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Ralph Kunz: Fasten (Leseprobe)

Gefastet wird seit jeher in allen Religionen und Kulturen. Was treibt Menschen dazu? Offensichtlich versprechen sie sich etwas davon, dem natürlichen Bedürfnis der Sättigung zu entsagen. Tatsächlich gibt es dafür gute Gründe. Fasten ist gesund und sozial. Was man sich vom Mund abspart, kann man anderen schenken. Als aszetische Praktik verstanden, hat das Fasten zudem religiöse Motive. Darum fasten auch Christen. Sie erhoffen sich eine intensive Glaubenserfahrung und verstehen die Unterbrechung der Essensroutine als eine Form von Buße und leibhaftigem Beten. Darum fragen heute auch Protestanten: Hilft das Fasten, geistlich in Form zu bleiben? Vielleicht geht nicht nur die Liebe, sondern auch der Glaube durch den Magen …  Es lohnt sich, darüber theologisch nachzudenken.

Gefastet wird seit jeher in allen Religionen und Kulturen. Was treibt Menschen dazu? Offensichtlich versprechen sie sich etwas davon, dem natürlichen Bedürfnis der Sättigung zu entsagen. Tatsächlich gibt es dafür gute Gründe. Fasten ist gesund und sozial. Was man sich vom Mund abspart, kann man anderen schenken. Als aszetische Praktik verstanden, hat das Fasten zudem religiöse Motive. Darum fasten auch Christen. Sie erhoffen sich eine intensive Glaubenserfahrung und verstehen die Unterbrechung der Essensroutine als eine Form von Buße und leibhaftigem Beten. Darum fragen heute auch Protestanten: Hilft das Fasten, geistlich in Form zu bleiben? Vielleicht geht nicht nur die Liebe, sondern auch der Glaube durch den Magen …  Es lohnt sich, darüber theologisch nachzudenken.

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4. <strong>Fasten</strong> als Ersatz für Erlösung<br />

4.2 Ersatz für Erlösung?<br />

Für eine theologisch reflektierte <strong>Fasten</strong>praxis stellt sich die<br />

Frage, wie die körperliche Übung mit der christlichen Idee<br />

der Erlösung des Leibs, die keine Erlösung aus dem Leib sein<br />

will, idealtypisch zusammengedacht werden kann. »Erlösung«,<br />

»Heil« und »ewiges Leben« sind zentrale Begriffe der Dogmatik,<br />

die – zumindest Evangelische – im ersten Anlauf nicht an<br />

Aszetik denken lassen. Und wer Aszese in den Mund nimmt,<br />

dem kommt dabei nicht Erfüllung in den Sinn. Die mit einem<br />

aszetischen Programm gegebenen theologischen, anthropologischen<br />

und ethischen Resonanzen verweisen eher auf<br />

einen Problemzusammenhang. Diesen zu sehen, ist für die<br />

Diskussion des <strong>Fasten</strong>s relevant. 52<br />

Man muss mit Günter Thomas und Markus Höfner wohl<br />

fragen, ob die Erlösungsreligion am Ende oder im Umbau begriffen<br />

ist, wenn schon eine kursorische Sichtung der protestantischen<br />

Theologie in westlichen Gesellschaften der<br />

Gegenwart erkennen lässt, …<br />

»[…] dass die Semantik der Erlösung für die religiöse Selbstbeschreibung<br />

der traditionellen Glaubensgemeinschaften immer weniger<br />

Prägekraft hat und zunehmend durch Semantiken der Lebensbegleitung<br />

und eines innerweltlichen Heil- und Ganzwerdens ersetzt<br />

wird.« 53<br />

heilbringende Wirkung voll entfalten. Der Mensch wird auf allen Ebenen<br />

wieder ›heil‹ und ›ganz‹.«<br />

52 Im Folgenden inspiriert von Günter Thomas/Markus Höfner, Ende oder<br />

Umbau einer Erlösungsreligion? Eine Problemexposition, in: dies. (Hrsg.),<br />

Ewiges Leben. Ende oder Umbau einer Erlösungsreligion? Tübingen 2017,<br />

1–18.<br />

53 A. a. O., 1.<br />

48

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