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Monitor vom 30.08.2012 - WDR.de

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privaten Gebrauch <strong>de</strong>s Empfängers hergestellt.<br />

Je<strong>de</strong> an<strong>de</strong>re Verwertung außerhalb <strong>de</strong>r engen<br />

Grenzen <strong>de</strong>s Urheberrechtgesetzes ist ohne<br />

Zustimmung <strong>de</strong>s Urheberberechtigten<br />

unzulässig und strafbar. Insbeson<strong>de</strong>re darf er<br />

we<strong>de</strong>r vervielfältigt, verarbeitet o<strong>de</strong>r zu<br />

öffentlichen Wie<strong>de</strong>rgaben benutzt wer<strong>de</strong>n. Die<br />

in <strong>de</strong>n Beiträgen dargestellten Sachverhalte<br />

entsprechen <strong>de</strong>m Stand <strong>de</strong>s jeweiligen<br />

Sen<strong>de</strong>termins.<br />

Beitrag: Dubiose Geldflüsse - wie <strong>de</strong>r Energiekonzern EnBW in Russland Millionen<br />

verteilte<br />

Bericht: Kim Otto, Stephan Stuchlik<br />

Datum: <strong>30.08.2012</strong><br />

Sonia Seymour Mikich: "Auf <strong>de</strong>r einen Seite Weihrauch und Popen, auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite ein<br />

Staatsanwalt, <strong>de</strong>r wegen Untreue in Millionenhöhe ermittelt. Der Konzern EnBW hat wegen seiner<br />

Russland-Geschäfte ein großes Problem. Ein Name taucht dabei immer wie<strong>de</strong>r auf - Andrej<br />

Bykow. Der Lobbyist und Vernetzer betrieb in Russland die heimlichen Geschäfte <strong>de</strong>r EnBW, eine<br />

schillern<strong>de</strong> Figur. Und jetzt wird es sehr spannend: Stephan Stuchlik hat Bykow in Russland<br />

aufgestöbert und zusammen mit Kim Otto enthüllt, was ein Ba<strong>de</strong>n-Württembergischer Stromriese,<br />

ein Global Player, mit frommen Stiftungen zu tun hat."<br />

____________________<br />

Wir sind unterwegs in Russland mit Andrej Bykow, <strong>de</strong>m russischen Lobbyisten, vor <strong>de</strong>m <strong>de</strong>utsche<br />

Firmenvorstän<strong>de</strong> zittern. Ihnen wirft man Veruntreuung vor, Scheinverträge, Steuerhinterziehung.<br />

Andrej Bykow ist <strong>de</strong>r Mittelpunkt eines Millionenskandals, jetzt spricht er darüber. Er verdient sein<br />

Geld damit, an<strong>de</strong>ren Zugang zu russischen Entscheidungsträgern zu vermitteln. Für <strong>de</strong>n<br />

Energiekonzern EnBW verteilte er Gel<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Stromkun<strong>de</strong>n über ganz Russland.<br />

Andrej Bykow, Lobbyist (Übersetzung MONITOR): „Sie können einmal durch Sibirien, zum<br />

Altai, zum Ural fahren, alles auf <strong>de</strong>n Spuren <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Gel<strong>de</strong>s. Über 100 Projekte haben wir<br />

in ganz Russland geför<strong>de</strong>rt. Das ist doch eine tolle Touristenroute, und die Deutschen könnten<br />

sich angucken, was unsere St.-Nikolaus-Stiftung gemacht hat mit <strong>de</strong>n Gel<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Energie Ba<strong>de</strong>n<br />

Württemberg.“<br />

In seinem Büro zeigt uns Bykow die Bil<strong>de</strong>r unzähliger mit <strong>de</strong>utschen Gel<strong>de</strong>rn finanzierten<br />

Projekte, für Hun<strong>de</strong>rte Millionen Euro. Seine St.-Nikolaus-Stiftung kümmert sich um


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gemeinnützige Projekte, in Russland ein probates Mittel, politische Entscheidungsträger<br />

wohlwollend zu stimmen.<br />

Andrej Bykow, Lobbyist (Übersetzung MONITOR): „Von 2001 bis 2008 hatte ich insgesamt 34<br />

Verträge mit EnBW. Das Geld, das ich mit EnBW verdient habe, ging zu einem großen Teil nach<br />

Abzug meiner Steuern in meine St.-Nikolaus-Stiftung. Das war eine Vereinbarung zwischen mir<br />

und EnBW.“<br />

2005 - Beziehungspflege auf höchster Ebene. EnBW-Vorstand Claassen mit Schrö<strong>de</strong>r und Putin.<br />

Wur<strong>de</strong>n Millionen Stiftungsgel<strong>de</strong>r dafür ausgegeben, indirekt Zugang zur großen Politik zu<br />

bekommen? Darum geht es - die riesigen russischen Gasvorkommen. Seit 2001 versucht die<br />

EnBW endlich einen Fuß auf <strong>de</strong>n russischen Markt zu bekommen, man wählte <strong>de</strong>n Weg über<br />

Bykow, man wählte <strong>de</strong>n Weg über politische Landschaftspflege. Offenbar illegal, das stellt sogar<br />

eine Vorstandskommission in einem internen, vertraulichen Bericht fest, <strong>de</strong>r MONITOR vorliegt.<br />

Zitat: „Strafverfolgung kann eintreten, wenn die Staatsanwaltschaft aus an<strong>de</strong>ren Quellen Kenntnis<br />

<strong>vom</strong> Sachverhalt erlangt.“<br />

Warum sollte sich die Staatsanwaltschaft für das System Bykow interessieren? Wie funktionierte<br />

es? Unzählige Kirchen und Denkmäler wur<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>utschen Gel<strong>de</strong>rn finanziert. Wer das Ohr <strong>de</strong>r<br />

russischen Kirche hat, hat das Ohr <strong>de</strong>r russischen Politiker. Andrej Bykow erzählt, es sei eine<br />

christliche Grundi<strong>de</strong>e, die Deutschen erhielten Zugang zu Gasfel<strong>de</strong>rn, dafür dass sie Gutes täten,<br />

wie etwa <strong>de</strong>m Ritter Vladimir ein Denkmal zu errichten.<br />

Andrej Bykow, Lobbyist (Übersetzung MONITOR): „Das ist eines von 30 Denkmälern, die die<br />

St.-Nikolaus-Stiftung in Russland erbaut hat und die wur<strong>de</strong>n selbstverständlich mit Gel<strong>de</strong>rn von<br />

EnBW errichtet, in Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>r Energie-Ba<strong>de</strong>n-Württemberg.“<br />

Wenn Bykow Recht hat, dann ist das nichts an<strong>de</strong>res als politische Landschaftspflege. Und EnBW<br />

wollte das verschleiern, alles sei über Scheinverträge abgewickelt wor<strong>de</strong>n, erzählt <strong>de</strong>r Lobbyist.<br />

Auf <strong>de</strong>m Papier sei er für Uran-Lieferungen bezahlt wor<strong>de</strong>n, in Wirklichkeit habe er über die<br />

Stiftung Geld im Land verteilt. EnBW bestreitet das rundheraus. MONITOR aber liegt <strong>de</strong>r Bericht<br />

<strong>de</strong>r Konzernrevision vor, streng vertraulich, darin ist <strong>de</strong>r Zweck <strong>de</strong>r Verträge klar benannt.<br />

Zitat: „Die Verträge wer<strong>de</strong>n insbeson<strong>de</strong>re mit <strong>de</strong>r Intention geschlossen, für die Interessen im<br />

Gasbereich ein vorteilhaftes Klima zu schaffen.“


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Wladimir Aschurkow, Antikorruptions-Organisation (Übersetzung MONITOR): „Viele große<br />

Firmen benutzen solche wohltätige Stiftungen. Zum einen, um die Lokalpolitiker gnädig zu<br />

stimmen, zum an<strong>de</strong>ren um nebenher Schmiergel<strong>de</strong>r und Bestechungen zu zahlen. Wenn ich mir<br />

die Dokumente zu EnBW ansehe, dann ist da ein große <strong>de</strong>utsche Firma, die mit Hun<strong>de</strong>rten<br />

Millionen Euro wohltätige Projekte in Russland för<strong>de</strong>rt, um Zugang zu Gasfel<strong>de</strong>rn zu bekommen.<br />

Dann sieht mir das nach Korruption aus und zwar in einem ungeheuren Umfang.“<br />

EnBW bestreitet <strong>de</strong>n Vorwurf <strong>de</strong>r Korruption. Nächste Station. In <strong>de</strong>r Region Ivanovo wur<strong>de</strong>n mit<br />

Millionengel<strong>de</strong>rn von EnBW gleich mehrerer Kirchen renoviert. Andrej Bykow ist stolz darauf, die<br />

gol<strong>de</strong>nen Kuppeln wur<strong>de</strong>n mit Gel<strong>de</strong>rn aus Deutschland bezahlt, das Mauerwerk, die Türen, alles<br />

<strong>vom</strong> Besten. Solche Projekte gefallen <strong>de</strong>n Regionalpolitikern, ebenfalls ein wichtiges Element <strong>de</strong>r<br />

Landschaftspflege. Finanziert hat das alles <strong>de</strong>r süd<strong>de</strong>utsche Stromkun<strong>de</strong> inklusive einer<br />

kompletten Inneneinrichtung samt Ikonen. In Deutschland durfte davon keiner erfahren, in<br />

Russland dagegen war <strong>de</strong>r Mann, <strong>de</strong>r alles einfä<strong>de</strong>lte, Andrej Bykow, seiner eigenen Aussage<br />

gemäß sogar als offizieller Vertreter von EnBW unterwegs.<br />

Andrej Bykow, Lobbyist (Übersetzung MONITOR): „Es gibt ein Mandat <strong>vom</strong> September 2008,<br />

mit <strong>de</strong>m ich offiziell für die russische Regierung als Beauftragter für Verhandlungen im Atom- und<br />

im Gasgeschäft benannt wer<strong>de</strong>. Wenn wir darüber re<strong>de</strong>n, ob ich <strong>vom</strong> Vorstand als offizieller<br />

Vertreter benannt wur<strong>de</strong> - ja, so ein Dokument existiert.“<br />

EnBW streitet ab, dass Bykow in ihrem Namen han<strong>de</strong>ln durfte. MONITOR aber liegt ein interner<br />

Brief an Vladimir Putin persönlich vor, in <strong>de</strong>m das genaue Gegenteil steht. Dem damaligen<br />

Ministerpräsi<strong>de</strong>nten gegenüber erklärt die EnBW:<br />

Zitat: „Die EnBW AG verfügen über langjährige Erfahrungen in <strong>de</strong>n Bereichen Nuklear und<br />

Erdgas. Für bei<strong>de</strong> Themen haben wir Herrn Andrej Bykow gebeten, mit <strong>de</strong>n russischen<br />

Regierungsstellenkontakt aufzunehmen.“<br />

Die Putin-Partei ist eng mit <strong>de</strong>r russisch-orthodoxen Kirche verbun<strong>de</strong>n. Und diese Kirche erhielt<br />

Millionen von <strong>de</strong>utschen Gel<strong>de</strong>rn über Bykows Stiftung. Was aber in Russland zur höheren Ehre<br />

Gottes und von Karlsruhe zur besseren Geschäftsanbahnung ausgegeben wur<strong>de</strong>, hat EnBW<br />

auch noch als Betriebsausgaben steuerlich geltend gemacht. Illegal, so sieht es auch die<br />

Betriebsprüfung von EnBW und weist intern darauf hin, dass es sich bei <strong>de</strong>n Bykow-Verträgen<br />

vermutlich um Steuerhinterziehung in Millionenhöhe han<strong>de</strong>lt. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft.


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Peter Linz, Staatsanwaltschaft Mannheim: „Verdacht <strong>de</strong>r Steuerhinterziehung <strong>de</strong>shalb, weil<br />

diese Beträge zu Unrecht bei <strong>de</strong>r Steuer geltend gemacht wor<strong>de</strong>n sind. Verdacht <strong>de</strong>r Untreue<br />

aufgrund <strong>de</strong>r Vertragsgestaltung, da <strong>de</strong>r wahre Empfänger nicht erkennbar ist. Dadurch kann <strong>de</strong>r<br />

Firma ein Scha<strong>de</strong>n in Millionenhöhe entstan<strong>de</strong>n sein.“<br />

Den Scha<strong>de</strong>n haben natürlich die Stromkun<strong>de</strong>n. Hun<strong>de</strong>rte von Millionen Euro wur<strong>de</strong>n zur<br />

Landschaftspflege nach Russland gepumpt, möglicherweise nicht nur zum Wohle <strong>de</strong>r orthodoxen<br />

Kirche und zum Wohle <strong>de</strong>r Frommen. Für EnBW bleiben in dieser Affäre auf alle Fälle Andrej<br />

Bykow und sein Wissen brandgefährlich. Übrigens: Für wen er und die Stiftung arbeiteten, weiß<br />

je<strong>de</strong>r, zumin<strong>de</strong>st in Russland.<br />

Metropolit Josif, Diözese Ivanovo: „Ich wür<strong>de</strong> mich hiermit gerne bei <strong>de</strong>n Deutschen bedanken,<br />

dafür, dass sie allein in unserer Region über 50 Projekte för<strong>de</strong>rn und so an Russlands seelischem<br />

Wohl teilhaben. Ich wünsche allen, die Mittel für die Nikolaus-Stiftung bereitgestellt haben,<br />

Wohlergehen und Gottes Segen.“<br />

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