m&k_11_12_2023
m&k ist ein Schweizer Wirtschaftsmagazin mit Fokus auf globale Entwicklungen, Strategie, Inspiration, Kommunikation und Kreativität. In dieser Ausgabe widmen wir uns unter anderem den grossen Gesellschaftsthemen Gleichheit, Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit - mit Tennis-Ikone Billie Jean King, ISS-Kommandeur Col. Chris Hadfield und Nobelpreisträger Prof. Sir Angus Deaton.
m&k ist ein Schweizer Wirtschaftsmagazin mit Fokus auf globale Entwicklungen, Strategie, Inspiration, Kommunikation und Kreativität. In dieser Ausgabe widmen wir uns unter anderem den grossen Gesellschaftsthemen Gleichheit, Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit - mit Tennis-Ikone Billie Jean King, ISS-Kommandeur Col. Chris Hadfield und Nobelpreisträger Prof. Sir Angus Deaton.
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Das Magazin für Markt und Kommunikation <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong><br />
Weil Wandel möglich ist<br />
Deaton, King, Hadfield: Wofür wir uns jetzt engagieren müssen > S. 8<br />
Fakten und Fiktion:<br />
Irrtümer der Werbewirtschaft<br />
> S. 40<br />
Kaepernick und Konsorten:<br />
Purpose-Marketing im Fokus<br />
> S. 68<br />
Werbegeld und Wirkung:<br />
So war das Medienjahr <strong>2023</strong><br />
> S. 108
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EDITORIAL<br />
3<br />
Bilder: Chris Reist.<br />
Co-Chefredaktorin<br />
Anna Kohler<br />
Co-Chefredaktor<br />
Johannes Hapig<br />
Es geht doch!<br />
J<br />
edes Jahr versuchen wir, uns in der Dezemberausgabe<br />
dieses Magazins einigen grossen, gesellschaftlichen Trends<br />
anzunähern – sie zu erklären, besser zu verstehen oder (mindestens)<br />
aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. Vielleicht<br />
erinnern Sie sich, liebe Leser:innen, noch an das Cover<br />
vom Dezember 2022: Damals druckten wir tektonische Platten<br />
auf unsere Front und sprachen mit einem Philosophieprofessor,<br />
einem Kurator sowie dem ehemaligen Verteidigungsminister<br />
der USA über den bebenden Boden, auf dem wir alle einen feste(re)n<br />
Stand zu finden versuchten. Die Coronapandemie hatte<br />
uns noch wesentlich stärker im Griff als heute, wir fürchteten eine<br />
Energiekrise. Beides hat sich mehr oder weniger erledigt, dafür<br />
sind mittlerweile andere Herausforderungen hinzugekommen.<br />
Vor dem Hintergrund selbiger haben wir die Begriffe Gleichheit,<br />
Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit auserkoren – Termini, die im<br />
gesellschaftlichen Diskurs eine enorm wichtige Rolle spielen und<br />
über die wir mit Ihnen (und den Persönlichkeiten auf unserem<br />
Cover) sprechen möchten. Kritisch, aber auch mit einer Portion<br />
Optimismus: Tennisikone Billie Jean King zeigt, dass Gender-<br />
Equality kein hehres Ideal bleiben muss, sondern durchgesetzt<br />
werden kann. Professor Sir Angus Deaton, Träger des Wirtschaftsnobelpreises,<br />
legt überzeugend dar, dass sich Armut mit den<br />
richtigen Massnahmen mitigieren lässt. Und Colonel Chris Hadfield,<br />
erfahrenster Astronaut der Welt und ehemaliger Kommandeur<br />
der ISS, erklärt, wie internationale Kooperation und Wissenschaft<br />
uns nicht nur eine nachhaltige Zukunft sichern – sondern<br />
wie wir damit auch von Reisen weit jenseits der uns heute bekannten<br />
Grenzen träumen dürfen. «Es geht doch!», rufen uns<br />
King, Deaton und Hadfield zu; wir müssen nur daran glauben,<br />
uns engagieren, mutig sein. Wir wünschen Ihnen, dass Sie das<br />
2024 schaffen – und sind auch dann für Sie da.<br />
Auf bald, Ihre –<br />
Anna Kohler und Johannes Hapig<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
4<br />
INHALT<br />
Big Picture<br />
8 «Mein Lieblingswort? Freiheit!»<br />
Tennis-Ikone Billie Jean King und<br />
ihr Kampf für gelebte Equality.<br />
16 Von oben betrachtet …<br />
ISS-Kommandeur Chris Hadfield über<br />
Nachhaltigkeit aus Weltraumperspektive.<br />
24 Mehr Gerechtigkeit wagen<br />
Nobelpreisträger Sir Angus Deaton erklärt,<br />
wie sich soziale Ungleichheit mildern lässt.<br />
32 Für eine Wirtschaft, die dient<br />
Ein kritischer Essay von Kommunikationsund<br />
Ethikexperte Dr. Stephan Feldhaus.<br />
MarKom<br />
40 «They don’t give a shit»<br />
Konsument:innen kümmern sich nicht um<br />
Werbetheorie – sie wollen Unterhaltung.<br />
45 Die dunkle Seite des Black Friday<br />
HSG-Professorin Johanna Gollnhofer<br />
zu den Negativaspekten des Aktionstags.<br />
46 Go big – or go home?!<br />
Wieso Grossflächenwerbung einer der<br />
Advertising-Trends für 2024 wird.<br />
52 Blue Glass: Hinter den Kulissen<br />
m&k zu Besuch bei Zürichs Spezialist:-<br />
innen für SEO, SEA und Social Media.<br />
58 Livekommunikation 2.0<br />
Wie neue Technologie die Erlebnisindustrie<br />
revolutioniert.<br />
62 Wenn weniger mehr ist<br />
Woher kommt der Trend zum Minimalismus?<br />
Und was bedeutet er für die Wirtschaft?<br />
66 Die Genese einer Idee<br />
Dr. Alexander Haldemann über Offenheit<br />
für die Welt als Quelle von Inspiration.<br />
68 Profit, Purpose – oder beides?<br />
Wann Marketing mit «gutem Zweck» Sinn<br />
macht – und wann es zum Risiko wird.<br />
72 «Viele wissen zu wenig über Geld»<br />
Smartpurse-Gründerin Olga Miler im<br />
exklusiven Porträt.<br />
© unsplash.com / Annie PM<br />
Verbraucher:innen kümmern sich nicht um Werbephilosophie<br />
– sie wollen Unterhaltung. Seite 40<br />
76 Link wird You Gov – und nun?<br />
Was der Merger für die Meinungsforschung<br />
in der Schweiz bedeutet: ein Interview.<br />
Kreativity<br />
82 Gut gebrüllt, Löwe!<br />
Kinovermarkter Moritz Weischer notiert Cannes-<br />
Learnings, die auch 2024 Bestand haben.<br />
86 Sir Mary x Myty<br />
Eine der erfolgreichsten Agenturen der Schweiz<br />
tritt dem Myty-Network bei. Wir fragen, wieso.<br />
90 Ist Disruption noch disruptiv?<br />
IAA-Präsident und TBWA-Chef Matthias Kiess<br />
zur Genese eines Branchen-Buzzwords.<br />
94 Audrey Arnold übernimmt<br />
Die neue LSA-Geschäftsführerin verrät, wie<br />
sie den Agentur-Verband prägen möchte.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
5<br />
© unsplash.com / Nick Francher<br />
Neue Technologie<br />
revolutioniert die<br />
Livekommunikation:<br />
Eine Utopie.<br />
Seite 58<br />
Medien<br />
100 20 Jahre Crossmedia-Award<br />
Das grosse Special zum Jubiläum des<br />
populären Goldbach-Preises.<br />
108 «Was für ein Jahr!»<br />
Leicht war’s nicht: Medien- und Mediaprofis<br />
lassen <strong>2023</strong> Revue passieren.<br />
Vielen mangelt<br />
es an finanzieller<br />
Bildung. Olga<br />
Miler will das<br />
ändern.<br />
Seite 72<br />
Ist Disruption noch disruptiv? Genese eines Branchen-Buzzwords.<br />
Seite 90<br />
© zVg. Olga Miler<br />
© unsplash.com / Ezekiel Elin<br />
Sustainability<br />
<strong>12</strong>0 Vom Piloten zum Klimaschützer<br />
Daniel Lüscher sieht die fragile Schönheit<br />
der Erde – und gründet «My Blue Planet».<br />
<strong>12</strong>4 Das Plastik-Glas-Paradoxon<br />
Der Scopes-Report zeigt: Nachhaltigkeit<br />
lässt sich nicht «einfach so kommunizieren».<br />
<strong>12</strong>8 Im grünen Labyrint<br />
Wirz und die HSG geben Tipps<br />
für nachhaltige Firmen-Botschaften.<br />
130 Marketing als Energiefresser?<br />
Wer die Umwelt schützen will, darf den<br />
digitalen Raum nicht aussen vor lassen.<br />
134 Die Umwelt-Dividende<br />
Wie die ZKB ihre Finanzgeschäfte auf<br />
Sustainability prüft.<br />
Friends<br />
137 Verbandsbeiträge<br />
Neuigkeiten aus den Schaltzentralen<br />
unserer Partnerverbände.<br />
Rubriken<br />
156 Meetingpoints<br />
157 Impressum<br />
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m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
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7<br />
Big Picture<br />
R EPUTATION<br />
Ist der Ruf erst<br />
ruiniert …<br />
… lebt es sich ganz<br />
ungeniert? Das mag<br />
ein gefälliger Spruch<br />
sein; insbesondere für<br />
Unternehmen gilt<br />
aber das exakte<br />
Gegenteil. Wer sich<br />
nicht um das Management<br />
seiner Reputation<br />
kümmere, der<br />
nehme in Kauf, dass<br />
mittel- bis langfristig<br />
der Wert der eigenen<br />
Marke (und damit der<br />
gesamten Firma)<br />
sinke. Das erläutert<br />
die Reputations- und<br />
Transformationsexpertin<br />
Diana Brasey<br />
im Interview:<br />
> t.ly/ZgypM<br />
KOLUM NE BY BENNO M AG GI<br />
Bilder: unsplash.com, Vinicius Amano / Philip Oroni<br />
Most of the<br />
things worth<br />
doing have<br />
been declared<br />
impossible<br />
before they<br />
were done.<br />
Louis Brandeis<br />
Amerikanischer Jurist<br />
Was bedeutet eigentlich … «It’s a wrap»?<br />
S<br />
chon bald werden wir ihn wieder hören, diesen Satz, der zumeist<br />
irgendwann Mitte Dezember erklingt: «It’s a wrap!» Doch was bedeutet<br />
er eigentlich? Nun: Ende Jahr wird zwar jeweils auch in den<br />
hiesigen Marketingabteilungen, Agenturen und Produktionsfirmen<br />
aufgeräumt. Aber anders. Die über das Jahr aufgeschobenen Projekte<br />
werden noch husch, husch vor dem Jahresende umgesetzt und reingepresst,<br />
damit die Budgets aufgebraucht werden, denn diese könnten ja sonst<br />
nächstes Jahr gekürzt werden. Das wiederum führt zu Überstunden, die<br />
dann in den Agenturen sang- und klanglos gestrichen werden, da die Zeiten<br />
ja hart sind. Dabei sind Überstunden eigentlich vor allem Zeichen eines<br />
schlechten Projektmanagements und kein Leistungsausweis. Ein Ausruf, der<br />
also eigentlich positiv gedacht war, im Sinne von «Wir haben es geschafft»,<br />
«Wir können zusammenpacken», wird plötzlich negativ konnotiert: «Wem<br />
das nicht passt, kann zusammenpacken.» Egal also, ob eine bestimmte<br />
Szene, ein Drehtag, ein Meilenstein in einem Projekt oder gar ein ganzes<br />
Jahr: Wenn die letzte Klappe fällt, alle Szenen im Kasten sind und wir uns<br />
ans Zusammenpacken machen können, dann sollten wir gut gelaunt sein.<br />
Denn es ist Schluss. Oder Pause. In diesem Sinne frohe Festtage.<br />
> Benno Maggi ist CEO bei Partner&Partner.<br />
E-COMMERCE<br />
Onlinehandel:<br />
Zeichen auf Erfolg<br />
Auch wenn das<br />
allgemeine Konsumklima<br />
aktuell getrübt<br />
wirkt – im Onlinehandel<br />
ist davon wenig<br />
zu bemerken. In den<br />
Prognosen für Aktionstage<br />
im vierten<br />
Quartal sowie das<br />
Weihnachtsgeschäft<br />
wird die Kauflust der<br />
Bevölkerung deutlich:<br />
> t.ly/tTkJo<br />
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8<br />
GLEICHBERECHTIGUNG<br />
«Mein<br />
liebstes<br />
Wort ist<br />
Freiheit»<br />
Billie Jean King hat das Damentennis stärker verändert als jede andere<br />
Spielerin vor oder nach ihr, aber ihr Kampf für Gleichberechtigung<br />
geht weit über den Sport hinaus. In einem exklusiven Interview mit<br />
m&k spricht «BJK» über die Lehren der Vergangenheit<br />
und ihre Pläne für die Zukunft.<br />
Von Johannes Hapig<br />
Illustration Silvan Borer<br />
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9
10<br />
D<br />
ie Katakomben des Estadio de<br />
la Cartuja in Sevilla gleichen<br />
einem Labyrinth aus Beton. Es<br />
ist kühl hier – viel kühler als<br />
draussen, wo auch an diesem Novembermontag<br />
noch an die 20 Grad Celsius<br />
gemessen werden – und überall wird mit<br />
Hochdruck gearbeitet: Der Final des<br />
Billie Jean King Cup steht an, Schilder<br />
und Plakate werden montiert, Hospitality-Personal<br />
macht sich mit der Location<br />
vertraut. In der Mitte des Stadions stehen<br />
riesige Zelte, die man auch mit einer<br />
Medienakkreditierung nicht betreten<br />
darf. «Dort», so erklärt mir ein Kollege,<br />
«wird ab morgen gespielt.<br />
Da dürfen wir noch<br />
nicht rein.»<br />
Mich stört das nicht besonders,<br />
denn ich bin nicht in<br />
erster Linie wegen der hochklassigen<br />
Tennismatches in den Süden Spaniens<br />
gereist, sondern wegen der Frau,<br />
nach der der Billie Jean King Cup benannt<br />
ist: Eine der populärsten Persönlichkeiten<br />
in der Geschichte des Sports<br />
und die wohl wichtigste Kämpferin für<br />
die Gleichberechtigung im Tennis – von<br />
allen hier nur «BJK» genannt – hat einem<br />
exklusiven Interview mit m&k zugestimmt.<br />
Als sie in dem Besprechungszimmer<br />
erscheint, das ich nach langer<br />
Suche gefunden habe (und das ein<br />
schmallippiger, schottischer Hüne bewacht),<br />
füllt sich der Raum sofort mit<br />
Energie. «Sie hat eine Menge davon»,<br />
wird ihr persönlicher Publizist Tip Nunn<br />
wenig später anmerken – und dementsprechend<br />
übernimmt BJK unmittelbar<br />
das Gespräch.<br />
M&K Vielen Dank, dass Sie mich hier in<br />
Sevilla treffen. Ich …<br />
BILLIE JEAN KING … bevor wir anfangen –<br />
hatten Sie schon die Gelegenheit, mit<br />
dem Schweizer Team zu sprechen?<br />
Belinda (Bencic, Anm. d. Red.) hat<br />
gerade verkündet, dass sie ein Baby<br />
bekommt. Sie konnte uns das Geschlecht<br />
noch nicht verraten, aber<br />
solange es gesund ist, ist das doch<br />
völlig egal (lacht) – wunderbare Neuigkeiten,<br />
finden Sie nicht? Ich erinnere<br />
mich, wie ich sie vor vielen Jahren zum<br />
ersten Mal auf dem Platz sah und<br />
schon damals dachte, dass sie mal<br />
«Im Los Angeles Tennis Club<br />
merkte ich intuitiv: Hier ist irgendetwas<br />
ganz und gar nicht okay.»<br />
«Als ich meinen ersten<br />
Schläger bekommen hatte,<br />
sagte ich meiner Mutter:<br />
‹Ich werde die beste<br />
Tennisspielerin der Welt›.»<br />
Zur Person<br />
Billie Jean King, auch<br />
bekannt als «BJK», ist eine<br />
ehemalige amerikanische<br />
Tennisspielerin, Unternehmerin<br />
und Aktivistin für<br />
Gender Equality und<br />
LGBTQI+-Rechte. Während<br />
ihrer Karriere als Sportlerin<br />
gewann King 39 Grand-<br />
Slam-Titel: <strong>12</strong> im Einzel,<br />
16 im Damendoppel und<br />
<strong>11</strong> im gemischten Doppel.<br />
King, die von vielen als eine<br />
der grössten Tennisspielerinnen<br />
aller Zeiten angesehen<br />
wird, erhielt zahlreiche<br />
Würdigungen und Ehrentitel<br />
– unter anderem die<br />
Presidential Medal of<br />
Freedom, die Mitgliedschaft<br />
in der französischen Ehrenlegion<br />
und die Auszeichnung<br />
als eine der hundert<br />
«wichtigsten Amerikanerinnen»,<br />
verliehen durch das<br />
LIFE-Magazin.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
<strong>11</strong><br />
eine fantastische Spielerin wird. Absolut<br />
fantastisch.<br />
Ja, ich habe von der Schwangerschaft<br />
gelesen, die Schweizer Medien haben<br />
breit darüber berichtet. Und es ist<br />
spannend, dass Sie Belinda Bencic<br />
erwähnen – denn ich wollte dieses<br />
Gespräch ohnehin mit der Frage nach<br />
einer jungen Spielerin beginnen: Coco<br />
Gauff, die dieses Jahr den Frauen final<br />
der U.S. Open gewonnen hat. Als man<br />
ihr die Trophäe und den zugehörigen<br />
Scheck überreichte, sagte sie: «Danke,<br />
Billie, dass du für das hier gekämpft<br />
hast.» Sie standen da direkt neben<br />
ihr – und ich habe mich gefragt, was<br />
Sie in diesem Moment empfunden<br />
haben?!<br />
Ich schätze es sehr, dass Coco weiss,<br />
wie hart der Kampf um gleiches<br />
Preisgeld im Damentennis gewesen ist.<br />
Wir haben dieses Jahr ja das 50-Jahre-<br />
Jubiläum von gleichem Preisgeld bei<br />
den U.S. Open gefeiert, deswegen war<br />
ich wohl nicht zu übersehen, wenn<br />
man sich das Turnier angeschaut hat …<br />
Ob das gut oder schlecht ist, können<br />
Sie entscheiden … (lacht) – jedenfalls<br />
hingen überall Poster mit meinem<br />
Konterfei, die mehrmals nachgedruckt<br />
werden mussten, weil sie immer<br />
wieder ausverkauft waren. 1973 war<br />
ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur<br />
Gleichberechtigung von Frauen im<br />
Tennis. Und obwohl es dann mehrere<br />
Jahrzehnte dauerte, bis sich mit<br />
Wimbledon 2007 alle vier «Grand<br />
Slams» offiziell zu finanzieller Equality<br />
bekannt hatten, war 1973 ein Meilenstein.<br />
Ihre Rolle bei der Durchsetzung der<br />
Lohngleichheit für Frauen im Profisport<br />
kann kaum überschätzt werden.<br />
Sie reicht nicht nur weiter zurück als<br />
bis 1973, sondern geht auch über das<br />
Tennis hinaus: 1970 führten Sie eine<br />
Gruppe von neun Spielerinnen an, die<br />
«Original Nine», aus der sich einige<br />
Jahre später die Women’s Tennis<br />
Association entwickelte. In Washington<br />
D.C. hielten Sie ein<br />
leidenschaftliches<br />
Plädoyer, das den von<br />
Präsident Richard Nixon<br />
unterzeichneten «Title<br />
IX“ verteidigte: Dieser<br />
verbietet die Diskriminierung<br />
aufgrund des<br />
Geschlechts in allen<br />
staatlich finanzierten<br />
Schulprogrammen, einschliesslich des<br />
Sports. Damit wurden etwa Sportstipendien<br />
für Mädchen möglich. Seitdem<br />
sind fünf Dekaden vergangen, in<br />
denen Sie nicht nur Ihr ursprüngliches<br />
Engagement fortgesetzt haben,<br />
sondern – quasi «on top» – eine globale<br />
LGBTQI+–Ikone wurden. Woher<br />
nehmen Sie die Kraft für all das?<br />
Soll ich Ihnen mein Lieblingswort<br />
verraten? Es lautet «Freiheit». Das Wort<br />
treibt mich an, motiviert mich, seit ich<br />
ein junges Mädchen bin. Freiheit und<br />
Gleichheit gehen Hand in Hand, denn<br />
«Das Wort<br />
‹Freiheit› treibt<br />
mich an,<br />
motiviert mich,<br />
seit ich ein junges<br />
Mädchen bin.»<br />
nur in einer gleichberechtigten und<br />
gerechten Gesellschaft ist jede Person<br />
frei, sich so zu entfalten, wie er oder sie<br />
das möchte. Um Ihre Frage noch<br />
besser zu beantworten … würde es Sie<br />
stören, wenn wir einen Exkurs in meine<br />
Kindheit machen?<br />
Nein, sehr gerne.<br />
Mein Vater war Feuerwehrmann, und<br />
meine Mutter war Hausfrau. Sie haben<br />
meinen Bruder und mich in unseren<br />
sportlichen Ambitionen enorm unterstützt<br />
– vielleicht auch, weil mein Vater<br />
selbst ziemlich ehrgeizig<br />
war. Er hat zum<br />
Beispiel immer wieder<br />
versucht, den Basketballkorb<br />
in unserem Hof<br />
100 Mal hintereinander<br />
zu treffen, und wenn er<br />
ihn nur ein einziges Mal<br />
verfehlt hat, hat er von<br />
vorne angefangen.<br />
Mein Bruder und ich konnten uns also<br />
in diversen Sportarten ausprobieren,<br />
und mit elf Jahren bin ich schliesslich<br />
beim Tennis gelandet. Ich musste Geld<br />
sparen, um mir meinen ersten Schläger<br />
zu kaufen, aber nachdem ich ihn<br />
bekommen und ausprobiert hatte,<br />
rannte ich nach Hause und sagte<br />
meiner Mutter: «Das ist es; das mache<br />
ich. Ich werde die beste Tennisspielerin<br />
der Welt.» Ihre Antwort lautete: «Na<br />
gut, aber davor hast du noch Schulaufgaben.»<br />
(lacht)<br />
Ich nehme an, unmittelbar nach den<br />
Hausaufgaben begannen Sie mit dem<br />
Training?<br />
Ja. (lacht) Wir lebten damals in Südkalifornien,<br />
und der Los Angeles Tennis<br />
Club war so etwas wie das … das<br />
Mekka der Leute, die in dem Sport<br />
etwas erreichen wollten. Da schrieb ich<br />
mich ein. Ich erinnere mich gut, wie ich<br />
eines Tages dort übte – ich war mittlerweile<br />
zwölf Jahre alt – und mich umsah:<br />
Alle Leute trugen weisse Outfits,<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
<strong>12</strong><br />
alle Leute sahen identisch aus. Und ich<br />
dachte: «Wo sind denn … all die<br />
anderen?» Natürlich verfügte ich<br />
dazumal nicht über das intellektuelle<br />
Konzept, dass Tennis eine Plattform für<br />
Integration sein könnte, aber ich<br />
spürte: Da muss sich etwas ändern. Da<br />
ist irgendetwas ganz und gar nicht<br />
okay. Und ich merkte intuitiv: Ich wollte<br />
nicht nur eine hervorragende Spielerin<br />
werden, sondern ich wollte das Spiel<br />
an sich verändern. Es war eine regelrechte<br />
Epiphanie. Wobei, retrospektiv<br />
betrachtet: Ich war ein weisses Mädchen,<br />
ich war gesund, ich war relativ<br />
privilegiert. Ich konnte mir damals<br />
nicht einmal ausmalen, wie sich meine<br />
farbigen Schwestern und Brüder oder<br />
Menschen mit Behinderungen 1955<br />
gefühlt haben müssen. Aber es begann<br />
etwas in mir zu «brennen» … ein<br />
Feuer, das bis heute nicht erloschen<br />
ist.<br />
Man könnte sagen, Sie wurden «(…)<br />
a rolling stone, (…) if the cause was<br />
right …»<br />
Sie zitieren «Philadelphia Freedom»!<br />
Wie oft haben Sie sich den Song<br />
angehört, bis Sie ihn auswendig<br />
konnten? (lacht)<br />
Ich habe mich damit auf das Interview<br />
eingestimmt, also lief er auf dem Flug<br />
nach Sevilla in Dauerschleife.<br />
Das ist ein wirklich besonderes Lied für<br />
mich. Ich möchte nicht zu sehr abschweifen,<br />
aber Elton John ist ein<br />
enger, ganz lieber Freund von Ilana<br />
(Kloss, Billie Jean Kings Ehefrau, Anm.<br />
d. Red.) und mir. Er komponierte die<br />
Melodie für mich, nachdem ich 1974<br />
begonnen hatte, die Philadelphia<br />
Freedoms zu trainieren, eine gemischte<br />
Tennismannschaft mit männlichen<br />
und weiblichen Spieler:innen.<br />
Das war damals revolutionär. Bernie<br />
Taupin schrieb den Text, und ich<br />
bekomme immer noch Gänsehaut,<br />
wenn ich den Song höre.<br />
Das kann ich mir vorstellen. Aber wie<br />
Sie sagen: Es ist verlockend, abzuschweifen.<br />
Kommen wir also zurück zu<br />
Ihrem Kampf für die Gleichberechtigung.<br />
Nach dem Moment im Los<br />
Angeles Tennis Club, den Sie gerade<br />
beschrieben haben – wie genau haben<br />
Sie da den Weg für Equality im Profisport<br />
zu ebnen begonnen?<br />
Dazu kann ich ein paar Dinge sagen,<br />
die – hoffentlich – auch Ihre Leser:innen<br />
in deren Berufen anwenden<br />
können. Wenn man Grosses bewegen<br />
will, muss man erst einmal<br />
erkennen, dass man das<br />
nicht alleine schaffen<br />
kann. Letztendlich kommt<br />
es auf starke, tragfähige<br />
Kooperationen an. Vor<br />
meiner Beziehung mit<br />
Ilana war ich – wie Sie<br />
vermutlich wissen – mit<br />
einem Mann namens<br />
Larry King verheiratet. Als Larry und ich<br />
darüber diskutierten, wie wir die<br />
Gleichstellung im Frauentennis voranbringen<br />
könnten, wurden wir uns rasch<br />
einig, dass es auf Partnerschaften,<br />
Sponsorings und die Medien ankommen<br />
würde. Wir brauchten Geld, und<br />
wir brauchten Aufmerksamkeit. Und<br />
zwar nicht von jenen, die Gleichberechtigung<br />
als Charity ansahen, sondern<br />
von jenen, die darin auch ein<br />
profitables Geschäftsmodell erkannten.<br />
Larry und ich taten das nämlich,<br />
und es hat sich ja mittlerweile gezeigt,<br />
dass das stimmt. Übrigens, wenn wir<br />
von tragfähigen Beziehungen sprechen<br />
– das war bei den «Original<br />
Nine», die Sie vorhin erwähnt haben,<br />
nicht anders: Ohne die starke Bindung,<br />
die wir alle untereinander hatten, und<br />
«Wir wussten: Für die Gleichstellung<br />
brauchten wir Geld, und wir brauchten<br />
mediale Aufmerksamkeit.»<br />
«Wenn man<br />
Grosses bewegen<br />
will, kommt es<br />
auf starke, tragfähige<br />
Kooperationen<br />
an.»<br />
ohne dass mich die anderen Spielerinnen<br />
als Leaderin gewählt hätten – während<br />
sie ihre eigenen Karrieren riskierten<br />
– hätte ich kaum etwas ausrichten<br />
können. Das, was wir auf die Beine<br />
gestellt haben, hätte als «One-Woman-<br />
Show» niemals funktioniert. Aber weil<br />
wir es zusammen gemacht haben, war<br />
es ein grosser Spass, wir konnten<br />
grossartige Unterhaltung bieten, und<br />
das wiederum entfaltete eine Wirkung<br />
auf Promoter und das Sponsoring.<br />
Verstehen Sie, worauf ich hinauswill?<br />
Erfolg ist … ein Netz aus multilateral<br />
vorteilhaften, miteinander verwobenen<br />
Beziehungen.<br />
Ich mag übrigens, dass<br />
Sie sagen, Ihre Mitspielerinnen<br />
bei den «Original<br />
Nine» hätten Sie zur<br />
Anführerin «gewählt» …<br />
Ja, so ist das auch. Ich<br />
glaube fest an folgendes<br />
Credo: «Leaders don’t<br />
choose followers – followers<br />
choose leaders!»<br />
Viele Leute sehen das anders, neigen<br />
eher dazu zu glauben, es taucht<br />
plötzlich irgendwer auf und ruft: «Ich<br />
zeige euch den Weg!» Aber das ist<br />
falsch, zumindest wenn man nachhaltige<br />
Führungsstrukturen anstrebt. Eine<br />
einzelne Person, die eine Gruppe dazu<br />
bringt, ihm oder ihr zu folgen? Ich<br />
bevorzuge die Idee, dass eine Gruppe<br />
jemanden quasi aus sich selbst heraus<br />
bestimmt, um voranzugehen.<br />
Sie haben eben die Rolle der Medien<br />
und die Ökonomie der Aufmerksamkeit<br />
angesprochen. Hatten Sie – etwa<br />
beim «Battle of the Sexes» gegen<br />
Bobby Riggs – einen natürlichen Sinn<br />
für Theatralik? Notabene: Auch dieses<br />
historische Match fand vor genau<br />
50 Jahren statt …<br />
… und es gibt seither keinen einzigen<br />
Tag, an dem ich nicht auf dieses Spiel<br />
angesprochen werde. Es sei denn, ich<br />
verbarrikadiere mich zu Hause und<br />
schalte das Telefon aus. (lacht) So stark<br />
ist die Wirkung, die der «Battle of the<br />
Sexes» immer noch entfaltet. Als ich<br />
die Presidential Medal of Freedom<br />
erhielt, erzählte mir Präsident Obama,<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
13<br />
Gegenwart und Geschichte:<br />
Billie Jean King bei den U.S. Open<br />
in New York City und auf einer<br />
Briefmarke zu ihren Ehren,<br />
circa 1988.<br />
Bilder: shutterstock.com.<br />
«Ich glaube, dass Profisportler:innen immer<br />
auch Entertainer:innen sind.»<br />
Buchtipp: «All In.<br />
An Autobiography»<br />
Das bewegte Leben von<br />
Billie Jean King lässt sich<br />
nicht in einem Interview<br />
oder gar einem Magazin<br />
erzählen – aber die reich<br />
illustrierte Autobiographie<br />
«All In», publiziert 2021,<br />
schafft das hervorragend.<br />
Die «New York Times»<br />
kommentiert: «A powerful<br />
rallying cry, in a life full of<br />
them.»<br />
dass er das Spiel zwischen Riggs und<br />
mir im Fernsehen sah, als er zwölf<br />
Jahre alt war. Und dass er – als er Vater<br />
zweier Mädchen wurde – immer<br />
wieder daran dachte; ja das Spiel<br />
sogar Einfluss auf die Erziehung seiner<br />
Töchter hatte. Ist das nicht unglaublich?<br />
90 Millionen Menschen sassen<br />
1973 weltweit vor dem Fernseher, was<br />
für eine Zahl! Und sie konnten beobachten,<br />
wie eine Frau an dem Ort<br />
erfolgreich war, den Bobby Riggs<br />
zuvor als «Männerarena» bezeichnet<br />
hatte. Ja, es gab ein paar dramatische<br />
Effekte, ein paar exzentrische Outfits.<br />
Und das ist auch absolut in Ordnung,<br />
weil ich glaube, dass Profisportler:innen<br />
immer auch Entertainer:innen<br />
sind. Aber am wichtigsten war … die<br />
Tatsache, dass es eine so breite Berichterstattung<br />
über die Veranstaltung<br />
gab. Und das ist die Verbindung zur<br />
Gegenwart. Wissen Sie, wie viel<br />
Coverage die Abendnachrichten dem<br />
Frauensport bis vor wenigen Jahren im<br />
Durchschnitt gewidmet haben?<br />
Sehr wenig, nehme ich an?!<br />
Etwa fünf Prozent. Fünf Prozent! Heute<br />
sind wir bei fünfzehn Prozent, aber das<br />
ist natürlich längst nicht genug. Wir<br />
brauchen mehr Menschen, die in den<br />
Frauensport investieren – Ilana und ich<br />
haben uns zum Beispiel gerade mit<br />
dem Miteigentümer der Los Angeles<br />
Dodgers, Mark Walter, und seiner Frau<br />
Kimbra zusammengetan, um eine neue<br />
Profihockeyliga für Frauen zu gründen.<br />
Sie wird im Januar 2024 in Nordamerika<br />
an den Start gehen. Andererseits<br />
sind wir vor einiger Zeit Minderheitsaktionärinnen<br />
der Dodgers geworden,<br />
weil sie sich für Inklusion stark machen<br />
und Gutes tun. Inzwischen gibt es<br />
immer mehr Geschäftsleute, immer<br />
mehr vermögende Privatpersonen, die<br />
sehen, dass sie im Frauensport etwas<br />
Neues anstossen können – und dass es<br />
sich lohnt, aktiv zu werden. Je mehr<br />
Investor:innen hinzu kommen, desto<br />
mehr Teams gibt es. Je mehr Teams<br />
es gibt, desto spannender werden<br />
die Wettkämpfe, was wiederum Zuschauer:innen<br />
anzieht und Sponso -<br />
ring bringt … und so weiter, und so<br />
fort. Am Ende profitieren alle Beteiligten.<br />
Wir haben über Wandel durch Partnerschaften<br />
– und durch geschickt ge-<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
14<br />
Zusammen führen: Billie Jean King<br />
und Ilana Kloss<br />
Billie Jean King und Ilana<br />
Kloss sind seit mehr als<br />
40 Jahren ein Paar und ein<br />
«match made in heaven»<br />
(nicht «made on the tennis<br />
court» – denn als Team gespielt<br />
haben beide nie,<br />
auch wenn das eine wunderbare<br />
Story wäre). Ilana<br />
Kloss, selbst Champion in<br />
der Sportart und erfolgreiche<br />
Verbandsmanagerin,<br />
kümmert sich heute um<br />
alles, was «hinter den Kulissen»<br />
passiert – vor allem<br />
wenn es um die diversen<br />
geschäftlichen Aktivitäten<br />
des Paares geht: Sie ist<br />
CEO von Billie Jean King<br />
Enterprises und Mitbegründerin<br />
der «Billie Jean<br />
King Leadership Initiative»,<br />
einer Non-Profit-Organisation<br />
für Gleichberechtigung<br />
am Arbeitsplatz.<br />
«Mein Vater war Verkäufer<br />
und hat immer auf<br />
Provisionsbasis gearbeitet»,<br />
erinnert sich Kloss in<br />
einem Gespräch, das wir<br />
am Rande des Turniers in<br />
Sevilla führen, «und ich<br />
glaube, ich habe von ihm<br />
viel über die Regeln des<br />
Business gelernt.» Genau<br />
wie ihre Frau in unserem<br />
Interview betont hatte,<br />
glaubt Kloss, dass es entscheidend<br />
ist, Minderheiten<br />
zu unterstützen – indem<br />
man «nicht nur einen Platz<br />
am Tisch hat, sondern auch<br />
eine Stimme, wenn die<br />
Leute am Tisch sprechen».<br />
Deshalb ist sie besonders<br />
stolz auf die Co-Eigentümerschaft<br />
der Los Angeles<br />
Dodgers, des Frauenfussballclubs<br />
Angel City FC<br />
und der Gründung einer<br />
neuen Frauenhockeyliga in<br />
Nordamerika: «Wir sagen<br />
Mädchen, dass sie selbstbewusst<br />
sein sollen, wenn<br />
sie Tennisspielerinnen, Fussballerinnen<br />
oder Hockeyspielerinnen<br />
werden möchten.<br />
Aber wir brauchen die<br />
richtige Infrastruktur, um das<br />
zu ermöglichen.» Die Schaffung<br />
selbiger hat Kloss sich<br />
zur Aufgabe gemacht; eine<br />
Aufgabe, die durch den Ausbau<br />
bestehender Aktivitäten<br />
vorangetrieben werden soll:<br />
«Wir haben die Leadership-<br />
Initiative, wir haben das<br />
Unternehmen, wir haben<br />
den Billie Jean King Cup»,<br />
erklärt Kloss, «aber wir wollen<br />
– wir brauchen – mehr für<br />
Frauen, weltweit.» Sie plant<br />
deshalb, dass Konferenzen,<br />
Unterhaltung und weitere<br />
Investitionen das Portfolio<br />
ihres Unternehmens ergänzen<br />
sollen, aber auch das<br />
Consulting im Bereich Equality<br />
will sie verstärken. Denn,<br />
so zeigt sich Ilana Kloss<br />
überzeugt: «Es hat sich viel<br />
verbessert, natürlich. Aber<br />
trotzdem liegt ein weiter<br />
Weg vor uns.» Und dann<br />
sagt sie, genau wie ihre Ehefrau<br />
Billie Jean King am Tag<br />
zuvor: «Bis jetzt hatten wir<br />
ein wunderbares Leben,<br />
eine wunderbare Karriere.<br />
Aber wir sind noch längst<br />
nicht fertig.»<br />
«Wenn Sie sich<br />
im Leben ein<br />
paar wenige Ideale<br />
zu Herzen nehmen,<br />
ist nichts<br />
unmöglich.»<br />
lenkte Aufmerksamkeit – gesprochen.<br />
Gibt es noch mehr, das man tun kann,<br />
wenn man einen Impact haben will?<br />
Absolut. Ich werde regelmässig eingeladen,<br />
Abschlussreden an Universitäten<br />
zu halten – und das mache ich<br />
wirklich gerne. Irgendwann habe ich<br />
mir überlegt, dass ich all diese Reden<br />
auf ein paar … grundlegenden Idealen<br />
aufbauen möchte. Ideale, die jeder<br />
Mensch nach eigenem Ermessen<br />
anwenden kann, jeden einzelnen Tag,<br />
für den Rest des Lebens. Ideale, die für<br />
interne Zufriedenheit und externen<br />
Erfolg sorgen, die einen morgens mit<br />
einem Lächeln aufstehen lassen.<br />
Nun bin ich gespannt.<br />
Zunächst muss ich nochmals auf<br />
Beziehungen zurückkommen. Und<br />
zwar, weil ich deren Definition in<br />
meinen Reden vor Student:innen in<br />
einem viel breiteren Sinn verwende,<br />
als wir beide das zuvor getan haben.<br />
Ich sage den Zuhörer:innen, dass sie<br />
primär eine gute Beziehung zu sich<br />
selbst aufbauen müssen und dann –<br />
wenn möglich – zu ihren Familien,<br />
ihren Freund:innen, ihrem Gott … was<br />
auch immer ihnen eben wichtig ist.<br />
Zweitens versuche ich, die<br />
Student:innen daran zu<br />
erinnern, dass das Ende ihrer<br />
Zeit an der Universität nicht<br />
das Ende des Lernens<br />
bedeutet … ganz im Gegenteil!<br />
Ich rufe sie auf, sich die<br />
typische Neugierde junger<br />
Menschen ein Leben lang zu<br />
bewahren. Ich bin schon alt<br />
(lacht), aber ich lerne immer noch<br />
ständig etwas Neues! Ich bin beispielsweise<br />
sehr neugierig, wenn es um<br />
Technologie geht. Auch wenn ich die<br />
achtjährigen Enkel von Bekannten<br />
brauche, damit sie mir die Funktionen<br />
meines iPhone erklären, will ich die<br />
Funktionen kennen. Schliesslich: In<br />
meinen Reden an Universitäten betone<br />
ich immer, wie essenziell eine lösungsorientierte<br />
Attitüde ist. Noch besser …<br />
nicht nur Lösungen kopieren, die<br />
andere bereits ausprobiert haben,<br />
sondern Mut zur Innovation haben!<br />
Wenn Uniabsolvent:innen, Ihre<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
15<br />
Bild: Redaktion<br />
Leser:innen oder auch Sie selbst sich<br />
diese drei Ideale zu Herzen nehmen,<br />
ist nichts unmöglich. Ich habe damit all<br />
das erreicht, an dem ich mich heute<br />
erfreuen darf und hoffentlich in Zukunft<br />
werde erfreuen dürfen.<br />
Das ist eine gute Überleitung zu dem<br />
«Ausblick», mit dem ich das Gespräch<br />
gern beenden würde. 2014 gründeten<br />
Sie und Ihre Frau die «Billie Jean King<br />
Leadership Initiative» mit dem Ziel,<br />
Equality in der Arbeitswelt zu fördern.<br />
Ich zitiere aus der Präambel: «Es<br />
wurden zwar Fortschritte erzielt, aber<br />
die Statistiken zeigen immer noch die<br />
harte Wahrheit, dass wir von Gleichberechtigung<br />
am Arbeitsplatz weit<br />
entfernt sind.» Sie transzendieren den<br />
Bereich des Sports also ganz offiziell.<br />
Wieso?<br />
Sie haben den Kern der Antwort, die<br />
ich Ihnen geben werde, bereits genannt:<br />
Weil wir noch nicht am Ziel sind.<br />
Der Sport ist ein Mikrokosmos, der alle<br />
Aspekte der Gesellschaft in sich<br />
zusammenfasst, also müssen wir das,<br />
was wir dort beobachten, als symptomatisch<br />
für grössere Zusammenhänge<br />
begreifen. Ilana und ich sind, wie<br />
erwähnt, seit Jahrzehnten unternehmerisch<br />
tätig und haben permanent mit<br />
internationalen Firmen zu tun. Was wir<br />
ständig beobachten: Es gibt Menschen,<br />
die einfach keine Chance<br />
erhalten! Grossartige Frauen, die an<br />
einen männlichen CEO berichten und<br />
bei denen man denkt: Eigentlich<br />
sollten sie die Organisation leiten.<br />
Doch sie kriegen keine faire Chance.<br />
Und genau das müssen wir ändern.<br />
Wie sieht das eigentlich in der Schweiz<br />
aus? Ich war ziemlich schockiert, als ich<br />
erfuhr, dass Frauen in Ihrem Land erst<br />
seit 1971 das Wahlrecht<br />
haben.<br />
Nun, die Gleichstellung<br />
in der Unternehmenswelt<br />
– und in Teilen der<br />
Gesellschaft – hat sich<br />
verbessert, aber ich<br />
würde Ihnen zustimmen:<br />
Wir sind noch nicht am Ziel.<br />
Wissen Sie, was ich gerne erleben<br />
würde, solange ich noch auf diesem<br />
Planeten bin? Nun folgen ein paar<br />
ziemlich breite Pinselstriche, aber: Ich<br />
würde gerne sehen, wie viele Dinge<br />
«zusammenkommen». Ich möchte,<br />
«Wir wollen,<br />
dass Stereotype<br />
thematisiert und<br />
dekonstruiert<br />
werden.»<br />
Treffen in Sevilla:<br />
Tennis-Ikone Billie<br />
Jean King und<br />
m&k-Co-Chefredaktor<br />
Johannes Hapig.<br />
dass die ATP und die WTA fusionieren.<br />
Darauf warte ich schon seit Jahrzehnten,<br />
und es gibt zwar immer mehr<br />
Partnerschaften, aber ich würde uns<br />
gerne offiziell vereint sehen. Ich<br />
schaue mir auch die Frauenfussball-<br />
WM an und denke: «Muss das separat<br />
sein von dem, was die Jungs tun?» Et<br />
cetera, et cetera. Und dann denke ich<br />
über den Sport hinaus, zusammen mit<br />
Ilana: Wir wollen, dass Stereotype in<br />
der Gesellschaft offen thematisiert und<br />
dekonstruiert werden. Echte Gleichberechtigung<br />
wird es nur dann geben,<br />
wenn wir aufhören zu<br />
sagen: «Mädchen<br />
müssen immer perfekt<br />
sein, und Jungs müssen<br />
immer mutig sein.»<br />
Diese falschen Ideen,<br />
die wir in die Gehirne<br />
unserer Kinder einpflanzen,<br />
gehören abgeschafft.<br />
Das ist alles so, so lächerlich.<br />
Wir leben nicht in einer binären Welt!<br />
Es gibt keinen Platz mehr für dumme<br />
Klischees. Niemand kann die ganze<br />
Zeit perfekt sein, und niemand kann<br />
die ganze Zeit mutig sein, egal welches<br />
Geschlecht er oder sie oder es<br />
hat. Lasst uns einfach so sein, wie wir<br />
sind, und lasst das genügen! Ich habe<br />
Ihnen ja von Präsident Obama erzählt<br />
und wie er mir sagte, dass der «Battle<br />
of the Sexes» die Art und Weise, wie er<br />
seine Töchter erzogen hat, beeinflusst<br />
habe. So viele andere Männer sind im<br />
Laufe der Jahre auf mich zugekommen<br />
und haben gesagt: «Ich habe diese<br />
oder jene Sichtweise geändert, weil<br />
eine Frau ein Exempel statuiert hat.»<br />
Gleichzeitig gibt es unzählige Frauen –<br />
Sportlerinnen und Nichtsportlerinnen<br />
gleichermassen – die mir berichten,<br />
welchen Einfluss ihre Väter auf sie<br />
hatten … Wie Männer in ihrem Leben<br />
sie ermutigt und in ihren Träumen<br />
bestärkt haben; genau wie es mein<br />
Vater für mich getan hat! Für mich<br />
bedeutet Gleichberechtigung: Jede<br />
und jeder gibt alles, um jedem und<br />
jeder zu helfen; Menschen reichen<br />
anderen Menschen die Hand. Denn<br />
am Ende ist es das, was uns vereint:<br />
Wir sind alle menschliche Wesen.<br />
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16<br />
NACHHALTIGKEIT<br />
«Die Sterne<br />
rufen uns»<br />
Als Kommandeur der Internationalen Raumstation<br />
hat Chris Hadfield die Welt über Monate «von oben» betrachtet –<br />
und eine neue Perspektive auf menschliche Konflikte, aber auch auf<br />
interplanetare Nachhaltigkeit gewonnen.<br />
Ein Gespräch.<br />
Von Johannes Hapig<br />
Illustration Silvan Borer<br />
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18<br />
M&K Commander Hadfield, wenn man<br />
die Erde aus dem Weltraum betrachtet<br />
– verändert das dann die Perspektive<br />
auf unsere Krisen und Konflikte?<br />
CHRIS HADFIELD Ich denke, wenn man die<br />
Erde wochenlang in einem Zyklus von<br />
jeweils 92 Minuten umrundet – so wie<br />
Astronaut:innen auf der Internationalen<br />
Raumstation das tun – bekommt<br />
man einen anderen Blick auf die<br />
Gravitas der Krisen, mit denen wir es<br />
zu tun haben. Wir neigen ja dazu, die<br />
gegenwärtigen Ereignisse als beispiellos<br />
zu empfinden, aber das liegt auch<br />
daran, dass wir einfach die aktuelle<br />
Generation von Erwachsenen sind, die<br />
mit den Krisen ihrer Zeit fertig werden<br />
müssen. Ist alles wirklich so schlimm?<br />
Sollten wir pessimistisch sein, Angst<br />
haben? Ich möchte auf keinen Fall die<br />
grausamen Ereignisse im Nahen Osten<br />
oder in der Ukraine herunterspielen,<br />
aber wenn Sie in tausenden Kilometern<br />
Höhe über Konfliktgebiete wie<br />
Gaza oder Kiew schweben und Minuten<br />
später über ganz friedliche Regionen,<br />
werden Sie daran erinnert, dass<br />
die meisten der acht Milliarden Menschen<br />
auf der Erde in Harmonie leben,<br />
nach Gemeinschaft streben. Diese<br />
Perspektive geht im Lärm der Nachrichten<br />
und der sozialen Medien, die<br />
sich meist auf das Negative konzentrieren,<br />
häufig verloren.<br />
Das «Herauszoomen» kann also<br />
helfen, eine positive Einstellung zu<br />
bewahren?<br />
Lassen Sie mich etwas ausholen, um<br />
das zu beantworten: Als ich auf der<br />
Internationalen Raumstation war, nutzte<br />
ich die sozialen Medien, um mit den<br />
Menschen auf der Erde in Kontakt zu<br />
treten. Ich fragte sie bei Twitter, was ich<br />
von unserem Beobachtungsposten aus<br />
fotografieren soll, und die häufigste<br />
Antwort war: «Meine Heimatstadt!»<br />
Menschen sind stolz auf ihre Herkunft,<br />
wollen sich aber auch als Teil eines<br />
grösseren, gesamthaften Bildes begreifen.<br />
Dabei hilft es, ohne mediale Filter<br />
auf die Erde zu blicken – einfach «zu<br />
sehen, was ist». Und … das betrifft nicht<br />
«Vom Weltall aus bekommt man einen<br />
anderen Blick auf die Gravitas der Krisen,<br />
mit denen wir es zu tun haben.»<br />
nur gegenwärtige Ereignisse, sondern<br />
auch die Geschichte der Erde: Der<br />
Planet existiert seit gut viereinhalb<br />
Milliarden Jahren, eine Zahl, die so<br />
enorm ist, dass man sie kaum zu fassen<br />
vermag. Aus dem Weltraum kann man<br />
jedoch die geologischen Verbindungen<br />
zwischen den Kontinenten sehen,<br />
das Alter des Planeten zumindest<br />
erahnen und – ganz wichtig! – die<br />
Widerstandsfähigkeit des Lebens<br />
erkennen. Wenn Sie so wollen, ja: Das<br />
hilft, positiv eingestellt zu bleiben. Und<br />
es hilft, andere Fragen zu stellen. Ich<br />
denke weniger über temporäre Konflikte<br />
nach, denn diese werden vorübergehen<br />
– ich mache mir Gedanken<br />
darüber, wie sich die Lebensqualität so<br />
vieler Menschen wie möglich dauerhaft<br />
verbessern lässt. Das ist für mich<br />
die eigentliche Herausforderung<br />
unserer Zeit, und es ist ein Perspektivenwechsel,<br />
der in meinem Fall zu<br />
einem grossen Teil auf die Erfahrungen<br />
in der Raumfahrt zurückzuführen ist.<br />
Die Fotos, die Sie während Ihrer Zeit<br />
im Weltraum gemacht haben, wirken<br />
wie ein Aufruf dazu, die Schönheit der<br />
Erde zu bewahren. Gleichzeitig arbeiten<br />
Sie – unterstützt zum Beispiel von<br />
König Charles III. – an einem Nachhaltigkeitsplan<br />
für den Weltraum.<br />
Verzeihen Sie, falls die Frage<br />
etwas naiv klingt, aber: Was beinhaltet<br />
ein solcher?<br />
Bei der Nachhaltigkeit, ob auf der<br />
Erde oder im Weltraum, geht es um<br />
die Anpassung unserer Verhaltensstrategien<br />
an die sich verändernden<br />
Umweltbedingungen und Umstände.<br />
Nehmen wir Zürich als Beispiel. Vor<br />
Jahrtausenden befand sich dort, wo<br />
Sie heute Ihre Redaktion betreiben,<br />
nur eine Landschaft mit einem Fluss,<br />
die von ein paar frühen Siedler:innen<br />
bewohnt wurde. Als die Bevölkerung<br />
irgendwann wuchs, musste die Führung<br />
der Stadt sich über nachhaltiges<br />
Leben Gedanken machen – von der<br />
Abfallentsorgung bis zur Bereitstellung<br />
von sauberem Trinkwasser.<br />
Sprich: Die Entwicklung einer kleinen<br />
Siedlung zu einer grossen Stadt<br />
erforderte eine feingliedrige,<br />
langfristige Planung.<br />
Ein ähnliches Prinzip gilt<br />
für das Bevölkerungswachstum<br />
auf der<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
19<br />
Erde. Wir sind in einem bemerkenswert<br />
kurzen Zeitraum von weniger als<br />
einer Milliarde auf neun Milliarden<br />
Menschen angewachsen. Dieses<br />
schnelle Wachstum erfordert innovative,<br />
nachhaltige Lösungen. Wir können<br />
uns nicht auf alte Methoden<br />
verlassen, sondern müssen kreativ<br />
über unsere Ressourcen und die<br />
Auswirkungen unseres Handelns<br />
nachdenken.<br />
Die Geschichte lehrt uns also, dass wir<br />
gut planen sollten, wenn wir neue Orte<br />
besiedeln. Und dieses Prinzip übertragen<br />
Sie nun auf den Weltraum?!<br />
Ja. Ich sehe beim Weltraum gewisse<br />
Parallelen zur Antarktis: Vor 100 Jahren<br />
gab es in der Region bloss unberührte<br />
Wildnis. Heute leben dort tausende<br />
Forscher:innen und Arbeiter:innen. Bei<br />
der Besiedlung der Antarktis haben<br />
wir auf Nachhaltigkeit geachtet und<br />
aus den Fehlern der Vergangenheit<br />
gelernt … Fehler, die zum Beispiel die<br />
ersten Siedler:innen in Neuseeland vor<br />
Jahrhunderten gemacht und damit<br />
beinahe das gesamte Ökosystem<br />
zerstört haben. Je weiter wir in den<br />
Weltraum vordringen, desto wichtiger<br />
werden die Lehren<br />
aus unserer Geschichte.<br />
Aber natürlich<br />
muss man sich auch<br />
bewusst machen: Im All<br />
nehmen die Herausforderungen<br />
rund um die Nachhaltigkeit<br />
ganz neue Ausmasse an. Es geht<br />
nicht nur um den Umgang mit<br />
Ressourcen auf einem Planeten X,<br />
sondern auch darum, was wir «in<br />
dessen Umlaufbahn pusten». Der<br />
Weltraummüll im Orbit der Erde<br />
bereitet Expert:innen schon heute<br />
Kopfzerbrechen; es wäre schlicht und<br />
ergreifend dumm, das andernorts zu<br />
wiederholen. Meine Arbeit mit der<br />
«Open Lunar Foundation» fokussiert<br />
auch aus solchen Gründen auf die<br />
Entwicklung von Strategien für Mondsiedlungen,<br />
welche der Nachhaltigkeit<br />
Priorität einräumen. Wenn ich Raumfahrtunternehmen<br />
berate, erinnere ich<br />
ständig an die Wichtigkeit von Sustainability.<br />
Und auch die Kooperation mit<br />
König Charles III. und seiner «Sustainable<br />
Markets Initiative», die Sie gerade<br />
erwähnt haben, ist Teil ebendieser<br />
Anstrengungen. In der «Terra Carta»,<br />
die seine Majestät schon vor einigen<br />
«Im All nehmen<br />
die Herausforderungen<br />
rund um die<br />
Nachhaltigkeit ganz<br />
neue Ausmasse an.»<br />
Buchtipp:<br />
«The Defector»<br />
Vor seiner Zeit als Astronaut<br />
und Kommandeur der ISS<br />
war Chris Hadfield Testpilot<br />
der amerikanischen und<br />
Kampfpilot der kanadischen<br />
Luftwaffe. Seine einzigartigen<br />
Erfahrungen fliessen in<br />
seinen neuen Thriller ein:<br />
«The Defector» ist auf<br />
Englisch bereits überall in<br />
der Schweiz erhältlich, ab<br />
März 2024 auch in deutscher<br />
Übersetzung.<br />
Jahren auf den Weg gebracht hat, sind<br />
Leitlinien für nachhaltiges Leben auf<br />
der Erde festgehalten – die neue<br />
«Astra Carta», an der ich beteiligt bin,<br />
will solche Leitlinien auch für den<br />
Weltraum definieren. Das wird nicht<br />
einfach … und es wird internationale<br />
Anstrengungen brauchen, um das<br />
Projekt durchzusetzen. Aber ich bin<br />
zuversichtlich, dass wir das schaffen<br />
können.<br />
In der öffentlichen Debatte geht es<br />
aktuell eher darum, wann die Raumfahrt<br />
kommerziell nutzbar wird. Sie<br />
denken weiter – das finde ich sehr<br />
weise; es ist aber eine eher seltene<br />
Position im Diskurs, oder?<br />
Das mag sein, aber jetzt ist ein entscheidender<br />
Moment. Wenn wir klug<br />
agieren, können wir den Weltraum<br />
erforschen – und ab einem gewissen<br />
Punkt besiedeln – ohne das, was wir<br />
dort vorfinden, zu zerstören. Stellen Sie<br />
sich vor, ein cleverer Anführer in<br />
Neuseeland hätte sich vor 800 Jahren<br />
für nachhaltige Praktiken gegenüber<br />
der einheimischen Flora und Fauna<br />
eingesetzt – ein einziger visionärer<br />
Akteur hätte die Geschichte verändern<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
20<br />
«Das Momentum, das sich aufbaut, bricht<br />
sich eines Tages Bahn. Was, wenn wir<br />
dann nicht vorbereitet sind?»<br />
können! Die meisten Menschen sind zu<br />
sehr mit ihrem Alltag beschäftigt, als<br />
dass sie sich vertieft mit den Fragen<br />
beschäftigen könnten, denen meine<br />
Kolleg:innen und ich uns widmen. Aber<br />
da braucht es dann die Unterstützung<br />
der Politik, der Opinion Leaders …<br />
Haben Sie sich schon mal mit dem<br />
ersten Ballonflug der Brüder Montgolfier<br />
im Jahr 1785 auseinandergesetzt?<br />
Am Rande, im Geschichtsunterricht,<br />
glaube ich.<br />
Das war ein monumentales Ereignis in<br />
Paris, an dem international renommierte<br />
Persönlichkeiten teilnahmen.<br />
Doch nur 30 Kilometer von der Stadt<br />
entfernt wurde der Ballon von der<br />
Landbevölkerung angegriffen, die gar<br />
nicht verstand, was das für ein seltsames<br />
Flugobjekt war. (lacht) Diese Kluft<br />
zwischen visionärem Denken und<br />
Alltagsverständnis besteht heute<br />
immer noch – Sie sehen das in den<br />
sozialen Medien gespiegelt oder<br />
sogar katalysiert. Bei meiner Arbeit<br />
kann es also nicht nur darum gehen,<br />
Technologien und Rahmenbedingungen<br />
für die nachhaltige Erforschung<br />
des Weltraums zu kreieren – sondern<br />
es ist wichtig, den Menschen auch zu<br />
erklären, warum das bedeutsam ist<br />
und sie sich dafür interessieren sollen.<br />
Wenn nun jemand dieses Interview<br />
liest und sich für Ihre Vision begeistert<br />
– was kann er oder sie tun, um zu<br />
deren Gelingen beizutragen?<br />
Oh, es gibt diverse Möglichkeiten, sich<br />
zu engagieren. Zunächst können<br />
Einzelpersonen oder Unternehmen<br />
lokale respektive nationale Initiativen<br />
unterstützen – etwa die Forschung an<br />
Universitäten, die Arbeit von Wissenschaftsmuseen<br />
oder Start-ups. Für<br />
jene, die auf internationaler Ebene<br />
etwas bewirken wollen, gibt es Möglichkeiten<br />
in den Bereichen Politik und<br />
Governance – insofern sie entsprechend<br />
Leverage mitbringen, natürlich.<br />
Die Teilnahme an Diskussionen im Ausschuss<br />
der Vereinten Nationen für die<br />
friedliche Nutzung des Weltraums<br />
oder die Unterzeichnung der «Astra<br />
Carta» wären hier denkbar. Ein weiterer<br />
Weg führt via die Technologie:<br />
Inkubatoren wie das «Creative Destruction<br />
Lab» haben sich bei der Förderung<br />
neuer, auf den Weltraum ausgerichteter<br />
Unternehmen als äusserst<br />
erfolgreich erwiesen. Der Impact ist<br />
mitunter beinahe unglaublich. Solche<br />
Inkubatoren brauchen finanzielle<br />
Ressourcen – und sie brauchen Topmentoring.<br />
Schliesslich bieten Organisationen<br />
wie die schon erwähnte<br />
«Open Lunar Foundation» die Möglichkeit,<br />
die Zukunft der Weltraumbesiedlung<br />
zu gestalten. Ich muss es<br />
nochmals betonen, auch auf die<br />
Gefahr hin, dass Ihre Leser:innen das<br />
ein bisschen repetitiv finden (lacht):<br />
Wir sind an dem entscheidenden<br />
Punkt in der Geschichte der Raumfahrt<br />
angelangt. Die heute getroffenen<br />
Entscheidungen werden absoluten<br />
Einfluss darauf haben, wann und wie<br />
wir den Mond und – später – auch<br />
andere Planeten besiedeln. Wir müssen<br />
uns überlegen, welche gesellschaftlichen<br />
Normen und Gesetze wir<br />
dort einführen, anstatt einfach unser<br />
derzeitiges geopolitisches System im<br />
All zu reproduzieren. Das ist keine<br />
Science Fiction – sondern vergleichbar<br />
mit dem Zeitpunkt, als die Dampfmaschine<br />
erfunden wurde. Das Momentum,<br />
das sich aufbaut, bricht sich eines<br />
Tages Bahn. Was, wenn wir dann nicht<br />
vorbereitet sind?<br />
Sie sind ein Vordenker – nicht nur, wenn<br />
es um die Erforschung des Weltraums<br />
geht, sondern auch, wenn es um<br />
Zur Person<br />
Chris Austin Hadfield<br />
OC, OOnt, MSC, CD<br />
ist ein kanadischer<br />
Astronaut, Ingenieur,<br />
Kampfpilot, Musiker<br />
und Schriftsteller.<br />
Neben der erfolgreichen<br />
Absolvierung<br />
von zwei Space-<br />
Shuttle-Missionen<br />
diente er als Kommandant<br />
der Internationalen<br />
Raumstation<br />
(ISS). Hadfield<br />
war nicht nur der<br />
erste Kanadier in der<br />
Geschichte der<br />
Raumfahrt, der einen<br />
«Spacewalk» absolvierte<br />
– weitere<br />
Bekanntheit erreichte<br />
er dadurch, dass er<br />
als erster Mensch ein<br />
Musikvideo an Bord<br />
der ISS aufnahm (ein<br />
Cover von David<br />
Bowies «Space<br />
Oddity»).<br />
Weitere<br />
Informationen:<br />
Leadership geht. In Ihrem Buch «An<br />
Astronaut's Guide to Life on Earth»<br />
gewähren Sie aus einer sehr praktischen<br />
Perspektive heraus Einblicke in<br />
das Thema Führung. Sie berichten von<br />
Herausforderungen, die nur eine Hand<br />
voll Menschen je erleben – oder sich<br />
zugetraut – haben. Und Sie erklären,<br />
was Sie daraus gelernt haben. Wie geht<br />
man mit dem immensen Druck um,<br />
Kommandeur und «Leader» der Internationalen<br />
Raumstation zu sein?<br />
Eine Führungsposition in einem derart<br />
anspruchsvollen Umfeld erfordert ein<br />
hohes Mass an Erfahrung, technologischem<br />
Know-how und Charakterstärke.<br />
Ich bin dankbar, dass man mich nicht<br />
beauftragt hat, die ISS zu kommandieren,<br />
als ich Mitte zwanzig war. (lacht)<br />
Da hätte es mir natürlich an Wissen<br />
und Kompetenz gemangelt. Aber mit<br />
Ende vierzig, als ich die Mission antrat,<br />
war ich in der besten Verfassung<br />
meines Lebens: Ich war gesund, mir<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
21<br />
Chris Hadfield bei einem<br />
Auftritt: Der 64-Jährige<br />
ist heute (neben all<br />
seinen anderen Tätigkeiten)<br />
ein weltweit gefragter<br />
Keynote-Speaker.<br />
etwas Grösserem werden – das sind<br />
dann Erfolge, die man ruhig auch<br />
feiern darf. So bleiben die Teammitglieder<br />
motiviert.<br />
Bild: shutterstock.com / Ross Howey Photo.<br />
meiner Fähigkeiten bewusst, geistig<br />
absolut präsent. Die von Ihnen erwähnte<br />
Zurückhaltung, eine solche<br />
Aufgabe zu übernehmen, rührt übrigens<br />
oft von der schieren technischen<br />
Komplexität her. Die ISS ist eine unglaublich<br />
fein justierte Maschine, die<br />
nonstop läuft; alle Wartungs- und<br />
Reparaturarbeiten müssen bei aktivem<br />
Betrieb durchgeführt werden …<br />
… und jeder Fehler könnte tödlich sein.<br />
Ja, die Internationale Raumstation ist<br />
eine «lebenserhaltende Bubble» für<br />
ihre Besatzung, jeder Fehler kann<br />
gravierende Folgen haben. Im Gegensatz<br />
zu einem U-Boot, das im Notfall<br />
auftauchen kann, gibt es auf der ISS<br />
keinen Ausweg. Darum müssen Sie am<br />
Boden immer und immer wieder üben,<br />
wichtige Handgriffe auszuführen, bis<br />
Sie sie perfekt beherrschen. Das lässt<br />
sich meiner Meinung nach auf sämtliche<br />
Bereiche, ob nun im Privatleben<br />
oder im Business, übertragen: Der<br />
erste Schritt ist immer, sich so lange<br />
weiterzubilden, bis alles perfekt «sitzt».<br />
Danach geht es um die Definition von<br />
Erfolg: Was wollen Sie erreichen, wie<br />
sieht ein perfektes Ergebnis aus? Wie<br />
können Sie als Führungskraft dazu<br />
beitragen, dass dieses Ergebnis erzielt<br />
wird? Ebenso wichtig ist Kommunikation<br />
– echte Kommunikation,<br />
also nicht die<br />
blosse Weitergabe von<br />
Informationen. Leader:innen<br />
müssen<br />
zuhören und verstehen<br />
können. Jedes Teammitglied<br />
spricht aufgrund<br />
kultureller und<br />
persönlicher Unterschiede<br />
eine etwas<br />
andere «Sprache». Wirksame Kommunikation<br />
gewährleistet, dass Sie die<br />
kollektive Intelligenz und Kreativität<br />
Ihres Teams nutzen können. Schliesslich<br />
ist es unerlässlich, ein Gefühl der<br />
Einheit herzustellen. Wie beim Surfen,<br />
wenn man eine perfekte Welle erwischt,<br />
gibt es in jedem Projekt einen<br />
Moment, in dem sich die individuellen<br />
Anstrengungen synchronisieren, zu<br />
Sie erwähnen in Ihrem Buch, dass<br />
Astronauten von Natur aus wettbewerbsorientiert<br />
seien, das bringe die<br />
harte Ausbildung mit sich. Doch als<br />
Kommandeur der ISS mussten Sie eine<br />
Gruppe von extrem kompetitiven<br />
Individuen zu einem höchst kooperativen<br />
Team formen. Und zwar ohne<br />
dass jemand nach einem Streit nach<br />
Hause fahren konnte, um sich<br />
«abzuregen». Wie geht das?<br />
Sie haben recht, Astronauten sind<br />
inhärent kompetitiv. Aber wenn man<br />
an einer Weltraummission teilnimmt,<br />
steht unglaublich viel auf dem Spiel;<br />
die Umgebung ist unbarmherzig. Man<br />
kann sich seine Crew nicht aussuchen,<br />
aber man muss dennoch effizient mit<br />
ihr zusammenarbeiten. Als ich 1992<br />
zur Nasa kam, wurde mir sofort klar,<br />
wie wichtig es ist, enge Beziehungen<br />
zu meinen Astronautenkolleg:innen zu<br />
knüpfen. Man sitzt in einem Schulungsraum,<br />
sieht sich die<br />
«Die ISS ist<br />
eine lebenser -<br />
haltende ‹Bubble›.<br />
Wenn ein Fehler<br />
passiert, gibt es<br />
keinen Ausweg.»<br />
Leute um sich<br />
herum an und<br />
denkt: «Wow … ein<br />
paar von uns könnten<br />
eines Tages<br />
gemeinsam in<br />
lebensbedrohliche<br />
Situationen geraten.»<br />
(lacht) Wir<br />
haben gerade schon<br />
über Kommunikation gesprochen, und<br />
ich rate jedem, egal in welchem<br />
Kontext: Sprecht Probleme an, ehe sie<br />
im Streit eskalieren. In meiner gesamten<br />
Zeit im Weltraum habe ich nicht<br />
einen einzigen, emotionalen Ausbruch<br />
erlebt. Natürlich hatten wir Diskussionen<br />
und Meinungsverschiedenheiten,<br />
aber sie waren immer konstruktiv. Alles<br />
andere wäre hoch problematisch<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
22<br />
gewesen, denn auf so engem Raum<br />
und bei der Fülle der Aufgaben können<br />
Sie es sich einfach nicht leisten,<br />
dass zwei oder drei Menschen ein paar<br />
Tage lang nicht miteinander reden.<br />
Streit gefährdet die gesamte Mission.<br />
Sie schreiben in Ihrem Astronauten-<br />
Guide auch darüber, wie Sie mit Angst<br />
umgegangen sind. Gefürchtet hätten<br />
Sie sich auf der ISS nur einmal, nämlich<br />
als ein Objekt beinahe mit der Raumstation<br />
kollidierte – und Sie das zwar<br />
miterlebten, aber nichts tun konnten. In<br />
allen anderen Situationen, so notieren<br />
Sie, helfe Ihnen bis heute ein «emergency<br />
mindset». Was bedeutet das?<br />
Die eingehende, offene Auseinandersetzung<br />
mit Angst ist entscheidend.<br />
Vor ein paar Jahren wurde ich eingeladen,<br />
einen TED-Talk zu halten und<br />
entschied mich, über Angst zu sprechen<br />
– einfach weil sie unser Leben so<br />
mannigfaltig beeinflusst. Wie wir mit<br />
ihr umgehen, determiniert unseren<br />
Alltag und unsere Opportunitäten.<br />
Nehmen wir an, jemand fürchtet sich<br />
davor, in ein Flugzeug zu steigen …<br />
dann kann er Teile der Welt nur unter<br />
grössten Anstrengungen oder gar<br />
nicht entdecken. In meinem TED-Vortrag<br />
betone ich deshalb, dass Gefahr<br />
und Angst nicht identisch sind, obwohl<br />
die Menschen das oft annehmen. Der<br />
Start einer Rakete zum Beispiel ist nicht<br />
unbedingt gefährlich, aber er kann bei<br />
den Menschen grosse Angst auslösen.<br />
Das beste Mittel gegen Angst ist<br />
deshalb Kompetenz: Wenn Sie wissen,<br />
wie die Rakete funktioniert – oder dass<br />
ein Passagierflugzeug bei Turbulenzen<br />
nicht abstürzt – mindert das den<br />
Einfluss der Angst erheblich. Ich lade<br />
Ihre Leser:innen ein, in sich hineinzuhören:<br />
Wovor fürchten Sie sich? Und<br />
könnte es sein, dass viele angstbesetzte<br />
Szenarien einfach solche sind,<br />
auf die Sie sich schlecht oder gar nicht<br />
vorbereitet fühlen, über die Sie zu<br />
wenige Informationen<br />
besitzen?<br />
Ein «emergency<br />
mindset» zu besitzen<br />
bedeutet also,<br />
immer gut vorbereitet<br />
zu sein?<br />
Das kann man so<br />
formulieren. Es geht<br />
darum, die grössten<br />
Risiken für ein<br />
Unternehmen, eine Familie oder ein<br />
Individuum zu einem Zeitpunkt X zu<br />
verstehen und dann proaktive Schritte<br />
zu unternehmen, um die Risiken zu<br />
minimieren.<br />
Verzeihen Sie, aber wird man da<br />
nicht … etwas paranoid?<br />
Im Gegenteil, die Lebensqualität<br />
verbessert sich erheblich! Ganz gleich,<br />
ob es sich um einen potenziellen<br />
Meteoriteneinschlag auf der ISS oder<br />
um ein alltäglicheres Risiko auf der<br />
Erde handelt: Das Verständnis für und<br />
die Vorbereitung auf Gefahren mindern<br />
Angst und Stress. Machen Sie<br />
Ihre «Hausaufgaben», bereiten Sie sich<br />
vor – und dann konzentrieren Sie sich<br />
darauf, wie schön das Leben ist, anstatt<br />
sich von diffusen Sorgen «auffressen»<br />
zu lassen.<br />
Sie sind in diversen Bereichen erfolgreich<br />
– als Astronaut, als Kampfpilot,<br />
als Sänger und jetzt als Bestsellerautor<br />
«Wer ein<br />
‹emergency mindset›<br />
adaptiert, wird nicht<br />
paranoid, sondern<br />
dessen Lebensqualität<br />
verbessert sich<br />
erheblich.»<br />
von Sachbüchern, aber auch von<br />
Belletristik. Ihr Werk «An Astronaut's<br />
Guide to Life on Earth» haben wir<br />
schon erwähnt, aber auch Ihre Thriller<br />
«The Apollo Murders» und «The<br />
Defector» finden grossen Anklang.<br />
Wie haben Sie das kreative Schreiben<br />
für sich entdeckt?<br />
Jeder braucht ein Hobby, oder? (lacht)<br />
Ehrlich, ich bin überzeugt, dass man<br />
etwas machen muss, das einen beschäftigt<br />
und einem Freude bringt –<br />
und zwar unter dem Einsatz von<br />
Kreativität. Dabei ist es erst einmal<br />
völlig egal, was andere davon halten.<br />
Während meines Einsatzes auf der ISS<br />
führte ich ein Gespräch mit Neil Young.<br />
Er gab mir einen guten Ratschlag:<br />
«Beurteile einen kreativen Prozess<br />
niemals, bevor er vollendet ist.» Ich<br />
sage das gern etwas simpler: «Mach<br />
einfach mal, ohne<br />
dir permanent über<br />
die eigene Schulter<br />
zu schauen.» (lacht)<br />
Ich habe schon in<br />
der Schule gern<br />
geschrieben, also<br />
lag das irgendwie<br />
nahe. Während ich<br />
«An Astronaut's<br />
Guide to Life on<br />
Earth» noch als eine<br />
Art … Verpflichtung betrachtete,<br />
meine Erlebnisse im Weltall zu teilen,<br />
war «The Apollo Murders» auch für<br />
mich ein Experiment. Mein Verleger<br />
hatte mir vorgeschlagen, mich in der<br />
Belletristik auszuprobieren – ich hatte<br />
ja überhaupt keine Erfahrung mit dem<br />
Genre! Die mehrfache Lektüre von<br />
Stephen Kings «Über das Schreiben»,<br />
das Studium Dutzender Thriller und<br />
nicht zuletzt die grosse Arbeit meines<br />
ausgezeichneten Lektorats brachten<br />
«The Apollo Murders» schliesslich<br />
hervor. Es folgte «The Defector», das<br />
übrigens im März 2024 auf Deutsch<br />
erscheinen wird. Und ich arbeite<br />
bereits an einem dritten Band in der<br />
Reihe. Es mag paradox klingen, aber<br />
Fiktion hilft mir, ein realistischeres Bild<br />
von Luft- und Raumfahrt zu zeichnen,<br />
als Hollywood das tut. (lacht) Ich habe<br />
das Gefühl, das ist gleichsam nützlich<br />
und unterhaltsam für meine Leser:<br />
innen … und mir macht es unheimlich<br />
viel Freude. Warum also aufhören?<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
a<br />
company<br />
Konzept A oder<br />
Konzept B?<br />
Wissen, nicht raten.<br />
Befragen Sie Ihre Zielgruppe mit dem Schweizer Marktleader<br />
– schnell, repräsentativ und qualitativ hochwertig.
24<br />
GERECHTIGKEIT<br />
«Wir<br />
müssen<br />
handeln»<br />
In den USA stagniert die allgemeine Lebenserwartung – zum ersten<br />
Mal seit Jahrzehnten. Der Grund: Teile der Gesellschaft sterben «Tode<br />
der Verzweiflung», durch Suizid, Drogen oder Alkohol. Der Wirtschaftsnobelpreisträger<br />
Sir Angus Deaton erklärt, ob auch Europa dieses<br />
Szenario droht – und was man dagegen tun kann.<br />
Von Johannes Hapig<br />
Illustration Silvan Borer<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
25<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
26<br />
M&K Sir Angus, man könnte den Beginn<br />
Ihrer Karriere in der Wirtschaftswissenschaft<br />
als eine Art «glückliche<br />
Fügung» bezeichnen. Denn als Sie<br />
sich zum Studium an der Universität<br />
in Cambridge einschrieben, hatten<br />
Sie eigentlich vor, Mathematiker<br />
zu werden.<br />
PROF. SIR ANGUS DEATON Das ist richtig.<br />
Ursprünglich hatte ich mich für die<br />
Mathematik entschieden, da ich sie in<br />
meiner Schulzeit als relativ einfach und<br />
nicht allzu … zeitaufwendig empfand.<br />
(lacht) In Cambridge kam ich jedoch<br />
bald an einen Punkt, an dem ich in<br />
Mathematik nicht mehr so gut war, wie<br />
ich a priori gehofft hatte. Mir wurde<br />
von einem Professor geraten, zur<br />
Ökonomie zu wechseln. Das war nicht<br />
geplant gewesen, aber als ich anfing,<br />
mich näher mit der Thematik zu beschäftigen,<br />
entdeckte ich meine<br />
Leidenschaft dafür. Damals war der<br />
Lehrplan in Cambridge natürlich stark<br />
von Keynesianern geprägt, von denen<br />
viele noch direkt mit John Maynard<br />
Keynes selbst zusammengearbeitet<br />
hatten. Obwohl er 1946 verstorben<br />
war, war seine Präsenz an der Universität<br />
weiterhin spürbar, als ich 1969 mein<br />
Studium begann. Ich genoss ein hohes<br />
Mass an Freiheit in meiner Forschung<br />
und konnte mich mit den Themen<br />
beschäftigen, die mich interessierten.<br />
Einen wichtigen Einfluss auf meine<br />
Arbeit hatte zum Beispiel Richard<br />
Stone, einer der letzten Assistenten<br />
von Keynes und ein überzeugter<br />
Empiriker. Seine Herangehensweise<br />
hat meine eigene enorm geprägt:<br />
«Den grössten Teil meiner Laufbahn<br />
wollte ich analysieren, welche<br />
wirtschaftlichen Faktoren das Wohlergehen<br />
von Menschen fördern.»<br />
Stone legte den Fokus in der Ökonomie<br />
auf empirische Beweise … und<br />
brachte mich damit sozusagen zur<br />
Mathematik «zurück».<br />
1976 nahmen Sie dann eine Stelle an<br />
der Universität Bristol an und verfassten,<br />
wie Expert:innen rückblickend<br />
notieren, einige Ihrer «bedeutendsten<br />
theoretischen Arbeiten». 1983 folgten<br />
Sie einem Ruf in die Vereinigten<br />
Staaten an die Universität Princeton.<br />
Ich nehme an, dass sich das dort<br />
vorherrschende wirtschaftliche Denken<br />
deutlich von den im Vereinigten<br />
Königreich dominierenden Ideen<br />
unterschied?<br />
Die Amerikaner waren definitiv mehr auf<br />
der rechten Seite des intellektuellen –<br />
und politischen – Spektrums angesiedelt<br />
als die Briten zu jener Zeit, ja.<br />
Hatte das einen Einfluss auf Ihre<br />
eigene Arbeit?<br />
Meine Anschauungen haben sich im<br />
Laufe der Jahre immer wieder gewandelt,<br />
die Gründe dafür sind vielfältig.<br />
Es ist sicher richtig, dass meine Zeit in<br />
Cambridge Spuren hinterliess, etwa<br />
was meine Ansichten zu Themen wie<br />
Verteilungsgerechtigkeit und wirtschaftliche<br />
Effizienz betrifft. Die unterschieden<br />
sich in den 1980er-Jahren<br />
ganz erheblich von dem, was meine<br />
«Wir sahen: Menschen in bestimmten<br />
demografischen Gruppen sind anfällig für<br />
Suizid, für Tod durch Drogen oder Alkohol.»<br />
amerikanischen Kollegen<br />
dachten … und tun das auch<br />
heute noch. (lacht) Ich habe<br />
mich darüber hinaus nie mit<br />
dem absoluten Liberalismus der<br />
konservativen Chicagoer Schule<br />
identifizieren können. Gleichzeitig<br />
würde ich nicht behaupten, dass ich …<br />
einen signifikanten Teil der mir zur<br />
Verfügung stehenden Ressourcen<br />
darauf verwendet hätte, diese Denkrichtung<br />
anzugreifen. Meine Arbeit<br />
blieb weitgehend innerhalb des<br />
Mainstreams des ökonomischen<br />
Denkens: Sie war oft technisch, empirisch,<br />
und ich nutzte – wie ich bereits<br />
sagte – die Mathematik recht ausgiebig.<br />
Den grössten Teil meiner Laufbahn<br />
wollte ich analysieren, welche<br />
wirtschaftlichen Faktoren das Wohlergehen<br />
von Menschen fördern,<br />
insbesondere im Hinblick darauf, wie<br />
sie sich zwischen gegenwärtigem und<br />
zukünftigem Konsum entscheiden. Das<br />
ist eine wichtige Frage, die sich sehr<br />
stark auf das individuelle Befinden<br />
auswirkt. Amartya Sen, den ich schon<br />
in Cambridge kennen gelernt hatte,<br />
weckte ausserdem mein Interesse an<br />
Gesundheitsökonomie.<br />
Das wird deutlich, wenn man sich Ihre<br />
zwei jüngsten Publikationen ansieht:<br />
Ihr ganz neues Buch «Economics in<br />
America» und «Deaths of Despair»,<br />
das Sie 2020 in Zusammenarbeit mit<br />
Anne Case – ebenfalls eine renommierte<br />
Ökonomin und Ihre Ehefrau –<br />
auf den Markt brachten. «Deaths<br />
of Despair» kennen viele unserer<br />
Leser:innen bestimmt schon, aber<br />
würden Sie die Grundthesen des<br />
Werks trotzdem noch einmal erläutern?<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
27<br />
Die Recherchen für «Deaths of Despair»<br />
begannen um das Jahr 2013<br />
herum. Anne und ich stellten eine<br />
deutliche – und wachsende – Kluft bei<br />
den Sterblichkeitsraten in den Vereinigten<br />
Staaten fest. Wir sahen: Gut<br />
ausgebildete Menschen lebten nicht<br />
nur länger als jene ohne Hochschulabschluss;<br />
Letztere starben in bestimmten<br />
demografischen Gruppen auch<br />
aufgrund von anderen Ursachen. Sie<br />
starben «Tode der Verzweiflung» –<br />
begingen Suizid, konsumierten eine<br />
Überdosis Drogen oder tranken sich<br />
ins Grab. Wie gesagt, die Forschung<br />
begann 2013, das Buch erschien 2020,<br />
und erst kürzlich haben Anne und ich<br />
einen Artikel in der «New York Times»<br />
veröffentlicht, in dem wir festhalten:<br />
Was wir damals sahen, wird nicht<br />
besser. Es wird immer schlimmer. Die<br />
allgemeine Lebenserwartung in den<br />
USA stagniert zum ersten Mal seit<br />
Jahrzehnten, weil die «weniger Gebildeten»<br />
zwei Drittel der Bevölkerung<br />
ausmachen und weil sie eben eine<br />
besondere Anfälligkeit für «Tode der<br />
Verzweiflung» zeigen. Wir müssen<br />
dringend handeln.<br />
Die Opioidkrise in den Vereinigten<br />
Staaten ist derart gravierend, dass sie<br />
auch von europäischen Medien immer<br />
wieder thematisiert wird. Sollte die<br />
Politik versuchen, die Krise quasi<br />
«symptomatisch zu behandeln» – oder<br />
wird sich an der Situation nichts<br />
ändern, ehe die Ursachen bekämpft<br />
werden?<br />
Wir müssen sowohl die Opioidkrise an<br />
sich als auch die tiefer liegenden<br />
Probleme adressieren. In Europa<br />
beispielsweise sehen wir keine vergleichbaren<br />
Probleme mit Medikamenten-<br />
und Drogenmissbrauch, was zum<br />
Teil auf strengere Regulierungsmassnahmen<br />
zurückzuführen ist. Europäische<br />
Ärzte verschreiben schwere<br />
Schmerzmittel in der Regel nicht so<br />
leichtfertig wie in den USA, wo die<br />
«Es wird nicht<br />
besser. Es wird<br />
immer schlimmer.<br />
Wir müssen dringend<br />
handeln.»<br />
Medikamente dann auf den Strassen<br />
weiterverkauft werden. Weiterhin gibt<br />
es in den USA eine sehr problematische<br />
Verflechtung zwischen Politik und<br />
Pharmaindustrie: Einige Politiker:innen<br />
stellen sich in den Dienst genau jener<br />
Arzneimittelfirmen, die ihre Wähler:innen<br />
krank machen – im Austausch für<br />
Hilfe bei der Wahlkampffinanzierung.<br />
Man müsste also Regulierungen für die<br />
Vergabe von Medikamenten durchsetzen<br />
und gleichzeitig die Verflechtungen<br />
von Politik und «Big Pharma»<br />
unterbinden. Da spielen am Ende aber<br />
auch verfassungsrechtliche Fragen<br />
eine Rolle, da reden Lobbyist:innen<br />
mit, da ist – ich erwähnte es schon –<br />
eine unglaubliche Menge Geld im<br />
Spiel. Einfach wird das nicht.<br />
Sie sagen, die Situation in Europa sei<br />
weniger besorgniserregend – in Bezug<br />
auf den Missbrauch von Opioiden, in<br />
Bezug auf die «Todesfälle der Verzweiflung»<br />
insgesamt; und doch: Wir<br />
erleben auch auf unserem Kontinent<br />
eine wachsende Ungleichheit, ebenso<br />
wie im Vereinigten Königreich. Glauben<br />
Sie, dass wir uns in Richtung der<br />
USA entwickeln?<br />
Die ganze Welt befindet sich – völlig<br />
ohne Zweifel – in einer prekären Lage.<br />
Ich vermag die Zukunft nicht vorherzusagen,<br />
aber auch wenn wir im Bereich<br />
des Substanzenmissbrauchs vielleicht<br />
keine allzu starken Parallelen ziehen<br />
können, gibt es sie in anderen Bereichen:<br />
Sowohl in den USA als auch in<br />
Europa ist die Öffentlichkeit weitgehend<br />
desillusioniert, was die etablierte<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
28<br />
«Einige Politiker:innen stellen sich in den<br />
Dienst genau jener Arzneimittelfirmen, die<br />
ihre Wähler:innen krank machen.»<br />
man sich gut überlegen muss, wie man<br />
das korrekt anstellt. Und was das<br />
innen- und aussenpolitisch für Konsequenzen<br />
hat.<br />
politische Kultur angeht – und damit<br />
empfänglich für Populismus. Das<br />
wiederum wirkt sich nicht nur auf die<br />
Innenpolitik, sondern auch auf die<br />
internationalen Beziehungen aus. Was<br />
oft übersehen wird, sind die Folgen<br />
nationaler Spaltung für die Bewältigung<br />
internationaler Herausforderungen.<br />
Für ein Land, das mit seinen<br />
eigenen, internen Konflikten zu kämpfen<br />
hat, ist es schwierig, anderen<br />
Ländern in Not effektiv zu helfen. Die<br />
USA beispielsweise verfolgten früher<br />
einen einheitlicheren Ansatz in der<br />
Aussenpolitik, aber jetzt beeinflussen<br />
innenpolitische Zerwürfnisse ihre<br />
Position – das sehen Sie etwa bei der<br />
Debatte um die Unterstützung der<br />
Ukraine. Fände ein Regierungswechsel<br />
statt, könnte die Militärhilfe für die<br />
Ukraine enden und das Blatt sich<br />
zugunsten Russlands wenden, was<br />
wiederum gravierende Folgen für die<br />
Sicherheitslage in Europa hätte.<br />
Aussenpolitik – vor allem Entwicklungshilfe<br />
im Kontext globaler Lebensqualität<br />
– ist ein weiteres, wichtiges<br />
Thema Ihrer Forschung. Während Sie<br />
gerade gesagt haben, dass die USA<br />
eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung<br />
der globalen Stabilität<br />
spielen, sind Sie dennoch für Ihre<br />
Skepsis gegenüber finanzieller Entwicklungshilfe<br />
bekannt.<br />
Da haben Sie recht. In einem weiteren<br />
Buch von mir – «The Great Escape» aus<br />
dem Jahr 2013 – äussere ich mich<br />
skeptisch über die intendierte Wirkung<br />
von Entwicklungshilfe. Ich stelle die<br />
These auf, dass sie zwar oft als benevolent<br />
im Allgemeinen und potenzielle<br />
Lösung für Migrationsprobleme im<br />
Speziellen angesehen wird – à la:<br />
Wenn es den Menschen in ihrer<br />
Heimat gut geht, bleiben sie dort -,<br />
dass sie aber auch negative Auswirkungen<br />
haben kann. In manchen Fällen<br />
kann Entwicklungshilfe in den Ländern,<br />
die sie erhalten, die demokratischen<br />
Strukturen schwächen. Damit verschärft<br />
sie die Probleme, die sie<br />
eigentlich lösen soll, noch weiter.<br />
Ausserdem lassen sich mit einer Politik,<br />
die Entwicklungshilfe priorisiert, kaum<br />
Wahlen gewinnen: Die Menschen<br />
beobachten, wie ihre Arbeitsplätze ins<br />
Ausland verlagert werden, etwa nach<br />
China, Vietnam und Mexiko, und dann<br />
bekommen sie mit, wie ihre Steuergelder<br />
als Unterstützung in ebenjene<br />
Länder fliessen. Das kann zu erheblichen<br />
Ressentiments und gesellschaftlichem<br />
Dissens führen. Ich sage nicht,<br />
dass man Ländern oder Menschen in<br />
Not nicht helfen soll; ich sage nur, dass<br />
«Die USA<br />
müssen an der<br />
Staatsverschuldung<br />
arbeiten. Wobei …<br />
wer muss das heute<br />
nicht?»<br />
Ihr ganz neues Buch, das diesen<br />
Oktober erschienen ist, trägt einen<br />
bemerkenswerten Titel: Es heisst<br />
«Economics in America: An Immigrant<br />
Economist Explores the Land of<br />
Inequality». Nach mehr als vier Jahrzehnten<br />
in den USA und nachdem Sie<br />
die amerikanische Staatsbürgerschaft<br />
angenommen haben, betonen Sie<br />
immer noch, dass Sie ein Einwanderer<br />
sind. Warum?<br />
Einwanderer sehen sich oft einer recht<br />
merkwürdigen … Mélange von Kulturen<br />
ausgesetzt, das war und ist bei mir<br />
nicht anders. Wir haben unsere Unterhaltung<br />
mit meiner Zeit in Cambridge<br />
begonnen, aber Sie wissen vielleicht,<br />
dass ich in Schottland geboren wurde.<br />
Das war immer ein wichtiger Bestandteil<br />
meiner Identität. Darum habe ich<br />
die britische Staatsbürgerschaft behalten<br />
– und weil ich die Chance nicht<br />
verpassen wollte, zum Ritter geschlagen<br />
zu werden. (lacht) Spass beiseite:<br />
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29<br />
Ja, ich habe gezögert, Amerikaner zu<br />
werden. Aber spätestens als meine<br />
Enkelkinder hier geboren wurden,<br />
fielen mir langsam keine Ausreden<br />
mehr ein. Und ich hatte keine Lust<br />
mehr, mit mürrischen Zollbeamten<br />
irgendwelche Fragebögen durchzugehen.<br />
(lacht) Oh, und, natürlich: Ich<br />
wollte wählen! Das ist etwas, das ich<br />
auch in meinem Buch betone: Politiker:innen<br />
neigen dazu, sich auf diejenigen<br />
zu konzentrieren, die wählen<br />
dürfen, und ignorieren Menschen, die<br />
dieses Recht nicht haben. Ich wollte<br />
irgendwann nicht mehr zur zweiten<br />
Gruppe gehören.<br />
Ich habe gelesen, der Arbeitstitel Ihres<br />
Buchs sei ein anderer gewesen …<br />
Ja, er lautete «Shock and<br />
Awe», was meine gemischten<br />
Gefühle gegenüber<br />
den USA ziemlich<br />
genau auf den Punkt<br />
bringt. Schock und<br />
Bewunderung – denn ich<br />
habe die amerikanischen<br />
Errungenschaften, vor<br />
allem in der Wirtschaft,<br />
immer bewundert, aber<br />
ich war auch schockiert<br />
über einiges, das ich<br />
erlebte, nachdem ich hier heimisch<br />
geworden war. Die treffendste Kurzbeschreibung<br />
für «Economics in America»<br />
wäre wohl, dass das Werk diesen<br />
Zwiespalt zu ergründen versucht.<br />
Gibt es eine Reihe politischer Massnahmen,<br />
mit deren Implementierung<br />
sich die Situation in den USA Ihrer<br />
Meinung nach verbessern liesse?<br />
Ich glaube, ein entscheidender Faktor<br />
wäre die Wiederbelebung der Gewerkschaftsbewegung.<br />
Der Niedergang<br />
der Gewerkschaften in der<br />
Privatwirtschaft hat die Macht und den<br />
Einfluss der arbeitenden Menschen<br />
erheblich geschwächt. Die Gewerkschaften<br />
waren massgeblich an der<br />
Durchsetzung höherer Löhne, der<br />
Förderung von Gesundheit und<br />
Sicherheit am Arbeitsplatz und der<br />
Kanalisierung von politischem Einfluss<br />
beteiligt. Heute jedoch überwiegt die<br />
«Als<br />
Immigrant<br />
schwanke ich<br />
zwischen Bewunderung<br />
und<br />
Schock über die<br />
Entwicklungen<br />
in Amerika.»<br />
Macht der Unternehmen, wie Sie etwa<br />
am Beispiel von Google sehen, bei<br />
Weitem die Macht der Gewerkschaften.<br />
Auch das Gesundheitssystem<br />
in den USA müsste dringend<br />
reformiert werden: Die Schweiz<br />
gibt etwa <strong>12</strong> Prozent ihres BIP<br />
für die Gesundheitsversorgung<br />
aus, aber Ihre Bevölkerung<br />
hat eine höhere Lebenserwartung<br />
als die Menschen<br />
hier bei uns, wo stolze<br />
18 Prozent des BIP ins<br />
Gesundheitswesen fliessen.<br />
Wir erzielen schlechtere<br />
Resultate bei wesentlich<br />
höheren Kosten, das darf so<br />
nicht weitergehen. Und: Die<br />
USA müssen an der Staatsverschuldung<br />
arbeiten.<br />
Wobei …<br />
wer muss<br />
das heutzutage<br />
nicht?<br />
In Interviews fordern Sie<br />
immer wieder, dass die<br />
Ökonomie als Wissenschaft<br />
zu einer Beschäftigung<br />
mit «realen Problemen»<br />
zurückkehren<br />
müsse. Wann hat sie diese Probleme<br />
denn «aus den Augen verloren» – und<br />
wie findet sie zurück auf den «richtigen<br />
Weg»?<br />
Das ist ein umfangreiches Thema, und<br />
obwohl ich Ihnen dazu ein paar Sätze<br />
sagen kann, gibt es deutlich bessere<br />
Wissenschaftshistoriker:innen als mich.<br />
Das nur vorab, als Warnung. (lacht)<br />
Wissen Sie, früher – das können Sie<br />
etwa bei Adam Smith nachlesen –<br />
wollte die Wirtschaftswissenschaft<br />
immer einen umfassenden Blick auf<br />
die Komponenten menschlichen<br />
Wohlergehens werfen. Eine der<br />
besten Definitionen dazu stammt von<br />
Keynes, der die Auffassung vertrat,<br />
dass die Wirtschaftswissenschaft drei<br />
Elemente in Einklang bringen müsse:<br />
Effizienz, soziale Gerechtigkeit und<br />
individuelle Freiheit. Leider sind diese<br />
Aspekte in letzter Zeit in ein Ungleichgewicht<br />
geraten, auch in der Forschung.<br />
Die Chicagoer Schule beispielsweise<br />
hat soziale Gerechtigkeit<br />
weitgehend ausser Acht gelassen und<br />
individuelle Freiheit mit Markteffizienz<br />
gleichgesetzt. Ich plädiere dafür,<br />
Keynes’ Modell und dessen Bedeutung<br />
für die Gegenwart neu zu evaluieren.<br />
Haben Sie das Gefühl, dass junge<br />
Wirtschaftswissenschaftler:innen, die<br />
heute an internationalen Universitäten<br />
arbeiten, durch das akademische<br />
System ermutigt werden, eigene<br />
Theorien zu verfolgen – oder werden<br />
sie dazu erzogen, primär «Lehrer:innen»<br />
zu sein?<br />
Wenn ich diese Frage höre, dann<br />
empfinde ich gemischte Gefühle.<br />
Positiv ist, dass das Feld der Wirtschaftswissenschaft<br />
unglaublich weit<br />
und sehr offen ist, gerade hier in den<br />
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30<br />
USA. Im Gegensatz zu anderen<br />
Ländern oder Fachrichtungen<br />
können in den USA aussergewöhnlich<br />
begabte junge Menschen<br />
bereits mit Ende zwanzig<br />
oder Anfang dreissig Professor:innen<br />
werden. Das ist<br />
anderswo unüblich – da muss<br />
man mindestens fünfzig Jahre<br />
alt sein, um eine leitende<br />
Position zu erlangen. Als ich<br />
damals in Cambridge zu studieren<br />
begann, war eine Führungsposition<br />
sogar – für gewöhnlich<br />
– der letzte Job kurz vor der<br />
Pensionierung. (lacht) Bei all der<br />
Offenheit der Disziplin gibt es<br />
dennoch Dinge, die mir Sorgen<br />
machen:allzu elitäre Graduiertenprogramme<br />
etwa … oder<br />
der Einfluss einiger weniger<br />
US-amerikanischer Fachzeitschriften<br />
auf den globalen<br />
Diskurs. Beides leistet einer<br />
Homogenisierung des Dialogs<br />
Vorschub. Freilich: Wenn ich mir<br />
meine jungen Kolleg:innen in<br />
Princeton anschaue, bin ich<br />
beeindruckt. Sie sind kreativ, sie<br />
sind mutig – und sie räumen mit<br />
Dogmata der Vergangenheit auf.<br />
Dieser Optimismus bezüglich Ihrer<br />
Kolleg:innen und Ihrer Disziplin ist<br />
ermutigend. Sind Sie auch optimistisch,<br />
was die Zukunft der USA – oder<br />
noch breiter gefragt, der Welt – angeht?<br />
Das hängt davon ab, mit welchem Fuss<br />
ich morgens aufstehe. (lacht) Es gibt<br />
Tage, an denen ich ziemlich pessimistisch<br />
bin, und andere, an denen ich<br />
mich optimistisch fühle. Tony Atkinson,<br />
eines meiner grossen intellektuellen<br />
Vorbilder, sprach mich einmal auf mein<br />
Buch «The Great Escape» an – und<br />
meinte: «Es gibt auch einen Film, der<br />
so heisst, und da erleiden die meisten<br />
Protagonisten ein furchtbares Ende.»<br />
Tony fragte mich, ob ich ein ähnliches<br />
Schicksal für die Menschheit voraussehe<br />
oder warum ich das Buch sonst<br />
so betitelt hätte. Und tatsächlich: Im<br />
Nachwort des Werks habe ich ein<br />
wenig darüber reflektiert, ob künftige<br />
«War die Zeit<br />
von 1750 bis<br />
2000 ein<br />
Moment der<br />
Erleuchtung<br />
in einer ansonsten<br />
düsteren<br />
Geschichte?»<br />
Zur Person<br />
Sir Angus Stewart<br />
Deaton ist ein<br />
britisch-US-amerikanischer<br />
Ökonom. Er<br />
ist Professor für<br />
Wirtschaftswissenschaften<br />
an der<br />
Princeton University<br />
und erhielt 2015 den<br />
Alfred-Nobel-Gedächtnispreis<br />
für<br />
Wirtschaftswissenschaften<br />
«für seine<br />
Analyse von Konsum,<br />
Armut und Wohlfahrt».<br />
Sein neues<br />
Buch trägt den Titel<br />
«Economics in<br />
America: An Immigrant<br />
Economist<br />
Explores the Land of<br />
Inequality» und ist im<br />
Oktober erschienen.<br />
Generationen die Zeit von 1750 bis<br />
2000 als einen flüchtigen Moment der<br />
Erleuchtung in einer ansonsten düsteren<br />
Geschichte unserer Spezies betrachten<br />
würden. Aber … eigentlich<br />
glaube ich das nicht. Ich war immer<br />
überzeugt, dass wir uns – selbst wenn<br />
wir mit Katastrophen konfrontiert<br />
sind – auf unser Wissen und unsere<br />
Fähigkeit zur Innovation verlassen<br />
können. Jetzt, da «The Great Escape»<br />
in einer Klassikerausgabe noch einmal<br />
aufgelegt wird, habe ich ein neues<br />
Vorwort geschrieben, in dem ich etwas<br />
Ähnliches sage. Ich bleibe insgesamt<br />
optimistisch – aber: vorsichtig optimistisch.<br />
Die Welt ist instabiler geworden,<br />
niemand ist vor Problemen gefeit.<br />
Autokraten in Russland oder China<br />
gefährden die internationale Kooperation.<br />
Das alles ist enorm komplex.<br />
Dann wiederum: Im 20. Jahrhundert<br />
gab es auch Kriege, Krisen und wirtschaftliche<br />
Verwerfungen – und wir<br />
sind immer noch hier, oder?<br />
Bild: Nobel Media AB, A. Mahmoud.<br />
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32<br />
ESSAY<br />
Warum<br />
Wirtschaft<br />
dienen<br />
muss<br />
Der Ethik- und Kommunikationsexperte Dr. Stephan Feldhaus plädiert<br />
dafür, die Wirtschaft nicht als eigenständige Entität misszuverstehen.<br />
Vielmehr sei sie ein Vehikel, das dem Wohlbefinden der Menschen<br />
dienen müsse. Gerade Führungskräfte stünden hier in der Pflicht.<br />
Von Dr. Stephan Feldhaus<br />
Illustration Silvan Borer<br />
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U<br />
nternehmensethik beschäftigt<br />
sich als Teil der Wirtschaftsethik<br />
mit der Frage der Verantwortung<br />
von Unternehmen<br />
für die Individuen, die Gesellschaften<br />
und die Umwelt. Es geht immer zugleich<br />
um individuelle, soziale und ökologische<br />
Verantwortung. Peter Ulrich hat in diesem<br />
Zusammenhang in seinen wirtschaftsethischen<br />
Entwürfen den Begriff der<br />
«lebensdienlichen Ökonomie» geprägt.<br />
Das ökonomische Handeln des Menschen<br />
hat keinen Selbstzweck und folgt<br />
keinen inhärenten Gesetzmässigkeiten,<br />
sondern dient immer der Erfüllung von<br />
Zielen, die Einzelne oder Gruppen für<br />
sich selbst oder andere setzen.<br />
Dazu passt es, wie wir gemeinhin Wirtschaft<br />
definieren. Im ursprünglichen Sinn<br />
beschreibt der Begriff Wirtschaft nämlich<br />
alle personellen und materiellen Aufwendungen<br />
und Erträge, die dazu dienen,<br />
den Unterhalt des Menschen zu<br />
sichern – zum Beispiel mittels Jagd,<br />
Ackerbau oder Handel und Gewerbe.<br />
Im modernen Sinne ist Wirtschaft oder<br />
Ökonomie die Gesamtheit aller Einrichtungen<br />
und Handlungen, die der planvollen<br />
Deckung der Nachfrage, also der<br />
Befriedigung der Bedürfnisse aller einzelnen<br />
Menschen dienen. Zu den wirtschaftlichen<br />
Einrichtungen gehören<br />
Unternehmen sowie private und öffentliche<br />
Haushalte. Zu den Handlungen des<br />
Wirtschaftens zählen alle menschlichen<br />
Aktivitäten, die mit dem Ziel einer bestmöglichen<br />
Bedürfnisbefriedigung planmässig<br />
und effizient über knappe Ressourcen<br />
entscheiden. Die Notwendigkeit<br />
«Man kann heute leicht den Eindruck<br />
gewinnen, ‹die› Wirtschaft existiere<br />
als eigenständige Grösse mit<br />
eigenen Erwartungen.»<br />
«Wäre es also nicht völlig legitim, zu sagen:<br />
‹Eine Wirtschaft, die nicht dient,<br />
dient zu nichts!›?»<br />
zum Wirtschaften ergibt sich aus der<br />
Knappheit der Güter einerseits und der<br />
Unbegrenztheit der menschlichen Bedürfnisse<br />
andererseits.<br />
Im ganz ursprünglichen wie im modernen<br />
Sinn hat also alles wirtschaftliche<br />
Handeln letztlich einen «dienenden»<br />
Charakter. Menschen setzen ökonomische<br />
Prozesse ein, um selbst gesetzte<br />
Ziele zu erreichen. Wäre es nicht also<br />
völlig legitim, zu sagen: «Eine Wirtschaft,<br />
die nicht dient, dient zu nichts!»?<br />
Doch an eine dienende Funktion der<br />
Wirtschaft denkt heute wohl niemand,<br />
wenn wir im allgemeinen Sprachgebrauch<br />
von «der» Wirtschaft reden. «Die<br />
Steuerreform schadet der Wirtschaft»,<br />
«Die Wirtschaft benötigt einen flexiblen<br />
Arbeitsmarkt» oder «KI – richtig eingesetzt<br />
– stärkt die Wirtschaft»: Man kann<br />
heute leicht den Eindruck gewinnen,<br />
«die» Wirtschaft existiere als eigenständige<br />
Grösse mit eigenen Erwartungen<br />
und Bedürfnissen; und mehr noch, die<br />
Menschen seien für die Wirtschaft da<br />
und nicht umgekehrt. Wir reden von<br />
«der» Wirtschaft, als hätten die Menschen<br />
die Bedürfnisse der Wirtschaft zu erfüllen,<br />
ihr zu «dienen».<br />
Das «magische Dreieck»<br />
In den Debatten über Nachhaltigkeit<br />
sprechen wir gar von einem «magischen<br />
Dreieck» und setzen – neben «Gesellschaft»<br />
und «Umwelt» – «die Wirtschaft»<br />
als eigenständige Zielgrösse. Völlig<br />
gleichberechtigt treten neben soziale<br />
und ökologische Ziele und Erfordernisse<br />
rein ökonomische Ziele und Erfordernisse.<br />
Damit suggerieren wir, dass es<br />
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vom Menschen unabhängige, in sich<br />
gegebene Gesetzmässigkeiten gebe,<br />
die es mit den Erfordernissen der Gesellschaft<br />
und den Bedingungen der<br />
Umwelt auszutarieren gelte.<br />
Wenn wir aber «die» Wirtschaft als<br />
eigenständige Grösse konstruieren, die<br />
ganz eigenen innewohnenden Zielen<br />
folgt, verlieren wir mehr und mehr aus<br />
den Augen, dass die Wirtschaft mit all<br />
den ökonomischen Prozessen und Gesetzmässigkeiten<br />
lediglich ein Mittel ist,<br />
mit dem wir die von uns selbst gesetzten<br />
Ziele zu erreichen suchen. Und diese<br />
individuellen, gesellschaftlichen oder<br />
unternehmerischen Ziele müssen wir<br />
Menschen als Konsumenten oder Produzenten,<br />
als Private oder als politisch<br />
oder unternehmerisch Verantwortliche<br />
selbst definieren, die Ziele gibt uns «die»<br />
Wirtschaft nicht vor.<br />
Zielvorgaben sind menschlich<br />
Ob und wie stark beispielsweise der Umsatz<br />
eines Unternehmens steigen soll<br />
und der zu erzielende Gewinn prozentual<br />
noch stärker steigen soll, sind Ziele, die<br />
die Personen, die in einem Unternehmen<br />
Führungsverantwortung tragen, definieren<br />
und festsetzen. Für diese Ziele mag<br />
es plausible Gründe geben und es mag<br />
Menschen geben, die diese Gründe bezweifeln<br />
und andere Ziele für angemessener<br />
erachten. In der Regel folgt die<br />
Zielfestsetzung einem unternehmensinternen<br />
Diskussions- und Abwägungsprozess.<br />
Es gibt keine «Wirtschaft», die<br />
als externe übergeordnete Instanz ein<br />
solches Ziel fordert oder bestimmt.<br />
Es geht hier nicht um eine grundsätzliche<br />
Wachstumskritik. Aber es geht darum,<br />
zu verstehen, dass jede Verselbständigung<br />
von scheinbar ehernen<br />
wirtschaftlichen Gesetzen genau die aus<br />
dem Blick verlieren, um die es eigentlich<br />
geht: um die Menschen, und zwar um<br />
die Menschen, die die einzelnen Ziele<br />
festsetzen, und die Menschen, die von<br />
diesen Zielen betroffen sind. Die Ziele,<br />
auch die Wachstumsziele, die man mittels<br />
wirtschaftlicher Prozesse erreichen<br />
will, müssen so gesetzt sein, dass sie den<br />
Menschen dienen.<br />
«Es geht hier nicht um<br />
eine grundsätzliche<br />
Wachstumskritik. Es geht<br />
darum, die Menschen<br />
nicht aus dem Blick zu<br />
verlieren.»<br />
Zum Autor<br />
Dr. Stephan Feldhaus<br />
ist ein national wie<br />
international renommierter<br />
Kommunikationsexperte<br />
und<br />
Ethiker. Er war bis<br />
2019 Leiter Group<br />
Communications und<br />
Mitglied der erweiterten<br />
Konzernleitung<br />
der F. Hoffmann-La<br />
Roche AG und führt<br />
seither die von ihm<br />
gegründete Beratungsfirma<br />
Feldhaus&Partner<br />
in<br />
Basel. Daneben ist<br />
er – unter anderem –<br />
Präsident des<br />
Verwaltungsrats der<br />
Viollier AG sowie<br />
Kommissionspräsident<br />
des Antikenmuseums<br />
Basel und der<br />
Sammlung Ludwig.<br />
Der promovierte<br />
Theologe engagiert<br />
sich ausserdem als<br />
Diakon der Christkatholischen<br />
Kirche der<br />
Schweiz.<br />
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36<br />
«Wenn Einzelinteressen die Oberhand<br />
gewinnen, individualisieren wir die Gewinne<br />
und sozialisieren die Verluste.»<br />
Ich halte es für ein grosses Problem, dass<br />
wir das Definieren und Festsetzen von<br />
wirtschaftlichen Zielen im unternehmerischen<br />
wie im gesamtwirtschaftlichen<br />
Kontext immer mehr ganz wenigen Einzelnen<br />
überlassen. Wenn wir uns aber<br />
als Einzelne und als Gesellschaft immer<br />
weiter von dieser Aufgabe verabschieden,<br />
dürfen wir uns nicht wundern, wenn<br />
das wirtschaftliche Geschehen auch von<br />
Einzel- und Partikularinteressen beherrscht<br />
wird. Dann ist auf einmal die<br />
Wirtschaft nicht mehr zur Befriedigung<br />
der Bedürfnisse der Einzelnen und der<br />
gesellschaftlichen Erfordernisse da, sondern<br />
der Mensch zur Befriedigung der<br />
vermeintlichen Bedürfnisse der Wirtschaft.<br />
Wenn aber Einzelinteressen die<br />
Oberhand gewinnen, individualisieren<br />
wir die Gewinne und sozialisieren die<br />
Verluste.<br />
Wirtschaftsethisch gesehen, kann es<br />
nur darum gehen, dass alle Normen,<br />
Gesetze und Regeln sowie alle von Menschen<br />
geschaffenen Systeme, Organisationen<br />
und Institutionen im Letzten den<br />
einen Hauptzweck haben, nämlich das<br />
Leben des Menschen (als Einzelner sowie<br />
in seinen sozialen und Umweltbezügen)<br />
gelingen zu lassen.<br />
Verantwortung des Leadership<br />
Verantwortung ist gerade in diesem wirtschaftsethischen<br />
Kontext ohne Zweifel<br />
zu einer gesellschaftspolitischen Schlüsselkategorie<br />
unseres gegenwärtigen<br />
Selbstverständnisses geworden. Die<br />
Forderung nach mehr Verantwortung<br />
findet sich ebenso wie die Klage über<br />
den Mangel an derselben in nahezu jeder<br />
Stellungnahme zu den Entwicklungsständen<br />
moderner Zivilisation. Welche<br />
spezielle Verantwortung kommt also in<br />
einem «lebensdienlichen» Verständnis<br />
von Wirtschaft den Personen zu, die in<br />
den wirtschaftlichen Handlungen und<br />
Institutionen eine Führungsaufgabe<br />
übernehmen?<br />
Aus meiner Sicht kommt im wirtschaftlichen<br />
Kontext den Führungspersonen<br />
eine vierfache Verantwortung zu: Zunächst<br />
einmal tragen Führungskräfte eine<br />
übergeordnete ethisch-integrative Verantwortung<br />
für das Gelingen des Ganzen.<br />
Zudem tragen sie, ethisch betrachtet,<br />
eine implementäre, komplementäre<br />
und innovative Verantwortung. Was<br />
meint dies im Einzelnen?<br />
Integrative Verantwortung …<br />
Die integrative Verantwortung von Führungspersonen<br />
meint die Einbeziehung<br />
ethischer Überlegungen in das wirtschaftliche<br />
Handeln von Anfang an. Dies<br />
bedeutet, dass ethische Prinzipien und<br />
Werte in alle Aspekte des Geschäftsbetriebs<br />
integriert werden, einschliesslich<br />
der Strategiesetzung,<br />
der Entscheidungsfindung,<br />
der<br />
Unternehmenskultur,<br />
die ethisches<br />
Verhalten fördert,<br />
der Beziehungen zu<br />
Stakeholdern und<br />
der verantwortungsvollen Geschäftspraktiken.<br />
Es gilt, eine klare Vision und Mission<br />
für den mittel- und langfristigen Erfolg<br />
zu entwickeln, über die Festlegung von<br />
Richtlinien und Standards einen verbindlichen<br />
ethischen Rahmen zu schaffen<br />
sowie Vertrauen und Transparenz mit<br />
allen Stakeholder-Gruppen aufzubauen.<br />
Handlungsleitend sollte die Grundüberzeugung<br />
sein, dass Normativität nicht<br />
die «Kehrseite» der ökonomischen Rationalität<br />
darstellt, sondern deren Fundament,<br />
und dass es keinen grundsätzlichen<br />
Gegensatz zwischen Ökonomie<br />
und Ethik gibt.<br />
Am Beginn einer integrativen Einbeziehung<br />
von ethischen Überlegungen in<br />
das wirtschaftliche Handeln steht die<br />
persönliche Überzeugung der Führungspersonen.<br />
Sie beeinflussen stark den<br />
«Führungspersonen<br />
tragen im wirtschaftlichen<br />
Kontext eine vierfache<br />
Verantwortung.»<br />
Grundcharakter eines Unternehmens<br />
und prägen das Verhalten. Kraft ihrer<br />
Autorität, sei sie nur aus der hierarchischen<br />
Stellung oder auch aus ihrer Persönlichkeit<br />
geboren, prägen die Führungspersonen<br />
mit ihren Einstellungen<br />
und Werten die gesamte Einrichtung.<br />
Wie ist der «Stil» der Führung? Für welche<br />
Aufgaben nimmt sich die Führungsperson<br />
wie viel Zeit? Worüber äussert sie<br />
sich bewundernd oder verächtlich?<br />
Durch nonverbale Kommunikation kann<br />
eine Führungsperson signalisieren, ob<br />
er respektive sie tatsächlich hinter den<br />
Ideen, Zielen und Aufgaben steht. Das<br />
persönliche Vorbild der Führungsperson<br />
ist «kulturbestimmend» und es gibt Erfahrungen,<br />
dass eine «Kulturrevolution»<br />
allein durch den Austausch von Führungspersonen<br />
möglich ist.<br />
Die Wahrnehmung integrativer Verantwortung<br />
setzt dabei freilich ein ganzes<br />
Bündel an Fähigkeiten und Kompetenzen<br />
voraus: Neben exzellenter technischer<br />
Fach- und Beurteilungskompetenz müssen<br />
Führungskräfte<br />
über ein hohes<br />
Mass an emotionaler<br />
Intelligenz und<br />
Sozialkompetenz<br />
verfügen. Dies bedeutet<br />
sowohl die<br />
Fähigkeit zur Persönlichkeitsentwicklung<br />
und Selbstreflexion,<br />
zu ethischer Sensibilität sowie zur<br />
Unterscheidung des lediglich Effizienten<br />
und des tatsächlich Relevanten. Dialogund<br />
Konfliktfähigkeit sowie ein Höchstmass<br />
an Kommunikationskompetenz<br />
runden das Profil ab.<br />
… implementäre Verantwortung …<br />
Führungspersonen haben zudem in Bezug<br />
auf die jeweils geltende Rahmenordnung<br />
eine ethisch-implementäre<br />
Verantwortung wahrzunehmen, das<br />
heisst, sie müssen den durch die Rahmenordnung<br />
gesetzten Regelungen in<br />
ihren einzelnen Handlungen entsprechen.<br />
Hier geht es also um grundsätzliche<br />
Regelkonformität. Illegale Handelsbeziehungen,<br />
Bestechung, Korruption,<br />
Steuerhinterziehung, unlauterer Wettbewerb,<br />
Preisabsprachen, Lohndumping,<br />
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37<br />
soziale und individuelle Ungleichbehandlungen<br />
sowie Umweltvergehen verstossen<br />
nicht nur gegen bestehende<br />
Rahmenordnungen, sondern stellen zugleich<br />
ethische Verfehlungen dar.<br />
… komplementäre Verantwortung …<br />
Über die regelkonforme Befolgung und<br />
Umsetzung der geltenden Rahmenordnungen<br />
hinaus haben Führungspersonen<br />
eine ergänzende ethisch-komplementäre<br />
Verantwortung wahrzunehmen, d.h. sie<br />
müssen von sich aus das aktiv und selbstständig<br />
an ethischen Erfordernissen einbringen,<br />
was auf der Linie der Rahmenordnung<br />
liegt, aber von ihr selbst nicht<br />
zureichend allgemeinverbindlich definiert<br />
und geregelt werden kann. Hier<br />
geht es um eine beständige Verbesserung<br />
der bestehenden Rahmenordnungen<br />
und/oder um unternehmens- oder<br />
branchenspezifische Ergänzungen. Dies<br />
kann durch kodifizierte Branchenvereinbarungen<br />
als ethisch qualifizierte kollektive<br />
Selbstbindung von Unternehmen<br />
ebenso geleistet werden wie durch individuelle<br />
ethische Selbstbindung von<br />
Unternehmen in der Form der Fixierung<br />
von unternehmensethischen Grundsätzen,<br />
von Verhaltenskodizes oder Firmenleitlinien.<br />
In diesem Zusammenhang<br />
sollten sich Führungspersonen insbesondere<br />
im Konfliktfall der öffentlichen<br />
Diskussion mit ihren Stakeholder-Gruppen<br />
stellen.<br />
… und innovative Verantwortung<br />
Nochmals darüber hinaus haben Führungspersonen<br />
eine ethisch-innovative<br />
Verantwortung wahrzunehmen, sprich,<br />
sie können sich über das Befolgen sowie<br />
Verbessern und Ergänzen der Rahmenordnungen,<br />
Regelungen und Vereinbarungen<br />
hinaus in ihrem wirtschaftlichen<br />
Handeln und Entscheiden von ethischen<br />
Prinzipien leiten lassen, die nicht oder<br />
noch nicht für alle wirtschaftlichen Akteure<br />
gleichermassen, beispielsweise<br />
«Ethisches<br />
Verhalten zahlt sich<br />
auch ökonomisch<br />
mittel- und langfristig<br />
aus.»<br />
über Rahmenordnungen oder Branchenverpflichtungen,<br />
geltend gemacht wurden,<br />
sei es in der Produktpolitik, sei es<br />
in der Personalpolitik oder sei es selbst<br />
in konkreten und keineswegs immer erfolglosen<br />
Anmahnungen ordnungspolitischer<br />
Korrekturen.<br />
Damit kann eine ganze Palette an Einzelmassnahmen<br />
gemeint sein: Umweltschonende<br />
Produktionsverfahren oder<br />
die Reduzierung von Abfall und Emissionen<br />
beispielsweise oder Produkte und<br />
Dienstleistungen, die ökologisch verträglicher<br />
sind, die den sozialen Ausgleich<br />
fördern oder einen gerechteren Zugang<br />
zu Gesundheits- und Bildungsleistungen<br />
bewirken, werden ja nicht in Umweltbzw.<br />
Sozialbehörden entwickelt, sondern<br />
in unternehmerischem Auftrag in Betrieben<br />
und Unternehmen. Auch die<br />
innerbetriebliche Organisation, die von<br />
flexiblen Arbeitszeiten und -orten über<br />
die Ermöglichung beruflicher Weiterbildung<br />
und Qualifizierung für die Mitarbeitenden<br />
bis hin zur Errichtung von<br />
Betriebskindergärten reicht, ist eine<br />
eigenständige Aufgabe und Leistung<br />
der einzelnen Unternehmen und ihrer<br />
Leitungsverantwortlichen.<br />
Die ethische Verantwortung von Führungspersonen<br />
im Kontext einer «lebensdienlichen»<br />
Wirtschaft ist hoch. Aber der<br />
Einsatz lohnt sich: Ethisches Verhalten<br />
zahlt sich auch ökonomisch mittel- und<br />
langfristig aus. Nur kurzfristig kann die<br />
Person, die im sogenannten Gefangenendilemma<br />
ausweicht und sich nicht an<br />
die vereinbarten und für alle geltenden<br />
Regeln hält, für sich den Nutzen maximieren.<br />
Mittel- und langfristig kann man<br />
Nutzen nur durch ethisch verantwortbares<br />
Handeln optimieren.<br />
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Mobility-Carsharing<br />
ist «Master of Swiss<br />
Apps <strong>2023</strong>». Die<br />
Mobility-Genossenschaft<br />
gab das Projekt<br />
in Auftrag, die Adnovum<br />
AG setzte das<br />
Projekt um. Das<br />
Master-Projekt punktete<br />
nicht nur bei der<br />
53-köpfigen Jury,<br />
sondern auch bei den<br />
Leserinnen und<br />
Lesern des Netztickers<br />
und dem<br />
Publikum der Award<br />
Night von «Best of<br />
Swiss Apps» im<br />
Spätherbst.<br />
M A R K E DES MONATS BY STEFA N VO GLER<br />
Bilder: unsplash.com, Valentin Kremer / zVg. Mobility Carsharing.<br />
Communication<br />
works<br />
for those who<br />
work at it.<br />
John Powell<br />
Komponist<br />
Stöckli: Swiss Marketing Champion<br />
H<br />
albwegs vernünftige Skifans kaufen keine Ski ohne Testfahrt.<br />
Stöckli – in den USA gilt die Premiummarke sogar als begehrtes<br />
Luxusprodukt – beherzigt das seit Jahren. Die beliebten Testtage<br />
sind einer der wichtigsten Touchpoints. Ich hingegen verzichtete<br />
darauf und entschied mich aus purem Vertrauen in die Marke. Schon die<br />
ersten Kurven bestätigten mein positives Vorurteil. Seither bin ich überzeugt,<br />
dass Stöckli in der eindrücklichen Manufaktur zu Malters die drehfreudigsten<br />
und schnellsten Ski auf Erden baut. Markenbotschafter «Odi<br />
National» lässt grüssen. Die beliebte Marke macht als sympathischer David<br />
unter den Goliaths der Skibranche mit CEO Marc Gläser und CMO Christian<br />
Gut seit Jahren alles richtig gut. Stöckli ist beliebt, ja begehrt und besitzt<br />
immense Strahlkraft mit Swissness pur. Auch in diesem Winter wird Stöckli<br />
(m)ein unverzichtbarer Lovebrand. PS: Ehre, wem Ehre gebührt: Stöckli ist<br />
nicht nur World Champion auf der Piste, sondern<br />
seit der kürzlichen GfM-Award-Verleihung auch<br />
Swiss Marketing Champion.<br />
> Stefan Vogler ist strategischer Berater für<br />
Branding, Marketing & Kommunikation, Dozent<br />
und Studiengangsleiter an der HWZ – Hochschule<br />
für Wirtschaft Zürich und als Verwaltungsrat<br />
tätig. Mehr: markenexperte.ch<br />
TRACKING<br />
Diesen Marken<br />
vertraut die<br />
Schweiz<br />
Eine der wichtigsten<br />
Imagedimensionen<br />
einer Marke ist das<br />
Vertrauen in sie. Doch<br />
Vertrauen ist eine der<br />
härtesten Währungen<br />
der Welt, für deren<br />
Aufbau es ein heutzutage<br />
seltenes und oft<br />
stiefmütterlich behandeltes<br />
Gut benötigt:<br />
Zeit. Welchen Marken<br />
vertraut die Schweizer<br />
Bevölkerung derzeit<br />
am stärksten? Aufklärung<br />
gibt‘s hier:<br />
> t.ly/-U_Hx.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
40<br />
ESSAY<br />
«They don’t<br />
give a shit»<br />
Weil Menschen sich eigentlich nicht für Marken interessierten,<br />
sollten alle Kommunikations-Profis Haftnotizen auf ihren<br />
Schreibtischen anbringen; darauf ein prägnanter Satz: «Consumers<br />
don’t give a shit.» Das sagte einst die wunderbare Sarah Carter – und<br />
implizierte damit auch, wie man Werbung wirksam macht.<br />
Von Parvez Sheik Fareed<br />
Bild: unsplash.com / Annie PM.<br />
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41<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
42<br />
D<br />
ie Werberin Sarah Carter sagte<br />
einst, dass die Gleichgültigkeit<br />
der Menschen gegenüber<br />
Marken und Werbung der<br />
Ausgangspunkt aller kommunikativen<br />
Massnahmen sein sollte – und deshalb<br />
auf Schreibtischen in unserer Branche<br />
Haftnotizen kleben müssten, die selbiges<br />
auf den Punkt bringen: «Consumers don’t<br />
give a shit.» Erfrischend an dieser Aussage<br />
ist, dass sie die Realität rund um<br />
Werbung und Marken auf den Punkt<br />
bringt.<br />
Das Allerwichtigste bei einer Werbung<br />
ist, dass sie überhaupt auffällt. Fällt<br />
eine Werbung nicht auf, ist alles andere<br />
nebensächlich. Denn es besteht schlichtweg<br />
keine Chance, dass die beworbene<br />
Marke in Erinnerung bleibt und in allfälligen<br />
späteren Kaufsituationen als<br />
Option in Betracht gezogen werden<br />
kann.<br />
Diese Funktion der Werbung, das<br />
«Auffallen» an sich, ist der ursprünglichste<br />
Zweck von Werbung. Der englische<br />
Begriff für Werbung lautet bekanntermassen<br />
«Advertising». Der Begriff hat<br />
seinen Ursprung im lateinischen Verb<br />
«advertere», zu Deutsch «hinwenden,<br />
richten auf etwas». Werbung richtet die<br />
Aufmerksamkeit auf etwas respektive<br />
wendet die Aufmerksamkeit auf etwas<br />
hin. Während die Funktion der Werbung<br />
im englischen Begriff Advertising beschrieben<br />
wird, beschreibt der deutsche<br />
Begriff Werbung die Tätigkeit des Werbens<br />
an sich ohne Funktionserfordernis.<br />
Was fällt auf – und was nicht?<br />
Die Frage ist nun, welche Kriterien das<br />
Auffallen ausmachen. Hierbei gibt es<br />
zwei Kriterien: das Auffallen aufgrund<br />
des Inhalts der Werbung, also die Kommunikation<br />
per se. Und das Auffallen via<br />
Mediapräsenz mit grosser Reichweite,<br />
welche die inhaltliche Kommunikation<br />
transportiert und für Visibilität sorgt.<br />
Wer im Vergleich zu seiner Konkurrenz<br />
ein ordentliches Mediabudget hat, kann<br />
es sich theoretisch erlauben, langweilig<br />
und uninteressant in Erscheinung zu treten.<br />
Die Tatsache der Reichweitenstärke,<br />
welche für Visibilität sorgt, erhöht die<br />
Chance, dass die Werbung auffällt.<br />
Der springende Punkt ist freilich, dass<br />
es sich die wenigsten Unternehmen leisten<br />
können, uninteressant zu sein. Meist<br />
sind es marktführende Unternehmen,<br />
die es sich erlauben können, kommunikativ<br />
mit Öde zu glänzen, da ihre reichweitenstarke<br />
Visibilität das Auffallen absichert.<br />
Wer allerdings nicht Marktführer<br />
ist, hat im Vergleich zu Marktführern<br />
meist ein viel kleineres Mediabudget.<br />
Wer diesen Nachteil wettmachen will,<br />
muss mit der Werbekommunikation<br />
inhaltlich auffallen, um eine grössere<br />
Visibilität zu erzielen.<br />
Rationalität? Eine totale Illusion<br />
«Werbung hat<br />
nicht die Aufgabe,<br />
den Verkauf<br />
per se auszulösen,<br />
das ist komplett<br />
falsch gedacht.»<br />
Über den Autor<br />
Parvez Sheik Fareed ist<br />
britisch-schweizerischer<br />
Werber und Mitgründer der<br />
Werbeagentur PAM Advertising.<br />
Mehr Informationen:<br />
www.callpam.today<br />
Das inhaltliche Auffallen – respektive die<br />
Chance, inhaltlich aufzufallen – hängt<br />
grundsätzlich von zwei Elementen ab:<br />
Unterhaltung und Kontroverse, teils auch<br />
gekoppelt. Beides hat das Potenzial, für<br />
Gesprächsstoff zu sorgen.<br />
«Über die Werbung wurde gesprochen,<br />
Ziel erreicht.» Leserkommentare<br />
dieser Art sind hin und wieder in den<br />
Kommentarspalten zu lesen, wenn eine<br />
Zeitung über eine Werbung berichtet,<br />
die in irgendeiner Form für Gesprächsstoff<br />
sorgte. Solche Kommentare der<br />
Leserschaft zeugen von einem besseren<br />
Verständnis von Werbung als manche<br />
Debatten in der Werbebranche. Dort hat<br />
man sich längst auf irrelevante Nebenschauplätze<br />
über sinnstiftende Markenzwecke<br />
und Weltrettung verabschiedet.<br />
Alles ausser Unterhaltung<br />
Als Werbung um 1900 zu einem grossen<br />
Geschäft wurde, waren Agenturen bestrebt,<br />
ihr Ansehen und ihren Berufsstatus<br />
auf der Stufe von Anwälten und<br />
Ärzten anzusiedeln. In der Konsequenz<br />
distanzierten sich Agenturen immer mehr<br />
vom Element der Unterhaltung in der<br />
Werbung, um gegenüber Auftraggebern<br />
professioneller und wissenschaftlicher<br />
zu wirken. Man sattelte um auf rationale,<br />
sachliche Gründe für Werbebotschaften,<br />
die nötig seien, um Leute zu überzeugen.<br />
Und so verabschiedete man sich von der<br />
Unterhaltung.<br />
Da Marketingabteilungen sich gerne<br />
in realitätsfremden Theorien ergehen<br />
und das Verhalten der Konsumentenschaft<br />
als eine einzige Kausalkette verstehen,<br />
klingt die Vorstellung der rationalen<br />
Überzeugungskommunikation in<br />
Powerpoint-Präsentationen und Meetingräumen<br />
noch heute wunderbar. Jedoch:<br />
In den Wohnräumen von Menschen<br />
haben Eintagsfliegen weit höhere Überlebenschancen<br />
als rationale Werbebotschaften.<br />
Oder wie ist ansonsten die<br />
Tatsache zu erklären, dass munter weiterm&k<br />
<strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
43<br />
gepafft wird, wenn doch hinlänglich bekannt<br />
ist, dass Rauchen nicht nur schädlich,<br />
sondern gar tödlich sein kann?<br />
Werbung wirkt via Publicity<br />
2002 veröffentlichte das australische<br />
Ehrenberg-Bass Institute eine sehr interessante<br />
Publikation mit dem Titel «Brand<br />
Advertising as Creative Publicity». Meines<br />
Erachtens ist das einer der besten Texte,<br />
um eine sachliche Diskussion auf Auftraggeberseite<br />
zu führen, wie Werbung<br />
funktioniert.<br />
Das Ehrenberg-Bass Institute zeigt<br />
darin auf, dass Werbung ihre Wirkung<br />
primär durch Publicity entfaltet, also<br />
durch öffentlichkeitswirksames Auftreten.<br />
Will sagen: Dass eine Marke mit der Werbung<br />
an sich hervorsticht, reicht bereits.<br />
Die Tatsache, «etwas zu kommunizieren»,<br />
ist wichtiger als die Tatsache, «warum<br />
man etwas kommuniziert». Das heisst<br />
nicht, dass rationale Argumente komplett<br />
auszuschliessen wären, aber man sollte<br />
sie wenigstens unterhaltsam und kontrovers<br />
kommunizieren – sonst verpufft<br />
die Wirkung.<br />
Vergissmeinnicht<br />
«The only thing all successful brands<br />
have in common is a kind of fame»,<br />
schrieb der Werber Jeremy Bullmore.<br />
Publicity generiert Fame. Und Fame generiert<br />
Publicity. Ein positiver Teufelskreis.<br />
Fame schafft Vertrauen und stabilisiert<br />
das Erinnerungsvermögen an<br />
Marken. Jeder kennt sehr bekannte oder<br />
berühmte Marken, die man aber nicht<br />
kauft (und eventuell nie kaufen wird), weil<br />
«Fällt<br />
eine Werbung<br />
nicht auf, ist alles<br />
andere nebensächlich.»<br />
kein Bedürfnis für besagtes Produkt oder<br />
besagte Dienstleistung vorhanden ist.<br />
Taucht jedoch eines Tages das Bedürfnis<br />
auf, fallen einem in der Regel<br />
genau jene Marken ein, die in irgendeiner<br />
Form sehr bekannt, berühmt oder<br />
prominent sind. Und nicht jene Marken,<br />
die sich zuoberst auf der Google-Trefferliste<br />
befinden, von denen man aber<br />
vorher noch nie was gehört hat. Werbung,<br />
die Fame für eine Marke generiert,<br />
ist eine vernünftige zukunftsorientierte<br />
Finanzabsicherung. Denn sie sorgt dafür,<br />
dass Marken nicht in Vergessenheit geraten.<br />
Zum Zeitpunkt einer Werbeschaltung<br />
befinden sich Menschen selten in<br />
einer unmittelbaren Kaufsituation. Es sei<br />
denn, man schlendert gerade durch<br />
einen Laden («Hackfleisch 40 Prozent<br />
reduziert!») oder klickt sich durch einen<br />
Onlineshop («Zu diesen Schuhen passen<br />
auch diese Hosen!»). Werbung hat nicht<br />
die Aufgabe, den Verkauf per se auszulösen,<br />
das ist komplett falsch gedacht.<br />
Werbung hat die Aufgabe, den Verkauf<br />
zu unterstützen. Diese verkaufsfördernde<br />
Unterstützung beginnt lange vor einem<br />
unmittelbaren Verkauf mit öffentlichen<br />
Auftritten, die es ins Erinnerungsvermögen<br />
von Menschen<br />
schaffen. Werbung kann dies<br />
bewerkstelligen, indem sie sich<br />
auf Unterhaltung und Kontroverse<br />
in der Kommunikation<br />
besinnt. Denn am Ende des<br />
Tages bringen Fame und Publicity<br />
im Kontext von Werbung<br />
einer Marke nur Vorteile.<br />
Bilder: PAM Advertising.<br />
Werbebeispiele von PAM<br />
Advertising: Unterhaltsame<br />
Kommunikation, die in<br />
Erinnerung bleibt.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
Wir lassen<br />
Marken durchstarten.
KOLUMNE<br />
45<br />
Mit Vorsicht<br />
zu geniessen<br />
Rabattaktionen wie der «Black<br />
Friday» locken Konsument:innen –<br />
können Menschen aber auch<br />
ziemlich aggressiv machen, wie<br />
eine Studie zeigt.<br />
Illustration: Silvan Borer.<br />
D<br />
er kürzliche «Black Friday» hat manchen<br />
von uns Hochgefühle beschert:<br />
Neue Elektronikprodukte, Haushaltsgeräte<br />
et cetera fanden zu «unschlagbaren»<br />
Preisen den Weg in<br />
unsere Haushalte. Stolz erzählt man im Freundeskreis,<br />
was man «geschossen» hat, sprich welches<br />
Produkt man zu einem sehr günstigen Preis erwerben<br />
konnte. Der «Black Friday» baut hier auf<br />
einer Knappheit der Güter auf, denn diese Sonderangebote<br />
gibt es nur in begrenzten Mengen<br />
zu einem eingegrenzten Zeitpunkt.<br />
Knappheit wird hier als eine Marketingtaktik<br />
eingesetzt und löst folgenden Mechanismus in<br />
unserem Gehirn aus: Je knapper ein Gut ist, desto<br />
besonderer, exklusiver, besser muss es auch sein.<br />
Es handelt sich hier also nicht um eine tatsächliche<br />
Knappheit, sondern um Knappheit als psychologisches<br />
Konzept, welches letztendlich die<br />
Käufer:innen mit einem Dopaminrausch beglückt.<br />
Und dies funktioniert so gut, dass es neben dem<br />
Black Friday auch noch andere bekannte Konsumtage<br />
wie den Valentinstag oder auch den «Single’s<br />
Day» gibt – für jeden Beziehungsstatus wird<br />
einem also Konsum nahegelegt.<br />
Die dunkle Seite des «Black Friday»<br />
Der «Black Friday» hat aber nicht nur eine positive<br />
Seite. Längst hat sich auch ein Unwohlsein bei<br />
den Käufer:innen eingestellt, da oftmals viel mehr<br />
Produkte im Einkaufswagen landen als geplant.<br />
Diese belasten dann doch wieder das Portemonnaie<br />
und den minimalistischen Einrichtungsstil,<br />
welcher mit möglichst wenigen Gegenständen<br />
zu glänzen versucht. Und mit Nachhaltigkeit will<br />
ich hier gar nicht erst anfangen.<br />
Zum<br />
Hintergrund<br />
Prof. Dr. Johanna<br />
Gollnhofer ist<br />
assoziierte Professorin<br />
für Marketing<br />
und eine der Co-Leiterinnen<br />
des Instituts<br />
für Marketing und<br />
Customer Insight an<br />
der Universität<br />
St. Gallen (IMC-HSG).<br />
In unserem Magazin<br />
schreibt sie monatlich<br />
über spannende,<br />
aufsehenerregende<br />
oder kuriose Marketingstudien<br />
aus der<br />
ganzen Welt. Grundlage<br />
diesmal:<br />
Und hiermit nicht genug! Aus der evolutionären<br />
Psychologie wissen wir, dass Menschen gewaltbereit<br />
und aggressiv werden, sobald Ressourcen<br />
wie Wasser und Essen knapp werden.<br />
Und anscheinend werden Menschen auch aggressiv,<br />
wenn es sich um eine künstliche (!) Knappheit<br />
handelt. Ein Forscherteam hat hierfür Menschen<br />
in zwei Gruppen eingeteilt: Der ersten<br />
Gruppe wurde ein iPhone-Werbespot mit dem<br />
Hinweis, dass nur drei Stück verfügbar seien, gezeigt.<br />
Die zweite Gruppe sah einfach einen Werbespot<br />
für das iPhone, ohne fiktive «Knappheit».<br />
Im Anschluss wurde analysiert, wie viele Schüsse<br />
die jeweiligen Gruppen in einem Videospiel abfeuerten.<br />
Die erste Gruppe ging sehr viel aggressiver<br />
vor – und die Forscher:innen erklären dies<br />
damit, dass wir allein durch das Gefühl der Knappheit<br />
nicht mehr klar denken können und schlechtere<br />
Entscheidungen treffen.<br />
Physische Gewalt?!<br />
Das aggressive Verhalten bei (vermeintlicher)<br />
Knappheit ist leider nicht nur auf die digitale Welt<br />
beschränkt: Auch am «Black Friday» verlieren<br />
regelmässig Menschen ihre Aggressionskontrolle,<br />
sodass hierbei schon Verletzte und sogar Tote zu<br />
beklagen waren.<br />
So rate ich allen: Bringt euch bei Knappheit in<br />
Sicherheit! Ob nun im kommenden Winter-Sale,<br />
beim Release der nächsten Playstation oder bei<br />
der Wohnungssuche in Zürich (oder jeder anderen<br />
europäischen Metropole).<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
46<br />
GROSSFLÄCHENWERBUNG<br />
Mit Wow-Effekt<br />
zum Stadtgespräch<br />
Um für Hingucker zu sorgen, nutzen Werbungtreibende gerne den grossen Auftritt im<br />
öffentlichen Raum. Ein Plakat eignet sich dafür, aber auch digitale OOH-Kanäle:<br />
von dynamischen Werbemitteln bis hin zu 3D-Animationen.<br />
Von Irmela Schwab<br />
D<br />
er Aufschrei war gelungen. Weil eine<br />
Stiftung namens Hamasil ihr Bauvorhaben<br />
in Zürich verhindert hat,<br />
brachte die Logistikfirma Welti-Furrer<br />
kurzerhand ein überdimensioniertes<br />
Plakat an einem umliegenden Parkhaus<br />
an. Mit leuchtend roten Lettern auf gelbem Hintergrund<br />
machten die Bauherren ihrer Empörung<br />
Luft: «Hamasil verhindert hier Wohnungen für<br />
1000 Franken». Die Anklage ist nun publik: Der<br />
Konflikt um das Projekt Prime<strong>12</strong>3<br />
schwelt seit vergangenem Sommer<br />
nicht mehr nur zwischen den<br />
beiden Kontrahenten. Die gesamte<br />
Zürcher Öffentlichkeit diskutiert<br />
mit.<br />
Für Nadja Mühlemann, Geschäftsführerin<br />
bei der Dachorganisation<br />
Aussenwerbung Schweiz<br />
(AWS), zeigt die grossflächige<br />
Anklage von Welti-Furrer, welche<br />
Funktion Out of Home heute einnimmt. «Die sich<br />
fortsetzende Fragmentierung der Medienkanäle,<br />
darunter auch Social-Media- und Streaming-Platformen,<br />
sowie der sich verändernde Medienkonsum<br />
machen die Aussenwerbung zum letzten<br />
reichweitenstarken Massenmedium», urteilt die<br />
Expertin. Sicher: Mit seiner provokanten Message<br />
erreichte das Transportunehmen Welti-Furrer zwar<br />
in erster Linie die Menschen in der Umgebung<br />
«Kein Wunder,<br />
dass sich die Branche,<br />
vom aktuellen<br />
Hoch beflügelt,<br />
selbst noch stärker<br />
feiert.»<br />
des Megaplakats. Die Kreation – sie stammt von<br />
der Agentur Ruf Lanz – sorgte jedoch dafür, dass<br />
sich die Debatte in den Medien und auf Social<br />
Media fortsetzte. Und darüber ein Zigfaches an<br />
Reichweite und Brisanz gewann.<br />
Aussenwerbung punktet mit Nachhaltigkeit<br />
Dass sich der Trend zum grossen Auftritt über<br />
Aussenwerbeflächen weiter durchsetzen wird,<br />
macht Mühlemann am steigenden Bedürfnis der<br />
Werbekunden fest, nachhaltig zu kommunizieren.<br />
«Die Aussenwerbung mit dem geringsten CO2-<br />
Ausstoss pro 1000 Kontakte unter<br />
allen Werbemedien hat da gute<br />
Karten», findet die AWS-Geschäftsführerin.<br />
Kein Wunder also,<br />
dass sich die Branche, vom aktuellen<br />
Hoch beflügelt, selbst noch<br />
stärker feiert: Beim neuen Kreativwettbewerb<br />
«Woohw», der erstmals<br />
im Herbst stattfand, wurden<br />
die besten OOH-Auftritte ausgezeichnet.<br />
Die Gewinnerkampagne:<br />
«Stark reduziert» von Einzelhändler Denner<br />
und der Agentur Thjnk Zürich. Auf Plakaten in<br />
verschiedenen Formaten und Grössen waren die<br />
«stark reduzierten Produkte» des Lebenmitteleinzelhändlers<br />
in allen 26 Kantonen der Schweiz in<br />
den jeweiligen Landessprachen zu sehen. Weil<br />
die Artikel auch in der Darstellung auf den Plakaten<br />
stark reduziert waren, mussten die Betrachter<br />
erst innehalten und raten, um was es sich<br />
Bild: unsplash.com / Rudy Nardone.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
47<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
48<br />
M&K Grösser, höher,<br />
weiter: Gilt dieses Motto<br />
auch 2024 in der Aussenwerbung?<br />
COLIN FERNANDO Ein ganz<br />
klares Ja – vor allem, weil<br />
immer mehr spannende<br />
Technologien neue<br />
Akzente setzen. Im Trend<br />
liegen derzeit computeranimierte<br />
Werbeauftritte,<br />
die mit 3D-Effekten<br />
spielen. Die Beauty-<br />
Marke Maybelline hat<br />
beispielsweise einen<br />
Londoner Doppeldeckerbus<br />
und eine Bahn im<br />
Underground mit überdimensionalen<br />
Wimpern<br />
am Fahrzeugkopf ausgestattet.<br />
Während der Fahrt<br />
streiften die XXL-Wimpern<br />
riesige Mascarabürsten.<br />
Diese effektvolle<br />
OOH-Kampagne existiert<br />
jedoch nicht wirklich, es<br />
handelt sich vielmehr um<br />
computeranimierte<br />
Bilder, sogenannte<br />
CGI-Ads. Entworfen hat<br />
sie der 3D-Künstler Ian<br />
Padgham.<br />
Eignen sich solche<br />
Inszenierungen für jede<br />
Marke?<br />
Marken, die auf grosse<br />
öffentliche Werbeauftritte<br />
setzen, müssen sich vor<br />
allem überlegen, wie der<br />
Auftritt zur eigenen<br />
Identität passt. Reine<br />
Aufmerksamkeitshascherei<br />
bringt nämlich<br />
nichts, die Brand muss<br />
erst in den Köpfen der<br />
Menschen verankert sein<br />
und dort für etwas stehen.<br />
Oatly zeigt, wie das<br />
gelingt: Der Hersteller<br />
von Haferersatzgetränken<br />
aus Schweden schafft es<br />
NACHGEFRAGT<br />
«Computeranimierte Auftritte<br />
liegen im Trend»<br />
Colin Fernando,<br />
Partner bei Brand Trust<br />
mit grossflächigen, aber<br />
auch frechen Botschaften<br />
immer wieder, zum Talk of<br />
Town zu werden. Neulich<br />
versprach Oatly Produzenten<br />
der Milchindustrie via<br />
eine OOH-Kampagne,<br />
demjenigen Mediaplatzierungen<br />
im Wert von<br />
140 000 Euro zu schenken,<br />
der seine Klimawirkung<br />
preisgibt. Um eine solche<br />
provokante Botschaft zu<br />
verbreiten, muss eine<br />
gewisse Markenbindung<br />
vorausgehen. Dann schafft<br />
es die Kampagne auch, in<br />
den sozialen Medien viral<br />
zu gehen.<br />
Welche Möglichkeiten gibt<br />
es für Unternehmen mit<br />
kleinerem Geldbeutel?<br />
Guerilla-Marketing, wozu<br />
im Übrigen auch die<br />
computeranimierten<br />
Werbeinstallationen zählen,<br />
ist hier stark im Kommen.<br />
Ein schönes Beispiel liefert<br />
die Kampagne von Best<br />
Drive by Continental, die<br />
für den Reifenwechsel im<br />
Winter die Aarauer Innenstadt<br />
mit Logos der Frima<br />
versprayt hat. Solche<br />
Werbung müsste, streng<br />
genommen, natürlich erst<br />
bei den Behörden genehmigt<br />
werden, was sie meist<br />
nicht ist.<br />
handelte. Das verlängerte automatisch die Betrachtungslänge.<br />
In einem solchen Involvement der Zielgruppen<br />
tritt für Mühlemann die gesamte Kraft von OOH<br />
zutage. Klassische Plakatwerbung steht für die<br />
Geschäftsführerin dabei an erster Stelle. «Das<br />
Plakat ist und bleibt in der Kreation und Gestaltung<br />
die Königsdisziplin. Auf den Punkt gebrachte<br />
Botschaften entfalten ihre beste Wirkung.» Andererseits<br />
spielen auch digitale Formate zunehmend<br />
eine Rolle. Weil sie für neuen Wind sorgen,<br />
tragen die animierten Werbeformate merklich<br />
dazu bei, dass die Gattung der Aussenwerbung<br />
weiter wächst: Laut Statista Market Insights soll<br />
das Marktvolumen von Out of Home in der<br />
Schweiz von derzeit 417,80 Millionen auf 472,30<br />
Millionen Euro im Jahr 2027 ansteigen. Das entspricht<br />
einem jährlichen Umsatzplus von mehr<br />
als drei Prozent. Während klassisches OOH dabei<br />
auf konstantem Niveau bleibt, klettert der DOOH-<br />
Anteil immer weiter.<br />
Neuer Trend: Die dritte Dimension<br />
Als letzter Schrei unter den digitalen Formaten<br />
gelten dreidimensionale Installationen, die bald<br />
auch den deutschsprachigen Raum erobern sollen.<br />
Noch finden sich die 3D-Werbeformate vor<br />
allem in ausländischen Metropolen. Auf dem<br />
Times Square etwa liess Samsung für sein Galaxy-<br />
Handy zur Verblüffung vieler Passanten einen<br />
Tiger aus dem Billboard springen. Zum Verwechseln<br />
ähnlich, kommen immer<br />
«Als letzter Schrei<br />
unter den digitalen<br />
Formaten gelten<br />
dreidimensionale<br />
Installationen.»<br />
häufiger auch 3D-Kampagnen<br />
vor, die es in Realität gar nicht<br />
gibt und die im Fachjargon<br />
«Fake Out of Home», kurz<br />
FOOH, heissen. Jüngstes Beispiel:<br />
Der britische Sportmodehändler<br />
JD Sports, der Marken<br />
wie Adidas und Nike im Sortiment<br />
führt, hat den Big Ben in London mit einer<br />
Daunenjacke von The North Face eingepackt.<br />
Aus der gelb-schwarzen Jacke ragte gerade noch<br />
die Uhr des Turms heraus. Dabei war der berühmte<br />
Uhrturm am Westminster Palace nicht<br />
wirklich verhüllt, es handelte sich um eine digitale<br />
Illusion, die die Kampagneninitiatoren über ein<br />
Video in Umlauf brachten. Zahlreiche Medien aus<br />
aller Welt griffen es auf, etliche User teilten es auf<br />
ihren Social-Media-Kanälen. Von derartigen Formen<br />
des Guerilla-Marketings wird künftig mehr<br />
zu sehen sein, da ist sich Colin Fernando sicher.<br />
Für die Umsetzung solcher Sonderinszenierungen<br />
hat der Partner bei der Markenberatung Brand<br />
Trust einige Tipps parat (siehe Interview).<br />
Für Wow-Effekte sorgen zusehends auch programmatische<br />
Kreationen. Dass Botschaften sich<br />
dabei an tagesaktuelle Situationen anpassen<br />
Bild: zVg.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
49<br />
Bild: Intertia Studios.<br />
EXPLAINER<br />
Wichtige<br />
Trends kurz<br />
erklärt<br />
1<br />
3D-Billboards<br />
Bei einem 3D-Billboard<br />
wird moderne<br />
Technologie eingesetzt,<br />
um für die<br />
Betrachter:innen eine<br />
optische Täuschung<br />
zu erzeugen: Ein<br />
Motiv auf einem<br />
digitalen Screen ragt<br />
scheinbar heraus<br />
oder «kommt auf die<br />
Passant:innen zu».<br />
2<br />
Fassadenkunst<br />
In Kooperation mit<br />
Kreativen oder<br />
Museen werden<br />
Baustellen, Hauswände<br />
oder sonstige<br />
ungenutzte Flächen<br />
mit Kunstwerken<br />
veredelt – besonders<br />
reizvoll ist dies, da<br />
die Flächen meist nur<br />
für sehr begrenzte<br />
Zeit zur Verfügung<br />
stehen. Wer die<br />
Fassadenkunst sehen<br />
will, muss sich also<br />
sputen.<br />
3<br />
CGI-Advertising<br />
Social-Media-Videos<br />
lassen Realität und<br />
Fiktion verschwimmen.<br />
Der Londoner<br />
Glockenturm Big Ben<br />
trägt Daunenjacke,<br />
U-Bahnen werden<br />
mit XXL-Mascara<br />
«geschminkt».<br />
User:innen müssen<br />
ganz genau hinschauen,<br />
um die<br />
Illusion zu erkennen.<br />
3D-Werbung für die Streaming-Plattform «Tubi», ausgespielt vor dem Super Bowl <strong>2023</strong>.<br />
können, bedeutet für Caroline Nünlist, Co-Geschäftführerin<br />
bei ZipMedia, mehr Werbewirkung.<br />
Für die Sektion Zürich des Touring Club Schweiz<br />
(TCS) hat ihre Mediaagentur die Möglichkeiten<br />
des Programmatic Buying voll ausgeschöpft und<br />
die Motive der Kampagne «Made Visible» ausschliesslich<br />
in der Dämmerung ausgespielt – passend<br />
zur Botschaft. Denn in der Kampagne leuchten<br />
Kleidung und Accessoires hervor, die<br />
Fahrradfahrer oder Spaziergänger auf der Strasse<br />
besser sichtbar machen. Ein Hingucker, freut sich<br />
Nünlist. Die Mediaexpertin prophezeit: «Im Zug<br />
der fortschreitenden Digitalisierung von bestehenden<br />
analogen Flächen wird Programmatic<br />
DOOH an Relevanz gewinnen.»<br />
Dieser Meinung ist auch Diego Quintarelli. Der<br />
Chief Sales & Marketing Officer von Goldbach<br />
Neo stellt mehr programmatisch buchbare Werbeflächen<br />
in Aussicht, aber auch einen «gereifteren»<br />
Umgang mit der Werbeform. «Wo bislang vieles<br />
aus einem technischen Selbstzweck heraus getan<br />
wurde, werden künftig die tatsächlichen Stärken<br />
des programmatischen Einkaufs besser zur Geltung<br />
kommen», glaubt er und verweist auf dynamische<br />
Werbemittel, die dem Betrachter noch<br />
relevantere Botschaften vorsetzen sollen. «Der<br />
Einsatz von DCO ist immer dann sinnvoll, wenn<br />
es um die Kommunikation aktueller Ereignisse<br />
geht.» Als Beispiele nennt Quintarelli Echtzeit-<br />
Wetterdaten, Live-Spielstände oder Wettquoten<br />
von Sportereignissen. Im vergangenen Sommer<br />
beispielsweise übertrugen 92 Hochformat-Screens<br />
in Genf aktuelle Spielstände zu den Tennispartien<br />
der Gonet Geneva Open <strong>2023</strong> an hoch frequentierten<br />
Orten wie in Einkaufs- und Fitnesscentern<br />
sowie an Strassen und im Flughafen.<br />
Location spielt eine wichtige Rolle<br />
Location – so zeigen es der Times Square in New<br />
York, der Picadilly Circus in London oder der<br />
Mailänder Dom – ist beim wirkungsvollen Auftritt<br />
letztlich alles. Für die Schweiz nennt Ariane Piccino<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
50<br />
vor allem grosse Plätze in Städten, Shoppingcenter,<br />
Hauptbahnhöfe, Skigebiete.<br />
Piccino verantwortet Kommunikation und<br />
Marketing bei Richnerstutz in Villmergen,<br />
einem Unternehmen, das für effektvolle<br />
grossformatige Umsetzungen bekannt<br />
ist. Zu den Spezialitäten der Firma zählt<br />
es auch, Baustellen und Umbauten in<br />
Hingucker zu verwandeln. Gelungen ist<br />
das jüngst beim Kaufhaus Globus in Basel.<br />
Um die dreijährige Renovierungszeit<br />
des historischen Gebäudes angenehmer<br />
zu gestalten und gleichzeitig Markenbildung<br />
zu betreiben, hat der Händler<br />
gemeinsam mit dem Kunstmuseum Fondation<br />
Beyeler die Initiative «Globus<br />
Public Art Project» gestartet, bei dem<br />
Künstler sich mit dem Gebäude und seiner<br />
Fassade auseinandersetzen sollen.<br />
Die Schweizer Künstlerin Claudia Comte<br />
debütierte im vergangenen Sommer mit<br />
«Waves, Cacti and Sunsets». Motive wie<br />
Wüsten landschaften und brechende<br />
Wellen verkleiden nun die Baustelle. Für<br />
Piccino, die das Kunstwerk ihrem Team<br />
von Richner stutz an die Fassade brachte,<br />
war das ein «persönliches Highlight», wie<br />
sie sagt.<br />
Grossformatige Installationen fallen<br />
natürlich allein schon durch ihr Format<br />
auf. Jedoch, weiss Piccino, bleibt das<br />
Motiv nur in Erinnerung, wenn es überrascht<br />
und unterhält «durch Kreativität,<br />
«Grossformatige<br />
Installationen<br />
fallen auf. In<br />
Erinnerung<br />
bleiben sie aber<br />
nur, wenn sie<br />
überraschen<br />
oder unterhalten.»<br />
CGI-Ads für<br />
JD Sports und<br />
Maybelline, ein<br />
Megaplakat in<br />
Zürich: Für Brands<br />
gibt es diverse<br />
Wege, um im<br />
Stadtbild aufzufallen.<br />
Schönheit, Witz oder Interaktivität». Das<br />
ist für die Werbeexpertin denn auch der<br />
Schlüssel dafür, um einen bühnenwirksamen,<br />
strahlenden Auftritt zu inszenieren.<br />
Das Gute daran: Um zum Stadtgespräch<br />
zu werden, muss es nicht immer<br />
eine kostspielige Inszenierung sein, eine<br />
gute Idee reicht, so die Richnerstutz-Managerin.<br />
«Im Bereich Beschriftungen und<br />
Folierungen gibt es viel Potenzial, um<br />
auch mit kleinerem Budget den Wirkungskreis<br />
zu vergrössern.» Wie wäre es<br />
zum Beispiel mit einer verrückten Schaufensterverklebung<br />
oder einer auffälligen<br />
Folierung von Firmenfahrzeugen? Das<br />
könnte – wie bei der Verkleidung des Big<br />
Ben oder der Welti-Furrer-Kampagne – zu<br />
vielen Fotos und Kommentaren auf Social<br />
Media führen.<br />
Bilder: Screenshot TikTok JD Sports / Screenshot TikTok Maybelline / zVg.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
Mein Ort,<br />
der mich<br />
weiterbringt.<br />
Ob Seminar, Teamevent, Bankett oder Trainingslager. Im CAMPUS SURSEE erwartet dich ein einzigartiges<br />
Angebot mit unzähligen Möglichkeiten – genau auf deinen Anlass und deine Wünsche abgestimmt. Selbstverständlich<br />
musst du nach einem erlebnisreichen Tag bei uns nicht die Heimreise antreten, sondern kannst<br />
direkt vor Ort in einem unserer komfortablen Hotelzimmer übernachten. Wir freuen uns auf dich!<br />
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swisspaperclub.ch
52<br />
BLUEGLASS | TEAM FARNER<br />
Eine Ehe<br />
auf Augenhöhe<br />
BlueGlass | Team Farner ist seit Januar Teil der Farner-Familie.<br />
m&k war am Helvetiaplatz, wo die Digital-Marketing-Agentur mit 45 Mitarbeitenden<br />
auf zwei Stockwerken agiert. Unabhängig und doch verbunden, so entsteht<br />
eine Win-win-Situation. Vor allem die Kunden profitieren.<br />
Von Anna Kohler<br />
Bilder Chris Reist<br />
E<br />
igentlich hatte BlueGlass | Team Farner<br />
gar nicht vor, zu heiraten. Aber wie das<br />
Leben manchmal spielt, ist die Digital-<br />
Marketing-Agentur seit diesem Jahr<br />
den Bund fürs Leben eingegangen.<br />
In den letzten 15 Jahren ist BlueGlass | Team<br />
Farner organisch gewachsen, abgesehen von<br />
zwei Zukäufen, die die Agentur<br />
getätigt hat. Anna-Lena Wohlschlag<br />
und Nicole Treipl sind<br />
schon lange dabei, sie haben als<br />
Praktikantinnen angefangen.<br />
Anna-Lena vor acht Jahren, jetzt<br />
ist sie Managing Director. Nicole<br />
kam vor elf Jahren zur Agentur,<br />
ihre Funktion ist Director SEO &<br />
Content Marketing. «Als ich anfing,<br />
waren wir zu fünft», sagt<br />
Nicole Treipl. Inzwischen zählt<br />
BlueGlass | Team Farner 45 Mitarbeitende.<br />
Die beiden Frauen<br />
bildeten zusammen mit dem ehemaligen CEO<br />
Raphael Bienz in den letzten Jahren die Geschäftsleitung.<br />
Er sitzt inzwischen in der Geschäftsleitung<br />
von Team Farner und ist als Chief Digital Officer<br />
ein Bindeglied im täglichen Business. Dies auch<br />
für die anderen drei Digital-Agenturen, die Team<br />
Farner geheiratet hat: Jim &Jim, SEMSEA und<br />
Yoveo. Anna-Lena Wohlschlag, Nicole Treipl und<br />
«Wir haben<br />
uns drei Monate<br />
Zeit gelassen, um<br />
uns wirklich<br />
kennenzulernen<br />
und zu schauen, ob<br />
wir zueinander<br />
passen.»<br />
neu Christoph Emch sind jetzt das Trio an der<br />
Spitze von BlueGlass | Team Farner.<br />
Christoph Emch war acht Jahre bei Farner, bevor<br />
er zur Geschäftsleitung von BlueGlass wechselte.<br />
«Wir haben uns drei Monate Zeit gelassen, um uns<br />
wirklich kennenzulernen und zu schauen, ob wir<br />
zueinander passen», sagt Anna-Lena. Die Chemie<br />
stimmte, die Wertevorstellungen auch. Seit April<br />
ist es amtlich. Christoph wird als wertvolles Neumitglied<br />
in der Geschäftsleitung<br />
wahrgenommen. Er kennt Farner<br />
von innen heraus, kann also auch<br />
bei Diskussionen die Perspektive<br />
des Ehepartners beisteuern.<br />
«Diese Hochzeit bringt<br />
allen etwas»<br />
Die Themen, die in der Geschäftsleitung<br />
besprochen werden, sind<br />
vielfältig. Es geht um Marktentwicklung,<br />
Personalentwicklung,<br />
Marketinginvestitionen. Aber<br />
auch um Employer Branding.<br />
Fachkräftemangel ist bei BlueGlass | Team Farner<br />
ein Thema – zumindest bei manchen Profilen.Das<br />
Team ist eher jung und kann dadurch mit viel<br />
Digital-Native-Expertise überzeugen. Man begegnet<br />
sich auf Augenhöhe, die Agentur pflegt<br />
flache Hierarchien. Alle an Bord werden motiviert,<br />
mitzugestalten. Und wie steht es mit dem Gender-<br />
Gap, der gerade in Digitalagenturen oft noch<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
53<br />
Die Geschäftsleitung von BlueGlass | Team Farner (v.l.n.r.): Nicole Treipl, Anna-Lena Wohlschlag und Christoph Emch.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
54<br />
Anna-Lena<br />
Wohlschlag,<br />
Managing Director<br />
und Teil der<br />
Geschäftsleitung<br />
von BlueGlass |<br />
Team Farner.<br />
Christoph Emch, Director Client Success und Teil der<br />
Geschäftsleitung von<br />
BlueGlass | Team Farner.<br />
Nicole Treipl, Director<br />
SEO & Content Marketing und<br />
Teil der Geschäftsleitung von<br />
BlueGlass | Team Farner.<br />
ausgeprägt ist? Anna-Lena lacht. «Wir haben mehr<br />
Frauen als Männer, aber das schreiben wir uns<br />
nicht auf die Fahne.» Das habe sich seit den Anfängen<br />
so ergeben, man stelle nicht nach Geschlecht<br />
ein, sondern nach Qualifikation. Und<br />
wenn das dabei herauskomme, sei das natürlich<br />
gut und nah am Zeitgeist.<br />
«Diese Hochzeit soll allen etwas bringen», sagt<br />
Christoph. Team Farner schärft seine Expertise<br />
im Digitalbereich, BlueGlass | Team Farner kann<br />
auf breite Kommunikationskompetenz und spezifische<br />
Branchenexpertise zurückgreifen. Aber<br />
sehr wichtig ist allen im Raum, dass sich die Mitarbeitenden<br />
von BlueGlass | Team Farner weiterentwickeln<br />
können. Und das im gesamten Farner-<br />
Universum. «Wir sind ein grosses und auch<br />
internationales Team. Da kommt so viel Inspiration<br />
zusammen, dass man eher Sorge haben muss,<br />
dass man nicht alles mitbekommt. Wir sind am<br />
Puls», fasst es Christoph zusammen. Mit Daniel<br />
Jörg hat Team Farner einen Chief Innovation Officer,<br />
der sich darum kümmert, dass alle im Team<br />
immer einen Schritt voraus sind. «Wir können es<br />
uns nicht leisten, stillzustehen», sagt Anna-Lena.<br />
Team Farner ist nun breit aufgestellt. War<br />
Farner schon vorher die grösste Kommunikationsagentur<br />
der Schweiz, ist sie nun ein wahres<br />
Schwergewicht. Gerade hat Farner International<br />
noch Lansons gekauft, eine Reputationsmanagementfirma<br />
aus Grossbritannien. Team Farner<br />
möchte aber auf keinen Fall als Netzwerkgruppe<br />
verstanden werden. «Wir sind eine zusammenarbeitende<br />
Allianz, das ist etwas ganz anderes<br />
als ein Netzwerk, die Verbindung zwischen uns<br />
ist tiefer und enger», fasst Christoph zusammen.<br />
Eigenständigkeit, trotz Ehe<br />
Und doch sind die Team-Members in sich unabhängig,<br />
haben nach wie vor eigene Kunden,<br />
können schnell agieren, sind also wie Schnellboote<br />
in geschützter See. BlueGlass | Team Farner<br />
ist nun aber zusätzlich zu der Arbeit mit bestehen-<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
55<br />
Bild: zVg<br />
den Kunden auch Teil neuer Projekte, zu denen<br />
die Agentur vorher keinen Zugang hatte, die<br />
Mitarbeitenden können auf einen Pool an Knowledge<br />
zugreifen, können vermehrt integrierte<br />
Leistungen anbieten. Die Kunden haben nun die<br />
Möglichkeit, mit ihrem Kommunikationsprojekt<br />
von Anfang an die Expertise aller Units an einem<br />
Tisch vereint zu haben. Das sehen alle drei als<br />
grossen Vorteil. «Komplexe Herausforderungen<br />
von Unternehmen lösen wir interdisziplinär,<br />
das ist die Vision», sagt Nicole. Und Anna-Lena<br />
fügt hinzu: «Wir haben kein Interesse, Dinge bei<br />
uns zu halten. Wenn Jim & Jim | Team Farner für<br />
ein Projekt zielführenderen Content erstellen<br />
kann, geben wir es gerne ab, wenn Yoveo | Team<br />
Farner noch eine Videokampagne beisteuern<br />
kann, unbedingt, sie gehören alle mit an den<br />
Tisch.»<br />
Zukunftspläne<br />
«BlueGlass<br />
ist nun aber<br />
zusätzlich zu der<br />
Arbeit mit bestehenden<br />
Kunden<br />
auch Teil neuer<br />
Projekte, zu denen<br />
die Agentur vorher<br />
keinen Zugang<br />
hatte.»<br />
Die Ehe mit Team Farner ist noch in der Honeymoon-Phase,<br />
aber alle drei denken natürlich auch<br />
weiter. An die Zeiten, wenn sich dieser Verbund<br />
im Alltag bewähren muss, wenn erste Schwierigkeiten<br />
entstehen, die Beziehung vielleicht sogar<br />
mal auf die Probe gestellt wird. Für Anna-Lena,<br />
Nicole und Christoph stehen die Mitarbeitenden<br />
immer an erster Stelle. Die Work-Life-Balance ist<br />
ein grosses Thema. Christoph wünscht sich, dass<br />
er mit dazu beitragen kann, die Agenturlandschaft<br />
dahin zu bringen, dass Familie<br />
und Job zusammenkommen.<br />
Bei BlueGlass | Team<br />
Farner gibt es viele Eltern,<br />
dieses Potenzial dürfe man<br />
nicht verlieren, sagt er.<br />
Anna-Lena ist es wichtig,<br />
dass die Arbeit allen Spass<br />
macht, dass jede:r gerne<br />
kommt, sich gesehen fühlt<br />
und ausleben kann. Sie ergreift<br />
Möglichkeiten, treibt<br />
Dinge voran, immer da, wo<br />
sie Potenzial sieht.<br />
Für Nicole bringen Veränderungen<br />
auch immer Chancen.<br />
Nebst zufriedenen Kunden sei das Wichtigste<br />
das Team und der starke Team Spirit, daher freut<br />
sie sich, wenn die Samen, die gemeinsam gepflanzt<br />
wurden, reifen und Früchte tragen.<br />
Und gibt es Herausforderungen, werden die<br />
drei sie sicher konstruktiv diskutieren und zusammen<br />
mit dem Team durchstehen. Wie es sich<br />
für eine gute Ehe gehört.<br />
M&K Welche Strategie<br />
verfolgt die Geschäftsleitung<br />
mit Team Farner?<br />
RAPHAEL BIENZ Unternehmen<br />
und Organisationen<br />
stehen heute vor gewaltigen<br />
Herausforderungen –<br />
und viele davon kann<br />
man mit kommunikativen<br />
Strategien lösen, beispielsweise<br />
in den Bereichen<br />
Digitalisierung,<br />
ESG, Inklusion, Datenschutz<br />
oder Stakeholder-<br />
Engagement. Wir haben<br />
unsere Dienstleistungen<br />
so vervollständigt, dass<br />
wir unseren Kund:innen<br />
über unseren einzigartigen<br />
Expertise-Mix in<br />
sämtlichen relevanten<br />
Themenkreisen zur Seite<br />
stehen können.<br />
Kreation, PR und Daten,<br />
wie gut passt das zusammen?<br />
Genau diese strategischen<br />
Verknüpfungen<br />
sind notwendig, um für<br />
unsere Kund:innen<br />
ganzheitlich und integriert<br />
agieren zu können.<br />
Wir gehen aber noch<br />
einen Schritt weiter und<br />
können diese Kernkompetenzen<br />
mit spezialisiertem<br />
Wissen unserer<br />
Branchenexpert:innen<br />
NACHGEFRAGT<br />
«Der Expertise-Mix von Team<br />
Farner ist einzigartig»<br />
Raphael Bienz, Partner,<br />
Chief Digital Officer von<br />
Farner | Team Farner.<br />
und durch Spezialthemen<br />
wie ESG, Behavioral<br />
Science oder Employer<br />
Branding ergänzen.<br />
Farner International hat<br />
Lansons im UK gekauft,<br />
eine Reputationsmanagementagentur.<br />
Ist das die<br />
Zukunft? Per SEO/SEA die<br />
Reputation im Netz geradebiegen?<br />
Vor meinem Engagement<br />
im Team Farner durfte ich<br />
während 13 Jahren die<br />
Agentur BlueGlass | Team<br />
Farner aufbauen. Die DNA<br />
von BlueGlass liegt seit Anbeginn<br />
in der Schaffung<br />
von organischer Sichtbarkeit<br />
für Unternehmen. Und<br />
das funktioniert nicht über<br />
das Geradebiegen von<br />
Rezensionen, den Aufbau<br />
von ein paar Likes oder die<br />
Schaltung von ein paar<br />
Search Ads. Wir haben es<br />
uns schon immer zur<br />
Aufgabe gemacht, unseren<br />
Kund:innen zu einer<br />
starken digitalen Reputation<br />
des Brands und des<br />
Leistungsangebots zu<br />
verhelfen.<br />
Reputation Management<br />
verstehen wir als aktive,<br />
gestaltende Disziplin. Der<br />
Aufbau einer glaubhaften,<br />
nachhaltigen Reputation<br />
ist Ausgangspunkt und<br />
Inbegriff eines jeden<br />
Brands.<br />
Was passt da besser zu<br />
unserem Leistungsangebot<br />
– von Branding bis<br />
SEO/SEA – als der UK-<br />
Markteintritt über ein<br />
derart renommiertes<br />
strategisches Reputationshaus?<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
56<br />
PUBLIREPORTAGE<br />
Einzigartige Events<br />
zum Staunen und<br />
Geniessen<br />
Im Circus Knie erleben die Gäste magische Momente, nicht<br />
nur bei der Show, sondern auch im Rahmen der vielfältigen<br />
Hospitality-Angebote. Kunden profitieren dabei von einer<br />
Gesamtlösung.<br />
Kontaktdaten<br />
Gebrüder Knie –<br />
Schweizer National-Circus AG<br />
St. Wendelinstrasse 10<br />
8640 Rapperswil<br />
Tel. 055 560 10 85<br />
marketing@knie.ch<br />
www.knie.ch<br />
S<br />
eit über einem Jahrhundert begeistert<br />
der Schweizer National-<br />
Circus Knie Jung und Alt mit<br />
seinen atemberaubenden Vorstellungen.<br />
Mit einer Mischung aus Tradition<br />
und Innovation ist der Circus Knie<br />
nicht nur ein Symbol der Schweizer Kultur,<br />
sondern auch eine Quelle endloser<br />
Faszination. Doch der Circus Knie bietet<br />
mehr als nur Zirkus – er schafft Erlebnisse,<br />
die in Erinnerung bleiben. In diesem Artikel<br />
tauchen wir ein in die faszinierende<br />
Welt der Knie-Events und entdecken,<br />
welche Möglichkeiten der Circus Knie<br />
im Bereich Live-Kommunikation bietet.<br />
Circus Knie: Eine Eventplattform<br />
auf Rädern<br />
In den letzten Jahren hat der Circus Knie<br />
sein Angebot erweitert und bietet eine<br />
breite Palette an Events an, vom Apéro<br />
für kleinere Gruppen über Backstage-<br />
Führungen bis hin zu exklusiven Buchungen.<br />
Auch im Bereich Marketing bietet<br />
der Circus Knie einen grossen Baukasten<br />
an Möglichkeiten. Dabei kann die<br />
faszinierende Zirkuswelt ideal genutzt<br />
werden, um die eigene Marke oder das<br />
neue Produkt in Szene zu setzen. Storytelling<br />
und gezielter, direkter Kundenkontakt<br />
stehen dabei im Fokus. Inszenierungen<br />
im Umfeld des Circus Knie<br />
machen neugierig und sind mit positiven<br />
Emotionen verbunden, denn die<br />
fahrende Stadt auf Rädern und die internationale<br />
Artistentruppe faszinieren seit<br />
Generationen. Im Circus Knie werden<br />
die Bereiche Hospitality, Werbung und<br />
Sponsoring ideal miteinander verbunden.<br />
Die Markenvisibilität kann beispielsweise<br />
erhöht werden, indem Werbung<br />
auf unseren Screens oder den<br />
hoch frequentierten Plakatstellen gebucht<br />
wird. Auch die Fahrzeuge des<br />
Circus Knie können als Werbefläche<br />
genutzt werden. So werden rund zwei<br />
Millionen Schweizerinnen und Schweizer<br />
pro Jahr erreicht. Interaktive Gewinnspiele,<br />
Tastings und Samplings bis hin<br />
zur Integration von Produkten in die<br />
Show sind weitere Möglichkeiten, die<br />
eine persönliche Begegnung mit der<br />
Marke ermöglichen. Ergänzt werden<br />
diese Massnahmen beispielsweise mit<br />
Einladungen zur Vorstellung mit vorhergehendem<br />
Apéro im reservierten Bereich.<br />
Da der Circus Knie jedes Jahr in<br />
allen Landesteilen der Schweiz reist, ist<br />
auch der lokale Bezug stets gegeben.<br />
Bilder: T. Stahel und M. Hutzli<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
57<br />
Exklusiv buchbare Vorstellungen<br />
Wer den Circus Knie in seiner ganzen<br />
Pracht nutzen möchte, kann dies im Rahmen<br />
einer Exklusivvorstellung tun. Ob für<br />
Firmenveranstaltungen, Jubiläen oder<br />
besondere Anlässe, diese exklusiven Vorstellungen<br />
bieten den Gästen die Möglichkeit,<br />
den Zirkus hautnah zu erleben<br />
und im Vorfeld die verschiedenen Zeltanlagen<br />
für Präsentationen, Kongresse<br />
und Dinners zu nutzen. Mit Platz für bis<br />
zu 2100 Personen und einer mobilen Infrastruktur<br />
kann auf die individuellen Bedürfnisse<br />
eingegangen werden. Da der<br />
Circus Knie nicht nur die Show, sondern<br />
auch das Catering, die Technik und das<br />
Ticketing aus einer Hand bietet, erleichtert<br />
sich die Eventplanung für den Kunden.<br />
Persönliche Ansprache statt<br />
Massenwerbung<br />
Die Zielgruppe des Circus Knie ist dabei<br />
so vielfältig wie die Schweizer Bevölkerung.<br />
Diese sehnt sich gerade in unserer<br />
hochdigitalisierten Zeit nach persönlichen<br />
Erlebnissen. Der Circus Knie spricht<br />
dabei seit jeher alle Sinne an. Entsprechend<br />
sind auch die Möglichkeiten für<br />
unsere Partner ausgestaltet. Wer im Circus<br />
Knie eine Live-Kommunikationsmassnahme<br />
umsetzt, kann sich sicher sein,<br />
dass alle Sinne der Kunde angesprochen<br />
werden; und dies in einer positiv besetzten<br />
Atmosphäre.<br />
Knies Weihnachtswelt: Zauberhafte<br />
Festtage unter dem Zirkuszelt<br />
Besonders festlich ist diese Atmosphäre<br />
an Weihnachten, wenn Familien und<br />
Freunde zusammenkommen, um die<br />
Wärme und die Magie des Festes zu geniessen.<br />
In Knies Weihnachtswelt wird<br />
dieser Zauber auf ein völlig neues Level<br />
gehoben. Hier findet man ein winterliches<br />
Wunderland, das nicht nur Kinderaugen<br />
zum Leuchten bringt. Die festliche Beleuchtung,<br />
weihnachtliche Dekorationen<br />
und die Klänge von Weihnachtsmusik<br />
schaffen eine einzigartige Stimmung, die<br />
einem sofort in festliche Laune versetzen<br />
wird. Auch dieses Ambiente kann für Live-<br />
Kommunikation genutzt werden, zum<br />
Beispiel verbunden mit einem Weihnachtsevent<br />
für treue Kunden.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
58<br />
TECHNOLOGIE<br />
«Live» auf<br />
neuem Level<br />
Live-Events sind gefragt – vorausgesetzt, der Besuch lohnt sich für die Gäste.<br />
Dabei helfen neue Technologien wie Holografie, Augmented Reality, das Metaverse<br />
oder KI. Wie sie die Branche verändern und die Grenzen zwischen der echten<br />
und der virtuellen Welt immer mehr auflösen.<br />
Von Julia Gundelach<br />
G<br />
enau 60 Jahre ist es her, dass Martin<br />
Luther King in seiner Rede beim<br />
Marsch auf Washington für Arbeit<br />
und Freiheit seine berühmten Worte<br />
sprach: «I have a Dream.» Und auch<br />
heute noch ist dieser Satz fast jedem ein Begriff.<br />
Es gibt Songs, die danach benannt sind, Bücher,<br />
Filme – und wer möchte, kann der historischen<br />
Ansprache des bedeutenden Bürgerrechtlers<br />
einfach noch einmal beiwohnen. Live und in<br />
Farbe.<br />
Möglich macht das ein Besuch<br />
in der glitzernden Markenwelt<br />
von Swarovski: Im österreichischen<br />
Wattens erweckt der Kristallhersteller<br />
King und andere<br />
Freiheitskämpfer:innen in einer<br />
seiner «Wunderkammern» zum<br />
Leben, als holografische Projektion<br />
in Originalgrösse. In einem<br />
dunklen Raum stehen die Besucher:innen<br />
vor der Bühne und<br />
erleben King, Gandhi & Co. in 3D zum Greifen<br />
nah. Für die Gäste ein eindrucksvolles Erlebnis<br />
– und für Swarovski eine innovative Möglichkeit,<br />
mit Technologie für echte Emotionen und ein<br />
unvergleichliches Markenerlebnis zu sorgen.<br />
Doch nicht nur Brand-Spaces stehen vor der<br />
Herausforderung, Gäste zu begeistern. Auch die<br />
Messe- und Eventbranche steht unter dem Druck,<br />
«Die<br />
Eventbranche<br />
steht unter Druck,<br />
die Teilnehmenden<br />
zu überraschen<br />
– heute mehr<br />
denn je.»<br />
die Teilnehmenden zu überraschen – heute mehr<br />
denn je. «Neue Technologien machen Events<br />
wieder relevant», sagt Siegfried Haider. Der Geschäftsführer<br />
des Speakernetzwerks Experts4-<br />
Events weiss, dass sich die Menschen nach der<br />
Coronapause noch immer nach Begegnung sehnen.<br />
«Doch die Menschen wissen inzwischen,<br />
dass man nicht wegen jeder Veranstaltung verreisen<br />
muss. Wer heute live veranstaltet, muss<br />
daher mehr bieten als vor der Pandemie.»<br />
Holografie ist eine von vielen Möglichkeiten,<br />
die zeigen, was Technologie dabei leisten kann.<br />
Eine, die seit einigen Jahren nicht<br />
nur immer besser wird, sondern<br />
auch preisgünstiger. Für Kongresse<br />
oder Keynotes eröffnen<br />
sich damit neue Chancen: Denn<br />
dank Holografie lässt sich der<br />
gesamte Bühnenraum mit Elementen<br />
bespielen, die weit über<br />
das hinausgehen, was die Speaker<br />
erzählen. So können in einem<br />
Vortrag über Wein edle Châteaus<br />
in 3D neben dem Speaker erscheinen,<br />
dunkelrote Reben oder glänzende<br />
Flaschen, die über die Bühne schweben. Wenn<br />
dann auch noch der Duft nach schwerem Rotwein<br />
durch den Saal strömt, ist das sinnliche Erlebnis<br />
wohl perfekt.<br />
Wer über erklärungsbedürftige Produkte aus<br />
der Medizintechnik spricht, kann Gegenstände,<br />
Worte oder Maschinen auf der Bühne erscheinen<br />
Bild: unsplash.com / Nick Fancher<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
59<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
60<br />
M&K Wie verändern neue<br />
Technologien die Livekommunikation?<br />
TOBIAS KUNZ Neue Technologien<br />
ermöglichen es,<br />
Eventformate in einer<br />
anderen Form zu gestalten<br />
als bisher. So lassen<br />
sich damit etwa die reale<br />
und die virtuelle Welt<br />
verbinden und bieten<br />
eine neue Dimension des<br />
Vor-Ort-Erlebnisses.<br />
Wenn Technologien es<br />
schaffen, Sinne und<br />
Erfahrungen zu erweitern,<br />
dann ist das ein<br />
Mehrwert für den Veranstalter<br />
sowie für die<br />
Besucher.<br />
Warum ist jetzt der<br />
richtige Zeitpunkt, in der<br />
Eventbranche mit Technologien<br />
wie diesen<br />
einzusteigen?<br />
TIM HARMS Diese Technologien<br />
können Prozesse<br />
verschlanken und effizienter<br />
gestalten. Vor allem<br />
im produzierten Gewerbe<br />
ergeben sich gerade<br />
ganz neue Möglichkeiten,<br />
Maschinen virtuell darzustellen<br />
und diese mit<br />
Echtzeitdaten zu füttern.<br />
Digitale Zwillinge werden<br />
den Arbeitsalltag revolutionieren!<br />
Unternehmen<br />
können sich so aber auch<br />
als innovativen Arbeitgeber<br />
präsentieren, und das<br />
ist heute extrem wichtig.<br />
Könnt ihr einen Blick in<br />
die Zukunft wagen und<br />
abschätzen, wie Messen<br />
oder Events im Jahr 2040<br />
aussehen werden? Wird<br />
es Events, wie wir sie<br />
kennen, dann überhaupt<br />
noch geben?<br />
TIM HARMS Wir glauben,<br />
dass Messen und Events<br />
zunehmend immersiver<br />
NACHGEFRAGT<br />
«Veranstaltungsflächen werden<br />
zu interaktiven Spielflächen»<br />
Tim Harms, Innovation<br />
Manager, Future Candy<br />
Tobias Kunz, Gründer<br />
von Toku Studio und<br />
VR-Experte bei Future<br />
Candy<br />
werden, um die Besuchererfahrung<br />
zu verbessern<br />
und nachhaltig in den<br />
Köpfen der Menschen<br />
zu bleiben. Veranstaltungsflächen<br />
werden zu<br />
interaktiven Spielflächen,<br />
bei denen man<br />
das Produkt erleben<br />
kann, anstatt sich lineare<br />
Informationen über<br />
Banner oder Roll-ups<br />
anzuschauen. Erlebniswelten<br />
werden um Produkte<br />
gebaut werden,<br />
dieses spiegelt sich dann<br />
am Eventstand in Design<br />
und Konzeption wider. Die<br />
Besucher werden eingeladen,<br />
mit den Produkten auf<br />
eine gemeinsame Reise zu<br />
gehen. Dabei werden<br />
Technologien helfen, diese<br />
Reise zu visualisieren.<br />
Sicher ist: Neue Technologien<br />
werden dann auf<br />
jedem Event zu finden<br />
sein!<br />
«Die neue<br />
Generation möchte<br />
Informationen<br />
heute spielerisch<br />
erfahren und auch<br />
interagieren<br />
können.»<br />
lassen; und eine berühmte Sportlerin ihr Equipment,<br />
eindrucksvolle Berggipfel oder Informationen<br />
zu einer Route. Mit einem speziellen dünnen<br />
Netz, das unsichtbar vor dem Redner hochgezogen<br />
wird, entstehen komplett neue 3D-Welten.<br />
Selbst die Speaker können per Hologramm-Avatar<br />
vor Ort sein – während sie eigentlich zu Hause<br />
auf dem Sofa sitzen. Weiterer Vorteil: Geschäftsführende,<br />
die nicht gerne auf der Bühne stehen,<br />
rhetorisch nicht sicher sind oder die an mehreren<br />
Standorten gleichzeitig sprechen sollen, können<br />
damit perfekt auf der Bühne inszeniert werden<br />
und erscheinen auf der Bühne als holografischer<br />
Avatar ihrer selbst. Ab Reihe zehn, weiss Experte<br />
Haider aus Erfahrung, merken die Gäste kaum<br />
einen Unterschied.<br />
Information spielerisch erfahren<br />
Auch Technologien wie Augmented oder Virtual<br />
Reality reichern das Erlebnis vor Ort mit digitalem<br />
Mehrwert an. «Damit lassen sich komplexe Produkte<br />
einfach darstellen, etwa, indem sich eine<br />
Windturbine aufklappt und man die einzelnen<br />
Elemente darin sieht, die sonst im Verborgenen<br />
geblieben wären», erklärt Tobias Kunz, Gründer<br />
von Toku Studio und VR-Experte bei Future Candy.<br />
Die Agentur, die sich als «Innovationsanpackerin»<br />
bezeichnet, zeigt anhand zahlreicher Cases, was<br />
in der Eventbranche bald Normalität sein könnte.<br />
«Wichtig ist, dass Technologien die Interaktion<br />
fördern», so auch Tim Harms, Innovation Manager<br />
bei Future Candy, denn «die neue<br />
Generation möchte Informationen<br />
heute spielerisch erfahren».<br />
Jüngere Zielgruppen stehen aber<br />
nicht nur auf Gaming, sondern<br />
haben auch eine immer kürzere<br />
Aufmerksamkeitsspanne – eine<br />
Keynote von 45 Minuten wird<br />
dann schnell zur Qual. Wie es<br />
zeitgemässer geht, erfahren die<br />
Besuchenden etwa im «Avatunnel»,<br />
einer Anwendung, in der<br />
Future Candy diese auf eine virtuelle Reise schickt:<br />
Über eine Kamera wird ein individueller Avatar<br />
erstellt, mit dem die Gäste sich per VR-Brille ins<br />
Metaverse begeben und eine neue Welt erkunden.<br />
Und diese neue Welt spielt in der Eventbranche<br />
eine immer wichtigere Rolle: So gaben für<br />
eine Studie der internationalen Eventagentur Vok<br />
Dams 83 Prozent der Befragten an, ein grosses<br />
Potenzial für Veranstaltungen im Metaverse zu<br />
sehen. Die virtuelle Welt werde, heisst es, «zu<br />
einem völlig neuen Ökosystem für Events. Hier<br />
können Dinge erschaffen, besessen, verkauft und<br />
es kann investiert werden.» Konferenzen, Produktvorstellungen<br />
oder Pressemeetings könnten wie<br />
Bilder:zVg<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
61<br />
Bild: unsplash.com / Nick Fancher<br />
«Neue Technologien lassen die<br />
Welten verschmelzen, sie reichern reale<br />
Veranstaltungen mit digitalen Inhalten<br />
an, sorgen für Interaktion, Spass<br />
und Relevanz.»<br />
alle anderen Eventformate auch im Metaverse<br />
stattfinden – Vok Dams ermutigt Veranstaltende:<br />
«Lassen Sie sich ihre gebrandete, individuelle<br />
und nicht an die physikalischen Gesetze gebundene<br />
Welt erschaffen und ermöglichen Sie Ihren<br />
Teilnehmenden einzigartige, ganz neue Erlebnisse»<br />
– von zu Hause aus oder vor Ort.<br />
KI verändert Live-Events<br />
Auch Künstliche Intelligenz hält in der Live-Kommunikation<br />
Einzug. So beobachten die Expert:innen<br />
von Vok Dams etwa, dass «KI langfristig die<br />
Welt der Live-Events verändert» – und zwar von<br />
der Organisation bis zur Interaktion, der personalisierten<br />
Bereitstellung von Inhalten und der<br />
Sicherheit. KI, ist man hier überzeugt, werde «zu<br />
noch beeindruckenderen und innovativeren<br />
Eventerlebnissen führen». Sie ist etwa in der Lage,<br />
die perfekte Location für eine Veranstaltung auszuwählen<br />
– unter Berücksichtigung von Verkehr,<br />
Besucherstrom oder Energieverbrauch. KI kann<br />
aber auch durch die Auswertung von Nutzerdaten<br />
– soweit es der Datenschutz zulässt – individualisierte<br />
Angebote oder spezifische Inhalte anbieten<br />
und sogar die Stimmung der Teilnehmenden<br />
analysieren. Siegfried Haider hat einen Redner<br />
im Portfolio, der das als unterhaltsames Gimmick<br />
nutzt: Die Publikumsstimmung wird mit AI analysiert<br />
und in Echtzeit als Stimmungsbarometer<br />
immer wieder an die Wand projiziert. Auch<br />
Sprachbarrieren kann KI abbauen und Vorträge,<br />
Keynotes oder Gespräche live übersetzen – und<br />
Events damit inklusiver machen.<br />
Neue Technologien lassen die Welten verschmelzen,<br />
sie reichern reale Veranstaltungen<br />
mit digitalen Inhalten an, sorgen für Interaktion,<br />
Spass und Relevanz. In einigen Jahren, meint<br />
Experte Haider, wird es sogar möglich sein, dass<br />
jeder einen Roboter – «seinen persönlichen<br />
James» – auf Veranstaltungen schicken kann, wenn<br />
man selbst verhindert ist. Dieser kann Learnings<br />
festhalten, Videos erstellen, Kontakte knüpfen<br />
oder seine Eindrücke nach Hause schicken. Praktisch.<br />
Aber es wäre doch schade, wenn wir die<br />
Events der Zukunft nicht selbst erleben.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
62<br />
MINIMALISMUS<br />
Wenn<br />
weniger<br />
mehr ist<br />
Weniger materieller Besitz, weniger unnötige Entscheidungen, weniger<br />
Unordnung und dafür mehr sich selbst sein, mehr Zufriedenheit,<br />
mehr Erfolg – wer würde dazu schon Nein sagen? Zum Minimalismus<br />
als Trend und seinen wirtschaftlichen Implikationen.<br />
Von Dr. Julia Wentzlaff-Eggebert<br />
Bild: unsplash.com / Emile Seguin.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
63<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
64<br />
K<br />
ein Wunder, dass der Megatrend<br />
des Lifestyle-Minimalismus<br />
grossen Erfolg feiert und<br />
längst auch die Werbewelt erobert<br />
hat. Doch bei genauerer Betrachtung<br />
wirft das Phänomen Fragen auf: Wie<br />
kann etwas weniger sein, daraus aber<br />
mehr werden? Wird hier das Prinzip des<br />
«Weniger» nicht in eine neue Form des<br />
Materialismus verkehrt? Und wer profi-<br />
tiert eigentlich von diesem «Mehr» durch<br />
«Weniger»?<br />
Ein widersprüchliches Prinzip<br />
In seinem Selbstverständnis ist der Lifestyle-Minimalismus<br />
eine Gegenbewegung<br />
zur Verschwendungskultur unserer<br />
Zeit. Er kritisiert einerseits den unachtsamen<br />
Umgang mit Ressourcen und<br />
Gütern, und er bietet andererseits eine<br />
«Die Sehnsucht nach Verzicht ist vor allem<br />
ein Phänomen der Wohlstandskultur und für<br />
Bevölkerungsgruppen nachvollziehbar,<br />
die im Überfluss leben.»<br />
Technik, um mit der überfordernden Üppigkeit<br />
des Marktes und mit der ständigen<br />
Erfüllbarkeit aller materiellen Begehren<br />
zurechtzukommen. Die Sehnsucht<br />
nach Verzicht ist daher vor allem ein<br />
Phänomen der Wohlstandskultur und für<br />
Bevölkerungsgruppen nachvollziehbar,<br />
die im Überfluss leben. Der Verzicht auf<br />
Konsum drückt den tiefen Wunsch aus,<br />
in einer gesättigten, oberflächlichen und<br />
überfordernden Welt wieder mit archaischen<br />
und immateriellen Bedürfnissen<br />
jenseits konsumierbarer Güter in Verbindung<br />
zu treten.<br />
Als eine Reaktion auf das Problem des<br />
Zuviels liegt die Triebfeder für diesen<br />
Sinneswandel nicht zuletzt in den wiederholten<br />
Manifestationen der verheerenden<br />
Folgen des übermässigen Konsumierens<br />
und Wirtschaftens, die im letzten<br />
Jahrzehnt offenbar wurden: allen voran<br />
die Finanzkrise im Jahr 2008, ein Symptom<br />
der schuldenfinanzierten Überakkumulation,<br />
und die UN-Klimakonferenz<br />
COP21, ein international anerkanntes<br />
Zeugnis für die klimaschädlichen Konsequenzen<br />
unseres Wirtschaftens. Als<br />
Folge dieser Krisen wuchs der gesellschaftliche<br />
Wunsch nach alternativen,<br />
weniger wachstumsorientierten Wirtschaftssystemen.<br />
Diese «de-growth»-Systeme<br />
priorisieren soziales Wohlergehen,<br />
wirtschaftliche Gerechtigkeit und ökologische<br />
Regeneration gegenüber kontinuierlichem<br />
Wachstum und der Akkumulation<br />
von Kapital. Da aber gleichzeitig das<br />
Wachstumsdenken in den gesellschaftlichen<br />
Normen, statistischen Standards<br />
und der internationalen Wirtschaftspolitik<br />
noch immer fest verankert ist, führen<br />
diese Bemühungen zu einem Konflikt.<br />
– Er wird im paradoxalen Prinzip des Lifestyle-Minimalismus<br />
manifest: Einerseits<br />
werden das verschwenderische Konsumieren<br />
und Wachstumsdenken unterlaufen.<br />
Andererseits wird versprochen,<br />
aus dem Verzicht wieder Gewinn zu ziehen.<br />
So heisst das Prinzip des Minimalismus<br />
nicht «weniger ist weniger», sondern<br />
«weniger ist mehr»: eine paradoxale<br />
Verschränkung also, ein Minimieren um<br />
des Maximierens willen.<br />
Konkret äussert sich dieser Zusammenhang<br />
zum Beispiel so, wie in Marie<br />
Kondos Bestseller «The Life-Changing<br />
Bild: unsplash.com / Mika Baumeister.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
65<br />
Bild: unsplash.com / Yoann Siloine.<br />
«In seinem Selbstverständnis ist der<br />
Lifestyle-Minimalismus eine Gegen bewegung<br />
zur Verschwendungskultur unserer Zeit.»<br />
Magic of Tidying Up»: Hier werden die<br />
Leser:innen dazu aufgefordert, sich beim<br />
Ausmisten ihrer Wohnungen (oder anderer<br />
Bereiche ihres Lebens) zu fragen,<br />
ob ein bestimmter Gegenstand oder<br />
eine Tätigkeit ihnen Freude bereite oder<br />
nicht. Denn Ordnung, so Kondo, hänge<br />
von persönlichen Werten ab, davon also,<br />
wie eine Person leben möchte. Nach<br />
Kondo ist für das «Mehr» im «Weniger»<br />
also nicht der Gebrauch eines Gegenstands<br />
ausschlaggebend, sondern das<br />
individuelle Befinden und die Selbstdarstellung<br />
des Einzelnen. – So kennt der<br />
Lifestyle-Minimalismus zwei Gesichter:<br />
Nebst seinen vorbildlichen Motiven birgt<br />
er auch die Gefahr, dass die kritisierten<br />
Verhaltensweisen nicht wirklich unterbrochen,<br />
sondern nur auf individuelle<br />
Praktiken der Selbstdarstellung übertragen<br />
werden.<br />
Luxus im Zeitalter des Individualismus<br />
Minimalismus als Lebensstil stellt Askese<br />
in den Vordergrund. Gleichzeitig ist er<br />
ein Trend, der auf Instagram eher nach<br />
hochpreisigen Designer- und Einzelstücken<br />
aussieht. Denn inzwischen haben<br />
viele Unternehmen den Versuch unternommen,<br />
den Lifestyle in ihre Firmenidentität<br />
zu integrieren: Minimalist Cooking,<br />
Capsule Wardrobe, Minimalist<br />
Digital Design, Minimalist Interior Design<br />
usw. – allesamt Produktfamilien, welche<br />
sich zur Selbstdarstellung eines minimalistischen<br />
Lebenswandels eignen, und<br />
gleichzeitig die Reduktion von Konsum,<br />
allerdings durch Konsum, versprechen.<br />
Sogar in Lifestyle-Ratgebern wie demjenigen<br />
von Dominique Loreau oder Fumio<br />
Sasaki tritt diese Widersprüchlichkeit<br />
zutage: Loreau fordert beispielsweise<br />
dazu auf, alte Schals und Decken wegzuwerfen,<br />
um sie durch hochwertigere<br />
Kaschmirvarianten zu ersetzen. Wie die<br />
weggeworfenen Produkte wieder aufgewertet<br />
werden könnten, ist allerdings<br />
nicht Teil der minimalistischen Bewegung.<br />
Oder in Sasakis «Goodbye, Things»<br />
werden nicht nur Gegenstände aufgezählt,<br />
von denen man sich verabschieden<br />
könne, sondern auch jene Dinge, welche<br />
sich besonders für Simple Living eigneten:<br />
Allem voran Apple-Produkte mit<br />
ihrem reduzierten Design und einfachen<br />
Handling. So ehrenvoll die Absichten<br />
dahinter auch sein mögen: diese Formen<br />
des Lifestyle-Minimalismus unterliegen<br />
selbst wieder den kommerziellen Prinzipien,<br />
die sie konterkarieren. Vielleicht<br />
wird dabei insgesamt weniger konsumiert,<br />
dafür werden aber teurere und<br />
hochwertigere Varianten gewählt.<br />
Diese Tendenz zeichnet sich im zeitgleichen<br />
Boom des Luxusmarktes ab –<br />
wobei Luxus (ganz im Einklang mit den<br />
minimalistischen Prinzipien) tendenziell<br />
nicht mehr Prestige und Besitz bedeutet,<br />
sondern Purpose, Erlebnis, Zeit für sich<br />
selbst und die Möglichkeit, sein Leben<br />
in vollen Zügen zu geniessen. Das ist<br />
eine Entwicklung, die insbesondere in<br />
einer Welt auf fruchtbaren Boden stösst,<br />
in welcher Individualismus als Teil einer<br />
freiheitlichen Gesellschaft gilt. Denn in<br />
diesem Selbstverständnis werden Handlungen<br />
nicht primär aus ethischer Pflicht<br />
ausgeführt, sondern weil sie zum persönlichen<br />
Wachstum und Wohlbefinden<br />
beitragen. So gesehen ist ein minimalistischer<br />
Lebenswandel wie derjenige nach<br />
Marie Kondo Luxus schlechtweg: Hier<br />
kommt es stets darauf an, «wie es für<br />
mich ist». Die Selbstdarstellung des Einzelnen<br />
und das Sichkümmern um sich<br />
selbst ersetzen Fragen der Notwendigkeit,<br />
Nachhaltigkeit oder Funktionalität.<br />
Darf’s wieder ein bisschen mehr sein?<br />
So wie der Lifestyle-Minimalismus zwei<br />
Gesichter hat und sein Prinzip von einem<br />
Widerspruch geprägt ist, lassen ihn neue<br />
Trends bereits wieder alt aussehen:<br />
Nachdem der Minimalismus insbesondere<br />
die Millennials und ältere Generationen<br />
beeinflusst hat, hypt die Generation<br />
Z wieder den Krimskrams. Gegen<br />
die müslifarbenen, aufgeräumten Wohnzimmer<br />
der Millennials erhebt die neue<br />
Wohnästhetik «Cluttercore» das Horten<br />
von Nippes zur Kunstform: Unter dem<br />
entsprechenden Hashtag findet man auf<br />
Instagram und TikTok unzählige Bilder<br />
von Räumen, übervoll mit vorsichtig kuratierten<br />
Fotografien, Konzertkarten,<br />
bunten Papierschnipseln, kleinen Stofftierchen<br />
und Figürchen, Stickern, Pflanzen,<br />
Leuchtelementen … Doch obwohl<br />
dieser Alptraum jede:r Minimalist:in zunächst<br />
wie eine Antibewegung aussieht,<br />
fördert er die noch implizit vorhandene,<br />
affirmative Haltung gegenüber dem individualistischen<br />
und luxusorientierten<br />
Konsumverhalten zutage: Das individuelle<br />
Begehren und die Definition der<br />
eigenen Persönlichkeit über Materielles<br />
werden von der Generation Z auf die<br />
Spitze getrieben. Ob dies schon die<br />
Spitze des Eisberges oder noch steigerungsfähig<br />
ist, wird wohl erst die nächste<br />
Generation Alpha entscheiden.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
66<br />
KOLUMNE<br />
Wie entsteht<br />
eine Idee?<br />
Überlegungen zu einer Frage, die<br />
fast so alt ist wie die Menschheit<br />
selbst (und die trotzdem nicht aus<br />
der Mode kommt).<br />
Z<br />
um Ende des Jahres <strong>2023</strong> hin wird es<br />
auch in dieser Kolumne etwas … besinnlich?!<br />
Nein, das nicht, aber es wird<br />
«besonnen-reflektiert»: Denn während<br />
meine Texte für gewöhnlich Emphasis<br />
auf die strategische Bedeutung von Kommunikation<br />
in diversen Zusammenhängen legen,<br />
möchte ich diesmal – zusammen mit Ihnen, liebe<br />
Leser:innen – über ein Meta-Thema nachdenken.<br />
Es ist schwierig, das Thema exakt zu benennen,<br />
denn es changiert im Kontext von Innovation,<br />
Inspiration, Kreativität und Kollaboration. Einen<br />
singulären Begriff, der diesen Kontext praktisch<br />
«auf ein Wort» bringt, habe ich nicht gefunden.<br />
Also erzähle ich Ihnen einfach, wie ich zur Reflexion<br />
über besagten Kontext gekommen bin:<br />
Vor einigen Wochen nahm ich an einem Abendessen<br />
mit Sir John Hegarty teil – eine kleine, private<br />
Runde, die in Zürich zusammengekommen<br />
war, ehe Hegarty am kommenden Tag eine Keynote<br />
bei einer grossen Marketing-Veranstaltung<br />
halten sollte. Der Struktur der Gästeliste sei Dank<br />
kam das Gespräch unweigerlich auf die Frage<br />
nach der Genese von Ideen – und auf die Frage,<br />
wie Ideen nicht bloss entstehen, sondern wie sie<br />
zu grossartigen Ideen werden.<br />
Rick Rubin: «The Creative Act»<br />
Sir John berichtete dazu von einer Lektüre, die<br />
ihn sehr beeindruckt hatte (und die einige von<br />
Ihnen vielleicht mit in die Feiertage nehmen möchten):<br />
«The Creative Act» des amerikanischen Spitzen-Musikproduzenten<br />
Rick Rubin. Das Werk ist<br />
ein Versuch, etwas eigentlich Unsagbares in Tinte<br />
und Papier festzuhalten; den erwähnten Kontext<br />
von Innovation, Inspiration, Kreativität und Kollaboration<br />
für Aussenstehende so «greifbar» wie<br />
möglich zu machen. Rick Rubin wehrt sich dabei<br />
einerseits dagegen– das hatte Hegarty besonders<br />
gefallen –, als «Genie» klassifiziert zu werden, dem<br />
gute Ideen «in den Schoss fallen»; er weigert sich<br />
allerdings auch, eine feste Methodik aufzustellen,<br />
die als universelles Rezept für Kreativität ausgegeben<br />
wird. Vielmehr macht er Vorschläge, setzt<br />
sanfte Impulse und proklamiert maximale (!) Offenheit.<br />
Offenheit für die Umgebung, für die Menschen,<br />
Farben, Klänge und Gerüche um einen<br />
herum. Der Musikproduzent (der beispielsweise<br />
Johnny Cash eine zweite Karriere ermöglichte)<br />
fordert eine vorurteilsfreie Aufnahme der mannigfaltigen<br />
Einflüsse, die die Welt bereithält.<br />
Ideen am Wasser – oder via Kontakte<br />
Nun bin ich selbst kein Kreativer in unserer Agentur<br />
und hoffe deshalb, mein Team verzeiht mir<br />
diesen Exkurs, aber ich halte Rubins Ideen, sekundiert<br />
vom grossen Sir John Hegarty, für absolut<br />
richtig. Wichtige Gespräche führe ich gerne<br />
bei einem Spaziergang am See, weil Bewegung<br />
und der Blick auf das Wasser mir helfen, klarere<br />
Gedanken zu fassen und zu formulieren. Ich habe<br />
einen digitalen «Zettelkasten». Und ich umgebe<br />
mich mit Menschen, die ich intellektuell stimulierend<br />
finde: bei einem spontanen Espresso im<br />
Büro, auch ohne, dass ein Meeting in der Agenda<br />
stehen muss – oder im Privatleben, wo es ganz<br />
unerheblich ist, was das Gegenüber beruflich<br />
macht. So komme ich auf Ideen, und mitunter<br />
sind – hoffentlich – grosse Ideen dabei. Vielleicht<br />
möchten Sie das im neuen Jahr auch einmal versuchen.<br />
Oder mindestens einmal durch Rick Rubins<br />
Buch blättern. Es lohnt sich.<br />
Der Autor ist CEO der<br />
Publicis Groupe Switzerland.<br />
Illustration: Silvan Borer.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
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59.3% sagen: «Vor dem Einkaufen informierte ich<br />
mich häufi g darüber, wo Aktionen stattfi nden.»<br />
Quelle: WEMF MACH Strategy Consumer 2022<br />
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68<br />
SINNHAFTIGKEIT<br />
Profit oder<br />
Purpose?<br />
… am besten beides. Doch manchmal machen es Marken mit einer<br />
starken Meinung nicht allen Kunden recht. Warum es sich trotzdem lohnt,<br />
Flagge zu zeigen.<br />
Von Julia Gundelach<br />
D<br />
as Erfrischungsgetränk Coca-Cola<br />
gibt es mit Zucker und ohne, mit<br />
Kirsche und Vanille, mit Koffein, mit<br />
Zitrone, mit Orange, mit Guarana –<br />
und manchmal auch mit politischer<br />
Botschaft: «Wir setzen uns ein für eine bunte und<br />
diskriminierungsfreie Gesellschaft», hiess es in<br />
einer grossflächigen Anzeige, die der Getränkekonzern<br />
2020 in verschiedenen<br />
Schweizer Medien schaltete, auf<br />
der Titelseite. «Für eine Schweiz<br />
des #mitenand.» Der Zeitpunkt<br />
war kein Zufall. Denn ein paar<br />
Wochen später stimmte das Land<br />
über die Erweiterung der Anti-<br />
Rassismus-Strafnorm um die sexuelle<br />
Orientierung ab. Doch die<br />
regenbogenfarbene Botschaft<br />
war nicht nach jedermanns Geschmack:<br />
So stellte die Junge SVP schon einen<br />
Tag nach Erscheinen der Anzeige fest: «Coca-Cola<br />
schmeckt mir nicht mehr! Zum Glück gibt es noch<br />
Pepsi oder den Schweizer Konkurrenten Vivi Kola.»<br />
Wer eine Meinung hat, muss mit<br />
Gegenstimmen rechnen<br />
Wer eine Meinung hat und diese kundtut, der<br />
muss mit Gegenstimmen rechnen. Das weiss nicht<br />
nur Coca-Cola, auch andere Konzerne werden<br />
für ihre klaren Statements von der Kundschaft<br />
immer wieder abgestraft. So musste Bud Light in<br />
«Produkte<br />
verkaufen allein<br />
reicht nicht mehr,<br />
es braucht<br />
Identität und<br />
Sinn.»<br />
diesem Frühjahr nicht nur deutliche Umsatzeinbussen<br />
und einen Rückgang des Aktienwerts<br />
verkraften, sondern verlor auch ihren Platz als<br />
beliebteste Biermarke der US-Amerikaner. Der<br />
Grund für die Talfahrt: die Kooperation mit einem<br />
Transgender-Model, das seine 1,8 Millionen Instagram-Follower<br />
über ein Gewinnspiel der Marke<br />
informiert hatte. Den Konservativen unter der<br />
bierseligen Kundschaft war das viel zu «woke»,<br />
allen voran Kid Rock machte seinem Unmut Luft.<br />
«Opa ist heute ein bisschen ausgelassen»,<br />
raunte der Rocksänger<br />
in einem Video – und schoss mit<br />
einer Maschinenpistole mehrere<br />
Bud-Bierdosen nieder. «Dieses<br />
Bier werde ich nie wieder anrühren»,<br />
pflichtete ein Youtube-Nutzer<br />
bei, «get woke go broke.»<br />
Auch Nike spaltete die Öffentlichkeit,<br />
als die Sportmarke 2018<br />
ihr neues Werbegesicht präsentierte:<br />
Football-Spieler Colin Kaepernick, der<br />
gegen Polizeigewalt und Rassismus protestierte.<br />
Den Kritikern, allen voran Donald Trump, gefiel<br />
das gar nicht, sie riefen zum Boykott auf, zerstörten<br />
öffentlich Nike-Produkte und teilten Kurzfilme<br />
davon in den sozialen Medien: #justburnit statt<br />
Just do it.<br />
Marken in der Zwickmühle<br />
Die Zwickmühle für Marken: Eine klare Position,<br />
ein Purpose, wird von den Verbrauchern heute<br />
fast vorausgesetzt. Produkte verkaufen allein<br />
Bild: unsplash.com / Ave Calvar<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
69<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
70<br />
reicht nicht mehr, es braucht Identität und Sinn.<br />
Das zeigt auch eine Studie des Vermarktungsverbundes<br />
Ad Alliance: Demnach wirkt sich eine<br />
erfolgreiche Markenkommunikation für Purpose-<br />
Themen positiv auf Sympathie und Attraktivität<br />
der Marke aus, selbst die Kaufbereitschaft steigt.<br />
65 Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen<br />
Toleranz und die Nichtdiskriminierung aufgrund<br />
von sexueller Orientierung wichtig seien. Eine<br />
Meinung zu vertreten ist also Voraussetzung in<br />
der Kommunikation – doch die gefällt nun mal<br />
nicht jedem. Was können Unternehmen tun, um<br />
es allen recht zu machen?<br />
Das müssen sie gar nicht, sagt Diana Brasey.<br />
Die Zürcher Reputationsexpertin weiss: «Der<br />
Markt verlangt einen guten Ruf.» Das Problem:<br />
Den guten Ruf will man sich bei allen Kunden<br />
bewahren und nicht mit zu viel Wokeness zerstören.<br />
Trotzdem ist Brasey sich sicher, dass es<br />
besser ist, sich zu positionieren, als das nicht zu<br />
tun – unter einer Bedingung: Der Purpose darf<br />
nicht nur aus einem regenbogengefärbten Logo<br />
bestehen, es muss mehr dahinterstecken. Das,<br />
wofür ein Unternehmen sich in der Kommunikation<br />
stark macht, muss es wirklich leben, nach<br />
aussen wie nach innen. Produkte sind austauschbar,<br />
die nächste Marke steht nur einen Griff daneben.<br />
Wer stark auftritt, glaubwürdig ist und sich<br />
für etwas Gutes einsetzt, schafft es, sich von der<br />
«Eine Meinung zu vertreten ist Voraussetzung<br />
in der Kommunikation – doch die gefällt nun mal<br />
nicht jedem. Was können Unternehmen tun,<br />
um es allen recht zu machen?»<br />
Konkurrenz abzuheben und bindet die Kunden<br />
langfristig; vor allem die, die dieselben Werte<br />
vertreten wie man selbst.<br />
Purpose als Chefsache<br />
Kampagnen, die für<br />
Kontroversen sorgten:<br />
Nike-Werbung mit<br />
American-Football-Spieler<br />
Colin Kaepernick und<br />
Bud-Light-Clips mit<br />
Transgender-Influencerin<br />
Dylan Mulvaney.<br />
Und: «Purpose ist Chefsache», sagt die Reputationsexpertin.<br />
Es brauche dringend eine Schnittstelle,<br />
die Marketing, Human Resources, Produktion<br />
und alle Abteilungen einbezieht in den<br />
Prozess, den Unternehmenszweck ganzheitlich<br />
zu verankern. «Erst, wenn im Inneren alle an einem<br />
Strang ziehen und der Purpose hier verankert ist,<br />
dann kann man damit auch nach aussen gehen<br />
und ihn kommunizieren», erklärt die Expertin. Bei<br />
Bud Light gab es eine solche Schnittstelle vermutlich<br />
nicht, und Diana Brasey findet: «Es war<br />
gut gemeint, aber der Schritt mit dem Transgender-Model<br />
war viel zu gross.» Der Marketing-Fail<br />
Collage: Bud Light Instagram / Nike Wieden+Kennedy<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
71<br />
wäre vermeidbar gewesen, hätte man die Aktion<br />
zu Ende gedacht.<br />
Wie es besser geht, zeigten kürzlich Maison<br />
Blanche und Jung von Matt Limmat auf der Fashion<br />
Week in New York: Mit der Awareness-<br />
Kampagne «Tags Against Crime» macht sich das<br />
Schweizer Modelabel stark gegen sexualisierte<br />
Gewalt, indem es auf den Waschetiketten in seinen<br />
Kleidungsstücken eine wichtige Botschaft<br />
platziert: «Do not wash if you’ve just been sexually<br />
assaulted» – auf keinen Fall waschen, wenn du<br />
sexuellen Missbrauch erlebt hast. Denn wenn<br />
Kleidung nach einem Übergriff gereinigt wird,<br />
geht wertvolles DNA-Beweismaterial verloren.<br />
Mit der Kampagne soll nicht nur aufgeklärt werden,<br />
sondern der Diskurs um den gesellschaftlichen<br />
Umgang mit sexualisierter Gewalt weiter<br />
vorangeführt werden, sagte der Gründer Yannik<br />
Zamboni. Ein klares Statement, das zur Marken-<br />
DNA passt wie angegossen. In einem Interview<br />
mit «20 Minuten» erzählte der Designer, dass er<br />
selbst sexuelle Übergriffe erlebt hat – hier geht<br />
es nicht um «Wokewashing». Sondern um echte<br />
Werte.<br />
Das Wichtigste ist es zu wissen, wofür ein<br />
Unternehmen oder der CEO einstehen möchte<br />
und welche Werte dazu passen, erklärt Diana<br />
Brasey. Wird diese Key-Message im Unternehmen<br />
nicht gelebt, müsse man auch nicht jeden Trend<br />
mitmachen. «Da gilt: Weniger ist mehr.»<br />
Bild: Maison Blanche / Jung von Matt / Messmer<br />
Auch Traditionsunternehmen können sich<br />
offen zeigen<br />
Offenheit kommunizieren können auch Traditionsunternehmen,<br />
wie «Meßmer Tee» zeigt. Seit 1852<br />
gibt es die Marke, die seit einigen Jahren immer<br />
wieder mit gleichgeschlechtlicher Liebe und diversen<br />
Models in ihren Spots und Kampagnen<br />
auftritt. Mal küssen sich zwei Frauen, mal umarmen<br />
sich Männer, mal wird ein Kind mit zwei Müttern<br />
gezeigt – nach dem Motto: «Gelassenheit ist, wenn<br />
alles ganz natürlich ist.» Und natürlich findet diese<br />
Art der Werbung nicht jeder so natürlich, negative<br />
Kommentare sind vorprogrammiert. «Disqualifiziert»,<br />
lästern Facebook-User über die Spots und<br />
Anzeigen, «na super, wieder ’ne Firma, die man<br />
boykottieren kann!» Doch die Teemarke bleibt<br />
gelassen und hält an ihren bunten Pärchen fest.<br />
Auch im neuen Spot der Kaugummimarke<br />
Wrigley‘s Extra zeigt man sich<br />
divers, zwei Frauen küssen sich gut gelaunt<br />
im Auto. Die Botschaft: «Mach dein<br />
Ding!» So weit, so normal – doch auch<br />
dieser Spot erhitzt die Gemüter. Auf<br />
Youtube schimpft die konservative Kaugummifraktion<br />
lauthals und droht, Wrigley’s<br />
Extra nie wieder zu kaufen. Na ja.<br />
Dann eben nicht.<br />
Purpose-Marketing ohne «Shitstorm»:<br />
Maison Blanche und Meßmer-Tee.<br />
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72<br />
PORTRÄT<br />
«Viele<br />
wissen zu wenig<br />
über Geld»<br />
Olga Miler war über zehn Jahre in verschiedenen Funktionen bei der UBS tätig, baute dort<br />
die Frauensegmentstrategie sowie den UBS Gender ETF auf. Mit ihrem Unternehmen<br />
SmartPurse ist sie im Bereich Finanzbildung im B2B- und B2C-Markt aktiv.<br />
Von Anna Kohler<br />
W<br />
as um Himmels Willen hat Olga<br />
Miler mit Pokémon am Hut? Sie<br />
grinst. «Meine Familie ist verrückt<br />
nach Pokémon. Sie sammeln<br />
die Bilder, spielen online,<br />
mein älterer Sohn hat sogar einen Pokémon-Shop,<br />
und der Jüngere spielt auf Weltklasseniveau.»<br />
Okay …Eine ganz normale Familie<br />
also? «Keiner ist normal bei<br />
uns, das ist ja das Schöne», sagt<br />
sie lachend. Aber was ist schon<br />
normal? Der Werdegang von<br />
Olga Miler auf keinen Fall.<br />
Die Lehrjahre<br />
Olga wird in Prag geboren, zieht<br />
im Alter von sieben Jahren mit<br />
ihrer Mutter in den Schwarzwald, und mit zwölf<br />
wandert die Familie in die Schweiz ein. Olga besucht<br />
in Baden die Kantonsschule und studiert<br />
danach Betriebswirtschaft an der HSG. Natürlich<br />
gibt es auch dazu eine Geschichte. «Mein Urgrossvater<br />
hat schon an der HSG studiert, das<br />
schien mir ein gutes Omen.» Besagter hatte für<br />
«Mein<br />
Urgrossvater<br />
hat schon an der<br />
HSG studiert,<br />
das schien mir ein<br />
gutes Omen.»<br />
ein Semester aus der Tschechischen Republik<br />
nach St.Gallen an die Uni gewechselt.<br />
Im fünften Semester beginnt Olga ein Praktikum<br />
bei PwC und begeistert dort die Chefetage.<br />
Mit ihrer unkonventionellen, direkten und kompetenten<br />
Art sichert sie sich schon vor Studienabschluss<br />
einen Arbeitsvertrag mit PwC. Sie<br />
scheint immer zur rechten Zeit am richtigen Ort<br />
zu sein. Für den Kunden Nestlé geht sie nach<br />
Vevey, anfangs sind sie 3 Leute,<br />
ein paar Jahre später über 400.<br />
Sie beschreibt diese Zeit als «die<br />
goldenen Jahre des Consulting».<br />
Von PwC wechselt sie zu Nestlé<br />
in Brasilien, wo sie über zwei<br />
Jahre arbeitet. Sie ist eine der<br />
wenigen Frauen im Team, lernt<br />
Portugiesisch. Als man ihr die USA<br />
oder Kanada als nächste Arbeitsdestination<br />
vorschlägt, sagt sie ab, sie möchte<br />
näher an ihrem Partner sein, der gerade ein Startup<br />
in Zürich gründet. Sie pendelt ein Jahr zwischen<br />
Mailand, Zürich und Frankfurt. Fühlt sich<br />
aber einsam. Schliesslich kündigt sie und startet<br />
als Consultant bei der UBS, die sie dann fest anstellt.<br />
Die nächsten zehn Jahre ist sie in den ver-<br />
Bild: Olga Miler<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
73<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
74<br />
schiedensten Funktionen beim Finanzdienstleister<br />
tätig, unter anderem baut<br />
sie den UBS Gender ETF auf und zusammen<br />
mit Mara Harvey das Frauenförderprogramm,<br />
das 2017 erfolgreich lanciert<br />
wird und bis heute Bestand des Wealth<br />
Management ist. «Ich hatte mich vorher<br />
nicht gross um frauenspezifische Themen<br />
gekümmert. Da ich von Hause aus emanzipiert<br />
aufgewachsen bin, habe ich nie<br />
den Drang verspürt, den Fokus darauf<br />
zu setzen.» Aber zusammen mit Arbeitskollegin<br />
Mara Harvey fällt ihr auf, dass<br />
beim Wealth Management die Frauen<br />
nicht angesprochen werden. In jahrelanger<br />
Arbeit baut Olga an dem Programm.<br />
Das ist dann auch ihr offizieller<br />
Titel: Managing Director Global Programm<br />
Architect UBS Unique.<br />
Die Start-up-Gründerin<br />
Als sie sich 2019 entschliesst, die UBS<br />
zu verlassen, weiss sie genau, was sie im<br />
nächsten Schritt tun wird. Denn: «Ich<br />
habe in all den Jahren gemerkt, dass die<br />
meisten Menschen viel zu wenig über<br />
Geld wissen.» Das will sie ändern. Unabhängige<br />
Finanzbildung ist der Kern<br />
von SmartPurse, dem Start-up, das sie<br />
2019 gründet. «Ich hatte festgestellt, dass<br />
Menschen, die sich mit ihrem Vermögen<br />
beschäftigen, gern unabhängig beraten<br />
werden», sagt Olga Miler und schaut für<br />
einen Moment in die Ferne, formt ihre<br />
nächsten Sätze im Kopf, dann fährt sie<br />
fort. «Irgendwie ist alles andere ja auch<br />
Marketing», sinniert sie. Natürlich sei jedes<br />
Geldinstitut bemüht, die eigenen<br />
Angebote im Bereich Wealth Management<br />
zu pushen. Das seien aber nicht<br />
«Ich habe festgestellt, dass Menschen,<br />
die sich mit ihrem Vermögen beschäftigen,<br />
gern unabhängig beraten werden.»<br />
immer die besten Lösungen. Genau deshalb<br />
gründet Olga Miler SmartPurse, um<br />
Menschen zu befähigen, eigene Entscheidungen<br />
in Sachen Finanzen zu treffen.<br />
Zusammen mit einer Freundin gründet<br />
sie das Start-up. Diese kommt aus<br />
London, und auch das Startkapital kommt<br />
vom Freundeskreis in UK. Als alles «ready<br />
to go» ist, kommt die Pandemie. Und ein<br />
Angebot, das Rebranding einer Bank zu<br />
orchestrieren. Sie nimmt den Job, stellt<br />
SmartPurse zurück, und erst 2021 lässt<br />
sie ihr Business-Baby wieder an den Start.<br />
Diesmal based in der Schweiz. Olga startet,<br />
indem sie «Geld unterrichtet». Soll<br />
heissen, per Zoom gibt sie Workshops,<br />
Webinare und generiert so eine Klientel,<br />
die sich stetig vermehrt. Frauen stehen<br />
anfangs noch im Fokus. Aber inzwischen<br />
hat sich das Bildungsangebot versachlicht,<br />
es geht um Finanzbildung für alle.<br />
«Geld ist in der ganzen Gesellschaft<br />
omnipräsent.»<br />
Erntejahre<br />
Jetzt hat das Start-up die nächste Finanzierungsrunde<br />
mit 700 000 Franken<br />
erfolgreich abgeschlossen, um weiter<br />
durchzustarten. Den grössten Teil der<br />
Kunden bedienen sie im B2B-Sektor. «Wir<br />
machen Finanzbildung für Unternehmen,<br />
die ihre Kund:innen besser beraten wollen»,<br />
fasst sie es zusammen. Die erste<br />
Partnerin ist die Frauenzentrale Zürich,<br />
inzwischen sind etliche dazugekommen,<br />
wie Advance Schweiz und Swiss Life<br />
Wealth Managers. Auch für Alpian hat<br />
SmartPurse ein Konzept entwickelt, zusammen<br />
mit Marion Fogli, die als Deputy<br />
CEO der Alpian Frauenförderung vorantreibt.<br />
«Jedes Unternehmen hat eine<br />
Changemakerin oder eine Art Pippi<br />
Langstrumpf, die Dinge anpackt, Veränderungen<br />
vorantreibt. So eine bin ich<br />
auch, wir erkennen uns untereinander.»<br />
Finanzdienstleister steckten, so Olgas<br />
Meinung, in einer Krise. Studien würden<br />
bestätigen, dass die Kund:innen ihre<br />
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75<br />
Illustrationen: Silvan Borer<br />
MILER-TIPPS<br />
Top 5<br />
1<br />
Regelmässiger Geldputz<br />
Alle drei Monate das Budget<br />
und Kreditkarten von<br />
ungewollten Kostenfressern,<br />
wie z.B. nicht gebrauchte<br />
Abos, befreien. Kann<br />
Tausende von Franken im<br />
Jahr sparen.<br />
2<br />
Über Geld sprechen<br />
Ist einer der effizientesten<br />
Wege, sich Wissen anzueignen,<br />
neue Anbieter kennen<br />
zu lernen und praktische<br />
Tipps zu bekommen. Zudem<br />
lernt man das Gegenüber<br />
auf eine neue Art kennen.<br />
3<br />
Automatisieren, wo’s geht<br />
Beträge für grössere<br />
Anschaffungen, Vorsorge,<br />
Investieren direkt automatisch<br />
mit Daueraufträgen<br />
abzweigen. Einmal aufgesetzt,<br />
läuft es auf Autopilot.<br />
4<br />
Auf Kosten achten<br />
Der Kostenvergleich bei den<br />
Finanzen ist etwas vom Mühsamsten,<br />
lohnt sich aber, da<br />
die Kosten erheblich ins<br />
Gewicht fallen. Einmal im<br />
Jahr Anbieter überprüfen<br />
und den Wechsel nicht<br />
scheuen.<br />
5<br />
Auch kleine Beträge<br />
nutzen<br />
Regelmässigkeit und<br />
Langfristigkeit machen einen<br />
grossen Teil des Erfolgs zum<br />
Aufbau des Vermögens aus.<br />
Breit diversifizierte, kostengünstige<br />
Anlage suchen,<br />
starten, mit Dauerauftrag auf<br />
Autopilot setzen.<br />
Gelder abziehen, zu Onlineanbietern<br />
wechseln, und auch die Kryptoszene<br />
drücke in den Markt. Es sei deshalb wichtig,<br />
gerade junge Menschen für das<br />
Thema Finanzbildung zu interessieren,<br />
diese seien die Invester der Zukunft.<br />
Was haben Finanzen und Humor<br />
gemeinsam?<br />
Olga Miler ist in allem, was sie macht,<br />
gründlich. Es ist ihr wichtig, Menschen<br />
auf vielen Kanälen zu erreichen und auch<br />
nie den Kontakt zu den Customern zu<br />
verlieren. Deshalb ist neben dem B2Bauch<br />
das B2C-Geschäft wichtig für sie.<br />
Seit bald vier Jahren schreibt Olga Miler<br />
bei Watson einen Finanzblog. Das erste<br />
Jahr hiess er «Frauen und Geld», dann<br />
aber schrieben so viele Männer, wie<br />
interessant dieser Blog auch für sie sei.<br />
2021 wird er umbenannt in «Moneytalks».<br />
Alle zwei Wochen am Donnerstag<br />
packt sie ein Thema aus der Finanzwelt<br />
beim Schopf und beleuchtet es von verschiedenen<br />
Perspektiven. Der Blog ist<br />
sehr erfolgreich und wird auch für die<br />
Welschschweiz übersetzt. Bei welchen<br />
Themen hat sie die meisten Klicks? «Bei<br />
Tipps und Tricks, also Ratgeberthemen,<br />
die werden super geklickt», erzählt sie.<br />
Man würde meinen, diese Frau hat<br />
genug zu tun. Der Tag hat 24 Stunden,<br />
sie hat zwei Kinder, einen Haushalt, eine<br />
Ehe und ein Business. Jetzt schreibt sie<br />
ein Buch. Ein Finanzbuch für alle, wie<br />
Olga Miler und Co-Chefredaktorin<br />
von m&k, Anna<br />
Kohler, nach dem Interview.<br />
Olga es nennt. Natürlich humoristisch<br />
untermalt. Pippi Langstrumpf-Style. Das<br />
Buch erklärt die 30 wichtigsten Konzepte<br />
zum Thema Geld, die wir alle schon in<br />
der Schule hätten lernen sollen. Gespickt<br />
mit humoristischen Karikaturen. «Das<br />
wird ganz vielen Menschen helfen, denn<br />
mit Humor bleibt alles besser hängen.»<br />
Ihr Traum wäre es, wenn alle Jugendliche<br />
ab 14 Jahren dieses Buch als Pflichtlektüre<br />
in der Schule lesen würden. Mit 140<br />
Seiten und den vielen Karikaturen ist es<br />
schnell gelesen. Der Beobachter-Verlag<br />
bringt das Werk im März heraus.<br />
Innehalten<br />
Olga Miler kommt aus einer Familie mit<br />
starken Frauen. Schon früh lernt sie, dass<br />
finanzielle Unabhängigkeit für das Wohlergehen,<br />
aber auch die Augenhöhe in<br />
Beziehungen wichtig ist. Sie geht ihren<br />
Weg, und als sie mit 24 auf der Streetparade<br />
ihren Mann kennenlernt, beginnt<br />
eine Reise, die in keiner Form so geplant<br />
war. «Ich hatte mir nie Gedanken übers<br />
Heiraten gemacht, ich wusste nicht, ob<br />
ich Kinder wollte. Die guten Dinge, da<br />
ist sich Olga Miler sicher, passieren auf<br />
dem Weg. Wichtig ist: Sie hat immer gut<br />
zugehört und hingeschaut. Da könnte<br />
man viel begreifen. Und auch Glück<br />
spielt eine Rolle. Am richtigen Ort zur<br />
richtigen Zeit sein. Ihre Geschichte wirkt<br />
wie eine Aneinanderreihung von ergriffenen<br />
Chancen. Sieht sie das auch so?<br />
Nein, sagt Olga, und wieder hält sie eine<br />
Weile inne, reflektiert vor dem inneren<br />
Auge. Es hätte viele Chancen gegeben,<br />
die sie nicht gepackt hätte, sie wisse<br />
nicht, wo sie wäre, hätte sie zugegriffen.<br />
Aber eben, das Leben passiere jetzt und<br />
hier und wolle gelebt werden. Olga lächelt:<br />
«Aber wenn jemand mal die<br />
Pokémon-Karten vom Boden unserer<br />
Wohnung aufräumen würde, wäre ich<br />
nicht sauer.»<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
76<br />
LINK<br />
«Qualität<br />
und Schweizer<br />
Expertise bleiben»<br />
Seit zwei Jahren ist das Markt- und Sozialforschungsinstitut Link<br />
Teil der internationalen You Gov-Gruppe. Der nächste Schritt ist das offizielle<br />
Rebranding, damit wird Link zu You Gov Schweiz. m&k hat sich mit<br />
CEO Lukas Theiler und Stefan Reiser, Managing Director der Marketingforschung,<br />
über die Chancen und Herausforderungen der Integration unterhalten.<br />
Von Anna Kohler Bilder Chris Reist<br />
M&K Link ist Teil von You Gov? Wer ist<br />
die You Gov-Gruppe?<br />
LUKAS THEILER You Gov ist ein internationales<br />
Unternehmen für Markt- und<br />
Sozialforschung und gehört zu den<br />
grössten Marktforschungsnetzwerken<br />
weltweit. Ursprünglich gegründet von<br />
Stephan Shakespeare im Jahr 2000,<br />
hat Steve Hatch seit August dieses<br />
Jahres die Unternehmensführung<br />
inne. You Gov hat inzwischen mehr<br />
als 30 Standorte weltweit. Link ist seit<br />
Dezember 2021 Teil der You Gov-<br />
Gruppe, und als Nächstes vollziehen<br />
wir den letzten Schritt und gleichen<br />
auch unser Kleid sowie den Namen an.<br />
Wir werden zu You Gov Schweiz.<br />
Welche Vorteile und Chancen bietet<br />
dies?<br />
STEFAN REISER Man erkennt die Vorteile<br />
am deutlichsten an den zusätzlichen<br />
Services und Produkten, die wir bieten,<br />
sowie am Umfang der Länder, in<br />
denen wir nun Befragungen in unternehmenseigenen<br />
Panels durchführen<br />
können. Gleichzeitig behalten wir<br />
unsere Schweizer Identität und<br />
Expertise: Sowohl Projektleitung und<br />
Beratung, Datenspeicherung, Interviewdurchführung<br />
als auch Unternehmensleitung<br />
verbleiben wie gewohnt<br />
in der Schweiz.<br />
LUKAS THEILER Link war bisher sehr auf<br />
den lokalen Markt in der Schweiz<br />
fokussiert. Dabei haben wir hier über<br />
die Jahre methodische und qualitative<br />
Benchmarks in der Marktforschung<br />
gesetzt. Als Teil der international in der<br />
Branche für Innovation und Datenqualität<br />
bekannten You Gov-Gruppe sind<br />
wir noch näher am Puls der Zeit, wovon<br />
auch unsere Kund:innen profitieren.<br />
Unsere Schweizer Qualität bleibt auch<br />
künftig klar unser wichtigstes Asset.<br />
Wie kann ich mir das genau vorstellen<br />
mit dem Mehrwert für die Kund:innen?<br />
STEFAN REISER Wir können unseren<br />
Kund:innen eine weitaus grössere<br />
Reichweite in der Marktforschung<br />
bieten – neben zusätzlichen Ländern<br />
geht es hier auch um ein zusätzliches<br />
Lösungsportfolio und ergänzende<br />
Kompetenzen. Seit wir Teil der Gruppe<br />
sind, haben You Gov-Kund:innen zudem<br />
die Möglichkeit, Umfragen über unsere<br />
wertvolle Panel-Community durchzuführen<br />
und umfassende Expertise für den<br />
Schweizer Markt zu erhalten. Gerade<br />
internationale Unternehmen, die ihren<br />
Sitz in der Schweiz, aber auch internationale<br />
Standorte haben, profitieren von<br />
den weltweiten Forschungskapazitäten<br />
und davon, Ergebnisse aus einer Hand<br />
von gewohnten Ansprechpartner:innen<br />
erhalten zu können.<br />
Auf wie viele Panelist:innen kann Link<br />
bzw. künftig You Gov Schweiz im<br />
Moment zugreifen?<br />
LUKAS THEILER Aktuell umfasst unser<br />
Panel <strong>11</strong>5 000 Panelist:innen in der<br />
Schweiz, die künftig Teil eines mehr als<br />
24 Millionen Panelist:innen umfassenden<br />
Marktforschungsnetzwerks<br />
werden.<br />
Wird sich durch die Transition von Link<br />
zu You Gov Schweiz etwas am Angebot,<br />
am Service oder an der Qualität<br />
der Daten ändern?<br />
STEFAN REISER Das Angebot vergrössert<br />
sich natürlich, die Qualität des Services<br />
bleibt aber genauso hoch wie vorher.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
77<br />
Stefan Reiser, Managing<br />
Director der Marketingforschung<br />
(links), und<br />
Lukas Theiler, CEO von<br />
Link.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
78<br />
Erreichen ihrer unternehmerischen<br />
Ziele liefern.<br />
Unsere Kund:innen werden künftig<br />
auch davon profitieren, dass wir an<br />
über 30 Standorten in der Welt zusammenarbeiten<br />
und voneinander lernen.<br />
Gleichzeitig können sich unsere<br />
Kund:innen darauf verlassen, dass die<br />
Wertschöpfung in der Schweiz bleibt,<br />
ebenso die Daten. Link wird für die<br />
hohe Qualität der Daten, die umfassende<br />
Beratung und die Expertise auf<br />
dem Schweizer Markt geschätzt, daran<br />
ändert sich durch den Namenswechsel<br />
zu You Gov Schweiz nichts. Wir bleiben<br />
eine Schweizer Firma – dem wird in der<br />
neuen Firmierung ganz klar Rechnung<br />
getragen.<br />
Bleiben alle Mitarbeitenden bei Link<br />
auch nach der You Gov-Integration an<br />
Bord?<br />
STEFAN REISER Link zeichnet sich als<br />
Arbeitgeberin durch eine geringe<br />
Mitarbeiterfluktuation aus. Dies wissen<br />
auch unsere Kund:innen zu schätzen,<br />
und so soll es auch bleiben. Im Rahmen<br />
der Integration und des Rebranding<br />
ist kein Stellenabbau geplant. Es<br />
bleiben alle bestehenden Funktionen<br />
hierzulande erhalten.<br />
und für die Sozialforschung. Neben<br />
strategischen und finanziellen Zielen<br />
wollen wir uns auch von Linkianer:<br />
innen zu You Gover:innen entwickeln<br />
(lacht). Dieser Integrationsprozess<br />
braucht viel Fingerspitzengefühl, wir<br />
nehmen alle unsere Mitarbeitenden<br />
auf diese Reise mit. Das ist ein wichtiges<br />
Thema. Hinzu kommt das Rebranding<br />
der Marke. Und selbstverständlich<br />
werden wir unsere Kund:innen der<br />
Marketing- und Sozialforschung<br />
weiterhin mit gewohnter Qualität und<br />
starkem Service bei ihren Forschungsfragen<br />
begleiten und Insights zum<br />
Wie steht es um die Sektoren- und<br />
Methodenexpertise von Link auf dem<br />
Schweizer Markt nach dem Rebrand,<br />
welche Entwicklungen haben nationale<br />
und internationale Kund:innen<br />
von Link zu erwarten? Und wie kann<br />
Link diese Stärken in die You Gov-<br />
Gruppe einbringen?<br />
STEFAN REISER Unser Credo ist, dass wir<br />
stets innovativ in die Zukunft blicken.<br />
Daher stehen wir nicht still, sondern<br />
sind konstant dabei, unsere Sektorenund<br />
Methodenexpertise, mit der wir<br />
uns am Markt auszeichnen, weiterzuentwickeln.<br />
Wir profitieren sehr vom<br />
grossen internationalen You Gov-Netzwerk,<br />
insbesondere mit Blick auf die<br />
Fachexpertise. Auch durch die Produkte,<br />
die in der You Gov-Gruppe<br />
weltweit verfügbar sind, entsteht ein<br />
Mehrwert. Schliesslich hat eine grosse,<br />
internationale Gruppe auch viel weitreichendere<br />
Möglichkeiten, in neue<br />
Technologien und Lösungen zu investieren.<br />
Das öffnet uns neue Türen, und<br />
davon werden auch unsere Schweizer<br />
Kund:innen enorm profitieren.<br />
Profitiert You Gov auch von Link und<br />
dessen Expertise?<br />
LUKAS THEILER Ja, natürlich – enorm<br />
sogar. Stefan treibt mit seinem Team<br />
den Ansatz von Thought Leadership<br />
Sprechen wir über die Ziele von Link/<br />
You Gov Schweiz im Jahr 2024. Was<br />
steht an?<br />
LUKAS THEILER Für 2024 haben wir<br />
verschiedene Pfeiler gesetzt – wir<br />
haben übergreifende Ziele der<br />
Gruppe, für die Marketingforschung<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
79<br />
Stefan Reiser (links),<br />
Managing Director der<br />
Marketingforschung, und<br />
Lukas Theiler (unten),<br />
CEO von Link.<br />
seit langer Zeit stark voran. Wir testen<br />
konstant neue Herangehensweisen,<br />
Methoden und Lösungsansätze, stets<br />
am Nabel der Zeit und ganz nah an<br />
unseren Kund:innen.<br />
STEFAN REISER Die Schweiz liegt nach<br />
den Esomar-Verbandszahlen weltweit<br />
unter den Ländern, in denen verhältnismässig<br />
am meisten in die Markt- und<br />
Sozialforschung investiert wird. Gleichzeitig<br />
ist die Erwartungshaltung der<br />
Schweizer Unternehmen an die Marktforschung<br />
enorm hoch. Wir bringen<br />
hohe Qualitätsstandards und innovative<br />
Lösungen aktiv in die Gruppe ein.<br />
Davon profitieren natürlich wiederum<br />
auch die anderen Länder.<br />
Können Sie das noch ein wenig präzisieren?<br />
STEFAN REISER Ich denke da unter anderem<br />
an die Expertise unserer Forscher:<br />
innen in den Bereichen<br />
Advanced Analytics,<br />
Agile Marktforschung<br />
und Customer Experience.<br />
Technologieseitig<br />
sind wir in der Gruppe<br />
ausserdem führend im<br />
praktischen Einsatz von<br />
Machine-<br />
Learning-Algorithmen<br />
und KI-Anwendungen.<br />
Welche Herausforderungen bringt ein<br />
Markenwechsel mit sich?<br />
STEFAN REISER Link besteht seit über<br />
40 Jahren – und ist eine starke, in der<br />
Schweiz fest verankerte Marke. Bei<br />
einem Namenswechsel hin zu You Gov<br />
Schweiz ist es eine zentrale Aufgabe,<br />
unsere Kund:innen davon zu überzeugen,<br />
dass wir unser Schweizer Leistungsangebot<br />
sowie unsere hohen<br />
«Unsere<br />
Schweizer Qualität<br />
bleibt auch<br />
künftig klar<br />
unser wichtigstes<br />
Asset.»<br />
Qualitätsmassstäbe aufrechterhalten.<br />
Wir beschäftigen uns damit sehr<br />
intensiv, und wir sind all unseren<br />
Mitarbeitenden sehr dankbar, dass sie<br />
diese Übergangsphase aktiv begleiten.<br />
LUKAS THEILER Wir sind sehr transparent<br />
und informieren unser gesamtes Team<br />
in regelmässigen Abständen über die<br />
Transition – auch über mögliche<br />
Knackpunkte. You Gov<br />
wächst sehr schnell, und<br />
genau das birgt Chancen:<br />
Unsere Mitarbeitenden<br />
bringen eine enorme<br />
Menge an Expertise mit,<br />
was bei You Gov natürlich<br />
auf offene Ohren stösst.<br />
Und unsere Transparenz<br />
gilt nicht nur nach innen,<br />
sondern auch nach aussen<br />
– wir wollen alle auf diese Reise<br />
mitnehmen, auch unsere Kund:innen.<br />
You Gov hat in den vergangenen zehn<br />
Jahren ein gigantisches Wachstum<br />
hingelegt und wächst weiterhin stark –<br />
wie werden die Unternehmung und<br />
Ihre Kund:innen davon profitieren?<br />
STEFAN REISER Neue Produkte, neue<br />
Technologien – You Gov verfolgt den<br />
Ansatz von «Living Data»: Das weltweite<br />
Forschungsnetzwerk generiert<br />
einen kontinuierlichen Datenstrom, auf<br />
den die Kund:innen jederzeit zugreifen<br />
können und bei dem alle erhobenen<br />
Datenpunkte miteinander verknüpft<br />
und analysiert werden können. Das ist<br />
in dieser Art einzigartig und wird nun<br />
auch in der Schweiz ausgebaut. Auch<br />
ist You Gov ein stabiles, etabliertes<br />
Unternehmen mit sehr guten Zahlen<br />
und kontinuierlichem Wachstum, das<br />
gibt Rückhalt für unser Schweizer<br />
Business. Durch unsere Zugehörigkeit<br />
zur Gruppe wollen wir unsere Belegschaft<br />
in der Schweiz perspektivisch<br />
ausbauen.<br />
Link ist heute Marktführerin – wie hilft<br />
Ihnen You Gov, diesen Vorsprung in<br />
der Schweiz weiter auszubauen?<br />
LUKAS THEILER Weil You Gov auf der<br />
ganzen Welt agiert, können Trends<br />
schneller ausgemacht werden. Davon<br />
profitieren natürlich auch wir hier in<br />
der Schweiz. Mithilfe aller neuen<br />
Möglichkeiten durch You Gov als<br />
Mutterhaus werden wir unsere lokale<br />
Marktführerschaft noch weiter ausbauen<br />
können – wir freuen uns sehr auf<br />
dieses spannende nächste Kapitel in<br />
unserer Geschichte.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
INSCRIVEZ-VOUS<br />
MAINTENANT !<br />
Die Jagd ist eröffnet!<br />
La chasse est ouverte!<br />
La caccia è aperta!<br />
Einreichung bis 19. Februar 2024<br />
Soumission jusqu’au 19 février 2024<br />
I <br />
ISCRIVETEVI<br />
ORA!<br />
swiss<br />
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award<br />
2024<br />
JETZT<br />
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SPONSORS<br />
Award night — 23 may 2024<br />
JED Events Zurich<br />
MEDIAPARTNER
81<br />
Bild: zVg. Saatchi&Saatchi / zVg. Transworld Publishers.<br />
Kreativity<br />
Warte<br />
nicht auf<br />
Inspiration.<br />
Sie kommt zu<br />
dir, während<br />
du arbeitest.<br />
Henri Matisse<br />
Maler<br />
JOBCHANGE<br />
Luitgard Hagl wechselt zu Saatchi & Saatchi<br />
D<br />
ie Topkreative Luitgard Hagl kehrt nicht nur der Schweiz, sondern<br />
auch ihrem bisherigen Arbeitgeber Jung von Matt Limmat den<br />
Rücken: Ab Februar 2024 startet sie als Managing Director Kreation<br />
bei Saatchi & Saatchi in Düsseldorf und wird fachlich an<br />
Groupe-CCO Dennis May berichten. Bei Jung von Matt Limmat war Hagl<br />
zuletzt als Managing Creative Director und Agency Lead tätig. Frühere<br />
berufliche Stationen waren unter anderem Serviceplan, Jung von Matt<br />
Hamburg und Grabarz und Partner. Für ihre kreativen Leistungen wurde<br />
sie vielfach ausgezeichnet, war Jurymitglied zahlreicher nationaler und<br />
internationaler Awards und ist Mitglied des Art Directors Club Deutschland.<br />
Zu ihrer neuen Aufgabe sagt Hagl: «Wir wollen mit Saatchi & Saatchi für<br />
Kreation stehen, die aus sich heraus etwas bewegt.»<br />
K R EATI V PR EIS<br />
Drei Schweizer:innen in der ADCE-Jury<br />
Die Juror:innen für die ADCE Awards <strong>2023</strong>, der «Champions League of<br />
Creativity», sind bekannt: Insgesamt 56 Kreative aus 21 europäischen<br />
Ländern werden über die besten kreativen Arbeiten aus ganz Europa<br />
debattieren. Auch drei Schweizer:innen sitzen in der Jury: Stefanie Huber<br />
(Kategorie «Integrated & Innovation»), Dominique Magnusson (Kategorie<br />
«Design») und Michael Hinderling (Kategorie «Interactive & Mobile»). Die<br />
Resultate des Wettbewerbs werden Anfang Dezember <strong>2023</strong> in einer feierlichen<br />
Zeremonie bekannt gegeben.<br />
BUCHTIPP<br />
«Creativity, Inc.»<br />
von Ed Catmull<br />
Ed Catmull ist nicht<br />
nur einer der Mitbegründer<br />
der legendären<br />
Pixar-Animationsstudios<br />
– sondern wird<br />
von vielen als regelrechtes<br />
«Kreativgenie»<br />
betrachtet. Sein<br />
bereits 2014 veröffentlichtes<br />
Buch «Creativity,<br />
Inc.» lohnt sich als<br />
Weihnachtsgeschenk<br />
oder Feiertagslektüre,<br />
denn Catmull erklärt<br />
nicht nur, wie man zu<br />
richtig guten Ideen<br />
gelangt; er zeigt auch,<br />
wie man damit ein<br />
profitables Business<br />
aufzieht.<br />
EINREICHUNG<br />
DOOH Creative<br />
Challenge<br />
Die DOOH Creative<br />
Challenge 2024 vom<br />
Institute for Digital<br />
Out of Home Media<br />
(IDOOH) geht in die<br />
vierte Runde. Bis zum<br />
<strong>12</strong>. April 2024 können<br />
Kampagnen dafür ins<br />
Rennen geschickt<br />
werden:<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
82<br />
TRENDS<br />
Gut gebrüllt,<br />
Löwe<br />
Warum ist ein Festival im besten Rentenalter attraktiver als jemals zuvor?<br />
Was macht die Cannes Lions zum Pulsgeber für die ganze Branche?<br />
Südfrankreich, teure Villen, grosse Yachten und Austern vielleicht?<br />
Von Moritz Weischer<br />
D<br />
as International Festival of<br />
Creativity, oder kurz Cannes<br />
Lions, ist das wohl wichtigste<br />
Event für die internationale<br />
Kreativbranche.<br />
Jedes Jahr werden an der Croisette die<br />
besten Werber:innen gekührt. Die kreativsten<br />
Arbeiten gewinnen die heissbegehrten<br />
Löwen – die «Oscars der Werbung».<br />
Anders als bei den Oscars gibt<br />
es Gold, Silber oder Bronze. Für die<br />
grössten Spitzenleistungen der Kreativen<br />
aus rund 100 Ländern werden Grand-<br />
Prix-Löwen verliehen. Wer in Cannes<br />
gewinnt, kann sich zur globalen Werber:innen-Elite<br />
zählen.<br />
Das Cannes Lions Festival ist darüber<br />
hinaus auch eines der ältesten Festivals<br />
der Branche. Es feierte dieses Jahr seinen<br />
70. Geburtstag. Zum Geburtstag war das<br />
Festival vor allem eines: voll. Praktisch<br />
alle Strände warteten mit Austeller:innen<br />
auf, überall wurden Networking Events<br />
angeboten und das Palais platzte aus<br />
allen Nähten – es war so voll wie nie. Das<br />
hatte aber nichts mit dem Geburtstag zu<br />
tun.<br />
Von den Cannes-Trends lernen<br />
Das Cannes Lions Festival liefert uns neue<br />
Impulse für unsere Arbeit. Denn die<br />
Trends, die wir in Cannes sehen, sind die<br />
kumulierten Learnings von inspirierenden<br />
Kampagnen aus der ganzen Welt.<br />
Dieses Jahr haben sich vier Trends abgezeichnet,<br />
die uns mindestens bis zum<br />
Festivalstart 2024 begleiten werden und<br />
von denen wir unbedingt lernen sollten.<br />
1<br />
The New Tool Kit<br />
Es war absehbar:<br />
Dieses Jahr war AI an der Croisette<br />
ganz vorne dabei.<br />
Anders als bei unseren Nachbar:innen<br />
in Deutschland war man sich in Cannes<br />
aber sehr einig: AI ist das neue Werkzeug<br />
der Kreativcommunity und es ist an uns,<br />
zu lernen, wie man es bedient. AI ist die<br />
Lösung für einen der grössten Schrecken<br />
der Kreativen: das leere Blatt. Endlich<br />
können erste Gedanken schnell und unkompliziert<br />
zu Papier gebracht werden.<br />
So wird die Vision im Kopf schnell zur<br />
Wirklichkeit. Aber nicht nur AI wurde diskutiert.<br />
Diversity steht weiterhin hoch im<br />
Kurs. Bestes Beispiel ist hier der Direct<br />
Grand Prix Gewinner Adidas mit der<br />
Kampagne «Runner 321». Die Zahl 321<br />
steht für das Chromosom, das das<br />
Der Autor<br />
Moritz Weischer ist ein<br />
Enkel von Hans Weischer,<br />
der 1954 den Kinovermarkter<br />
WerbeWeischer in<br />
Hamburg gegründet hat. Er<br />
arbeitet seit März 2019 für<br />
Weischer. War Moritz<br />
Weischer zunächst im<br />
Bereich Corporate Innovation<br />
tätig, übernahm er im<br />
April die neugeschaffene<br />
Position des CMO. Die<br />
Werbebranche kennt er aus<br />
seiner Zeit als Account<br />
Manager bei den Agenturen<br />
BBDO Proximity und thjnk.<br />
Moritz Weischer ist Absolvent<br />
der HS Fresenius (BA),<br />
seinen Master im International<br />
Marketing schloss er an<br />
der Hult International<br />
Business School ab. Zudem<br />
absolvierte er an der<br />
Antwerp Management<br />
School ein Studium zum<br />
Master of Innovation and<br />
Entrepreneurship.<br />
Bild::Cannes Lions Press Center<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
83<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
84<br />
Down-Syndrom verursacht. Über Markengrenzen<br />
hinweg kooperierte der Sportartikelhersteller<br />
weltweit mit Marathonverbänden,<br />
um die Läufernummer «321»<br />
zum Symbol für Menschen mit Down-<br />
Syndrom zu machen. So konnte Visibilität<br />
für die Gruppe geschaffen werden<br />
und ein verbesserter Zugang zum Sport.<br />
Herzergreifend, ehrlich und divers – so<br />
sollte es sein. Auch Sustainability bestimmt<br />
weiterhin einen grossen Teil der<br />
Einreichungen in Cannes. Renault zeigte<br />
beispielsweise mit seiner Arbeit «Plug-<br />
Inn», einer Art AirBnB für Elektrofahrzeuge,<br />
wie man durch smarte und nachhaltige<br />
Ideen Barrieren der Elektromobilität<br />
überwindet. Rausgekommen sind<br />
nicht nur gleich zwei Innovationen, sondern<br />
auch der Grand Prix für Creative<br />
Strategie. Wir müssen diese Themen als<br />
Tools verstehen. Gekoppelt mit unseren<br />
Talenten helfen sie uns, Teil des Projektes<br />
zu werden. Sie machen unsere Arbeit<br />
nachhaltiger, effizienter und schneller.<br />
Und sie zeigen auch, dass neue Plätze<br />
für Menschen und Technologien entstehen,<br />
die das Endprodukt noch besser<br />
machen.<br />
2<br />
You look younger than ever<br />
«Best Ager» die angesagte<br />
Zielgruppe: Sie brillieren mit<br />
hoher Kaufkraft und stetigem<br />
Wachstum.<br />
Das Spannungsverhältnis war nie grösser,<br />
die Themen nie breiter und die Kanäle<br />
nie so unterschiedlich. Bis vor Kurzem<br />
hatte man das Gefühl, eine andere<br />
Zielgruppe als die Gen Z existiere nicht;<br />
heute ist ein:e Seniorenbeauftragte:r<br />
genauso gefragt und «Best Ager» die<br />
angesagte Zielgruppe. Dabei wurden<br />
sie stets zu Unrecht vernachlässigt, weil<br />
sie als Zielgruppe «nicht sexy genug»<br />
schienen. Dabei brillieren sie mit hoher<br />
Kaufkraft und stetigem Wachstum. Denn,<br />
was wir in Zeiten des demografischen<br />
Wandels beobachten: Unsere Mitbürger:innen<br />
werden immer älter und damit<br />
entstehen neue Märkte für die Themen<br />
dieser rasant wachsenden Gruppe. Themen,<br />
die bei einer jüngeren Zielgruppe<br />
gar nicht mehr adressiert werden müssen,<br />
werden dort wieder aktuell. Denn<br />
während die einen gerade ihren eigenen<br />
Look akzeptieren lernen, spielen die anderen<br />
mit der neugewonnenen Selbstverständlichkeit<br />
von Sexualität. Es entstehen<br />
spannende, neue Märkte für<br />
Brands, die sich in dieser Welt neu erfinden<br />
müssen. Oft lassen sich Assets der<br />
Vergangenheit im jetzigen Zeitgeist<br />
wieder neu verankern. Für Brands und<br />
Agenturen eine grosse Herausforderung<br />
und zugleich riesige Chance. Hier liegt<br />
verborgenes Potenzial und die, die es<br />
schaffen, beide Seiten gleichermassen<br />
zu bedienen, gehören definitiv zu den<br />
Gewinner:innen.<br />
3<br />
The Rise of the CMO<br />
Identifizierung von weissen Flecken<br />
und neuen Möglichkeiten<br />
Wir alle haben eine gewisse Vorstellung,<br />
wie die Arbeit einer/s Chief Marketing<br />
Officer (CMO) aussieht. Aber in Cannes<br />
– und einer Welt nach Covid – zeichnete<br />
sich für diesen Job eine neue Definition<br />
ab:<br />
«Die grösste Veränderung für<br />
CMOs ist die Verlagerung von der<br />
Kreativität und dem zentralen Fokus<br />
auf das Marketing hin zum Chief<br />
Growth Officer der/s CEOs und der<br />
Identifizierung von weissen Flecken<br />
und neuen Möglichkeiten, das Geschäft<br />
und das Unternehmen zu<br />
vergrössern.» Remi Kent, CMO, Progressive<br />
Insurance.<br />
In Zeiten, in denen zuerst das Marketing<br />
gestrichen wurde, um Geld zu sparen,<br />
haben sich CMOs eine ganz neue Strategie<br />
zurechtgelegt. Mit ihren Massnahmen<br />
reagieren sie auf die unruhigen<br />
Zeiten, in denen sich die meisten Wirtschaftszweige<br />
befinden, und sind so ganz<br />
flexibel auf den Markt. Mehr als jemals<br />
zuvor brauchen die CMOs den engen<br />
Austausch zwischen CEO und dem ehemaligen<br />
Erzfeind: den CFOs. Dabei<br />
mussten erst einmal alle Parteien die<br />
neue Rolle der CMOs verstehen lernen<br />
und sehen, was Marketer schon immer<br />
im Blick hatten: Kampagnen und Massnahmen<br />
zu erschaffen, die das Produkt<br />
in den Fokus der Käufer:innen rücken.<br />
Spätestens als verstanden wurde, dass<br />
auch Marketing einen ROI hat, hat sich<br />
die Rolle der CMOs neu definiert. Sie<br />
bewegen sich heute über die unterschiedlichen<br />
Bereiche eines Unternehmers<br />
hinweg, um in wirtschaftlich unsicheren<br />
Zeiten erfolgreich zu sein,<br />
Innovationen voranzutreiben und Wachstum<br />
zu generieren. Um diese neue Position<br />
zu untermauern, müssen sie sich auf<br />
den langfristigen Marktanteil statt auf<br />
vierteljährliche Gewinne konzentrieren –<br />
und auch die ganze Company.<br />
4<br />
L.M.F.A.O =<br />
Laughter Means Financial<br />
Achievements Optimized<br />
Da Vinci war sehr wissbegierig, er<br />
liebte es zu hinterfragen, nach besseren<br />
Antworten zu suchen, seine Ideen<br />
und Bilder zu artikulieren und neue<br />
Möglichkeiten vorzuschlagen.<br />
Ein Trend, der sich von Anfang an im<br />
Palais herauskristallisierte, war Humor.<br />
Denn der steht wieder hoch im Kurs bei<br />
den eingereichten Arbeiten in Cannes<br />
und sorgte für Beifall und diverse Löwen.<br />
Andrew Robertson, Präsident und CEO<br />
von BBDO Worldwide, zeigte in seinem<br />
diesjährigen Talk auf der Debussy Stage<br />
im Palais, dass die «Unhappiness» global<br />
ansteigt. Gleichzeitig – oder gerade deswegen<br />
– ist Humor immer noch die Form<br />
der Kommunikation, die am besten verkauft.<br />
Insofern nicht verwunderlich, dass<br />
in Cannes wieder gelacht wird. Es wurden<br />
wieder besonders viele Kampagnen<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
85<br />
Bild: Cannes Lions Press Center<br />
ausgezeichnet, die uns zum Lachen gebracht<br />
haben – und das auch bei schweren<br />
Themen. Spätestens als «The last<br />
Performance» des neuseeländischen<br />
Versicherungsunternehmens Partners<br />
Life mit einem Grand Prix nach Hause<br />
ging, wurde das allen klar. Denn hier<br />
geht es um Lebensversicherungen und<br />
Opfer einer Mörder-Mysterie-Serie. Wer<br />
diese vier Trends jetzt in seine Planung<br />
implementiert, wird langfristig erfolgreicher<br />
am Markt sein.<br />
Wo das Herz der Branche schlägt<br />
Kehren wir nun an die eingangs gestellte<br />
Frage zurück. Was macht Cannes<br />
zum Pulsgeber für die ganze Branche?<br />
Wagen wir eine kurze biologische Analogie:<br />
Den Puls in einem Organismus<br />
gibt immer nur eines an: das Herz. Und<br />
das Herz der Kreativbranche schlägt im<br />
Palais. Dort werden Kreativität, Ideenreichtum,<br />
Anders- und Miteinandersein<br />
bewertet, analysiert und diskutiert. Beim<br />
«Humor steht<br />
hoch im Kurs<br />
bei den eingereichten<br />
Arbeiten<br />
in Cannes und<br />
sorgt für Beifall<br />
und diverse<br />
Löwen.»<br />
Festival kommen Menschen zusammen,<br />
die mit ihren Arbeiten für Aufsehen gesorgt<br />
und uns zum Staunen gebracht<br />
haben. Und jeder, der aus Cannes nach<br />
Hause zurückkehrt, trägt die Botschaften<br />
und Inspiration von dort weiter. Sie<br />
übertragen den Herzschlag aus dem<br />
Palais in unsere Märkte. Insofern könnte<br />
man sagen: Das Cannes Lions Festival<br />
ist das Herz der Kreativwirtschaft und<br />
gibt uns einen Puls.<br />
Cannes ist auch der Ort, an dem die<br />
Trends geboren werden, die die globale<br />
Kreativwirtschaft prägen. Sie beeinflussen<br />
die Arbeit von Kreativen und ebnen<br />
den Weg für neue Entwicklungen, Technologien<br />
und vieles mehr. Und so bauen<br />
wir kreative Brücken zu neuen Ideen,<br />
Marketingstrategien und Produktentwicklungen.<br />
Darum ist Cannes immer<br />
noch so anziehend – vielleicht sogar<br />
mehr als jemals zuvor.<br />
Und wer ganz genau hinhört, hört jetzt<br />
auch den Pulsschlag des Festivals.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
86<br />
AGENTUR<br />
Das nächste<br />
Kapitel<br />
Nach sieben Jahren Autonomie geht Sir Mary eine Partnerschaft mit<br />
dem Agenturnetzwerk Myty ein. Was bewegt die Gründer:innen dazu?<br />
Von Johannes Hapig<br />
D<br />
iese Meldung sorgte für Aufsehen:<br />
Im Oktober verkündete Sir Mary,<br />
eine der erfolgreichsten Kreativ- und<br />
Mediaagenturen der Schweiz (mit<br />
Kund:innen wie der Allianz, Samsung,<br />
CSS, Schweiz Tourismus, Sunrise …), eine<br />
Partnerschaft mit der rasch wachsenden Myty<br />
Group AG. Als junges Agency-Network mischt<br />
Myty seit 2020 die Branche – nicht nur in<br />
der Schweiz, sondern in ganz Europa – auf und<br />
bündelt bereits die Kräfte von<br />
13 Unternehmen mit mehr als<br />
700 Mitarbeitenden. Im m&k-<br />
Interview erklären die Sir Mary<br />
Co-Founder Maurizio Rugghia<br />
und Daniel Zuberbühler, wieso<br />
eine Partnerschaft mit Myty für sie<br />
den nächsten, logischen Schritt<br />
in der Entwicklung ihres Unternehmens<br />
darstellt – und was diese für das Team,<br />
die Kund:innen und die Geschäftsführung der<br />
Agentur bedeutet.<br />
M&K Daniel Zuberbühler, Maurizio Rugghia: Im<br />
September gewann Sir Mary das Schweizer<br />
Agenturranking der Media Research Group.<br />
Schon kurz darauf gaben Sie den Beitritt zum<br />
Agency Network Myty bekannt. Sie waren<br />
«alleine» enorm erfolgreich – wofür braucht es<br />
da ein Netzwerk?<br />
«Dieser Schritt ist<br />
eine Erweiterung<br />
unserer Möglichkeiten,<br />
nicht das Ende<br />
unserer Reise.»<br />
DANIEL ZUBERBÜHLER Vielen Dank für das Kompliment!<br />
Sir Mary ist gut aufgestellt für die Bedürfnisse<br />
der Werbeauftraggebenden. Der Gewinn<br />
des Rankings hat dies offiziell bestätigt, und<br />
das macht uns natürlich stolz. Nichtsdestotrotz,<br />
in unserer Branche ist es wichtig, immer am Ball<br />
zu bleiben und weiterzudenken.<br />
MAURIZIO RUGGHIA Sir Mary wurde mit der Ambition<br />
gegründet, als moderne Agentur und erste<br />
Adresse für Digital-First-Kommunikation den<br />
Agenturmarkt zu verändern. Uns geht es<br />
darum, das Spiel zu prägen, nicht nur mitzuspielen.<br />
Weil wir diesen hohen<br />
Anspruch weiterhin erfüllen<br />
wollen, läuten wir für Sir Mary<br />
die nächste Phase ein, zusammen<br />
mit Myty. Es geht also nicht<br />
darum, was wir «brauchen»,<br />
sondern darum, wie wir unser<br />
Potenzial weiter entfalten und<br />
den wachsenden und sich<br />
wandelnden Ansprüchen unserer Kund:innen<br />
auch in Zukunft gerecht werden können. Die<br />
Partnerschaft mit Myty sehen wir als Schritt, der<br />
uns neue Türen in Bezug auf technologische<br />
Ressourcen, Spezialisierung und Expertise in<br />
unterschiedlichen Disziplinen eröffnet. Wir sind<br />
immer noch die gleiche Crew, aber jetzt haben<br />
wir Zugriff auf ein beeindruckendes Spektrum<br />
an Ressourcen und Skills, die weit über das<br />
hinausgehen, was wir allein hätten erreichen<br />
können.<br />
Über<br />
Sir Mary<br />
Sir Mary ist eine<br />
Kreativ- und Mediaagentur,<br />
die 2016<br />
von Maurizio<br />
Rugghia, Daniel<br />
Zuberbühler und<br />
Florian Beck gegründet<br />
wurde. Von<br />
Beginn an fokussierte<br />
sich die Agentur auf<br />
einen Digital-First-<br />
Approach und<br />
gewann damit<br />
zahlreiche renommierte<br />
Etats – und<br />
Preise: So wurde Sir<br />
Mary beispielsweise<br />
als Schweizer<br />
Digitalagentur des<br />
Jahres 2018 und als<br />
DACH-Newcomer-<br />
Agentur des Jahres<br />
2019 ausgezeichnet;<br />
ausserdem belegte<br />
Sir Mary den ersten<br />
Platz im jährlichen<br />
Ranking der<br />
Schweizer Werbeagenturen<br />
<strong>2023</strong>.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
87<br />
Arbeiten künftig mit der Myty Group AG zusammen: das Sir-Mary-Führungsteam mit Daniel Zuberbühler, Tino Elsener, Vanessa Habisreutinger,<br />
Nicolas Hostettler, Nadine Pachoud, Florian Beck, Maurizio Rugghia und Fabian Habisreutinger (von links).<br />
Bild: zVg / Sir Mary.<br />
Myty ist – der beeindruckenden Skalierung<br />
zum Trotz – weniger bekannt und erheblich<br />
kompakter als, sagen wir … Dentsu, WPP oder<br />
die «üblichen Verdächtigen». Sind Sie trotzdem<br />
oder gerade deswegen beigetreten?<br />
DZ Unsere Bedingung für eine Partnerschaft war<br />
klar: Wir wollten unsere Identität, unsere Kultur<br />
und unseren Standort unangetastet lassen.<br />
Myty ermöglicht uns genau das und lässt uns<br />
unternehmerische und kulturelle Freiheit.<br />
MR Wir haben uns bewusst für Myty entschieden,<br />
gerade weil es sich von den üblichen<br />
Verdächtigen unterscheidet. Myty bietet eine<br />
einzigartige Kombination aus Agilität, Innovation<br />
und einer engen Gemeinschaftskultur, die<br />
mit unserer Vision bei Sir Mary perfekt harmoniert.<br />
Was fasziniert Sie an Myty?<br />
DZ Myty hat uns mit dem Motto «Just getting<br />
started» überzeugt, das perfekt zu unserem<br />
eigenen Geist passt. Was uns begeistert, ist<br />
ihre frische, unkomplizierte Herangehensweise.<br />
MR Wir wollen mithelfen, mitmachen und<br />
mitreden. Direkt mit dem Gründerteam, mit<br />
dem wir uns auf Anhieb super verstanden<br />
haben. Wir setzen uns nicht ins gemachte Nest,<br />
das ist nie unser Anspruch gewesen und wird<br />
es auch weiterhin nicht sein.<br />
Haben Sie keine Sorge, mit dem Schritt Ihre<br />
Unabhängigkeit aufzugeben?<br />
MR Was wir mit Myty gewinnen, ist weit mehr als<br />
das, was wir als einzelne Agentur hätten erreichen<br />
können. Wir glauben fest daran, dass<br />
unsere Stärken im Netzwerk noch weiter zur<br />
Geltung kommen. Es geht nicht darum, Kontrolle<br />
abzugeben, sondern unsere Fähigkeiten<br />
zu erweitern und unsere Wettbewerbsfähigkeit<br />
zu steigern. Wir sind motivierter denn je, mit<br />
den zusätzlichen Ressourcen und der kollektiven<br />
Erfahrung des Netzwerks etwas Neues zu<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
88<br />
schaffen, das den Markt prägt und unsere<br />
Kund:innen begeistert.<br />
Welche Chancen eröffnen sich Ihnen durch<br />
diesen Schritt?<br />
MR Unternehmerisch gesehen, eröffnet uns der<br />
Schritt eine einmalige Chance, aktiv an der<br />
Gestaltung eines europäischen Netzwerks<br />
mitzuwirken. Wir haben jetzt die Plattform, um<br />
unsere Vision auf einer breiteren Bühne zu<br />
präsentieren und dabei eine aktive Rolle<br />
einzunehmen.<br />
DZ Für unsere Kund:innen bedeutet das vor<br />
allem, dass wir ihnen jetzt ein noch breiteres<br />
Spektrum an Fachwissen und Dienstleistungen<br />
anbieten können. Die zusätzlichen Partnerschaften<br />
innerhalb des Myty-Netzwerks ermöglichen,<br />
noch zielgerichteter auf ihre individuellen<br />
Anforderungen einzugehen. Und nicht<br />
zuletzt profitieren unsere Mitarbeitenden von<br />
diesem Schritt. Sie erhalten Zugang zu einem<br />
grösseren Pool an Wissen und Erfahrungen<br />
und haben die Möglichkeit zum fachlichen<br />
Austausch und zur Weiterentwicklung, was in<br />
unserer Branche entscheidend ist. Das wiederum<br />
eröffnet ihnen neue Karrierewege, die<br />
zuvor vielleicht nicht möglich gewesen wären.<br />
Sagt Ihre Entscheidung auch etwas über Ihren<br />
Blick auf die Entwicklung der Kommunikationsbranche<br />
in den nächsten fünf, zehn, fünfzehn<br />
Jahren aus – und wenn ja, was?<br />
DZ Unsere Entscheidung für Myty spiegelt<br />
definitiv unsere Einschätzung wider, wohin sich<br />
die Kommunikationsbranche entwickeln wird.<br />
Wir sind überzeugt, dass eine Digital-First-<br />
Denke ein Muss ist – kein Kann. Und zwar<br />
heute, nicht erst in Zukunft. Sie ist das Fundament,<br />
auf dem Kommunikationsstrategien<br />
gebaut werden.<br />
MR Die Branche entwickelt sich in<br />
rasantem Tempo weiter, und wir sehen<br />
eine zunehmende Spezialisierung und<br />
Fragmentierung innerhalb der Kommunikationsdisziplinen.<br />
Starke und vernetzte<br />
Partnerschaften werden essenziell,<br />
um die vielfältigen Disziplinen zu<br />
bedienen und Kanäle nahtlos zu verbinden.<br />
Verändert sich nun etwas für Ihre<br />
Mitarbeitenden?<br />
MR Für die Mitarbeitenden ändert sich grundsätzlich<br />
nichts – wir sind weiterhin operativ und<br />
kulturell unabhängig. Neu haben sie Möglichkeiten,<br />
das Know-how des Netzwerks zu nutzen,<br />
können die aufstrebende Marke Myty<br />
mitgestalten und an agenturübergreifenden<br />
Projekten arbeiten. Ebenfalls stehen Arbeitsplätze<br />
an anderen Myty-Standorten zur Verfü-<br />
«Wir können<br />
jederzeit<br />
das geballte<br />
Spezialwissen<br />
von 700 neuen<br />
Kolleg:innen<br />
anzapfen.»<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
89<br />
Aktuelle Projekte<br />
von Sir Mary: Eine<br />
grosse Imagekampagne<br />
für die<br />
Versicherung CSS<br />
und eine Kollaboration<br />
zwischen<br />
Samsung und der<br />
Kultserie «Tschugger»<br />
(S. 88, unten).<br />
Bilder: zVg / Sir Mary.<br />
gung: für einfacheres «remote working» in<br />
Berlin, Hamburg, Zagreb und weiteren Metropolen.<br />
Und für die Kund:innen?<br />
DZ Neu – und sehr reizvoll für unsere Kund:innen<br />
– ist, dass wir jederzeit das geballte Spezialwissen<br />
unserer mehr als 700 Kolleg:innen<br />
unter dem Dach von Myty anzapfen können.<br />
Von Spezialdisziplinen in Web- und App-Entwicklung,<br />
E-Commerce, Artificial Intelligence,<br />
Corporate Branding und Corporate Content<br />
über Customized-Agency-Angebote zu<br />
Employer Branding bis hin zu Digital Solutions.<br />
Für unsere Kund:innen bedeutet das mehr<br />
Möglichkeiten, anspruchsvolle Projekte zu<br />
realisieren und am Puls der digitalen Transformation<br />
zu bleiben.<br />
«Wir<br />
sind keine<br />
Managertypen,<br />
sondern Unternehmer<br />
und<br />
Macher, die tief<br />
in der Branche<br />
verwurzelt<br />
sind.»<br />
Hand aufs Herz: Ist das der erste Schritt für<br />
einen «Exit» der Gründer:innen – oder können<br />
wir damit rechnen, dass Sie weiter ins Tagesgeschäft<br />
der Agentur involviert bleiben?<br />
MR Ganz ehrlich, dieser Schritt bedeutet für uns<br />
eine Erweiterung unserer Möglichkeiten, nicht<br />
das Ende unserer Reise. Das Management von<br />
Sir Mary bleibt unverändert und dem Tagesgeschäft<br />
voll verpflichtet. Das bestehende und<br />
eingespielte Team ist entscheidend für den<br />
Erfolg und die Strategie!<br />
DZ Ausserdem sind wir keine Managertypen,<br />
sondern Unternehmer und Macher, die tief in<br />
der Kommunikationsbranche verwurzelt sind.<br />
Wir haben nicht nur Spass an unserer Arbeit,<br />
sondern empfinden eine tiefe Zufriedenheit<br />
dabei, den weiteren Erfolg unserer Gruppe<br />
mitzugestalten.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
90<br />
KREATIVE TOOLS<br />
Ist Disruption<br />
noch disruptiv?<br />
Matthias Kiess, CEO von TBWA\Switzerland, nimmt m&k mit in den Diskurs<br />
über Disruption. Er stellt Fragen, öffnet Perspektiven und hinterfragt den Bruch<br />
oder die Zerschlagung von Strukturen zur Neusortierung.<br />
Von Matthias Kiess<br />
J<br />
ean-Marie Dru, damals Chairman von<br />
TBWA\Worldwide, postulierte 1992 erstmalig<br />
das Potenzial von Creative Disruption<br />
im Marketing. Dabei bezog er sich<br />
auf einen radikalen Wandel in einem<br />
Markt, der durch das Umstürzen bestehender<br />
Konventionen herbeigeführt wird. Er führte das<br />
Konzept der Disruption als Marketinginstrument<br />
ein, indem er eine ganzseitige Anzeige mit der<br />
Überschrift «Disruption» im «Wall Street Journal»,<br />
in der «Frankfurter Allgemeinen»<br />
und in «Le Figaro» gleichzeitig<br />
veröffentlichte. Diese erklärte die<br />
disruptive Methodik von BDDP<br />
(heute TBWA\). Jean-Marie Dru<br />
war der Erste, der das Wort in der<br />
Geschäftswelt verwendete und<br />
den Begriff schon bald schützen<br />
liess. Es war das erste Mal, dass<br />
Disruption eine positive Bedeutung<br />
bekam. Seitdem wurde das<br />
Wort nach und nach von der Geschäftswelt übernommen<br />
und in unzähligen Presseartikeln, in<br />
Publikationen wie «Forbes», «Fast Company» und<br />
«AdAge» erwähnt.<br />
Doch wie verstehen wir Disruption? Schauen<br />
wir auf Innovationen, die unsere Welt veränderten.<br />
Im Frühling 1973 führte Motorola-Ingenieur Martin<br />
Cooper auf offener Strasse erstmals ein Mobiltelefon<br />
vor: Das Gerät war klobig und 25 Zenti-<br />
«Unkonventionelles<br />
Denken<br />
birgt nicht nur<br />
Risiken, sondern<br />
auch viele<br />
Chancen.»<br />
meter lang – aber dennoch eine Sensation. Am<br />
6. August 1991 ging die erste Webseite des britischen<br />
Informatikers Berners-Lee live, und am<br />
9. Januar 2007 wurde das erste iPhone von Steve<br />
Jobs präsentiert. Seither jagen sich die technischen<br />
Errungenschaften in hoher Taktfrequenz,<br />
Normen werden durchbrochen, neue Märkte<br />
geschaffen und neuartige Werte generiert. Schon<br />
bald folgen Bitcoins, Blockchain, NFTs und Metaverse.<br />
Aktuell bewegt uns die künstliche Intelligenz<br />
– was wohl als Nächstes kommt? Die Gesellschaft<br />
wird durchgeschüttelt und kommt kaum<br />
aus dem Wirbelsturm der laufenden<br />
Veränderung heraus.<br />
Diese Veränderung, gerne<br />
auch Disruption genannt, wird oft<br />
als der Prozess beschrieben, bei<br />
dem bestehende Geschäftsmodelle,<br />
Produkte oder Dienstleistungen<br />
durch innovative Technologien,<br />
Ansätze oder Ideen<br />
grundlegend verändert oder<br />
verdrängt werden. Dies kann<br />
dazu führen, dass etablierte Unternehmen und<br />
Märkte von neuen Akteuren oder Innovationen<br />
herausgefordert werden, was zu tiefgreifenden<br />
Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft<br />
führen kann. Disruption kann sowohl positive als<br />
auch negative Auswirkungen haben, da sie Chancen<br />
für Wachstum und Fortschritt bieten, aber<br />
auch bestehende Strukturen und Arbeitsplätze<br />
gefährden können.<br />
Bild: unsplash.com / Ezekiel Elin<br />
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«Setzen wir heute wirklich noch<br />
die richtigen Prioritäten? Könnte Disruption, anstatt<br />
zur ständigen Verschnellerung, nicht auch zur<br />
Verlangsamung eingesetzt werden? Gar zur Disruption<br />
des laufenden Wachstums?»<br />
Der Begriff «Disruption» leitet sich von<br />
dem englischen Wort «disrupt» (also<br />
«zerstören», «unterbrechen») ab. Es ist<br />
lateinischen Ursprungs (der Begriff der<br />
Disruption hat seinen Ursprung im lateinischen<br />
Wort «disruptio») und ein Wort,<br />
das die Franzosen in die englische Sprache<br />
einführten und das später doch wieder<br />
aus dem Französischen verschwand.<br />
Es bedeutet «Bruch» oder vielmehr den<br />
Akt des «Erzeugens eines Bruchs» bis<br />
hin zum Zerschlagen oder Zerstören.<br />
Gerne geht mit Disruption eine Konnotation<br />
des Negativen einher, was aber<br />
nicht zwingend so sein muss.<br />
Disruption schafft Platz für Neues<br />
Bei TBWA\ definieren wir Disruption als<br />
Bruch mit dem Status quo (i.e. Regelbruch)<br />
verbunden mit der Suche nach<br />
unerwarteten Lösungen. Dabei sprechen<br />
wir nicht von einem allmählichen Wandel<br />
oder einer marginalen Entwicklung. Wir<br />
glauben, dass der beste Weg, Marken<br />
beim Wachstum zu helfen, meist in Strategien<br />
liegt, die einen Bruch erfordern.<br />
Gerne erlaube ich mir in diesem Kontext<br />
einen Ausflug in die Evolutionsbiologie.<br />
Denn Disruption ist auch eine Form der<br />
Selektion (frei nach Wikipedia): Bei der<br />
disruptiven (aufspaltenden) Selektion<br />
werden die am häufigsten vorkommenden<br />
Formen zurückgedrängt, zum Beispiel<br />
aufgrund von Parasiten, Fressfeinden<br />
oder ansteckenden Krankheiten.<br />
Individuen mit seltenen Merkmalen haben<br />
dann einen Vorteil – so zum Beispiel<br />
die besonders kleinen oder die besonders<br />
grossen Individuen. Diese Individuen<br />
können durch ihre spezifischen<br />
Merkmale sog. ökologische Nischen<br />
besetzen, was ihnen einen evolutionären<br />
Vorteil bringen kann. Sie sind selektionsbegünstigt.<br />
Der Selektionsdruck sorgt<br />
für eine geringere Häufigkeit der Tiere<br />
mit «durchschnittlichen» Merkmalen; diejenigen<br />
mit den extremen Phänotypen<br />
sind selektionsbegünstigt.<br />
Das Thema Selektion ist auch im Kontext<br />
der Kommunikationsbranche essenziell.<br />
Beginnend bei einer immer selektiveren<br />
Wahrnehmung, induziert von über<br />
3000 Werbebotschaften pro Person und<br />
Tag. Und daraus abgeleitet folgt schliesslich<br />
auch die Selektion bzw. die Wahl<br />
einer Marke, eines Services oder eines<br />
Produkts durch die Konsument:innen.<br />
Unkonventionelles Denken als Chance<br />
Also, Disruption steht hier klar als Chance<br />
für das Überleben und die Weiterentwicklung.<br />
Die Natur sollte für uns Vorbild<br />
sein, wenn es darum geht, sich selber zu<br />
hinterfragen. Der Fortschritt ist nur durch<br />
die fortwährende Optimierung oder die<br />
unbeständige Suche nach dem gezielten<br />
Konventionenbruch möglich. So entsteht<br />
Neues, welches wieder Neues zulässt – so<br />
wie in den obigen Beispielen im Bereich<br />
der Technologie geschildert. Es ist also<br />
nicht nur eine Frage des Überlebens,<br />
dem Muster des Bruchs zu folgen und<br />
sich immer wieder zu motivieren, gegen<br />
vermeintliche Widerstände anzutreten,<br />
Matthias Kiess<br />
Der Autor dieses<br />
Texts, Matthias Kiess,<br />
ist CEO von TBWA\<br />
Switzerland und<br />
Präsident der<br />
International Advertising<br />
Association<br />
(IAA).<br />
sondern es erschliessen sich daraus<br />
Potenziale, die es zu entdecken gilt.<br />
So ist es auch in der Unternehmenswelt.<br />
Dies haben verschiedene Führungskräfte<br />
bewiesen, die zum Teil noch aus<br />
der alten Business-Welt stammen, aber<br />
auch Teil der neuen Geschäftswelt geworden<br />
sind. Sie alle haben Spuren hinterlassen,<br />
die über ihre eigene Branche<br />
hinausgehen, und wirklich disruptive<br />
Geschäftsphilosophien entwickelt. So<br />
haben Unternehmensleiter wie Steve<br />
Jobs, Jeff Bezos, Herb Kelleher, Bernard<br />
Arnault, Zhang Rimin, Elon Musk oder<br />
Jack Ma gezeigt, dass unkonventionelles<br />
Denken nicht nur Risiken, sondern auch<br />
viele Chancen birgt. Sie alle haben sich<br />
geweigert, sich starren Denk- und Handlungsweisen<br />
anzupassen. Sie haben sich<br />
als Freigeister erwiesen, die sich nicht<br />
durch konventionelle Muster einschränken<br />
lassen und keinerlei Hindernisse auf<br />
dem Weg zu ihren Zielen dulden. Sie alle<br />
verfüg(t)en über die wesentlichen Qualitäten<br />
grosser Führungskräfte: eine klare<br />
Vision, technische Kompetenz und die<br />
Fähigkeit, schnelle Entscheidungen zu<br />
treffen. Und damit Erfolg zu haben.<br />
#ChangeTheBrief-Allianz<br />
Wir sind alle gefordert, uns zu öffnen,<br />
Neues zuzulassen bzw. es gar einzufordern.<br />
In England wurde beispielsweise<br />
eine Allianz gegründet, die es sich zum<br />
Ziel gemacht hat, die Marketingdenke<br />
in neue Bahnen zu lenken. Die #Change<br />
TheBrief-Allianz ist eine Partnerschaft<br />
zwischen Agenturen unterschiedlicher<br />
Grösse und Art (Media-, Kreativ-, Designund<br />
PR-Agenturen) und ihren Kunden,<br />
die gemeinsam lernen und agieren, um<br />
die Herausforderung der Klimakrise direkt<br />
anzugehen, indem sie Nachhaltigkeit<br />
über alle ihnen zur Verfügung stehenden<br />
Mittel und Kanäle fördern. Die Allianz<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
93<br />
Bild: unsplash.com / Ussama Azam<br />
bietet allen ihren Mitgliedern ein On-Demand-<br />
und ein persönliches Lernprogramm<br />
und eine Community an, die<br />
Einblicke und fachliche Beratung zur<br />
Verfügung stellt, wie wir unser Tun anpassen<br />
können, um nachhaltigere Entscheidungen<br />
und Verhaltensweisen im<br />
Einklang mit einer CO2-reduzierten Welt<br />
zu fördern. Sogenannte Purpose Disruptors<br />
haben dazu beigetragen, aus einer<br />
Einzelinitiative der Agentur Mindshare<br />
eine Bewegung zu machen, welche die<br />
gesamte kollektive Kraft der Branche<br />
vereint, um mehr zu erreichen.<br />
Man mag über so einen Ansatz denken,<br />
was man will, doch zeigt er auf, dass<br />
wir nicht nur aufgrund eines Selbsterhaltungstriebs,<br />
sondern auch aus purer<br />
Überzeugung unsere Haltungen und<br />
Einsichten immer wieder hinterfragen<br />
sollten, ob wir das Richtige tun und das<br />
Beste damit erreichen.<br />
Setzen wir die richtigen Prioritäten?<br />
Unser ganzes Wirtschaftssystem und<br />
auch wir selber sind darauf ausgerichtet,<br />
zu wachsen. Alles, was wir tun, wird weitgehend<br />
dem Fortbestand unseres Wohlstands<br />
und Wohlergehens unterworfen.<br />
«Die Triebkraft<br />
der Veränderung<br />
hält uns in<br />
ihrem Sog, warum<br />
sollten wir also<br />
nicht versuchen,<br />
diese selber zu<br />
steuern?»<br />
Wir treiben uns ständig an, weiterzukommen.<br />
Technischer Fortschritt, medizinischer<br />
Fortschritt etc., etc. Doch stellt sich<br />
die Frage, ob es uns wirklich besser geht?<br />
So reiht sich Katastrophe an Katastrophe,<br />
ohne dass wir es verhindern können.<br />
Setzen wir heute wirklich noch die richtigen<br />
Prioritäten? Könnte Disruption,<br />
anstatt zur ständigen Verschnellerung,<br />
nicht auch zur Verlangsamung eingesetzt<br />
werden? Gar zur Disruption des laufenden<br />
Wachstums?<br />
Wie wir obenstehend bereits gelernt<br />
haben, basiert die disruptive Selektion<br />
auf der Tatsache, dass das Überleben<br />
einer Spezies («survival of the fittest»)<br />
in der Veränderung beziehungsweise<br />
Andersartigkeit zu suchen ist. Wie wäre<br />
es, wenn wir diese Denke nutzen würden,<br />
um unsere Energie zukünftig dafür einzusetzen,<br />
Prioritäten neu zu setzen und,<br />
anstatt nach optimiertem Wachstum zu<br />
streben, danach streben würden, mehr<br />
für eine nachhaltige strukturelle Entwicklung<br />
zu tun? Die Triebkraft der Veränderung<br />
hält uns in ihrem Sog, warum sollten<br />
wir also nicht versuchen, diese selber<br />
zu steuern? Denn wir haben die Wahl:<br />
«Disrupt or die.»<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
94<br />
FRAGESTUNDE<br />
Keine Angst<br />
vor Tacheles<br />
Die designierte LSA-Geschäftsführerin Audrey Arnold möchte ihre Persönlichkeit<br />
in den Verband einbringen, ihn mitprägen. Wir wollten mit schnellen Fragen<br />
(und schnellen Antworten!) wissen, was das bedeuten könnte.<br />
Von Beat Hürlimann<br />
Illustration Silvan Borer<br />
Bald übernehmen Sie die Position<br />
der Geschäftsführerin beim LSA. Darf<br />
ich Ihnen einige Fragen stellen, die<br />
dazu beitragen, den Vorhang zur<br />
Persönlichkeit von Audrey Arnold ein<br />
Stück weit zu lüften?<br />
Gerne, ich bin gespannt, was Sie über<br />
mich wissen möchten.<br />
Ihr Blick aus dem Fenster?<br />
Ziemlich trüb und regnerisch.<br />
Ich hoffe natürlich nicht, dass dies<br />
meinen Einstieg als Geschäfts -<br />
führerin beim LSA widerspiegelt<br />
und mich stürmische Zeiten erwarten.<br />
Ihr Vorbild?<br />
Ich strebe niemandem nach. Im Leben<br />
begegnet man so vielen interessanten<br />
und spannenden Menschen, die einen<br />
inspirieren können.<br />
Ihr grösster Traum?<br />
Ich würde mir wünschen, dass die<br />
Menschen endlich verstehen, dass das<br />
Konzept «Krieg» nicht funktioniert, und<br />
den Dialog miteinander suchen.<br />
Persönlich würde ich gerne ins Weltall<br />
reisen. Von da oben muss die Erde<br />
fantastisch aussehen.<br />
Ihr Lieblingsmenü?<br />
Selbstgemachtes Ossobucco, zwei bis<br />
drei Stunden im Ofen geschmort, und<br />
dazu ein guter Rotwein. Fantastisch.<br />
Ihr Antrieb?<br />
Eine Aufgabe, die mich erfüllt und<br />
Sinn ergibt. Und das gemeinsam mit<br />
Menschen, mit denen ich gerne Zeit<br />
verbringe.<br />
Ihr grösstes Talent?<br />
Egal, was rundherum passiert, mein<br />
Lachen vergeht mir nie.<br />
Ihre grösste Macke?<br />
Da müssten Sie meinen Partner fragen.<br />
Er sagt, im Haushalt bin ich zuweilen<br />
fast schon nervig pingelig.<br />
«Der LSA<br />
ist für mich einer<br />
der besten Branchenverbände,<br />
welchen es in der<br />
Schweizer Landschaft<br />
gibt.»<br />
Ihr Repertoire im Umgang mit<br />
Widerstand?<br />
Warum kommt es zu Widerstand?<br />
Hierbei gilt es, gut zuzuhören und zu<br />
versuchen, den Grund dafür zu verstehen.<br />
Also die Ursache erforschen und<br />
den Dialog suchen.<br />
Ihr Rezept, erfolgreich<br />
zu vermitteln?<br />
Zuhören, verstehen, Bedürfnisse<br />
und Herausforderungen der einzelnen<br />
Dialoggruppen kennen.<br />
Sie sprechen viele Sprachen.<br />
Eine davon ist Tacheles. Ihre Kostprobe?<br />
Ich scheue mich nicht, Dinge beim<br />
Namen zu nennen. Ob das in Zukunft<br />
notwendig sein wird, wird sich zeigen.<br />
Wie haben Sie in die Werbung<br />
gefunden?<br />
Die Welt der Werbung hat mich<br />
schon von jeher fasziniert. Vor über<br />
20 Jahren bot sich mir die Gelegenheit,<br />
das Marketing für eine Transportunternehmung<br />
im öffentlichen Verkehr<br />
mitaufzubauen. Von der Strategie<br />
bis zur Umsetzung – es war eine<br />
lehrreiche Zeit und hat meinen Einstieg<br />
in die Kommunikationsbranche<br />
bestärkt.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
95<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
96<br />
scher Krisen wie der Ukraine-Russland-<br />
Krieg oder Israel-Palästina, Energiemangel<br />
oder die Klimakrise und der<br />
Fachkräftemangel.<br />
Ihre erste Begegnung mit Werbung?<br />
Die Palmolive-Werbung mit Tante Tilly<br />
in den frühen 80ern hat mich nachhaltig<br />
beeinflusst. Ich benutze heute noch<br />
Palmolive.<br />
Ihre Lieblingswerbung?<br />
Werbung, die nicht primär gemacht ist<br />
für Awards, sondern zur Zielerreichung.<br />
Die vielfach preisgekrönte Mobiliar-<br />
Kampagne fand ich schon sehr gut.<br />
Ihr Love-Brand?<br />
Alle Brands, die den Mut haben, etwas<br />
Neues auszuprobieren, aus ihrer<br />
Komfortzone herauskommen und<br />
allenfalls auch anecken.<br />
Ihr Hate-Brand?<br />
Brands, die nur verwalten. Jedoch ist<br />
hassen ein zu starkes Wort.<br />
Ihr erster Gedanke, als der LSA an Sie<br />
herantrat?<br />
Es war ja eine öffentliche Ausschreibung<br />
mit diversen Runden. Als Beat<br />
Krebs, der Präsident des LSA, mich<br />
anrief, um mir zur neuen Stelle zu<br />
gratulieren, habe ich mich enorm<br />
gefreut, jedoch dachte ich auch:<br />
«Oops, auf was habe ich mich da<br />
eingelassen, jetzt wird es ernst.»<br />
Ihre Überzeugung, das Amt erfolgreich<br />
auszufüllen?<br />
Meine langjährigen Erfahrungen auf<br />
Kunden- wie Agenturseite. Die Fähig-<br />
Natürlich ist<br />
auch Audrey<br />
Arnold Leserin<br />
des Magazins<br />
m&k.<br />
keiten, Brücken zu bauen und Herausforderungen<br />
anzunehmen. Auch<br />
Verbandskommunikation ist für mich<br />
nichts Neues.<br />
Ihr Führungscredo?<br />
Ohne Vertrauen, offene und transparente<br />
Kommunikation und Wertschätzung<br />
geht nichts.<br />
Ihr Lob an den LSA, so wie er ist?<br />
Der LSA ist für mich einer der besten<br />
Branchenverbände, welchen es in der<br />
Schweizer Landschaft gibt. Er unterstützt<br />
und setzt sich für seine Mitglieder<br />
ein, er fordert und fördert sie mit<br />
breiten Weiterbildungsangeboten.<br />
Ihr Tadel an den LSA?<br />
Fragen Sie mich das in einem Jahr<br />
nochmals.<br />
Ihre grösste Sorge um den Agenturstandort<br />
Schweiz?<br />
Ich mache mir keine Sorgen um den<br />
Agenturstandort Schweiz. Bei den<br />
internationalen Auszeichnungen sind<br />
auch immer Schweizer Agenturen<br />
dabei. Wir können locker mit den<br />
ausländischen Agenturen mithalten.<br />
Ihre demnach grösste Herausforderung<br />
für die LSA-Mitglieder?<br />
Die LSA-Mitglieder kämpfen mit<br />
Herausforderungen, die auf die ganze<br />
Wirtschaft zu übertragen sind: eine<br />
unsichere Lage aufgrund weltpoliti-<br />
Welche Schwerpunkte sehen Sie für<br />
den LSA?<br />
Primär geht es um die stetige Weiterentwicklung<br />
des bereits sehr gut aufgestellten<br />
Verbands. In meiner Anfangszeit<br />
werde ich zusammen mit dem Vorstand<br />
die Verbandsstrategie neu ausrichten<br />
bzw. überarbeiten, die dringendsten<br />
Themen definieren und die Position des<br />
Verbands sowie unserer Mitglieder<br />
stärken. Ebenfalls möchte ich auf die<br />
Bedürfnisse der verschiedenen Interessengruppen<br />
eingehen und versuchen,<br />
Brücken zu bauen.<br />
Wo sehen Sie den grössten Bedarf, die<br />
Position der Agenturen zu stärken?<br />
In Sachen Nachhaltigkeit haben wir<br />
grosse Aufgaben vor uns. Auch die<br />
sich ständig ändernden Datenschutzverordnungen<br />
müssen sorgfältig<br />
geprüft und umgesetzt werden. Und<br />
letztlich beschäftigt uns die rasante<br />
Entwicklung neuer Technologien, wie<br />
z.B. künstliche Intelligenz. Hier sehe ich<br />
aber ebenso viele Chancen für unsere<br />
Berufe. Wir leben diesbezüglich in<br />
spannenden Zeiten.<br />
Sehen Sie sich eher als Verwalterin<br />
eines Erbes oder als Erneuerin in einer<br />
Zeit der grossen Umwälzungen?<br />
Wohl ein bisschen von beidem. Ich<br />
übernehme eine hervorragend geführte<br />
Geschäftsstelle mit einem<br />
motivierten und gut eingespielten<br />
Team, einem breiten Weiterbildungsangebot<br />
für die LSA-Mitglieder, und<br />
doch gilt es nun, auch den Verband für<br />
die zukünftige Zeit zu stärken und<br />
weiter voranzutreiben.<br />
Abschliessende Worte von Audrey<br />
Arnold.<br />
Ich freue mich sehr auf die neue<br />
Herausforderung als Geschäftsführerin<br />
des LSA, mit meinem Team sowie dem<br />
Vorstand zu wirken, und bedanke mich<br />
bei m&k für das Interview.<br />
Bild: Beat Hürlimann<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
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99<br />
Medien<br />
ZIELVORGABE<br />
«Republik» will<br />
expandieren<br />
Beim Onlinemagazin<br />
Republik heisst das<br />
neue Credo «Nicht<br />
kleckern, sondern<br />
klotzen»: Das Team<br />
des Mediums will bis<br />
in fünf Jahren die<br />
Anzahl der Abonnements<br />
auf 100 000<br />
verdreifachen. Aktuell<br />
sei das Magazin zu<br />
stark auf Zürich<br />
fokussiert, sagt<br />
Verwaltungsratspräsident<br />
Michel Huissoud.<br />
Es gebe jedoch «auch<br />
noch andere Kantone»,<br />
und «neben<br />
der Schweiz könnte<br />
auch Süddeutschland<br />
ein Markt sein».<br />
RADIO- UND FERNSEHGEBÜHREN<br />
Bilder: unsplash.com, Planet Volumes / zVg. Republik.<br />
Die erste<br />
Freiheit der<br />
Presse sollte<br />
darin bestehen,<br />
kein<br />
Gewerbe zu<br />
sein.<br />
Karl Marx<br />
Philosoph<br />
Wird der Medienkonsum bald günstiger?<br />
D<br />
ie Gebühren, die Schweizer Haushalte und Unternehmen für den<br />
Empfang öffentlich-rechtlicher TV- und Radiosender entrichten<br />
müssen, sind weiterhin Gegenstand politischer Diskussionen.<br />
Neu will der Bundesrat die Volksinitiative «200 Franken sind<br />
genug!» (SRG-Initiative) kontern, die er zur Ablehnung empfiehlt. Mit einem<br />
«Ja» zu besagter Initiative würde der Abgabenanteil am Budget der SRG<br />
von heute 1,25 Milliarden auf rund 650 Millionen Franken sinken; die<br />
Erfüllung der SRG-Kernaufträge (etwa neutrale Berichterstattung und das<br />
Kontern von Populismus und Fake News) wären gefährdet. Deswegen<br />
schlägt der Bundesrat quasi präventiv vor, die Empfangsgebühren für<br />
Radio und Fernsehen pro Jahr und Haushalt ab 2029 von zurzeit 335 auf<br />
300 Franken zu senken. Auch sollen 60 000 Unternehmen von der Abgabe<br />
befreit werden. Die Vernehmlassung dazu dauert bis Anfang Februar 2024.<br />
«Tages-Anzeigerin»<br />
startet wieder<br />
Nach einer «kreativen Pause»<br />
startet der Tamedia-Podcast<br />
«Tages-Anzeigerin» mit<br />
einem neuen Host-Trio und<br />
einem neuen Konzept.<br />
Zudem soll der Podcast ab<br />
sofort auch öfter erscheinen.<br />
TOP<br />
FLOP<br />
Zuckerberg verhindert<br />
Jugendschutz<br />
Dokumente implizieren, dass<br />
Meta-Chef Zuckerberg nicht<br />
nur von einer Jugendgefährdung<br />
durch Instagram<br />
wusste, sondern Gegenmassnahmen<br />
aktiv verhindert<br />
hat. Folge: Anklage!<br />
DIE ZAHL<br />
150<br />
… Mitarbeitende wird<br />
das Medienunternehmen<br />
CH Media in den<br />
kommenden Monaten<br />
entlassen. Der Grund<br />
laut Geschäftsleitung:<br />
Fehlende Werbeeinnahmen<br />
im wichtigen<br />
Herbstquartal und die<br />
dringende Notwendigkeit,<br />
Kosten zu<br />
reduzieren.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
100<br />
GOLDBACH<br />
20 Jahre<br />
Crossmedia<br />
Award<br />
Im kommenden Jahr wird bereits zum 20. Mal der Goldbach<br />
Crossmedia Award verliehen. Was macht eine gute Crossmedia-<br />
Kampagne aus und was braucht es, um sich diese prestigeträchtige<br />
Auszeichnung schlussendlich zu holen? Wir schauen mit den<br />
wichtigsten Exponent:innen in die Vergangenheit und die Zukunft.<br />
Von Mark Baer<br />
Illustration: pexels.com<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
101<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
102<br />
S<br />
eit 20 Jahren glaubt die<br />
Werbevermarkterin aus<br />
Küsnacht an den Erfolg<br />
der crossmedialen<br />
Kommunikation und hat zu<br />
deren Förderung den Goldbach<br />
Crossmedia Award<br />
(CMA) ins Leben gerufen. Jahr<br />
für Jahr werden die herausragendsten<br />
crossmedialen<br />
Kampagnen ausgezeichnet.<br />
Von einer unabhängigen und<br />
hochkarätigen Jury wird dabei<br />
vor allem auf eine kreative Leitidee<br />
geachtet. Um am <strong>11</strong>. April<br />
2024 den goldenen Würfel<br />
zu erhalten, braucht es aber<br />
auch eine ausgeklügelte Strategie,<br />
wie eine Kampagne<br />
über verschiedene Medien<br />
eingesetzt wird. Geachtet wird<br />
zudem auf Innovation, beispielsweise<br />
durch Nutzung neuer Medien, Formen<br />
und Technologien. Die Chance auf den<br />
Gewinn hat nur, wer eine Kampagne mit<br />
einer besonderen gestalterischen Umsetzung<br />
und einer medien- und zielgruppengerechten<br />
Inszenierung und Markensprache<br />
vorweisen kann. «Es braucht eine<br />
Botschaft, eine einheitliche Bildwelt und<br />
mehrere Kanäle», sagt CMA-<br />
Jurymitglied Christina Jaldón.<br />
Im Vergleich zu früher<br />
müsse man heutzutage viel<br />
näher an den Interessenten<br />
sein. So müsse man diese<br />
über die gesamte Customer<br />
Journey begleiten: am richtigen<br />
Ort zum richtigen Zeitpunkt<br />
und über den richtigen<br />
Kanal. Auch sei es wichtig,<br />
das zu vermitteln, was relevant<br />
sei. «Und eine einheitliche<br />
Story erzählen, sodass am Schluss<br />
die Interessenten oder Konsumenten<br />
nachhaltig ein tolles Markenerlebnis haben<br />
und natürlich auch ein Abschluss<br />
generiert werden kann», sagt Jaldón, die<br />
bei Opel als Head of Marketing amtet.<br />
Der CMA unterscheidet sich laut Matthew<br />
Katumba von anderen Auszeichnungen.<br />
«Der Goldbach Crossmedia<br />
«Der Goldbach<br />
Crossmedia Award<br />
ist der Award,<br />
der nicht nur die<br />
Kreativität beurteilt,<br />
sondern<br />
auch die Messbarkeit.»<br />
TIPPS &TRICKS<br />
Damit bei der Einreichung<br />
alles klappt<br />
1<br />
Gute Vorbereitung<br />
Involvierung aller<br />
relevanten Personen,<br />
wie Kunde bzw.<br />
Mediaagentur.<br />
2<br />
Beachtung<br />
aller Einreichungskriterien<br />
Alle fünf Jury-Punkte<br />
müssen erfüllt sein.<br />
3<br />
Hohe Verständlichkeit<br />
Auch bei ganz komplexen<br />
Ideen sollte die<br />
Kampagne von der<br />
Jury sofort verstanden<br />
werden.<br />
4<br />
Auf das Wesentliche<br />
konzentrieren<br />
Auch bei umfangreichen<br />
Kampagnen darf<br />
man sich nicht in den<br />
Details verlieren.<br />
5<br />
Saubere visuelle<br />
Auf bereitung<br />
Wer zu allen Fragen<br />
zusätzliche Visualisierungen<br />
hochlädt,<br />
punktet bei der<br />
Darstellung.<br />
6<br />
Am Schluss der<br />
Oma-Test<br />
Es lohnt sich, die<br />
Einreichung einem<br />
Laien zu geben, um die<br />
Verständlichkeit zu<br />
prüfen.<br />
Illustration: pexels.com<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
103<br />
NACHGEFRAGT<br />
Michi Frank: «Viele glückliche, lachende und teilweise auch<br />
überraschte Gesichter bei der Würfelübergabe.»<br />
M&K Wie unterscheidet sich der Goldbach<br />
Crossmedia Award heute von der<br />
ersten Auszeichnung vor 20 Jahren?<br />
MICHI FRANK Der Award war deutlich<br />
einfacher gehalten. Aufgrund der<br />
Feedbacks der Teilnehmenden und<br />
der Jurymitglieder haben wir ihn<br />
jedoch konstant weiterentwickelt und<br />
dabei auch den Wandel der Werbeund<br />
Medienbranche berücksichtigt.<br />
Da wir stetig am Ball geblieben sind,<br />
konnte der Goldbach Crossmedia<br />
Award auch Relevanz und Bekanntheit<br />
im Markt gewinnen.<br />
Welche Kampagnen sind Ihnen<br />
persönlich in Erinnerung geblieben?<br />
Es wurden so viele herausragende<br />
Kampagnen eingereicht, dass ich<br />
keine Entscheidung treffen kann. Ich<br />
bin jedes Jahr wieder aufs Neue<br />
beeindruckt und freue mich wahnsinnig,<br />
dass wir mit dem Goldbach<br />
Crossmedia Award die besten Umsetzungen<br />
der crossmedialen Kommunikation<br />
würdigen können.<br />
Wie oft werden Sie darauf angesprochen,<br />
dass heute ja eh schon alles<br />
crossmedial ist und es Ihren Award<br />
deshalb gar nicht mehr braucht?<br />
Natürlich haben sich die crossmedialen<br />
Kampagnen über die Jahre stark<br />
verändert. Mit der rasanten Entwicklung<br />
digitaler Technologien sind<br />
Kanäle dazugekommen, welche aus<br />
einem Media-Mix nicht mehr wegzudenken<br />
sind. Moderne crossmediale<br />
Kampagnen beinhalten heutzutage<br />
personalisierte Inhalte, sind interaktiv<br />
und ermutigen die Zielgruppe zur<br />
Teilnahme. Darüber hinaus muss die<br />
Markenansprache authentisch rüberkommen,<br />
was eine grosse Herausforderung<br />
für die Werbeschaffenden<br />
darstellt,<br />
um die gesetzten Ziele<br />
effektiv und erfolgreich<br />
zu realisieren. Dieser<br />
Umstand zeigt, dass<br />
die kluge Vernetzung<br />
verschiedener Medien<br />
heute wichtiger denn<br />
je ist, um die richtige<br />
Zielgruppe zum<br />
richtigen Zeitpunkt<br />
und am richtigen Ort<br />
zu erreichen.<br />
Die wichtigsten Gründe für die<br />
Durchführung des Crossmedia<br />
Award?<br />
«Mit dieser<br />
Auszeichnung<br />
möchten wir<br />
die besten crossmedialen<br />
Kampagnen<br />
der<br />
Schweiz würdigen.»<br />
Mit dieser Auszeichnung möchten<br />
wir die besten crossmedialen Kampagnen<br />
der Schweiz würdigen.<br />
Mit unserem Award können wir die<br />
Innovation und Kreativität fördern<br />
und dazu beitragen, die Werbebranche<br />
weiterzuentwickeln.<br />
Was gab es in den letzten 20 Jahren<br />
für Reaktionen der Gewinnerinnen<br />
und Gewinner?<br />
Da kommen mir spontan die vielen<br />
glücklichen, lachenden und teilweise<br />
auch überraschten<br />
Gesichter bei der<br />
Würfelübergabe in den<br />
Sinn. Die Freude der<br />
Sieger:innen mit ihren<br />
Teams ist einzigartig.<br />
Was ist für Sie<br />
eine gute Crossmedia-<br />
Kampagne?<br />
Für mich muss vor<br />
allem die Idee in sich<br />
stimmig, kreativ und auf<br />
den entsprechenden Medienkanal,<br />
wie TV, Audio, Print, OOH, Online<br />
oder Social Media, abgestimmt sein.<br />
Wenn mich die Botschaft gezielt<br />
anspricht, kann ich eine tiefere<br />
Bindung zur Marke entwickeln. Die<br />
Gewinnerkampagnen aus den letzten<br />
Jahren sind tolle Beispiele, dass die<br />
crossmediale Kommunikation funktioniert.<br />
Was geht kampagnenmässig<br />
heute gar nicht mehr?<br />
Eine Kampagne, die versucht, die<br />
Idee generisch über alle Kanäle<br />
umzusetzen. Heutzutage müssen<br />
die Botschaften an die spezifischen<br />
Bedürfnisse und Vorlieben der<br />
Zielgruppen angepasst werden.<br />
Bild: Goldbach<br />
Michi Frank, CEO der Goldbach Group AG.<br />
Wird es den Goldbach Crossmedia<br />
Award auch 2044 noch geben?<br />
(Lacht) Das hoffe ich doch.<br />
Und dann mit Ihnen als Jurypräsident?<br />
Wieso nicht? Wir werden sehen.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
CALL FOR<br />
E N T R I E S<br />
Bereits seit 20 Jahren fördert der Goldbach Crossmedia<br />
Award die crossmediale Kommunikation in der Schweizer<br />
Medien- und Werbebranche.<br />
Machen Sie mit und werden Sie Teil davon: Wir suchen<br />
Kampagnen, die durch kreative Ideen überzeugen und<br />
über verschiedene Medienkanäle hinweg eine einzigartige<br />
Wirkung erzielen.<br />
Reichen Sie Ihre Kampagne bis zum 1. Februar 2024 ein!<br />
Weitere Infos:
105<br />
Award ist der Award, welcher nicht nur<br />
die Kreativität wirklich beurteilt, sondern<br />
auch die Messbarkeit.» Das mache die<br />
Auszeichnung aus und sei das, was es<br />
schlussendlich auch für die Kunden<br />
spannend mache. «Darum,<br />
glaube ich, ist es auf<br />
der einen Seite für die<br />
Kreativen, aber auf der<br />
anderen Seite auch für<br />
die Kunden und die Mediaagenturen<br />
ein Award,<br />
welcher absolut spannend<br />
und einmalig ist.»<br />
Jurymitglied Lara Jelinski<br />
weist noch auf einen weiteren<br />
Faktor hin: «Man<br />
kann seine eigene Kampagne<br />
nicht nur von einer<br />
oder vielleicht zwei<br />
Agenturen bewerten lassen, sondern<br />
von einer ganz grossen Jury, die aus<br />
verschiedenen Fachbereichen zusammenkommt.»<br />
Das gebe dem Ganzen<br />
natürlich noch mal eine ganz andere<br />
Qualität, sagt die CEO von dentsu Media<br />
Switzerland.<br />
Wer häts erfunde?<br />
«Als Vermarktungsorganisation<br />
muss<br />
man immer die<br />
beste Leistung<br />
bringen und<br />
gleichzeitig auch<br />
die Branche<br />
fördern.»<br />
Als Klaus Kappeler, der Mitgründer von<br />
Goldbach, in der Ausbildung war, hiess<br />
die Zauberformel «Multimedia». «Wenn<br />
man vor mehr als 40 Jahren nicht nur<br />
ein Inserat in der Zeitung schaltete, sondern<br />
auch gleichzeitig mit Plakaten warb,<br />
war man bereits multimedial unterwegs»,<br />
lacht der heute 70-Jährige. Dann als es<br />
mit Radio, Fernsehen und später auch<br />
mit dem Internet weiterging, war «Crossmedia»<br />
plötzlich in aller Munde und für<br />
die Branche so etwas wie ein Heilsbringer.<br />
«Wenn alle davon sprechen, muss<br />
man etwas machen», sagte sich Kappeler<br />
damals und lancierte mit seinem Team<br />
im Jahr 2005 die erste Ausgabe des<br />
Goldbach Crossmedia Award. «Als Vermarktungsorganisation<br />
muss man immer<br />
die beste Leistung bringen und gleichzeitig<br />
auch die Branche fördern», war<br />
KKs (wie Klaus Kappeler alle nannten)<br />
Strategie. Bereits in den 90er-Jahren<br />
gründete er auch den Radio Day und<br />
die screen-up. «Als Organisator der<br />
Branchenanlässe rund um die neuen<br />
Medien, wie sie seinerzeit genannt wurden,<br />
wollten wir Know-how-Transfer erzielen<br />
und Goldbach als Leader positionieren.»<br />
Die grösste Herausforderung<br />
sei die Bildung einer neutralen und<br />
professionellen Jury gewesen. Um<br />
entsprechende Glaubwürdigkeit<br />
zu erlangen,<br />
musste die ganze Branche<br />
in der Jury vertreten<br />
sein.<br />
Es wurde absolute Perfektion<br />
angestrebt. Und<br />
der erste CMA im Hürlimann-Areal<br />
ging vollkommen<br />
reibungslos<br />
über die Bühne. «Die<br />
fachliche Kompetenz ist<br />
das Wichtigste», sagt der<br />
frühere CEO und Delegierte<br />
des Verwaltungsrats<br />
von Goldbach. Und eine grosse Party<br />
durfte nicht fehlen, weil die Werbebranche<br />
solche Events damals wie heute<br />
liebe, erklärt Klaus Kappeler gegenüber<br />
Anmeldungen bis<br />
Februar 2024<br />
Sein Projekt für den Goldbach<br />
Crossmedia Award<br />
2024 reicht man online ein.<br />
Alle Details für eine Teilnahme<br />
gibt’s auf www.<br />
crossmediaaward.ch.<br />
Einreichungen werden noch<br />
bis zum 1. Februar 2024<br />
berücksichtigt. Seit 2018<br />
wird der CMA an der Award<br />
Night von «Best of Swiss<br />
Web» verliehen. Die grosse<br />
Gala-Nacht findet im<br />
kommenden Jahr am<br />
<strong>11</strong>. April in The Hall in<br />
Dübendorf statt. Die<br />
Teilnahmegebühr für den<br />
Goldbach Crossmedia<br />
Award beträgt 975.– Franken,<br />
darin enthalten sind<br />
auch zwei Tickets für die<br />
«Best of Swiss Web» Award<br />
Night im Wert von je<br />
290.– Franken.<br />
m&k. Von KK und seinem damaligen<br />
CMO Paul Riesen wurde Marco Taborelli<br />
bereits 2009 als Jurypräsident an Bord<br />
geholt. Der heute 62-Jährige war damals<br />
auf der Auftraggeberseite beschäftigt<br />
und hatte dort wichtige Brands selbst<br />
aufgebaut und betreut. Taborellis Hauptaufgabe<br />
als Präsident ist vor allem die<br />
Durchführung und Moderation der<br />
Jurierung. Daneben hat er mit Vertreter:innen<br />
der Goldbach Group über die<br />
vergangenen 15 Jahre den Bewerbungsprozess<br />
und die Bewertungskriterien<br />
stetig weiterentwickelt und über die Zusammensetzung<br />
der Jury entschieden.<br />
An der Award Night überreicht der Jurypräsident<br />
zusammen mit Goldbach-CEO<br />
Michi Frank den Gewinner:innen jeweils<br />
die Preise. Vor 20 Jahren habe man den<br />
Leuten noch erklären müssen, was crossmediales<br />
Denken und Entwickeln bedeutet.<br />
«Heute ist das eine Selbstverständlichkeit»,<br />
schmunzelt er. Die meisten<br />
Kampagnen sind aktuell crossmedial<br />
aufgezogen. «Es ist daher umso spannender<br />
und auch herausfordernder, zusammen<br />
zu beurteilen, welche Elemente<br />
dazu führen, dass eine Kampagne erfolgreicher,<br />
innovativer und letztendlich auch<br />
effizienter ist als eine andere», erklärt der<br />
Multi-Verwaltungsrat, der vor 17 Jahren<br />
seine eigene Coaching-Firma gegründet<br />
hat und als Verwaltungsratspräsident<br />
heute auch auf Agenturseite tätig ist.<br />
Jurierung als Austauschplattform<br />
Braucht es einen solche Auszeichnung<br />
überhaupt, wenn heute eh alles crossmedial<br />
aufgezogen wird? «Weil Werbung<br />
keine Wissenschaft ist, ist es<br />
wichtig, dass wir uns regelmässig zu<br />
erfolgreicher Werbung austauschen.»<br />
Die gemeinsamen Stunden, in denen<br />
sich die Jury austausche und zu einem<br />
Gesamturteil komme, seien immer ein<br />
Gewinn für die einzelnen Jurymitglieder.<br />
Zudem begründe das Konsortium an<br />
der Award Night dem Publikum jeweils<br />
seine Entscheidungen. Das heisst, dass<br />
auch dort jeweils eine Art Austausch<br />
stattfinde. «Bei der Zusammensetzung<br />
der Jury achten wir mit unserem Jurypräsidenten<br />
Marco Taborelli auf einen<br />
guten Mix zwischen Media- und Kreativagenturen»,<br />
sagt Simone Schulz, die bei<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
106<br />
Goldbach den Bereich Brand & Content<br />
Marketing leitet. «Aber auch die Werbeauftraggeber<br />
dürfen nicht fehlen.» Wichtig<br />
für die Auszeichnung sei ausserdem<br />
ein ausgewogener Anteil an Frauen und<br />
Männern.<br />
Die Hauptkriterien, auf welche die<br />
CMA-Jury bei den Einreichungen besonders<br />
genau achtet, sind der crossmediale<br />
Einsatz, Innovation, Kreation, die<br />
bisherigen Erfolgsausweise der Kampagne<br />
und der Gesamteindruck. Die wichtigsten<br />
Punkte sind laut dem Zürcher, der<br />
bei Wollerau lebt, über die Jahre gleich<br />
geblieben. Jedes dieser fünf Kriterien<br />
hat jedoch eine unterschiedliche Gewichtung:<br />
Beispielsweise zählt die crossmediale<br />
Vernetzung doppelt so viel wie<br />
die Innovation oder die Kreation. Die<br />
Gewichtungen hätten sich über die Jahre<br />
allerdings verschoben. So sei zum Beispiel<br />
die Gewichtung für die Erfolgsausweise<br />
in den letzten Jahren immer<br />
grösser geworden. So müssen heute<br />
Angaben zu Strategie, Zielsetzungen,<br />
Vernetzung, Mitteleinsatz und erzielten<br />
bzw. gemessenen Resultaten aufgezeigt<br />
werden. Was ist für Marco Taborelli persönlich<br />
eine gute Crossmedia-Kampagne?<br />
«Bei einer erfolgreichen crossmedialen<br />
Kampagne sind die einzelnen<br />
Medien nicht nur intelligent miteinander<br />
verknüpft, sondern profitieren wechselseitig<br />
voneinander.»<br />
Keine Angebote von der Stange<br />
Philipp Skrabal hat an den Goldbach<br />
Crossmedia Award in den vergangenen<br />
Jahren neben diversen Silber- und<br />
Bronze-Auszeichnungen auch viermal<br />
Gold geholt (20<strong>12</strong>: IKEA/Wirz, 2014:<br />
Mobiliar/Wirz, 2018 TCS/Farner, 2021:<br />
Autoschweiz/Farner). «Das schaffst du<br />
nicht alleine», sagt der heutige Chief<br />
Creative Officer bei Farner. Da müsse<br />
«Die Hauptkriterien, auf die die CMA-Jury<br />
achtet, sind der crossmediale Einsatz, Innovation,<br />
Kreation, die bisherigen Erfolgsausweise der<br />
Kampagne und der Gesamteindruck.»<br />
«Bei der Zusammensetzung der Jury<br />
achten wir mit unserem Jurypräsidenten<br />
Marco Taborelli auf einen guten Mix<br />
zwischen Media- und Kreativagen turen.»<br />
schon alles stimmen. Kunde, Briefing,<br />
Idee, Team, Ambition, dies sei alles entscheidend.<br />
«Für einen brillanten crossmedialen<br />
Case brauchst du Topspezialistinnen<br />
und -spezialisten, die sich alle<br />
der einen tragenden Idee verschreiben<br />
und sie in ihren Verästelungen zum Leben<br />
erwecken.» Für den CMA gibt es<br />
heute keine Preissumme mehr, der<br />
grösste Nutzeffekt für den heutigen<br />
Farner-Partner war bei all seinen Siegen<br />
jeweils der Stolz seiner Kundinnen und<br />
Kunden auf den Award. «Das ist für mich<br />
der grösste Benefit, denn die Auszeichnung<br />
schafft Vertrauen und die Basis für<br />
den nächsten gemeinsamen Coup.»<br />
Heute sitzt Philipp Skrabal selber in der<br />
CMA-Jury. Ein Rezept, wie man sich einen<br />
Goldbach Crossmedia Award angelt, hat<br />
der 51-Jährige nicht, aber einen Tipp:<br />
«Arbeitet mit Leuten, die eure Kampagnenidee<br />
verstehen und euch nicht einfach<br />
0815-Angebote von der Stange<br />
liefern.»<br />
Zugelassen werden alle in der Schweiz<br />
konzipierten und entwickelten Kampagnen.<br />
Bei den internationalen Projekten<br />
müssen Ergebnisse ausgewiesen werden,<br />
welche sich auf den Schweizer Markt<br />
beziehen. Laut der Award-Projektleiterin<br />
Monika Heiniger gibt es immer mehr<br />
internationale Kampagnen, welche in<br />
verschiedenen Ländern einfach adaptiert<br />
werden. «Die Mehrheit der Projekte wird<br />
allerdings nur für die Schweiz konzipiert<br />
und umgesetzt, weil dadurch besser auf<br />
die Gegebenheiten des Marktes bzw.<br />
die Zielgruppe eingegangen werden<br />
kann», erklärt die 34-Jährige gegenüber<br />
m&k. Von Heiniger wollen wir wissen,<br />
welches jeweils die grösste Challenge<br />
bei der ganzen Planung und Ausführung<br />
des ganzen Anlasses ist. «Die grösste<br />
Herausforderung ist vermutlich die laufende<br />
Optimierung des Awards an die<br />
Entwicklungen in der Werbebranche, um<br />
die Relevanz dieser Auszeichnung stets<br />
aufrechtzuerhalten.» Dies mache das<br />
ganze Projekt und jede Ausgabe des<br />
Awards jedoch so besonders.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
Dreikönigstagung<br />
Jahresauftakt der Schweizer Medienbranche<br />
für Entscheidungsträger aus Medien,<br />
Kommunikation, Politik und Wirtschaft<br />
Mittwoch, 10. Januar 2024<br />
Vierte Gewalt in der Krise. Was tun?<br />
Jon Pult, Nationalrat, Präsident Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen KVF,<br />
Vizepräsident SP Schweiz<br />
Navigating the future of news business in the age of AI<br />
Greg Piechota, Researcher-In-Residence International News Media Association INMA<br />
«Democracy Dies in Darkness». Fake News, Big Tech, AI:<br />
Hat die Wa(h)re Nachricht eine Zukunft?<br />
Clemens Pig, Geschäftsführender Vorstand APA – Austria Presse Agentur<br />
Corporate Media Responsability – WIR müssen handeln.<br />
Manfred Kluge, Chairman D-A-CH Omnicom Media Group<br />
Podiumsdiskussion<br />
Ladina Heimgartner, CEO Ringier Medien Schweiz | Thomas Kundert, CEO Somedia |<br />
Jessica Peppel-Schulz, CEO Tamedia | Michael Wanner, CEO CH Media<br />
Infos &<br />
Anmeldung<br />
Premiumpartner<br />
Partner Medienpartner Kooperationspartner
108<br />
MEDIA<br />
«Was für ein Jahr»<br />
Das Jahr <strong>2023</strong> ist am Ausklingen. m&k hat bei Medienhäusern<br />
und Mediaagenturen nachgefragt, wie das Jahr<br />
im Rückblick wahrgenommen wurde und wo 2024 die<br />
Prioritäten liegen.<br />
W<br />
as für ein Jahr! Dies gilt besonders<br />
für mich, da ich im<br />
Januar den Schritt gewagt<br />
habe, nach über zehn Jahren<br />
in ein anderes Agenturnetzwerk zu<br />
Havas Media Schweiz zu wechseln. Die<br />
Zeit war besonders aufregend, da bei<br />
Havas in diesem Jahr ein bedeutender<br />
Kulturwandel stattfindet. Nach fast elf<br />
Monaten bei Havas bin ich dankbar und<br />
stolz, Teil eines hochmotivierten Teams<br />
zu sein, das mit grosser Begeisterung<br />
Samia Montaque,<br />
Managing Director Havas<br />
Media.<br />
forderung war, digitale Spezialist:innen<br />
zu rekrutieren, setzen wir nun darauf,<br />
diese aus den klassischen Medien nicht<br />
zu vernachlässigen. Projekte wie Streaming<br />
Data oder OTV seitens Mediapulse<br />
schaffen immer bessere Grundlagen für<br />
die einheitliche Messung von klassischen<br />
und digitalen Kanälen, was letztendlich<br />
die Spezialist:innen immer näher zueinander<br />
bringen wird. In diesem Zusammenhang<br />
haben wir dieses Jahr damit<br />
begonnen, ein Tool einzuführen, das für<br />
die Planung aller Mediakanäle die Automatisierung<br />
weiter vorantreiben soll, um<br />
somit mit künstlicher Intelligenz Effizienzen<br />
in unserer Arbeit zu steigern. Dieses<br />
komplexe Thema ist ein weiteres, das<br />
mich als Leiterin von Havas Media im<br />
Jahr <strong>2023</strong> beschäftigt hat und weiterhin<br />
beschäftigen wird. Nicht zuletzt beschäftigt<br />
mich auch das Thema Nachhaltigkeit<br />
in der Werbung. Unternehmen richten<br />
ihre Botschaften und Werbekampagnen<br />
zunehmend auf umweltfreundliche Praktiken<br />
aus, um ein Bewusstsein für soziale<br />
Verantwortung zu schaffen. Es erfreut<br />
mich besonders, dass Havas ab 2024<br />
seinen Kund:innen das browserbasierte<br />
Tool «Havas Carbon Impact Calculator»<br />
anbieten kann, mit dem wir die CO2-Auswirkungen<br />
ihrer Kampagnen berechnen<br />
und optimieren können.<br />
Insgesamt war das Jahr <strong>2023</strong> für mich<br />
eine spannende Reise, geprägt von beruflichen<br />
Herausforderungen und aufregenden<br />
Entwicklungen in der Medienlandschaft.<br />
Der Wechsel zu Havas Media<br />
Schweiz war eine Entscheidung, die sich<br />
als äusserst bereichernd erwiesen hat.<br />
«Havas wird seinen Kund:innen ab 2024 ‹Havas Carbon Impact<br />
Calculator› anbieten, mit dem wir die CO2-Auswirkungen ihrer Kampagnen<br />
berechnen und optimieren können.»<br />
Alle Illustrationen: fiverr.com / Art Cofam<br />
Kampagnen für unsere geschätzten<br />
Kund:innen entwickelt und umsetzt.<br />
Die digitale Transformation schreitet<br />
weiter voran, wobei die Präferenz der<br />
Nutzer:innen für interaktive Inhalte zunimmt<br />
und die Art und Weise, wie Werbung<br />
präsentiert wird, verändert. Interaktive<br />
Werbekampagnen, sei es in Form<br />
von Spielen oder Augmented-Reality-<br />
Anwendungen, erfreuen sich wachsender<br />
Beliebtheit. Daher haben wir unsere<br />
Zusammenarbeit mit innovativen Partner:innen<br />
in diesem Bereich bereits in<br />
diesem Jahr verstärkt und werden sie im<br />
Jahr 2024 weiter ausbauen.<br />
Während digitale und innovative Werbemassnahmen<br />
florieren, verzeichnet<br />
die Nachfrage nach traditionellen Werbeformaten<br />
einen spürbaren Rückgang.<br />
Dennoch behalten diese Medien ihre<br />
Berechtigung, und obwohl es vor ein<br />
paar Jahren für Agenturen eine Herausm&k<br />
<strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
109<br />
Moritz Schneider, CEO Mediaschneider.<br />
«Das Jahr <strong>2023</strong><br />
stand ganz im Zeichen<br />
von künstlicher<br />
Intelligenz. Neben dem<br />
Makrotrend war das<br />
Thema Privacy in der<br />
Medienbranche omnipräsent.»<br />
D<br />
as Jahr <strong>2023</strong> stand ganz im<br />
Zeichen von künstlicher Intelligenz.<br />
Die erst kürzlich aufgetauchten<br />
Metaverse-Spezialist:innen<br />
haben sich innert kürzester<br />
Zeit zu sogenannten Promptern gewandelt.<br />
So beeindruckend die Möglichkeiten<br />
und Potenziale von generativer AI<br />
auch sind, stellen sich in der Realität<br />
grundsätzliche juristische und gesellschaftliche<br />
Fragen: Dürfen durch künstliche<br />
Intelligenz erzeugte Bilder kommerziell<br />
verwendet werden? Wem<br />
gehören die Rechte an diesen Bildern?<br />
Wer haftet für Falschinformationen, die<br />
durch künstliche Intelligenz generiert<br />
wurden? Lassen sich künstlich generierte<br />
Inhalte von menschengemachten Inhalten<br />
unterscheiden?<br />
Neben diesem Makrotrend war das<br />
Thema Privacy in der Medienbranche<br />
omnipräsent. Die zunehmenden technischen<br />
Einschränkungen und gesetzlichen<br />
Vorgaben hinsichtlich Privatsphäre und<br />
Datenschutz verunmöglichen eine übergreifende<br />
Kampagnenmessung. Solange<br />
eine Person keine explizite Einwilligung<br />
in die Nutzung ihrer Daten gibt, sind die<br />
Optionen beschränkt. Davon profitieren<br />
in erster Linie die Big Tech, da sie die<br />
nötige Zustimmung in der Regel bereits<br />
über die Nutzungsbedingungen der<br />
Plattform, wie etwa Youtube oder Instagram,<br />
eingeholt haben. Vor diesem Hintergrund<br />
erstaunt es wenig, dass der<br />
Anteil von Google an den Schweizer<br />
Netto-Werbeausgaben auf knapp 30 Prozent<br />
gestiegen ist (Quelle: Stiftung Werbestatistik<br />
Schweiz). Dieser Trend dürfte<br />
sich ohne staatliche Regulierung der<br />
Monopolstellung von Google in den<br />
nächsten Jahren weiter fortsetzen.<br />
Im <strong>2023</strong> kam auch Bewegung in den<br />
Schweizer Bewegtbildmarkt. Die Replay<br />
Ads im zeitversetzten Fernsehen können<br />
endlich gemessen werden, und mit<br />
Disney+ startete der erste Streaming-<br />
Anbieter mit einem werbefinanzierten<br />
Angebot, weitere werden folgen. Bei der<br />
TV-Vermarktung steht Admeira wieder<br />
genau da, wo die Publisuisse, das Vorgängerunternehmen,<br />
vor sieben Jahren<br />
aufgehört hat: bei der ausschliesslichen<br />
Vermarktung der öffentlich-rechtlichen<br />
Kanäle. Die Privatsender, allen voran TF1,<br />
werden ab 2024 von Goldbach vermarktet.<br />
Doch nicht nur beim TV kehrt Altbekanntes<br />
zurück, auch beim Plakat entsteht<br />
mit Goldbach Neo durch den<br />
Zukauf von Clear Channel wieder das<br />
altbekannte Duopol mit der APG auf der<br />
Gegenseite.<br />
Ein bewegtes Jahr im Schweizer<br />
Medienkarussell neigt sich dem Ende<br />
entgegen und wir sind gespannt, was<br />
das neue Jahr bringt.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
<strong>11</strong>0<br />
G<br />
eht denn überhaupt noch jemand<br />
ins Kino?» Eine Frage,<br />
die mich – die uns alle – als<br />
Kinowerbevermarktende verfolgt.<br />
Rückblickend betrachtet, wurde<br />
diese Frage spätestens in diesem Jahr<br />
eindeutig beantwortet. Dies dank dreier<br />
internationaler Phänomene im <strong>2023</strong>:<br />
Zunächst sei «Avatar: The Way of Water»<br />
genannt. Der Film startete 2022 und<br />
spielte sich dieses Jahr auf den dritten<br />
Platz der weltweit erfolgreichsten Filme<br />
aller Zeiten. In der Schweiz sicherte sich<br />
dieser Blockbuster den zehnten Platz<br />
und das mit weit über einer Million Zuschauer:innen<br />
in unserem Land. Und<br />
dabei nicht zu vergessen ist die beachtliche<br />
Filmlänge von 192 Minuten.<br />
Im März gab es eine weitere Schlagzeile:<br />
Apple und Amazon nehmen das<br />
Kino ins Visier – mit Milliardeninvestitionen.<br />
«Cinema First» für Filme aus Eigenproduktionen.<br />
Sie folgen damit anderen<br />
Filmverleihenden und Streaming-Anbietenden,<br />
die bereits auf diese Erfolgsschiene<br />
vertrauen oder teilweise dorthin<br />
zurückgekehrt sind.<br />
Verwandt mit der Einstiegsfrage:<br />
«Geht denn im ‹Sommer› überhaupt jemand<br />
ins Kino?» – als Antwort das Sommermärchen<br />
<strong>2023</strong> schlechthin: «Barbenheimer».<br />
Barbie und Oppenheimer<br />
gingen weltweit viral und lockten allein<br />
in der Schweiz fast 1,2 Millionen Kinobesucher:innen<br />
in die bequemen Sessel.<br />
Wer hätte das geahnt? Rückblickend<br />
stärkt uns dies und bekräftigt, dass das<br />
Kino lebt und ein hervorragendes Umfeld<br />
für Werbung bietet. Dazu noch voll<br />
und ganz im «Flow». Dieses Jahr wurde<br />
erstmals im Bereich der Werbung und<br />
ihrer Wirkung wissenschaftlich «Flow»<br />
«Barbie und Oppenheimer gingen weltweit<br />
viral und lockten allein in der Schweiz fast<br />
1,2 Millionen Kinobesucher:innen in<br />
die bequemen Sessel.»<br />
Juliane Merz,<br />
Director of Sales,<br />
Weischer. Cinema<br />
Schweiz.<br />
«Ich freue mich auf alles, was die Zukunft<br />
bringt, und wünsche uns allen für 2024 vor<br />
allem eines: Grosses Kino.»<br />
erforscht, in einer Studie der HSG. «Flow»<br />
ist ein konzentrierter Glücksmoment, und<br />
Kino setzt damit in der Werbewirkung<br />
einzigartige und überdurchschnittliche<br />
Akzente.<br />
Damit geht im wahrsten Sinne des<br />
Wortes ein für mich blockbusterreifes<br />
Jahr zu Ende. Das Kinoerlebnis bleibt<br />
lebendig und ist für Überraschungen<br />
gut. Als junggebliebene «Mutter» der<br />
Bewegtbildmedien ist unser und somit<br />
mein Anspruch, innovativ zu sein und zu<br />
bleiben. So ist beispielsweise Werbung<br />
auf den digitalen Screens im Foyer neu<br />
auch programmatisch buchbar. Ich freue<br />
mich auf alles, was die Zukunft bringt,<br />
und wünsche uns allen für 2024 vor allem<br />
eines: Grosses Kino.<br />
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Die Jobplattformen für Kommunikation & ICT:<br />
• reichweitenstark und trotzdem zielgruppenfokussiert<br />
• CV-Datenbank mit Matchingtool «QualiProfil»<br />
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m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
<strong>11</strong>1<br />
N<br />
ationale Präsenz mit regionaler<br />
Stärke. Ein Werbesatz – und<br />
gerade darum so richtig einprägsam.<br />
Für mich bedeutet<br />
er aber noch mehr: CH Media im Kern.<br />
So viele positive Mitteilungen sind in<br />
diesem Jahr der schrecklichen Verwerfungen<br />
untergegangen oder einfach zu<br />
kurz gekommen. Wir hatten wichtige<br />
Jubiläen mit 100 Jahren «Wir Eltern»,<br />
20 Jahren Swissmom.ch und bereiten<br />
gerade die Geburtstage von 30 Jahren<br />
TeleZüri und 10 Jahren Watson im<br />
kommenden Jahr vor. Wir geniessen<br />
mit unserer TV-Sendergruppe höchste<br />
Marktanteilswerte im Entertainment und<br />
erreichen erstmals über 1 Mio. Leser:innen<br />
mit der «Schweiz am Wochenende»,<br />
die mit 29 Regionalausgaben Qualitätsjournalismus<br />
für die ganze Deutschschweiz<br />
bietet. Unser Newsportal watson.<br />
ch/fr zeigt das stärkste relative Wachstum<br />
allein im September und hebt sich deutlich<br />
von den Mitbewerbern der Westschweiz<br />
ab.<br />
Was für ein Jahr! In einer Zeit, in der<br />
traditionelle Printmedien massiv unter<br />
Druck geraten, haben digitale Nachrichtenportale<br />
und soziale Medien an Bedeutung<br />
gewonnen. Diese Transformation<br />
stellt auch uns vor die Herausforderung,<br />
unsere innovativen Geschäftsmodelle<br />
weiterzuentwickeln und die digitale Präsenz<br />
zu stärken. Aber es geht noch um<br />
viel mehr: um die Integrität des Journalismus<br />
und dessen Beitrag zur Meinungsbildung,<br />
um den Kampf gegen die Verbreitung<br />
von falschen Informationen und<br />
manipulierten Inhalten auf Social Media<br />
und anderen Kanälen. Verlässliche<br />
Marken, wie sie CH Media hat, werden<br />
wieder wichtiger, ihre Glaubwürdigkeit<br />
ist für uns eine Chance. Welche Strategien<br />
entwickeln wir zur Bekämpfung von<br />
Desinformation und zur Förderung von<br />
Medienkompetenz?<br />
«In einer Zeit,<br />
in der traditionelle<br />
Printmedien massiv<br />
unter Druck geraten,<br />
haben digitale<br />
Nachrichtenportale<br />
und soziale Medien<br />
an Bedeutung<br />
gewonnen.»<br />
Tarkan Özküp,<br />
Chief Commercial Officer, CH Media<br />
Wir sehen uns in der Pflicht. Um unserer<br />
Verantwortung nachzukommen, brauchen<br />
wir solide Finanzierungsmodelle.<br />
Darum steht finanzielle Nachhaltigkeit an<br />
vorderster Front, denn sie sichert eine<br />
unabhängige Publizistik. Anzeigenumsätze<br />
sind rückläufig, auch wenn mit<br />
geringer Volatilität in der Planbarkeit.<br />
Wachstum sehe ich in All-Media-Ansätzen<br />
und damit in der Entwicklung von vertrauensbildenden<br />
Konzepten für Marketingziele<br />
und promotionellen Abverkaufsherausforderungen.<br />
Wir haben in diesem<br />
Jahr nochmals in Expert:innen investiert<br />
und bilden im kommenden Jahr gezielt<br />
weiter aus. Hier startet der Kundenaustausch<br />
auf qualitativer, nicht rein verkäuferischer<br />
Ebene, und nur so wird von<br />
Kunden Vertrauen zu unseren Mitarbeitenden<br />
aufgebaut. Mit diesem Ansatz<br />
machen wir die Stärke von CH Media<br />
erlebbar – eines Medienhauses, das Journalismus<br />
schon immer als Basis für Erfolg<br />
definiert hat. Dazu arbeiten wir gerade<br />
an einer breiten und starken Imagekampagne<br />
für unsere Zeitungen und<br />
Newsportale im kommenden Jahr.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
<strong>11</strong>2<br />
«‹Umarmt die Veränderung!› Ich glaube,<br />
das passt für 2024 auch gut zu uns.»<br />
F<br />
ür die Blick-Gruppe war <strong>2023</strong><br />
ein Jahr des Aufbruchs. Mit dem<br />
Launch unseres digitalen Abomodells<br />
Blick+ wagten wir im<br />
Sommer den Schritt hin zu Bezahlinhalten.<br />
Unsere Erwartungen wurden erfüllt,<br />
teils sogar übertroffen. Heute freuen wir<br />
uns über eine fünfstellige Zahl an Aboabschlüssen<br />
(rund 25% davon sind Jahresabos)<br />
und unzählige Learnings, die<br />
wir seit dem Start gewinnen konnten.<br />
Das Angebot zählt: vertiefte Analysen,<br />
konkreten Service, starke Recherchen –<br />
verpackt in modernes Storytelling und<br />
getragen von unserer Blick-spezifischen<br />
Art, die Vorteile eines Abos ins Scheinwerferlicht<br />
zu rücken. Ein weiteres Plus:<br />
Für Blick+ müssen praktisch alle Einheiten<br />
in der Blick-Gruppe eng zusammenarbeiten<br />
und sich miteinander abstimmen.<br />
Silos werden nach und nach<br />
aufgebrochen, «Cooperation is King».<br />
Und last but not least: Parallel wird auch<br />
intensiv an der stetigen Erhöhung der<br />
eingeloggten Nutzung gearbeitet. Die<br />
Learnings von Blick+ befruchten die<br />
Login-Bemühungen und umgekehrt.<br />
«Cooperation is King» gilt auch für<br />
unseren Umgang mit künstlicher Intelligenz.<br />
Eine Welle, die sich weiter auftürmt<br />
und längst noch nicht gebrochen ist, aber<br />
die Gefahr beinhaltet, alte Geschäftsmodelle<br />
wegzuspülen. Nach ersten Erweckungsmomenten<br />
starteten wir bereits<br />
im April die Initialzündung mit einer eigenen<br />
AI-Week. Bei diesem Hackathon<br />
bauten wir bewusst auf die Zusammenarbeit<br />
von Entwicklerinnen und Journalisten.<br />
Im Mai gaben wir uns als eines der<br />
ersten Medienunternehmen überhaupt<br />
KI-Richtlinien. Im Rahmen des AI-Boost-<br />
Projekts entwickeln wir unsere bestehenden<br />
Geschäftsprozesse inkrementell und<br />
systematisch weiter mit dem Ziel, effizienter<br />
und immer besser zu werden. Im<br />
Blick-Newsroom schufen wir eine eigene<br />
AI-Stelle und arbeiten heute schon sehr<br />
konkret mit AI-Werkzeugen wie dem Interview-Transkribierungstool<br />
Blis per, AI-<br />
Zusammenfassungen von Agenturen und<br />
dem Toxicity-Score von Leserkommentaren.<br />
Alles Hilfsmittel, die von den Journalist:innen<br />
mit grosser Neugier und<br />
auch Lust aufgenommen wurden. Quasi<br />
als neuer Arbeitskollege, der vielleicht<br />
hier und da noch ein paar<br />
Macken hat – aber am Ende des Tages<br />
den Job um einiges erleichtert.<br />
Apropos neue Kolleg:innen. Mit dem<br />
Zusammenschluss der Blick-Gruppe und<br />
den Medientiteln von Ringier Axel Springer<br />
Schweiz steht auch 2024 im Zeichen<br />
Ladina Heimgartner,<br />
Head Ringier Media &<br />
CEO Ringier Medien Schweiz<br />
der Kooperation. Wir stärken Blick.ch mit<br />
neuen Inhalten, erweitern das Portfolio<br />
mit spannendem Content und fördern<br />
so die Sichtbarkeit der Zeitschriften und<br />
Magazine im Digitalen.<br />
Beim Motto fürs neue Jahr zitiere ich<br />
gerne Fussballcoach Ted Lasso, meinen<br />
aktuellen Streaming-Helden. Der gibt<br />
seiner Mannschaft gerne mit auf den<br />
Weg: «Most of the time, change is a good<br />
thing. Now, I think that’s what it’s all<br />
about. Embracing change», also «Umarmt<br />
die Veränderung!». Ich glaube, das<br />
passt für 2024 auch gut zu uns!<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
Regionales<br />
Denken.<br />
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<strong>11</strong>5<br />
« KI ist ein<br />
Gebiet, das uns<br />
in den nächsten<br />
Jahren noch<br />
viele Möglichkeiten<br />
bieten<br />
wird.»<br />
Lars Holtschmit, Director<br />
Marketing & Product<br />
Management SRG<br />
A<br />
uch <strong>2023</strong> konnten wir Teil eines<br />
spannenden Medienjahres<br />
sein, in dem, wie es scheint,<br />
nichts mehr ist wie früher. Themen<br />
wie Messtechniken, Kollaborationen<br />
und die vermehrte Nutzung von Videoinhalten<br />
über Streaming-Plattformen<br />
zusätzlich zur linearen TV-Nutzung bestimmen<br />
die Gespräche. Ganz besonders<br />
in Erinnerung bleiben mir die vielfältigen<br />
Gespräche mit zahlreichen Kolleg:innen<br />
im In- und Ausland, die aufzeigen, dass<br />
der Medienmarkt weltweit in sehr starker<br />
Bewegung ist und die enorme Angebotserweiterung<br />
an Medieninhalten eine<br />
immer komplexere Betrachtungsweise<br />
notwendig macht. Schön zu sehen, dass<br />
dabei auch weiterhin in grossem Masse<br />
auf Qualität gesetzt wird. Hier konnten<br />
wir unter anderem mit den Top-Newsund<br />
Informationsformaten der SRG sowie<br />
dem riesigen Livesportangebot wieder<br />
attraktive Werbeplatzierungen anbieten.<br />
Und das nächste Jahr bietet mit der Fussballeuropameisterschaft<br />
in Deutschland<br />
und den Olympischen Sommerspielen<br />
in Paris wieder grossartige Highlights auf<br />
dem Big Screen und darüber hinaus.<br />
Mit der Ausrichtung der Screen-up im<br />
September konnten wir einmal mehr<br />
zeigen, dass der TV-Markt weiterhin ein<br />
sehr grosses Interesse weckt. Mir ist dabei<br />
wichtig, immer wieder darauf hinzuweisen,<br />
dass eine saubere und zuverlässige<br />
Vergleichbarkeit von Medien<br />
angestrebt werden muss. Insbesondere<br />
im Bewegtbild- und Videobereich haben<br />
wir hier offenbar noch sehr grosse Anstrengungen<br />
an Überzeugungsarbeit vor<br />
uns, da hier doch zu oft Äpfel mit Birnen<br />
verglichen werden. Natürlich beschäftigte<br />
uns in diesem Jahr auch das Thema<br />
Nachhaltigkeit, und ebenso war es spannend,<br />
erste positive Erfahrungen mit<br />
Projekten auf dem Gebiet der künstlichen<br />
Intelligenz im Bereich der Angebotssteuerung<br />
zu begleiten. Den Lerneffekt<br />
nutzen wir nun für weitere Projekte.<br />
KI ist ein Gebiet, das uns in den nächsten<br />
Jahren noch viele Möglichkeiten bieten<br />
wird.<br />
Zum Ende des Jahres freue ich mich<br />
nun auf so starke Produktionen wie «Davos»<br />
bei SRF, bei der die eindrucksvolle<br />
Szenerie, Kostüme und Story ein grossartiges<br />
Serienerlebnis versprechen.»<br />
«Themen wie Messtechniken, Kollaborationen und die vermehrte<br />
Nutzung von Videoinhalten über Streaming-Plattformen zusätzlich<br />
zur linearen TV-Nutzung bestimmen die Gespräche.»<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
PUBLIREPORTAGE<br />
Kontext, bitte!<br />
Das Umfeld ist entscheidend für die Werbewirkung. Wenn sich die Werbung dem<br />
Umfeld anpasst, wirkt sie umso besser. Das Brand Studio von Ringier Advertising<br />
hat mit seinen Contextual Ads die Lösung dafür.<br />
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Passt die Werbung zum Umfeld, ist<br />
sie umso wirkungsvoller. Die richtige Message<br />
zum Kontext bzw. Thema herstellen –<br />
das schafft das Brand Studio von<br />
Ringier Advertising mit den selbst entwickelten<br />
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und Haltung werden dabei so adaptiert,<br />
dass sich diese perfekt ins Umfeld ein fügen.<br />
Humorvoll, emotional, bold, edgy. Funktioniert<br />
digital, auf Social Media und im Print.<br />
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auffällt. Weil sie User:innen auf dem Thema<br />
anspricht, das sie gerade beschäftigt. Mehr<br />
Kontext geht nicht. Mehr Aufmerksamkeit<br />
auch nicht. Die Cookie-Thematik ist so<br />
ebenfalls gegessen.<br />
Natürlich lassen sich auch ganze Themenfelder<br />
besetzen: etwa Sportereignisse, Produkte-Vorstellungen,<br />
Wahlen – oder einfach<br />
ein eigenes, dediziertes Umfeld erschaffen.<br />
Für ein noch genaueres inhaltliches Targeting.<br />
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Kampagnen? Ebenfalls melden bei:<br />
brandstudio@ringier.ch<br />
Quellen: *sotomo, **GfK
DE FR 14˚<br />
ZENTRALSCHWEIZ<br />
| | | |<br />
Schweiz Zentralschweiz Zug Autofahrer fährt mit seinem Jaguar in Zugersee<br />
Falschfahrt mit Folgen<br />
Autofahrer landet mit<br />
seinem Jaguar im<br />
Zugersee<br />
Ein ortsunkundiger Autofahrer ist beim Hafen in der Stadt Zug in den<br />
Zugersee gefahren. Er blieb unverletzt.<br />
MEISTGELESEN<br />
1<br />
2<br />
3<br />
Änderungen im Strassenverkehr<br />
Diese 4 neuen Regeln musst<br />
du jetzt kennen<br />
«Absolut verrückt»<br />
Rekord-September macht<br />
Forscher fassungslos<br />
Crash auf Sardinien<br />
«Der Fahrer hat ganz klar das<br />
Risiko gesucht»<br />
Ein Bundesratsreisli, das mit<br />
einer medialen Bruchlandung<br />
endete. USZIT nimmt mit dem<br />
Nur/Aber-Duktus des Claims<br />
die Berset-Story auf.<br />
Publiziert: 22.09.<strong>2023</strong> um 13:51 Uhr | Aktualisiert: 22.09.<strong>2023</strong> um 14:38 Uhr<br />
0<br />
DANIEL HEGGLIN<br />
1/5<br />
Ein Autofahrer ist bei einer Falschfahrt im Zuger See gelandet.<br />
Am Donnerstagabend fuhr ein ortsunkundiger Autofahrer beim Hafen in der<br />
Stadt Zug ungewollt die dortige Einwasserungsrampe hinunter. Als der 62-<br />
Jährige das Missgeschick bemerkte, befand sich der Jaguar bereits im Wasser<br />
und die Falschfahrt konnte nicht mehr korrigiert werden.<br />
Niemand kam zu Schaden<br />
(ausser einem Auto).<br />
Für Toyota die Chance, auf<br />
den nachhaltig mit Wasserstoff<br />
angetriebenen Mirai<br />
hinzuweisen.
MITTWOCHS • 20:15<br />
WE LOVE TO ENTERTAIN YOU
<strong>11</strong>9<br />
Bilder: Christian Bircher, Nikin, WWF<br />
Sustainability<br />
Jeweils links: Matterhorn und Rheinfall im Jahr <strong>2023</strong>,<br />
rechts KI-basiert im Jahr 2085.<br />
WWF<br />
KI zeigt, wie die Natur in Zukunft aussehen wird<br />
L<br />
aut Berechnungen der Organisation «Climate Action Tracker»<br />
führen die weltweiten Klimagesetze voraussichtlich zu einer globalen<br />
Erwärmung von etwa 2,7 Grad bis Ende des Jahrhunderts.<br />
Weil die Schweiz als Alpenland besonders von dieser Erwärmung<br />
betroffen ist, könnte die prognostizierte Erwärmung hier fast doppelt so<br />
hoch ausfallen. Der WWF liess mithilfe von Data-Spezialisten eine KI lernen<br />
und fütterte diese mit Veränderungen, wie sie nach dem IPCC-Emissionsszenario<br />
RCP 8.5 zu erwarten sind. Einfluss in die Berechnung fanden zudem<br />
Klimaindikatoren wie Hitzetage, Sommertage, mittlere maximale Temperatur<br />
über 14 Tage, Frosttage oder Eistage für den Zeitraum von 2070 bis<br />
2099. Gemäss WWF wurden die Veränderungsszenarien und die entstandenen<br />
KI-Visualisierungen von Klimaexpert:innen überprüft.<br />
WA H R H A F T NAC H H A LT I G<br />
Essenz der Menschen einfangen<br />
Wenn Menschen sterben, gehen auch viele Weisheiten,<br />
Erinnerungen und Erfahrungen verloren. Deshalb hat es<br />
sich Mike Fuhrmann mit seinem Projekt Eternal Echo zur<br />
Aufgabe gemacht, Menschen und ihre individuellen<br />
Lebens geschichten filmisch einzufangen.<br />
TREECHIC<br />
Für jedes Selfie<br />
ein Baum<br />
Im November posierten<br />
Bäume, in T-Shirt<br />
und Sweatjacke<br />
gekleidet, auf der<br />
Bahnhofstrasse in<br />
Zürich. Unter dem<br />
Hashtag «Treechic»<br />
sollten Interessierte<br />
ein Selfie mit den<br />
Bäumen auf Instagram<br />
posten. Hinter<br />
der Aktion steckt der<br />
nachhaltige Schweizer<br />
Kleiderbrand<br />
Nikin. Pro verkauftes<br />
Produkt pflanzt er<br />
einen Baum – und nun<br />
auch für jedes Selfie,<br />
das mit den Bäumen<br />
gemacht wurde. Für<br />
die kreative Umsetzung<br />
ist Christian<br />
Bircher verantwortlich.<br />
WIRZ<br />
Grüne<br />
Kommunikation<br />
Ein Sustainability-<br />
Leitfaden, den die<br />
Agentur Wirz zusammen<br />
mit der HSG<br />
erarbeitet hat, erleichtert<br />
es Unternehmen,<br />
sich im Labyrinth<br />
«grüner Kommunikation»<br />
zurechtzufinden.<br />
Die ersten fünf<br />
Snippets lesen Sie ab<br />
Seite <strong>12</strong>8, weitere<br />
folgen in den nächsten<br />
Ausgaben.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
<strong>12</strong>0<br />
PORTRÄT<br />
Herr der Lüfte,<br />
Diener der Erde<br />
Als Pilot sah Daniel Lüscher die Erde 26 Jahre von oben, er sah<br />
die brutalen Veränderungen und entschied sich, etwas zu unternehmen.<br />
Mit dem Verein My Blue Planet will er dazu beitragen, die Schönheit<br />
der Erde zu bewahren.<br />
Von Anna Kohler<br />
Bilder: Chris Reist<br />
D<br />
aniel Lüscher war Pilot. Das war immer<br />
sein Traumberuf und er hat ihn<br />
sich erfüllt. 26 Jahre sah er den<br />
blauen Planeten von oben, flog in<br />
die verschiedensten Länder, Städte,<br />
Kulturen, kehrte auf gleichem<br />
Weg, über die Lüfte, wieder<br />
zurück in die Schweiz, seine Heimat.<br />
Daniel Lüscher ist heute kein<br />
Pilot mehr. Er hat sich voll und<br />
ganz der Erde verschrieben, seinem<br />
geliebten blauen Planeten.<br />
2007 gründete er zusammen mit<br />
Gleichgesinnten den Verein My<br />
Blue Planet. Eigentlich wollten sie<br />
eine Bewegung gründen, aber<br />
2007 war Klimaschutz noch kein<br />
Mainstreamthema in der Schweiz, deshalb starteten<br />
sie mit dem Verein. Ziel oder Vereinsmission:<br />
die Gesellschaft mitnehmen auf dem Weg zu<br />
Netto-Null. Wer ist dieser faszinierende Mann,<br />
der aus dem Cockpit steigt, die Uniform an den<br />
Nagel hängt und fortan Klinken putzt für seinen<br />
geliebten Planeten?<br />
Der Junge aus dem Appenzell<br />
Der kleine Daniel wächst wohlbehütet im Dorf<br />
Speicher im Kanton Appenzell Ausserrhoden auf.<br />
Die Kinder sind viel draussen in der Natur, selbst-<br />
«Was als<br />
Verein bei einem<br />
Glas Bier geboren<br />
wurde, ist inzwischen<br />
eine Klimabewegung<br />
mit<br />
22 Mitarbeitenden.»<br />
verständlich sind heisse Sommer und weisse<br />
Winter. Baden und Ski fahren bestimmen die<br />
jeweilige Saison. Die Freude an der Natur prägt<br />
ihn. Als sein Vater ihn eines Tages mitnimmt zum<br />
Flughafen, um den Onkel zu besuchen, der Pilot<br />
ist, weiss der Junge, was er werden will, wenn er<br />
gross ist. Pilot. Aber natürlich nur mit dieser herrlichen<br />
Uniform, die sein Onkel<br />
trägt. Der ist bei der Swissair. Mit<br />
der Natur im Herzen und dem<br />
Traum vor Augen beginnt er ein<br />
Studium zum Elektroingenieur.<br />
Das ist notwendig, um sich für die<br />
Prüfung zum Piloten anzumelden.<br />
Die Zeit in der Wohngemeinschaft<br />
in St.Gallen ist tief im Herzen<br />
verankert, die Mitbewohnerin<br />
Gabi ist heute seine Frau, der<br />
Mitbewohner wird viele Jahre<br />
später gemeinsam mit Daniel My<br />
Blue Planet gründen. Der dritte im WG-Bunde,<br />
ein Paradiesvogel mit unglaublich kreativem<br />
Potenzial, ist heute noch Inspirationsgeber.<br />
Herr der Lüfte<br />
Aus 800 Bewerbern schaffen es 80 in die Ausbildung<br />
zum Piloten. Daniel Lüscher ist einer von<br />
ihnen. Mit 25 Jahren hat er sich seinen Traum<br />
erfüllt. Er ist Pilot, hat die Wunschuniform an und<br />
ist ready für das Cockpit. Er erinnert sich an einen<br />
Satz, den ein Instruktor ihm während der Ausbildung<br />
mitgegeben hat: «Schau gut raus, es hat<br />
My Blue Planet<br />
Die Klimaschutzbewegung<br />
My Blue<br />
Planet wurde im Jahr<br />
2007 von Daniel<br />
Lüscher gegründet.<br />
Inzwischen arbeiten<br />
22 Mitarbeitende<br />
rund um die Uhr an<br />
Projekten, die helfen,<br />
das Bewusstsein für<br />
ein klimaschonendes<br />
Leben zu schaffen.<br />
> myblueplanet.ch<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
<strong>12</strong>1<br />
Daniel Lüscher, hier in Winterthur im Gartencafé des Volkart-<br />
Hauses, wo My Blue Planet sein Büro hat.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
<strong>12</strong>2<br />
Netto-Null, hat sich wie Blütenstaub im<br />
Wind über das Land verteilt. Es entstehen<br />
Kooperationen mit der Zürcher Hochschule<br />
für Angewandte Wissenschaften<br />
(ZHAW), die in einer Partnerschaft mit<br />
dem Swiss Green Economy Symposium<br />
mündet. Die Klimalandsgemeinde entsteht<br />
20<strong>12</strong> und ist eine Initiative von My<br />
Blue Planet, Club of Rome, ZHAW und<br />
Stadt Winterthur, daraus entstanden<br />
Give&Take, RestEssbar, Wiederverwerkle<br />
und bare Ware.<br />
Unzählige Projekte wurden seitdem<br />
angestossen und auch erfolgreich umgesetzt.<br />
Als der Verein beginnt, seine<br />
Projekte zu skalieren, wird klar, dass mehr<br />
Mitarbeitende benötigt werden, und<br />
auch Daniel Lüscher spürt, dass er den<br />
nächsten Schritt gehen möchte, um das<br />
Fundament zu legen, seinen Traum auf<br />
eine nächste Ebene zu heben. Er macht<br />
einen MBA. «Meine Diplomarbeit habe<br />
ich unter dem Motto ‹Climate Actions for<br />
Companies› geschrieben. Mit dem Ziel,<br />
möglichst viele Menschen von da, wo sie<br />
stehen, abzuholen in Richtung Netto-<br />
Null», sagt Lüscher. Und wie sahen die<br />
Aktionen aus? Der Schlüssel seien die<br />
KMU, erklärt er. Das Employer Engagement.<br />
Mit einem Core-Team von Unternehmen,<br />
die mitgemacht haben, habe<br />
er grobe Analysen angefertigt, Milestones<br />
erarbeitet, in den Teams die Planung<br />
und Implementierung von Handlungen<br />
festgeschrieben und dann in die<br />
Umsetzung gebracht. Dies klappte so<br />
gut, dass dieses Konzept jetzt skaliert<br />
wird. «Die Unternehmen müssen ja laut<br />
dem Pariser Klimaabkommen in Richtung<br />
Netto-Null gehen, wenn die ihre Mitarbeitenden<br />
mitnehmen, kann das gelingen,<br />
ist sich Lüscher sicher. Seit<br />
Neuestem ist auch Innotour vom Seco<br />
mit an Bord und unterstützt die Projektarbeit<br />
von My Blue Planet.<br />
Das zweite Standbein, um die Bevölkerung<br />
mitzunehmen, sind die Schulen.<br />
My Blue Planet arbeitet mit Schüler:innen<br />
an Projekten, die diese einfach auf die<br />
Strasse bringen können. So haben sie<br />
Erfolge, bringen ihr Wissen und die Begeisterung<br />
in die Familien, die sich im<br />
besten Fall mitreissen lassen. Eine kluge<br />
Skalierungsstrategie. Hat er ein konkretes<br />
Beispiel? Die Schüler:innen erarbeije<br />
länger, je weniger Schnee.» Der Blick<br />
aus dem Cockpit fasziniert ihn, die Erde<br />
von oben zu sehen, so schön und auch<br />
so fragil. «Die Veränderungen sind brutal.»<br />
So sein Fazit nach Jahren des Fliegens.<br />
Es kommt zum nächsten prägenden<br />
Ereignis, das ihn endgültig davon überzeugt,<br />
etwas tun zu müssen für die Umwelt.<br />
Auf einem Flug von Zürich nach<br />
New York ist Bundespräsident Moritz<br />
Leuenberger an Bord. Daniel Lüscher<br />
lädt ihn ein ins Cockpit und, statt zu staunen,<br />
was man als Pilot alles macht, erzählt<br />
Leuenberger, dass er auf dem Weg sei<br />
zur UNO-Klimakonferenz. Es wird ein<br />
Gespräch, das sich einbrennt bei Lüscher.<br />
In New York schaut er mit seiner Crew<br />
den Film von Al Gore, «An Inconvenient<br />
Truth». Das ist der Start zu Daniel Lüschers<br />
zweitem Traum: die Menschen<br />
mitnehmen auf dem Weg zu Netto-Null.<br />
Diener der Erde<br />
«Er bekommt<br />
eine Woche pro<br />
Monat frei, um sich<br />
um My Blue Planet<br />
zu kümmern. Bei<br />
vollem Lohn.»<br />
Zurück in der Schweiz, sitzt Daniel mit<br />
Freunden bei einem Bier und berichtet<br />
von seinem Aha-Erlebnis bei Al Gores<br />
Film. Sein WG-Kollege von früher rät ihm,<br />
den Film in einem Winterthurer Kino<br />
gratis zu zeigen. Gesagt, getan. Eine Woche<br />
läuft der Film, es kommen weit über<br />
15 000 Interessierte. Viele von ihnen<br />
melden sich anschliessend und wollen<br />
helfen, etwas beitragen. Aber wie? «Wir<br />
hatten ja nichts zu bieten, keine Plattform.»<br />
Also gehen sie den nächsten<br />
Schritt und gründen My Blue Planet.<br />
Immer noch 100 Prozent als Pilot angestellt,<br />
wird der Arbeitsaufwand auf<br />
Seiten des Vereins immer intensiver.<br />
Nach einem Gespräch mit dem CEO der<br />
Fluggesellschaft erhält er eine Woche<br />
pro Monat frei, um sich um My Blue Planet<br />
zu kümmern und die Projekte voranzutreiben.<br />
Bei vollem Lohn. Davon ist er<br />
heute noch begeistert. Dies gibt ihm den<br />
Raum, seine beiden Träume zu leben.<br />
Sieben Jahre lang geht das so, bis sich<br />
Lüscher entscheidet, die Uniform ganz<br />
an den Nagel zu hängen und sich zu 100<br />
Prozent der Erde zu verschreiben. Was<br />
als Verein bei einem Glas Bier geboren<br />
wurde, ist inzwischen eine Klimabewegung<br />
mit 22 Mitarbeitenden. My Blue<br />
Planet wäre ohne finanzielle Unterstützung<br />
von Menschen, die an die Bewegung<br />
glauben, nicht in der Form handlungsfähig.<br />
Es scheint ein Licht um Daniel<br />
Lüscher zu existieren, das ihm wie eine<br />
Laterne den Weg erhellt, der ihn geradewegs<br />
zu Gleichgesinnten führt. Oder<br />
kann man auch Netzwerk dazu sagen?<br />
«Ja», lacht Daniel Lüscher, netzwerken<br />
sei wichtig, aber eben, man müsse auch<br />
seine Hausaufgaben machen. Dies tut<br />
Lüscher. Mit der Volkart-Stiftung findet<br />
My Blue Planet einen Unterstützer, aber<br />
die Stiftung will eine klare Struktur, einen<br />
Businessplan samt Budgetvorstellung.<br />
Alles vorgelegt, fliesst Geld. Lüscher<br />
kann ein Büro im Volkart-Haus mieten<br />
und mit seinen Mitarbeitenden von hier<br />
sein Projekt vorantreiben.<br />
Wie genau sieht die Arbeit aus?<br />
My Blue Planet, das klingt nach grossen<br />
Ambitionen. Wie genau übersetzt sich<br />
der Name ins Handeln? Von 2007 bis<br />
heute hat sich viel verändert. Die Idee,<br />
die Menschen mitzunehmen zum Ziel<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
<strong>12</strong>3<br />
Daniel Lüscher war 26 Jahre lang Pilot. Erst bei der Swissair, Swiss, dann wechselte er zur PrivatAir nach Genf.<br />
ten an «Impact Days» Projekte, die sie<br />
dann mithilfe der Lehrpersonen, aber<br />
auch der Eltern umsetzen, und von den<br />
erfolgreichen Erlösen setzen sie neue<br />
Projekte um. In dieser Form hat My Blue<br />
Planet nun schon mit mehr als <strong>12</strong> 000<br />
Schüler:innen gearbeitet. Das dritte<br />
Standbein heisst Social Media. Zusammen<br />
mit Influencer:innen wird die Reichweite<br />
auf Plattformen wir Instagram und<br />
Tiktok in Höhen katapultiert, die sich<br />
Daniel Lüscher nicht besser hätte erträu-<br />
men können. Immer mehr junge, fähige<br />
und begeisterte Menschen bieten Hilfe,<br />
wollen mitarbeiten.<br />
Next Level<br />
Das braucht Koordination, Strategie und<br />
Geld. Koordinieren und Strategien entwickeln<br />
kann Daniel Lüscher mit seinem<br />
Core-Team von 22 Personen, aber Gelder<br />
für die Skalierung fehlen. «Wir sind wie<br />
ein Start-up, das eine neue Finanzierungsrunde<br />
braucht. Was wird benötigt?<br />
«Eine halbe Million wäre gut», sagt<br />
Lüscher. Aber nicht nur Geld wird gebraucht.<br />
Auch möchte Lüscher von den<br />
Schulen, den Betrieben nun zu den<br />
Unternehmen. Was wünscht er sich für<br />
den nächsten Schritt? Da muss er nicht<br />
lange überlegen. «Die Unternehmen<br />
könnten die besten Talente in den jeweiligen<br />
Bereichen zur Verfügung stellen,<br />
ihnen Raum und Zeit zugestehen. Einen<br />
kreativen Hub bilden, einen «Dauer-<br />
Doing-Workshop», der es ermöglicht,<br />
dass jede:r, der sich für Netto-Null einsetzen<br />
möchte, dies dort tun kann. So<br />
wie er selbst einst die Möglichkeit bekam,<br />
eine Woche pro Monat seinem Plan<br />
zu widmen. «Den Schnee in Speicher<br />
werden wir nicht zurückholen können,<br />
aber wir können verhindern, dass der<br />
ganze Hang abrutscht», sagt Daniel Lüscher,<br />
und auch da wird deutlich, wie er<br />
vom Kleinen ins Grosse skaliert.<br />
Bild im Cockpit: zVg<br />
Daniel Lüscher, Gründer von<br />
My Blue Planet, im Gespräch mit<br />
Co-Chefredaktorin Anna Kohler.<br />
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<strong>12</strong>4<br />
STUDIE<br />
Das Plastik-Glas-<br />
Paradoxon<br />
In einem Report zeigen die Publicis Groupe Switzerland, die Universität St. Gallen<br />
und die Grownate AG: Kund:innen und Unternehmen sind beim Thema Nachhaltigkeit<br />
selten auf einer Linie. Wir haben mit zwei der Initiator:innen des Reports gesprochen.<br />
Zur Studie<br />
Von Johannes Hapig<br />
M&K Vor einigen Wochen haben Sie den<br />
Medien und der Öffentlichkeit Ihren<br />
«Scopes-Report» vorgestellt. Wie sind die<br />
ersten Reaktionen ausgefallen?<br />
DR. ALEXANDER HALDEMANN Es gab Unternehmen,<br />
die sich mit uns in Verbindung gesetzt haben,<br />
weil sie in der Rangliste wahrgenommener<br />
Nachhaltigkeit ganz oben standen. Die waren<br />
natürlich happy, positiv. Aber<br />
wir wurden auch von einigen<br />
Kund:innen und Nichtkund:innen<br />
unserer Agenturgruppe<br />
kontaktiert, die in der Rangliste<br />
wahrgenommener Nachhaltigkeit<br />
weiter unten standen. Sie<br />
sagten: «Das ist bemerkenswert.<br />
Wir möchten verstehen,<br />
warum.» Damit erfüllt der<br />
Report einen Zweck, den wir<br />
a priori definiert haben: die<br />
Lücke zwischen den Nachhaltigkeitsaktivitäten<br />
von Firmen und<br />
der Perzeption der Verbraucher:innen kleiner<br />
zu machen. Kurzum – wir sind mit den ersten<br />
Reaktionen wirklich zufrieden.<br />
Sie haben es selbst angedeutet: «Scopes»<br />
evaluiert nicht, was Schweizer Firmen im<br />
Bereich Sustainability de facto tun – sondern<br />
fokussiert darauf, wie die Firmen von der<br />
«Ich bin<br />
überzeugt, dass<br />
nachhaltiges<br />
Wirtschaften die<br />
grosse Herausforderung<br />
unserer<br />
Epoche darstellt.»<br />
Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Und er<br />
fragt die Verantwortlichen in den Unternehmen,<br />
welche Challenges sie bei der Vermittlung<br />
ihrer Nachhaltigkeitsaktivitäten erleben.<br />
AH Genau. Ich bin überzeugt, dass nachhaltiges<br />
Wirtschaften die grosse Herausforderung<br />
unserer Epoche darstellt. Nur wenn die Verbraucher:innen<br />
die Aktivitäten der Unternehmen<br />
in diesem Bereich verstehen, können sie<br />
informierte – sprich: nachhaltige – Entscheidungen<br />
treffen. Klare Kommunikation<br />
hilft den Verbraucher:innen,<br />
die «richtigen» Marken<br />
auszuwählen – um allerdings<br />
klar zu kommunizieren, muss<br />
man erst einmal verstehen, was<br />
die Menschen hören wollen.<br />
Was haben Sie diesbezüglich<br />
herausgefunden?<br />
AH Ein Top-Thema, das die<br />
Schweizer:innen beschäftigt, ist<br />
das Recycling. Recycling ist für<br />
die Menschen in unserem Land<br />
praktischer gelebter Umweltschutz. Ich habe<br />
beispielsweise einen Kollegen, der nach<br />
zwanzig Jahren in Australien in die Schweiz<br />
zurückgekehrt ist und mir erzählte, wie sehr er<br />
sich darauf freue, endlich wieder den Müll zu<br />
trennen (lacht). Auch die Herkunft eines Produkts<br />
– wir sprechen in der professionellen<br />
Kommunikation gern von der «Swissness» –<br />
«Scopes – The Swiss<br />
Consumer Perception<br />
of Sustainability»<br />
ist ein gemeinsamer<br />
Report der Publicis<br />
Groupe Switzerland,<br />
der Grownate AG<br />
und zweier akademischer<br />
Institute: des<br />
Instituts für Marketing<br />
und Customer<br />
Insight sowie des<br />
Instituts für Wirtschaft<br />
und Ökologie der<br />
Universität St. Gallen<br />
(HSG). Zusammen<br />
haben sie sich der<br />
Frage gewidmet, wie<br />
es um die Nachhaltigkeitskommunikation<br />
in der Schweiz<br />
bestellt ist – und<br />
sowohl die Wahrnehmung<br />
der Verbraucher:innen<br />
als auch<br />
die Innenansicht von<br />
Unternehmen<br />
analysiert. Mehr<br />
Informationen:<br />
Bild: unsplash.com / Ave Calvar.<br />
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<strong>12</strong>5<br />
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<strong>12</strong>6<br />
wird von den Verbraucher:innen mit Nachhaltigkeit<br />
konnotiert. Und, das hat mich besonders<br />
überrascht: Es ist keinesfalls so, dass nur<br />
jüngere Verbraucher:innen Unternehmen nach<br />
wahrgenommener Nachhaltigkeit bewerten.<br />
Sondern es sind insbesondere die älteren<br />
Menschen, die sich über das Thema Gedanken<br />
machen – die überlegen, welche Welt sie ihren<br />
Kindern und Enkeln hinterlassen und wie sie<br />
diese Welt durch ihr Konsumverhalten mitprägen.<br />
All diese Erkenntnisse können Firmen<br />
nutzen, um ihre Kommunikation auf die Interessen<br />
der Kund:innen auszurichten.<br />
Spannend ist, dass teilweise eine enorme<br />
Diskrepanz zwischen den tatsächlichen<br />
Nachhaltigkeitsaktivitäten von Firmen und<br />
der Aussenwahrnehmung selbiger herrscht.<br />
Nestlé etwa engagiert sich seit Jahren<br />
enorm im Bereich Sustainability und kann<br />
das auch beweisen. Trotzdem nehmen<br />
die Teilnehmer:innen Ihrer Studie Nestlé als<br />
wenig nachhaltig wahr.<br />
PROF. JUDITH WALLS Tatsächlich ist Nestlé eines der<br />
Unternehmen, welche gemäss unserer Studie<br />
nicht als sehr nachhaltig wahrgenommen<br />
werden. Beschäftigt man sich hingegen mit<br />
den konkreten Nachhaltigkeitsbemühungen<br />
von Nestlé, wird deutlich, dass sie in diesem<br />
Bereich weiter sind als manch andere Firmen.<br />
Hier sieht man die Lücke zwischen Markenwahrnehmung<br />
und Unternehmensrealität, die<br />
Alexander vorhin angesprochen hat.<br />
Welche Gründe mag es für diese Lücke geben?<br />
JW Am Beispiel Nestlé zeigen sich einige<br />
Aspekte, die auch generell für die wahrgenommene<br />
Nachhaltigkeit von Unternehmen gelten.<br />
So spielt die Vergangenheit zum Beispiel eine<br />
Rolle. Wir alle wissen, dass Nestlé in Aktivitäten<br />
involviert war, die der Unternehmensreputation<br />
stark geschadet haben. Gleiches gilt für öffentliche<br />
Aussagen, die von Vertreter:innen des<br />
Unternehmens getätigt wurden. Ein beschädigter<br />
Ruf lässt sich nur sehr schwer reparieren.<br />
Gleichzeitig wissen Verbraucher:innen leider<br />
weniger über die tatsächlichen Nachhaltigkeitsbemühungen,<br />
als viele Unternehmen glauben<br />
oder sich wünschen würden. Ein Beispiel:<br />
Während der Energiekrise zu Beginn des<br />
Ukrainekrieges erhielten viele Firmen wütende<br />
Anrufe und Briefe, weil sie angeblich das Licht<br />
zu lange brennen liessen. Die Menschen haben<br />
das bei ihrem Abendspaziergang wahrgenommen.<br />
Die Firmen reagierten dann und schalteten<br />
das Licht früher aus, wenngleich sie sagen:<br />
«Die Einsparungen sind eigentlich marginal,<br />
die Beleuchtung war schon maximal effizient,<br />
bevor wir die Lampen eine Stunde früher<br />
ausgeschaltet haben.» Man sieht: Die Verbraucher:innen<br />
beurteilen aus der Ich-Perspektive;<br />
sie gewichten Emotionen stärker als Fakten.<br />
Mir fällt da noch ein Beispiel ein: In der breiten<br />
Wahrnehmung gilt Glas bei Verpackungen<br />
tendenziell als gut, Plastik als schlecht. Aber so<br />
einfach ist das nicht, oder?<br />
JW Nein, so einfach ist das nicht. Hier zeigt sich,<br />
welche Rolle die Medienberichterstattung in<br />
der Wahrnehmung der Verbraucher:innen<br />
spielt: Wir alle lesen immer wieder Artikel<br />
darüber, wie schlecht Plastik sei – und natürlich<br />
hat das Material zahlreiche Nachteile. Aber um<br />
ein konkretes Beispiel zu nennen: Heute<br />
Nachmittag mache ich mit meinen Student:innen<br />
eine Exkursion zu Coca-Cola. In der Vorbereitung<br />
hatte ich die Möglichkeit, die internen<br />
Lebenszyklusanalysen diverser Verpackungen<br />
einzusehen. Es ist sehr interessant, wie stark ins<br />
Detail die Abwägungen zwischen Glas- und<br />
Plastikverpackungen gehen, die Coca-Cola<br />
treffen muss. Wie dünn darf eine Glasflasche<br />
sein, damit sie beim Transport nicht zerbricht,<br />
aber trotzdem möglichst viele Flaschen in<br />
einen Lastwagen passen, um die Transportemissionen<br />
pro Flasche zu senken? Wenn man<br />
Plastik verwendet, ist das im Transport allenfalls<br />
leichter, aber man hat dafür andere Probleme,<br />
beispielsweise beim Recycling. Und das sind<br />
jetzt nur zwei Faktoren, es gibt noch Dutzende<br />
weitere. Am Ende sehen die Verbraucher:innen<br />
nur das Produkt – und nicht, warum es so<br />
verpackt und gestaltet wurde, wie es in die<br />
Läden kommt. Das muss irgendwie in einen<br />
Zu den<br />
Personen<br />
Dr. Alexander<br />
Haldemann ist CEO<br />
der Publicis Groupe<br />
Switzerland und<br />
Co-Initiator des<br />
«Scopes-Reports».<br />
Darüber hinaus<br />
agiert er als globaler<br />
Chairman der<br />
Branding-Agentur<br />
MetaDesign und<br />
engagiert sich als<br />
Lehrbeauftragter an<br />
der Universität<br />
St. Gallen (HSG).<br />
Prof. Judith Walls ist<br />
Professorin und<br />
Lehrstuhlinhaberin<br />
für Nachhaltigkeitsmanagement<br />
und<br />
Direktorin des<br />
Instituts für Wirtschaft<br />
und Ökologie (IWÖ)<br />
sowie Delegierte für<br />
Verantwortung &<br />
Nachhaltigkeit an der<br />
Universität St. Gallen<br />
(HSG).<br />
«Die Verbraucher:innen gewichten Emotionen<br />
stärker als Fakten.»<br />
Bilder: zVg.<br />
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<strong>12</strong>7<br />
simplen Slogan gepackt werden – zum Glück<br />
ist das nicht meine Aufgabe, sondern die von<br />
Alexander (lacht).<br />
AH Mir fällt gerade eine schöne Headline für<br />
unser Gespräch ein: Das Plastik-Glas-Paradoxon<br />
(lacht). Ich bin übrigens nicht ganz unschuldig,<br />
wenn es um die Wahrnehmung von Glas<br />
als gut und Plastik als schlecht geht: Bei unseren<br />
Agentur-Events galt früher das Credo, dass<br />
wir ausschliesslich Glasflaschen verwenden.<br />
Mittlerweile weiss ich, dass PET-Flaschen eine<br />
nachhaltigere Lösung sein können. Einen<br />
solchen Switch intern zu realisieren ist das<br />
eine – ihn aber für Kund:innen der Agenturgruppe<br />
in klare und wirksame Marketingbotschaft<br />
zu verpacken, das ist die wahre Herausforderung.<br />
Eine Herausforderung, derer sich auch die<br />
Unternehmen selbst bewusst sind. Sie haben<br />
für «Scopes» ja nicht nur die Wahrnehmung<br />
der Verbraucher:innen, sondern auch die<br />
Innenperspektive der Firmen untersucht und<br />
dort mit Sustainability-Verantwortlichen gesprochen.<br />
Welche Erkenntnisse haben Sie<br />
dabei gewonnen?<br />
JW Zunächst ist es so, dass die Herausforderungen<br />
in der Nachhaltigkeitskommunikation von<br />
Unternehmen zu Unternehmen<br />
stark variieren. Die Wahrnehmung<br />
der Verbraucher:innen – also die<br />
B2C-Komponente – haben wir<br />
bereits diskutiert. Für Firmen<br />
kommt aber noch die B2B-Komponente<br />
hinzu, in der kommunikativ<br />
komplett andere Bedürfnisse<br />
herrschen und andere Regeln<br />
gelten. Je nachdem, welche<br />
Gruppe im Fokus steht, müssen<br />
Unternehmen bei der Kommunikation<br />
ihrer Nachhaltigkeitsbemühungen ihre<br />
Käufer:innen und Lieferant:innen unterschiedlich<br />
abholen. Darüber hinaus gibt es noch eine<br />
weitere Herausforderung: Wer kommuniziert<br />
überhaupt, was eine Firma in Bezug auf Nachhaltigkeit<br />
macht? Nur selten sind das «Allrounder»,<br />
die als Nachhaltigkeitsexpert:innen<br />
gleichzeitig über professionelle Kommunikationskenntnisse<br />
verfügen, oder umgekehrt. Oft<br />
sind Kommunikationsprofis Generalist:innen.<br />
Dazu kommt, dass entlang der Wertschöpfungskette<br />
verschiedene Personen thematisch<br />
involviert sind: jemand aus der Rechtsabteilung,<br />
aus dem Innovationsbereich, aus dem<br />
operativen Betrieb und so weiter. Jede:r hat<br />
«Vielleicht<br />
kann man – hin<br />
und wieder –<br />
die Komplexität<br />
selbst zum<br />
Thema<br />
machen?»<br />
«Eine sorgsam angelegte<br />
Vereinfachung ist kein Risiko<br />
für einen Shitstorm.»<br />
andere Inhalte zu kommunizieren. Dazu kommt<br />
dann noch die unterschiedliche Aufbereitung<br />
nach B2B- oder B2C-Zielgruppe. Sie merken,<br />
dass das höchst komplex ist.<br />
Was können Kommunikationsagenturen tun,<br />
um diese Komplexität zu mitigieren?<br />
AH Ich bin ganz fest davon überzeugt, dass uns<br />
zunächst ein Bildungsauftrag gegeben ist. Wir<br />
müssen den Unternehmen erklären, was die<br />
Verbraucher:innen hören möchten – und ihnen<br />
dann zeigen, wie sie die Komplexität ihrer<br />
Bemühungen im Bereich Sustainability kommunikativ<br />
reduzieren können. Natürlich will ich<br />
niemandem den wissenschaftlichen, juristisch<br />
korrekten Nachhaltigkeitsbericht wegnehmen –<br />
aber man muss klar sehen: Das ist ein Dokument<br />
für die B2B-Partner:innen, nicht für die<br />
Endkund:innen. Letztere wollen «Infotainment»,<br />
sie wollen leicht zugängliche Inputs zur Nachhaltigkeit<br />
einer Marke, einer Firma. Wenn ich<br />
das sage, erlebe ich immer<br />
wieder, dass Unternehmensverantwortliche<br />
die Sorge vor Greenwashing<br />
äussern. À la: «Wenn wir<br />
nicht detailliert genug argumentieren,<br />
wirft man uns das am Ende<br />
vor und wir bekommen riesige<br />
Probleme.» Aber Sorgen sind ein<br />
schlechter Ratgeber, und eine<br />
sorgsam angelegte Vereinfachung<br />
ist kein Risiko für einen Shitstorm.<br />
Gar nicht zu kommunizieren – das<br />
ist das viel grössere Problem.<br />
JW Und vielleicht könnte man – hin und wieder –<br />
die Komplexität selbst zum Thema machen?<br />
Vielleicht könnte man auch einfach mal darüber<br />
sprechen, dass es bei einigen Fragen der<br />
Nachhaltigkeit – wir kommen wieder zurück zu<br />
Glas und Plastik – keine universelle Lösung<br />
gibt, sondern dass von Fall zu Fall entschieden<br />
werden muss? Vielleicht darf man den Leuten<br />
auch mal sagen, dass man an besseren Verpackungen<br />
arbeitet; dass man kontinuierlich in<br />
Entwicklung investiert, aber dass man für die<br />
Forschung Zeit braucht? Als Konsumentin<br />
würde ich so etwas viel lieber hören, als überhaupt<br />
nichts zu hören.<br />
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<strong>12</strong>8<br />
NACHHALTIGKEIT<br />
Im grünen<br />
Labyrinth<br />
Ein Sustainability-Workshop-Konzept,<br />
das die Agentur Wirz zusammen mit der HSG<br />
erarbeitet hat, erleichtert es Unternehmen, sich im<br />
Labyrinth «grüner Kommunikation» zurechtzufinden.<br />
Im Folgenden fünf Snippets, die es im Bereich<br />
Nachhaltigkeitskommunikation zu kennen gilt.<br />
Von: Marleen Diener*<br />
#1<br />
Die 17 SDGs und warum sie für<br />
Marken und Kommunikation wichtig<br />
sind<br />
Workshop<br />
Nachhaltigkeit<br />
Im Sustainability Workshop<br />
hat die Agentur Wirz im<br />
Sparring mit der HSG<br />
erarbeitet, wie Unternehmen<br />
sich glaubwürdig positionieren<br />
und ihre Aktivitäten<br />
effektiv kommunizieren<br />
können. m&k bringt weitere<br />
Snippets in den folgenden<br />
Ausgaben.<br />
lenswert, marken- und kommunikationsstrategisch<br />
auf 1 bis 2 der 17 SDGs zu<br />
fokussieren. Bestenfalls ist es ein Feld,<br />
welches bereits mehrere Anknüpfungspunkte<br />
zur Marken-DNA aufweist. So kann<br />
die entsprechende Nachhaltigkeitspositionierung<br />
über einen längeren Zeitraum<br />
etabliert und bei der entsprechenden<br />
Zielgruppe verankert werden.<br />
#2<br />
Nachhaltigkeit als starker Treiber<br />
im Employer Branding<br />
Mit der Gen Z wächst die wichtigste Zielgruppe<br />
unserer Zeit heran. Diese schwer<br />
fassbare Zielgruppe erwartet von Unternehmen<br />
und Marken, dass sie etwas für<br />
Nachhaltigkeit tun. Ein Zusammenhang<br />
dieser beiden Themen ist im Employer<br />
Branding spürbar: Die Anforderungen<br />
an Arbeitgeber punkto Nachhaltigkeit<br />
steigen, wie die Studie von StepStone &<br />
Handelsblatt Research Institute zeigt:<br />
drei von vier Befragten ist es wichtig,<br />
dass Nachhaltigkeit bei ihrem (möglichen)<br />
Arbeitgeber einen hohen Stellenwert<br />
hat. Gleichzeitig hat der Fachkräftemangel<br />
– verstärkt durch Coronakrise<br />
und Ukrainekrieg – den «War for talents»<br />
zusätzlich angeheizt. Eine aus dem Unternehmen/Marke<br />
gedachte Positionierung<br />
im Bereich Nachhaltigkeit wird darum<br />
Die Sustainable Development Goals (kurz<br />
SDGs) bilden das Kernstück der Agenda<br />
2030 für die globale nachhaltige Entwicklung<br />
der UNO-Mitgliedstaaten. Auch im<br />
Bereich Markenentwicklung und Kommunikation<br />
sind sie hilfreich und geben einen<br />
Überblick, in welchen thematischen Feldern<br />
eine Marke/Unternehmen tätig werden<br />
kann. Auch wenn z.B. eine komplexe<br />
Lieferkette eines Unternehmens unterschiedliche<br />
SDGs tangiert, ist es empfehnicht<br />
nur aus Konsumentensicht immer<br />
zentraler, sondern auch für das Recruiting<br />
bzw. Employer Branding, um (junge)<br />
Talente für sich zu gewinnen.<br />
#3<br />
Gibt es «nachhaltige» Produkte?<br />
In der Kommunikation von Produkten<br />
und Dienstleistungen werden Begriffe<br />
wie «nachhaltig», «klimaneutral» oder<br />
gar «klimapositiv» verwendet. Jedoch<br />
hinterlässt jedes neu hergestellte Produkt<br />
einen ökologischen Fussabdruck und<br />
belastet somit die Umwelt – mit entsprechenden<br />
Bemühungen sind sie darum<br />
bestenfalls «nachhaltiger» oder «klimaneutralisiert».<br />
In der Nachhaltigkeitskommunikation<br />
werden Botschaften<br />
zunehmend stärker präzisiert. Armedangels<br />
– eine Bekleidungsmarke, bekannt<br />
durch ihre nachhaltige Mode – reagiert<br />
beispielsweise mit radikaler Ehrlichkeit.<br />
Ihre Kampagne «Sustainable products<br />
don’t exist» schafft Awareness, um das<br />
eigene Konsumverhalten zu überdenken,<br />
unsplash.com / Peter Burdon<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
<strong>12</strong>9<br />
und setzt ihren Purpose über mögliche<br />
Umsatzpotenziale.<br />
#4<br />
Die Verantwortung der Marketingund<br />
Kommunikationsbranche<br />
Nachhaltigkeit ist ein Thema, mit dem sich<br />
viele Marketing- und Kommunikationsmenschen<br />
auseinandersetzen. Im Zuge<br />
unserer Werbeintegrität darf dabei nicht<br />
vergessen gehen, dass wir Verantwortung<br />
in zwei Richtungen tragen. Einerseits die<br />
Verantwortung, unsere Kunden vor Greenwashing-Skandalen<br />
zu schützen, indem<br />
man dort hinschaut, wo es wehtut, und<br />
sie fachkompetent berät. Gleichzeitig<br />
tragen wir eine Verantwortung den Konsument:innen<br />
gegenüber, sie vor Täuschung<br />
und Falschinformationen zu schützen.<br />
Nachhaltigkeitskommunikation hat<br />
das Potenzial, Orientierung im «Sustainable-Jungle»<br />
zu liefern, Menschen zu nachhaltigeren<br />
Entscheidungen zu befähigen,<br />
und damit einen echten Impact für unsere<br />
Umwelt zu leisten.<br />
#5<br />
Green Attitude Behaviour Gap<br />
Wir kennen es alle: Unsere persönliche<br />
Einstellung zu Klima und Umweltschutz<br />
übertragt sich oftmals nicht zu 100% in<br />
unser tatsächliches Kaufverhalten. In der<br />
Wissenschaft hat man für diesen sogenannten<br />
Green Attitude Behavior Gap<br />
vielfältige Gründe identifiziert – von begrenzter<br />
Verfügbarkeit über Preisdifferenzen<br />
hin zu fehlendem Vertrauen in<br />
die Wirksamkeit. Sich davon entmutigen<br />
zu lassen ist nicht sinnvoll. Statt mit dem<br />
Finger auf Konsument:innen zu zeigen<br />
und die Schuld auf sie abzuwälzen, sollten<br />
nachhaltige Kaufentscheidungen so<br />
zugänglich wie möglich gestaltet werden.<br />
Je mehr der positive Impact, den<br />
jeder/jede Einzelne beitragen kann, motivierend<br />
vermittelt wird, desto stärker<br />
wird persönliches Engagement fester<br />
Bestandteil der eigenen Lebensrealität.<br />
*Marleen Diener, Head of Strategy<br />
Consulting & Leitung Kompetenzzentrum<br />
für Nachhaltigkeit der Wirz Group.<br />
FA Z I T<br />
Nachhaltigkeitskommunikation<br />
1<br />
Die 17 SDGs<br />
Fokus auf ein bis zwei<br />
Sustainable Development<br />
Goals der Agenda 2030 für<br />
die globale nachhaltige<br />
Entwicklung der UNO-Mitgliedstaaten<br />
legen.<br />
2<br />
War for Talents<br />
Positionierung im Bereich<br />
Nachhaltigkeit wird immer<br />
zentraler, auch für das<br />
Recruiting bzw. Employer<br />
Branding, um (junge)<br />
Talente für sich zu gewinnen.<br />
3<br />
Sustainable products<br />
don’t exist<br />
Jedes neu hergestellte<br />
Produkt hinterlässt einen<br />
ökologischen Fussabdruck<br />
und belastet die Umwelt –<br />
mit Bemühungen sind sie<br />
darum bestenfalls «nachhaltiger»<br />
oder «klimaneutralisiert».<br />
4<br />
Verantwortung<br />
Nachhaltigkeitskommunikation<br />
hat das Potenzial,<br />
Orientierung im «Sustainable-Jungle»<br />
zu liefern,<br />
5<br />
Green Attitude<br />
Behaviour Gap<br />
Statt mit dem Finger auf<br />
Konsument:innen zu zeigen<br />
und die Schuld auf sie<br />
abzuwälzen, sollten nachhaltige<br />
Kaufentscheidungen so<br />
zugänglich wie möglich<br />
gestaltet werden.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
130<br />
PROGRAMMATIC AD<br />
Nachhaltige<br />
Werbung<br />
Die Auslieferung von 1000 programmatisch ausgespielten<br />
Ad Impressions verbraucht die gleiche Menge an Energie<br />
wie ein Waschmaschinengang. Eine durchschnittliche<br />
Onlinekampagne stösst gegen fünf Tonnen CO2 aus.<br />
Von Fabrice Lalive*<br />
A<br />
ngesichts des wachsenden<br />
Bewusstseins für die Klimakrise<br />
und der Auswirkungen<br />
des Internets sowie der<br />
digitalen Werbung in der<br />
Gesellschaft und unserer Branche ist es<br />
wichtiger denn je, als Werbetreibende<br />
Verantwortung zu übernehmen und den<br />
ökologischen Aspekt einer Werbekampagne<br />
nicht zu ignorieren. Die Integration<br />
von Nachhaltigkeit in die Bewertung<br />
und Strategie von Programmatic Advertising-Kampagnen<br />
bietet Unternehmen<br />
und Brands die Möglichkeit, sich verantwortungsbewusst<br />
und zukunftsorientiert<br />
zu positionieren. Im Vergleich zu<br />
anderen Branchen gibt es leicht und<br />
schnell umsetzbare Massnahmen, um<br />
die CO2-Emissionen drastisch zu reduzieren.<br />
Darüber hinaus zeigt sich, dass<br />
nachhaltige Werbung nicht nur ökologisch,<br />
sondern auch effizienter ist und<br />
die Performance einer Werbekampagne<br />
verbessern kann.<br />
Supply Path Optimization<br />
Um solche Strategien sinnvoll umzusetzen,<br />
ist es unerlässlich, die anfallenden<br />
CO2-Emissionen einer programmati-<br />
schen Kampagne durch eine genaue und<br />
relevante Messung zu berechnen.<br />
Bevor eine Ad Impression vor den<br />
Augen des Users landet, durchläuft sie<br />
eine komplexe Supply Chain von Rechenzentren<br />
und Netzwerken, an deren zahlreichen<br />
Stopps stets Energie verbraucht<br />
und somit CO2 freigesetzt wird. Nur etwa<br />
20 Prozent der durch eine Ad Impression<br />
verursachten Kohlenstoffemissionen<br />
stammen vom Nutzer bzw. von dessen<br />
Gerät. Der Grossteil der Emissionen resultiert<br />
aus einem überfüllten Supply Path,<br />
den eine programmatische Ad Impression<br />
während ihres Life Cycle durchläuft.<br />
Supply Path Optimization (SPO) wird<br />
bereits seit einiger Zeit aufgrund ihres<br />
Effekts auf die Kampagnen-Performance<br />
gelobt und dürfte nun durch den ökologischen<br />
Aspekt noch weiter an Bedeutung<br />
gewinnen. Weitere wichtige Faktoren<br />
in der Messung von CO2-Emissionen<br />
sind Media Distribution (CMS, CDN<br />
und Hosting-Faktoren) sowie Creative<br />
Distribution (Data Transfer).<br />
Unter Berücksichtigung dieses breiten<br />
Spektrums an Faktoren wurden in jüngster<br />
Zeit verschiedene Benchmarks für die<br />
CO2-Emissionen in der Werbebranche<br />
erarbeitet. Da es (noch) keine standardisierte<br />
Methodik für die Messung dieser<br />
Emissionen gibt, ist es umso wichtiger,<br />
dass die Auswahl der verwendeten Messlösungen<br />
auf einer soliden wissenschaftlichen<br />
Grundlage beruht. Drop8 stützt<br />
sich dabei auf Benchmarks, die von<br />
Scope3 in Zusammenarbeit mit Ebiquity<br />
und BiScience ermittelt wurden. Demnach<br />
stösst eine einzelne Display Impression<br />
durchschnittlich 0,67g an CO2 aus<br />
(der globale Durchschnitt liegt bei 0,52g,<br />
unter Berücksichtigung regionaler Unterschiede<br />
und eines vorsichtshalber bewusst<br />
konservativen Approach verwendet<br />
Drop8 etwas höhere Werte.) Um diese<br />
Information mit allgemein anerkannten<br />
Branchenzahlen zu vereinheitlichen, setzt<br />
Drop8 auf die neue Metrik gCO2pm – für<br />
Display bedeutet dies 670 Gramm CO2<br />
(und äquivalente Treibhausgase), die pro<br />
1000 Impressions ausgestossen werden.<br />
Solche Benchmarks und weitere erlauben<br />
es, dass für sämtliche Kampagnen – ob<br />
online, PDOOH oder audio – ein Carbon<br />
Footprint berechnet werden kann, den<br />
eine Kampagne generieren wird. Dies<br />
wiederum erlaubt es, einen monetären<br />
Wert zur Kompensation der anfallenden<br />
Emissionen zu berechnen.<br />
Das Messen von Emissionen ist jedoch<br />
nur der erste Schritt. Erst durch die<br />
Reduktion dieser Emissionen anhand<br />
Bild: unsplash.com<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
131<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
132<br />
jeder einzelnen Werbekampagne<br />
können wir eine<br />
nachhaltigere Zukunft anstreben.<br />
Es gibt sehr effektive<br />
und schnell umsetzbare<br />
Massnahmen, die in<br />
jeder programmatisch umgesetzten<br />
Onlinekampagne<br />
berücksichtigt werden<br />
sollten.<br />
Ausmerzen von<br />
Data-Waste Websites<br />
Eine grosse Zahl an Resellers<br />
und Ad Bombardments<br />
sind Anzeichen für sogenannte Madefor-Advertising<br />
(MFA) Websites. Eine<br />
hohe Werbedichte, Clickbait Content<br />
und hoher Inbound Traffic sind nicht nur<br />
schädlich für die Effizienz der eingekauften<br />
Werbung, sondern erzeugen auch<br />
einen signifikant höheren CO2-Fussabdruck.<br />
Durch die Verwendung von Custom<br />
Allowlists und spezifischen Blocklists<br />
können und sollten solche Websites in<br />
jeder Kampagne vermieden werden.<br />
Domain-Level Measurement Data oder<br />
Lösungen wie das ClimateShield Targeting<br />
von Scope3 können ebenfalls helfen.<br />
Fokus auf Green Media<br />
Im Gegenzug sollten qualitativ hochwertige<br />
Werbeumfelder Priorität in der<br />
Kampagnenstrategie haben. Weniger<br />
Reseller und ein kürzerer Supply Path<br />
führen zu geringeren CO2-Emissionen.<br />
Natürlich sollte dies nicht auf Kosten der<br />
Kampagnenleistung gehen – viele Studien<br />
zeigen jedoch ohnehin eine Korrelation<br />
zwischen Performance Benefits<br />
und tieferem CO2-Fussabdruck.<br />
Streaming statt Download<br />
Grosse Player wie Netflix setzen bereits<br />
auf energieeffizienteres Adaptive Streaming.<br />
Dabei wird ein Video in kleine<br />
Datenpakete aufgeteilt und gestreamt,<br />
anstatt es vollständig herunterzuladen,<br />
«Nachhaltigkeit<br />
sollte nicht<br />
als Hindernis<br />
für das Streben<br />
nach Effizienz<br />
in der Werbung<br />
betrachtet<br />
werden.»<br />
bevor es abgespielt wird. In der Werbung<br />
ist diese Technologie noch nicht weit<br />
verbreitet, aber die Umsetzung erfolgt<br />
auf die gleiche Weise: Statt Download<br />
von zum Teil mehreren MBs an Daten<br />
kann mit adaptiver Streaming-Technologie<br />
unnötige Datenübertragung vermieden<br />
werden, was in einer Ersparnis<br />
an CO2-Emissionen resultiert. Das Beste<br />
daran: Sofortige Anzeigenaufrufe ohne<br />
Ladezeiten führen nebst einer verbesserten<br />
User Experience auch zu einem<br />
Uplift an Kampagnen-Performance.<br />
Qualität vor Quantität<br />
Effektive Werbung ist Werbung, die die<br />
richtige Zielgruppe erreicht und von<br />
dieser auch wahrgenommen wird. Viel<br />
wichtiger als der Wahn nach Reichweite<br />
und hohen Volumen ist der qualitative<br />
Sichtkontakt jeder einzelnen Ad Impression.<br />
Die Überprüfung von vertrauenswürdigen<br />
und transparenten Datenanbietern<br />
ist ebenso wichtig wie die<br />
Messung quantitativer KPIs wie Sichtbarkeit<br />
und Aufmerksamkeit.<br />
Nachhaltigkeit als Chance<br />
Die Fortschritte bei den Möglichkeiten<br />
der Messung des Einflusses von programmatischer<br />
Werbung auf die Umwelt<br />
sind ermutigend. Immer genauere und<br />
zuverlässigere Emissionsdaten bieten<br />
eine solide Grundlage für den Wandel<br />
zu mehr Nachhaltigkeit in der digitalen<br />
Werbebranche. Letztendlich sind es jedoch<br />
die Entscheidungen und Investitionen<br />
zugunsten von ökologisch freundlicheren<br />
Werbekampagnen, die den<br />
notwendigen Wandel vorantreiben<br />
werden. Nachhaltigkeit sollte nicht als<br />
Hindernis für das Streben nach Effizienz<br />
in der Werbung betrachtet werden,<br />
sondern als Chance, eine langfristig<br />
ausgerichtete und zukunftsorientierte<br />
Werbebranche zu gestalten.<br />
* Fabrice Lalive, Director Innovation &<br />
Technology, zeichnet verantwortlich für das<br />
Thema Sustainability bei Drop8.<br />
Bild: unsplash.com<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
Customer Data Platform<br />
Sie wissen viel mehr über Ihre<br />
Kundschaft, als Sie wissen.<br />
Schöpfen Sie das Potential Ihrer Daten voll aus. Die Customer<br />
Data Platform führt alle Ihre Kundendaten automatisch<br />
zusammen. So lassen sie sich in Echtzeit analysieren und<br />
Sie gewinnen wertvolle 360° Einblicke. Für eine effektive,<br />
personalisierte Kommunikation über alle Kanäle hinweg – und<br />
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134<br />
FINANZEN<br />
«Grün»<br />
investieren<br />
Immer mehr Anleger:innen wollen ihr Geld gemäss<br />
nachhaltigen Prinzipien investieren. Mit ihrem<br />
«Responsible»- und «Sustainable»-Ansatz deckt die Zürcher<br />
Kantonalbank einen Grossteil der entsprechenden Bedürfnisse<br />
ab – neu auch in der digitalen Vorsorge.<br />
Von Fabio Pellizzari*<br />
D<br />
ie Entwicklung ist spektakulär:<br />
Innerhalb von nur<br />
fünf Jahren hat sich das<br />
Volumen der Investments<br />
mit Nachhaltigkeitsbezug<br />
in der Schweiz von 716,7 Millionen Franken<br />
im Jahr 2018 auf 1,61 Milliarden<br />
Franken im Jahr 2022 mehr als verdoppelt.<br />
Nach jahrelangen zweistelligen<br />
Wachstumsraten hat das anspruchsvolle<br />
Anlagejahr 2022 deren Entwicklung gebremst.<br />
Doch selbst in diesem schwachen<br />
Börsenjahr ist der Trend zu nachhaltigen<br />
Anlagen laut der Marktstudie<br />
«Nachhaltige Anlagen <strong>2023</strong>» von Swiss<br />
Sustainable Finance ungebrochen geblieben.<br />
Der steile Anstieg zeigt: Kundinnen<br />
und Kunden wollen ihr Geld nachhaltig<br />
investiert. Nach welchen Prinzipien dies<br />
genau erfolgen soll, ist individuell. Die<br />
Zürcher Kantonalbank bietet deshalb ein<br />
entsprechend umfassendes Angebot an.<br />
Als Swisscanto vor einem Vierteljahrhundert,<br />
also bereits 1998, mit dem<br />
Fonds «Swisscanto Green Invest» ihren<br />
ersten Nachhaltigkeitsfonds aufgelegt<br />
hatte, richtete sich dieser in erster Linie<br />
an ökologieaffine Personen. Zusammen<br />
mit dem WWF Schweiz und einem Nachhaltigkeitsbeirat,<br />
bestehend aus kompetenten<br />
Persönlichkeiten verschiedener<br />
Gesellschaftsbereiche, entwickelte der<br />
Vermögensverwalter einen Katalog, der<br />
die genaue Nachhaltigkeitsphilosophie<br />
umfasste. Angewendet wurde ein System<br />
mit Ausschlusskriterien, mit ausgedehnter<br />
Nachhaltigkeits- und abschliessender<br />
Finanzanalyse, um die nachhaltigsten<br />
und gleichzeitig erfolgversprechendsten<br />
Werte für die Portfolios zu identifizieren.<br />
Ausgeschlossen wurden Unternehmen,<br />
die zu einer Beschleunigung der Klimaerwärmung<br />
beitrugen, genauso wie<br />
Kernenergie, Rüstung oder Tabak.<br />
Standards und Vergleichbarkeit<br />
Viele dieser Ausschlusskriterien sind auch<br />
heute noch gültig. Doch in der Zwischenzeit<br />
hat sich einiges getan – sowohl in der<br />
Forschung als auch was die<br />
Einstellung und das Knowhow<br />
der Investorinnen und<br />
Investoren zum Thema betrifft.<br />
Verbessert haben sich<br />
die wissenschaftlichen Erkenntnisse<br />
genauso wie die<br />
Verfügbarkeit von Daten,<br />
welche die Nachhaltigkeit<br />
der Unternehmen erst bewertbar<br />
machen. Mit der<br />
Messung des CO2-Ausstosses<br />
gelingt es, die Externalitäten der einzelnen<br />
Betriebe nachzuvollziehen. Und<br />
dank internationaler, privat organisierter<br />
Institutionen wie dem Carbon Disclosure<br />
Project (CDP) existieren Standards für die<br />
Erfassung und Rapportierung nicht finan-<br />
«Inzwischen hat<br />
das Thema<br />
Nachhaltigkeit<br />
die gesamte<br />
Gesellschaft und<br />
auch den Gesetzgeber<br />
erreicht.»<br />
zieller Daten, wie des CO2-Ausstosses.<br />
Dies ermöglicht eine globale Vergleichbarkeit.<br />
Nachhaltigkeit hat sich etabliert<br />
Nachhaltigkeit ist längst kein Nischenthema<br />
mehr. Unter anderem wegen des<br />
Fortschreitens des menschengemachten<br />
Klimawandels beschäftigen sich heute<br />
nicht nur einzelne Interessengruppen<br />
und Unternehmen intensiv mit dem<br />
Thema. Inzwischen hat die Angelegenheit<br />
die gesamte Gesellschaft und auch<br />
den Gesetzgeber erreicht. Entsprechend<br />
hat sich Nachhaltigkeit auch in der Finanzindustrie<br />
etabliert. Viele der führenden<br />
Anbieter im Sektor haben sich zu<br />
den Prinzipien der Nachhaltigkeit<br />
bekannt. Swisscanto<br />
und das Asset-Management<br />
der Zürcher<br />
Kantonalbank beispielsweise<br />
bieten in ihren eigenen<br />
aktiven Anlagegefässen<br />
nur noch Produkte an,<br />
die entweder der «Sustainable»-<br />
oder der «Responsible»-Strategie<br />
entsprechen<br />
und damit nachhaltige<br />
Ziele verfolgen. Mit den genannten Ansätzen<br />
trägt das Finanzinstitut dem Anliegen<br />
vieler Kundeninnen und Kunden<br />
Rechnung, die mit ihren Investitionen auf<br />
einen nachhaltigen Wandel abzielen und<br />
zugleich Rendite erwirtschaften wollen.<br />
Bild: unsplash.com / Pat Whelen.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
135<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
136<br />
Die «Responsible»-Strategie steht<br />
primär für Ausschlusskriterien sowie<br />
Stimmrechtsausübung und zielt auf die<br />
Transition der Wirtschaft ab. Das Anlageuniversum<br />
ist deshalb breiter gefasst und<br />
investiert in fast alle Sektoren und Länder,<br />
die ihre wirtschaftlichen Aktivitäten nach<br />
nachhaltigen Vorgaben ausrichten. Der<br />
Grund dafür ist einfach und eng mit dem<br />
Prinzip der Transition verknüpft, bei dem<br />
es darum geht, bestehende konventionelle<br />
Geschäftsmodelle in nachhaltige<br />
Geschäftsmodelle umzubauen. In der<br />
Praxis ist dies sehr komplex, teuer und<br />
zeitaufwendig. Dabei ist es umso wichtiger,<br />
dass grossen Konzernen die Transition<br />
gelingt. Denn einerseits sind ihre<br />
Produkte oft essenziell, um den Wandel<br />
zu vollziehen. Andererseits ist auch die<br />
Wirkung deutlich grösser, wenn Konzerne<br />
wie Apple beispielsweise jedes<br />
ihrer Produkte mit sauberer Energie und<br />
mehr rezyklierten und erneuerbaren Materialien<br />
herstellen, als wenn ein kleines<br />
lokales Unternehmen elektronische Geräte<br />
rezykliert.<br />
«Responsible»: Klare Restriktionen<br />
und Vorgaben<br />
Trotz des breiteren Anlageuniversums<br />
bestehen auch in der «Responsible»-Strategie<br />
zahlreiche Restriktionen und Vorgaben.<br />
So geht «Responsible» beispielsweise<br />
über die vom Schweizer Verein für<br />
verantwortungsbewusste Kapitalanlagen<br />
(SVVK-ASIR) empfohlene Blacklist hinaus.<br />
Die Strategie schliesst Unternehmen aus,<br />
die etwa Waffen und Munition herstellen,<br />
Kinderarbeit tolerieren, Pornografie produzieren<br />
oder in der Kohleindustrie tätig<br />
sind.<br />
Gleichzeitig integriert der «Responsible»-Ansatz<br />
zusätzliche ESG-Kriterien<br />
und Klimazielvorgaben wie das «weniger<br />
als 2-Grad-Klimaziel». Dieses soll über<br />
einen CO2-Absenkpfad in den entsprechenden<br />
Produkten erreicht werden.<br />
Hinzu kommt der kontinuierliche Dialog<br />
mit den Unternehmen. In den Gesprächen<br />
mit dem Management und dem<br />
Verwaltungsrat werden allfällige UN-Global-Compact-Verstösse<br />
adressiert, CO2-<br />
Reduktionsziele definiert oder Themen<br />
der guten Unternehmensführung angesprochen.<br />
Sollte ein Dialog mittel- bis<br />
langfristig nicht erfolgreich verlaufen,<br />
besteht die Möglichkeit via Stimmrechtswahrnehmung,<br />
Verwaltungsratsmitglieder<br />
abzuwählen, ihre Décharge zu verweigern<br />
oder die Vergütungsanträge<br />
abzulehnen. Als zusätzliche Massnahmen<br />
kann der Gesellschaft kein weiteres Kapital<br />
zugeführt oder der Aktienanteil im<br />
Portfolio untergewichtet und schliesslich<br />
ganz veräussert werden.<br />
«Sustainable»: 1,5-Grad-Ziel im Visier<br />
Da für viele Kundinnen und Kunden eine<br />
nachhaltige Finanzanlage trotz allem<br />
nicht mit Investments in derzeit noch<br />
CO2-intensive Unternehmen einhergeht,<br />
ist die Zürcher Kantonalbank in ihrem<br />
«Sustainable»-Ansatz restriktiver: Die<br />
Ausschlusskriterien sind umfassender<br />
und es gilt – abgesehen von den Themenfonds<br />
– das sehr ambitionierte<br />
1,5-Grad-Ziel. Zudem investieren «Sustainable»-Produkte<br />
nur in Geschäftsmodelle,<br />
die schon heute Lösungen für die<br />
Zukunft bieten, mit denen sie angesichts<br />
der sozialen und ökologischen Probleme<br />
in den kommenden Jahren überdurchschnittlich<br />
wachsen werden. Aufgrund<br />
der Ausschlusskriterien und der Positivselektion<br />
verbleiben rund 30 Prozent des<br />
ursprünglichen Anlageuniversums.<br />
Wie die Zürcher Kantonalbank konkret<br />
auf die Bedürfnisse ihrer Kundschaft reagiert,<br />
zeigt auch ein aktuelles Beispiel<br />
aus der privaten Vorsorge: Nachdem die<br />
Vorsorgesparerinnen und -sparer in der<br />
digitalen Säule-3a-App frankly schon<br />
länger in «Responsible»-Produkte investieren<br />
können, erweiterte die Zürcher<br />
Kantonalbank jüngst ihr Vorsorgeangebot<br />
auf vielfältigen Kundenwunsch um<br />
die «Sustainable»-Anlagen. Damit haben<br />
sie nun auch auf dem digitalen Weg umfassende<br />
Optionen, um nachhaltig zu<br />
investieren – verantwortungsvoll in die<br />
Transition mit «Responsible» oder restriktiver<br />
mit dem «Sustainable»-Ansatz.<br />
* Der Autor ist Leiter ESG-Strategie und<br />
-Entwicklung im Asset-Management<br />
der Zürcher Kantonalbank.<br />
Bild: unsplash.com / Pat Whelen.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
Die Beiträge unserer Partner<br />
friends<br />
Die Marketing-Community hat starke Verbände –<br />
hier sagen sie, was sie beschäftigt.<br />
137<br />
Swiss Marketing ist der führende Berufsverband für Marketing & Verkauf und<br />
das stärkste branchenübergreifende Netzwerk aus Fach- und Führungskräften.<br />
> swissmarketing.ch<br />
Der Schweizer Werbe-Auftraggeberverband vertritt seit 1950 die Interessen<br />
der Werbeauftraggeber im Bereich Marketing, Werbung, Medien, Sponsoring<br />
und Public Relations.<br />
> swa-asa.ch<br />
Der SDV ist der Dachverband der Dialogmarketing-Branche in der Schweiz und<br />
ist auf politischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Ebene das entscheidende<br />
Sprachrohr für alle Belange des Dialogmarketings.<br />
> sdv-dialogmarketing.ch<br />
Swiss Distribution bezweckt die Förderung von Vertriebsorganisationen wie Lizenz-,<br />
Franchise- oder Agentursystemen sowie den Austausch unter Führungskräften. Der<br />
Verband ist branchen-unabhängig und politisch ungebunden.<br />
> swissdistribution.org<br />
SWISSFILM ASSOCIATION ist der Branchenverband der Schweizer Unternehmen<br />
aus der Filmproduktionsbranche, die professionell Auftragsfilme und weitere<br />
audiovisuelle Auftragsproduktionen herstellen.<br />
> swissfilm.org<br />
CallNet.ch ist der Branchenverband für Contact-Center- und Kundenkontakt-<br />
Management. Der Verband wurde 1997 gegründet, um den Austausch zu fördern.<br />
> callnet.ch<br />
Der Branchenverband PROMOSWISS wurde 1983 gegründet.<br />
Unser Motto: Wir denken und handeln unternehmerisch; wir stärken<br />
und fördern den Werbe- und Verkaufsförderungsartikel!<br />
> promoswiss.ch<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
138<br />
SWISSMARKETING.CH<br />
CLUBS<br />
Vernetzt mit<br />
Swiss Marketing<br />
VERBANDSNEWS<br />
Andreas<br />
Wild<br />
Nach den Sternen greifen<br />
20 Clubs bieten monatlich vielseitige Veranstaltungen live und digital an.<br />
Bei den hier aufgeführten Veranstaltungen handelt es sich um einen<br />
Auszug aus dem Veranstaltungskalender auf unserer Website<br />
> swissmarketing.ch/events.<br />
Ad Astra. So lautet der Titel eines Science-<br />
Fiction-Thrillers aus dem Jahr 2019. Der Weltraum-Ingenieur<br />
Roy McBride (Brad Pitt) reist im<br />
Film zum Planeten Neptun, um dort seinen<br />
Vater (Tommy Lee Jones) zu suchen. Dieser<br />
wird verdächtigt, der Auslöser von elektromagnetischen<br />
Stürmen zu sein, die die Erde<br />
bedrohen. Der Titel «Ad Astra» kann frei mit<br />
«Zu den Sternen» übersetzt werden und bedeutet,<br />
dass für den Griff nach den Sternen<br />
eine gewisse Anstrengung notwendig ist. Wie<br />
diese Anstrengung aussieht, darüber gibt das<br />
Zitat leider keinen Aufschluss. Und es ist gerade<br />
das Wie, das uns manchmal davon abhält,<br />
die nächsten Karriereschritte zu wagen, beispielsweise<br />
weil wir nicht wissen, welche<br />
Möglichkeiten sich uns bieten. Es ist aber auch<br />
das Wie, auf welches wir zurückblicken, wenn<br />
unsere Anstrengungen von Erfolg gekrönt<br />
werden. Dann nämlich, wenn andere fragen,<br />
wie man an dieses Ziel gekommen ist.<br />
Club Zug - Fachkräftemangel – Aufbau<br />
eines Talent Management in Zeiten von rasanten<br />
Arbeitsweltveränderungen<br />
Demografische Veränderungen, zunehmende Veränderungsdynamik<br />
im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umfeld<br />
sowie der aktuell bestehende Arbeitnehmermarkt fordern die<br />
Unternehmen, die eigenen Talente zu erkennen, zu fördern<br />
und 1fordern und weiterzubringen. Das setzen wir doch alles<br />
bereits um – oder doch nicht? Referent Michael Hurni, Leiter<br />
Brand Kommunikation bei er WWZ AG, gibt Antworten.<br />
Wann: <strong>12</strong>.<strong>12</strong>.<strong>2023</strong> /<br />
Wo: WWZ AG, Chollerstrasse 26, 6301 Zug<br />
https://www.swissmarketing.ch/fachkraeftemangel-aufbaueines-talent-management-in-zeiten-von-rasanten-arbeitsweltveraenderungen/Z<br />
Anmeldung<br />
Viel Spass beim Lesen!<br />
Andreas Wild,<br />
Geschäftsführer Swiss Marketing<br />
CLUB MITGLIEDSCHAFT<br />
Als Clubmitglied (Einzelmitgliedschaft)<br />
gehörst du zu einem der 20 regionalen Swiss-<br />
Marketing-Clubs. Dort bringst du deine Erfahrungen<br />
in regelmässigen Treffen aktiv ein – und<br />
profitierst im Gegenzug von der Erfahrung<br />
deiner Clubkolleg:innen. Du erhältst regelmässig<br />
Einladungen zu Clubveranstaltungen, deren<br />
Kern meistens ein Schwerpunktreferat bildet.<br />
Darüber hinaus profitierst du von allen Dienstleistungen<br />
unseres Marketingverbands.<br />
> swissmarketing.ch/clubs/mitgliedschaft<br />
Club Zürich - Gemütliches Treffen<br />
zum Jahresausklang<br />
Verweile mit uns in der urbanen Stadtoase Binz und Kunz im<br />
Wiediker Industriequartier. Wir starten mit einem gemütlichen<br />
Apéro draussen bei der Feuerschale, um anschliessend im<br />
Winterchalet oder -pavillon mit einem traditionellen Käsefondue<br />
weiterzumachen.<br />
Wann: <strong>12</strong>.<strong>12</strong>.<strong>2023</strong> / Binz und Kunz, Räffelstrasse 17,<br />
8045 Zürich<br />
https://swissmarketingzuerich.ch/event/jahresausklang/<br />
Weitere Events<br />
Mit rund 150 Events pro Jahr ist Swiss Marketing<br />
in der gesamten Schweiz in Sachen Marketing, Verkauf<br />
und Kommunikation präsent. Schon neugierig?<br />
Weitere Informationen gibt es hier:<br />
Anmeldung<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
SWISSMARKETING.CH<br />
139<br />
SENIOR MARKETING PROFESSIONAL<br />
Das internationale Zertifikat<br />
für deine Kompetenzen<br />
Willst du dein aktuelles Wissen und deine Fachkompetenzen für den<br />
internationalen Markt ausgewiesen und bestätigt haben? Willst du in<br />
internationalen Firmen mitarbeiten? Das Zertifikat Senior Marketing<br />
Professional (SMP) unterstützt dich genau da.<br />
Über die EMC<br />
Die European<br />
Marketing Confederation<br />
(EMC) ist eine<br />
der grössten Marketing-Mitgliedsorganisationen<br />
Europas<br />
und vertritt Marketing-,<br />
Vertriebs- und<br />
Kommunikationsverbände<br />
verschiedener<br />
Länder. Swiss<br />
Marketing repräsentiert<br />
die Schweiz<br />
innerhalb der<br />
Organisation.<br />
> swissmarketing.ch/<br />
smp-de/<br />
Bild: Swiss Marketing<br />
D<br />
as Zertifikat zeigt die Berufserfahrung<br />
und das damit verbundene Engagement<br />
auf. Alle Aus- und Weiterbildungen<br />
und die beruflichen Engagements<br />
werden international bewertet. Dies bedeutet,<br />
dass die Berufserfahrung von jedem Einzelnen<br />
beurteilt ist.<br />
«Das SMP-Zertifikat für moderne<br />
Arbeitnehmer stellt eine<br />
Bestätigung meines kontinuierlichen<br />
Lernens dar. Die Plattform<br />
gibt Arbeitgebern eine<br />
Übersicht diverser Diplome<br />
und Zertifikate. Ebenso zeigt es das Engagement<br />
und die Identifizierung einer Person mit<br />
dem übergeordneten Begriff Marketing.<br />
Schliesslich ist der Titel auch dienlich zur<br />
internationalen Erkennung und Einordnung.»<br />
André Forrer, Geschäftsführer Verband Schweizer<br />
Coiffeurgeschäfte (Coiffure Suisse)<br />
Mit dem SMP wird das<br />
Lifelong Learning unterstützt,<br />
indem regelmässig<br />
die beruflichen Schritte auf<br />
der Plattform digital nachgeführt<br />
werden. Nur einige<br />
Klicks und du erwirbst dir<br />
die Punkte und bist für die<br />
Arbeitswelt im internationalen<br />
Umfeld vorbereitet.<br />
«Das SMP-Zertifikat für Arbeitnehmer<br />
bestätigt meine<br />
erworbene Berufserfahrung,<br />
verbunden mit meinem<br />
kontinuierlichen Lernen und<br />
Weiterentwickeln in einer sich fortlaufend<br />
wandelnden Branche, die sich durch die Digitalisierung<br />
immer schneller verändert.»<br />
Luciano Michelacci, Managing Director Kraftwerk<br />
Switzerland AG<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
140<br />
SWISS MARKETING<br />
«Lifelong Learning»<br />
als Brücke in die Zukunft<br />
campus.swiss, das Bildungsinstitut für Unternehmer:innen und Praktiker:innen,<br />
ist die Kompetenzplattform für Lifelong Learning at work. Sie fördert und zertifiziert<br />
praxisrelevante Kompetenzen in Marketing, Verkauf und Kommunikation.<br />
Bettina Wertli erzählt im Interview, wie campus.swiss entstand und warum Lifelong<br />
Learning und transformatives Lernen am Arbeitsmarkt an Relevanz gewinnen.<br />
Bettina Wertli<br />
Bettina Wertli ist Geschäftsführerin<br />
bei campus.swiss und hat<br />
das Unternehmen von Grund<br />
auf aufgebaut. Als langjährige<br />
Führungsperson in Marketing,<br />
Verkauf sowie im tertiären<br />
Bildungssektor und als<br />
Mitglied des Leitungsteams<br />
der Prüfungskommission für<br />
Marketing- und Verkaufsfachleute<br />
engagiert sie sich mit<br />
Leidenschaft, Herz und Seele<br />
für die Wissens- und Könnenskultur<br />
in der Schweiz.<br />
bettina.wertli@campus.swiss<br />
SWISS MARKETING Lebenslanges Lernen<br />
ist ein Konzept, welches von campus.<br />
swiss prominent bearbeitet wird. Was<br />
steckt hinter diesem Begriff?<br />
BETTINA WERTLI Lifelong Learning zielt<br />
darauf ab, dass Menschen während<br />
ihres gesamten Lebens kontinuierlich<br />
Wissen und Kompetenzen aufbauen<br />
und weiterentwickeln. In einer Zeit, in<br />
der die Komplexität in Gesellschaft<br />
und Wirtschaft stetig zunimmt, in der<br />
sich die Ansprüche und Technologien<br />
schnell verändern, ist die Offenheit<br />
und Neugierde, mit der wir diesen<br />
Entwicklungen begegnen, von entscheidender<br />
Bedeutung, um den<br />
zukünftigen Anforderungen Rechnung<br />
zu tragen. Der Sinn besteht somit<br />
darin, Kompetenzen zu erlangen, um<br />
in einer sich ständig verändernden<br />
Welt erfolgreich zu sein. Dies schliesst<br />
berufliche Weiterentwicklung, persönliche<br />
Interessen und die Anpassung an<br />
gesellschaftliche Veränderungen mit<br />
ein. Lifelong Learning beinhaltet für<br />
campus.swiss auch transformatives<br />
Lernen, bei dem der Umgang mit<br />
Unsicherheit und Komplexität ein<br />
unverzichtbarer Zukunfts-Skill ist. Wir<br />
bieten eine breite Palette von Weiterbildungsmöglichkeiten<br />
an, die Unternehmen<br />
und ihren Mitarbeitenden in<br />
verschiedenen Arbeits- und Lebenssituationen<br />
zugänglich sind, um das<br />
volle Potenzial auszuschöpfen und<br />
erfolgreich in der modernen Gesellschaft<br />
und Wirtschaft zu agieren.<br />
Wie ist die Idee zu campus.swiss<br />
entstanden?<br />
Swiss Marketing ist der Berufs- und<br />
Fachverband für Spezialist:innen in<br />
Marketing und Verkauf und bündelt<br />
landesweit Kompetenzen von Fachund<br />
Führungskräften aus unterschiedlichen<br />
Branchen. Als Mitglied der<br />
European Marketing Confederation<br />
(EMC) hat Swiss Marketing zudem<br />
Zugang zum grössten europäischen<br />
Marketing-Netzwerk und Knowhow. An<br />
zahlreichen regionalen, nationalen und<br />
internationalen Anlässen findet ein<br />
reger Erfahrungs- und Wissenstransfer<br />
zu aktuellen Themen sowie zukünftigen<br />
Trends und Herausforderungen in<br />
Marketing und Verkauf statt. Um<br />
diesen Transfer zu fördern und ihn<br />
Unternehmen und Mitarbeitenden in<br />
der ganzen Schweiz zugänglich zu<br />
machen, wurde campus.swiss ins<br />
Leben gerufen.<br />
campus.swiss positioniert sich als<br />
Kompetenzplattform. Welche Kompetenzen<br />
werden dabei abgedeckt?<br />
Wir entwickeln, fördern und zertifizieren<br />
Handlungskompetenzen, bestehend<br />
aus Fach-, Methoden-, Sozialund<br />
Selbstkompetenzen in den<br />
Bereichen Marketing, Verkauf und<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
141<br />
Kommunikation. Eine unserer Kernkompetenzen<br />
ist die Vernetzung. So<br />
vernetzen wir topaktuelle und praxisrelevante<br />
Themen mit den Ansprüchen<br />
der Wirtschaft und der Zielgruppen.<br />
Wir bringen interessierte und motivierte<br />
Fach- und Führungsleute zusammen.<br />
Das Wissen vernetzen wir mit<br />
dem Können und dem Tun.<br />
Der Schweizer Bildungsmarkt ist<br />
bereits breit gefächert. Wo passt<br />
campus.swiss da rein und was<br />
sind die Mehrwerte?<br />
Die steigende Komplexität, wie Digitalisierung<br />
und vierte industrielle Revolution,<br />
zeigt den künftigen Aus- und<br />
Weiterbildungsbedarf am Arbeitsmarkt.<br />
Unser Netzwerk von ausgewiesenen<br />
Spezialist:innen unterstützt im<br />
Rahmen gezielter Veranstaltungen die<br />
Schweizer Wirtschaft mit seiner Expertise,<br />
damit Unternehmen und Mitarbeitende<br />
heute und morgen noch erfolgreicher<br />
agieren können. Wir setzen auf<br />
aktuelle und praxisrelevante Inhalte.<br />
Für uns sind alle Unternehmen und<br />
Mitarbeitende einzigartig. Entsprechend<br />
bietet unser Bildungsansatz<br />
dank Vielfalt und Flexibilität eine<br />
grösstmögliche Individualisierung in<br />
Bezug auf Lerninhalte und Lernformate.<br />
Bettina Wertli,<br />
Geschäftsführerin<br />
campus.swiss<br />
Wie wird bei campus.swiss gelehrt?<br />
Unser Konzept ermöglicht den Handlungskompetenzaufbau<br />
durch praktische<br />
Erfahrungen, kontextgebundene<br />
Aufgaben, Lernbegleitung und<br />
Übungsgelegenheiten. Verschiedene<br />
Lernformen werden in unterschiedlicher<br />
Kombination gezielt auf Zielgruppen<br />
und Inhalte abgestimmt.<br />
campus.swiss ist eine 100%ige Tochter<br />
von Swiss Marketing. Können die<br />
Mitglieder des Verbandes von diesem<br />
Angebot profitieren?<br />
Ja, die Mitglieder profitieren von<br />
speziellen Konditionen.<br />
Kann man sich bei campus.swiss<br />
bereits anmelden?<br />
Auf unserer Website campus.swiss<br />
sind die ersten Veranstaltungen<br />
ausgeschrieben, weitere werden<br />
folgen. Zudem bieten wir aktuell<br />
kostenfrei den Zugang zu zwei Keynotes<br />
im digitalen Marketing auf unserer<br />
Kompetenzplattform an. Wir freuen<br />
uns auf Interessierte und stehen gerne<br />
für individuelle Beratungsgespräche<br />
zur Verfügung.<br />
Die drei Säulen von<br />
campus.swiss<br />
1.<br />
Wir prüfen die Prüfenden<br />
Wir bereiten die Prüfungsexpert:innen<br />
der Berufsund<br />
höheren Fachprüfungen<br />
in Marketing und<br />
Verkauf auf ihre Aufgaben<br />
vor.<br />
2.<br />
Wir zertifizieren Lifelong<br />
Learning<br />
Wir bieten ein grosses<br />
Bildungs- und Zertifizierungsangebot<br />
an. Wir<br />
setzen auf bewährte Partnerschaften<br />
und die enge<br />
Zusammenarbeit mit<br />
Bildungsanbietern. Mit dem<br />
Ziel, auch unsere langjährigen<br />
Partner zu stärken,<br />
bieten wir diesen Partnerschaften<br />
spezifische Geschäftsmodelle<br />
an.<br />
3.<br />
Wir sind Bildungspartner<br />
der Wirtschaft<br />
Wir sind exklusiver Bildungspartner<br />
der Wirtschaft<br />
und helfen Unternehmen,<br />
ihre Mitarbeitenden auf<br />
dem neusten Stand zu<br />
halten und sich gezielt auf<br />
die Anforderungen von<br />
morgen vorzubereiten.<br />
> campus.swiss<br />
Bilder: campus.swiss<br />
Welche Zielgruppen will campus.swiss<br />
ansprechen?<br />
campus.swiss ist auf drei Säulen aufgebaut:<br />
Wir prüfen die Prüfenden,<br />
zertifizieren Lifelong Learning und wir<br />
sind Bildungspartner der Wirtschaft.<br />
(Siehe Kasten.)<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
142<br />
SWISS MARKETING<br />
Bühne frei für<br />
die Marketing Stars<br />
Schaffhausen im September und es hiess «Vorhang auf für die neue Marketing Arena».<br />
Diese fand erstmals im Kino Kinepolis statt. Doch nicht nur der Ort hat sich geändert, auch<br />
das gesamte Konzept wurde überarbeitet. Zum ersten Mal wurden im Rahmen der Marketing<br />
Arena die exklusiven «Marketing Stars» an auserwählte Marketeers verliehen.<br />
B<br />
ereits zum 13. Mal ging in Schaffhausen<br />
die Marketing Arena über die Bühne –<br />
die Plattform für Wissensaustausch<br />
rund um die Themen Marketing, Kommunikation<br />
und Verkauf – organisiert<br />
vom Swiss Marketing Club Schaffhausen. Dabei<br />
folgte die Marketing Arena einem ganz neuen<br />
Konzept und fand zum ersten Mal im Kino Kinepolis<br />
statt. Im Mittelpunkt der Veranstaltung<br />
standen versierte «Marketing Stars», welche das<br />
Publikum in ihren Referaten zu diversen Marketing-<br />
und Verkaufsthemen mittels ihrer einzigartigen<br />
Erfahrungen und Erfolge inspirierten.<br />
Yves Heer, Getränkeerfinder und CEO,<br />
demonstrierte, wie man in einer Markenvielfalt<br />
eine neue Marke erfolgreich platziert, und die<br />
schönste Fussballerin der Welt, Ana Maria Markovic,<br />
erzählte, wie sie als Schweizer Influencerin<br />
zu mehr als 2,9 Millionen Follower kam. Zum<br />
Thema Change Management zeigte Raphael<br />
Pedroncelli, Managing Director Operations im<br />
Zürcher Hotel Storchen, auf, weshalb Stillstand<br />
immer ein Rückschritt ist, und als einer der erfolgreichsten<br />
Schweizer Spitzensportler begeisterte<br />
Heinz Frei das Publikum als Motivator. Im Anschluss<br />
gab Yves Dähler, Geschäftsleiter Rigert<br />
Liftsysteme und ehemaliger Leiter globaler<br />
Vertrieb bei Victorinox, Einblicke in seine erfolgreichen<br />
Zielsetzungen sowie Vertriebs- und<br />
Sponsoringstrategien. Moderiert wurde der<br />
Anlass von Andrea Imthurn und Ralph Aichem,<br />
zwei Vorstandsmitgliedern von Swiss Marketing<br />
Schaffhausen.<br />
Die rund 200 Teilnehmer:innen konnten zudem<br />
live in der Marketing Arena mittels digitaler Abstimmung<br />
bestimmen, wer den Pokal «Marketing<br />
Andrea Imthurn und Ralph Aichem führten die rund 200 Teilnehmenden<br />
durch den Abend.<br />
Weitere<br />
Informationen<br />
zur Veranstaltung:<br />
Star Schaffhausen <strong>2023</strong>» mit nach Hause nehmen<br />
darf. Hierzu wurden vom OK der Marketing Arena<br />
im Vorfeld drei Überraschungs kandidat:innen<br />
aus Schaffhausen für besondere Leistungen im<br />
Bereich Marketing nominiert. Zu den drei Nominierten<br />
gehörten Fabienne Spiller mit dem<br />
Konzept «Living Museum», Bruno Bosshard mit<br />
dem regionalen Lieferservice «Regio-Puur» sowie<br />
Francis Batali mit seinem eigenen Modelabel<br />
«William». Vom Publikum zum «Marketing Star<br />
Schaffhausen <strong>2023</strong>» gewählt wurde Bruno Bosshard<br />
mit dem Regio-Puur-Konzept, dem regionalen<br />
Lieferservice von einheimischen, saisonalen<br />
Lebensmitteln. Geliefert werden die Produkte<br />
nach Hause und ins Büro, individuell oder im<br />
Abo.<br />
Bild: Mike Kessler, profifoto.ch<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
HERZLICHE GRATULATION ZUM<br />
PRÜFUNGSERFOLG!<br />
23 Marketingleiter*innen und <strong>11</strong>6 Verkaufsleiter*innen haben<br />
die anspruchsvolle eidgenössische Prüfung erfolgreich bestanden.<br />
Swiss Marketing gratuliert den Absolventinnen und<br />
Absolventen und ist stolz sie in den Reihen der<br />
Marketing- und Verkaufs-Profis willkommen<br />
zu heissen. Viel Freude und Erfolg<br />
auf dem Weg nach oben.<br />
MARKETINGLEITER*INNEN <strong>2023</strong><br />
Alario Nadine, Ballmer Andreas Pascal, Berger<br />
Chantal, Bergmann Andrea Corinne, Brülisauer Patricia Marlis,<br />
Eichenberger Joël Michel Walter, Grab Stefanie, Hunkeler Carla Anna,<br />
Kuster Flavia Irène, Mader Noemi Melanie, Meddeb Mohamed Amine, Meier<br />
Yvonne, Meierhofer Sandra, Memeti Lumturije, Pecelli Elena, Rimensberger Wegmann<br />
Mirjam Ursula, Savoldelli Shadia, Schmuki Michael, Schwaller Jennifer Deborah, Sommer Reto<br />
Adrian, Wernli Manuela, Wittwer Simon, Wüthrich Patrick Michel VERKAUFSLEITER*INNEN <strong>2023</strong><br />
Morgenthaler Philipp, Annen Pascal, Bickel Pascal Manuel, Buntschu Andreas Armin, Carra-Gratz<br />
Andreas, Hauri Alain, Hofstetter Philipp, Keller Luca, Landolt Janine, Leuzinger Vanessa Maria-Laura,<br />
Lnenicka Ronny Sidney, Nadenbousch Elisabeth, Neher Luzia, Schmid Christoph, Tomeo Domenico, Urwyler<br />
Jean-Claude, Artmann Kevin, Bannwart André, Bösch Philippe, Bruno Claudio, Burger Severin, Cetin Emre,<br />
Di Benedetto Stefania, El Benna Selim, Flütsch Aaron Luc, Graf Marc, Gross Patric, Gubler Tanja, Ingold Manuela,<br />
Kaneshalingam Janush, Lüscher Joel Albin, Mertingk Ken Benno, Padula Claudio, Petriella Sabrina Verena, Racaj<br />
Besart, Schneiter Daniel Luis, Stadelmann Stefan, Willems Maike, Zürcher Stefan Roger, Robbiano Kay Alan,<br />
Tinguely Marc, Binz Patrick, Bosshard Philip, Dietsche Nick, Facchinetti Marco, Haziri Blerim, Koller Roman Niklaus,<br />
Kuonen Tiffany, Michienzi Alessio, Morea Michelangelo, Mulaj Besart, Nydegger Roberto, Rinderer Marcel, Affolter<br />
Rainer Andreas, Caduff Manuel, Cazzola Alessio, Guéron Stéphanie, Guerriche Pasquale Silvano, Häfliger Marco,<br />
Istrefi Ilirida, Izairi Bekim, Kunz Elia Sacha, Kunz Pascal, Müller Tobias Michael, Riechsteiner Marco, Schneider<br />
Daniel, Schnider Oliver, Zimmermann Tamara Tatjana Alissa Jasmin, Cozzio Mario Antonio, Demont Claudio<br />
René, Küpfer Nico, Ruggiero Renzo, Wagnières Christopher Bernard Michel, Achermann Stefan, Albert<br />
Philipp, Bächli Daniel Alex, Furrer Sibylle, Hauert Marco, Kläui André Pascal, Marcolongo Roger Adrian,<br />
Mengeu Marcel Maurice, Müller Reto, Rauch Thomas Niklaus, Schmid Yannik, Scollo Luca, Wenzel<br />
Oliver, Broger Patrick, De Barros Araujo Lopes José Raul, Kneuss Lea Celina, Kuhn Stephan<br />
Walter, Peter Julian, Wasserer Markus Anton, Wiprächtiger Adrian Roland, Bangerter<br />
Daniel, Fürst Jean-Paul, Ghislini Flavio Marco, Hochuli Jérôme Rafael, Kämpf Dominic,<br />
Mäder Christoph, Müller Thomas Christian, Pfister Ivan, Scherrer Hans-Luzi, Hertach<br />
Patrick, Vigato Patric, Hüsler Patrick, Müller Martin Richard Hans, Piubel<br />
Nico Lorenzo, Tischer Christina, Ernst Timon, Ortner René, Schlegel<br />
Urs, Güntensperger Tobias Sebastian Gideon, Probst Michael<br />
Luca, Kaufmann Jasmin Nicole, Saladin Samuel<br />
Florian, Rankovic Aleksandar<br />
Swiss Marketing<br />
Langwiesstrasse 30<br />
8050 Zürich<br />
swissmarketing.ch<br />
Mitglied werden: swissmarketing.ch/mitglied-werden<br />
044 914 44 44<br />
bestellen<br />
Europa-Zertifikat<br />
bestellen!
144<br />
SWA<br />
Unabhängige<br />
Forschungsdaten<br />
schaffen Vertrauen<br />
Nachdem NET-Metrix ihre Geschäftstätigkeit Ende 2020 eingestellt hat,<br />
misst die Mediapulse seit mehr als zwei Jahren transparente und vergleichbare<br />
Daten für die Nutzung von Websites und Apps der Schweizer Onlinemedien.<br />
Diese Daten sind für Agenturen und Werbeauftraggeber von grosser Bedeutung,<br />
weil diese einen unabhängigen Blick auf die Web-Angebote ermöglichen.<br />
Von Isabelle Waser (Mediapulse) und<br />
Roland Ehrler (SWA)<br />
E<br />
ine der vielen Paradoxien der digitalen<br />
Medienwelt besteht darin, dass wir<br />
einerseits über eine nie dagewesene<br />
Masse an Daten zur Nachfrage und zur<br />
Nutzung digitaler Angebote verfügen<br />
und wir anderseits allein mit diesen «neuen»<br />
Daten ein bestenfalls diffuses Gesamtbild der<br />
Onlinenutzung in einem Land wie der Schweiz<br />
zeichnen können. Während die einzelnen Medienanbieter<br />
und allen voran die grossen internationalen<br />
Plattformen das Verhalten ihrer jeweils<br />
eigenen Userinnen und User umfassend, sekundengenau<br />
und in all seinen Facetten tracken<br />
können, ist allein schon die Frage nach einem<br />
Ranking der erfolgreichsten Onlineangebote der<br />
Schweiz mit diesen Daten kaum zu beantworten.<br />
Ganz zu schweigen von einer verlässlichen Aufschlüsselung<br />
eines solchen Rankings nach einfachen<br />
soziodemografischen Zielgruppen. Dies<br />
zum einen, weil es für die Erfassung dieser Daten<br />
keine Standards gibt und deshalb meist Äpfel mit<br />
Birnen verglichen werden müssen. Zum anderen,<br />
weil Informationen über die Personen hinter den<br />
technischen Abrufen in der Regel nur geschätzt,<br />
aber selten nach den Regeln der empirischen<br />
Forschung validiert werden. Wollte man die Situation<br />
metaphorisch zuspitzen, dann verstellen in<br />
der digitalen Welt eine gewaltige Anzahl verschiedener<br />
Bäume den freien Blick auf den Wald.<br />
Bei den traditionellen Medien ist die Situation<br />
genau spiegelverkehrt. In Ermangelung von Rückkanaldaten<br />
stützt sich das Wissen über deren<br />
Publika seit jeher auf nutzerzentrierte Erhebungen<br />
mithilfe von Stichprobenansätzen. Diese small<br />
data sind in Umfang und Granularität den big data<br />
der digitalen Welt hoffnungslos unterlegen, gleichzeitig<br />
aber bestens geeignet, um sich ein Gesamtbild<br />
darüber zu verschaffen, welche Angebote<br />
von welchen Zielgruppen wie häufig und wie lange<br />
genutzt werden. Dies gilt insbesondere für die<br />
Daten grosser Währungsstudien, deren Erhebung<br />
auf einem generellen Branchenkonsens beruht<br />
und die deshalb einen fairen und transparenten<br />
Vergleich zwischen den jeweils erfassten Angeboten<br />
erlauben, weshalb sie von Werbeauftraggebern<br />
als Grundlage von Investitionsentscheidungen<br />
geschätzt und intensiv genutzt werden.<br />
Bild: pexels.com / Rostislav Uzunov<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
145<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
146<br />
Brands Average Visits CH Visits (in %) Average Duration per Visit Average IDs<br />
per Day per Day (in Min.)<br />
20 Minuten 3 <strong>11</strong>3 700 91.5% 4.3 1 379 700<br />
Blick 2 729 300 88.2% 5.1 1 252 100<br />
SRF 2 326 700 92.8% 3.3 1 282 700<br />
blue News 1 042 200 91.5% 4.6 556 500<br />
20 Minutes 854 000 88.5% 3.8 376 700<br />
watson 533 600 84.0% 3.7 306 200<br />
RTS 5<strong>12</strong> 400 83.5% 4.2 305 300<br />
Tages-Anzeiger 486 000 87.7% 5.1 260 300<br />
Le Matin 328 800 84.7% 3.8 176 200<br />
tio.ch 276 900 85.4% 3.9 140 500<br />
Auszug aus dem Brand-Ranking von September <strong>2023</strong> der Online Traffic Data.<br />
Mediapulse Online Traffic Data<br />
In der Schweiz wurden solche Branchendaten<br />
zu Onlineangeboten lange<br />
Zeit durch die Firma NetMetrix bereitgestellt,<br />
deren methodischer Ansatz aber<br />
zunehmend unter Druck geriet, weshalb<br />
die entsprechende Datenerhebung auf<br />
Initiative der einheimischen Publisher im<br />
Jahr 2020 eingestellt wurde. Nachdem<br />
der erste Versuch gescheitert war, eine<br />
Nachfolgeforschung unter dem Titel<br />
Swiss Media Data Hub (SMDH) aufzubauen,<br />
wurde der Forschungsauftrag an<br />
die Mediapulse vergeben, die seit vielen<br />
Jahren für die Reichweitenmessung in<br />
den Gattungen Radio und TV verantwortlich<br />
zeichnet. Seit dem Sommer 2021<br />
publiziert Mediapulse die Ergebnisse<br />
der neuen Onlineforschung unter dem<br />
Sammelbegriff «Mediapulse Online<br />
Data».<br />
Das Beste aus zwei Welten: der<br />
hybride Forschungsansatz<br />
Als methodische Basis dient ein sogenanntes<br />
hybrides Forschungsdesign,<br />
dessen Grundprinzip darin besteht, anbieterzentrierte<br />
Zählungen von Nutzungsvorgängen<br />
auf Basis einer Vollerhebung<br />
mit nutzerzentrierten Informationen<br />
auf Basis eines Stichprobenansatzes zu<br />
kombinieren und so das Beste aus beiden<br />
Datenwelten zu extrahieren.<br />
Bei der Zählung von Nutzungsvorgängen<br />
setzt Mediapulse dabei auf ein<br />
sogenanntes Messtag, welches die Anbieter<br />
gemäss einheitlichen, für alle<br />
Marktteilnehmer verbindlichen und von<br />
Mediapulse kontrollierten Marktstandards<br />
auf der eigenen Webseite oder<br />
App implementieren (Tagging). Mit diesem<br />
Messtag werden sämtliche technischen<br />
Zugriffe auf ein teilnehmendes<br />
«In der<br />
digitalen Welt<br />
verstellt eine<br />
gewaltige Anzahl<br />
verschiedener<br />
Bäume den<br />
freien Blick auf<br />
den Wald.»<br />
Angebot, inkl. Zeitpunkt, Dauer technische<br />
ID und Herkunft (CH vs. Ausland),<br />
erfasst und anschliessend aggregiert.<br />
Als Analyseeinheit gelten die abrufenden<br />
Geräte (Clients), weshalb die getaggten<br />
Daten alleine noch keine Aussagen über<br />
Grösse und Profil der Nutzerschaft erlauben.<br />
Diese nutzerbezogenen Informationen<br />
werden im hybriden Ansatz von<br />
Mediapulse mithilfe eines Messpanels<br />
erfasst. Dabei handelt es sich um das von<br />
Kantar betriebene Media-Panel. Das Mediapanel<br />
wird auf Haushaltsebene rekrutiert<br />
und besteht aus ca. 5000 Personen,<br />
die disproportional über die drei<br />
Sprachregionen der Schweiz verteilt sind<br />
und die Schweizer Bevölkerung repräsentativ<br />
abbilden. Die eigentliche Messung<br />
erfolgt, indem a) die Onlinezugriffe<br />
der einzelnen Mitglieder eines Panelhaushaltes<br />
über ihre individuellen Devices<br />
in den Tagging-Daten identifiziert<br />
werden und b) die dort per Messtag erfassten<br />
Nutzungsinformationen der Nut-<br />
zungshistorie des jeweiligen Panelmitglieds<br />
zugeordnet werden. Anschliessend<br />
werden die individuellen Messdaten der<br />
Panelisten wiederum aggregiert und auf<br />
die Grundgesamtheit der Mediapulse<br />
Onlineforschung hochgerechnet.<br />
Ein Forschungsgegenstand, zwei<br />
Forschungsprodukte<br />
Der hybride Ansatz kombiniert nicht nur<br />
das Beste aus zwei Welten, sondern erlaubt<br />
zudem die Bereitstellung von zwei<br />
Datenprodukten oder Datensätzen, die<br />
den gleichen Forschungsgegenstand<br />
auf zwei unterschiedliche Arten abbilden<br />
können.<br />
Die «Online Traffic Data», die seit Sommer<br />
2021 veröffentlicht werden, bilden<br />
direkt die mit dem Messtag erfassten<br />
Zugriffszahlen ab und erlauben eine<br />
Quantifizierung der technischen Abrufe<br />
je teilnehmendem Angebot mit den Metriken<br />
Visits, Duration und IDs per Day.<br />
Diese kontinuierlich erfassten Informationen<br />
werden monatlich über ein Dashboard<br />
auf der Website von Mediapulse<br />
allen interessierten Marktteilnehmern in<br />
Form von Rankings gratis zugänglich gemacht<br />
(siehe Tabelle).<br />
Die «Online Audience Data» sind seit<br />
Sommer 2022 erhältlich und ermöglichen<br />
die Quantifizierung der Nutzer und<br />
der Nutzung eines Angebotes (Reichweite,<br />
Nutzungsdauer, Nutzungszeitpunkt,<br />
Nutzungshäufigkeit) sowie die<br />
Aufschlüsselung der Nutzungsindikatoren<br />
nach diversen Zielgruppenmerkmalen<br />
auf Personen- und Haushaltsmerkmale<br />
oder die Analyse von Überschneidungen<br />
zwischen verschiedenen Brands. Abgedeckt<br />
wird mit den Online Audience Data<br />
die Nutzung über alle Small Screen De-<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
147<br />
Illustration und Tabelle: zVg<br />
6,000<br />
5,000<br />
4,000<br />
3,000<br />
2,000<br />
1,000<br />
0<br />
Le Matin<br />
167.6<br />
Angebotskombination<br />
Brandüberschneidung Net Reach in ’000 (month)<br />
Le Matin and<br />
Tribune de Genève<br />
63.7<br />
Le Matin and 24heures<br />
<strong>11</strong>8.3<br />
Le Matin and Tribune de Genève<br />
and 24heures<br />
93.1<br />
Tribune de Genève<br />
90.5<br />
Tribune<br />
de Genève<br />
and 24heures<br />
18.8<br />
Zielgruppe nach Personeneigenschaften<br />
4,845.1<br />
Auszug aus Mediapulse Online Audience Data<br />
4,688.0<br />
Alter, Net Reach in ’000 (month)<br />
157.1<br />
700.3 813.8 814.3 922.9<br />
Total Universe 15+y 3–14y 15–29y 30–39y 40–49y 50–59y 60+y<br />
Auszug aus Mediapulse Online Audience Data<br />
24heures<br />
100.3<br />
1,436.8<br />
«Eine möglichst vollständige Forschung<br />
steigert nicht nur die Transparenz und somit<br />
das Vertrauen in die Anbieter, sondern auch<br />
die generelle Sichtbarkeit des Schweizer<br />
Online-Markts.»<br />
vices (Smartphone, Tablet, PC, Laptop)<br />
und an allen Nutzungsorten (in and out<br />
of home). Angebote, die nicht an der<br />
tagbasierten Messung der Traffic Data<br />
teilnehmen, können auch in den Audience-Daten<br />
nicht erfasst und ausgewiesen<br />
werden. Die Ergebnisse der Audience<br />
Data sind repräsentativ für alle<br />
Personen ab drei Jahren, die in Schweizer<br />
Privathaushalten leben. Die Audience<br />
Data werden täglich produziert, gewichtet,<br />
auf das Universum hochgerechnet<br />
und dem Markt innerhalb des Auswertungstools<br />
Audience Analytics im Monatsrhythmus<br />
kostenpflichtig zugänglich<br />
gemacht (siehe Grafik).<br />
Eine etablierte Forschung,<br />
aber mit Lücken<br />
Die Mediapulse Onlineforschung läuft<br />
seit ihrer Markteinführung stabil. Das<br />
hybride Messsystem und die Daten, die<br />
es liefert, sind mit der Finanzierung durch<br />
die Publisher für die nächsten Jahre gesichert.<br />
Gleichzeitig werden aktuell verschiedene<br />
Ideen der Weiterentwicklung<br />
mit den Marktpartnern evaluiert.<br />
Während sich die meisten grossen<br />
Medienhäuser der Schweiz von Anfang<br />
an zu einer gemeinschaftlichen Branchenforschung<br />
bekannt haben und ihre Angebote<br />
von Mediapulse mit grosser<br />
Selbstverständlichkeit messen lassen, gibt<br />
es auch Anbieter, die eine Teilnahme verweigern<br />
und nicht bereit sind, ihre Leistungen<br />
transparent zu machen. Zu nennen<br />
sind hier in erster Linie die grossen internationalen<br />
Plattformen. Ebenfalls gibt es<br />
vereinzelte einheimische Web-Anbieter,<br />
die sich ebenfalls über Werbung finanzieren,<br />
jedoch einem Vergleich mit der<br />
Konkurrenz lieber aus dem Weg gehen.<br />
Hierzu zählen traditionelle Verlagshäuser<br />
ebenso wie nationale Web-TV-Plattformen,<br />
grosse Service-Plattformen sowie<br />
Anbieter von Onlineverzeichnissen oder<br />
Online-Marktplätzen.<br />
Im Interesse der Werbeauftraggeber<br />
und Agenturen sollten diese Lücken im<br />
Schweizer Onlinewald bald geschlossen<br />
werden. Eine möglichst vollständige Forschung<br />
steigert nicht nur die Transparenz<br />
und somit das Vertrauen in die Anbieter,<br />
sondern auch die generelle Sichtbarkeit<br />
des Schweizer Online-Markts.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
148<br />
SWISSFILM ASSOCIATION<br />
Transparenz,<br />
Fairness und<br />
Wertschätzung<br />
Die Swissfilm Association präsentiert neue Pitch-Standards.<br />
Ziel ist ein harmonisiertes Pitch-Verfahren<br />
in Europa im kommenden Jahr.<br />
Von Lilian Räber<br />
E<br />
in Thema, das den Verband<br />
der Werbe- und Auftragsfilmproduzierenden<br />
in den vergangenen<br />
Jahren ständig und<br />
mit zunehmender Intensität<br />
beschäftigt hat, ist der Pitch. Wer einen<br />
Film benötigt, sei es zu Werbezwecken<br />
oder um das Unternehmen zu positionieren,<br />
fragt verschiedene Produktionsfirmen<br />
nach einem Angebot dafür.<br />
Solche Pitches haben für die Auftraggebenden<br />
den Vorteil, dass sie Budgets<br />
und Ideen vergleichen können. Den<br />
Produktionsfirmen ermöglichen Pitches,<br />
ihre Ideen zu präsentieren und am Wettbewerb<br />
um einen Auftrag teilzunehmen.<br />
So weit, so klar.<br />
Pitch-Leitfaden<br />
Auf der Website<br />
> www.swissfilm.org stehen<br />
der Pitch-Leitfaden (für<br />
Commercials und Corporate)<br />
sowie weitere das<br />
Pitch-Verfahren betreffende<br />
Dokumente zum Download<br />
bereit. Hier geht es direkt<br />
zur Website:<br />
Nun hat sich im vergangenen Jahrzehnt<br />
aber eine schleichende Erweiterung<br />
der angeforderten Informationen<br />
ergeben. Kunden und Kundinnen, seien<br />
es nun Agenturen, die für ihre Auftraggebenden<br />
pitchen lassen oder Unternehmen,<br />
die direkt auf die Filmproduktion<br />
zugehen, verlangen diesbezüglich<br />
immer mehr. Der Pitch, einst eine Offerte<br />
mit einem Regievorschlag ab Rolle, ist<br />
zu einem seitenlangen Dokument geworden.<br />
Es umfasst eine Directors Interpretation,<br />
eine entsprechende Kalkulation<br />
und ein Timing. Gleichzeitig ist für<br />
jene, die dieses Angebot erstellen, die<br />
Chance gesunken, den Auftrag zu bekommen.<br />
Bis zu sechs Filmproduktionsfirmen<br />
arbeiten manchmal parallel an<br />
einem Pitch. Tauschen sie sich aus, merken<br />
sie vielleicht sogar, dass sie nicht die<br />
gleichen Vorgaben haben. Im Verband<br />
mehrten sich deshalb in den vergangenen<br />
Jahren die Stimmen der Mitglieder,<br />
die sich unfair behandelt fühlten oder<br />
sich beklagten, weil sich der ganze Aufwand<br />
nicht mehr lohnt.<br />
Pitch-Verfahren brauchen Regeln<br />
Vor etwas mehr als zwei Jahren hat die<br />
Swissfilm Association deshalb beschlossen,<br />
zu handeln. Eine Arbeitsgruppe,<br />
bestehend aus Mitgliedern verschiedener<br />
Bereiche, hat das Thema aufgenommen.<br />
«Die Aufgabe des Verbandes ist es, für<br />
unsere Mitglieder einzustehen», sagt Derya<br />
Tuna. Sie und Rudi Haller vertreten<br />
den Vorstand beim Thema Pitch. «Wegen<br />
Ein Leitfaden für Wertschätzung, Fairness<br />
und Transparenz.<br />
der wachsenden Anforderungen, der gestiegenen<br />
Kosten und der kleiner werdenden<br />
Einnahmen kam die Frage nach<br />
Regeln auf. Aus diesem Grund haben wir<br />
einen Pitch-Leitfaden entwickelt.»<br />
Dieser Leitfaden ist eine Guideline, die<br />
auf Werten basiert: Transparenz, Fairness<br />
und Wertschätzung. Zur Transparenz gehören<br />
zwei Punkte, die festhalten, dass<br />
der Budgetrahmen und die Mitbewerbenden<br />
offengelegt werden. Nur so kann<br />
eine Produktionsfirma entscheiden, ob<br />
sie sich am Pitch beteiligen will oder<br />
nicht. Fair ist ein Pitch-Verfahren, wenn<br />
es sich auf maximal drei Firmen beschränkt<br />
und erst auf der Basis eines<br />
konkreten Projektes und reellen Auftrags<br />
ausgeschrieben wird. Zur Wertschätzung<br />
der kreativen Arbeit gehört auch der<br />
Pitch-Cost-Share. Ein Anteil der erheblichen<br />
Kosten, die eine Filmproduktionsfirma<br />
hat, wenn eine Directors Interpretation,<br />
ein Timing und eine detaillierte<br />
Bild: pexels.com / Nathan Hilton<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
149<br />
Rudi Haller,<br />
Vorstandsmitglied<br />
SFA<br />
den Partnerverbänden und Agenturen,<br />
zu einem marktreifen Ergebnis geschafft.»<br />
Andere Länder schliessen sich an<br />
Bilder: Swissfilm Association<br />
«Im Verband<br />
mehrten sich<br />
die Stimmen der<br />
Mitglieder,<br />
die sich unfair<br />
behandelt<br />
fühlten.»<br />
Derya Tuna,<br />
Vorstandsmitglied SFA<br />
Kalkulation abgegeben werden müssen,<br />
soll zurückerstattet werden, wenn der<br />
Auftrag an eine andere Firma geht. Dieser<br />
Share ist abhängig vom Budgetrahmen.<br />
Die Swissfilm Association versteht<br />
ihn als Anerkennung des Wertes von<br />
kreativer Arbeit.<br />
Mit der Veröffentlichung der neuen<br />
Standards will der Verband Agenturen<br />
und Auftraggebende für den immensen<br />
Aufwand sensibilisieren, den Filmproduktionsfirmen<br />
in einem Pitch haben.<br />
Rudi Haller sagt, dass mit diversen grossen<br />
Werbekundinnen und -kunden Gespräche<br />
geführt werden konnten: «Der<br />
Leitfaden wurde mit klarer Zustimmung<br />
angenommen.» Auch eine Veranstaltung<br />
mit Agency-Producerinnen und -Producern<br />
zu diesem Thema verlief positiv.<br />
Nun stellt der Verband diese Standards<br />
für die beiden Bereiche Commercials<br />
und Corporate als Guideline allen in der<br />
Branche zur Verfügung (siehe Box). Rudi<br />
Haller meint dazu: «Der Pitch-Leitfaden<br />
hat es von der Evaluationsphase, bzw.<br />
der Abstimmung mit Auftraggebenden,<br />
Allein war der schweizerische Verband<br />
mit seinen Problemen nämlich nicht.<br />
Auch in anderen Ländern war das Thema<br />
akut. So wurde der Pitch-Leitfaden zum<br />
Diskussionsthema im Verband Commercial<br />
Film Producers of Europe (CFP-E).<br />
«Es war wichtig, dass wir die Guideline<br />
mit anderen europäischen Verbänden<br />
zusammen entwickeln konnten», sagt<br />
Rudi Haller. Auch wenn es von Land zu<br />
Land Unterschiede gab – die Veränderung<br />
in der Branche durch neue Technologien<br />
und Kanäle und auch neue Player<br />
führte überall zur gleichen Problemlage.<br />
Anfang Oktober hat auch der deutsche<br />
Regie-Verband (DRCT) zusammen<br />
mit den Werbefilmverbänden in Deutschland<br />
breit über die neuen Standards<br />
informiert. Derya Tuna erläutert: «Die<br />
zeitgleiche Lancierung des Pitch-Leitfadens<br />
in Europa ist wichtig, weil unsere<br />
Partner:innen auch mit ausländischen<br />
Produktionen arbeiten und umgekehrt.»<br />
Der Vorteil einer europäisch abgestimmten<br />
Praxis besteht unter anderem darin,<br />
dass bei grenzüberschreitenden Projekten<br />
in Zukunft möglichst gleiche Regeln<br />
gelten. «Pitchen gehört zu unserer täglichen<br />
Arbeit. In Zukunft sollen aber nicht<br />
mehr als drei Produktionsfirmen gegeneinander<br />
pitchen und die Auftraggebenden<br />
sollen sich mit einem Pitch-Cost-<br />
Share an den Kosten beteiligen», sagt<br />
Derya Tuna. «Wir erhoffen uns ein transparentes<br />
und partnerschaftliches Zusammenspiel<br />
in der Branche.»<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
150<br />
SWISS DISTRIBUTION<br />
«Food for friends»<br />
Mit diesem Vorsatz sprang das Start-up TINYFISH 2020<br />
ins kalte Wasser und mischte die Zürcher Sushi-Take-away-<br />
Szene auf. Swiss Distribution erkundigte sich bei den<br />
Gründern Tobias Bischoff und Luca Orlando nach Herausforderungen<br />
und Chancen.<br />
Von Melanie Käser*<br />
MELANIE KÄSER TINYFISH startet gerade<br />
mächtig durch. In wenigen Jahren ist<br />
das Zürcher Sushi-Unternehmen in der<br />
Limmatstadt (und mittlerweile auch<br />
Zug) nicht mehr wegzudenken. Was ist<br />
euer Geheimnis?<br />
TOBIAS BISCHOFF, LUCA ORLANDO Wir geben<br />
täglich unser Bestes, um qualitativ<br />
hochwertige Sushi in einzigartiger<br />
Form anzubieten. Wir entscheiden uns<br />
bewusst für ausgewählte Zutaten und<br />
glauben daran, dass die Qualität<br />
unserer Produkte unsere Kund:innen<br />
überzeugen muss. Wir helfen trotz<br />
vielseitiger Aufgaben auch heute noch<br />
täglich dort aus, wo es gerade brennt.<br />
Eure Take-aways sind japanisch minimalistisch<br />
und liebevoll ansprechend<br />
gestaltet. Was ist die Idee dahinter?<br />
Alle sollen sich in unseren Filialen<br />
wohl- und zu Hause fühlen. Gleichzeitig<br />
orientiert sich das Layout an effizienten<br />
Prozessen und einer «TINY»Prise<br />
«Wow». Hochwertige Materialien<br />
unterstreichen den Qualitätsanspruch<br />
und widerspiegeln die Wertschätzung.<br />
Ohne unsere coole Sales-Crew wären<br />
es aber nur herzlose Retailflächen.<br />
Wir probieren, einen familiären, aber<br />
professionellen Raum zu gestalten.<br />
Es ist schön zu sehen, dass dies viele<br />
Kund:innen in ihren Reviews auch so<br />
bestätigen.<br />
Wie lange habt ihr von der Idee bis<br />
zur Eröffnung des ersten Standortes<br />
gefeilt?<br />
Die Idee ist schon etwas älter. Wir<br />
haben parallel zu unseren vorherigen<br />
Jobs immer etwas an diesem Projekt<br />
getüftelt. Von der Entscheidung zur<br />
Umsetzung bis zum Launch ging es<br />
<strong>12</strong> Monate.<br />
Food Waste, Überfischung, umweltschädigende<br />
Fischzuchten sind Themen<br />
unserer Zeit. Wie geht ihr damit um?<br />
Wir sind der Überzeugung, dass<br />
speziell die Anbieter bei diesen<br />
Themen in der Verantwortung stehen.<br />
Konsument:innen können nur abnehmen,<br />
was der Markt ihnen anbietet.<br />
Gleichzeitig kann ein kleiner Fisch –<br />
wie wir – in den ersten Jahren auch<br />
nicht die ganzen Weltmeere verändern.<br />
Wir handeln darum pragmatisch,<br />
«Unsere<br />
Vision ist es,<br />
die fairsten und<br />
innovativsten<br />
Sushi anzubieten.»<br />
Tobias Bischoff und Luca Orlando haben<br />
vor der Gründung von TINYFISH in der<br />
Finanzbranche resp. als Rechtsanwalt<br />
gearbeitet. Sie leiten zusammen mit Moritz<br />
Weber die Geschäfte.<br />
setzen aber, wo möglich, einen einzigartigen<br />
Standard, der weit über die<br />
Branchenpraxis hinausgeht. Wir bieten<br />
kein Fleisch an, setzen ausschliesslich<br />
auf Biolachs aus Irland sowie mit Handleinen<br />
gefangenen, zertifizierten<br />
Thunfisch und haben für unsere<br />
California-Rolle extra Surimi-Sticks<br />
produzieren lassen, die aus nur einer<br />
Fischsorte bestehen. Mehr als die<br />
Hälfte unseres Angebotes ist vegan.<br />
Sind wir deshalb ein nachhaltiges<br />
Unternehmen? Der von uns im täglichen<br />
Take-away-Betrieb verursachte<br />
Abfall spricht wohl dagegen. Wir<br />
schauen aber auch hierbei darauf, dass<br />
dieser – unsere Verpackungen – recycelbar<br />
ist und wir die Herkunft des<br />
verwendeten Kartons genau kennen.<br />
Beim Kartonhersteller wachsen bspw.<br />
mehr Bäume, als dieser für die Produktion<br />
jährlich fällen muss.<br />
Ihr habt acht Take-away-Standorte.<br />
Denkt ihr auch an Restaurants?<br />
Bilder:zVg<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
151<br />
Unsere Vision ist es, die fairsten und<br />
innovativsten Sushi anzubieten. Unsere<br />
TINYFriends finden sich bis jetzt noch<br />
sehr stark im urbanen Zentrum von<br />
Zürich und Zug. Wir sind aber überzeugt,<br />
dass auch die anderen Gebiete<br />
und Bevölkerungsgruppen der<br />
Schweiz gerne Sushi essen. Wir möchten<br />
darum vermehrt auch ausserhalb<br />
der Stadt wachsen. Restaurants sind im<br />
Moment nicht geplant.<br />
Wäre euer Geschäftsmodell nicht<br />
optimal, um mit selbstständigen<br />
Partnern, im Agenturmodell oder<br />
Franchising, zu expandieren?<br />
Wir sind ein Start-up, das sich inmitten<br />
der Entwicklung zu einem jungen<br />
Unternehmen befindet. Deshalb hat<br />
die Erweiterung des Geschäftsmodelles<br />
über selbstständige Partner im<br />
Moment keine Priorität.<br />
Welche Herausforderungen und<br />
Chancen seht ihr im aktuell herausfordernden<br />
Umfeld (Stichwort Fachkräftemangel,<br />
steigende Energiekosten)?<br />
Es gibt wohl in jedem Marktumfeld<br />
Herausforderungen für junge wie auch<br />
ältere Unternehmen. Im Moment<br />
versuchen wir diese – neben allen<br />
üblichen Wachstums-Challenges –<br />
irgendwie unter einen Hut zu bringen.<br />
Dabei ein attraktiver Arbeitgeber zu<br />
sein, hat jedoch eine hohe Priorität.<br />
Wenn wir mit einem loyalen und<br />
motivierten Team noch mehr von dem<br />
umsetzen können, was wir bereits tun<br />
und tun möchten, sehen wir gute<br />
Chancen, in einem transparenteren,<br />
bewusster entscheidenden und immer<br />
mehr fordernden Markt mehr TINY-<br />
FISH zu sehen.<br />
Noch eine letzte Frage: Wo lasst ihr<br />
euch inspirieren?<br />
Wir möchten Sushi für jede und jeden<br />
anbieten. Das grosse Lob gebührt<br />
unserer Produktentwicklerin Claire. Sie<br />
ist seit dem Start mit dabei und überrascht<br />
uns immer wieder mit neuen<br />
Ideen.<br />
*Melanie Käser, Geschäftsführerin von<br />
Swiss Distribution, befasst sich in ihrer<br />
täglichen Arbeit als Rechtsanwältin mit<br />
rechtlichen und konzeptionellen<br />
Fragen rund um Vertriebssysteme mit<br />
selbstständigen Partnern.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
152<br />
SWISSFILM ASSOCIATION<br />
«Wir setzen<br />
Branchenstandards»<br />
Die Swissfilm Association hat zehn Lineproducing-Persönlichkeiten ausgebildet.<br />
Darunter auch den CEO einer Schweizer Filmschmiede. Der Verband der<br />
Schweizer Auftragsfilmproduktionsbranche will solche und andere Weiterbildungen<br />
in Zukunft noch mehr ausbauen.<br />
Von Mark Baer<br />
A<br />
uf dem Schweizer Markt gibt<br />
es seit ein paar Wochen<br />
zehn neue Lineproducing-<br />
Spezialist:innen. Die Weiterbildung<br />
der Swissfilm Association<br />
(SFA) hiess «Von der Produktionsassistenz<br />
zum Lineproducing». Während<br />
die Produktionsassistenz weitgehend<br />
eine ausführende Funktion ist, benötigt<br />
eine Lineproducing-Person ausgeprägte<br />
Management-Skills. «Im Gegensatz zur<br />
Produktionsassistenz haben diese meist<br />
Personalverantwortung, müssen über<br />
allgemeine Management qualifikationen,<br />
kaufmännisches Wissen, Kommunikationsfähigkeit<br />
und Verhandlungsgeschick<br />
verfügen», erklärt Susann Vogel, Geschäftsführerin<br />
der SFA.<br />
Vanessa Krummenacher ist Produzentin<br />
und hat die mehrere Tage dauernde<br />
SFA-Ausbildung absolviert. Für Mediafisch<br />
produziert sie verschiedene TV-Sendungen.<br />
Immer sei die 33-Jährige interessiert<br />
daran, sich weiterzubilden und<br />
dazuzulernen. «Vor allem die Möglichkeit,<br />
einen Einblick in die Produktion von<br />
Auftragsfilmen zu erhalten und sich mit<br />
anderen aus der Branche auszutauschen,<br />
fand ich inspirierend.»<br />
Als ein Highlight empfand die Produzentin<br />
den «Legal»-Block. Das Thema<br />
Recht sei sehr spannend, aber auch extrem<br />
umfassend gewesen. Der Swissfilm<br />
Association-Kurs habe ihr einen guten<br />
Überblick verschafft und ihr wichtige<br />
Informationen vermittelt.<br />
«Ich habe noch mehr gespürt, was<br />
mir Spass macht»<br />
Mit unter den Teilnehmenden der Lineproducing-Weiterbildung<br />
war auch Stefan<br />
Jäger. Der 42-Jährige ist Mitinhaber<br />
und CEO der Filmwerkstatt Konzept 2.<br />
Wie kommt es, dass der Chef himself<br />
sich für eine solche Ausbildung interessiert?<br />
«In Zukunft werde ich mich mehr<br />
um Produktionen und Planungen als um<br />
die eigentlichen Dreharbeiten kümmern»,<br />
verrät er gegenüber m&k. «Dies<br />
ist jetzt schon Teil meiner Arbeit, aber<br />
ich möchte das mehr gewichten, zumal<br />
ich aufgrund der Ausbildung nun noch<br />
mehr gespürt habe, was mir liegt und<br />
Spass macht.»<br />
Für die Mitglieder der SFA sind die<br />
Ausbildungen jeweils gratis. Der Aargauer<br />
habe sich angemeldet, weil Konzept<br />
2 Mitglied im Verband sei. Zudem<br />
habe er auch sein Netzwerk und Knowhow<br />
weiter ausbauen wollen, um zukünftig<br />
interne Abläufe zu optimieren. Als<br />
Highlight bezeichnet Stefan Jäger ganz<br />
klar die 1:1-Showcases realer Projekte<br />
inklusive der Kostenrechnungen anderer<br />
grösserer Produktionsfirmen am Markt.<br />
Eine gute Lineproducing-Persönlichkeit<br />
habe eine Mischung aus kreativer Träumerei<br />
und knallharter Finanzkalkulation,<br />
sagt der Konzept-2-CEO weiter. «Es<br />
braucht ein Verständnis für das filmische<br />
Handwerk.» Aber gleichzeitig benötige<br />
man als Lineproducer:in auch ein Flair<br />
für Zahlen und müsse gute Organisationsskills<br />
mitbringen. «Kurz gesagt, muss<br />
man ein:e Anpacker:in mit dem nötigen<br />
Feingefühl für den Kunden sein.» Je grösser<br />
das Projekt, desto wichtiger sei es,<br />
eine Lineproducer:in an Bord zu holen,<br />
erklärt Mona Bertschinger, die für die<br />
Swissfilm Association eine der Referentinnen<br />
beim Lehrgang war. «Sobald die<br />
Crew gross wird, Cast und Statisten involviert<br />
sind, verschiedene Drehorte berücksichtigt<br />
werden müssen, kann eine<br />
Lineproducing-Person von entscheidender<br />
Bedeutung sein», so die 32-Jährige.<br />
Die Partnerin der Zürcher Filmproduktion<br />
Hillton zeigte den Teilnehmenden anhand<br />
einer von ihr umgesetzten Produktion<br />
verschiedene Herangehensweisen.<br />
«Es hat mich sehr gefreut, so viele begeisterte<br />
und wissbegierige Menschen<br />
kennengelernt zu haben.» Da alle Teilnehmenden<br />
des Lehrgangs selber in<br />
Produktionen tätig sind, sei es eine<br />
Freude gewesen zu sehen, wie sich die<br />
Partizipanten auch untereinander ausgetauscht<br />
hätten. «Ich finde den Austausch<br />
zwischen den Produktionen sehr<br />
wichtig und der passiert in meinen Augen<br />
leider viel zu wenig in der Schweizer<br />
Filmbranche», sagt die SFA-Ausbildnerin.<br />
«Wenn wir dies unserem Nachwuchs zu-<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
153<br />
Die Swissfilm Association fördert die Weiterbildung ihrer Mitglieder.<br />
Bild: unsplash.com / Jakob-Owens<br />
künftig anders vermitteln können und<br />
der Verband es schafft, die Produktionen<br />
einander näherzubringen, freut mich das<br />
sehr», so Bertschinger.<br />
Nachwuchsförderung<br />
stellt Qualität sicher<br />
«‹Profis dozieren für Profis› sei jeweils<br />
die Devise des Verbands.»<br />
Weiterbildungen zum Thema Lineproducing<br />
hat die SFA bereits schon früher<br />
angeboten. Zudem führt der Verband<br />
für seine Mitglieder regelmässig Informationsanlässe<br />
und Referate zu aktuellen<br />
Themen durch. Ein weiterer Lineproducing-Lehrgang<br />
ist im kommenden Jahr<br />
bzw. spätestens 2025 geplant. «Es ist<br />
meiner Meinung nach grundsätzlich die<br />
Aufgabe eines Verbands, sich um die<br />
Nachwuchsförderung zu kümmern und<br />
somit die Qualität sicherzustellen bzw.<br />
auch zu steigern», sagt SFA-Geschäftsführerin<br />
Susann Vogel. Heute würden in<br />
der Schweiz zu wenig gut ausgebildete<br />
Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Es<br />
sei deshalb die Pflicht eines Verbands,<br />
auch Diskussionen zu schwierigen und<br />
kontroversen Themen anzustossen. «Bildung<br />
ist ganz sicher ein solches Thema»,<br />
sagt Susann Vogel.<br />
Laut Michel Alraun, der mit anderen<br />
bei SFA den Bereich «Corporate» vertritt,<br />
sind Weiterbildungen, die der Verband<br />
organisiert, immer sehr praxisorientiert.<br />
«Profis dozieren für Profis» sei jeweils die<br />
Devise des Verbands. «Branchenstandards<br />
zu setzen ist ein wichtiger Task in<br />
unserer Agenda», erklärt der 43-Jährige.<br />
Dafür seien diverse Massnahmen nötig.<br />
«Weiterbildungen sind meiner Meinung<br />
nach ein enorm relevantes Tool, um das<br />
Mindset langfristig zu prägen.» Am Ende<br />
würde es immer darum gehen, den Kunden<br />
Qualität zu liefern. «Oder anders<br />
gesagt, langfristig das Vertrauen in das<br />
Schweizer Auftragsfilmschaffen zu festigen»,<br />
bringt es Alraun auf den Punkt. Die<br />
Konkurrenz aus dem Ausland sei nicht<br />
zu unterschätzen. «Und da können wir<br />
nur mit Qualität und Effizienz entgegen-<br />
treten.» Das SFA-Vorstandsmitglied ist<br />
Gründer und Mitinhaber von Maybaum<br />
Film. «Wir befinden uns auf einem<br />
schnelllebigen Markt und es ist enorm<br />
wichtig, dass man sich stetig auf einem<br />
aktuellen Wissensstand hält.»<br />
Im letzten Jahr sind rund 420 Mediamatiker<br />
EFZ auf den Markt gekommen.<br />
Der Job ist in der Schweiz also sehr beliebt.<br />
2024 wird es bei dieser Berufslehre<br />
zu einer Revision kommen. Die Trägerschaft<br />
möchte hier prüfen, ob der Bereich<br />
Bewegtbild ausgebaut werden kann. Die<br />
Swissfilm Association ist neu stolzer Teil<br />
der Arbeitsgruppe. Zudem soll für den<br />
Bereich Content Creation zukünftig ein<br />
Diplomlehrgang geschaffen werden. Mit<br />
einer eidgenössischen höheren Fachprüfung<br />
soll gewährleistet werden, dass<br />
die jeweiligen Absolvent:innen den Standards<br />
des Markts gerecht werden. «Wir<br />
sind total happy, dass wir bei diesem<br />
Diplomlehrgang zusammen mit ICT-Berufsbildung<br />
Schweiz ebenfalls mitsprechen<br />
und -gestalten können», sagt Alraun<br />
und strahlt über das ganze Gesicht.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
154<br />
PROMOSWISS<br />
Touch <strong>2023</strong> mit<br />
Besucherrekord<br />
Das Schweizer Werbeartikel-Messedoppel mit<br />
dem PSF (Promo Swiss Forum) und der Touch fand dieses<br />
Jahr erneut im Herbst in der Umweltarena Spreitenbach<br />
statt. Mit Besucherrekord.<br />
A<br />
m ersten Messetag fand in der<br />
bewährten Umweltarena in<br />
Spreitenbach das PSF statt,<br />
eine reine Fachhändlermesse.<br />
An dieser nahmen knapp über 100 Personen<br />
aus rund 45 Firmen teil.<br />
Im Anschluss an das Forum gab es bei<br />
schönstem Sonnenscheinwetter einen<br />
geselligen Apéro im Freien und infolgedessen<br />
lud der Promo-Swiss-Verband<br />
die Gäste zur spektakulären Gala Night<br />
mit Verleihung der PromoSwiss Awards<br />
ein. Urs Germann, der Präsident von<br />
Promo swiss, dem führenden Verband für<br />
Werbeartikel, begrüsste die rund 170<br />
Gäste in einem festlichen Saal in der<br />
Arena.<br />
Musikalische Unterhaltung<br />
Die Sängerin und Songwriterin Elle, Gewinnerin<br />
von The Voice Kids in Deutschland<br />
2014 und Sängerin von Art on Ice<br />
<strong>2023</strong>, unterhielt die Gäste mit musikalischen<br />
Leckerbissen zwischen den einzelnen<br />
Verleihungen. Durch den Abend<br />
führte die Moderatorin Ina Klingele.<br />
Eine auserwählte Fachjury stimmte im<br />
Vorfeld des Events über die eingereichten<br />
Produkte ab.<br />
Eröffnung der Touch<br />
Am zweiten Messetag um 10 Uhr öffnete<br />
die Touch ihre Türen. Bei der zweiten<br />
Austragung unter dem Namen Touch<br />
war insbesondere am Morgen der Ansturm<br />
sehr gross, daher war von den<br />
Besucher:innen am Einlass ein wenig<br />
Geduld gefragt. Die elf Trägeragenturen<br />
hatten schon im Vorfeld die Industriekunden<br />
eingeladen, welche dann am<br />
Messetag die grosszügig gestaltete und<br />
sehr ansprechende 3000 m² grosse Umweltarena<br />
besuchten. Rund 70 Aussteller<br />
zeigten ihre Neuheuten, warben mit Innovationen<br />
und setzten Trends. Am Mittag<br />
konnten sich sowohl Aussteller:innen<br />
wie auch Besucher:innen am Pasta-Buffet<br />
stärken.<br />
Insgesamt fanden an der Touch 860<br />
Interessierte den Weg nach Spreitenbach.<br />
Doch nicht nur die zahlreichen<br />
Besucher:innen hinterliessen Eindruck<br />
bei den Organisatoren, sondern auch<br />
die Good Vibes – die spürbar gute Stimmung<br />
in der Halle.<br />
Der Promo-Swiss-Verband bedankt<br />
sich herzlich beim Organisationsteam<br />
für die professionelle und reibungslose<br />
Messeorganisation. Ebenso geht ein<br />
grosses Dankeschön an den GWW für<br />
die gute Zusammenarbeit und die wertvolle<br />
Unterstützung. Präsident Urs Germann:<br />
«Überwältigt von den vielen guten<br />
Rückmeldungen, freuen wir uns bereits<br />
jetzt auf die Messe 2024.» Diese findet<br />
am 24./25.9.2024 statt – wiederum in der<br />
Umweltarena in Spreitenbach.<br />
Die stolzen Gewinner<br />
pro Kategorie, welche die<br />
PromoFritz-Trophäe<br />
überreicht bekommen<br />
haben, sind in diesem<br />
Jahr wie folgt:<br />
• Nachhaltigkeit<br />
«Made in Europe»<br />
Sieger: SIGG /<br />
Flasche aus recyceltem<br />
Aluminium und mit<br />
Zellulosedeckel<br />
• Werbeartikel<br />
des Jahres<br />
Sieger: FARE – Guenther<br />
Fassbender<br />
GmbH / Filigraner<br />
Handöffner-Taschenschirm,<br />
ultraleicht<br />
• Sonderproduktion<br />
des Jahres / Unikat<br />
Sieger: bb trading<br />
werbeartikel ag /<br />
Raclette-Schaber-Set<br />
• Kollektion des Jahres,<br />
mindestens 5 Produkte<br />
Sieger: Pandinavia AG /<br />
Zermatt-Bergbahnen-<br />
Kollektion<br />
Bilder: Promoswiss<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
155<br />
Die Gewinner:innen des Promo Fritz Awards<br />
Präsident<br />
Urs Germann<br />
spricht zu den<br />
Gästen der<br />
Award Night.<br />
Sängerin Elle<br />
Moderatorin Ina Klingele<br />
Zeit für Gespräche an der Touch<br />
Viel los an der Touch <strong>2023</strong><br />
Neuheiten und Trends wurden von den Besucher:innen bestaunt.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
156<br />
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www.badramsach.ch<br />
T +41 62 285 15 15<br />
Weitsicht 1+2 100 m² 40 32 – – – • –<br />
Ramsberghof 75 m² 90 40 80 – – • –<br />
Ramstal <strong>11</strong>2 m² 100 45 80 – • – –<br />
Ramsem 32 m² 20 <strong>12</strong> 18 – • – –<br />
Waldsicht im Haus Waldruhe 86 m² – 15 – – – – –<br />
Durchatmen am Wisenberg<br />
Das Bad Ramsach Quellhotel liegt am Fuss des Wisenberg, am Rand des Naturschutzgebietes.<br />
Ideale Grundrisse mit viel Tageslicht bringen gute Lernstimmung in die Seminar- und Tagungsräume.<br />
60 helle Wohlfühlzimmer mit Balkon runden das Angebot ab. Der grosse Umschwung mit<br />
Wiesen und Wald lädt ein um draussen zu arbeiten.<br />
EIN LEBENDIGER ORT DER BALANCE FAMILIE.<br />
Hotel Eden Spiez<br />
Seestrasse 58, 3700 Spiez am Thunersee<br />
Meeting & Event Managerin: Martina Seiler<br />
meeting@eden-spiez.ch<br />
www.eden-spiez.ch<br />
T 033 655 99 00, F 033 655 99 01<br />
Panoramasaal 100 63 80 • • • •<br />
Inspiration I–III 42 16 18 • • • •<br />
Boardroom 33 <strong>12</strong> 10 • • • •<br />
Einmalige Panoramasicht auf die Bergwelt des Berner Oberlandes<br />
Das 4-Sterne-Superior Hotelresort hat 45 Zimmer und Juniorsuiten – alle mit WLAN und<br />
Klimaanlage. Sämtliche Meetingräume bieten einmalige Panoramasicht auf die Bergwelt des<br />
Berner Oberlandes. – Hoteleigene Parkgarage vorhanden.<br />
Bad Bubendorf Hotel<br />
Kantonsstrasse 3, 4416 Bubendorf BL<br />
anlassorganisation@badbubendorf.ch<br />
www.badbubendorf.ch<br />
T +41 61 935 55 55<br />
Historic Burgensaal 145 m² 100 60 80 • • • –<br />
Design Uno & Due 177 m² 160 80 <strong>12</strong>0 • • • •<br />
Design Nord & Sud 50 m² 25 15 – • • • •<br />
Zusammenkommen im Baselbiet<br />
Das Bad Bubendorf Hotel liegt im schönen Baselbiet. Ideale Verkehrsanbindung – fünf Minuten<br />
ab Autobahn, Bahn und Bus mit eigener Haltestelle. Raum für gute Gespräche im historischen<br />
Haus oder Design-Erweiterungsbau. WLAN im ganzen Haus sowie Parkplätze sind kostenlos. Eine<br />
persönliche Betreuung vor und während Ihres Aufenthalts ist Ihnen im Haus mit Herz garantiert.<br />
EIN LEBENDIGER ORT DER BALANCE FAMILIE.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
MEETING POINTS<br />
157<br />
Grand Casino Luzern<br />
Haldenstrasse 6, 6006 Luzern<br />
info@grandcasinoluzern.ch<br />
www.grandcasinoluzern.ch<br />
T 041 418 56 56<br />
Luzern<br />
Panoramasaal 500 250 460 • • • •<br />
Casineum 150 60 100 • • • •<br />
Spiegelsalon 48 16 22 – • • –<br />
Olivo 80<br />
Ihr Firmenanlass in stilvoller Atmosphäre<br />
Erleben Sie eine traumhafte Lage, eine wundervolle Aussicht und flexible Raumkonzepte, welche<br />
keine Wünsche offenlassen! Ob Tagung, Firmenanlass, Generalversammlung, Traumhochzeit,<br />
Diplomfeier oder hybride Events – das direkt am Vierwaldstättersee gelegene Grand Casino<br />
Luzern bietet vielfältige Möglichkeiten für Anlässe auf höchstem Niveau.<br />
Hotel Continental Park<br />
Murbacherstrasse 4, 6002 Luzern<br />
hotel@continental.ch, www.continental.ch<br />
T 041 228 90 48<br />
3 Säle, Castel-Monte-Sasso 62–268 m² 240 <strong>12</strong>0 250 • • • •<br />
10 Meetingräume 15–30 m²<br />
Alle Tagungsräume verfügen über Tageslicht & Klimaanlage<br />
Tagen am Vierwaldstättersee im ersten Bike Hotel Luzerns!<br />
Im Zentrum, gegenüber Bahnhof an ruhiger Seitenstrasse, eigene Tiefgarage, kostenloses WiFi,<br />
ClickShare System, 88 Boutique-, Design- & Lifestyle-Zimmer, eigene E-Bikes & Bikes zur<br />
Vermietung. Ein Restaurant, die Bellini Locanda Ticinese, auf Tessiner Küche spezialisiert.<br />
Seeblick Höhenhotel<br />
Hugenstrasse 24, 6376 Emmetten<br />
anlassorganisation@hotelseeblick.ch<br />
www.hotelseeblick.ch<br />
T +41 41 624 41 41<br />
Seeblick-Saal 150 m² <strong>12</strong>0 85 37 • • • –<br />
Waldhorn/Zeder/Eiche 220 m² 250 130 – • • • –<br />
Birke 55 m² 40 28 19 • • • –<br />
Buche, Zypresse, Ahorn je 35 m² 30 16 <strong>12</strong> • • • –<br />
Akazie, Linde je 26 m² 20 – 10 • • • –<br />
Innehalten im Herzen der Schweiz<br />
Das Seeblick Höhenhotel ist nur 30 Minuten von Luzern und fünf Minuten von der A2 entfernt.<br />
Hochzentral mit traumhaftem Blick über den Vierwaldstättersee und die vor alpine Bergwelt.<br />
100 Gästezimmer, 600 m² Schulungsraum und ein vielfältiges Angebot für Rahmenprogramme<br />
macht den Seeblick zum beliebten Veranstaltungsort für Seminare und Tagungen.<br />
EIN LEBENDIGER ORT DER BALANCE FAMILIE.<br />
Impressum<br />
DAS MAGAZIN FÜR MARKETING UND KOMMUNIKATION<br />
51. Jahrgang, erscheint 8× pro Jahr<br />
ISSN 1023-8913<br />
Herausgeber<br />
Galledia Fachmedien AG<br />
Baslerstrasse 60 · 8048 Zürich<br />
T +41 58 344 98 98<br />
Redaktion<br />
Baslerstrasse 60 · 8048 Zürich<br />
T +41 58 344 98 82<br />
redaktion@m-k.ch · www.werbewoche.ch<br />
Anna Kohler (Co-Chefredaktorin)<br />
anna.kohler@galledia.ch<br />
Johannes Hapig (Co-Chefredaktor)<br />
johannes.hapig@galledia.ch<br />
Sarah Willi (Leitung Onlineredaktion)<br />
sarah.willi@galledia.ch<br />
Julia Gundelach (Onlineredaktorin)<br />
julia.gundelach@galledia.ch<br />
Beat Hürlimann (Onlineredaktor)<br />
beat.huerlimann@galledia.ch<br />
Freie Mitarbeiter:innen dieser Ausgabe<br />
Julia Gundelach, Julia Wentzlaff,<br />
Irmela Schwab, Mark Baer, Beat Hürlimann<br />
Verlagsmanager<br />
Stefan Zimmermann<br />
T +41 58 344 96 22<br />
stefan.zimmermann@galledia.ch<br />
Abonnentenservice<br />
Galledia Fachmedien AG<br />
Burgauerstrasse 50 · 9230 Flawil<br />
T +41 58 344 95 66 · F +41 58 344 97 83<br />
www.werbewoche.ch/p/abonnieren<br />
abo.mk@galledia.ch · www.galledia.ch<br />
Abo Jahresabonnement CHF <strong>11</strong>6.–<br />
Einzelnummer CHF 14.50 (Preise inkl. MWST)<br />
Satz / Druck Galledia Print AG<br />
Mediaberatung<br />
Tanja Ruckstuhl · T +41 58 344 98 66<br />
tanja.ruckstuhl@galledia.ch<br />
Urs Dick · T +41 58 344 98 09<br />
urs.dick@galledia.ch<br />
Mediadaten<br />
www.werbewoche.ch/p/inserieren<br />
Druckauflage 15 500 Ex.<br />
Offizielles Publikationsorgan<br />
Swiss Marketing (SM)<br />
Schweizer Dialogmarketing Verband (SDV)<br />
Swiss Distribution<br />
Schweizer Werbe-Auftraggeberverband<br />
SWA-ASA<br />
Promoswiss<br />
Swissfilm<br />
Case Studies, Publireportagen<br />
sind kommerzielle Seiten, für deren Inhalt<br />
der Werbeauftraggeber verantwortlich ist.<br />
© Alle Rechte vorbehalten.<br />
Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit<br />
ausdrücklicher Genehmigung des Verlages.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
158<br />
MEETING POINTS<br />
Konzert Seminar Bankett Simultan -<br />
anlage<br />
Mikrofon<br />
Projektion Klimaanlage<br />
• Installiert<br />
• auf Anfrage<br />
– nicht vorhanden<br />
Luzern<br />
St.Gallen<br />
Sonne Seehotel<br />
Seestrasse 23, 6205 Eich LU<br />
anlassorganisation@sonneseehotel.ch<br />
www.sonneseehotel.ch<br />
T +41 41 202 01 01<br />
Sonnenschein 1–3 50–150 m² 150 <strong>11</strong>2 60 • • • •<br />
Sonnenlicht 1–3 50–150 m² 150 <strong>11</strong>2 60 • • • •<br />
Auftanken am Sempachersee<br />
Das Sonne Seehotel bietet alles, was für ein erfolgreiches Seminar notwendig ist. Moderne<br />
Seminar räume mit Top-Infrastruktur, ein stilvolles Restaurant, eine traumhaft gelegene Terrasse<br />
samt Lounge, eine ausgezeichnete und abwechslungsreiche Küche, persönliche Betreuung,<br />
42 behaglich eingerichtete Zimmer sowie ein Naturparadies und ein idyllisches Seebad am<br />
Sonnenufer des Sempachersees.<br />
EIN LEBENDIGER ORT DER BALANCE FAMILIE.<br />
Einstein St.Gallen ****S<br />
Berneggstrasse 2, 9000 St.Gallen<br />
Geschäftsleitung: Michael Vogt<br />
congress@einstein.ch, www.einstein.ch<br />
T +41 71 227 55 55, F 071 227 55 77<br />
Einstein Saal (Galerie/Foyer) 342 m² 300 160 240–400 • • • •<br />
Fröhlichsegg 59.5 m² 35 18 24 • • • •<br />
Liebegg 56 m² 35 18 24 • • • •<br />
Spisegg* 76 m² 60 32 32 • • • •<br />
Friedegg* 80 m² 60 32 32 • • • •<br />
Buchegg* 68 m² 50 26 32 • • • •<br />
Ringelberg 56 m² 35 18 24 • • • •<br />
Rosenberg** 80 m² 60 32 32 • • • •<br />
Wienerberg** 80 m² 60 32 32 • • • •<br />
Singenberg (Boardroom) 64 m² – – 14 • • • •<br />
4× Gruppenräume à 28 m² – – <strong>12</strong> • • • •<br />
* kombinierbar, ** kombinierbar<br />
Das Einstein – St.Gallen im Herzen<br />
Zentrale Lage in Gehdistanz zu Hauptbahnhof und Innenstadt. 250 Parkplätze. <strong>11</strong>3 Zimmer,<br />
2 Restaurants, 1 Bar mit Davidoff Cigar Lounge, 3000 m² Fitnesspark mit Spa.<br />
St.Gallen<br />
Würth Haus Rorschach<br />
Churerstrasse 10, 9400 Rorschach<br />
www.wuerth-haus-rorschach.ch<br />
events@wuerth-management.com<br />
T +41 71 225 10 40<br />
Erdgeschoss<br />
Carmen Würth Saal 630 200 300 • • • •<br />
1 – Meersburg 40 30 – – • • •<br />
2 – Fischbach 30 20 – – • • •<br />
3 – Friedrichshafen 40 30 – • • • •<br />
4 – Lindau 40 30 – • • • •<br />
5 – Lochau 30 20 – – • • •<br />
6 – Wasserburg 40 30 – – • • •<br />
2er-Raumkombi 70 50 – • • • •<br />
3er-Raumkombi 150 100 – • • • •<br />
1. Obergeschoss<br />
4 weitere Seminarräume – 8 – – – • •<br />
6 weitere Seminarräume 30 18 – – – • •<br />
Restaurant Weitblick – – 200 – • • •<br />
Einmalige Erlebniswelt in der Ostschweiz<br />
Bestehend aus dem Carmen Würth Saal und 16 weiteren Seminarräumen, bietet die Lokalität<br />
Platz für Veranstaltungen jeglicher Art – egal ob Kleinmeeting oder Grosskonferenz, Mitarbeiterfest<br />
oder Kundenanlass, Produktpräsentation oder Galaveranstaltung. Nebst den Tagungsräumen<br />
sind auch die öffentlichen Flächen sowie das Restaurant Weitblick für Events buchbar. Das Würth<br />
Haus Rorschach versteht sich als einmalige Erlebniswelt in der Ostschweiz, worin Begegnung,<br />
Kunst, Genuss und Dienstleistung auf allerhöchstem Niveau vereint sind. Das Zusammenspiel<br />
aus der Kunst vom Forum Würth Rorschach, der Bodensee-Lage und der modernen, aber<br />
dennoch zeitlosen Architektur sind Alleinstellungsmerkmale, mit denen das Haus<br />
als einzigartiger Ort am Bodensee auffällt.<br />
Hotel Oberwaid<br />
Rorschacher Strasse 3<strong>11</strong>, 9016 St. Gallen<br />
Kontaktperson: Enrico Dittler<br />
seminare@oberwaid.ch<br />
www.oberwaid.ch<br />
T +41 (0)71 282 0466<br />
Raum Baldegg 65 45 16 – • • •<br />
Raum Guggeien 27 18 20 – • • •<br />
Raum Baldegg & Guggeien <strong>12</strong>2 72 30 – • • •<br />
Raum Dr. Theodor Hahn – – 8 – • • •<br />
Sitzungszimmer 18 – <strong>12</strong> – • • •<br />
Raum Bodensee 30 20 16 – • • •<br />
Olma Messen St.Gallen<br />
Splügenstrasse <strong>12</strong><br />
9008 St.Gallen<br />
info@congressevents.ch<br />
T +41 71 242 01 66<br />
Halle 1 (hälftig teilbar) 9000 m² 7560 – 4800 • • • •<br />
Foyer (hälftig teilbar) 4500 m² – – 1000 • • • •<br />
Die neue Halle 1 – Mehr Raum für besondere Momente in St.Gallen<br />
Modern, wirkungsvoll, vielseitig, stützenfrei, zentral und ab Frühling 2024 nutzbar – die neue<br />
Halle 1 bietet mehr Raum z.B. für Firmenfeiern, Generalversammlungen oder Konzerte. Mit der<br />
professionellen Unterstützung vom Team von Congress Events sind besondere Momente garantiert.<br />
m&k <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/<strong>2023</strong>
MEETING POINTS<br />
Konzert Seminar Bankett Simultan -<br />
anlage<br />
Mikrofon<br />
Projektion Klimaanlage<br />
• Installiert<br />
• auf Anfrage<br />
– nicht vorhanden<br />
Schwyz<br />
Zürich<br />
SEEDAMM PLAZA<br />
Seminar-, Kongress- und Eventhotel<br />
Seedammstrasse 3, 8808 Pfäffikon SZ<br />
Direktor: Heinz Brassel<br />
info@seedamm-plaza.ch<br />
www.seedamm-plaza.ch<br />
T +41 55 417 17 17, F +41 55 417 17 18<br />
Plaza Event Hall 500 – 500 • • • •<br />
Konferenzraum, gross 550 230 300 • • • •<br />
6 Seminarräume, gross 80–150 46–80 • • • •<br />
8 Seminarräume, mittel 60 32 • • • •<br />
14 Meetingräume – 21–32 • • • •<br />
7 Banketträume 10–200 Personen<br />
Jeder Anlass ist bei uns in den besten Händen<br />
Das 4 Sterne Hotel SEEDAMM PLAZA empfängt Sie ganz oben am Zürichsee. Mit seinen 142 Zimmern<br />
und 40 hellen Seminar- und Kongressräumen sowie grosszügigen Banketträumen ist das Hotel<br />
ein beliebter Ort für Events aller Art. Für Online Meetings stellt das SEEDAMM PLAZA die<br />
Infrastruktur bereit und betreibt ein hauseigenes Streaming Studio.<br />
Swiss Science Center Technorama<br />
Technoramastrasse 1, 8404 Winterthur<br />
www.technorama.ch<br />
Seminare & Events: events@technorama.ch<br />
T 052 244 08 44<br />
Gastronomie: technorama@zfv.ch<br />
Auditorium 180 – – – • • •<br />
Seminarraum 1, 2, 3 50 14–24 – – • • •<br />
Seminarraum 1&2 60 48 – – • • •<br />
Schweiz<br />
Hotel Ländli<br />
Im Ländli 16, 6315 Oberägeri<br />
Leitung Réception/Tagungen: Marco Quero<br />
seminare@laendli.ch<br />
www.hotel-laendli.ch<br />
T 041 754 91 <strong>11</strong><br />
Zug<br />
SBB AG<br />
SBB Charter<br />
charter@sbb.ch<br />
sbb.ch/charter<br />
T +41 51 222 <strong>11</strong> 22<br />
Salonwagen 30 • • •<br />
Exklusive Gruppenfahrten.<br />
Der Salonwagen «Salon Suisse» ist das Transportmittel für Ihre massgeschneiderte Gruppenreise.<br />
Ausgestattet mit modernster Technik und hochwertigen Materialien bietet er ein Erlebnis der<br />
besonderen Art. Ob für Meetings, Konferenzen, Feiern oder Tanzanlässe: Wir richten den<br />
Salonwagen nach Ihren Wünschen ein.<br />
6 Seminar- und 4 Gruppenräume 10–<strong>12</strong>0 8–70 <strong>12</strong>–60 – • • –<br />
«Mis Ländli»<br />
Das Hotel Ländli – ein Seminarhotel mit Qualität an fantastischer Lage, feiner Gastronomie,<br />
Wellness-Oase und persönlichem Service – alles was nötig ist, damit Ihr Seminar oder Meeting<br />
ein Erfolg wird und Ihnen lange in guter Erinnerung bleibt.<br />
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