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MÄA-03-24 online

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6<br />

TITELTHEMA<br />

Münchner Ärztliche Anzeigen<br />

Robert Schmidt ist Facharzt für<br />

Innere Medizin mit den Zusatzbezeichnungen<br />

Homöopathie und<br />

Naturheilverfahren. Er arbeitet als<br />

Chefarzt am Krankenhaus für Naturheilweisen.<br />

Foto: privat<br />

die Expertise der Behandler*innen<br />

und die Präferenz der Patient*innen.<br />

Es ist aber immer wichtig, dass die<br />

Komplementärmedizin in ärztlicher<br />

Hand ist. Es braucht die komplette<br />

schulmedizinische Ausbildung, um<br />

beides sinnvoll zu kombinieren und<br />

mögliche Wechselwirkungen einkalkulieren<br />

zu können. Es gibt Zahlen,<br />

dass bereits etwa 60 Prozent aller<br />

Hausärzt*innen Naturheilverfahren<br />

in unterschiedlichem Ausmaß<br />

anwenden.<br />

Welche Patient*innen kommen zu<br />

Ihnen in die Klinik?<br />

Wir haben fast ausschließlich chronisch<br />

kranke Patient*innen aus allen<br />

schulmedizinischen Fachgebieten,<br />

darunter Tumorpatient*innen, Patient*innen<br />

mit Sklerodermie, Morbus<br />

Crohn, Colitis Ulcerosa, Neurodermitis,<br />

Psoriasis. Funktionelle Erkrankungen<br />

sind dabei, etwa das Reizdarmsyndrom<br />

oder das Fibromyalgiesyndrom.<br />

Unterstützend behandeln<br />

wir auch neurologische<br />

Patient*innen z.B. mit Morbus Parkinson<br />

oder Multipler Sklerose. Wir<br />

sind eine internistische Fachklinik.<br />

Daher kommen zu uns viele Menschen<br />

mit Diabetes, metabolischem<br />

Syndrom, Bluthochdruck oder einer<br />

Kombination daraus. Meistens sind<br />

es etwas mehr Frauen als Männer,<br />

vielleicht weil Frauen dem Thema<br />

gegenüber häufig etwas aufgeschlossener<br />

sind. Es geht in unserem<br />

Krankenhaus explizit nicht um<br />

die Behandlung von Befindlichkeiten.<br />

Um bei uns aufgenommen zu werden,<br />

muss vor der Krankenkasse<br />

eine Indikation für einen stationären<br />

Aufenthalt bestehen: Die ambulanten<br />

Therapiemaßnahmen müssen<br />

ausgeschöpft sein, es braucht eine<br />

gesicherte Diagnose und einen<br />

hohen Leidensdruck. Daher haben<br />

wir fast nur Patient*innen mit einer<br />

langen Leidensgeschichte, die oft<br />

sehr verzweifelt sind und uns als<br />

letzte Chance sehen.<br />

Übernehmen die gesetzlichen und<br />

privaten Krankenkasse die Kosten?<br />

In der Regel ja. Basis der Abrechnung<br />

ist immer die DRG der Hauptdiagnose<br />

wie in jedem anderen Krankenhaus.<br />

Um zusätzlich eine naturheilkundliche<br />

Komplexbehandlung<br />

abrechnen zu können, müssen wir<br />

eine bestimmte Dichte verschiedener<br />

naturheilkundlicher Therapien<br />

vorhalten. Für die Krankenkasse<br />

muss nachweisbar sein, dass ein<br />

Krankenhausaufenthalt nötig war.<br />

Die Patient*innen müssen im Vorfeld<br />

schon einige ambulante Therapien<br />

ausprobiert haben. Wir machen vor<br />

jeder Aufnahme ein Screening, d.h.<br />

wir sichten die Unterlagen und sprechen<br />

ggf. mit den Patient*innen, ob<br />

die Voraussetzungen erfüllt sind.<br />

Eher selten haben wir auch Selbstzahler*innen<br />

oder Patient*innen aus<br />

dem Ausland, die sich den Aufenthalt<br />

gönnen.<br />

Wie erfahren Sie, dass es den<br />

Menschen nach der Behandlung<br />

besser geht?<br />

Chronische Patient*innen kommen<br />

häufig immer wieder zu uns und<br />

berichten uns dann davon, wie es zu<br />

Hause war. Sie lernen hier Vieles,<br />

was sie langfristig in Eigenregie<br />

umsetzen können. Dadurch können<br />

sie häufig das eine oder andere<br />

nebenwirkungsreiche Medikament<br />

wie Ibuprofen reduzieren oder ganz<br />

einsparen. Allein das Verlassen der<br />

passiven Rolle bringt Studien zufolge<br />

schon eine Verbesserung der Pro-<br />

gnose. Als Anhänger*innen der sprechenden<br />

Medizin und eines ganzheitlichen<br />

Ansatzes können wir uns<br />

natürlich auch mehr Zeit für die Patient*innen<br />

nehmen als dies meist in<br />

einem Akutkrankenhaus möglich ist.<br />

Die Patient*innen erhalten von uns<br />

für zu Hause einen Plan mit Phytotherapeutika,<br />

Homöopathie oder<br />

orthomolekularer Medizin, mikrobiologischer<br />

Darmbehandlung, Wickel,<br />

Auflagen, Einreibungen. Unsere physikalische<br />

Abteilung zeigt ihnen<br />

Übungen, auch zur Entspannung<br />

oder Atemübungen. Wir schulen zur<br />

Ernährung und überlegen, was wir<br />

dabei langfristig ändern können. Die<br />

Patient*innen sollen hier viel ausprobieren<br />

können, z.B. therapeutisches<br />

Fasten, Kartoffel- oder Hafertage.<br />

Gleichzeitig überlegen wir gemeinsam,<br />

welche drei oder vier Dinge sie<br />

mit in den Alltag nehmen können.<br />

Naturheilkunde ist praktisch nie vorbei,<br />

sondern bei chronischen Erkrankungen<br />

häufig lebensbegleitend.<br />

Was sollten zuweisende Kolleg*innen<br />

wissen? Wie schnell erhält<br />

man bei Ihnen einen Platz?<br />

Es geht bei uns nicht darum, die konventionelle<br />

Medizin zu ersetzen, sondern<br />

sie sinnvoll zu ergänzen. Das<br />

bedeutet nicht, dass jede*r alle auf<br />

dem Markt verfügbaren Therapieverfahren<br />

anwenden muss. Es muss<br />

nicht jeder Patient Globuli einnehmen,<br />

Akupunktur und Blutegel nutzen.<br />

Für eine Aufnahme bei uns<br />

braucht es meist etwa sechs<br />

Wochen Vorlauf, aber immer mal<br />

wieder sagt jemand ab, sodass es in<br />

dringlichen Fällen oft auch mit einer<br />

kurzfristigeren Aufnahme klappt. Wir<br />

haben derzeit 110 Betten auf sechs<br />

Stationen. Durch eine langjährige<br />

Kooperation mit dem Krankenhaus<br />

in Harlaching können wir konsiliarisch<br />

auf alle Untersuchungen oder<br />

Fachärzt*innen zurückgreifen. In<br />

unserem Haus bieten wir Endoskopie,<br />

alle Arten von Ultraschall, Labor<br />

und Röntgen. Als internistische<br />

Fachklinik sind wir außerdem an die<br />

Rettungsleitstelle angeschlossen<br />

und daher auch aufnahmebereit für<br />

nicht intensivpflichtige Akutpatient*innen.<br />

Das Gespräch führte Stephanie Hügler

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