MÄA-03-24 online
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Münchner Ärztliche Anzeigen<br />
TITELTHEMA 5<br />
Links und Literatur<br />
Integrative Medizin —<br />
Zahlen und Fakten<br />
Gonarthrose:<br />
Michalsen A, Moebus S, Spahn G,<br />
Esch T, Langhorst J, Dobos GJ.:<br />
Leech therapy for symptomatic<br />
treatment of knee osteoarthritis:<br />
results and implications of a pilot<br />
study<br />
Homöopathie:<br />
Hyperthermie:<br />
Leitlinie Komplementärmedizin<br />
in der Onkologie:<br />
zu kommt die physikalische<br />
Therapie z.B. mit manueller Therapie,<br />
osteopathischen Techniken,<br />
Reflexzonentherapie. Wichtig dabei<br />
ist: Nicht für jede*n passt alles. Die<br />
Auswahl der Therapien hängt immer<br />
auch von der Expertise der Behandler*innen<br />
und der Wahl der Patient*-<br />
innen ab. Man muss dies immer<br />
individuell gemeinsam im Gespräch<br />
entscheiden. Bei den Patient*innen<br />
geht es darum, welche Ressourcen<br />
sie haben. Wir regen sie grundsätzlich<br />
zu einem gesunden Lebensstil<br />
an, um Selbstregulationsprozesse<br />
zu ermöglichen.<br />
Die integrative Medizin eignet sich<br />
grundsätzlich für Schmerzerkrankungen<br />
aller Art, auch etwa für Polyneuropathie,<br />
Post-Zoster-Neuralgie<br />
oder Migräne. Mit Schröpfen, Neuraltherapie<br />
und Blutegeln gibt es wunderbare<br />
Behandlungsmöglichkeiten.<br />
Zur Akupunktur im Rahmen einer<br />
Schmerztherapie bei Gonarthrose<br />
oder bei Lendenwirbelsäulenbeschwerden<br />
sowie zum Einsatz von<br />
Blutegeln gibt es auch gute Studien.<br />
Früher wusste man nicht, was z.B.<br />
ein Aderlass bewirkt, welche Kontraindikationen<br />
es gibt und hat damit<br />
daher Patient*innen oft eher<br />
geschadet. Heute weiß man genau,<br />
was man tut und kann dies auch<br />
naturwissenschaftlich herleiten. Es<br />
gibt immer mehr Versorgungsstudien<br />
zu bestimmten Erkrankungen. So<br />
kann man den Patient*-innen eine<br />
wissenschaftsbasierte integrative<br />
Medizin anbieten.<br />
Wann kommt die integrative Medizin<br />
noch in Frage?<br />
Bei fast jeder Erkrankung können wir<br />
Ressourcen aktivieren und naturheilkundliche<br />
Selbsthilfestrategien<br />
implementieren. Eine große Patientengruppe<br />
kommt aus der Onkologie.<br />
In dieser Fachdisziplin ist die<br />
Vernetzung zwischen der Schulmedizin<br />
und der Komplementärmedizin<br />
am weitesten fortgeschritten. Die<br />
Leitlinie „integrative Medizin in der<br />
Onkologie“ berücksichtigt etwa die<br />
Misteltherapie und verschiedene<br />
Phytotherapeutika, die bei der Cancer-Related-Fatigue-Symptomatik<br />
eingesetzt werden. Auch zu Nebenwirkungen<br />
wie Polyneuropathie oder<br />
Kachexie gibt es Linderungsmöglichkeiten.<br />
Wir sagen dabei aber immer<br />
explizit, dass die schulmedizinische<br />
Therapie an erster Stelle stehen<br />
muss und wir nur die Therapie<br />
ergänzen, optimieren und die<br />
Lebensqualität verbessern können.<br />
Derzeit haben wir viele Patient*innen<br />
mit Post-Covid-Syndrom, für das<br />
noch keine durchgreifende schulmedizinische<br />
Therapie in Sicht ist. In<br />
einer Beobachtungsstudie haben wir<br />
an unserer Klinik mehr als 300 dieser<br />
Patient*innen nach Entlassung für<br />
sechs Monate nachverfolgt. Dabei<br />
konnten wir eine signifikante Verbesserung<br />
der Symptome feststellen, die<br />
auch unter Alltagsbedingungen noch<br />
sechs Monate nach Entlassung<br />
anhielt. Leider hatten wir nicht das<br />
Budget, unser Patientenkollektiv mit<br />
einer Kontrollgruppe zu vergleichen.<br />
Wir können daher nicht ausschließen,<br />
dass sich die Symptome auch von<br />
alleine gebessert hätten. Bei den<br />
meisten unserer Patient*innen war<br />
die Corona-Infektion aber schon<br />
mehr als sechs Monate her.<br />
Sie bieten auch homöopathische<br />
Behandlungen an, die viele für<br />
unwissenschaftlich halten.<br />
Viele Studien sprechen dafür, dass<br />
der Effekt der Homöopathie über<br />
den reinen Placeboeffekt hinausgeht.<br />
In einem Positionspapier<br />
schreibt z.B. Prof. Dr. André-Michael<br />
Beer zusammen mit neun anderen<br />
Professor*innen, man müsse schon<br />
drei Viertel der Studien ausschließen,<br />
um diesen positiven Effekt zu<br />
negieren. Auch für die klassische<br />
Naturheilkunde nach Kneipp gibt es<br />
eine sehr gute Studienlage und Evidenz.<br />
Bei chronisch entzündlichen<br />
Erkrankungen setzen wir zudem gerne<br />
die Fiebertherapie oder Hyperthermie<br />
ein. Die Deutsche Gesellschaft<br />
für Hyperthermie hat bereits<br />
vor zwei Jahren Leitlinien veröffentlicht,<br />
die alle Studien zu verschiedenen<br />
Indikationen zusammenfasst<br />
und einheitliche Therapieschemata<br />
und -standards festlegt. Alle als Arzneimittel<br />
zugelassene Phytotherapeutika<br />
haben ohnehin den gleichen<br />
Weg durchlaufen wie konventionelle<br />
Medikamente.<br />
Gibt es für diese Behandlungen<br />
wirklich die gleiche Evidenz wie für<br />
die Schulmedizin?<br />
Die konventionelle Medizin ist längst<br />
nicht so evidenzbasiert wie man oft<br />
denkt: In der Onkologie verfügen z.B.<br />
nur ca. sechs Prozent der Therapien<br />
über die Evidenzklasse I. Zudem<br />
setzt sich der Begriff Evidence<br />
Based Medicine grundsätzlich aus<br />
drei Säulen zusammen: Gleichbedeutend<br />
wie die bestmögliche externe<br />
Evidenz nach Studienlage sind