Selbstbefriedigung - Weißes Kreuz
Selbstbefriedigung - Weißes Kreuz
Selbstbefriedigung - Weißes Kreuz
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H 07649 • Ausgabe I/2011 • Nr. 45
Rolf Trauernicht,<br />
Geschäftsführer<br />
<strong>Weißes</strong> <strong>Kreuz</strong> Deutschland<br />
2<br />
Neuigkeiten<br />
Weisses<strong>Kreuz</strong> Zeitschrift für Lebensfragen<br />
Editorial<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
ist <strong>Selbstbefriedigung</strong> Sünde? Diese Frage wird uns immer wieder gestellt und das von<br />
Menschen aller Altersstufen und Lebensverhältnisse. Manche möchten gerne die Meinung<br />
vom Weißen <strong>Kreuz</strong> hören, weil sie die Kompliziertheit des Lebens nicht aushalten.<br />
Wie ist es denn, wenn ein Teenager seine Sexualität wahrnimmt oder wenn jemand<br />
nicht an Frauen denkt und nicht süchtig ist?<br />
Mit dem Schwarz-Weiß-Denken kommen wir hier nicht weiter.<br />
Dennoch möchten wir uns als Fachverband für Sexualethik und Seelsorge natürlich<br />
nicht vor dieser heiklen Fragestellung drücken. Mit dieser Zeitschrift wollen wir gründlich<br />
über diese Thematik nachdenken und zum Nachdenken anregen. Immerhin befriedigen<br />
sich ca. 95% der Männer und 66% der Frauen lt. der Statistik der Bundeszentrale<br />
für gesundheitliche Aufklärung sexuell selbst. Das ist zwar kein Maßstab für uns, aber<br />
fordert uns zu Antworten heraus.<br />
Deswegen wollen wir dieses Thema aus biblischer und geschichtlicher Perspektive bedenken,<br />
aber vor allem auf die aktuellen Herausforderungen eingehen. Was heißt das<br />
für den ledigen Mann und die ledige Frau, für die Ehe und vor allem für Teenager?<br />
Wir wollen Hilfestellungen und Antworten für den Umgang mit diesem Tabuthema anbieten.<br />
Und ich denke, das ist uns gelungen, obwohl oder gerade weil die Autoren ganz<br />
unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Aber lesen Sie selbst. Ihre Gedanken zu diesem<br />
Thema würden uns interessieren!<br />
Es grüßt Sie herzlich,<br />
Ihr<br />
Gender Mainstreaming im Bundesverfassungsgericht<br />
Auf Initiative der Grünen wurde Prof. Dr. Susanne Baer am 11.11.2010 vom Wahlausschuss des Bundestages<br />
als Nachfolgerin für Prof. Dr. Brun-Otto Bryde in den Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts<br />
gewählt. Susanne Baer war 2003 bis 2010 Direktorin des GenderKompetenzZentrums in Berlin. Volker<br />
Beck, der Menschenrechtspolitische Sprecher der Grünen, kommentierte die Wahl auf seiner Homepage:<br />
„Sie ist eine Feministin par excellence, die sich aktiv für die Menschenrechte von Homosexuellen im<br />
Wissenschaftlichen Beirat der Hirschfeld-Eddy-Stiftung engagiert.“ Erstmalig seit Bestehen der Bundesrepublik<br />
wird damit eines der 16 höchsten Richterämter von einer offen zu ihrer Homosexualität stehenden<br />
Richterin besetzt. Die heute 46-jährige Richterin wird bis zum Ausscheiden aufgrund des Alters im<br />
Amt verbleiben.<br />
Neues Pfarrdienstgesetz der EKD<br />
Am 10.11.2010 votierte die Synode der Evangelischen Kirche Deutschland einstimmig für die Annahme<br />
eines neuen, einheitlichen Pfarrdienstgesetzes. Unter § 39 wird das Privatlebensmodell der Pfarrer in<br />
„familiäres Zusammenleben“ und „Ehe“ als mögliche Alternativen unterteilt. Aus der Begründung geht<br />
hervor, dass dabei „Ehe“ die Beziehung zwischen Mann und Frau meint. Sie bildet den Kern der „Familie“.<br />
Der Begriff „familiäres Zusammenleben“ ist jedoch bewusst weiter gefasst. Er meint „jede Form des<br />
rechtsverbindlich geordneten Zusammenlebens von mindestens zwei Menschen“, das auf Dauer angelegt<br />
ist. Weitere Konkretisierungen bleiben den Gliedkirchen überlassen. Die Begründung nimmt insbesondere<br />
Bezug auf eine Empfehlung der Bischofskonferenz der VELKD. Dort wird eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft<br />
unter Pfarrern als „begründungsbedürftige Ausnahme“ bezeichnet. Pfarrer und Pfarrerinnen, die<br />
ausnahmsweise in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft oder einer anderen gleichgeschlechtlichen<br />
Lebensgemeinschaft leben wollen, müssen in ihrem pastoralen Dienst die Leitbildfunktion der Ehe anerkennen.<br />
Pfarrer, so heißt es in der Empfehlung, dürfen die eigene Lebensform nicht als der Ehe gleichrangiges<br />
oder überlegenes Leitbild propagieren, und die eigene Lebensform darf nicht Gegenstand der<br />
Verkündigung oder der Amtsführung werden. Es steht zu erwarten, dass die EKD-Synode mit ihrer jetzigen<br />
Neuregelung des Pfarrdienstes genau diese Gleichrangigkeit bewirkt, bestärkt und bestätigt.<br />
Sachgebiete<br />
Ethik und Pädagogik<br />
Ehe- und Familienfragen<br />
Jugend- und Erziehungsprobleme<br />
Sexualseelsorge<br />
Beratung und Vorträge<br />
(Termine nach Vereinbarung)<br />
Herausgeber<br />
und Verleger:<br />
<strong>Weißes</strong> <strong>Kreuz</strong> e.V.<br />
<strong>Weißes</strong>-<strong>Kreuz</strong>-Str. 3<br />
34292 Ahnatal/Kassel<br />
Tel. (05609) 8399-0<br />
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info@weisses-kreuz.de<br />
Internet:<br />
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Schriftleitung:<br />
Nikolaus Franke<br />
<strong>Weißes</strong>-<strong>Kreuz</strong>-Str. 3<br />
34292 Ahnatal/Kassel<br />
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und Realisation:<br />
kollundkollegen., Berlin<br />
Druck:<br />
Möller Druck, Berlin<br />
Fotonachweis:<br />
Cover-Realisierung<br />
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S. 8 © vgstudio –<br />
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Enthaltsamkeit als Lobpreis<br />
Die Lust an sich selbst ist ein heikles Thema. Wir sind bemüht,<br />
in eine biblisch vertretbare und eine biblisch nicht vertretbare<br />
<strong>Selbstbefriedigung</strong> zu unterscheiden. Vielen nützt<br />
diese Unterteilung wenig, da sie immer wieder erleben, in den<br />
entsprechenden Situationen diese Trennung nicht einhalten zu<br />
können. Die folgende Andacht soll ein persönliches Denkangebot<br />
sein, wie Kraft und Motivation wachsen können, aus der<br />
unter bestimmten Bedingungen statthaften <strong>Selbstbefriedigung</strong><br />
einen dauerhaften Verzicht werden zu lassen.<br />
Einst berichtete mir ein Betroffener folgende Begebenheit,<br />
die er erlebt hatte: Nachdem er meinte, seine <strong>Selbstbefriedigung</strong><br />
und Pornosucht bereits überwunden zu haben, gab es eine<br />
Nacht, in der er reichlich erotische Bilder konsumierte und<br />
sich mehrmals selbst befriedigte. „Ein Rückfall wider besseres<br />
Wollen“, wie er sich ausdrückte. Am kommenden Morgen<br />
stand ein Freund aus seiner Gemeinde in der Tür. „Josua“, setzte<br />
der unerwartete Besucher an, „ich hatte heute in der Andacht<br />
einen geistlichen Eindruck für dich ...“ Flauen Gefühls öffnete<br />
ihm Josua, neugierig, doch ahnend, woher der Wind des Herrn<br />
wehte. Der Bruder hatte ihn im Geiste gesehen, wie er mehrmals<br />
versuchte, für den Herrn schwere Truhen zu tragen und zu<br />
öffnen. Doch er scheiterte an allen Truhen, weil ihm ein großer<br />
schwarzer Pfeil im r e c h t e n Unterarm steckte, der ihn bei<br />
allen Mühen für den Herrn behinderte und ihn resignieren ließ.<br />
Eifrig deutete der Freund das Bild, in der Hoffnung, den Bruder<br />
tüchtig belehren zu können: „Das ist gewiss deine Werksgläubigkeit<br />
und dein Leistungsdenken [ ...].“ Josua unterbrach<br />
ihn, korrigierte die Auslegung, beichtete die Eskapaden der<br />
Nacht und bat Gott um Vergebung.<br />
Die Geschichte ist ein tolles Zeugnis. Gott handelt offenbarend,<br />
bringt unmittelbar Licht in eine Ecke, die dunkel zu<br />
werden drohte, und schenkt Befreiung von Sünde. Wir können<br />
dabei nicht eindeutig auflösen, was der Pfeil bedeutete. Zweifelsohne<br />
aber handelte es sich um etwas, das Gott im Lebenswandel<br />
seines Gefolgsmannes für schädlich hielt. Er war versucht<br />
worden. Biblisch gesehen begegnen uns Versuchungen<br />
aus drei Sphären: Welt, Fleisch und Teufel. 1 Sie alle lassen sich<br />
als Urheber von Verführungen und Sünde biblisch belegen.<br />
<strong>Selbstbefriedigung</strong> – wenn sie Sünde ist – müsste somit aus<br />
eben diesen Quellen erwachsen:<br />
Weltlichkeit bzw. eine gottlose Welt: Medien und Forscher<br />
schalmeien es von allen Dächern: Es sei natürlich, Libido verlange<br />
nach Auslebung, Spannung bedürfe einer Entspannung<br />
und Keuschheit buchstabiere man mit zwei h – haha. Die<br />
Quintessenz: Ein jeder masturbiere, wann immer er möge. Man<br />
gönne sich selbst etwas Gutes als Alternativsex in und außerhalb<br />
von Beziehungen, mit oder ohne Kopfkino, man reiche<br />
Augenfutter bei Bedarf. Dem stellt die Bibel entgegen: „Und<br />
passt euch nicht diesem Weltlauf an, sondern lasst euch [in eurem<br />
Wesen] verwandeln durch die Erneuerung eures Sinnes,<br />
damit ihr prüfen könnt, was der gute und wohlgefällige und<br />
vollkommene Wille Gottes ist.“ (Röm. 12,2)<br />
Satan bzw. der Ent-Idealisierer: Wie so oft bietet auch hier<br />
Satan den schnellen, kostengünstigen „Zugriff“, die Instant-<br />
Version einer guten Gabe Gottes an. Satan ist Beschaffungskrimineller,<br />
der als Gott dieser Weltzeit (Mt. 13,39 / 2.Kor. 4,4 /<br />
Eph. 2,1) die ethische Großwetterlage ebenso manipuliert wie<br />
er uns Steine als Brot unter die Nase hält (Mt. 4 ff. / Eph. 6,11 /<br />
1.Petr. 5,8 / Offb. 20,10). Hier gilt: „So seid nun Gott untertan.<br />
Widersteht dem Teufel, so flieht er von euch.“ (Jak. 4,7)<br />
Die menschliche Natur: Auch wenn der Geist willig ist, ist<br />
das Fleisch schwach (Mt. 26,41) und wir wissen, obwohl wir<br />
Gutes wollen, vollbringen wir es nicht, weil in unserem Fleisch<br />
nichts Gutes wohnt (Röm. 7,18). Der Mensch will demnach<br />
gar nicht masturbieren wollen wollen, und muss es doch, er ist<br />
fleischlich, unter die Sünde verkauft (Gal. 5,17 / Röm. 7,14).<br />
Das delegiert die Schuld teilweise von der Einzelperson zur<br />
Be-(nicht Ge-)Schaffenheit des Menschen, macht sie deswegen<br />
aber nicht gut und erstrebenswert. Die Perspektive lautet<br />
meiner Meinung nach: „So sind wir nun, liebe Brüder, nicht<br />
dem Fleisch schuldig, dass wir nach dem Fleisch leben.“<br />
(Röm. 8,12)<br />
Dabei möchte ich nicht sagen, dass <strong>Selbstbefriedigung</strong> immer<br />
Sünde sein muss und ist. Aber sie ist stets egoistisch, nie<br />
eine Frucht des Geistes, entkoppelt Sexualität von der Beziehung<br />
und sie neigt dazu, sich unserem Steuern, unserem Willen<br />
zu entziehen, sich zu verselbstständigen und letztlich eher<br />
den „Anwender“ zu beherrschen, denn von ihm beherrscht zu<br />
werden. Diesem mag die Handlung zwar erlaubt sein, doch soll<br />
ihn nichts gefangen nehmen (1.Kor. 6,12). Im Gegenteil: zur<br />
Freiheit hat uns Christus befreit, und jedem Joch, jeder (anderen)<br />
Knechtschaft gilt es abzusagen (Gal. 5,1). So lässt sich<br />
<strong>Selbstbefriedigung</strong> in einen größeren Kontext als „Sünde“ oder<br />
„Unsünde“ betten 2 : Habe ich auch mein Bett, meine Dusche,<br />
meinen Hosenstall, meinen Körper dem Herrn des Universums<br />
geweiht? Auch muss Verzicht nicht nur aus Gehorsam erfolgen,<br />
sondern kann als ein freiwilliges Opfer Gottes Stellenwert<br />
im Leben offenlegen. Das zeigen Beispiele wie Spenden,<br />
Alkoholverzicht oder ganz gewöhnliches Fasten. Die Reaktion<br />
auf <strong>Selbstbefriedigung</strong> würde demnach nicht lauten, (sich)<br />
<strong>Selbstbefriedigung</strong> zu verbieten, sondern als teuer Erkaufte,<br />
Gott mit unserem Leibe zu preisen (1.Kor. 6,20). Und wenn<br />
wir merken, dass wir Getriebene, Gefangene unserer eigenen<br />
Sexualität sind, kann das ein Zeugnis dessen sein, dass wir<br />
eben nicht aus dem Geist, sondern aus dem Fleisch leben. Unser<br />
alter Adam, quicklebendig, testeronär und höchst libidinös,<br />
steht an unserem inneren Wertezentrum und verlangt nach Dopamin<br />
– jetzt und auf der Stelle. Hier hilft kein Verbot, hier<br />
hülfe eine Richtungsentscheidung, Gott mit Körper und Sexualität<br />
zur Ehre und Freude zu leben – ganz privat und höchst<br />
persönlich – in den stillen und ungesehenen Momenten von<br />
Frust und Einsamkeit.<br />
1 J. Stafford Wright: Der Christ und das Okkulte, Düsseldorf 1974, S. 26.<br />
2 Vgl. Rob Bell: Sex. Gott. Worum es eigentlich geht, Gießen 2008.<br />
Nikolaus Franke, 27<br />
(M.A. Politikwissenschaft) ist<br />
Jugendreferent beim Weißen<br />
<strong>Kreuz</strong>. Er begleitet in einem<br />
On line workshop Sexsüchtige<br />
und Porno konsum überdrüssige.<br />
Weisses<strong>Kreuz</strong> Zeitschrift für Lebensfragen 3
Dr. Matthias Burhenne<br />
<strong>Selbstbefriedigung</strong> –<br />
Bibel, Gemeinde und deine<br />
Geschichte<br />
In 1.Mose 1,27 heißt es: „Und Gott schuf<br />
den Menschen nach seinem Bilde, …“ V. 31:<br />
„Und Gott sah alles, was er gemacht hatte, und<br />
es war sehr gut.“ Der Mensch inklusive seiner<br />
Fähigkeit zur Sexualität ist sehr gut!<br />
Wie sieht es aber mit dem Bereich der Sexualität<br />
aus, in dem <strong>Selbstbefriedigung</strong> (kurz SB)<br />
stattfindet? Ist diese auch sehr gut oder ist sie<br />
Sünde? Welche Formen der SB gibt es? Welche<br />
Motivationen spielen eine Rolle? Wie viele<br />
Menschen sind „betroffen“?<br />
Ein Blick in die Geschichte<br />
SB, Masturbation, Onanie – verschiedene<br />
Begriffe, die alle einen Vorgang meinen, nämlich<br />
die Befriedigung der eigenen Sexualorgane<br />
mit den eigenen Händen oder Gegenständen.<br />
Die Bewertung der SB war über die Jahrhunderte<br />
bis in unsere Zeit umstritten. Im antiken<br />
Griechenland war die SB zwar weitgehend akzeptiert,<br />
aber in weiten Teilen der Geschichte<br />
wurde sie negativ eingeordnet, mit teilweise<br />
abenteuerlichen Begründungen:<br />
4<br />
Weisses<strong>Kreuz</strong> Zeitschrift für Lebensfragen<br />
Immanuel Kant nannte sie eine „sittliche<br />
Verfehlung“, mit der man seine „eigene<br />
Persönlichkeit aufgebe“. 1<br />
Den Ursprung der lange Zeit vorherrschenden<br />
Meinung, dass SB die Nervensubstanz<br />
mindere, klärte der Anthropologe Weston<br />
La Barre auf. Sie liegt in der irrigen<br />
Annahme, dass man sich die Gehirnmasse<br />
im Sinne eines Kraftstoffes vorstellte. 2<br />
In den Kirchen vor unserem Jahrhundert<br />
hielt man SB für eine abtreibende Methode<br />
der Empfängnisverhütung und ächtete<br />
diese. Die Begründung aus damaliger<br />
Sicht war logisch, denn man war davon<br />
überzeugt, dass das Sperma das komplette<br />
zukünftige Leben enthalte, bis zu Vorstellungen<br />
eines Miniembryos, den die Frau<br />
nur austrägt. 3<br />
Daten und Fakten<br />
Der Kinsey-Report (1948 und 1953) war<br />
eines der größten und markantesten Sexual-Forschungsprojekte.<br />
Der Zoologe und<br />
Sexualforscher Dr. Kinsey kam nach seiner<br />
großangelegten Befragung zum Thema<br />
Sexu alität u.a. zur – die Welt schockierenden<br />
– Schlussfolgerung: „Masturbation unter<br />
Männern ist extrem weit verbreitet.“ In einem<br />
wissenschaftlichen Sexualkundebuch (Hoyndorf<br />
1995) 4 heißt es, dass fast alle männlichen<br />
Jugendlichen Erfahrungen mit SB haben und<br />
diese für die meisten zur Gewohnheit wird.<br />
80–90% der männlichen Jugendlichen haben<br />
während und nach der Pubertät Pollutionen<br />
(„feuchte Träume“), spontane Samenergüsse,<br />
die von erotischen Träumen begleitet werden.<br />
Gelten diese Zahlen auch für Christen? Das<br />
kürzlich erschienene Buch „Mit Teens über<br />
Sex reden“ 5 stellt eine Umfrage unter christlichen<br />
Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
(12–29 Jahre, knapp 1.300 Befragte, 47,3%<br />
Männer und 52,7% Frauen) vor: Auf die Frage:<br />
„Befriedigst du dich selbst?“ antworten 70%<br />
der Männer mit „Ja“ und 22% der Männer mit<br />
„Nicht mehr“. Bei den Frauen sagen 29% „Ja“,<br />
22% „Nicht mehr“. Besonders markant sind die<br />
Ergebnisse für die 12- bis 18-jährigen Jungen.
Von den 12- bis 18-jährigen Jungen in einem<br />
Jugendkreis befriedigen sich durchschnittlich:<br />
23% täglich<br />
35% wöchentlich<br />
7% 14-täglich<br />
10% monatlich oder seltener<br />
11% nicht mehr<br />
9% noch nie<br />
Bibel, Gemeinde und <strong>Selbstbefriedigung</strong><br />
Diesen hohen Zahlen im Bereich der SB stehen<br />
leider die verschwindend geringen Zahlen<br />
von Bibelarbeiten, Predigten etc. gegenüber,<br />
die dieses Thema aufnehmen.<br />
In Gottes Wort gibt es viele Aussagen zum<br />
Thema Sexualität (z.B. Mt. 5,27–28, 1.Kor.<br />
7,1–16 etc.), aber keine Stelle, die SB direkt<br />
anspricht. Dies mag teilweise die Sprachlosigkeit<br />
beim Thema SB erklären.<br />
In diesem Zusammenhang muss auch 1.Mose<br />
38,8–10 (Bestrafung Onans) erläutert werden,<br />
da hier der Ursprung des unglücklichen<br />
Wortes Onanie liegt. Beim genauen Lesen wird<br />
klar, dass Onan seiner Schwägerin Nachkommen<br />
verweigerte, z.B. durch eine Unterbrechung<br />
des Samenergusses („Coitus interruptus“),<br />
und von Gott bestraft wurde, weil er sich<br />
Juda und damit Gott widersetzte“ AT-Stellen<br />
heranzuziehen (5.Mose 23,11; 3.Mose 15,16–<br />
18), in denen von der Unreinheit der Männer<br />
durch einen Samenerguss gesprochen wird,<br />
und damit die Sündhaftigkeit von SB zu belegen,<br />
ist nicht nachvollziehbar. Erstens gibt es<br />
einen Unterschied zwischen Unreinheit und<br />
Sünde, zweitens wird der Unreinheitsgedanke<br />
im Bereich Sexualität (z.B. bei der Monatsblutung<br />
der Frau) nicht auf heutige Situationen<br />
übertragen.<br />
Wie aber kann man dann SB biblisch einordnen?<br />
Meiner Ansicht nach ist dies nur möglich,<br />
indem man nach den übergeordneten Themen<br />
der Bibel fragt.<br />
Diese sind beim Thema SB:<br />
die Beziehung des Menschen zu sich selbst<br />
die Beziehung zu anderen Menschen<br />
die eigene schöpfungsbedingte Körperlichkeit<br />
(z.B. Unterschied Mann – Frau)<br />
die Liebe, was sie ausmacht und wie sie<br />
gelebt werden soll.<br />
Erste SB in der Jugendzeit<br />
„Ich entdecke meine Orgasmusfähigkeit.“<br />
Eher keine Sünde – aber: „Prüfe dich …“<br />
Der Versuch einer biblischen<br />
Einordnung verschiedener Formen<br />
von <strong>Selbstbefriedigung</strong><br />
In meiner seelsorgerlichen Praxis erlebe ich<br />
immer wieder drei Bereiche, in denen SB eine<br />
Relevanz hat. Daraus entwickelte sich in den<br />
letzten Jahren das „Drei-Bereiche-Modell der<br />
<strong>Selbstbefriedigung</strong>“ (siehe Grafik), das ich im<br />
Gespräch mit Ratsuchenden beim Thema SB<br />
und ob es Sünde sei, erkläre. Dieses Modell<br />
bietet einen differenzierten Ansatz und fordert<br />
zur eigenverantwortlichen Prüfung vor Gott<br />
auf. Dieser Prüfungs- und Entscheidungsprozess<br />
soll ganz im Sinne der folgenden drei Bibelstellen<br />
gestaltet werden:<br />
Gal. 5,13: „Denn ihr seid zur Freiheit berufen<br />
worden, Brüder, nur gebraucht nicht die<br />
Freiheit als Anlass für das Fleisch, sondern<br />
dient einander durch die Liebe.“<br />
1.Kor. 6,12: „Alles ist mir erlaubt, aber nicht<br />
alles ist nützlich, aber ich will mich von nichts<br />
beherrschen lassen.“<br />
1.Thess. 5,21: „Weissagung verachtet nicht,<br />
prüft aber alles, das Gute haltet fest. Von aller<br />
Art des Bösen haltet euch aber fern.“<br />
(Siehe Grafik unten)<br />
Mir ist bewusst, dass Modelle Schwächen<br />
haben und nicht vollständig die komplexe<br />
Realität widerspiegeln. Trotzdem meine ich,<br />
dass bei einem Thema, das uns derartig stark<br />
als Menschen beschäftigt und zumindest heute<br />
extrem im Kontext eines „Tsunamis der Pornografie“<br />
(40% der Internetnutzer sehen sich<br />
pornogra fische Bilder/Filme an 6 , 25% aller<br />
Suchanfragen fragen nach pornografischem Inhalt)<br />
steht, Orientierungshilfen angeboten werden<br />
müssen.<br />
SB ohne pornografische Bilder<br />
in zwei Lebensrealitäten<br />
„Porno- und erotikfreie SB“ (Singles)<br />
„Ich bin leicht erregbar und eine warme<br />
Dusche oder etwas Reiben führen ohne<br />
Vorstellung von pornografischen Bildern<br />
zum Orgasmus.“<br />
„Notselbstbefriedigung“ (in der Ehe)<br />
„Aus triftigen Gründen – z.B. Dammriss<br />
bei der Frau, Depressionen – ist eine Sexualität<br />
mit meinem Partner nicht oder nur<br />
eingeschränkt möglich. Ich praktiziere SB<br />
anhand von Erinnerungen oder Bildern des<br />
Partners. Dies habe ich aber vorher mit<br />
meinem Partner abgesprochen.“<br />
Eher keine Sünde – aber: „Prüfe dich ...“<br />
Und für Ehepaare gilt: Behaltet das Ziel –<br />
gemeinsame Sexualität – im Blick!<br />
<strong>Selbstbefriedigung</strong> im Jugendalter<br />
Der erste Bereich geht davon aus, dass es<br />
eine SB im Jugendalter gibt, die ohne por no -<br />
grafische Bilder stattfindet, z.B. durch sexuelle<br />
Erregtheit (bei Jungen z.B. die sogenannte<br />
„Morgenlatte“, bei Frauen z.B. durchs Abtrocknen<br />
im Schambereich). In diesen Situationen<br />
merkt man – vielleicht überrascht –,<br />
dass durch weiteres Reiben sehr schnell schöne<br />
Gefühle und ein Orgasmus entstehen können.<br />
Hier findet ein „Kennenlernen“ des eigenen<br />
Körpers statt. Ich glaube, dass dies nicht in den<br />
Bereich der Sünde fällt, insbesondere nicht,<br />
wenn es das erste Mal geschieht. Es ergibt einen<br />
Sinn, ein Ziel, sich als Jugendlicher in seiner<br />
schöpfungsgemäßen Art kennenzulernen.<br />
Die Genitalien gehören zu unserer Schöpfung<br />
dazu, und diese Schöpfung ist sehr gut.<br />
Damit sage ich aber nicht, dass man sich<br />
als Jugendlicher erforschen muss, um später<br />
glückliche Sexualität zu leben. Ich glaube,<br />
dass es durchaus Vorteile hat, wenn man nicht<br />
„rumprobiert“, bis man einen Orgasmus hat,<br />
sondern einfach warten kann, bis dieses Erkunden<br />
mit dem Ehepartner zusammen stattfindet.<br />
Nun kann ich mir vorstellen, wie der eine<br />
oder andere Leser sich schmunzelnd nach<br />
meinem Realitätsbezug fragt. Dieses Schmunzeln<br />
kommt nicht von ungefähr in einer extrem<br />
pornografisierten Gesellschaft, in der das<br />
SB mit pornografischen<br />
Bildern/Filmen<br />
„Ich gehe auf Seiten, die nackte Frauen/<br />
Männer etc. darstellen, und befriedige mich<br />
dabei selbst.“<br />
Klare Sünde<br />
1. Bereich 2. Bereich 3. Bereich<br />
Das „DreiBereicheModell der <strong>Selbstbefriedigung</strong>“<br />
Weisses<strong>Kreuz</strong> Zeitschrift für Lebensfragen 5
Einstiegsalter vieler Jugendlicher in die Pornografie<br />
bei bereits 11 Jahren liegt, also oft noch<br />
vor dem ersten „feuchten Traum“, den ersten<br />
eigenen Orgasmuserfahrungen, die mit ca. 12<br />
Jahren beginnen. In diesem Alter haben leider<br />
viele (42% der 11- bis 13-Jährigen ermittelte<br />
die Dr.-Sommer-Studie) 8<br />
schon die heftigsten und<br />
schlimmsten Sexpraktiken<br />
gesehen.<br />
Und trotzdem möchte<br />
ich diese Möglichkeit<br />
(SB im Jugendalter ohne<br />
Pornografie) hier nennen,<br />
um derjenigen willen, die keine Pornografie<br />
konsumiert haben (auch keine Pornobilder<br />
im Kopf haben) und vielleicht schon seit Wochen<br />
und Monaten ihren Erstorgasmus, vielleicht<br />
sogar einen feuchten Traum, mit einem<br />
schlechten Gewissen mit sich tragen. Dieses<br />
Thema wird im Artikel von Markus Schäller<br />
vertieft werden.<br />
<strong>Selbstbefriedigung</strong> mit pornografischen<br />
Bildern/Filmen<br />
Bevor ich zum schwierigeren zweiten Bereich<br />
komme, möchte ich den großen, klar<br />
abtrennbaren dritten Bereich ansprechen. SB<br />
mit Pornografie ist klar Sünde, hier finden wir<br />
zahlreiche Stellen in der Bibel (z.B. Mt. 5,27–<br />
28). Die Bewertung ist eindeutig. Es ist die<br />
große Herausforderung der seelsorgerlichen<br />
Begleitung bis hin zur Therapie, Menschen auf<br />
diesem Weg aus dieser sündigen Gewohnheit<br />
(teilweise sogar Sexsucht) zu begleiten.<br />
<strong>Selbstbefriedigung</strong> ohne pornografische<br />
Bilder – Zwei Lebensrealitäten<br />
Im zweiten, deutlich kleineren Bereich sind<br />
verschiedene Wege zur SB möglich, die ohne<br />
pornografischen Inhalt stattfinden.<br />
Lebensrealität Singles<br />
Was bedeutet „SB ohne pornografische Bilder“<br />
konkret für Singles? Es gibt alleinstehende<br />
Frauen und Männer, die für sich erleben,<br />
dass sie schon durch leichte mechanische Reizung<br />
(enge Hose bei der Frau, „Morgenlatte“<br />
beim Mann) kurz vor einem Orgasmus stehen.<br />
Durch weiteres kurzes Reiben geschieht der<br />
Orgasmus, ohne pornografische Gedanken.<br />
Wie ist diese SB zu einzuordnen? Nun könnte<br />
man kurz gefasst sagen, dass der Sinn von<br />
Sexualität doch Vermehrung und dem Partner<br />
Liebe zeigen, „etwas Schönes geben“ ist. In<br />
der christlichen Sexualethik wird teilweise von<br />
Liebessexualität, die nur funktioniert, wenn<br />
sie auf den Partner angelegt ist, gesprochen.<br />
Demgegenüber sei dann jede SB auch ohne<br />
Pornografie Egosexualität, weil man sich nur<br />
um sich dreht, ergo sei diese SB Sünde. Dazu<br />
ergänzend wäre noch das oft genannte Argument<br />
anzuführen, dass der Begriff für Sünde<br />
im Griechischen ja Zielverfehlung bedeutet,<br />
und wenn Sex auf einen Partner angelegt ist,<br />
um ihn zu erfreuen, und zur Vermehrung, dann<br />
wäre der Schluss naheliegend, SB als Sünde<br />
einzuordnen. Doch manch einer wird jetzt zu<br />
6<br />
Weisses<strong>Kreuz</strong> Zeitschrift für Lebensfragen<br />
Lieber Leser, wenn du<br />
verheiratet bist, dann stelle doch<br />
mal in einer ruhigen Minute<br />
deinem Ehepartner diese Frage:<br />
„Wie oft am Tag/in der Woche<br />
denkst du an Sexualität?“<br />
Recht sagen: „Moment mal, den anderen erfreuen<br />
und Vermehrung, dass ist ja nicht alles,<br />
man selbst darf ja auch das schöne Gefühl genießen.“<br />
Stimmt, dieses Ziel gibt es für Singles<br />
durchaus, wenn auch nicht die beiden anderen<br />
Aspekte. Und ist ihr Leben zielverfehlt, nur<br />
weil sie keinen Partner<br />
gefunden haben? Ganz<br />
sicher nicht! Und in Sachen<br />
Sexualität? Klar,<br />
kann ich keinen Partner<br />
beschenken etc., aber ich<br />
kann schon schöne sexuelle<br />
Gefühle erleben.<br />
Dieser eine Sinn bleibt doch bestehen. Ist das<br />
einem Single etwa untersagt? Diese Frage wird<br />
oft unbeantwortet gelassen. Eine Möglichkeit<br />
ist sicher, sich zu enthalten, den Wunsch nach<br />
Sexualität an Gott abzugeben. Das ist leicht gesagt,<br />
wenn man verheiratet ist, das aber zu leben<br />
kann unendlich schwer sein. Nicht wenige<br />
landen aus Verzweiflung und durch das Gefühl,<br />
eh schon sündig zu sein, mit ihrer SB irgendwann<br />
in der Pornografie. Hier kann – meiner<br />
Ansicht nach – die „SB ohne Pornografie“ eine<br />
hilfreiche und schützende Möglichkeit sein. Sicher<br />
muss auch dies in einem gesunden Maße<br />
und nicht in einer suchtartigen Struktur gelebt<br />
werden (s. 1.Kor. 12,16). Dies zu beachten gilt<br />
aber für jede Art von Sexualität.<br />
Wichtig ist, dass die „SB ohne Pornografie“<br />
immer Lerneffekte mit sich bringt, die man in<br />
der Ehe wieder verlernen muss, wie z.B. „ich<br />
kann es zu jeder Zeit, an meinem Wunschort<br />
praktizieren“. Diese Struktur ist in der Ehesexualität<br />
völlig anders. Ich werde mich auf den<br />
Partner einstellen müssen und hoffentlich wollen.<br />
Gute Ehekommunikation ist notwendig.<br />
Damit man mich nicht missversteht: Für jüngere<br />
Menschen finde ich es sehr ratsam, gerade<br />
im Blick auf eine eventuelle spätere Ehesexualität,<br />
die Spannung „Sex haben zu wollen<br />
und noch nicht erleben zu können“ aushalten<br />
zu lernen.<br />
Wenn man einfach in die „SB ohne Pornografie“<br />
ausweicht und diese bei jedem kleinen<br />
Anflug von sexueller Lust oder bei der Bewältigung<br />
von Frust als „Seelentröster und Verdrängungstechnik“<br />
praktiziert, findet sicher eine<br />
Zielverfehlung statt.<br />
Wichtig ist auch zu beachten, dass Menschen,<br />
die schon in einem regelmäßigen Pornografiekonsum<br />
drin hängen, es ungleich schwerer<br />
haben werden, eine „SB ohne Pornografie“<br />
zu praktizieren oder überhaupt zu entwickeln,<br />
da das Kopfkino – angefüllt mit Pornobildern –<br />
fast immer aktiviert wird.<br />
Verheiratet und <strong>Selbstbefriedigung</strong>?<br />
Hier passt der etwas merkwürdige Begriff<br />
„Not-<strong>Selbstbefriedigung</strong>“. Für verheiratete<br />
Menschen, insbesondere bei Männern, habe<br />
ich festgestellt, dass dieser mittlere Bereich<br />
eine hilfreiche Notlösung sein kann, gerade,<br />
wenn es um die Häufigkeit der Sexualität<br />
geht. Manche Paare haben von ihrer Anlage<br />
her zwar ein ähnliches Bedürfnis, aber „normal“<br />
ist, dass ca. 90% der Ehepaare es anders<br />
erleben. Ein Mann hätte z.B. gerne 2–4 mal in<br />
der Woche Geschlechtsverkehr und denkt teilweise<br />
bis zu 30- bis 50-mal am Tag an Sex mit<br />
seiner Frau. Seine Frau hingegen findet einmal<br />
in der Woche schon viel. Lieber Leser, wenn<br />
du verheiratet bist, dann stelle doch mal in einer<br />
ruhigen Minute deinem Ehepartner diese<br />
Frage: „Wie oft am Tag/in der Woche denkst<br />
du an Sexualität?“<br />
Man kann sicher zu guten Kompromissen<br />
kommen. Aber nicht jedem Ehepaar gelingt<br />
das, besonders nicht, wenn Krankheiten die<br />
Sexualität vielleicht für Monate oder Jahre verhindern<br />
oder es beruflich bedingte Phasen gibt,<br />
in denen man längere Zeit an verschiedenen<br />
Orten leben muss. Hier kann die „Not-SB“ eine<br />
Hilfe sein, zur Entspannung beitragen, sowie<br />
auch die Versuchlichkeit reduzieren. Wichtig<br />
ist, diese Variante zuvor mit seinem Ehepartner<br />
zu besprechen. UND: Grundlegendes Ziel muss<br />
der gemeinsame Geschlechtsverkehr sein.<br />
Fazit: Das „Drei-Bereiche-Modell der <strong>Selbstbefriedigung</strong>“<br />
will keine Versuchung oder<br />
Verwirrung schaffen, sondern:<br />
die biblisch-theologische Komplexität des<br />
Themas verdeutlichen<br />
die Vielfalt der Lebensrealitäten<br />
berücksichtigen<br />
Verhaltensmöglichkeiten zur Diskussion<br />
stellen<br />
vor dem „Tsunami der Pornografie“<br />
warnen und Hilfen anbieten.<br />
So bleibe ich abschließend in diesem herausfordernden<br />
Thema bei dem: „… prüft aber<br />
alles, das Gute haltet fest. Von aller Art des<br />
Bösen haltet euch aber fern.“ 1.Thess. 5,21<br />
1 (26.11.2010, http://de.wikipedia.org/wiki/<strong>Selbstbefriedigung</strong>).<br />
2 (26.11.2010, http://de.wikipedia.org/wiki/<strong>Selbstbefriedigung</strong>).<br />
3 Noonan, John T. (1969), Empfängnisverhütung,<br />
zitiert in Schirrmacher, Thomas (2006): Familienplanung<br />
– eine Option für Christen? S. 126ff.<br />
4 Hoyndorf, Stephan (1995), Behandlungen sexueller<br />
Störungen, Weinheim: Beltz.<br />
5 Baum, Rainer und Katrin (2010), Mit Teens über Sex<br />
reden, Christliche Verlagsgesellschaft mbH, Dillenburg.<br />
6 Hilkens, Myrthe (2010), McSex – die Pornografisierung<br />
unserer Gesellschaft, Orlanda Verlag.<br />
7 Schirrmacher, Thomas (2008), Internetpornografie…<br />
und was jeder darüber wissen sollte, SCM Hänsler.<br />
8 Gernert, Johannes (2010), Generation Porno, Fackelträger<br />
Verlag GmbH.<br />
Dr. Matthias Burhenne<br />
arbeitet im „Forum Wiedenest e.V.“<br />
(ehemals Missionshaus Bibelschule<br />
Wiedenest) als Seel sorgereferent<br />
und ist in den Bereichen Seelsorge/<br />
Beratung, Gemeindeberatung und<br />
Männerarbeit tätig.
8<br />
Weisses<strong>Kreuz</strong> Zeitschrift für Lebensfragen
Die Einbahnstraße<br />
„<strong>Selbstbefriedigung</strong>“ lag<br />
auf der Hand …<br />
Rückblick<br />
Ich bin in den besten Mannesjahren, habe<br />
meine Facharztprüfung in der Tasche, gerade<br />
eine eigene Praxis eröffnet – und fühle mich<br />
„zu Erfolg verdammt“. Man erwartet von mir<br />
einen „blendenden“ Start – doch die Praxis<br />
entwickelt sich nur sehr zögerlich. Alte abgrundtiefe<br />
Ängste und Sorgen bestimmen mein<br />
Denken. Hinzu kommt meine bestehende Abneigung<br />
gegen Leitungsaufgaben. „Chef-Sein“<br />
löst bei mir massive Versagensängste aus, ständig<br />
muss ich Verantwortung für etwas übernehmen,<br />
das ich nicht wirklich unter Kontrolle<br />
habe, und werde nach dem Ergebnis be-(oder<br />
ver-!)urteilt. Wie ein Schatten verfolgt mich<br />
dieser Druck den ganzen Tag durch die Praxis.<br />
Ich fühle mich abgrundtief einsam. Und zu<br />
Hause das gleiche Spiel beim Sex? Nein danke!<br />
Denn sexuelle Begegnungen mit meiner<br />
Frau bewirkten ähnlich unangenehme Gefühle.<br />
Bei uns herrschte in den ersten Ehejahren<br />
in Bezug auf Sexualität eine große Sprachlosigkeit.<br />
Wir hatten nie gelernt, über unsere<br />
Gefühle und Bedürfnisse miteinander zu reden.<br />
Gefühle waren mir sowieso suspekt und<br />
hatten den Entscheidungen des Verstandes zu<br />
folgen. Wenn ich meine Frau – selten genug –<br />
fragte, sagte sie zwar, es sei alles in Ordnung,<br />
aber nonverbal kam bei mir an, dass sie nicht<br />
viel von unseren sexuellen Begegnungen habe.<br />
Ich verurteilte mich selbst als Versager und<br />
dachte: ‚Da ist es doch leichter sich selbst zu<br />
befriedigen! Mein innerer Druck ist weg, aber<br />
der ganze Stress, das Komplizierte ist nicht<br />
dabei.‘<br />
So begann eine Zeit, in der ich es vorzog,<br />
mich selbst zu befriedigen, anstatt mit meiner<br />
Frau zu schlafen. Damals bestand für mich<br />
das eheliche Intimleben in einer Fülle (selbst<br />
auferlegter!) Anforderungen, was ich wie und<br />
mit wie viel Aufmerksamkeit tun müsse, um<br />
meiner Frau zu gefallen. Dadurch war die<br />
Angst vor dem Versagen (das nie stattgefunden<br />
hatte!) größer als die Freude, die ich für mich<br />
in dem intimen Zusammensein zuließ.<br />
Überhaupt war ich der Meinung, dass man<br />
als Christ (und als Mann) nie die Kontrolle<br />
über sich oder eine Situation verlieren dürfe.<br />
Da meine Frau gewöhnlich nicht die Initiative<br />
zu sexuellen Begegnungen übernahm (oder<br />
nur solange, bis ich „angebissen“ hatte), lag<br />
in meinen Augen die Verantwortung für das<br />
Gelingen unserer sexuellen Begegnung einzig<br />
und allein in meinen Händen. Damit fühlte<br />
ich mich total überfordert. Die Fluchtmöglichkeit<br />
lag buchstäblich auf der Hand: <strong>Selbstbefriedigung</strong>!<br />
Ich dachte: ‚Wenn sie etwas von<br />
mir will, kann sie ja immer noch kommen …‘<br />
Wenn sie dann jedoch tatsächlich einmal versteckt<br />
und verschämt kam, fand ich alle möglichen<br />
Ausflüchte.<br />
Unsere Situation spitzte sich zu: Als während<br />
der Praxisgründung ständige Entscheidungen,<br />
lange Arbeitszeiten und Sorge vor der<br />
wirtschaftlichen Zukunft den äußeren Druck<br />
anfeuerten, entzog ich mich meiner Frau komplett<br />
und tauchte ab in den vermeintlichen<br />
Trost der <strong>Selbstbefriedigung</strong> – ein altbekanntes<br />
Verhaltensmuster, statt gemeinsam Trost in<br />
unserem ehelichen Beisammensein zu suchen.<br />
Inzwischen ist mir klar, dass dieser nicht einvernehmliche<br />
Rückzug auch eine Form von<br />
Ehebruch darstellt.<br />
Sechs Monate lang litt meine Frau im Verborgenen,<br />
saß in puncto sexueller Erfüllung<br />
gewissermaßen auf dem Trockenen. Zu einer<br />
dauerhaften Lösung kam es, nachdem meine<br />
Frau viel gebetet und schließlich den Eindruck<br />
hatte, sie solle mir einen Brief schreiben. Mit<br />
einem Mal wurden mir ihre Verzweiflung und<br />
die Lieblosigkeit meines Verhaltens deutlich.<br />
Ich traf die Entscheidung, damit aufzuhören,<br />
ehe die Intimität in unserer Ehe komplett starb.<br />
Erst dann war ich gezwungen, mich mit den<br />
Gefühlen, Fehlhaltungen und Verklemmtheiten<br />
auseinanderzusetzen, die dazu geführt hatten.<br />
Ich will keineswegs behaupten, <strong>Selbstbefriedigung</strong><br />
sei grundsätzlich falsch oder verwerflich.<br />
Es gibt sicher Situationen, in denen<br />
man in gegenseitigem Einverständnis darauf<br />
zurückgreifen kann, um das innere Gleichgewicht<br />
zu halten, z.B. längeres Getrenntsein,<br />
Krankheit oder andere Belastungen, die eheliches<br />
Zusammenkommen unmöglich machen.<br />
Es mag sogar gelegentlich zum gemeinsamen<br />
Kennenlernen in das Liebesspiel eingebaut<br />
werden, z.B. um dem anderen zu zeigen, welche<br />
Berührungen besonders reizvoll sind.<br />
Hinderlich wird es dann, und in meinem Fall<br />
sündhaft, wenn es heimlich geschieht und den<br />
Partner der „schuldigen Pflicht“ beraubt:<br />
Der Mann leiste der Frau, was er ihr schuldig<br />
ist, desgleichen die Frau dem Mann. Die<br />
Frau verfügt nicht über ihren Leib, sondern<br />
der Mann. Ebenso verfügt der Mann nicht über<br />
seinen Leib, sondern die Frau. (1.Kor. 7,3+4)<br />
Daher habe ich nicht die Freiheit zu einem<br />
selbstsüchtigen Lustgewinn ohne Einverständnis<br />
meines Gegenübers. <strong>Selbstbefriedigung</strong> ist<br />
nicht „der leichtere Weg“, um Konflikten aus<br />
dem Weg zu gehen. Stattdessen übte sie einen<br />
sehr zerstörerischen Einfluss auf die Intimität<br />
unserer Ehe aus, auf dem Nährboden von mangelnder<br />
Kommunikation, falscher Scham, dem<br />
Unterdrücken der eigenen Gefühle und Bedürfnisse,<br />
selbsterzeugtem Leistungsdruck und<br />
Kontrollsucht.<br />
Nach dieser Kehrtwende entwickelte sich<br />
unsere Sexualität wie eine gehegte und gepflegte<br />
Pflanze. Unser nun offener Austausch<br />
versetzte uns in die Lage, gemeinsam in den<br />
sexuellen Begegnungen zu wachsen und zu reifen.<br />
Seit vielen Jahren nun genießen wir Sex<br />
sehr und erfreuen uns an dieser Intimität, die<br />
unserer Ehe Kraft und Stabilität gibt.<br />
Der Name des Autors ist der Redaktion bekannt.<br />
Weisses<strong>Kreuz</strong> Zeitschrift für Lebensfragen 9
Dr. med. Ute Buth<br />
„Darüber spricht<br />
man nicht …?“<br />
<strong>Selbstbefriedigung</strong> der Frau<br />
Inzwischen hat es sich wohl längst herumgesprochen:<br />
Weit über 90% der Männer haben<br />
Erfahrung mit <strong>Selbstbefriedigung</strong>. Dies ist also<br />
gemeinhin bekannt – mal unabhängig davon,<br />
wie man sich zum Thema positioniert. Aber<br />
<strong>Selbstbefriedigung</strong> bei Frauen? „Ja, gibt´s<br />
denn so was?“ Die Spannweite der Aussagen<br />
von Frauen zum Tabuthema No.1 reichen von<br />
„Ich habe keinen Schimmer, was genau das<br />
sein soll …“ über „Dadurch konnte ich meinem<br />
Mann besser zeigen, was ich als lustvoll<br />
empfinde.“ bis zu „Ich empfinde mich als abhängig<br />
und habe keine Idee, wie ich je wieder<br />
damit aufhören könnte …“ In Recherchen findet<br />
man Angaben, dass 60–80% der Frauen Erfahrung<br />
mit <strong>Selbstbefriedigung</strong> haben. 1<br />
Fazit: Ja, <strong>Selbstbefriedigung</strong> ist sehr wohl<br />
ein Frauenthema.<br />
Leider wird <strong>Selbstbefriedigung</strong> aber auch<br />
heute noch gerade von kirchlicher Seite gern<br />
pauschal in einen Topf geworfen mit allerlei heißen<br />
sexuellen Eisen, wie z.B. dem Seitensprung,<br />
der (innerlichen) Abkehr vom Ehepartner durch<br />
das Herbei-Träumen eines anderen Partners,<br />
erotischem Chatten mit Dritten oder dem Konsum<br />
von pornographischen Materialien.<br />
Wurde <strong>Selbstbefriedigung</strong> noch vor wenigen<br />
Jahrzehnten auch gesellschaftlich verpönt und<br />
mit z.T. abstrusen angeblichen Folgeschäden<br />
(Gehirnerweichung, Krebs, Tuberkulose, Lepra)<br />
stigmatisiert, befinden wir uns nach Aussagen<br />
des umstrittenen Sexualaufklärers Oswald<br />
Kolle heute womöglich schon auf dem Weg<br />
zur „Masturbationsgesellschaft“. 2<br />
Bedenkenswertes<br />
Selbst-Befriedigung ist auf das Ich ausgelegte<br />
Sexualität. Der Beziehungsaspekt des<br />
Ein-Fleisch-Werdens fehlt. Partnerschaftlicher<br />
Sex bezieht sich auf das Gegenüber.<br />
Demnach ist meines Erachtens die Phantasiewelt<br />
in Sachen <strong>Selbstbefriedigung</strong> entscheidend:<br />
Findet <strong>Selbstbefriedigung</strong> als<br />
Genital-Berührung ohne Kopfkino statt, ist<br />
daran als gedankliches Ziel der eigene Partner<br />
oder womöglich ein vermeintlicher<br />
Traum-Mann, vielleicht ein berühmter<br />
10<br />
Weisses<strong>Kreuz</strong> Zeitschrift für Lebensfragen<br />
Schauspieler geknüpft? Die Herzenshaltung<br />
spricht Bände.<br />
Im Gegensatz zu Jungen entdecken Mädchen<br />
ihre äußeren Geschlechtsorgane wie<br />
z.B. den Kitzler nicht so selbstverständlich.<br />
Der Penis ist vorgelagert, greifbar, wird<br />
schon in frühesten Kinderjahren meist ausgiebig<br />
untersucht, „begreifbar gemacht“.<br />
Viele Mädchen haben hingegen die lustvollen<br />
Gefühle beim Reizen des Kitzlers entweder<br />
gar nicht bemerkt oder sind eher<br />
zufällig darauf gestoßen, als sie sich z.B.<br />
nach dem Baden trocken rubbelten.<br />
Ein Wort zum Modetrend der Vibratoren.<br />
Ja, sie rufen sexuelle Erregung hervor und<br />
können im Vorspiel eingesetzt werden.<br />
Doch die Intensität der Reizung ist so intensiv<br />
und unphysiologisch, dass die alleinige<br />
lustvolle Berührung als nicht mehr ausreichend<br />
empfunden werden kann. Daher rate<br />
ich, dies bei der Überlegung, ob man Vibratoren<br />
verwenden möchte, abzuwägen.<br />
Konstruktive Aspekte weiblicher<br />
<strong>Selbstbefriedigung</strong><br />
Wenn Frauen darunter leiden, dass sie bislang<br />
noch keinen Orgasmus erlebt haben, kann –<br />
neben ganz anderen Gesichtspunkten (wie<br />
z.B. der Fähigkeit, sich fallen zu lassen, Kontrolle<br />
abzugeben) – auch <strong>Selbstbefriedigung</strong><br />
zum Entdecken des eigenen Potenzials für eine<br />
Zeit hilfreich sein. Ziel ist das Erleben des<br />
Höhepunkts in der sexuellen Begegnung mit<br />
dem Partner.<br />
Oder man setzt <strong>Selbstbefriedigung</strong> gezielt<br />
ein, um die Bandbreite der weiblichen Sexualität<br />
mehr zu entdecken, die eigene sexuelle<br />
Lerngeschichte zu erweitern, z.B. bei krankheitsbedingten<br />
Einschränkungen und Operationen,<br />
nach denen sexuelle Erregung nicht<br />
mehr (so lustvoll) erlebt wird. Manch eine<br />
Frau nimmt nach der Geburt wahr, dass sie den<br />
Höhepunkt durch Geschlechtsverkehr in der<br />
Scheide nicht mehr erreicht, weil der Beckenboden<br />
zu sehr gedehnt ist. Neben Übungen, um<br />
die Spannung dort wieder aufzubauen, kann<br />
auch die Reizung des Kitzlers im Beisein des<br />
Partners oder durch den Partner weiterhelfen.<br />
<strong>Selbstbefriedigung</strong> in der Ehe?<br />
Ja, warum nicht, wenn sie z.B. partnerschaftlich<br />
ausgeübt wird und dazu dient, gemeinsame<br />
Sexualität zu fördern, indem eine Frau ihre<br />
Weiblichkeit und lustvolle Empfindungen an<br />
sich selbst kennenlernt und den Mann darin<br />
anleitet oder einbezieht.<br />
Kritische Punkte<br />
Mehr als bedenklich wird <strong>Selbstbefriedigung</strong><br />
in der Ehe, wenn sie den Partner auf<br />
Eis stellt, gemeinsamer Sexualität ausweicht,<br />
in Pornografie abdriftet, zum Tröster verkommt,<br />
die Löcher der Seele stopfen soll.<br />
Dann bleibt man am Ende leer zurück, gerät<br />
in einen Wiederholungszwang, der sich auch<br />
bei Frauen, verheiratet oder nicht, als Abhängigkeit<br />
darstellen kann. Gott möchte unserem<br />
Mangel begegnen, von ihm sollten wir uns<br />
füllen lassen.<br />
Denn: „Der Mensch lebt nicht vom Brot<br />
allein, sondern von einem jeden Wort, das<br />
aus dem Mund Gottes kommt.“ Er oder sie<br />
lebt weder vom Sex allein noch von Alkohol,<br />
Drogen oder z.B. exzessivem Einkaufen.<br />
Es wäre abschließend wünschenswert, wenn<br />
das Thema <strong>Selbstbefriedigung</strong> nicht zu hoch<br />
stilisiert und pauschal verdammt würde, wenn<br />
andererseits aber mögliche „Risiken und Nebenwirkungen“<br />
nicht aus dem Blick gerieten.<br />
1 http://de.wikipedia.org/wiki/<strong>Selbstbefriedigung</strong>,<br />
Zugriff 17.11.2010<br />
2 http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/<br />
0,1518,198371,00.html Zugriff 17.11.2010<br />
Dr. med. Ute Buth,<br />
ist Fachärztin und als Fachberaterin<br />
Frauenheilkunde für das Weiße<br />
<strong>Kreuz</strong> tätig. Ihre Schwerpunkte<br />
sind Sexualberatung nach DGfS<br />
(Dt. Gesellschaft f. Sexualforschung)<br />
sowie ethische Aspekte<br />
ihres Fachs z.B. bei unerfülltem Kinderwunsch und vorgeburtlicher<br />
Diagnostik.
Weisses<strong>Kreuz</strong> Zeitschrift für Lebensfragen 11
Von der Suche<br />
nach dem guten Weg …<br />
Erfahrungen mit Sexualität im<br />
Leben eines Singles<br />
Sex ist schön! Wäre es anders, würden wir<br />
Menschen vielleicht vergessen, Kinder zu<br />
zeugen. Schon bevor ich aktiv sexuelle Erregungen<br />
provozierte, gab es verstörend schöne<br />
Träume, die mit feuchtem Erwachen endeten<br />
und mir klar machten: Sex ist schön! Als Heranwachsender<br />
waren die Hochstimmung und<br />
die neu entdeckten Gefühle bei einem Orgasmus<br />
bahnbrechend aufregend. Ohne Orientierung<br />
habe ich mit <strong>Selbstbefriedigung</strong> herumexperimentiert.<br />
Doch es gab auch die Furcht<br />
entdeckt zu werden. Ein offenes Gespräch zum<br />
Thema hat es in meiner Familie nicht gegeben.<br />
Natürlich haben meine Geschwister und<br />
Eltern was gemerkt. Aber es wurde darüber<br />
hinweggesehen, was den Eindruck verstärkte,<br />
etwas Peinliches zu tun, über das man am besten<br />
nicht spricht. Als ich irgendwann bemerkte,<br />
wie mich die Sucht nach einer Wiederholung<br />
der ersten Hochgefühle vor sich hertrieb, war<br />
ich auch schon der <strong>Selbstbefriedigung</strong> als lästigem<br />
Übel verfallen. Mit einem Gefühl von<br />
Größe und Reife hatte es begonnen, mit einer<br />
starken Scham über die heimliche Sucht setzte<br />
sich das Thema fort.<br />
Darüber zu reden war tabu. Weder im<br />
Freundeskreis noch in der Familie hätte ich<br />
mich getraut, davon zu sprechen. So luftabgeschlossen<br />
gärte und dümpelte die sexuelle<br />
Aktivität auf niedrigstem Niveau in meinem<br />
Leben. Ich empfand mich als „nicht normal“,<br />
nicht ahnend, dass es einem Großteil meiner<br />
Geschlechtsgenossen ähnlich ging. Hinzu kamen<br />
mein Singlesein und meine christlichen<br />
12<br />
Weisses<strong>Kreuz</strong> Zeitschrift für Lebensfragen<br />
Grundeinstellungen. Pornografie und Bordellbesuche<br />
kamen sowieso nicht in Frage. Ersteres<br />
rückte allerdings später doch noch für eine<br />
Weile in meinen Alltag, als ich entdeckte, wie<br />
leicht im Internet an stimulierende Bilder zu<br />
kommen war. Da meine Beziehungsversuche<br />
zum anderen Geschlecht alle an einer grundlegenden<br />
Beziehungsangst scheiterten, gewöhnte<br />
ich mich daran, <strong>Selbstbefriedigung</strong> als tröstliche<br />
Betätigung zu „konsumieren“ wie Andere<br />
Süßigkeiten oder Alkohol. Daran änderte<br />
auch mein hauptberuflicher geistlicher Dienst<br />
nichts. Nur samstags verzichtete<br />
ich, weil ich ja sonntags auf der<br />
Kanzel stehen musste.<br />
Eine erste Wende in Punkto<br />
<strong>Selbstbefriedigung</strong> kam, als ein<br />
großes geistliches Vorbild, ein beeindruckender<br />
Evangelist, mir persönlich<br />
erzählte, dass er schon über<br />
40 Jahre alt war, als er Jesus darum<br />
bat, ihn von seiner suchtartigen<br />
<strong>Selbstbefriedigung</strong> zu befreien. Er<br />
erlebte die Befreiung tatsächlich.<br />
Er war ein verheirateter Mann! Ich<br />
selber hatte schon oft darum gebetet,<br />
aber mittlerweile aufgegeben,<br />
an Hilfe zu glauben. Sein Bekenntnis<br />
hat mich mehreres gelehrt. Erstens:<br />
„Du bist nicht allein!“ Zweitens: „Man kann<br />
masturbieren, ohne für Gott unbrauchbar zu<br />
werden!“ Drittens: „Gott hat seinen Fahrplan,<br />
wann Lernschritte dran sind.“ Viertens: „Es ist<br />
nie zu spät an Veränderung zu glauben.“ Auch<br />
eine theologische Einsicht war für mich wichtig.<br />
Die Bibel verurteilt <strong>Selbstbefriedigung</strong><br />
nirgendwo. Erst aus dieser Freiheit heraus<br />
konnte ich mich der gewachsenen Problematik<br />
in meinem Leben stellen. Scham und Schuldgefühle<br />
hatten mich an einer wesentlichen<br />
Erfahrung gehindert, nämlich an meinen sexuellen<br />
Gefühlen zu reifen. Sie zu kontrollieren,<br />
Herr über die eigenen Regungen zu werden,<br />
ist eine Entwicklung, die ein angenehmes<br />
Selbstgefühl vermittelt.<br />
Ich bin auf diesem Weg oft gestolpert und<br />
noch nicht am Ende. Immer wieder mal überraschen<br />
mich Erregungszustände und ich gestatte<br />
mir auch, ihnen ab und an nachzugehen. Aber<br />
in die alte Abhängigkeit will ich nicht zurück.<br />
Die hat mich klein gemacht, mir den Selbstrespekt<br />
geraubt. Nachdem sich mein Vorbild geoutet<br />
hatte, und das wahrscheinlich mit einer<br />
Ahnung davon, wo ich vielleicht mit meiner<br />
Sexualität steckte, – fiel es mir auch viel leichter,<br />
mit Freunden über das Thema zu sprechen<br />
und zu beten. Befreiung von Internetpornografie<br />
erlebte ich durch ein offenes Bekenntnis<br />
und das Gebet mit einem Freund. Das sage ich<br />
nicht, um den Eindruck zu erwecken, Gebet sei<br />
eine Art Zauberformel zur Lösung aus sexuellen<br />
Problematiken. Doch Sexualität ist auch<br />
eine Herausforderung des Lebens – neben den<br />
vielen anderen, in denen ich Gottes Hilfe erfahren<br />
habe. Einige Jahre habe ich auch professionelle<br />
Seelsorge gesucht, um einen Raum zu<br />
haben, offen über intime Bereiche zu sprechen.<br />
Das hat mir gut getan. Je mehr ich aus der inneren<br />
Verspannung gelöst wurde und meine<br />
Scham überwinden lernte, desto einfacher wurde<br />
es, auch auf billigen Trost in der <strong>Selbstbefriedigung</strong><br />
zu verzichten. Denn das war Masturbation<br />
für mich: Ein Versuch, mit Frust und<br />
unerfüllten Sehnsüchten umzugehen.<br />
Jetzt probiere ich andere Wege, die gesünder<br />
erfüllen, und freue mich daran, immer mehr<br />
der Herr im eigenen Haus zu sein. Zu gesunder<br />
Erfüllung gehören für mich die ehrenamtliche<br />
Tätigkeit in sinnvollen Projekten unseres<br />
Stadtteils, regelmäßiger Sport, Pflege meiner<br />
wohltuenden Freundschaften und die Liebe<br />
zu allem Schönen in Kunst, Natur und meinen<br />
Mitmenschen. Sex ist schön! Diesen Glauben<br />
will ich mir nicht durch meine biographischen<br />
Erfahrungen verderben lassen. Allerdings<br />
habe ich inzwischen klar erkannt, dass <strong>Selbstbefriedigung</strong><br />
allenfalls ein schmales Abbild<br />
erfüllender Sexualität sein kann. Ein Appetitanreger,<br />
aber keine wirkliche Mahlzeit.<br />
Da ich mich inzwischen zum lebenslangen<br />
Singlesein entschlossen habe, verbuche ich<br />
diesen Lebensbereich unter „unerfüllte Wünsche“<br />
und konzentriere mich dankbar auf die<br />
vielen erfüllenden Elemente meines Lebens.<br />
Denn ich will in einer Welt voller schöner<br />
Dinge nicht traurig herumhängen, weil ich eine<br />
Sache nicht haben kann.<br />
Der Autor ist hauptamtlicher Pastoralreferent, 45 Jahre alt,<br />
alleinstehend und in einer freien Gemeinde tätig. Sein Name<br />
ist der Redaktion bekannt.
Markus Schäller<br />
<strong>Selbstbefriedigung</strong><br />
bei Teenagern<br />
Nur einer von sechs christlichen Teens<br />
(13–16 Jahre) bzw. Jugendlichen (17 Jahre<br />
aufwärts) findet <strong>Selbstbefriedigung</strong> okay, aber<br />
eins von vier Mädchen und vier von fünf Jungs<br />
praktizieren sie. Zu diesem Ergebnis kamen<br />
wir bei einer Umfrage im Jahre 2006 1 . Mit anderen<br />
Worten: Insbesondere für Jungs ist Masturbation<br />
ein riesiges Thema – sie „machen<br />
es sich selbst“, aber sind mehrheitlich davon<br />
überzeugt, dass „es nicht okay“ ist. Und diese<br />
Kluft zwischen gelebter Praxis und innerer<br />
Überzeugung sorgt für jede Menge Frust ...<br />
Biblisch-ethisch ist meine Sicht, dass man<br />
Masturbation weder verteufeln noch pauschal<br />
gutheißen kann. Einerseits gibt es keine biblische<br />
Aussage, die wir direkt mit <strong>Selbstbefriedigung</strong><br />
in Verbindung bringen können. Andererseits<br />
ist Sexualität schöpfungsgemäß auf<br />
Gegenseitigkeit hin angelegt, während Masturbation<br />
ja einer „sexuellen Einbahn straße“<br />
gleicht. Insofern bewegen wir uns hier in einer<br />
Grauzone und unsere Beurteilung wird<br />
stark davon abhängen müssen, wie und in<br />
welcher Lebensphase jemand <strong>Selbstbefriedigung</strong><br />
betreibt: Wenn ein Pubertierender die<br />
Sexualfunktionen seines Körpers ausprobiert,<br />
würde ich dies als „völlig normal“ einstufen.<br />
Wenn ein 15-Jähriger in den Pornokreislauf<br />
geraten ist und immer wieder mit offener Hose<br />
vorm Monitor sitzt, so ist das keineswegs normal,<br />
sondern ein sündiges, selbstschädigendes<br />
Verhalten. – Und viele Teens wissen das auch.<br />
Kinder entdecken ihre Sexualität zunächst<br />
„ich-bezogen“. Ein wichtiges Entwicklungsziel<br />
besteht also darin, das „Wir“ zu erlernen,<br />
d.h. die Frage zu beantworten: Wie lebe ich eine<br />
beziehungsfähige Sexualität? Dass <strong>Selbstbefriedigung</strong><br />
nicht zu diesem Ziel führt (sondern<br />
allenfalls ein Schritt auf dem Weg ist),<br />
liegt auf der Hand. Doch die Verteufelung von<br />
Masturbation und die daraus resultierende Versündigungsangst<br />
helfen dem Heranwachsenden<br />
in keiner Weise weiter, um aus einer unreifen<br />
Form der Sexualität herauszukommen.<br />
Manchmal ist sogar das Gegenteil der Fall.<br />
Es ist ratsam, den Ball flach zu halten, nicht<br />
übertrieben zu reagieren und nicht gleich mit<br />
dem Hammerbegriff „Sex“ zu kommen, wenn<br />
Eltern mitbekommen, dass ihre Teens masturbieren.<br />
Teens erleben das Spannungsfeld zwischen<br />
Können und Nicht-Sollen besonders stark. Alle<br />
Menschen seit Adam können mehr als sie<br />
sollen (woraus Verantwortung resultiert), aber<br />
beim Teeny tritt dieses Spannungsfeld aufgrund<br />
der speziellen entwicklungspsychologischen<br />
Phase besonders hervor. Biologisch ist er oder<br />
sie „zu allem fähig“, aber die geistige Reifung<br />
(= Vorbedingung für eine verantwortlich gelebte<br />
Beziehung) benötigt noch Jahre. Und das<br />
in einer hypersexualisierten Gesellschaft, die<br />
ihren Stempel auch denen aufdrückt, die keine<br />
Pornos sehen wollen, mit 15 keinen Freund<br />
brauchen und keinen vorehelichen Sex haben.<br />
Logisch, dass sich hier die Frage stellt: Wohin<br />
mit den erotischen Gefühlen? Die Sexualität ist<br />
längst erwacht, die Berührung erogener Zonen<br />
längst als etwas Lustvolles bekannt. Und hinzu<br />
kommt, dass man nun mal den eigenen Körper<br />
sowie die eigenen sexuellen Fantasien ständig<br />
„bei sich trägt“. Im Zusammenspiel dieser Faktoren<br />
hat <strong>Selbstbefriedigung</strong> – besonders bei<br />
Jungs – mitunter „Ventilcharakter“. Auch wenn<br />
der männliche Körper über Mechanismen verfügt,<br />
um a) die Samenproduktion nach dem<br />
Bedarf zu richten und b) „Lagerbestände“ auch<br />
Weisses<strong>Kreuz</strong> Zeitschrift für Lebensfragen 13
selber wieder zu „entsorgen“ (Pollution), ist<br />
das Thema nicht einfach vom Tisch. Und hier<br />
kommt nun wieder die Ambivalenz der Bewertung<br />
von Masturbation ins Spiel: Auf der einen<br />
Seite würde ich die gelegentliche „manuelle<br />
Selbstbetätigung des Ventils“ in den Rahmen<br />
des Natürlichen einordnen. Auf der anderen<br />
Seite sollte auch dem Teeny klar sein, dass die<br />
Frage, wie stark sich der Drang nach <strong>Selbstbefriedigung</strong><br />
entwickelt, vor allem von ihm selbst<br />
abhängt!<br />
Für Eltern und andere, die mit Teens zu tun<br />
haben, ist es wichtig, dass sie die aktuellen Regungen<br />
der Sexualität im Teen-Alter als eine<br />
Momentaufnahme betrachten: <strong>Selbstbefriedigung</strong><br />
ist gewiss nicht das Ziel der Sexualität,<br />
aber im Moment gibt es kaum eine Alternative<br />
dazu. Sie dürfen aber dort nicht stehen bleiben,<br />
sondern der Weg geht (hoffentlich!) weiter in<br />
eine Beziehung und eine stabile Ehe. Weise<br />
BUCHREZENSIoN<br />
Kinderbildkalender 2011<br />
14<br />
Weisses<strong>Kreuz</strong> Zeitschrift für Lebensfragen<br />
Ratschläge für Teens sind nur dann wirklich<br />
weise, wenn sie diesen Prozess berücksichtigen.<br />
Ihre Lebensphase ist wie die Fahrt auf einer<br />
Rolltreppe, alles ist in Bewegung und entscheidend<br />
ist, dass sie auf der nächsten Etage<br />
ankommen.<br />
Problematisch wird das Ganze, wenn – wie<br />
oben schon erwähnt – Pornografie ins Spiel<br />
kommt, wenn Masturbation zum (einzigen)<br />
Weg der Frust- oder Stressbewältigung wird,<br />
wenn der Teeny es nicht lernt, sich sexuell<br />
selbst zu beherrschen. „Eine aufgebrochene<br />
Stadt ohne Mauer, so ist ein Mann ohne Selbstbeherrschung“,<br />
heißt es in Sprüche 25,28. In<br />
der Teeny-Seelsorge habe ich viele solcher<br />
„aufgebrochenen Städte“ kennengelernt. Junge<br />
Leute, die nicht anders konnten als sich<br />
„biologisch abzubauen“, sobald sich der „Maschinenraum“<br />
meldete. Einen Dienst für ihre<br />
spätere Beziehungs- und Ehefähigkeit haben<br />
Rainer und Katrin Baum, 2010<br />
Mit Teens über Sex reden<br />
Handbuch für Mitarbeiter<br />
in der Teen- und Jugendarbeit<br />
Dillenburg: Christliche Verlagsgesellschaft<br />
gebunden, 272 Seiten, 15,90<br />
ISBN: 978-3-89436-835-7<br />
Aus der Praxis für die Praxis legen Rainer<br />
und Katrin Baum ein wichtiges Buch<br />
vor, das in die Hände jedes Teen- und<br />
Jugendmitarbeiters gehört. Sie zeichnen<br />
im ersten Teil die Grundlinien bibli scher<br />
Sexualethik nach und setzen zu den<br />
wichtigsten Fragen junger Leute (z.B.<br />
<strong>Selbstbefriedigung</strong>, Petting, Pornografie)<br />
präzise Orientierungspunkte. Dem<br />
folgt ein Blick in die faktische Lebenswelt<br />
christlicher Teens und Jugendlicher,<br />
die anhand einer Umfrage (mit 1.279 Befragten)<br />
analysiert wird. Man würde an<br />
dem Buch kaum etwas vermissen, wenn<br />
die Autoren nun direkt auf die Praxis<br />
der Themengestaltung im Teenkreis zu<br />
12 farbige Monatsblätter mit Bibel versen<br />
und Sinnsprüchen,<br />
Format 23 x 31,5 cm, Spiralbindung,<br />
Foliendeckblatt<br />
3,00<br />
Zu bestellen bei:<br />
<strong>Weißes</strong> <strong>Kreuz</strong> e. V.<br />
<strong>Weißes</strong>-<strong>Kreuz</strong>-Str. 3<br />
34292 Ahnatal<br />
sie sich damit gewiss nicht erwiesen. Denn in<br />
der Hochzeitsnacht lässt sich kein großer Hebel<br />
finden, mit dem Mann oder auch Frau von<br />
Ego-Sex auf Partner-Sex umschalten kann ...<br />
1 Mehr Fakten und Zahlen dazu in Schäller, Markus &<br />
Antje (Hrsg.). 2007. Sex … um Gottes Willen! Fragen<br />
und Antworten zum Thema Nr. 1. 2. Aufl. Dillenburg:<br />
Christliche Verlagsgesellschaft. S. 127-137<br />
Markus Schäller,<br />
(Theologe, 42 Jahre, verheiratet<br />
mit Antje, 4 Kinder) war 11 Jahre<br />
als Jugendreferent (Wiedenest)<br />
tätig und ist gemeinsam mit seiner<br />
Frau Autor mehrerer Bücher zur<br />
Sexualethik. Heute ist er als Referent<br />
für biblische Schulung & Theologie (www.agb-online.<br />
de) deutschlandweit im Einsatz.<br />
sprechen kämen. Für ein hohes Maß an<br />
Erfahrung spricht jedoch, dass sie zunächst<br />
noch ein Kapitel über die Rolle des Mitarbeiters<br />
einfügen, der seine gesamte Persönlichkeit<br />
in der Vermittlung dieses „prickelnden<br />
Stoffes“ ja nicht „außen vor“ lassen<br />
kann. Wer nach kreativen Ideen, didaktischen<br />
und methodischen Hinweisen sowie<br />
weiteren Informationsquellen sucht, findet<br />
im Materialpool eine Fülle von praktischen<br />
Tipps. Schließlich rundet eine kleine Aufsatzsammlung<br />
(Rechtsfragen, Umgang mit<br />
dem Internet etc.) das Ganze ab.<br />
Mein einziger Kritikpunkt ist: Schade,<br />
dass es dieses Buch nicht schon früher gab!<br />
Rainer und Katrin Baum haben die Bibelschule<br />
Wiedenest absolviert und über<br />
mehrere Jahre die Hotline (Schwerpunkt<br />
Sexualität und Beziehungsfragen) der<br />
Jugendzeitschrift komm! betreut.<br />
Rainer ist als Jugendreferent der Christlichen<br />
Jugendpflege e.V. tätig.<br />
Markus Schäller<br />
SPENDENINFoRMATIoN:<br />
Über eine Spende freuen wir uns.<br />
<strong>Weißes</strong> <strong>Kreuz</strong> e.V.<br />
Ev. Kreditgenossenschaft eG<br />
Kassel<br />
BLZ 520 604 10<br />
Kto.-Nr. 0001937
<strong>Weißes</strong> <strong>Kreuz</strong> e. V.<br />
<strong>Weißes</strong>-<strong>Kreuz</strong>-Straße 3<br />
34292 Ahnatal<br />
Postvertriebsstück<br />
Deutsche Post AG<br />
Entgelt bezahlt<br />
H 07649<br />
Veranstaltungen 2011 in Ahnatal<br />
03./04. März 2011,<br />
Fortbildungsseminare „Sexualberatung“<br />
Probleme im sexuellen Bereich haben oft eine<br />
lange Geschichte und es ist wichtig, dass Seelsorger<br />
und Berater ein gründliches Wissen über<br />
die Entstehungsgeschichte und die Möglichkeiten<br />
der Veränderung erhalten.<br />
Diese Seminare können sowohl zusammenhängend<br />
als auch als Tagesseminar besucht<br />
werden.<br />
03. März 2011, 11:00–20:30 Uhr<br />
Thema: „Persönlichkeit, Persönlichkeitsdiagnostik<br />
und Persönlichkeitsentwicklung“<br />
11:00–11:30 Uhr<br />
Begrüßung, Kennenlernen, Andacht<br />
11:30–13:00 Uhr<br />
Wer bin ich, wer ist der andere? Selbst- und<br />
Fremdwahrnehmung als notwendige Kernkompetenz<br />
für BeraterInnen.<br />
14:00–15:30 Uhr<br />
Was ist Persönlichkeit? Inwieweit ist sie veränderbar?<br />
16.00–17.30 Uhr<br />
Verschiedene Möglichkeiten der Persönlichkeitsbeschreibung<br />
(Diagnostik). Von der Hermeneutik<br />
bis zu psychometrischen Tests.<br />
18:30–20:30 Uhr<br />
Persönlichkeitsentwicklung – wie funktioniert<br />
die Entwicklung der Persönlichkeit und<br />
wo können wir in der Beratung ansetzen?<br />
Übungen<br />
Referent: Florian Mehring, Wuppertal, BTS<br />
Studienleiter, Supervisor EAS, Coach EAS<br />
04. März 2011, 09:00–18:00 Uhr<br />
Thema: Sexualtherapie<br />
09:00–10:30 Uhr<br />
Das Thema „Sexualität“ in der Be ra tungspraxis:<br />
Erstgespräch, Anamneseschema, Sprache,<br />
Erfragen von Symptomen, Grenzen des<br />
eigenen Kompetenzbereichs. Ziel ist es zu zeigen,<br />
wie in einer achtsamen, respektvollen und<br />
doch konkreten Art und Weise über sexuelle<br />
Probleme gesprochen werden kann.<br />
11:00–12:30 Uhr<br />
Sexuelle Unlust bei Mann und Frau<br />
Ursachen, Hintergründe und mögliches Vorgehen<br />
in der Beratungspraxis<br />
14:00–15:30 Uhr<br />
Die Besonderheiten weiblicher Sexualität,<br />
Beckenboden und Orgasmus der Frau<br />
16:00–17:30 Uhr<br />
Die Auswirkung gynäkologischer Eingriffe auf<br />
die weibliche Sexualität<br />
Referentinnen:<br />
Vormittag: Dr. med. Ruth Gnirss,<br />
Fachärztin für Allgemeinmedizin und Psychotherapeutische<br />
Medizin, Systemische Paar- und<br />
Familientherapie, anerkannte Dozentin der<br />
Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung<br />
(DGfS), eigene Praxis in Kassel.<br />
Nachmittag: Dr. med. Ute Buth,<br />
Fachärztin für Frauenheilkunde u. Geburtshilfe,<br />
Fachberaterin Gynäkologie, Mitarbeit beim<br />
Weißen <strong>Kreuz</strong>, Sexualberatung nach DGfS,<br />
Mitarbeiterin bei Team.F – Neues Leben für<br />
Familien, Seminarleitung ‚Sexualität in der Ehe‘<br />
05. März 2011, Symposium<br />
„Sexueller Missbrauch“<br />
Missbrauch hat viele Gesichter. Man schätzt,<br />
dass ca. 20% der Frauen und ca. 10% der Männer<br />
in irgendeiner Weise einen sexuellen Missbrauch<br />
erlebt haben. Wir wollen uns darüber<br />
informieren, unser Bewusstsein für diese Thematik<br />
schärfen und miteinander darüber nachdenken,<br />
wie wir helfen und präventiv tätig werden<br />
können.<br />
Dazu laden wir besonders diejenigen ein, die<br />
als Eltern, Pädagogen und Lehrer in der Erziehung<br />
tätig sind, aber auch Seelsorger, Berater<br />
und Mitarbeiter aus Gemeinden sind herzlich<br />
willkommen.<br />
09:00–10:30 Uhr<br />
Einführung in die Problematik des sexuellen<br />
Missbrauchs<br />
Zunächst geht es um eine Übersicht der Mediengewohnheiten<br />
junger Menschen und deren<br />
Chancen und Gefahren. Ursachen und Folgen<br />
des Medienmissbrauchs werden erläutert. In<br />
welchem Zusammenhang stehen Pornografie<br />
und Kindesmissbrauch? Es werden Informationen<br />
über die Verbreitung, Täterprofile und Folgen<br />
dargestellt und erklärt. Warum sind christliche<br />
Gemeinden besonders gefährdet?<br />
Referenten:<br />
Rolf Trauernicht, Kassel. Er ist Pastor, Heilpraktiker<br />
(beschränkt auf Psychotherapie) und<br />
Coach (IHK). Leiter <strong>Weißes</strong> <strong>Kreuz</strong> e.V.<br />
Nikolaus Franke, Kassel, M.A. Politikwissenschaft,<br />
Referent <strong>Weißes</strong> <strong>Kreuz</strong> e.V.<br />
11:00–12:30 Uhr<br />
Rechtsfragen für Opfer im Ermittlungs-<br />
und Strafverfahren<br />
Es soll dabei über die Rechte von Opferzeugen<br />
von der Anzeigeerstattung über polizeiliche<br />
und richterliche Vernehmungen bis zur Hauptverhandlung<br />
informiert werden. Außerdem soll<br />
besprochen werden, welche Bewertungen für<br />
einzelne Handlungen als Straftat im Strafgesetzbuch<br />
vorgesehen sind und welche Folgen<br />
für die Täterseite zu erwarten sind.<br />
Referentin: Monika Tropp, Haiger, Rechtsanwältin<br />
für Opferschutz<br />
14:00–15:30 Uhr<br />
Psychotherapie nach sexuellem Missbrauch<br />
Viele missbrauchte Menschen leiden ein<br />
Leben lang unter den Folgen – und das muss<br />
nicht sein. Der Referent hat langjährige Erfahrungen<br />
in der Therapie gesammelt und wird<br />
uns wertvolle Hilfen sowohl für Betroffene als<br />
auch für Berater weitergeben.<br />
Referent: Klaus-Dieter Grothe, Hüttenberg,<br />
Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />
und -psychotherapie, Facharzt für psychosomatische<br />
Medizin und Psychotherapie<br />
16:00–17:30 Uhr<br />
Sexueller Missbrauch und Prävention<br />
Die Referentin gibt Ideen weiter, wie Eltern,<br />
Lehrer, Gruppenleiter präventiv tätig werden<br />
können.<br />
Referentin: Annette Bäumer, Siegen, Präventionstrainerin<br />
im Bereich sexueller Missbrauch<br />
und Mobbing in der Schule<br />
Veranstaltungsort und Anmeldung:<br />
Zentrum <strong>Weißes</strong> <strong>Kreuz</strong> e.V,<br />
<strong>Weißes</strong>-<strong>Kreuz</strong>-Str. 3, 34292 Ahnatal<br />
u.kargoll@weisses-kreuz.de oder übers<br />
Internet: www.weisses-kreuz.de/Seminare/<br />
Seminaranmeldung<br />
Übernachtungsmöglichkeiten:<br />
Sie können eine Liste mit Übernachtungsmöglichkeiten<br />
in unserem Büro anfordern.<br />
Kosten:<br />
Pro Tag 50,00 Euro für Seminargebühr und<br />
Verpflegung.<br />
Vollständiges Jahresprogramm: www.weisses-kreuz.de