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rem koolhaas - Quartier

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Lichtkunst im Wandel<br />

Die Illumination der Speicherstadt ist ein weltweit beachtetes Projekt, dessen<br />

Pflege und Ausbau als renditeträchtige Einzahlungen in die Marke Hamburg<br />

zu verstehen sind, die dem Tourismus und der nationalen und internationalen<br />

Wahrnehmung der Stadt dienen.<br />

Text: Bettina Mertl-Eversmeier, Fotos: Thomas Hampel<br />

Die Kinozuschauer von 1961 sahen die Speicherstadt und andere<br />

Hamburger Motive als Hintergrund für eine alptraumhafte<br />

Reise in die Londoner Unterwelt: Im Wallace-Klassiker<br />

„Die toten Augen von London“ spielt die Elbe die Themse<br />

und Joachim Fuchsberger und Eddi Arendt jagen bei Gaslicht<br />

und dichtem Nebel geheimnisvolle Mörder. Der Lichtkünstler<br />

Michael Batz spricht vom „dunklen Tier“, das lange zwischen<br />

Hafen und Innenstadt lauerte und erinnert damit an die Zeit,<br />

als Fassaden und Brücken noch im Düstern lagen, die Speicherstadt<br />

sich hinter der Zollgrenze befand und faktisch kaum<br />

betretenes Ausland war.<br />

Beleuchtung mit Öko-Zertifikat<br />

Seit acht Jahren fast trägt das vormals dunkle Tier nun ein ausgeklügeltes<br />

Lichtgewand – entwickelt von Künstler Batz, der<br />

das Lichtprojekt immer wieder fortsetzt und ergänzt. Mit dem<br />

Fall der Zollgrenze aus dem Dornröschen-Schlaf erweckt, hat<br />

sich das gründerzeitliche Backstein-Ensemble zum Publikumsmagneten<br />

gewandelt und dient über Hamburg hinaus als Vorbild<br />

urbaner Illumination. Rund tausend Lampen beleuchten<br />

inzwischen Fleetbrücken und Mauerwerk, Giebel und Erker,<br />

Spitzdächer und Windenhauben und modellieren ein sinnliches<br />

Stadtbild.<br />

Und wenn der Purist stöhnt und der Ökonom an horrende<br />

Stromrechnungen denkt, sei daran erinnert, dass die Leuchtmittel<br />

eine durchschnittliche Leuchtstärke von nur 24 Watt<br />

haben – also weniger als die Leistung einer Nachtischlampe.<br />

ausgabe 01, april 2008<br />

Kultur lichtkunst im wandel<br />

Tatsächlich kostet die gesamte Illumination der Speicherstadt<br />

etwa die gleiche Energie, wie die städtische Straßenbeleuchtung<br />

der Straße Brooktor! Metalldampf- und Gasentladungslampen<br />

ermöglichen diesen märchenhaft geringen Stromverbrauch.<br />

Und um l’art pour l’art handelt es sich bei dem<br />

europaweit einzigartigen Beleuchtungsprojekt keinesfalls –<br />

professionell bringt Batz die drei Faktoren Wirtschaftlichkeit,<br />

Umweltverträglichkeit und Ästhetik in Einklang.<br />

Die Architektur – der eigentliche Regisseur<br />

Die künstlerische Gestaltung des Lichtes zielt darauf, den Charakter<br />

der detailreichen Speicherbauten hervorzuheben. So<br />

ist es gewissermaßen die neugotische Industrie-Architektur<br />

selbst, die Licht-Regie führt. Sakral mutet die Illumination bisweilen<br />

an und korrespondiert damit perfekt mit den vielen<br />

Zitaten aus dem Kirchenbau, die in die Formensprache der Lagerhäuser<br />

eingeflossen sind. Die Baukünstler, die die Speicher<br />

zur zollfreien Lagerung von Waren Ende des 19. Jahrhunderts<br />

errichtet haben, pflegten allesamt den Stil der so genannten<br />

Hannoverschen Schule, die zurückgreift auf die mittelalterlichen<br />

Epochen der Romanik und Gotik. Die Architekten gestalteten<br />

ihre Objekte vor allem funktionsgerecht und mit<br />

heimischen Materialien. Das sind im hohen Norden natürlich<br />

Backsteine, jene unverputzten, gebrannten Ziegel, die in der<br />

Speicherstadt nicht einfach nur rot, sondern in hellgelber bis<br />

blauroter Farbschattierung leuchten. Was aber mit dem Abstand<br />

von mehr als einem Jahrhundert an dieser städtebaulich<br />

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