FN-Ausgabe-Oktober 2023-web
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
MUSIK-COMEDY<br />
soll ich tun?“ Ich empfehle dann,<br />
bei der Playlist im Auto ruhig mal<br />
etwas von Bob Dylan oder Nina<br />
Simone einzupflegen. Das ist dann<br />
so als würde man Gemüse unter<br />
die Pommes streuen. Kids fragen:<br />
Meine Eltern hören Andrea Berg<br />
– was soll ich tun? Dann empfehle<br />
ich einen Anwalt, der sich mit Sorgerecht<br />
auskennt. Aber im Ernst:<br />
es gibt Musik, die zeitlos funktioniert.<br />
Große Hollywood-Filme wie<br />
„Yesterday“, „Bohemian Rhapsody“<br />
oder „Rocket Man“ haben nur funktioniert,<br />
weil sie alle Generationen<br />
durch die Melodien mitreißen.<br />
Was ist Ihrer Meinung nach<br />
das Faszinierende an Musik?<br />
Der Mensch hat schon getanzt<br />
und gesungen, bevor er überhaupt<br />
sprechen konnte. Und man hat<br />
noch nie eine Kultur auf diesem<br />
Planeten gefunden, die ohne Musik<br />
auskommt. Sie ist überlebenswichtig.<br />
Es ist nachgewiesen worden,<br />
Dr. Pop<br />
Es gibt gesicherte<br />
Erkenntnisse dazu,<br />
dass wir durch Musik<br />
unsere Kreativität und<br />
geistige Leistungsfähigkeit<br />
anregen können.<br />
dass regelmäßiges Singen unter<br />
der Dusche das Selbstbewusstsein<br />
und die Abwehrkräfte stärkt.<br />
Singen und Tanzen gelten als Demenzprophylaxe,<br />
sind aber auch in<br />
jeder Lebensphase gesundheitsfördernd.<br />
Das ist kein Hokuspokus.<br />
Wie beeinflusst Musik unsere<br />
Emotionen und Stimmungen?<br />
Gibt es bestimmte Arten von<br />
Musik, die sich besonders stark<br />
auf uns auswirken?<br />
Schnelle Musik kann uns aktivieren,<br />
traurige Musik kann uns das Gefühl<br />
geben, verstanden zu werden. Weil<br />
jemand ein Gefühl, was wir gerade<br />
erleben, schon durchlebt hat.<br />
Das gibt Kraft bei Liebeskummer<br />
und wir fühlen uns weniger allein.<br />
Musik hilft eigentlich immer. Musik<br />
kann auch Leben retten: Wie man<br />
aus dem Erste-Hilfe-Kurs weiß, ist<br />
Staying Alive geeignet, um eine<br />
Herzdruckmassage durchzuführen.<br />
Alles zwischen 100 und 120 beats<br />
per minute ist brauchbar. Selbst<br />
Highway to hell!<br />
Wie würden Sie gute Musik<br />
definieren?<br />
Ich bin fest überzeugt, dass wir alle<br />
eine Wahrnehmung dazu haben,<br />
wann Musik authentisch ist und sie<br />
gut funktioniert. Unabhängig davon,<br />
ob man ein Genre mag oder nicht.<br />
„In the air tonight“ ist objektiv gesehen<br />
ein guter Song, der alle Menschen<br />
mitreißt. Wer da kein Luftschlagzeug<br />
an der entscheidenden<br />
Stelle macht, hat die Kontrolle über<br />
sein Leben verloren. Oder „Flowers“<br />
von Miley Cyrus, ein Lied, das dieses<br />
Jahr rauskam, ist zweifelsohne gute,<br />
ehrliche Musik. Das spürt man. Man<br />
wird in jedem Genre fündig. Und<br />
es ist kein Zufall, dass Greenday in<br />
„Basket Case“ Akkorde genutzt haben,<br />
die man bei Pachelbel im 17. Jh.<br />
nachweisen kann.<br />
Gibt es auch schlechte Musik?<br />
Und woran kann man sie erkennen?<br />
Oh ja! Die Textzeile „Wenn die Feuermelder<br />
brennen“ vom Wendler<br />
bereitet direkt schon Kopfzerbrechen.<br />
Manche Musiker sagen übrigens<br />
selber, dass sie viel Mist produziert<br />
haben. Shaggy hat mal erzählt,<br />
dass vor seinem Durchbruch mit<br />
„I wasn’t me“ schreckliche Lieder<br />
entstanden, etwa die Coverversion<br />
vom Klassiker der Jacksons „Dance<br />
& Shout“. Die Produktion hätte die<br />
Plattenfirma 250.000 Dollar gekostet<br />
und keiner wusste, warum.<br />
In Ihrem Solo-Live-Programm<br />
gehen Sie der Frage nach, welche<br />
Musik schlau macht und welche<br />
geistig taub. Kann ich allein mit<br />
der Musik, die ich höre, meinem<br />
Gehirn etwas Gutes tun oder aber<br />
auch meinen IQ bewusst senken?<br />
Es gibt gesicherte Erkenntnisse<br />
dazu, dass wir durch Musik unsere<br />
Kreativität und geistige Leistungsfähigkeit<br />
anregen können. Wir hören<br />
die „Vier Jahreszeiten“ von Vivaldi<br />
oder ein gutes Stück von Bob<br />
Dylan und sind dadurch kognitiv<br />
besser drauf. Den Mozart-Effekt<br />
gibt es allerdings nicht, also, dass<br />
man Mozart hört und dadurch<br />
langfristig schlauer wird und der<br />
IQ in die Höhe schießt. Das war ein<br />
Marketing-Gag in den 90er Jahre<br />
in Folge einiger Studien, die sich<br />
nicht reproduzieren ließen.<br />
Frank Gundermann<br />
7