzahlung möglich. Natürlich galt das nur<br />
für ausreichend vorhandene Waren, und das waren nicht sehr viele.<br />
Nov. /Dez. Auf der Olympiade in Melbourne (Australien) erringt der Boxer Wolfgang Behrendt<br />
die erste Goldmedaille für die DDR bei olympischen Sommerspielen.<br />
Am 15. Juli kommt es durch wolkenbruchartige Regenfälle im Kreisgebiet zu Hochwasser,<br />
das aber in <strong>Zaasch</strong> keinen Schaden anrichtet.<br />
Das Jahr 1957<br />
02.01. In 12 Großbetrieben der DDR wird die 45 Stundenwoche eingeführt. Bisher wurde<br />
wöchentlich 48 Stunden gearbeitet, die Arbeitswoche ging von Montag bis Samstag.<br />
04.10. Start des ersten künstlichen Erdsatelliten „Sputnik“ in der Sowjetunion.<br />
07.11. Es beginnt die Produktion des „Trabant P50“. Bis 1962 wurden einschließlich des<br />
Typs „50/2“ insgesamt 131.450 Stück hergestellt.<br />
13.10. Ohne Vorankündigung erfolgte eine Währungsreform mit Geldumtausch im<br />
Verhältnis 1.1. Damit sollte vor allem der Geldüberhang abgebaut werden,<br />
der sich in Westberlin auf Grund illegaler Wechselstuben gebildet hatte, und<br />
dadurch entwertet wurde.<br />
In diesem Jahr flüchteten 262.622 Personen aus der DDR Westdeutschland und Westberlin.<br />
64
Das Jahr 1958<br />
01.06. Die Lebensmittelkarten in der DDR werden endgültig abgeschafft. Die Preise für<br />
bisher rationierte Lebensmittel und in den HO Geschäften frei verkäuflichen Lebensmittel<br />
werden vereinheitlicht. Gleichzeitig wird das Kindergeld und eine Geburtenbeihilfe<br />
eingeführt .<br />
02.01. Es wird ein Gesetz beschlossen, dass bei öffentlich gespielten Musiktiteln mindestens<br />
60 % von Ost- Komponisten stammen müssen. Die Einhaltung dieser Vorschrift<br />
wurde zeitweilig sehr streng kontrolliert. Alle Musikgruppen, die in der Öffentlichkeit<br />
auftreten wollten, aber auch alle Gruppen wie z.B. Schulklassen, die<br />
ein Klassenfest ausrichten wollten, mussten eine Liste der Musiktitel, die sie spielen<br />
oder von Tonträgern abspielen wollten, rechtzeitig bei der Abt. Kultur des jeweiligen<br />
Rates des Kreises zur Genehmigung einreichen.<br />
04.10. In Leipzig wird die erste „Messe der Meister von Morgen“ (MMM) eröffnet. Das<br />
war eine Schauveranstaltung auf der junge Arbeiter und Angehörige der Intelligenz<br />
ihre Arbeitserfolge ausstellten.<br />
Mit Beginn des Schuljahres im September wird an allen Schulen ein Unterrichtstag in der<br />
Produktion eingeführt.(UTP). Anfangs war man noch allseits bestrebt, den Eindruck zu erwecken,<br />
es handele sich um ein Schulfach, in dem die Kinder mit den Problemen der Werktätigen<br />
bekannt gemacht werden sollten. Im Laufe der Jahre verkam diese Aktion immer mehr<br />
zu einem Arbeitseinsatz von Jugendlichen, die den Betrieben aus der Arbeitskräftenot retten<br />
sollte.<br />
In diesem Jahr flüchteten 204.092 Personen aus der DDR nach Westdeutschland und Westberlin.<br />
In diesem Jahr werden in der LPG <strong>Zaasch</strong> 2 neue Rinderoffenställe für jeweils 60 Kühe im<br />
Ortsteil Serbitz fertiggestellt und in Betrieb genommen.<br />
Vermutlich als letztes Wohnhaus in <strong>Zaasch</strong> wird die ehemalige „Mühle“ an der Straße nach<br />
Roitzsch an das Elektrizitätsnetz angeschlossen. Nach mehr als 50 Jahren haben nun alle<br />
Einwohner von <strong>Zaasch</strong> einen Elektroanschluß. In diesem Haus wurden neben den allbekannten<br />
Kerzen und Petroleumlampen sogar noch Karbidlampen betrieben. Der damalige<br />
Besitzer arbeitete auf der „Grube“ dem Braunkohlentagebau, wo als Arbeitslampen unter<br />
Tage solche mit Calciumkarbid betriebenen Lampen sog. „Geleuchte“ üblich waren. Aus<br />
Karbid und Wasser wurde das Gas Acetylen, auch als Schweißgas bekannt, hergestellt, das<br />
bei Entzündung eine sehr helle Flamme gab.<br />
Das Jahr 1959<br />
03.06. Walter Ulbricht prägt den Spruch : „Jedermann an jedem Ort- einmal in Woche<br />
Sport“. Dieser von den meisten belächelte Spruch erfuhr in der Folgezeit im<br />
Volksmund viele witzige Abwandlungen.<br />
21.08. Walter Ulbricht wiederholt und bestärkt seine Behauptung, die DDR werde die<br />
BRD bis 1961 wirtschaftlich einholen und überholen. Ein Witz der damaligen Zeit<br />
besagte, dass jetzt Filzlatschen ausgegeben werden müssen, damit der Westen<br />
nicht hört, wie er überholt wird.<br />
22.11. 18.50 Uhr schlägt die Geburtsstunde des Sandmännchens im DDR – Fernsehen.<br />
65
22.11. Anlässlich eine ZK-Tagung der SED wird der Kreis Eilenburg als erster vollgenossenschaftlicher<br />
Kreis der DDR gemeldet.<br />
In diesem Jahr flüchten 143.917 Personen aus der DDR in die Bundesrepublik und Westberlin.<br />
In <strong>Zaasch</strong> , auf dem Gelände des ehemaligen Gutes von Krone Nietzsch, wird ein weiterer<br />
Rinderoffenstall für 60 Kühe errichtet und gleichzeitig ein moderner Fischgrätenmelkstand in<br />
Betrieb genommen. Von dieser Anlage ist heute (2003) nichts mehr vorhanden, nur der damals<br />
benötigte Brunnen ist noch zu sehen.<br />
In diesem Jahr wurden von der RTS Döbernitz wesentliche Teile der Landtechnik in eigene<br />
Regie der LPG <strong>Zaasch</strong> übernommen. In Serbitz wird der sog. Stützpunkt eingerichtet.<br />
Das Jahr 1960<br />
21.03. Karl- Eduard Schnitzler tritt zum ersten Mal mit seiner Sendung „Der schwarze<br />
Kanal“ im Fernsehen der DDR auf. In dieser Sendung wird an Hand von geschickt<br />
ausgewählten Ausschnitten aus dem Westfernsehen versucht, zu beweisen, dass<br />
die Kapitalisten unsere Feinde sind. Böse Zungen behaupteten damals, dass<br />
Wasserwerker den Beginn dieser Fernsehsendung auf die Minute genau am plötzlich<br />
steigenden Wasserverbauch feststellen konnten. Alle Welt erhob sich nämlich<br />
nach einem relativ schönen Fernsehabend um vor dem Schlafengehen die Toiletten<br />
zu benutzen. Vor dem „Schwarzen Kanal“ lief viele Jahre ein alter Spielfilm,<br />
den sich die Leute gern angesehen haben.<br />
01.10. Im Fernsehen der DDR wird die „Aktuelle Kamera“ zeitlich auf 19.30 Uhr vorverlegt<br />
, damit es nicht zur Überschneidung mit der „Tagesschau“ im Westfernsehen<br />
kommt. Man befürchtete, wahrscheinlich zu Recht, dass die Fernsehzuschauer die<br />
Tagesschau vorgezogen hätten. Inzwischen war es nämlich in großen Gebieten<br />
der DDR möglich geworden, das Programm aus dem Westen in annehmbarer<br />
Qualität zu empfangen. Nur in einigen Gebieten im südlichsten Sachsen war dies<br />
nicht möglich. Die Bezeichnung „ARD“ erhielt dort auch die makabre Übersetzung<br />
„Außer Raum Dresden“, auch die Bezeichnung „Tal der Ahnungslosen“ war für<br />
diese Region im Volksmund gebräuchlich.<br />
In diesem Jahr flüchten 199.188 Personen aus der DDR in die Bundesrepublik und Westdeutschland<br />
Unter schwerem staatliche Druck gesetzt, treten auch in <strong>Zaasch</strong> die letzten freien Einzelbauern<br />
in die LPG ein, darunter die Familien<br />
Bergmann Friedrich Gebauer<br />
Hampel Löwe Scheibel<br />
Damit findet die Zwangskollektivierung unter dem Schlagwort „ Sozialistischer Frühling auf<br />
dem Lande“ ihren Abschluss.<br />
Das Jahr 1961<br />
12.04. Aus der Sowjetunion wird gemeldet , das der erste Mensch, Juri Gagarin, von einem<br />
erfolgreichen Weltraumflug zurückgekehrt ist.. Das Gerücht, dass bereits früher<br />
einige bemannte Weltraumflüge aus der Sowjetunion gescheitert sind, kommt<br />
66
nie ganz zum Schweigen. Auffällig ist, dass solche spektakulären Flüge immer erst<br />
bekannt gegeben wurden, nachdem sie erfolgreich beendet waren.<br />
12.05. Der Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht erklärt auf einer Pressekonferenz : „Niemand<br />
hat die Absicht, eine Mauer zu errichten“. Eine Aussage, die bereits zu diesem<br />
Zeitpunkt eine Lüge war, wie sich noch im gleichen Jahr herausstellen sollte.<br />
13.08. Es beginnt der Bau der berüchtigten Berliner Mauer, welche die Teilung<br />
Deutschlands im wahrsten Sinne des Wortes für die nächsten 29 Jahre zementierte.<br />
Wenige Tage später werden auch alle anderen Grenzübergänge nach der<br />
BRD für die Bürger der DDR gesperrt. Einreisen von Bürgern der BRD waren<br />
noch möglich, nachdem ein ziemlich aufreibendes Genehmigungsverfahren und<br />
ein Zwangsumtausch von Bargeld erledigt waren.<br />
05.09. Als Krönung einer scharfen Kampagne gegen das Westfernsehen durch Bürger<br />
der DDR wird von der FDJ zu einer Aktion zur Beseitigung von „Ochsenköpfen“<br />
aufgerufen. Ochsenköpfe waren Fernsehantennen mit denen man über die höchste<br />
Erhebung des Fichtelgebirges, nämlich den Ochsenkopf , das Programm des<br />
westdeutschen Fernsehens empfangen konnte. Für die Jüngeren unter uns muss<br />
vielleicht gesagt werden, das es ein Satelitenfernsehen noch nicht gab. Überzeugte<br />
oder unter Druck gesetzte Jugendliche haben in der Folgezeit tatsächlich damit<br />
begonnen, auf den Dächern ,und nicht nur auf den eigenen, solche Antennen gegen<br />
den Willen der Besitzer abzumontieren. Ich selbst bin als junger Soldat der<br />
NVA in Leipzig zu solchen Aktionen aufgefordert worden. Dank der Besonnenheit<br />
meines Vorgesetzten haben wir aber nie an solchen, rechtlich auch in der DDR<br />
sehr fragwürdigen und technisch sehr gefährlichen Unternehmen teilgenommen.<br />
13.11. In Berlin wird die Stalinallee ( ehemals „Frankfurter Allee“) umbenannt in „Karl-<br />
Marx- Allee“<br />
13 12. In Delitzsch wird der Stalinplatz wieder umbenannt in „Markt“.<br />
In der LPG <strong>Zaasch</strong> wird ein weiterer Rinderstall für 60 Tiere fertigstellt.Das LPG Büro zieht<br />
um in das ehemalige Herrenhaus der Familie Horn ( heute Lindenplatz 7).<br />
Pfarrer Hans - Peter Heyroth übernimmt von Pfarrer Bronisch die Pfarrstelle in Zschernitz<br />
und ist damit auch für <strong>Zaasch</strong> zuständig. Bis 1967 bleibt er im Amt.<br />
In diesem Jahr flüchteten 159.730 Personen aus der DDR in BRD und nach Westdeutschland.<br />
Das Jahr 1962<br />
24.01. Die Volkskammer beschließt das „Gesetz über die allgemeine Wehrpflicht<br />
25.02. Aus der LVZ ist zu erfahren, dass eine Schülerin einer Abiturklasse der LPG <strong>Zaasch</strong><br />
namens Karin Domaschke als Delegierte zum VII. Deutschen Bauernkongress nach Magdeburg<br />
fährt. Diese Abiturklasse gehörte zum Lehrlingsheim in Serbitz, wo Lehrlinge aus der<br />
gesamten Republik in landwirtschaftlichen Berufen ausgebildet wurden, einige besonders<br />
gute Lehrlinge konnten mit dem Berufsabschluß gleichzeitig das Abitur machen. Diese Praxis<br />
war in vielen Betrieben möglich.<br />
15.12. In Zwickau wird der neue „Trabant P 60“ hergestellt und zum ersten Mal ausgeliefert.<br />
Bis 1965 werden von diesem Modell etwa 105.000 Stück vom Band laufen.<br />
67
Dieses Auto wurde mit seinem Nachfolger „Trabant 600“ bzw. „601“ das meist gekaufte<br />
private Auto der DDR und erhielt in der Folge die tollsten Namen wie z.B.<br />
„Rennpappe“ „Bonsai- Mercedes“ „Überdachte Gehhilfe“, am bekanntesten war aber<br />
die Kurzbezeichnung „Trabbi“<br />
Im November grassiert im Kreisgebiet die Maul- und Klauen- Seuche, eine Rinderkrankheit<br />
,die zu erheblichen Viehverlusten geführt hat.<br />
Von August 1961 bis Ende 1962 flüchten trotz der Mauer und verstärkten Sperrmaßnahmen<br />
12.316 Personen aus der DDR In die BRD und Westberlin. An der Berliner Mauer ist das<br />
erste Todesopfer zu beklagen.<br />
Das Jahr 1963<br />
Das Jahr beginnt mit einer sehr langen Kälteperiode in unserer Gegend. Die Minustemperaturen<br />
liegen lange Zeit unter –15 Grad und steigen erst Ende Februar wieder in die Nähe der<br />
O - Gradgrenze .<br />
15.05. Das ZK der SED und der Ministerrat beschließen die Bildung der „Arbeiter und Bauern-<br />
Inspektion“ (ABI), die der Kontrolle in den Betrieben dienen sollte. Dort war sie<br />
auch strukturell der jeweiligen Parteiorganisation unterstellt. Man mag sich fragen,<br />
welchen Wert eine Kontrolle hat, die die Zustände im Auftrag einer Partei kontrolliert,<br />
die eben diese Zustände angeordnet und zu verantworten hat.<br />
13.12. Die neue Fernverkehrsstraße F 184 von Delitzsch nach Bitterfeld wird freigegeben.<br />
Sie führt jetzt über Petersroda und nicht mehr über Benndorf - Grube Ludwig – und<br />
Holzweißig. Die alte Trasse musste wegen des Braunkohlenaufschlusses verlegt<br />
werden. Nun konnte man viele Jahre auch in <strong>Zaasch</strong>, besonders nachts, das Kreischen<br />
und Rumoren der riesigen Abraum- und Kohlenbagger hören.<br />
Das Jahr 1964<br />
02.01. Neue Personalausweise mit dem Aufdruck „Bürger der Deutschen Demokratischen<br />
Republik“ werden ausgegeben.<br />
01.02 Der legendäre Kleinroller „KR 51“ „Schwalbe“ geht in Serie Damit beginnt die<br />
später sehr beliebte Vogelserie „Spatz“ „Star“ „Sperber“ und „Habicht“<br />
01.08. Neue Banknoten kommen in Umlauf. Sie tragen die neue Bezeichnung „Mark<br />
der Deutschen Notenbank“ (MDN)<br />
07.09. Der Wehrdienst ohne Waffen wird eingeführt. Die Bezeichnung für die Angehörigen<br />
dieser Truppe lautete „Bausoldat“ Trotz dieser rechtliche Klärung hatte man<br />
Schwierigkeiten seinen Dienst ohne Waffe abzuleisten. Diese Bausoldaten wurden<br />
in der Regel bei Bau von militärischen Objekten eingesetzt und nicht für soziale<br />
Dienste, eine Tatsache die von vielen jungen Leuten zum Anlass genommen wurde,<br />
auch diesen Dienst als „Spatensoldaten“, wie sie genannt wurden, zu verweigern,<br />
was in der Regel mit Haft bestraft wurde. Die Schulterstücke dieser Soldatenuniformen<br />
zierte tatsächlich ein kleiner Spaten. Nach Verbüßung der Haftstrafe<br />
konnte man allerdings wieder zur Ableistung des Wehrdienstes herangezogen werden,<br />
was häufig eine zweite Inhaftierung nach sich zog.<br />
68
01.10. In der DDR werden neue vierstellige Postleitzahlen eingeführt. Dabei kommt es zu<br />
Überschneidungen mit dem Postleitzahlensystem der Bundesrepublik. So hatten<br />
z.B. Weimar in der DDR und Bonn in der BRD die gleiche Postleitzahl 5300.<br />
Das Jahr 1965<br />
08.01. In einer Pressemitteilung wird der Perspektivplan für die Braunkohlenerschließung<br />
bekannt gegeben. Für die Jahre 1969 /70 ist der Aufschluß eines neuen Tagebaues<br />
im Raum <strong>Zaasch</strong> / Schenkenberg vorgesehen. Dieses Vorhaben ist nie realisiert<br />
worden, denn sonst könnten wir das hier nicht lesen, denn der Ort <strong>Zaasch</strong> wäre<br />
buchstäblich in die Grube gefallen.<br />
15.11. Die erste in der DDR produzierte „Antibabypille“ wird zugelassen.<br />
22.12. Auf Beschluß des Ministerrates soll die 45 - Stunden – Woche eingeführt werden.<br />
Das sah in den ersten Jahren so aus, dass jeder zweite Samstag arbeitsfrei war.<br />
Die Feldwirtschaft der LPG <strong>Zaasch</strong> wird mit der LPG in Schenkenberg zur Kooperativen<br />
Abteilung Pflanzenproduktion (KAP ) zusammengelegt.<br />
Das Jahr 1966<br />
28.02. Walter Ulbricht beantragt die Aufnahme der DDR in die UNO. Dieser Antrag wird<br />
abgelehnt.<br />
09.04. Dieser Tag ist der erste arbeitsfreie Samstag in der DDR. Jede 2. Woche wird in<br />
Zukunft eine 5 –Tage - Woche.<br />
12.06. Premiere des DEFA Films „Spur der Steine“ mit dem später sehr berühmt gewordenen<br />
Schauspieler und Sänger Manfred Krug, der nach wenigen Vorstellungen in<br />
einigen Großstädten wieder abgesetzt wird. Angeblich hat sich die Arbeiterklasse<br />
gegen eine solche Darstellung von Arbeitern verwahrt. Tatsache ist jedoch, dass<br />
sich die wenigen Filmbesucher z. B. in Leipzig untereinander sehr gut aus ihrer<br />
Parteiarbeit kannten. Man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass der Film auf<br />
höchsten Parteibeschluss abgesetzt worden ist. Es war übrigens wie man später<br />
herausfand, nicht der einzige Film der von der Partei aus dem Spielplan genommen<br />
worden war.<br />
Mit Schuljahresbeginn hat es in <strong>Zaasch</strong> keine eigene Schule mehr gegeben. Die Kinder<br />
müssen alle nach Zschernitz, nachdem bereits einige Jahre früher die höheren Klassen nicht<br />
mehr in <strong>Zaasch</strong> beschult wurden.<br />
Das Jahr 1967<br />
01.01. In seiner Neujahrsansprache lehnt Walter Ulbricht eine baldige Wiedervereinigung<br />
Deutschlands offiziell ab. Die Nationalhymne der DDR, in der es immer noch hieß<br />
:“Deutschland, einig Vaterland“ wird fortan nur noch als Melodie ohne Text angeordnet.<br />
69
19.04. Auf der Funkausstellung in Westberlin nimmt das Farbfernsehen der BRD seinen<br />
offiziellen Sendebetrieb auf.<br />
19.04. Die DDR führt die regelmäßige 5 – Tage – Woche mit 43,75 Wochenstunden ein.<br />
15.11. Auf Grund der immer knapper werdenden Wohnungen verkündet die Regie-<br />
rung eine Verordnung zur Lenkung des Wohnraumes. Altbauwohnungen wur-<br />
. den so gut wie überhaupt nicht erhalten. Viele alte Stadtkerne wurden auf die-<br />
se Art und Weise dem Verfall preisgegeben, zu sehen ist das in Leipzig, Halle<br />
Bitterfeld und Dessau. Diese historischen Stadtkerne sind damit in vielen Fäl-<br />
len unwiederbringlich verloren. Um der Wohnungsnot Herr zu werden ,werden<br />
in den Folgejahren in vielen Städten Neubauviertel errichtet, die bekanntesten<br />
sind Halle- Neustadt“ auch „Ha- Neu“ genannt, Leipzig –Lindenau, Rostock-<br />
Marienehe“ u.a.. auch Delitzsch- Nord.<br />
01.11. Die Währung der DDR wird umbenannt in „Mark der Deutschen Demokratischen<br />
Republik“ (M)<br />
In diesem Jahr übernimmt der Schlossermeister Paul Gräfe jun. die Schlosserei von seinem<br />
Vater. Das Handwerksgeschäft wird in der zweiten Generation in der Familie geführt.<br />
Das Jahr 1968<br />
12.01. Die Volkskammer beschließt das neue Strafgesetzbuch der DDR. Danach sollen<br />
die Richter nicht nur die Straftat bewerten, sondern auch „die Einstellung des Angeklagten<br />
zum sozialistischen Staat“ und seine „Gesellschaftsgefährlichkeit“. Eine<br />
wahrhaft eindeutige Aufforderung!<br />
01.07. Die freiwillige Zusatzrentenversicherung (FZR ) wird in der DDR eingeführt. In der<br />
DDR gab es nur zwei Sozialversicherungen, die beide Pflichtversicherungen<br />
gleichzeitig realisierten (Kranken- und Rentenversicherung). Für Arbeiter und<br />
Angestellte war die Sozialversicherungskasse des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes<br />
( SVK des FDGB ) zuständig, für alle übrigen Bürger wie Bauern,<br />
Selbständige, Genossenschaftler war die Deutsche Versicherungsanstalt ( DVA )<br />
der Versicherungsträger. Eine Arbeitslosen- und Pflegeversicherung bestand in<br />
der DDR nicht. Der Beitragssatz betrug in beiden Versicherungen 10% des Bruttoeinkommens,<br />
aber maximal 60 Mark im Monat. Mit der Einführung der FZR<br />
konnten diejenigen, die mehr als 600 Mark Monatseinkommen hatten, ihre Rentenanwartschaft<br />
freiwillig erhöhen, in dem sie sich in Höhe des tatsächlichen Einkommens<br />
mit 10 % versicherten.<br />
01.12. Ein neues Vollwaschmittel kommt auf den Markt „Spee“<br />
10.01. Es setzt eine Kältewelle ein. Bei Temperaturen um – 15 Grad kommt es im Kreisgebiet<br />
zu erheblichen Schneeverwehungen, sowohl auf den Straßen als auch auf<br />
den Schienen.<br />
Mit Beginn des Schuljahres wird ein ganzjähriger Schulbus für die <strong>Zaasch</strong>er Kinder bereitgestellt..<br />
Bisher gab es den Schulbus nur in den Wintermonaten.<br />
70
Das Jahr 1969<br />
21.07. Der Amerikaner Neil Armstrong betritt als erster Mensch den Mond. Ihm wird der<br />
Satz in den Mund gelegt : „Für mich war es nur ein kleiner Schritt aber für die<br />
Menschheit ein gewaltiger.“<br />
01.08. Die erste 20 Pfennig- Münze und die erste 5 Mark- Münze der DDR kommen in<br />
Umlauf.<br />
Im März des Jahres wird die „Zwischengenossenschaftliche Einrichtung“ (ZGE) mit den<br />
Partnern Schenkenberg, <strong>Zaasch</strong>, Benndorf, Sausedlitz, Poritzsch und Werbelin gegründet.<br />
Das LPG Büro zieht nach Schenkenberg um. Leider wird die ZGE noch vor Jahresende wieder<br />
aufgelöst. Da das ehemalige LPG Büro in <strong>Zaasch</strong> zwischenzeitlich anders genutzt<br />
wird, musste .das Büro bis zur Fertigstellung eines neuen Gebäudes in der alten<br />
Schule einziehen.<br />
Als evangelischer Pfarrer wirkte Peter Schulze in Zschernitz und <strong>Zaasch</strong>. Er war damit der<br />
Nachfolger von Hans Peter Heyroth. Er hatte dieses Amt bis 1989 inne.<br />
Das Jahr 1970<br />
01.01. Im Raum Delitzsch setzt starker Schneefall ein, der bis zum 06.01. andauert. Viele<br />
Straßen sind überhaupt nicht oder nur einseitig befahrbar.<br />
05.03. Wiederum schneit es so stark, dass viele Straßen von Delitzsch aus gesperrt werden<br />
müssen, ab dem 09.03. lässt der Schneefall nach.<br />
01.07. Seit diesem Tag tragen alle Exportartikel aus der DDR die Bezeichnung „Made<br />
GDR“ statt „Made in Germany“<br />
Das Jahr 1971<br />
31.01. Nach 19-jähriger Unterbrechung wird der Telefonverkehr zwischen den beiden<br />
deutschen Staaten wieder aufgenommen. Das heißt aber noch nicht, dass man ohne<br />
Schwierigkeiten von Halle nach Hamburg telefonieren konnte, denn es gab keinen<br />
Selbstwählferndienst, sondern man hatte das Gespräch beim Fernamt anzumelden.<br />
Es konnte Stunden dauern, bis eine Leitung, es waren insgesamt nur 10 für<br />
die ganze DDR, frei wurde.<br />
03.05. Walter Ulbricht erklärt ,offiziell aus gesundheitlichen Gründen, seine Rücktritt von<br />
seinem Parteiamt. Er war zu diesem Zeitpunkt fast 78 Jahre alt. Vorausgegangen<br />
war allerdings am 21.03. des Jahres ein Beschwerdebrief von Mitgliedern des Politbüros<br />
der SED an den damaligen sowjetischen Staats- und Parteichef Loenid<br />
Breshnew. Ulbrichts Nachfolger in diesem Amt wird Erich Honecker. Trotz seines<br />
hohen Alters wird Ulbricht aber im November wieder zum Vorsitzenden des Staatsrates<br />
und damit zum höchsten Amt im Staat gewählt. Es war übrigens typisch für<br />
fast alle hohen Staats - und Parteiämter in fast allen sozialistischen. Volksdemokratien,<br />
das sie von sehr alten Personen besetzt worden waren. Man bekam den Eindruck,<br />
dass sich die Herren um keinen Preis von ihren Ämtern trennen wollten. Diese<br />
„Alten- Herren – Riegen“ waren oft Ziel von bösen Witzen. So wurde z.B. die Tagesordnung<br />
in solchen Alt- Herrengremien wie folgt beschrieben:<br />
1.TOP Hereintragen der Politiker<br />
2 TOP Anschließen der Herz- Lungen- Maschinen<br />
71
3.TOP Einschalten der Beatmungsgeräte<br />
27.06. Es läuft der erste Film der Krimiserie „Polizeiruf 110“ unter dem Titel „Der Fall Lisa<br />
Murnau“. Insgesamt sind bis zum Ende der DDR weitere 153 Folgen produziert<br />
worden.<br />
Das Jahr 1972<br />
06.01. Erich Honecker bezeichnet die Bundesrepublik erstmalig offiziell als Ausland<br />
16.10. Allen ehemaligen Bürgern der DDR die vor dem 01.01.1972 das Land verlassen<br />
hatten, wird ihre DDR- Staatsbürgerschaft per Gesetz aberkannt. Sie werden damit<br />
auch nicht mehr wegen Republikflucht strafrechtlich verfolgt.<br />
Die LPG-Verwaltung in <strong>Zaasch</strong> zieht in ihr neues Gebäude am Ortsausgang nach Roitzsch<br />
ein. (heute Triftweg 2 )<br />
Im Spätsommer des Jahres brennt es im oberen Teil von Löwes Scheune. Ursache war des<br />
Spielen mit Streichhölzern durch fremde Kinder.<br />
Das Jahr 1973<br />
01.07. Es kommen neue Geldscheine in Umlauf. Sie tragen bis 1990 die Aufschrift „Mark<br />
der Deutschen Demokratischen Republik“<br />
18.09. Die DDR und die BRD werden in die UNO aufgenommen.<br />
13.13. Das blaue Pionierhalstuch tragen nur noch die Jungpioniere bis zur 4 Klasse, danach<br />
erhalten sie als „Thälmann- Pioniere“ ein rotes Halstuch.<br />
19.12. Auf Grund einer Lockerung des Devisengesetzes dürfen auch DDR Bürger jetzt mit<br />
„Westgeld“ in den Interschop- Geschäften einkaufen.<br />
Das Jahr 1974<br />
01.01. Die internationale PKW- Kennzeichnung wird in der DDR von „D“ auf „DDR“ umgestellt.<br />
Im Sommer des Jahres traten einige interessierte Einwohner von <strong>Zaasch</strong> dem „Verband der<br />
Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter“ (VKSK) bei und gründeten die Sparte Geflügelzüchter.<br />
Als Gründungstag wird der Tag des ersten Teichfestes am 10.08. angegeben. Der<br />
VKSK war eine „demokratische Massenorganisation“, die 1954 aufgrund einer entsprechenden<br />
Verordnung über das Kleingarten- und Siedlungswesen gebildet worden war. Der VKSK<br />
wurde damit zur Dachorganisation aller Kleingärtner und Kleintierzüchter in der DDR. Aus<br />
dieser Sparte des VKSK ging später der „Verein <strong>Zaasch</strong>er Vogelliebhaber“ hervor. Angefangen<br />
hat das Ganze mit einigen Stockenten, und Schwänen. Später konnte man auf dem eingezäunten<br />
Teich bis zu 20 prächtige Entenarten wie z. B. Mandarinenten, und 5 Gänsearten,<br />
darunter Graugänse, Weißwangengänse, Brautgänse, bewundern. Die Schwäne mussten<br />
2002 wieder abgeschafft werden, da sie die Enten auf dem Teich derart bedrängten,<br />
dass deren Aufzucht gefährdet war.<br />
72
In Delitzsch wird das Schulze- Delitzsch Denkmal von seinem Platz entfernt und im Stadtpark<br />
aufgestellt. Bereits 1957 stellte ein Mitglied der SED Fraktion den Antrag auf Entfernung<br />
des Denkmals. Dieser Antrag wurde vorerst zurückgestellt Nachdem bereits 1966 die Eilenburger<br />
Straße in Wilhelm- Pieck Straße umbenannt worden war wurde nun auch die Figur<br />
des bürgerlichen Politikers von ihren angestammten Platz verbannt und durch eine Statue<br />
von W. Pieck ersetzt.<br />
Das Jahr 1975<br />
01.01. Alle in der DDR erscheinenden Zeitungen stellen die Sonntagsausgabe ein. Die<br />
Begründung ist akuter Papiermangel.<br />
17.04. In Delitzsch in der Benndorfer Landstraße nimmt die industrielle Rindermast (VEB<br />
IRIMA) ihren Betrieb auf. Begonnen hat das Ganze mit 1.150 Mastkälbern. In der<br />
Endphase werden dort 14.000 Kälber gemästet. Monatlich werden etwa 1000<br />
Mastbullen an die Schlachthöfe ausgeliefert.<br />
27.04. Die erste Baukolonne der DDR reist zum Bau der Erdölpipeline „Drushba-Trasse“<br />
in die Sowjetunion. Diese Trasse sollte 7 Länder des Ostblocks, darunter auch die<br />
DDR, mit sowjetischem Erdöl aus den Lagerstätten bei Orenburg versorgen. Die<br />
Erdölpipeline sollte mit 4451 km eines der längsten Bauwerke der Welt werden. Bis<br />
1992 bauten 15.000 Werktätige aus der DDR ein 1750 km langes Teilstück dieser<br />
Trasse. In der Folgezeit werde immense Mengen an Baumaterial den gleichen<br />
nach Osten nehmen, denn die Baukolonnen mussten sich selbst mit Baumaterial<br />
aus ihren Heimatländern versorgen. Es ist sogar der Baukies und Zement auf die<br />
lange Reise gebracht worden.<br />
01.07. Die ersten 40 Filterpumpen zur Absenkung des Grundwasserspiegels für den Tagebau<br />
Delitzsch- Südwest nehmen ihren Betrieb auf. Insgesamt wurden 425 Filterbrunnen<br />
zur Entwässerung des zukünftigen Braunkohletagebaues niedergebracht<br />
Die Folge ist eine weiträumige Absenkung des Grundwasserspiegels, die sich auch<br />
in <strong>Zaasch</strong> bemerkbar macht. Die letzten privaten Wasserpumpen fallen aus.<br />
Das Jahr 1976<br />
01.01. Durch das Inkrafttreten eines neuen Zivilgesetzbuches ( ZGB) wird das alte „Bürgerliche<br />
Gesetzbuch“ („BGB“ ) in der DDR außer Kraft gesetzt..<br />
25.04. In Berlin wird der „Palast der Republik“ eröffnet. Es war wohl der größte Kulturpalast<br />
der Republik. Alle größeren zentralen Veranstaltungen zu staatlichen und parteilichen<br />
Höhepunkten wurden dort feierlich begangen. Dieses Gebäude erhielt in<br />
den Folgejahren vom Volksmund diverse Spitz- und Spottnamen, wie z. B. „Ballast<br />
der Republik“ oder „Erichs Lampenladen“ oder auch „Palazzo prozzo“<br />
Die LPG <strong>Zaasch</strong> wird mit der LPG „7.Oktober“ in Schenkenberg vereinigt. Die Büroräume<br />
werden insgesamt nach Schenkenberg verlegt. Der 7. Oktober 1949 war bekanntlich der<br />
Gründungstag der DDR.<br />
01.04. Berichtet die LVZ auf ihrer Kreisseite, dass der <strong>Zaasch</strong>er Baggerfahrer<br />
Ernst Deckert seinen Braunkohlenbagger aus dem Kreis Bitterfeld in den<br />
Kreis Delitzsch überführt. Für die Stecke von ca. 4,3 km wurde eine Woche<br />
benötigt.<br />
73
Der DFD organisierte auf Ortsebene eine sog. „Frauenakademie“. Das war eine lose Vortragsreihe,<br />
die in Verbindung mit dem DRK verschiedene, die Frauen interessierende Themen,<br />
behandelte. Die Funktion der DFD- Vorsitzenden übernahm Frau Sonja Schnabel von<br />
Frau Naumann, die diese Funktion seit.........inne hatte. Frau Schnabel war bis 1981 Vorsitzende.<br />
Im Frühjahr zieht der Kindergarten aus seinem alten Gebäude in der Nähe der alten Brennerei<br />
in das ehemalige Verwaltungsgebäude der LPG am Ortsausgang nach Roitzsch um, wo<br />
er bis zu seiner Schließung im Jahre1993 verbleibt. ( Triftweg 2 )<br />
Das Jahr 1977<br />
01.07. Eine neue Kaffeesorte „Kaffee- Mix“ kommt auf den Markt. Es handelt sich dabei<br />
um einen mit Malzkaffee gestreckten Bohnenkaffe. Angeblich besteht diese Pulvermischung<br />
zu 51 % aus Bohnenkaffe, zu 36 % aus Roggen bzw. Gerste, zu 7 %<br />
aus Zichorie und 6 % Erbsen. Die DDR muss nach eigenen Angaben in diesem<br />
Jahr wegen der gestiegenen Rohkaffeepreise auf dem Weltmarkt ca. 300 Mio. Dollar<br />
ausgeben, die man dadurch möglichst verringern wollte. Dieses Kaffeegemisch<br />
wurde im Volksmund auch „Erichs Krönung“ genannt. Durch seine eigenartige Zusammensetzung<br />
und das unterschiedliche Quellverhalten der einzelnen Komponenten<br />
explodierten sogar Kaffeeautomaten. Dieses Produkt hat sich nicht lange<br />
auf dem Markt gehalten.<br />
In der Bundesrepublik kommen die ersten Taschenrechner zum Preis von 400 Mark auf den<br />
Markt<br />
Das Jahr 1978<br />
01.05. Die ersten DDR- eigenen Taschenrechner „MR 201“ kommen auf den Markt<br />
26.08. Siegmund Jähn fliegt mit dem sowjetischen Raumschiff „Sojus 31“ als erster Deutscher<br />
in den Weltraum.<br />
01.08. Für die Schüler der 9.und 10. Klassen wird in der DDR der Wehrkundeunterricht<br />
verbindlich eingeführt.<br />
In diesem Jahr wird Herr Tennler, der aus dem Erzgebirge stammt, Bürgermeister in <strong>Zaasch</strong>.<br />
Das Jahr 1979<br />
16.04. In den Intershop- Läden dürfen DDR Bürger nicht mehr mit Westgeld bezahlen,<br />
sondern nur noch mit sog. „Forumschecks“ der DDR – Staatsbank. Wer Geld aus<br />
dem westlichen Ausland hatte, musste dieses ab sofort bei der Staatsbank in „Forumschecks“<br />
umtauschen.<br />
16.09. Ein spektakulärer Fluchtversuch einer Familie aus Thüringen gelingt mit einem<br />
selbst gebauten Heißluftballon.<br />
74
Das Jahr 1980<br />
Das Jahr 1981<br />
13.12. In Polen wird der Ausnahmezustand verhängt. Die DDR- Partei- und Staats- führung<br />
begrüßt offiziell die Ausrufung des Kriegsrechtes in Polen..<br />
Den Vorsitz in der DFD –Ortsgruppe <strong>Zaasch</strong> übernimmt Frau Gisela Dahms, die dieses Amt<br />
bis Ende 1987 ausübt. Ihre Vorgängerin war Frau Sonja Schnabel.<br />
Das Jahr 1982<br />
05.07. Seit Tagen herrscht eine ungewöhnliche Hitzewelle, es gibt Temperaturen über 30<br />
Grad, das Wasserwerk in Delitzsch verzeichnet einen um 100% gestiegenen<br />
Wasserverbrauch. Ab dem 11.08. werden die Wassersparmaßnahmen wieder<br />
aufgehoben.<br />
20.11. Die neue 265 km lange Autobahn zwischen Hamburg und Berlin wird nach nur 4<br />
Jahren Bauzeit für den Verkehr freigegeben. Die BRD hat dafür 1,2 Milliarden DM<br />
bezahlt um die 150 km auf dem DDR –Gebiet auszubauen.<br />
Das Jahr 1983<br />
29.06. Die Bundesrepublik übernimmt die Bürgschaft über einen Kredit von einer Milliarde<br />
Mark den die DDR bei westdeutschen Banken aufnimmt.<br />
05.10. Erich Honecker kündigt den vollständigen Abbau der Selbstschussanlagen an der<br />
deutsch-deutschen Grenze an. Die Existenz solcher Selbstschussanlagen wurde<br />
lange Zeit von der DDR geleugnet. Manche Menschen sahen zwischen dieser<br />
Maßnahme und dem im Juni gewährten Kredit einen Zusammenhang.<br />
Das Jahr 1984<br />
In diesem Jahr erzwingen erstmals DDR- Bürger durch Besetzung von westdeutschen Botschaften<br />
in Prag und Budapest ihre Ausreise in die BRD, darunter auch eine Nichte von Willi<br />
Stoph, dem Vorsitzenden des DDR – Ministerrates.<br />
Aus statistischen Angaben geht hervor, dass von 100 DDR – Haushalten<br />
42 einen PKW<br />
96 eine Waschmaschine<br />
121 Fernsehgeräte<br />
besitzen.<br />
75
Das Jahr 1985<br />
01.10. In Eisenach läuft der einmillionste Wartburg 353 vom Band<br />
01.12. Die Mindestrenten werden auf 300,00M angehoben. Etwa 1 Mio. Rentner<br />
erhalten eine monatliche Rentenerhöhung von 30,00 M.<br />
Das Jahr 1986<br />
08.03. In <strong>Zaasch</strong> wird „Land unter“ gemeldet. In den vorausgegangenen Tagen<br />
herrschte klirrender Frost. Der Boden war tief gefroren und hochverschneit<br />
die Teiche waren mit dicken Eisdecken verschlossen. Plötzlich setzte ein<br />
starkes Tauwetter ein, welches die Schneemassen so schnell tauen ließ,<br />
dass der gefrorenen Boden das Wasser nicht aufnehmen konnte. Von den<br />
Feldern, die in Richtung Fernverkehrsstraße Brehna- Delitzsch lagen, floss<br />
das Tauwasser so schnell und in solchen Massen in den Teich vor dem<br />
Plinsentiegel, dass die Eisfläche aufbrach und in mächtigen Schollen auf<br />
Straße geschwemmt wurde. Dazu kam noch, dass die Graben- bzw Rohr-<br />
Verbindungen zum zweiten Teich vor der Kirche verschlossen war und<br />
das Wasser nicht abfließen konnte. Die Feuerwehr versuchte daher, die<br />
Wassermassen mit Pumpen in die beiden anderen Teiche zu zwingen.<br />
Dieser Tag war übrigens der letzte Tag an dem die <strong>Zaasch</strong>er Gastwirt-<br />
schaft durch die Familie Hartmann betrieben worden war. Das geplante<br />
und schon vorbereitete Abschiedsessen konnte wegen der angespannten<br />
Situation nicht bei Hartmanns stattfinden, sondern wurde den Feurwehr-<br />
an ihren Einsatzort gebracht.<br />
26.04 In Tschernobyl ereignet sich an einem Atomreaktor ein folgenschweres Atomunglück.<br />
Die Folgen sind noch nach Jahrzehnten zu spüren. Auch in Deutschland<br />
sollen erhöhte Strahlendosen gemessen worden sein.<br />
12.12. In Schönefeld stürzt eine TU 134 aus Minsk kommend ab. Das Unglück fordert<br />
72 Tote darunter 20 Kinder.<br />
Berlin feiert sein 750 jähriges Bestehen.<br />
Das Jahr 1987<br />
08.06. Am Brandenburger Tor in Berlin kommt es auf der DDR Seite zu Zusammenstößen<br />
zwischen der Volkspolizei und jugendlichen Fans, die einem Rockkonzert von<br />
der westliche Seite zuhören wollen.<br />
17.05. Der Staatsrat der DDR beschließt die Abschaffung der Todesstrafe.<br />
76
In diesem Jahr mehren sich die Nachrichten über eine nicht vom Staat gelenkte Friedens-<br />
und Umweltbewegung sowie über Aktionen der Staatssicherheit und der Staatsanwaltschaft<br />
gegenüber Mitgliedern und Sympathisanten dieser Bewegungen.<br />
Das Jahr 1988<br />
17.01. Am Rande der jährlichen, von der SED angeordneten, Demonstration aus Anlaß<br />
der Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht werden über Hundert<br />
Teilnehmer von der Staatssicherheit verhaftet. Sie hatten Plakate mit dem Wahlspruch<br />
von Rosa Luxemburg gezeigt „Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden“<br />
13.02. In Dresden werden DDR – Bürger verhaftet, weil sie am Rande einer Gedenkfeier<br />
anlässlich der Zerstörung Dresdens im II. Weltkrieg für die Einhaltung der Menschenrechte<br />
demonstrierten.<br />
14.02. Die Friedensgebete in der Leipziger Nikolaikirche werden mit einem Schweigemarsch<br />
von etwa 300 Personen beendet.<br />
18.10. Die sowjetische Zeitschrift „Sputnik“, die von vielen Menschen in der DDR wegen<br />
ihrer offenen und politkritischen Berichterstattung gelesen wurde, wird aus der Zeitungsliste<br />
der DDR gestrichen. Die Bevölkerung wertete diese Tatsache als ein<br />
deutliches Zeichen dafür ,dass sich die DDR nicht mehr im Gleichklang mit der Sowjetunion<br />
befand, welcher bei jeder Gelegenheit von den Parteigrößen der SED betont<br />
worden war.<br />
Aus dem Kreis Delitzsch wird ein überdurchschnittlicher Befall der Felder mit Feldmäusen<br />
gemeldet. Es ist mit erheblichen Ernteausfällen zu rechnen.<br />
Als letzte Vorsitzende des DFD – Ortsgruppe <strong>Zaasch</strong> übernahm Margarethe Thier den Vorsitz<br />
von Gisela Dahms.<br />
Das Jahr 1989<br />
15.01. Aus Anlass des 70. Jahrestages der Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl<br />
Liebknecht kommt es bei den üblichen Demonstrationen zu zahlreichen Verhaftungen<br />
von Demonstranten, die für eine freie Meinungsäußerung eintreten. In<br />
Leipzig findet zur gleichen Zeit ebenfalls eine Gegendemo zu den angeordneten<br />
Demonstrationen statt. Auch dort erfolgt eine massive Verhaftungswelle. In der<br />
Folgezeit werden weitere Verhaftungen bei den folgenden „Montagsdemos“ gemeldet.<br />
02.04. In Ungarn beginnt man mit der Demontage der Grenzanlagen zu Österreich. Viele<br />
DDR- Bürger nutzen die Möglichkeit zur Flucht.<br />
In mehreren Deutschen Botschaften sammeln sich ausreisewillige DDR Bürger um ihren<br />
Ausreisewillen zu bekräftigen. An den Leipziger „Montagsdemonstrationen“ nehmen immer<br />
mehr Bürger teil, im September sind es bereits über 5000.<br />
77
07.10. Zum 40. Jahrestag der Gründung der DDR macht der sowjetische Staatsmann<br />
Michail Gorbatschow auf einer offiziellen Veranstaltung seine berühmt gewordene<br />
Äußerung : „ Wer zu spät kommt ,den bestraft das Leben“. Dieser Ausspruch wird<br />
in der Folgezeit immer mehr zum einem Zeichen, dass die DDR und die Sowjetunion<br />
nicht mehr die gleichen politischen Interessen vertreten.<br />
Bei den „Montagsdemos“ in Leipzig werden im Oktober 120.000 Menschen gezählt. Es erschallt<br />
erstmalig der gegen die Partei und Staatsführung gerichtete Ruf „ Wir sind das Volk“<br />
08.11. Das gesamte Politbüro der SED tritt geschlossen zurück. Damit gibt die SED faktisch<br />
ihre Macht im Staat auf.<br />
07.11. Die erste Sitzung des „Runden Tisch“ findet in Ostberlin statt. Daran beteiligt sind<br />
12 Parteien und Gruppierungen. Dort werden Volkskammer- Neuwahlen festgelegt<br />
und die Ausarbeitung einer neuen Verfassung der DDR. Es hatten sich zu den bestehenden<br />
Parteien bereits einige neue Parteien gebildet.<br />
Frau Pfarrerin Ellen Liehm übernimmt für Zschernitz und damit auch für <strong>Zaasch</strong> von Pfarrer<br />
Schulze das Amt.<br />
Das Jahr 1990<br />
08.01. Auf der Montagsdemo in Leipzig ertönt erstmals der Ruf „Wir sind ein Volk“ statt<br />
„Wir sind das Volk“<br />
09.01. Im Gemeindehaus der Evangelischen Kirchengemeinde wird der SPD- Kreisverband<br />
Delitzsch gegründet.<br />
18.03. Es finden die letzten und zu gleich ersten freien Wahlen zu einer Volkskammer<br />
statt. Die konservative „Allianz für Deutschland“ (CDU, DSU,DA ) erhält 47,8 % der<br />
Stimmen und stellt die neue Regierung unter dem Ministerpräsidenten Lothar de<br />
Maiziere.<br />
06.05. Die letzten Kommunalwahlen in der DDR, die gleichzeitig die ersten freien Wahlen<br />
in diesem Staat zu den Kommunalparlamenten sind, zeigt für den Kreistag folgendes<br />
Ergebnis<br />
CDU 41,65 % 21 Sitze<br />
SPD 18,12 % 9 Sitze<br />
PDS 12,47 % 6 Sitze<br />
BFD 8,16 % 4 Sitze<br />
DBD 4,46 % 2 Sitze<br />
Bauernverband 3,89 % 2 Sitze<br />
Grüne Partei 3,74 % 2 Sitze<br />
DSU 3,60 % 2 Sitze<br />
Volkssolidarität 2,70 % 1 Sitz<br />
DFD 0,74 % 1 Sitz<br />
KPD 0,35 % -<br />
Kulturbund 0,12 % -<br />
Landrat wird Michael Czupalla (CDU)<br />
sein Stellvertreter wird Gerd Raschbichler (SPD)<br />
78
Eine Bürgerbefragung über die künftige Länderzugehörigkeit ergibt bei einer Wahlbeteiligung<br />
von 78,29 % folgendes Ergebnis :<br />
89,26 % entscheiden sich für eine Zugehörigkeit zum<br />
Freistaat Sachsen und gegen einen Verbleib bei Sachsen- Anhalt<br />
Auf dem Gebiet der DDR wird die Gliederung in Bezirke abgelöst durch eine Ländergliederung.<br />
Es entstehen 5 neue Länder. Der Freistaat Sachsen gibt sich eine Hauptstadt in Dresden.,<br />
und bildet 3 Regierungsbezirke.<br />
Am 14.Juni veröffentlicht das „Neue Deutschland“ interessante Zahlen über das Vermögen<br />
der ehemaligen Arbeiterpartei SED. Per 31.12.1989 verfügte die Partei allein an Bankguthaben<br />
und Kassenbeständen über 3,041Milliarden Mark, die an das Finanzministerium überführt<br />
wurden. Aus diesem staatlichen Fond wurde u.a. auch die Kläranlage in Delitzsch mit<br />
20 Mio Mark.<br />
In der gleichen Ausgabe ist zu lesen, dass der IFA Vertrieb Berlin eine große Rabattaktion<br />
für den Trabi ausgerufen hat. Ein Trabant 601 Standart kostet danach ab sofort nur noch<br />
4753,00 Mark, die de lux Ausführung geht für 6258,00 Mark über den Ladentisch. Das bedeutet<br />
einen Preisnachlass von ca. 8000 Mark.<br />
01.07 In der DDR wird die Deutsche Mark der Bundesrepublik wirksam. Die Währungsunion<br />
ist damit für Deutschland vollzogen.<br />
03.10. Die Existenz der DDR ist durch den Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des<br />
Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland beendet.<br />
Das Jahr 1991<br />
01.01. Mit dem heutigen Datum wird im Kreis Delitzsch ein neues Kfz Nummernschild gültig.<br />
Ab sofort gilt für Fahrzeuge aus dem Kreis Delitzsch die Buchstabenkennung<br />
DZ. Für die Umbeschilderung ist eine Dauer von insgesamt 3 Jahren vorgesehen.<br />
Die dafür zuständige Stelle ist ab sofort nicht mehr die Polizeiverwaltung sondern<br />
das Landratsamt.<br />
24.05. Das Ingenieurbüro Klemm & Hensen GmbH aus Bölitz –Ehrenberg legt dem Landrat<br />
auf dessen Anforderung eine Studie über die Abwasserentsorgung des Landkreises<br />
Delitzsch vor. Der Landkreis verfügte bisher über kein funktionsfähiges einheitliches<br />
Abwassersystem. Die vorhandenen Anlagen haben aufgrund ihres hohen<br />
Alters einen schlechten Bauzustand. Die Gesamtsituation im Landkreis entspricht<br />
nicht den Anforderungen des Wassergesetzes und der dazu erlassenen<br />
Vorschriften. In <strong>Zaasch</strong> gab es individuelle Mehrkammer- Kleinkläranlagen, deren<br />
Überlauf in die Teiche geleitet wurde.<br />
Aus der LVZ vom 13.06. ist zu erfahren, dass die Gemeinde <strong>Zaasch</strong> aus der öffentlichen<br />
Hand 267.000 DM für den Wege- und Straßenbau zur Verfügung gestellt wurden.<br />
Das Jahr 1992<br />
79
16.04. In der LVZ wird über die Eröffnung eines Wohnheimes für Behinderte in Serbitz<br />
berichtet. Dieses ehemalige Gutshaus, welches Jahrzehnte als Lehrlingswohnheim<br />
diente, bietet jetzt 30 Behinderten Wohn- und Heimstätte. Als Träger der Einrichtung<br />
fungiert die Arbeiterwohlfahrt.<br />
Das Jahr 1993<br />
Ab diesem Jahr gibt es in <strong>Zaasch</strong> keinen eigenen Kindergarten mehr. Das Gebäude in dem<br />
sich der Kindergarten bis zu seiner Schließung befunden hatte, ist heute Triftweg 2.<br />
05.08. Die „Ackemann Baugesellschaft mbH“ aus Halle reicht einen Antrag auf Durchführung<br />
eines Raumordnungsverfahrens ein. Im Grenzbereich zwischen dem Land<br />
Sachsen- Anhalt und dem Freistaat Sachsen soll ein Kiessandtagebau und ein<br />
Kieswerk in der Flur von Serbitz /Roitzsch eröffnet werden. Im Rekultivierungskonzept<br />
ist von einem See die Rede an dem auch ein Badestrand vorgesehen ist.<br />
Das Jahr 1994<br />
<strong>Zaasch</strong> hört auf, eine eigene Gemeinde zu sein. Im Zuge der Gebietsreform nach § 9 der<br />
Gemeindeordnung des Freistaates Sachsen vom 21.04.1993 wurden die ehemaligen Gemeinden<br />
Kyhna mit Quering<br />
Lissa<br />
Pohritzsch<br />
<strong>Zaasch</strong> mit Serbitz<br />
Zschernitz mit Doberstau<br />
zur Gemeinde Neukyhna mit Sitz in Kyhna vereinigt.<br />
Die korrekte postalische Anschrift lautet nun<br />
04509 Neukyhna OT <strong>Zaasch</strong>.<br />
Der Ortsteil <strong>Zaasch</strong> hat zur Zeit 281 Einwohner<br />
davon 139 männliche<br />
142 weibliche.<br />
Das Durchschnittsalter in <strong>Zaasch</strong> betrug 69,4 Jahre.<br />
Es gab 37 schulpflichtige Kinder und 10 Personen über 80 Jahre.<br />
18.01. der alte Bürgermeister von <strong>Zaasch</strong> Herr Tennler wurde nach mehreren vergeblichen<br />
Wahlgängen zum ersten Bürgermeister der Gemeinde Neukyhna durch die<br />
Mitglieder des Rates der Gemeinde Neukyhna gewählt. Herr Tennler war zu diesem<br />
Zeitpunkt der an Lebensjahren und Dienstjahren älteste Bürgermeister von allen<br />
zusammengeschlossenen Gemeinden. Er übernahm dieses Amt bis zur offiziellen<br />
Neuwahl des nächsten Bürgermeisters, für die er nicht mehr kandidierte.<br />
11.09. Wahlen zum 2. Sächsischen Landtag<br />
16.10. Wahlen zum 13. Bundestag<br />
80
Das Jahr 1995<br />
In diesem Jahr wurde das gesamte Dorf an das zentrale Abwassernetz angeschlossen. Monate<br />
lang wurden Rohre verlegt. Gleichzeitig wurde unterbunden, dass über eigene Kleinkläranlagen<br />
Abwässer geklärt und in die Teiche abgeleitet wurde. In das neue Abwassersystem<br />
dürfen nur noch Haushaltsabwässer eingeleitet werden, für das Regenwasser wurde<br />
vorläufig keine Ableitung vorgesehen.<br />
Ende des Jahres wurde das neue Wohnhaus Zschernitzer Weg 6a der Familie Dedek bezugsfertig.<br />
Das Grundstück war früher, vor der Bodenreform, ein Teil des Gartens der Familie<br />
Bley.<br />
Mitte der 90-er Jahre wurden die ersten Windkraftanlagen in der <strong>Zaasch</strong>er Flur erbaut. Wenn<br />
man von Storkwitz kommend nach <strong>Zaasch</strong> fährt, kann man rechts auf den Feldern, im sog.<br />
„Windpark <strong>Zaasch</strong>“ 12 Windkrafträder sehen. Insgesamt kann man bei gutem Wetter und<br />
einen guten Standort, etwa am Ortsausgang Zschernitzer Weg, rund um <strong>Zaasch</strong> etwa 35<br />
solcher Windkrafträder sehen. Naturwissenschaftliche Beobachtungen und Untersuchungen<br />
haben ergeben, das unser Gebiet ein sehr windbeständiger Landstrich ist. Das lässt sich<br />
auch aus der Geschichte nachweisen, denn früher soll es hier eine unverhältnismäßig große<br />
Zahl an Windmühlen gegeben haben.<br />
Das Jahr 1996<br />
Im Herbst des Jahres wurde der Teich vor dem Plinsentiegel geschlämmt. Seit dem sind in<br />
diesem Teich keine Wasserflöhe mehr zu finden. Viele Auswärtige, die bisher ihren Bedarf<br />
an Wasserflöhen hier gedeckt hatten, stehen nun öfter mit ihren Geräten am Ufer und versuchen<br />
vergeblich, sehr zum Gaudi der <strong>Zaasch</strong>er, Wasserflöhe zu fangen. Leider hat der<br />
Teich seit dieser Aktion nur noch relativ wenig Wasser. Man vermutet, dass beim Ausbringen<br />
des Schlammes mit schwerer Technik die darunter liegende Tonschicht verletzt worden sei.<br />
Westlich des Teiches auf einem kleinen Feldstück, das landwirtschaftlich nicht offiziell nutzbar<br />
war, auch „Gabel“ (Gabbel) genannt wurde bis zu diesem Jahr von verschiedenen „kleinen<br />
Leuten“ Futter für die individuelle Tierhaltung angebaut. Nach dem Schlämmen des Teiches<br />
diente diese gemeindeeigene Fläche als vorübergehender Ablageplatz für den<br />
Schlamm. Danach wurde nach dem Willen von externen Dorfgestaltern die Fläche zu einer<br />
Grünfläche mit Baum- und Strauchbestand umgestaltet. Die Gemeinde verlor dadurch die<br />
Pachteinnahmen und hatte ein zusätzliches Problem mit der landschaftsgestalterischen<br />
Pflege und Erhaltung.<br />
Das Jahr 1997<br />
Im Herbst des Jahres wurde die Straßendecke im Plinsentiegel vollständig erneuert. Das alte<br />
historische Pflaster wurde durch eine farbige Straßenpflasterung aus sog. „Altstadtpflaster“<br />
81
ersetzt. Bei dieser Gelegenheit wurde auf Drängen der Anlieger die alte, noch im Boden befindliche,<br />
Entwässerung zum Teich wieder durchgängig gemacht und für die Ableitung von<br />
Regenwasser freigegeben. Auf diese Weise erhält der Teich, der sonst keine natürliche Zuflüsse<br />
mehr hat, wenigsten nach Regenfällen einen Wasserzufluß.<br />
Das Jahr 1998<br />
Bei den turnusmäßigen Wahlen zum 14 Bundestag verliert die CDU ihre Mehrheit. Damit<br />
endet die 16 jährige Regierungszeit der CDU unter dem Bundeskanzler Helmut Kohl, der<br />
wohl in die Geschichte eingehen wird als der „Kanzler der Einheit“. Die neue Regierung wird<br />
von der SPD und den Grünen gestellt. Neuer Bundeskanzler wird Gerhard Schröder (SPD).<br />
In der Kreiszeitung vom 28.10. werden Zahlen aus der aktuellen Bodenrichtwertkarte veröffentlicht.<br />
Die Baulandpreise für erschlossene Eigenheimstandorte sollen danach im Durchschnitt<br />
bei 120 -160 Mark, wobei es auch starke Abweichungen in beide Richtungen gibt.<br />
Das Jahr 1999<br />
13.06. Wahlen zum Europäischen Parlament und Kommunalwahl<br />
19.09. Wahlen zum 3. Sächsischen Landtag<br />
Das Jahr 2000<br />
Im Frühjahr (Mai/Juni) wird die über 70 m lange, alte Ziegelmauer um das Grundstück<br />
Zschernitzer Weg 6a (Fam. Dedek, Frau Löwe, ehemals Garten der Familie Bley ) bis auf<br />
den Feldsteinsockel abgerissen. Eine verbindliche Aussage über das Alter dieser Mauer war<br />
nirgendwo zu finden. Mit finanzieller Unterstützung des Freistaates Sachsen und hohen Eigenleistungen<br />
wurde diese Mauer in historischer Form wieder errichtet.<br />
Am 04.und 05. Dezember werden auf dem Platz an der neuen Feuerwehr 25 große Birken<br />
gepflanzt. Wegen der herrschenden Trockenheit musste kräftig gewässert werden.<br />
Das Jahr 2001<br />
24.06. Es finden die Bürgermeisterwahlen statt. Für Neukyhna kandidieren Frau Lösch<br />
(parteilos, unterstützt von der CDU) Herr Sperling (SPD) Herr Giebler (PDS) und<br />
Herr Herrmann. Mit 43,2 % gewinnt Frau Lösch die Wahl vor Herrn Giebler mit 38,3<br />
% und Herrn Sperling mit 13,2 %.<br />
21.09. Findet ein Volksentscheid zum Entwurf des „Gesetzes zur Erhaltung der kommunal<br />
verankerten Sparkassen im Freistaat Sachsen“ statt.<br />
Das Jahr 2002<br />
82
28.02. Die „Deutsche Mark“ verliert nach gut 50 Jahren ihre Bedeutung in der Welt. Sie<br />
wird durch das neue Zahlungsmittel „EURO“ abgelöst. Gleichzeitig werden die Landeswährungen<br />
von Österreich, Belgien, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland,<br />
Italien, Luxemburg, Monaco, Niederlande, Portugal, San Marino, Spanien und des<br />
Vatikanstaates ebenfalls durch den „EURO“ abgelöst. In Deutschland ergibt sich<br />
ein Umrechnungsfaktor von<br />
1 EUR = 1,95583 DM<br />
Das heißt: 1 EURO ist etwa 2 DM wert.<br />
Im Zuge dieser Umstellung von Mark auf EURO kommt es in der Folgezeit zu realen Preisanstiegen,<br />
die zwar ständig bestritten werden, manche Menschen haben den Eindruck, der<br />
in einigen Fällen nicht ganz falsch ist, der Zahlenwert beim Preis ist geblieben, nur die Währungsbezeichnung<br />
habe sich geändert.<br />
Dieses Jahr wird wohl in die Geschichte eingehen als das Jahr der „Jahrhundertflut“ Im<br />
Sommer waren extreme Niederschläge in Deutschland, Tschechien und Österreich niedergegangen<br />
so dass in den Wasserläufen dieser Gebiete unvorstellbare Wassermassen abfließen<br />
mussten. Insbesondere entlang der Unstrut, Mulde und Elbe trat des Wasser so heftig<br />
über die Ufer, dass es zu weiträumigen Überflutungen kam. Im Kreis Delitzsch- Eilenburg<br />
war besonders die Stadt Eilenburg von den Überschwemmungen stark betroffen. Die Kameraden<br />
der Freiwilligen Feuerwehr <strong>Zaasch</strong> haben mehrere Einsätze in Eilenburg geleistet. Im<br />
Nachbarkreis Bitterfeld kam es ebenfalls zu gefährlichen Überschwemmungen, nachdem die<br />
Goitzsche als Flutungsbecken nicht mehr ausreichte.<br />
Eine Auswertung der von Herrn Klaus Friedrich aus rein privatem Interesse über viele Jahre<br />
geführten Wetterbeobachtungen ergab auch für den Ort <strong>Zaasch</strong> eine überdurchschnittliche<br />
Jahresniederschlagsmenge von 818 mm /qm., wobei die Niederschlagstage mit 108 geringer<br />
waren als im Vorjahr mit 111 Tagen.<br />
22.09. Es finden die Wahlen zum 15. Bundestag statt. Es ergibt sich im Wahlausgang<br />
wiederum eine Mehrheit von SPD und Grünen (rot-grün), Bundeskanzler bleibt<br />
Gerhard Schröder.<br />
Das Jahr 2003<br />
Der Umweltminister Trittin setzt in Deutschland das Pfand für Einwegverpackungen bei Getränken<br />
durch. Das sog. „Dosenpfand“ ist dermaßen kompliziert vorgesehen, dass keine<br />
Mensch das System wirklich begreift. Viele Handelsketten nehmen deswegen „pfandpflichtige“<br />
Dosen und Plasteflaschen als Einwegverpackungen aus ihrem Sortiment und gehen zu<br />
Mehrwegflaschen über. Die Frage:“ Ob Pfand oder nicht Pfand“ kann nicht nur an der Verpackung<br />
festgemacht werden, es spielt auch noch eine Rolle, was in den Verpackungen enthalten<br />
ist. Eistee, Wein und einige andere Getränke sind vom Pfand ausgenommen. Warum ist<br />
unklar<br />
In diesem Jahr sollte auf deutschen Autobahnen die „LKW- Maut“ eingeführt werden. Aus<br />
technischen Gründen wird diese Einführung aber verschoben.<br />
20.03. Mit einem Bombenangriff auf Bagdad beginnt die USA unterstützt von Großbritannien<br />
einen blutigen Krieg gegen den Irak. Als Grund wird angegeben, der Irak hätte<br />
ABC Waffen, die aber nie gefunden wurden, was man später auch offiziell zugeben<br />
muss.<br />
83
April Leipzig hat sich mit seiner Bewerbung gegen 4 andere deutsche Städte als<br />
Austragungsort für die Olympiade 2012 durchgesetzt.<br />
Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland hat auf Grund der hohen Arbeitslosigkeit<br />
große Einnahmeausfälle bei den Steuern und Sozialversicherungen. Die vorgesehene Einführung<br />
von Mautgebühren für LKW auf deutschen Autobahnen muss aus technischen<br />
Gründen mehrfach verschoben werden. Dadurch erleidet die Regierung monatliche Finanzeinbußen<br />
in Millionen Höhe.<br />
Mit Beginn des Schuljahres 2003/04 wird die Mittelschule in Zschernitz, die auch von den<br />
<strong>Zaasch</strong>er Kindern besucht wurde, geschlossen. Ab diesem Zeitpunkt müssen alle Kinder die<br />
entsprechenden Schulen in der Kreisstadt Delitzsch besuchen. Dazu werden Schulbusse<br />
eingesetzt.<br />
Nach den Wassermassen des vergangenen Jahres war Deutschland in diesem Jahr von<br />
einer bisher kaum gekannten Hitzewelle, die sehr lange anhielt, gekennzeichnet. Bereits Anfang<br />
Juni werden Temperaturen von über 33 Grad gemessen. Man spricht in unserer Gegend<br />
von über 30 Tagen in Folge, an denen die Tagestemperatur, auch nachts nicht, nicht<br />
unter 25 Grad gefallen ist.. Die große Trockenheit richtetet in ganz Deutschland erhebliche<br />
Schäden bei den Feldfrüchten an. Die Obsternte, speziell bei Äpfeln, war dem gegenüber<br />
sehr gut.<br />
Im August werden Spitzenwerte von 40,8 Grad gemeldet.<br />
Die Niederschlagsmenge für das gesamte Jahr in <strong>Zaasch</strong> lag bei 428 mm/ qm, das war etwa<br />
die Hälfte von dem was im Vorjahr gemessen wurde. Die Zahl der Regentage war im<br />
Vergleich zu anderen Jahren ebenfalls sehr gering (69 Tage)<br />
Nach Jahren fand in der teilrenovierten Dorfkirche die erste kirchliche Trauung statt.<br />
In diesem Jahr hat sich Herr Hans Dedek entschlossen, aus den vorhandenen Informationen<br />
im Kreismuseum, und Unterlagen die ihm von verschiedenen Bürgern der Gemeinde <strong>Zaasch</strong><br />
zur Verfügung gestellt wurden, eine <strong>Chronik</strong> des Dorfes <strong>Zaasch</strong> zu schreiben. Es wird zwar<br />
immer wieder behauptet, es gäbe bereits eine <strong>Chronik</strong>, nur keiner weiß wo diese geblieben<br />
ist. Anläßlich des Dorf- und Teichfestes konnten auf diese Weise bereits drei kleine Ausstellungen<br />
gestaltet werden. Bilder und Texte zu folgenden Themen wurden ausgestellt.<br />
• Geschichte der freiwilligen Feuerwehr<br />
• Geschichte der <strong>Zaasch</strong>er Kirche<br />
• Geschichte des Dorfes<br />
Durch Herrn Dedek wurde der 1. <strong>Zaasch</strong>er Dorfkalender für das Jahr 2004 geschaffen. Darin<br />
sind nicht nur die üblichen Feier- und Gedenktage verzeichnet, sondern auch die nur für<br />
<strong>Zaasch</strong> wichtigen Termine des Jahres.<br />
Aus Anlass seines 60. Geburtstages wird Klaus Heerdegen für seine mehr als 30 jährige<br />
Tätigkeit als Fußballschiedsrichter mit der Ehrennadel des Sächsischen Fußballverbandes<br />
ausgezeichnet. Viele Jahre war er selbst aktiver Fußballer und wurde zu einem der populärsten<br />
Schiedsrichter im Kreis Delitzsch.<br />
13.12.In der <strong>Zaasch</strong>er Kirche findet ein Adventssingen der Pohritzscher Chorgemeinschaft<br />
statt. Anschließend lädt der Förderverein zu einem gemeinsamen Kaffeetrinken im Gemeindesaal<br />
an der Feuerwehr ein. Bei dieser Gelegenheit trägt Herr Dedek erstmals öffentlich<br />
interessante Tatsachen aus der neuen <strong>Chronik</strong> vor.<br />
Das Jahr 2004<br />
84
Mit Beginn des Jahres wird die Entsorgung von Wertstoffen in <strong>Zaasch</strong> umgestellt. In den<br />
einzelnen Haushalten gab es bisher eine graue Tonne für den Restmüll, die alle 2 Wochen<br />
entsorgt wurde. Auf besonderen Wunsch und gegen besondere Bezahlung kann auch noch<br />
eine braune Tonne erworben werden, in dem Biomüll gesammelt wird. Alle anderen Abfälle<br />
wurden in Containern gesammelt, die an der ehemaligen Brennerei standen. Ab diesem Jahr<br />
erhält jedes Haus zusätzlich eine „Blaue Tonne“ für das Altpapier und „Gelbe Säcke“ für Plaste<br />
- und Blechabfälle. In den o. g. Containern werden zukünftig nur noch Glasflaschen gesammelt.<br />
Diese Tonnen und Säcke werden einmal monatlich entsorgt, zusätzliche Kosten<br />
entstehen dadurch nicht.<br />
Ein besonderes Ereignis im Dorf sind die zweimal jährlich stattfindenden Sperrmüllabfuhren.<br />
Da die Einwohner ihren Sperrmüll in der Regel bereits mehrere Tage vor dem Abholungstermin<br />
vor ihren Grundstücken aufhäufen, schwärmen tagelang fremde Autos durch das<br />
Dorf, um eventuell noch brauchbare Dinge zu bergen. Bei diesen „Mülltouristen“ handelt es<br />
sich meistens um Bürger aus Polen bzw. Tschechien, die sich auf diese Weise mit alten<br />
aber noch brauchbaren Möbeln versorgen. Echte Antiquitäten sind dabei nicht zu holen. Gefragt<br />
sind vor allem alte Elektrogeräte, Radios und Fernsehgeräte. Diese Sammler fahren<br />
tagelang, meist mehrmals am Tage, mit ihren alten Autos die Dorfstraßen ab, um ja keine<br />
neue „Mülllieferung“ zu verpassen.<br />
In diesen Tagen sollte man sein persönliches bewegliches Eigentum ständig im Auge behalten,<br />
es könnte sonst sein, dass plötzlich ein kurzfristig an der Hausmauer abgestelltes Fahrrad<br />
verschwunden ist. So geschehen bei Herrn Meisel junior.<br />
30.01. In <strong>Zaasch</strong> liegt eine geschlossene Schneedecke von 20 bis 30 cm Neuschnee,<br />
die in der Nacht zum 01.02. durch einen massiven Wärmeeinbruch und starke<br />
Stürme wieder verschwindet.<br />
19.02. Am Teich vor dem Plinsentiegel werden einige Bäume gefällt, nachdem in den<br />
vergangenen Jahren immer wieder Äste und Teile von diesen Bäumen bei Stürmen<br />
abgebrochen waren. Einige Weiden, deren Stämme noch gesund zu sein<br />
scheinen, werden zu Kopfweiden gestutzt. (S. Bilderserie.)<br />
01.05. Mit dem heutigen Tag werden 10 weitere Länder in die EU aufgenommen.<br />
08.05. Die Pohritzscher Chorgemeinschaft tritt in der <strong>Zaasch</strong>er Kirche mit einem<br />
Frühlingskonzert auf<br />
Erstmalig ist in diesem Chor mit Herrn Hans Dedek ein <strong>Zaasch</strong>er vertreten.<br />
06.06. Der Kammerchor der Leipziger Volkssingakademie tritt in der Kirche mit<br />
seinem Frühlingskonzert auf.<br />
Im Mai feiern Helga und Erhard Klugmann ihre goldene Hochzeit. (S. Zeitungsart.)<br />
Für die am 13.06. 2004 angesetzten Gemeinderatswahlen in Neukyhna kandidieren aus<br />
<strong>Zaasch</strong> die Lehrerin an der Geistigbehindertenschule Frau Barbara Löwe sowie der Rentner<br />
Hans Dedek (s. Zeitungsart) für die CDU. Weitere Kandidaturen liegen aus <strong>Zaasch</strong> nicht vor<br />
13.06. finden Wahlen statt. Gewählt wird der neue Gemeinderat für Neukyhna, der<br />
neue Kreistag sowie die Vertreter des Freistaates Sachsen im EU-Parlament.<br />
Im Gemeinderat Neukyhna erhält die CDU 65,1 % ( 31,65% 1999 ) die SPD 16,8%<br />
(22,9), die PDS 9,8 % (16,7) FDP 8,3 § (28,8 ) der Stimmen..<br />
Sitzverteilung : CDU = 10 Sitze<br />
85
SPD = 2 Sitze<br />
PDS = 1 Sitz<br />
FDP = 1 Sitz<br />
--------------------------<br />
Summe 14 Sitze (Angaben aus der Kreiszeitung)<br />
Die beiden Kandidaten aus <strong>Zaasch</strong> erhielten einen Sitz im Gemeinderat.<br />
Herr Dedek wird 1.stellvertretender Bürgermeister<br />
Im Kreistag behält die CDU ihre Mehrheit.<br />
Im Juni werden in <strong>Zaasch</strong> am Ufer der Teiches „An der alten Brennerei“ 2 neue Bohrungen<br />
für Pegelmessstände in unterschiedlichen Tiefen niedergebracht, einmal bei 10 m und einmal<br />
bei 42 m. Sie sollen der Grundwasserbeobachtung infolge der Aufgabe des Kohlentagebaues<br />
dienen. Es wird allgemein mit einem Anstieg des Grundwasserspiegels gerechnet.<br />
Nach Abschluß der Bohrungen wurde ein oberer Grundwasserspiegel von 7 Meter unter Profil<br />
gemessen. ( s. Bild) Die früher in der Gemarkung <strong>Zaasch</strong> befindlichen Pegelmessstellen<br />
sind außer Betrieb.<br />
Im Frühsommer des Jahres wurde der Tierbestand am Teich der Vogelliebhaber um eine<br />
weitere Tierart erweitert. Ein neues buntes Taubenhaus steht jetzt auf einem Ständer neben<br />
dem Vereinshaus.<br />
Anfang August wird der alte Klinkerbau gegenüber der ehemaligen Gaststätte , in dem sich<br />
früher die alte Trafostation von <strong>Zaasch</strong> befunden hatte , eingerüstet um das Mauerwerk zu<br />
verfugen. Dieses alte Gebäude soll in Zukunft dazu dienen, wild lebenden Vögeln eine Nistmöglichkeit<br />
zu bieten.<br />
19.09. Im Freistaat Sachsen wird ein neuer Landtag, es ist der 4., gewählt. Bei dieser<br />
Wahl verliert die CDU ihre absolute Mehrheit, und ist gezwungen eine Koalition<br />
einzugehen. Das Erschreckende für die meisten an diesem Wahlausgang ist das<br />
Erstarken der rechtsextremen NPD. Wahlforscher vertreten die Ansicht, dass dieses<br />
Ergebnis ein Protestergebnis gegenüber den anderen Parteien ist, welche die<br />
angespannte soziale Lage nicht mehr beherrschen. Für <strong>Zaasch</strong> tritt bei dieser<br />
Wahl eine Besonderheit auf. Vor dem eigentlichen Wahllokal ist eine Datenerfassungsstelle<br />
der „Infratest dimap“ eingerichtet worden, um dem 1. Deutschen Fernsehen<br />
ARD die Wahlberichterstattung zu ermöglichen. Für Interessenten befindet<br />
sich ein solcher Fragebogen bei den Unterlagen.<br />
Im Oktober wird nach langem Warten damit begonnen die alte Friedhofsmauer zwischen<br />
dem Kirchengrundstück und dem Grundstück Rödgener Weg Nr. zu restaurieren.<br />
Etwa zur gleichen Zeit erfolgt wegen geplanter Bautätigkeit auf dem freien Platz zwischen<br />
den Grundstücken Roitzscher Straße Nr. 14 die Umverlegung der Wasserleitung, die bis<br />
dahin mehrere Meter im Feld rechts parallel zur Roitzscher Straße verlief. Der neue Verlauf<br />
wurde unter der rechten Straßenkante in Richtung Roitzsch festgelegt. Die alten Rohre wurden<br />
nicht entfernt, sondern nur totgelegt.<br />
Auf dem Feld gegenüber der Kleingartenanlage hat der Bauer Lienig einen Tiefbrunnen anlegen<br />
lassen. Daran schloss sich in den nächsten Jahren eine unterirdische Leitung an, die<br />
für die Berieselung der Felder genutzt wird.<br />
In diesem Jahr wird es 10 Jahre her, dass die Gemeinde Neukyhna gegründet worden ist.<br />
Seit dieser Zeit werden die Einwohnerzahlen elektronisch erfasst und ausgewertet. Ein kurzer<br />
Rückblick auf die Zahlen ergibt für den Ortsteil <strong>Zaasch</strong> folgendes Ergebnis :<br />
1994 2004<br />
Einwohner gesamt 281 290<br />
darunter weibliche 142 128<br />
86
darunter männliche<br />
Durchschnittsalter<br />
139 162<br />
gesamt<br />
Durchschnittsalter<br />
69,4<br />
42,1<br />
weiblich<br />
Durchschnittsalter<br />
75,1<br />
45,1<br />
männlich<br />
62,7<br />
39,7<br />
19.10. In <strong>Zaasch</strong> liegt der erste Schnee, der sich aber nicht lange hält.<br />
Das Jahr geht zu Ende mit furchtbaren Meldungen über ein Seebeben im Indischen Ozean,<br />
welches eine mächtige Wasserwelle ausgelöst hat. Diese Wasserwelle hat viele Inseln, die<br />
nur eine Höhe von 2 - 3 Meter über dem Meeresspiegel haben, unter sich begraben. In Indonesien,<br />
Indien, Sri Lanka und Sumatra werden weit über 100 000 Tote beklagt, darunter<br />
viele Tausend Urlauber, auch aus Deutschland. Die WHO spricht von über 5 Millionen Obdachlosen<br />
in diesen Gebieten.<br />
Erstmals taucht in der europäischen Öffentlichkeit der Begriff „Tsunami“ auf. Dieser japanische<br />
Begriff bezeichnet eine konzentrische Wasserwelle von ungeheuren Ausmassen, die<br />
durch eine Seebeben ausgelöst wird.<br />
Daneben nehmen sich die Probleme in Deutschland, die mit der Einführung des neuen Arbeitslosengeldes<br />
(ALG II) zum 01.01.2005 und den damit in Verbindung stehenden Problemen<br />
wahrlich lächerlich.<br />
Wetterbeobachtungen 2004 :<br />
• Die Niederschlagsmenge des Jahres 2004 lag mit 581 mm nahe am mehrjährigen<br />
Durchschnitt.<br />
• Der Januar (75 mm ) und Juli ( 106 mm ) lagen deutlich über dem mehrjährigen Durchschnitt<br />
dieser Monate.<br />
• Verglichen mit dem mehrjährigen Durchschnitt waren die Monate März, September und<br />
Oktober zu trocken.<br />
Das Jahr 2005<br />
Das Jahr beginnt mit sehr warmen Temperaturen. Laut Berichten im Radio ist der<br />
08.01.2005 der wärmste Tag mit gleichem Datum seit 100 Jahren.<br />
Mit Beginn des Jahres wird endlich auf den deutschen Autobahnen die bereits seit langem<br />
geplante Mautgebühr für LKW über 7,5 t Nutzlast eingeführt. Wie sich im weiteren Verlauf<br />
des Jahres zeigt, funktioniert das System fehlerfrei, bringt dem Staat eine Menge Geld ein,<br />
und wird von verschiedenen Ländern eventuell angekauft.<br />
Mitte Februar fängt es stark an zu schneien, wobei der Schnee tatsächlich mehrere Tage auf<br />
den Feldern liegen bleibt, und große zusammenhängende Schneeflächen bildet. Nach mehreren<br />
kurzen Wärmeeinbrüchen und weiteren Schneefällen bleibt der Schnee längere Zeit<br />
bis um den 13.03. liegen. Am 15.03. ist unser Landstrich weitgehend von Schneeresten frei,<br />
während aus den Mittelgebirgen wie Harz und Thüringer Wald noch Schneehöhen von<br />
1,50m bis 2,00 m. gemeldet werden.<br />
In den Februartagen wurde von mehreren Einwohnern des Dorfes ein seltener Vogelschwarm<br />
beobachtet, es handelte sich dabei um die nur relativ selten auftauchenden Seidenschwänze,<br />
die als sog. Invasionsvögel oder auch Strichvögel unser Gebiet nur aufsuchen,<br />
wenn in nördlicheren Regionen starke Kälte und viel Schnee herrschen. Einem alten<br />
Volksaberglauben zufolge tauchen diese Vögel nur alle 7 Jahre in unserer mitteldeutschen<br />
Region auf.<br />
87
Am Samstag den 12.03. wurde eine alte Tradition aus der Zeit der DDR wieder aufgenommen.<br />
Aus Anlaß des Internationalen Frauentages ( 08.05. )gestalteten die beiden <strong>Zaasch</strong>er<br />
Vereine (Vogelliebhaber und Feuerwehr) zum ersten Mal seit Jahren einen bunten Nachmittag<br />
für alle Frauen des Dorfes. Die Feier wurde von allen gut aufgenommen.<br />
In dem Monaten Mai und Juni fällt relativ viel Regen, aber immer in sehr ruhigen Niederschlägen,<br />
so dass sie Saaten prächtig wie selten gedeihen.<br />
Am 10.07. feiert der Förderverein „Kirche <strong>Zaasch</strong> e.V.“ sein 10-jähriges bestehen. Mit einem<br />
Gottesdienst in der St. Ursula- Kirche und einem Chorkonzert des Roitzscher Chores wurde<br />
der offizielle Teil begangen. Der gemütliche Teil wurde bei Kaffee und Kuchen und einem<br />
fröhliche Grillabend im Gemeindehaus an der Feuerwehr gefeiert. Bei dieser Gelegenheit<br />
wurde durch den Pfarrer Taatz eine neue Finanzierungshilfe für die noch zu renovierenden<br />
Deckenkassetten in der Kirche vorgeschlagen. Auf einer Tafel sind die einzelnen Deckenkassetten<br />
eingezeichnet und nummeriert. Sponsoren, welche die Renovierung einer solchen<br />
Kassette übernehmen wollen, tragen sich in einer Liste ein, die später in der Kirche aushängen<br />
wird. Als erste trugen sich der Vorstand der Feuerwehr und des Geflügelzüchtervereins<br />
ein. Wahrlich ein gutes Beispiel für dörfliches Mäzenatentum !!<br />
In den letzten Tagen des Juli fand die erste evangelische Kindtaufe nach Jahren in der St.<br />
Ursula- Kirche statt. Getauft wurde das Enkelkind der Familie Dittmann aus <strong>Zaasch</strong>.<br />
Mit der anstehenden Renaturierung und Flutung der alten Tagebaurestlöcher des vergangenen<br />
Braunkohlentagebaus wird immer öfter die Frage gestellt, welche Auswirkungen wird<br />
das Ansteigen des Grundwassers auf die vorhandene Bausubstanz haben. Es werden Befürchtungen<br />
geäußert, das die von der „Lausitzer – Mitteldeutschen –Braunkohlen- Verwaltung“<br />
(LMBV) geplante Anhebung des Grundwasserspiegels auf 98 m über Normal 0 im<br />
Bereich des ehemaligen Tagebaues „Delitzsch- Süd- West“ im Raum Delitzsch Schäden an<br />
den Gebäuden verursacht. Von dieser Anhebung wäre angeblich die Flur <strong>Zaasch</strong> aufgrund<br />
geologischer Bedingungen nicht betroffen. Hier sollen vor allem die Flutungswerte des Tagebaues<br />
Goitzsche wirksam werden. Alles in allem muss aber damit gerechnet werden, dass<br />
das Grundwasser weiträumig stark ansteigen wird. Man erwartet einen mittleren Grundwasserspiegel<br />
der zwischen 1 bis 2 m unter Profil liegen wird.<br />
Nach den öffentlich bekannt gegebenen Zahlen soll der Schladitzer See mit 220 ha eine<br />
Wasserspiegelhöhe bei 104,0 m über NN, der Zwochauer See 101,3 m über NN, der Werbeliner<br />
See 98,0 m über NN und der Grabschützer See 98,7 m über NN erreichen.<br />
In den letzten Tagen des Monats Juli wurde durch die CUI (Consultinggesellschaft für Umwelt<br />
und Infrastruktur ) Halle in unserer Region, und damit auch in <strong>Zaasch</strong> ein umfangreiches<br />
Beweis- und Bestandsaufnahmeverfahren durchgeführt. Jedes einzelne Haus wurde<br />
erfasst, fotografische festgehalten und höhenmäßig eingemessen. Es wurde das Vorhandensein<br />
von Kellern, Klärgruben und Brunnen überprüft. Gleichzeitig wurden bereits sichtbare<br />
Schäden, die eventuell aus dem Grundwasseranstieg herrühren, aufgenommen. Wie der<br />
Name der Aktion bereits sagt sollen Beweise gesichert werden für eventuelle Schadensansprüche<br />
von betroffenen Hausbesitzern, die durch den Grundwasseranstieg zu Schaden<br />
gekommen sind oder noch zu Schaden kommen. Das Höhenniveau, gemessen über den<br />
Kanaldeckeln, beträgt in <strong>Zaasch</strong> zwischen 95 und 96 m über 0.<br />
Eine zweite Aktion erregt zur Zeit nicht nur die Gemüter der Bewohner von <strong>Zaasch</strong> sondern<br />
des gesamten Kreisgebietes. Mit dem zunehmenden Ausbau der Abwasserleitungen wurde<br />
strikt auf die Trennung von Gebrauchsabwasser und Regenwasser geachtet. Bei der derzeitigen<br />
Berechnung des Abwasserpreises auf der Basis des entnommenen Trinkwassers blieb<br />
das Regenwasser vollkommen außer Betracht. Auch in den älteren Mischwasserableitungen<br />
wird nur die über die Wasserzähluhren ermittelte Abwassermenge berechnet. In Zukunft soll<br />
der Preis für Abwasser sinken, dafür ein gesonderter Preis für eingeleitetes Regenwasser<br />
ermittelt und bezahlt werden. Dieser Regenwasserzuschlag kann aber nur dort erhoben<br />
werden wo tatsächlich Regenwasser eingeleitet wird. Das wird vor allem in den Städten der<br />
Fall sein, da auf den Dörfern das Wasser in der Regel aufgefangen bzw. zur Versickerung<br />
88
geleitet wird. Der Gemeinderat von Neukyhna hat ermittelt, dass sich der Preis für das Regenwasser<br />
aus mehreren Komponenten zusammensetzt. Vor allem der Preis für die Benutzung<br />
der im Boden verlegten Leitungen, aber auch die Einleitung in die zentrale Kläranlage<br />
schlagen dabei zu Buche. Der Preis für die Leitungsbenutzung wird akzeptiert insoweit das<br />
Kanalnetz auch von der Wasserwirtschaft gewartet wird. Da aber die Einleitung der in den<br />
Dörfern anfallenden Regenwassermengen in den meisten Fällen in Teiche und Bäche erfolgt,<br />
die ihrerseits als Gewässer II. Ordnung den Gemeinden unterstehen und auch auf deren<br />
Kosten zu warten sind, wird verlangt, dass dieser Kostenanteil nicht in die neu zu bestimmende<br />
Abwasserrechnung eingehen darf.<br />
Das Dorf- Teichfest wurde dieses Jahr vom 05.08 bis 07.08. gefeiert. Begonnen wurde, wie<br />
üblich, mit einem Konzert in der Dorfkirche. Zum zweiten Mal trat der Musiker und Sänger<br />
Rene Mangliers auf , der sich selbst begleitend Lieder und Arien vortrug.<br />
In der Nacht von 10.09.zum 11.09. tobte über <strong>Zaasch</strong> ein mächtiges Gewitter mit Regenfällen<br />
von 27 l /qm. Während dieses Gewitters schlug in <strong>Zaasch</strong> ein Blitz ein. Zum Glück wurde<br />
nur ein großer alter Baum in der Roitzscher Str. vor der Schlosserei Gräfe getroffen. Der<br />
Schaden scheint gering zu sein. Der Regen dauerte in unterschiedlicher Stärke den ganzen<br />
Sonntag an, so daß nur sehr wenige Gäste die Dorfkirche aus Anlass des Tages des offenen<br />
Denkmals besuchten.<br />
Etwa zur gleichen Zeit stürzen Teile eines alten Scheunendaches am Zschernitzer Weg 2<br />
ein. Es wird wohl nur noch eine Frage der Zeit sein, bis das Lehmgebäude weiter verfällt. Da<br />
die Dachteile im wesentlichen nach innen eingebrochen sind, entstand keine weitere Schaden.<br />
Am 18.09. fanden in Deutschland die Wahlen zum 16. Deutschen Bundestag statt. Es handelte<br />
sich dabei um vorgezogene Wahlen, da der amtierende Bundeskanzler Schröder<br />
(SPD) mittels eines von ihm selbst initiierten Misstrauensvotums feststellen ließ, dass er mit<br />
den derzeitigen Stimmenverhältnissen nicht mehr regieren könne. Dieses Misstrauensvotum<br />
stellte er, nachdem die SPD in Deutschland mehrere Landtagswahlen deutlich verloren hatte.<br />
Für sein Misstrauensvotum konnte er aber keinen konkreten Anlass aus dem Geschehen<br />
des Bundestages anführen. Es bestand zu keiner Zeit auf Bundesebene die Gefahr der Unregierbarkeit.<br />
Zwei Bundestagsabgeordnete der Regierungskoalition haben deswegen auch<br />
gegen diesen Schritt beim Bundesverfassungsgericht geklagt. Leider vergeblich. Von vielen<br />
Leuten wurde dieser Schritt des Kanzlers als rein taktische Maßnahme eingeschätzt.<br />
Eine Besonderheit gab es bei dieser Wahl insofern sie noch nicht völlig abgeschlossen ist,<br />
weil im Raum Dresden eine Direktkandidatin der NPD kurz vor der Wahl verstorben war, so<br />
dass für diesen Bereich ein späterer Wahltermin anberaumt werden musste. Wesentliche<br />
Veränderungen der politischen Situation werden daraus aber nicht erwartet. Im Nachgang<br />
wird hier vermerkt, dass den Listenplatz ein Direktkandidat der CDU erreicht hat.<br />
Neben den klassischen Parteien tritt unter dem Namen die „Linke“ erstmals ein Wahlbündnis<br />
aus PDS, der Nachfolgepartei der SED der ehemaligen DDR und einer von Herrn Lafontaine<br />
dominierten Alternativpartei aus dem Westen zur Wahl an. Lafontaine ein ehemaliger SPD<br />
Spitzenpolitiker aus dem Saarland und vehementer Gegner der deutschen Wiedervereinigung,<br />
der sich mit seiner Partei überworfen hatte und sein Amt als FInanzminister einer SPD<br />
geführten Regierung verlassen hatte, war mehrere Jahre von der politischen Bühne verschwunden.<br />
Rechtzeitig vor der Neuwahl war er einer neuen Partei mit dem Namen<br />
„WASG“ ( Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit ) beigetreten und durch populistische Versprechungen<br />
zu deren Spitzenkandidat avanciert. Offensichtlich kamen beide Partner zu der<br />
Erkenntnis, dass sie getrennt kaum Chancen hätten, im Bundeswahlkampf zu bestehen.<br />
Die Wahlbeteiligung in Deutschland lag bei<br />
in Neukyhna lag bei 81,1 % (einchließl. Briefwahl)<br />
in <strong>Zaasch</strong>/ Serbitz bei 66,7 % (zuzügl. Briefwahl).<br />
89
CDU/ CSU SPD Die Linke FDP GRÜNE NPD REP<br />
Stimm % % % % % % %<br />
<strong>Zaasch</strong> (Direktmandate 225 gültige Stimmen)<br />
81 36,0 45 20,0 68 30,2 15 6,7 2 0,9 10 4,4 -<br />
<strong>Zaasch</strong> ( Listenstimmen 226 gültige Stimmen )<br />
69 30,5 47 20,8 67 29,6 23 10,2 4 1,8 8 3,5 3<br />
Neukyhna (Direktmandate1621 gültige Stimmen)<br />
627 38,7 397 24,5 411 25,4 93 5,7 20 1,2 53 3,3 -<br />
Neukyhna (Listenstimmen1616 gültige Stimmen )<br />
527 32,6 366 22,6 427 26,4 165 10,2 41 2,5 56 3,5 10 0,6<br />
Wahlkreis 152 ( Delitzsch- Torgau/Oschatz- Riesa)<br />
30,4 25,3 24,5 9,9 3,5 7,3<br />
Bundesrepublik<br />
35,2 34,3 8,7 9,8 8,1 3,9<br />
Auf kommunaler Ebene (<strong>Zaasch</strong> wie auch Neukyhna)<br />
• ging die CDU als Sieger aus dem Rennen<br />
• als zweitstärkste Partei erwies sich das Wahlbündnis „Die Linke“<br />
• auf der dritten Platz kam die SPD<br />
Auf der Ebene des Wahlkreises 152<br />
Bei den Direktkandidaten gewann der CDU Vertreter Kolbe<br />
Bei den Parteien gewann die CDU vor SPD und Linke<br />
Auf der Ebene des Freistaates Sachsen<br />
• Von 17 Direktmandaten gingen 14 an die Kandidaten der CDU, 3 an SPD. Damit ist<br />
Sachsen das einzige Land im ehemaligen Osten, welches eine deutliche CDU Dominanz<br />
aufweist, es wurden sogar mehr Mandate im Bundestag erreicht als bei den vorherigen<br />
Wahlen<br />
• Andere Parteien konnten keine Direktmandate erringen<br />
Auf der Ebene der Bundesrepublik<br />
• Die CDU/ CSU erreicht 226 Sitze und wird damit die stärkste Fraktion im neuen Bundestag.(Endgültig<br />
nach der Wahl in Dresden)<br />
• Zweitstärkste Fraktion wird die SPD mit 222 Sitzen<br />
• Die LINKE erreicht mit 8,7 % d.h. 54 Sitzen im Bundestag immerhin nach der FDP mit<br />
9,8 % und 61 Sitzen den 4 Platz. Wobei die WASG nur auf Kosten der ehemaligen PDS<br />
in den Bundestag einziehen kann. Im Westen Deutschlands, wo die WASG ihre Wähler<br />
rekrutiert, hat sie nur 4,9 % erreicht, während im Stammgebiet der PDS 25,4 % für dieses<br />
Bündnis stimmte.<br />
• Um die Kanzlerfrage zu Gunsten von Schröder zu entscheiden versucht die SPD das<br />
Wahlbündnis von CDU/ CSU zu trennen, um als stärkste Partei den Kanzler benennen<br />
zu können.<br />
90
Mitte Oktober zeichnet sich eine Einigung ab, was die Kanzlerfrage anbetrifft. Die Spitzen<br />
von SPD und CDU/CSU haben sich nach langem Streit, in dem sich der scheidende Kanzler<br />
Schröder und diverse andere SPD Politiker sehr lautstark und großsprecherisch für eine<br />
Fortsetzung der Kanzlerschaft von Schröder ausgesprochen haben, doch für eine Kanzlerin<br />
Merkel entschieden.<br />
Mitte Oktober beginnt eine größere Pflanzaktion auf den Fluren von <strong>Zaasch</strong>. Der befestigte<br />
Wirtschaftsweg von <strong>Zaasch</strong> nach Rödgen wird einseitig mit 55 Winterlinden bepflanzt. Bei<br />
diesem Weg handelt es sich nicht um einen historisch gebildeten Weg, sondern um eine<br />
künstlich gezogenen Straße. Daher rührt auch die heute kaum noch erklärbare Bezeichnung<br />
„KAP- Straße“. Eine KAP ,“Kooperative Abteilung Pflanzenproduktion“, war ein Gebilde, welches<br />
sich aus den damaligen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) in<br />
der DDR gebildet hatte. Durch Zusammenlegung von Feldern mehrerer LPG wurden Riesenflächen<br />
geschaffen, um die Feldbau –Technik besser ausnutzen zu können. Da die alten<br />
historischen Feldwege nicht mehr für den Verkehr mit den großen modernen Landmaschinen<br />
geeignet waren, wurden neue Wirtschaftswege geschaffen, die meist gut befestigt und sogar<br />
häufig asphaltiert oder betoniert waren, aber nicht als öffentliche Straßen ausgewiesen waren.<br />
Diese Baumpflanzaktion wird finanziert von der Deutschen Bahn AG als Ersatzpflanzung<br />
für Eingriffe in die Landschaft, die mit dem Bau einer 110 KV Leitung im Jahren 2003<br />
in Zusammenhang stehen. Diese bahneigene Stromleitung schneidet die <strong>Zaasch</strong>er Fluren<br />
u.a. auf dem Zschernitzer Weg kurz vor der Straße von Delitzsch nach Brehna.<br />
Das Wetter war im Oktober sehr sonnig, obwohl in den Frühstunden häufig starker Nebel<br />
auf den Fluren lag. Am 15. Oktober konnte man auf manchen Wiesen sogar blühende Gänseblümchen<br />
und Kamille sehen. In den Mittagsstunden wurden teilweise Temperaturen um<br />
20 Grad gemessen. Der Wachstumsschub auf den Feldern ist enorm, insbesondere beim<br />
Raps. Ob die relativ großen Pflanzen den Winter überstehen, ist schon fast zweifelhaft.<br />
Nachträgliche Auswertungen der Wetterdaten von Herrn Friedrich, die ich, wie seit Jahren<br />
vorgenommen habe, ergaben eine durchschnittliche Maximaltemperatur für Oktober 2005<br />
von 17,6 Grad.<br />
Am Samstag den 15.10. gab es aus Anlaß der <strong>Zaasch</strong>er Kirmes ein Chorkonzert in der Dorfkirche.<br />
Es sind 6 junge Sänger, alles ehemalige Thomaner, unter dem Namen „Thios omilos“<br />
aufgetreten. Auf diese Weise trägt die Arbeit des aus <strong>Zaasch</strong> stammenden Rektors der<br />
Thomasschule in Leipzig auch heute noch Früchte in <strong>Zaasch</strong>.<br />
Seit Monaten wird in der Presse und im Fernsehen vor der Ausbreitung einer Vogelpest,<br />
auch „asiatische Vogelgrippe“ gewarnt. Da man befürchtet, diese Seuche verbreitet sich u.a.<br />
über den Kot von infizierten Zugvögeln, wird in Deutschland die Zwangseinstallung aller Vögel<br />
angeordnet. Es ist zwar nicht erwiesen, dass diese Krankheit auch das Wassergeflügel<br />
befällt, dennoch müssen alle Gänse und Enten, auch das Ziergeflügel auf dem <strong>Zaasch</strong>er<br />
Teich, zwangsweise in überdachten Ställen bis voraussichtlich 15.12. verwahrt werden. Bis<br />
auf einige Wildenten sind die Teiche nun leer. Die meisten Geflügelhalter in <strong>Zaasch</strong> haben<br />
ihre Enten deshalb in diesem Jahr sehr zeitig geschlachtet.<br />
Anfang November entdeckte Herr Klaus Friedrich kurz vor seinem 72. Geburtstag in „Winters<br />
Teich“, auch bekannt unter der Bezeichnung „Aschenteich“, ein altes Spielzeug aus dem<br />
Jahre 1945. Damals haben sich die halbwüchsigen Jungen mit dem Handwagen vom ehemaligen<br />
Flugplatz in Spröda abmontierte Benzintanks alter Flugzeuge geholt, und diese in<br />
mühsamer Kleinarbeit zu kleinen Booten umgebaut. Mit diesen „Blechbooten“ fuhr dann die<br />
<strong>Zaasch</strong>er Jugend auf den Teichen herum. „Winters Teich“ ist dieses Jahr extrem ausgetrocknet,<br />
so dass nach 60 Jahren fast alles, was auf dem Grund des Teiches lag, wieder zum<br />
Vorschein kam. Darunter auch zwei dieser „Boote“.<br />
Am 22.11. übernimmt das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland eine<br />
Frau das Amt des Bundeskanzlers. Dr. Angela Merkel eine promovierte Physikerin , Tochter<br />
91
eines evangelischen Pfarrers aus der früheren DDR, übernimmt nach mancherlei Querelen<br />
seitens der SPD das Amt des Regierungschefs.<br />
16.12. Mit dem heutigen Tage dürfen die Geflügelhalter ihre Tiere wieder im Freien halten.<br />
Über <strong>Zaasch</strong> tobte heute ein mächtiger Sturm, der an einigen Gebäuden Dachziegel zu Boden<br />
schleuderte. Mindestens zwei Obstbäume wurden umgebrochen. (Pflaumenbaum bei<br />
Dedeks und Apfelbaum vor Winters Teich).<br />
Das Jahr 2006<br />
Das Jahr begann ruhig mit viel Schnee. Mitte des Monats Januar setzt starker Frost ein, der<br />
bis in den Februar andauert. Ende Januar beginnt der Bauhof an der Roitzscher Straße die<br />
Pappeln zu fällen. Diese Bäume haben in den letzten Jahren bei jedem Sturm Äste verloren,<br />
die den Straßenverkehr gefährdet haben. Das Anpflanzen von Pappeln war seinerzeit wegen<br />
der Schnellwüchsigkeit dieser Bäume sehr in Mode gekommen. Sie diente vor allem der<br />
schnellen Rekultivierung von ehemaligen Tagebaugebieten. Speziell in <strong>Zaasch</strong> waren sie als<br />
Begrenzung des Sportplatzes gedacht, der in den 50er Jahren geschaffen wurde, aber bereits<br />
in den 80er Jahren wieder aufgegeben wurde.<br />
Am Samstag den 04.02. setzte wieder Schneefall ein<br />
Am Sonntag den 05.02. fand nach uralter „<strong>Zaasch</strong>er Tradition“ ein Eishockeyspiel der <strong>Zaasch</strong>er<br />
„Jugend“ auf dem Teich am Plinsentiegel statt. Es war zwar die Jugend aus den Jahrgängen<br />
1950-60 , das aber tat dem Spaß keinen Abbruch. Zugeschaut und vor allem gestaunt<br />
haben auch die Jüngeren.<br />
07.02. am heutigen Tag setzt neben Schneeregen deutliches Tauwetter ein. Da der Boden<br />
noch tief gefroren ist, kann das Wasser nicht im Boden versickern, sondern sammelt sich in<br />
riesigen Wasserlachen auf den Feldern und in den Dorfteichen. Erst Ende März beginnt der<br />
Frost aus dem Boden zu weichen und das Wasser versickert sehr langsam. Die Leidtragenden<br />
sind die Bauern, die bis Ende März nicht auf ihre Felder können.<br />
22.04. bei einsetzender Dunkelheit konnte man auf dem Dach einer Scheune der Fam.<br />
Kemmler (Plinsentiegel) einen Storch beobachten. Er stand dort mehrere Stunden, ehe er<br />
auf Nimmerwiedersehen abflog..<br />
Bis Pfingsten hatten wir sehr nasses und kühles Wetter. Dennoch steht die Wintergerste gut,<br />
der Raps hat gut geblüht, auf den meisten Rübenschlägen stehen recht ordentliche Pflanzen.<br />
Vor wenigen Tagen tauchten in den Kartoffelfeldern und Rübenschlägen die ersten<br />
deutlichen Spuren von Wildschweinen auf.<br />
Überspitzt könnte man sagen, dass das Jahr 2006 zum „Jahr des Bärlauchs“ erkoren worden<br />
ist. Nahezu alle Nahrungsmittelhersteller werben für ihre gesunden Bärlauchprodukte. Der<br />
Fleischer verkauft Bärlauchpastete, die Milchwirtschaft bietet Bärlauchfrischkäse und Bäcker<br />
bieten Bärlauchbrötchen an. Bärlauch ist eine dem Knoblauch sehr ähnliche Pflanze ohne<br />
den strengen Knoblauchgeruch zu verbreiten. Wer auf den Gedanken gekommen ist dieses<br />
Kraut so in den Vordergrund zu rücken ist nicht feststellbar.<br />
Am Samstag den15.07. wurde eine tote Wildente auf dem Teich am Plinsentiegel gesichtet,<br />
und durch Arbeiter des örtlichen Bauhofes geborgen und der Kreisveterinärbehörde überstellt.<br />
Ein Fall von Vogelgrippe wurde nicht bestätigt.<br />
Am Monatsende wird in den Medien bekannt gegeben, dass der Monat Juli dieses Jahres<br />
der heißeste Juli seit Beginn der Wetteraufzeichnungen des Deutschen Wetterdienstes<br />
(DWD) 1901 gewesen ist.<br />
Vom 11.08 bis 13.08. fand das 33. Dorf- und Teichfest statt. Die Eröffnung am Freitagabend<br />
wurde durch dem Männerchor aus Petersroda in der Dorfkirche gestaltet. Beim anschließen-<br />
92
den Umtrunk auf dem Festplatz vor der noch nicht offiziell eröffneten Bierhalle lockerten sich<br />
die Zungen, so dass die Herren Sangesbrüder noch manches Lied in sehr später Stunde zu<br />
Gehör brachten.<br />
An den beiden folgenden Tagen hatte das Dorf sogar ein eigenes „Autohaus“. Im sog. Jugendclub,<br />
einem kleinen Blockhaus, das im Augenblick nicht von der Jugend genutzt wird,<br />
hat der Verein der Geflügelfreunde seine Bestände an Modellautos (ca. 380 Stück) zum Verkauf<br />
angeboten. Im gleichen Haus hat Herr Dedek eine kleine Ausstellung zum Thema „100<br />
Jahre elektrischer Strom in <strong>Zaasch</strong>“ gestaltet. Gezeigt wurden vor allem stromlose Beleuchtungen<br />
und Arbeitsgeräte sowie uralte Installationsteile. (siehe LVZ Kreisseite v. 14.08.06)<br />
Mitte August kann man beobachten, wie an der Straße von Storkwitz nach <strong>Zaasch</strong> Grabungen<br />
im Bereich eines alten, kaum noch wahrnehmbaren Straßengrabens erfolgen. Es wurde<br />
nach einem Rohr gesucht, und auch gefunden, welches die Felder rechts und links der Straße<br />
unterirdisch verbindet. Die für das Frühjahr 2006 beschriebenen riesigen Wasserflächen<br />
haben im wesentlichen die westlich der Straße gelegenen Felder übermäßig lange belastet.<br />
Auf der östlichen Seite der Straße verlief viele Jahre ein Straßengraben, der in der Lage war<br />
das überschüssige Wasser von den Feldern zu sammeln. Dieser Graben ist aus den verschiedensten<br />
Gründen in den letzten Jahren verlandet und verschüttet worden und nur noch<br />
andeutungsweise zu sehen. Am 19.10. wurde durch Fachleute wahrscheinlich von der Straßenmeisterei<br />
ein Plasterohr in das alte Tonrohr eingezogen und die Rohreingänge gegen<br />
verschütten gesichert. Ende November wurde sogar auf beiden Seiten der Straße richtige<br />
Einlassbauwerke errichtet.<br />
Im August machte sich eine interessante Erscheinung bemerkbar. An Wegrändern auf Wiesen<br />
selbst in den Rübenfeldern erschienen plötzlich weiße Flecken. Es handelt sich um flächenhaften<br />
Ausfall des grünen Blattfarbstoffes Chlorophyll. Die Ursache ist nicht bekannt,<br />
eine Einwirkung von verschütteten Chemikalien, etwa Spritzmittel oder ähnliches kann ausgeschlossen<br />
werden. Es wird vermutet es handele sich dabei um eine Pilzkrankheit wie etwa<br />
Mehltau.<br />
In <strong>Zaasch</strong> wurden zwei neu gebaute Einfamilienhäuser bezogen :<br />
• Roitzscher Straße Nr. 12<br />
• Petersrodaer Weg Nr. Dieses Haus ist insofern etwas vollkommen Neues für <strong>Zaasch</strong>,<br />
da es ohne die herkömmlichen Heizungsformen auskommt. Der gesamte Wärmebedarf<br />
für die komplette Hausheizung wird aus Erdwärme gewonnen. Dazu war eine Bohrung<br />
bis in eine Tiefe von 70 m erforderlich. Über eine Wärmepumpe die mit elektrischem<br />
Strom betrieben wird, kann das gesamte Haus beheizt werden. Dabei ist die Energieausbeute<br />
wesentlich höher als die durch den Strom investierte Energiemenge.<br />
Oktober : Die Kartoffelernte rings um <strong>Zaasch</strong> ist in vollem Gange. Am 14.0kt. zieht eine Rübenvollerntemaschine<br />
ihre ersten Spuren auf den Feldern. Das Rübenroden zieht sich bis<br />
Ende November hin, es wachsen riesige Rübenberge und –mieten auf den Feldern. Die letzten<br />
Rüben werden Anfang Dezember abgefahren.<br />
Auf einer Gemeinderatssitzung der Gemeinde Neukyhna wird erstmalig die Arbeit in den<br />
Kindereinrichtungen bezüglich der zweisprachigen Erziehung ausgewertet. Eine Amerikanerin<br />
aus Ohio wurde gewonnen, in den Kindereinrichtungen ein Jahr lang den Kindern die<br />
englischen Sprache beizubringen.<br />
Im Herbst waren auf den Fluren rings um <strong>Zaasch</strong> Arbeiter einer Spezialfirma für Korrosionsschutz<br />
unterwegs. Die Deutsche Bahn AG ließ die Gittermasten ihrer Stromleitungen, in diesem<br />
Fall die Verbindungsleitung Leipzig –Muldenstein, überprüfen. Dabei wurden vor allem<br />
die Betonunterteile und die untersten Stahlverbindungen erneuert bzw. mit Korrosionsschutz<br />
versehen. Die Aufstellflächen der Masten wurden mit Rotschwingel besät, um einen Schutz<br />
vor ungewolltem Unkrautwuchs zu schaffen.<br />
Am Sonntag den 29.10. wird in Delitzsch der neue katholische Pfarrer Michael Poschlod in<br />
sein Amt eingeführt, nach dem der Dechant Armin Kensbock nach 15 jähriger Amtszeit<br />
93
nach Köthen versetzt worden ist. Die wenigen Katholiken in <strong>Zaasch</strong> werden seit Bestehen<br />
der katholischen Pfarrgemeinde Delitzsch von dort betreut.<br />
Am 01.11. toben mächtige Stürme im Gebiet, die aber in <strong>Zaasch</strong> keinen Schaden anrichten.<br />
In der Kreiszeitung vom 06.11. 06 kann man lesen, dass die rechtsextreme NPD „den letzten<br />
weißen Fleck“ in Sachen schließe. Der Kreis Delitzsch, in dem bisher die NPD kein eigenes<br />
Kreisbüro hatte, verfügt ab sofort über eine eigene Kreisparteiorganisation. Zum Vorsitzenden<br />
wurde das „langjährige Parteimitglied“ Bernd Güntner aus Eilenburg gewählt. Sein Stellvertreter<br />
ist der Schkeuditzer Christian Rankies als Schatzmeister fungiert der Eilenburger<br />
Jens Naumann.<br />
Nach einem sehr warmen Herbst, nach Ansicht von Meteorologen war er sogar zu warm,<br />
sank in der Nacht zum 11.12. die Temperatur soweit, dass die Teiche zumindest in den<br />
Frühstunden eine dünne Eisdecke trugen. Tagsüber stiegen die Temperaturen aber wieder<br />
soweit, dass Ringelblumen und Löwenmäulchen blühten und sogar einige Bäume frische<br />
Blätter trieben.<br />
Am 07.12. fand die jährliche Rentnerweihnachtsfeier der Gemeinde Neukyhna statt, am 9.12.<br />
luden die <strong>Zaasch</strong>er Vereine die Senioren zu einer eigenen Weihnachtsfeier ein.<br />
In der Nacht vom 27.zum 28 12. sank die Temperatur soweit, dass der Teich am Plinsentiegel<br />
völlig zugefroren ist. In den Abendstunden des 28.12. setzte der erste Schneefall ein.<br />
Leider blieb der Schnee nicht einmal 24 Stunden liegen, auch das Eis taute wieder ab .<br />
Das Jahr 2007<br />
Am 01.01.2007 herrschen in unserer Gegend Temperaturen von +10 Grad bei starkem<br />
Wind. Die zu hohen Temperaturen halten an und erreichen sogar die 15 Grad.<br />
13.01. Seit heute hat die Kreisbeilage der LVZ für den Kreis Delitzsch – Eilenburg ein neues<br />
Format. Die Beilage „Lokales“ wird ab sofort im gleichen Großformat wie die gesamte<br />
Zeitung herausgegeben. Die Leser sind geteilter Meinung, viele vermissen das hand-<br />
liche alte Format des Kreisteils, andere begrüßen das neue Format.<br />
18.01 An diesem Donnerstag wurde über Funk und Fernsehen ganztägig vor schweren orkanartigen<br />
Stürmen gewarnt, die auch in den Abendstunden einsetzten. Die für den<br />
heutigen Tag angesetzte Ratssitzung der Gemeinde Neukyhna wurde kurzfristig abgesagt.<br />
Erstmals in der Geschichte der deutschen Eisenbahn wurde der gesamte<br />
Schienenverkehr in Deutschland vorsorglich stillgelegt, auf vielen Bahnhöfen mussten<br />
die Fahrgäste ihre Fahrt auf unbestimmte Zeit unterbrechen.<br />
14.02. Der ehemalige, langjährige Bürgermeister von <strong>Zaasch</strong> Herr Andreas Tennler zieht aus<br />
<strong>Zaasch</strong> weg.<br />
In den letzten Tages des Monats Februar wird damit begonnen, im Triftweg ein neues Einfamilienhaus<br />
zu errichten.<br />
In der Woche nach Ostern (08.04.) beginnt der Raps auf den Feldern zu blühen. Am 14.04.<br />
steht der Raps weitflächig in voller Blüte. Erfahrene Bauern halten die Rapsblüte für verfrüht.<br />
Auch alle Obstbäume stehen in voller Blütenpracht. Leider fehlen die notwendigen Niederschläge.<br />
Auf Grund der großen Trockenheit werden bereits jetzt erhebliche Ernteeinbußen<br />
erwartet. In sandigeren Gegenden Deutschlands z. B. Brandenburg wird bereits das vertrocknete<br />
Getreide untergepflügt.<br />
Im April wird im <strong>Zaasch</strong>er Windpark das 13. Windrad errichtet. Dabei handelt es sich um einen<br />
anderen Typ als die vorhandenen. Der Mast ist kürzer, dafür hat der Rotor einen größeren<br />
Durchmesser. Am 07.05. erscheint in der „Leipziger Volkszeitung“ und zwar nicht im Lokalteil<br />
sondern im überregionalen Teil eine Information über eine gerichtliche Klage der ersten<br />
Windradbetreiber gegen das neue System, welches angeblich die Windversorgung der<br />
ersten Windräder beeinträchtigt. (s. Zeitungsausschnitt).<br />
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Am 07.05. beginnt es zu regnen. Es regnete einige Tage relativ schwach und ohne große<br />
Wasser- oder Sturmschäden, so dass das Wasser gut im Boden aufgenommen werden<br />
konnte. Ab Mitte Mai setzte wieder Trockenheit mit hohen Temperaturen ein.<br />
04.06. wird im Teletext der MDR Fernsehens ein schwerer Einbruch in die Kirche zu Schenkenberg<br />
gemeldet. Bleiglasfenster wurden eingeschlagen, Bücher und der Altar wurden in<br />
Brand gesetzt, die Taufschale wurde aus dem Taufstein gerissen. Der Schaden beträgt<br />
10.000 €.<br />
Ende Juni setzt sehr feuchtes, warmes Wetter ein. Fast täglich ist mit Niederschlag zu rechnen.<br />
Den Hackfrüchten kommt die Nässe zu gute, aber die Getreide- und Rapsernte wird<br />
sehr behindert. In der Folge sinken die Temperaturen. Am Wochenende 7../8. Juli wird weitflächig<br />
Raps gemäht. Das darauffolgende Wochenende 14./ 15. Juli wird schlagartig extrem<br />
heiß (bis 35 Grad). Überall sind die Entemaschinen im ununterbrochenen Einsatz.<br />
Der 16.07. wird als der bisher heißeste Sommertag des Jahres eingeschätzt. In weiten<br />
Landstrichen werden Temperaturen um 38 Grad im Schatten gemessen. Die ersten Landwirte<br />
z. B. Agrargenossenschaft Schenkenberg schließen mit der diesjährigen Getreide- und<br />
Rapsernte ab.<br />
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