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Camera Lens News Nr. 35 - Markus Zohner

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<strong>Camera</strong> <strong>Lens</strong> <strong>News</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>35</strong><br />

Carl Zeiss April 2010 Seite 10<br />

Augenweide. Selten habe ich so eine<br />

bestechende Qualität in Abbildung<br />

und Verarbeitung erlebt.<br />

Bei einer Wanderung verschieben<br />

sich die Dimensionen der Welt.<br />

Man erfährt, Schritt für Schritt, wie<br />

begrenzt man ist: Fünf Kilometer be-<br />

deuten eine Stunde, und eine Tages-<br />

distanz von dreißig Kilometern spürt<br />

man noch am nächsten Morgen in<br />

den Knochen. Nach Danzig sind es<br />

noch 75 Kilometer? Macht drei bis<br />

vier Tage. Natürlich, mit Technik –<br />

Auto oder Zug, ist man in einer Stunde<br />

dort. Beschränkt man sich jedoch nur<br />

auf sich selbst und auf seine eigene<br />

Kraft, erlebt man, wie groß die Welt<br />

wirklich ist. Man spürt Entfernungen,<br />

Regen, Hunger, Gewicht, Müdigkeit<br />

ganz real und intensiv. Die Technik<br />

gaukelt uns vor, wir könnten uns<br />

die Welt Untertan machen, oder ihre<br />

Widernisse einfach ausblenden.<br />

Die technischen Daten heutiger SLR-<br />

Kameras machen einen schwindelig.<br />

Eine Maschine dabeizuhaben, die<br />

schneller denken kann als ich und die<br />

in der Lage ist, fünf bis acht Bilder<br />

pro Sekunde zu schießen, ließ mir<br />

Angst und Bange werden angesichts<br />

des Rhythmus‘ meiner Schritte und<br />

der beständigen Langsamkeit meines<br />

Daseins. Eines meiner sehr persön-<br />

lichen Ziele dieser Reise war, die Ent-<br />

schleunigung des Gehens auch auf<br />

die kreative Arbeit, das Schreiben und<br />

das Fotografieren zu übertragen. Fünf<br />

Bilder pro Sekunde sind ein Irrsinn.<br />

Das stellt man fest, wenn man<br />

gar nicht hinterherkommt mit dem<br />

Schauen, Hören, Riechen in den<br />

Wäldern, auf den Feldern, in den<br />

Dörfern und Städten. Wenn einem<br />

der eisige Wind in Ungarn um die<br />

Ohren pfeift und einem die Sonne<br />

in Polen auf den Pelz brennt, wenn<br />

einen die Menschen in Tschechien<br />

grüßen oder einem die alte Frau auf<br />

dem Fahrrad zur Herberge voranfährt.<br />

Dann zieht man kein Maschinenge-<br />

wehr, das diese Eindrücke blitzschnell<br />

und en masse aus der Wirklichkeit<br />

abzieht und digital abspeichert.<br />

Man lebt anders, man lebt analog.<br />

Während einer solchen Reise ge-<br />

schieht viel mehr in einem selbst, als<br />

man beschreiben kann. Man lebt so

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