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Theater und Bild Inszenierungen des Sehens - transcript Verlag

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Einleitung: <strong>Theater</strong>, <strong>Bild</strong> <strong>und</strong> Vorstellung. Zur Inszenierung <strong>des</strong> <strong>Sehens</strong><br />

als eine wesentliche Voraussetzung für das, was man in einer vorsichtigen<br />

Abwandlung der Phänomenologie der Wahrnehmung von Merleau-Ponty<br />

auch <strong>Bild</strong>tausch nennen könnte. 4 Insofern liegt es nahe, auch das <strong>Theater</strong><br />

<strong>und</strong> den <strong>Theater</strong>begriff nicht im Sinne einer abschließenden Defi nition oder<br />

einer räumlichen oder rein systemischen Anordnung festzulegen. Vielmehr<br />

wird deutlich, dass es die spielerische Bewegung im Blickgeschehen selbst<br />

ist, in der sich auch der <strong>Theater</strong>begriff zu öff nen beginnt. Eine adäquate Beschreibung<br />

der <strong>Bild</strong>phänomene im <strong>Theater</strong> darf schon <strong>des</strong>halb nicht auf eine<br />

in sich getrennte Beobachtung räumlicher <strong>und</strong> zeitlicher Phänomene hinauslaufen.<br />

Ganz gleich ob wir dabei an das <strong>Theater</strong> der Arenabühne, an die<br />

Performance-Kunst oder an ein mobiles <strong>Theater</strong> denken, das sich durch die<br />

Stadt bewegt – die besondere Sichtwerdung der Dinge im <strong>Bild</strong>, einschließlich<br />

der Körperbilder oder auch Raumbilder, vollzieht sich immer wieder im besonderen<br />

Blickgeschehen zwischen szenischen Orten <strong>und</strong> Zuschauern. 5 Die<br />

andere Seite derselben Medaille ist das, was in jüngerer Zeit mitunter die<br />

»Performanz der <strong>Bild</strong>er« genannt wird. 6 Denn die Verfasstheit <strong>des</strong> <strong>Theater</strong>s<br />

als Ereignis, das sich nicht nur im Raum, sondern auch in der Zeit vollzieht,<br />

stellt besondere Bedingungen bereit, um die unterschiedlichen Techniken<br />

<strong>und</strong> Absichten, bzw. die unterschiedlichen Herstellungsweisen von <strong>Bild</strong>ern<br />

in ihren jeweiligen Medien (Körper, Text, Musik, Licht, Projektion etc.) im<br />

Prozess ihrer Entstehung zu zeigen. Damit kann schließlich auch die wirklichkeitsschaff<br />

ende Kraft der <strong>Bild</strong>er, die nach einer anderen Logik erfolgt als<br />

die der Sprache, in der Situation selbst, in der sie wirksam ist, vor Augen geführt<br />

oder überprüft werden.<br />

Mit diesen Ansätzen wird der Begriff ›<strong>Bild</strong>‹ im <strong>Theater</strong> nicht unter das Regime<br />

eines Defi nitionsmonopols gestellt, sondern für plurale Fragestellungen<br />

geöff net. Im gleichen Atemzug ist damit ein interdisziplinäres Forschungsfeld<br />

umrissen. Um so bemerkenswerter ist es, dass die besondere Funktion<br />

<strong>und</strong> Wirkung der <strong>Bild</strong>lichkeit im Auff ührungszusammenhang innerhalb der<br />

<strong>Theater</strong>wissenschaft bisher kaum zur Kenntnis genommen wurde. 7 Bevor<br />

4. Vgl. dazu auch Roland Barthes: Die helle Kammer. Bemerkungen zur Photographie,<br />

Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1989, S. 18ff.<br />

5. Vgl. zum Blickgeschehen Bernhard Waldenfels: Sinnesschwellen. Studien zur<br />

Phänomenologie <strong>des</strong> Fremden 3, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1999, S. 124f.: »Das Blickereignis<br />

soll uns als Schlüssel dienen, um bestimmte Fragen der <strong>Bild</strong>auffassung <strong>und</strong> der<br />

<strong>Bild</strong>verfertigung zu erörtern […]. Das deutsche Wort Blick […] bezeichnet ein Geschehen,<br />

das sich zwischen Sehendem <strong>und</strong> Gesehenem abspielt, ohne dass es sich in die<br />

engen Gesetze einer Optik pressen ließe. […] Er setzt eine gewisse Beteiligung seitens<br />

<strong>des</strong> Sehenden voraus.« Vgl. zum Blick als Träger <strong>des</strong> <strong>Bild</strong>wissens <strong>und</strong> zur Entstehung <strong>des</strong><br />

<strong>Bild</strong>es im Blick Hans Belting: »Blickwechsel mit <strong>Bild</strong>ern. Die <strong>Bild</strong>frage als Körperfrage«,<br />

in ders. (Hg.), <strong>Bild</strong>erfragen. Die <strong>Bild</strong>wissenschaften im Aufbruch, München: Wilhelm<br />

Fink 2007, S. 49-76.<br />

6. Christian Janecke (Hg.), Performance <strong>und</strong> <strong>Bild</strong>. Performance als <strong>Bild</strong>, Berlin:<br />

Philo&Philo Fine Arts 2004.<br />

7. Vgl. Christopher Balmes ersten Anstoß zu einer umfassenden interdisziplinären<br />

Auseinandersetzung mit dem <strong>Bild</strong> auf der Bühne bzw. zum Einzug der <strong>Bild</strong>wissen-<br />

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