29.12.2012 Aufrufe

Kolumne - The No.1 Currywurst Truck of Los Angeles

Kolumne - The No.1 Currywurst Truck of Los Angeles

Kolumne - The No.1 Currywurst Truck of Los Angeles

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Kolumne</strong> „E-Mail aus L.A.“: Kirschtorte kalifornisch - E-Mai... http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.kolumne-e-mail-aus-l...<br />

<strong>Kolumne</strong> „E-Mail aus L.A.“<br />

Kirschtorte kalifornisch<br />

Susanne Janssen, 01.05.2012 11:30 Uhr<br />

Foto:<br />

<strong>Los</strong> <strong>Angeles</strong> - Wer wie ich als Deutscher nach Kalifornien zieht, der trifft auf eine so<br />

unglaubliche Vielfalt an Restaurants, dass er im ersten Jahr jeden Tag eine neue<br />

nationale Küche entdecken könnte – von armenisch bis zypriotisch und wieder zurück.<br />

Da auch noch nord-, zentral- oder südvietnamesisches Essen unterschiedlich schmeckt,<br />

gibt es für den Magen immer wieder Überraschungen. Hamburger, Sandwiches,<br />

Brownies, Donuts und fettige Pizzas sind ohnehin allgegenwärtig, und da ist es kein<br />

Wunder, dass der Körper irgendwann nach der guten, alten deutschen Kost lechzt.<br />

Nur: wo finde ich die, wenn ich nicht selber kochen will?<br />

Nun ist es nicht so, dass die deutsche Küche hier verschmäht wird, sie beschränkt sich<br />

aber meist auf Bier und Sauerkraut, Letzteres mit der Betonung auf „sauer“ – mit dem<br />

Essig sind die Amerikaner, die den Weißkohl traktieren, nämlich sehr großzügig. Eine<br />

„deutsche“ Bäckerei in Torrance backt Brezeln, die sich gummiartig in die Länge ziehen<br />

lassen und deren Ärmle an kleine Sumo-Ringer erinnern – keine Alternative zum<br />

süßen US-Brot! Und wer zu „Wetzel’s Pretzel“ geht, einer Kette aus Pasadena,<br />

bekommt ein Riesenteil, das entweder mit Käse überbacken nach Pizza schmeckt oder<br />

aber wie Hefekuchen – obendrein mit Zimtbutter!<br />

Trotzdem stimmt jeder, der erfährt, dass ich aus Deutschland bin, s<strong>of</strong>ort ein Loblied<br />

auf unsere kulinarischen Spezialitäten an: „Schwarzwälder Kirschtorte – das Beste, was<br />

1 von 2 16.08.12 19:41


<strong>Kolumne</strong> „E-Mail aus L.A.“: Kirschtorte kalifornisch - E-Mai... http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.kolumne-e-mail-aus-l...<br />

ich je gegessen habe“, schwärmt ein Bekannter, „ich bring dir mal eine vorbei“. Er kam<br />

mit der interessanten Variante aus einem amerikanischen Café: Kaffee-Schokoladen-<br />

Buttercreme, Kirschenfüllung, viel Schokoladenguss und ein Klecks Sahne! Die Torte<br />

lag schwerer im Magen als eine Kanonenkugel. . .<br />

Doch dank des <strong>Currywurst</strong>-<strong>Truck</strong>s habe ich jetzt H<strong>of</strong>fnung. Dessen Besitzer stammt<br />

nicht etwa aus Berlin, sondern aus Köln. Chris Topperwien will Exildeutsche versorgen<br />

und die Angelenos zur Wurst bekehren – ein Plan, der durchaus aufgehen könnte,<br />

denn deutsche Würste genießen hier fast so ein hohes Ansehen wie die Fußball-<br />

Nationalmannschaft.<br />

Die <strong>Currywurst</strong> – mit importiertem Weckle – kostet 6,50 Dollar, ein stolzer Preis. Das<br />

Weckle schmeckt wie früher auf der Kirmes: einfach nur nach Brot und sonst nach gar<br />

nichts – und enthält garantiert keine zugesetzten Omega-3-Fettsäuren oder Vitamine,<br />

mit denen sonst hier jede Frühstücksflocke angereichert ist.<br />

Noch steht Chris Topperwien, der seit Februar mit seinem <strong>Currywurst</strong>-<strong>Truck</strong> durch<br />

meine neue Heimatstadt fährt, ganz am Anfang. Wenn es nicht läuft, will er einfach<br />

was anderes probieren. An der Museumsmeile stehen die Leute aber schon Schlange,<br />

nachdem ein paar Restauranttester die saftigen Würste als „must eat“ gelobt haben.<br />

Doch in Korea-Town bleibt die Wurstküche fast kalt. Ketchup? Kaltes Brötchen?<br />

Wurst? Nichts für asiatisch-stämmige Anwohner. Chris, ändere die Route! Suche die<br />

Kunden, die das deutsche Essen schätzen – es geht um die Wurst!<br />

2 von 2 16.08.12 19:41


Frankfurter Rundschau - Der Wurst-Mann von L.A. http://www.fr-online.de/leute/currywurst-fuer-amerika-der-wu...<br />

CURRYWURST FÜR AMERIKA<br />

Der Wurst-Mann von L.A.<br />

Christian Töpperwien möchte die <strong>Currywurst</strong><br />

auch in L.A. populär machen.<br />

Foto: dpa<br />

Bratwurst als Burger<br />

Von Susanne Janssen<br />

Christian Töpperwien verkauft deutsche Imbisskost an der amerikanischen<br />

Leute - 1 | 6 | 2012<br />

Westküste und erfüllt sich damit einen Traum. Die Amerikaner freunden sich nur<br />

langsam mit <strong>Currywurst</strong> und Sauerkrautplatte an.<br />

Es ist 10 Uhr morgens und im Businesspark von Santa Monica brennt die Sonne schon<br />

vom Himmel. Zwischen den vielen Autos sticht ein rot-weiß-gelber Kleinlaster s<strong>of</strong>ort ins<br />

Auge: „L.A.’s No. 1 <strong>Currywurst</strong>-<strong>Truck</strong>“, bemalt mit einer stilisierten Riesenwurst auf einer<br />

Gabel. Christian Töpperwien stellt sein Werbeschild und die Stehtische raus, er bereitet<br />

den Arbeitstag vor. Es ist ein weiterer Tag im Leben des 38-Jährigen, an dem er seinen<br />

großen Plan ein Stück weiter voranbringen will: Christian Töpperwien will die Angelenos<br />

davon überzeugen, dass die deutsche <strong>Currywurst</strong> besser ist als jeder Hamburger – und<br />

noch dazu 6,50 Dollar wert, während die großen Ketten die Fleischbrötchen schon für<br />

einen Dollar anbieten.<br />

Der schlanke Mann, der mit seinem Zorro-Oberlippenbart, den Silberketten, Ringen und Armbändern ein wenig wie eine<br />

Abenteuer-Figur aus dem Film „Piraten der Karibik“ aussieht, stellt sich den Passanten als Chris vor. Und er kommt gleich zur Sache:<br />

„Schon mal eine <strong>Currywurst</strong> probiert?“, fragt er lockend jene Amerikaner, die sich neugierig, aber auch etwas verhalten dem großen<br />

<strong>Truck</strong> nähern.<br />

Die üblichen Tacos finden die Fastfood-verwöhnten Kunden auf der Speisekarte nicht, dafür aber Bratwurst-Burger oder eine<br />

„Munich“-Platte – mit Sauerkraut, Pommes und echtem deutschen Brötchen. Ein Mann lässt sich zu einer <strong>Currywurst</strong> überreden und<br />

ist sichtlich begeistert, andere gehen lieber zum bekannten mexikanischen <strong>Truck</strong> gegenüber.<br />

Chris Töpperwien weiht Paul und drei weitere Angestellte in die Kunst ein, die Würste richtig zu braten und mit Curry zu bestäuben:<br />

„Die ersten drei habe ich gerade entlassen – einer blickte es nicht, und die anderen entwickelten keine Eigeninitiative.“ Hier klingt<br />

Töpperwien wie der hart kalkulierende Betriebswirt, der er eigentlich ist – der Kontrast zu seinem extravaganten Äußeren könnte<br />

nicht größer sein. „Ich mag es nicht, wenn Leute schmarotzen, ich bin hundertprozentig für das Leistungsprinzip“, erklärt er. Das<br />

schätze er sehr an den USA – hier müsse man viel arbeiten, aber dann könne man es auch schaffen und seinen Traum erfüllen – in<br />

Töpperwiens Fall, den Traum vom Curry-Wurst-<strong>Truck</strong>.<br />

Die Idee dazu kam ihm an Silvester 2008. Schon zwei Jahre zuvor verbrachte Töpperwien drei Wochen in <strong>Los</strong> <strong>Angeles</strong>, „Ich habe<br />

mich in die Stadt verliebt“, sagt er – ein ungewöhnliches Bekenntnis, gilt die kalifornische Metropole doch ehr als Ansammlung von<br />

Vororten, der jeder Charme abgeht. Doch Chris Töpperwien sieht das anders. Er wollte an die Westküste und seinen amerikanischen<br />

Traum verwirklichen. Zunächst entwarf er eine Schmuckkollektion, deren Vertrieb aber schwierig war, und so kam er auf einen<br />

Kindheitstraum zurück. „Mein Onkel und meine Tante hatten Imbissbuden, und da habe ich in den Ferien gearbeitet. Ich habe immer<br />

gesagt, dass ich später auch einmal Würste verkaufe, aber in Amerika.“<br />

Gute und schlechte Tage<br />

2011 setzte Töpperwien seine Idee schließlich um, nachdem die „Food <strong>Truck</strong>s“ in <strong>Los</strong> <strong>Angeles</strong> seit einigen Jahren einen regelrechten<br />

Boom erleben – 6000 sind im Großraum von <strong>Los</strong> <strong>Angeles</strong> registriert. Fast ein Jahr lang beobachtete er den Markt und suchte seine<br />

Zutaten zusammen. „Die Schälchen und die Holzpicker kommen aus Deutschland, das gehört zur Marke“, erzählt er und wirkt dabei<br />

wie ein kleiner Junge. Das Sauerkraut liefert die deutschstämmige Firma Krügermann, die seit 1836 in <strong>Los</strong> <strong>Angeles</strong> produziert, die<br />

Würste stellt ein 74 Jahre alter Metzger her, der auch die deutschstämmigen Magier Siegfried und Roy mit Wurstwaren versorgt:<br />

1 von 2 16.08.12 19:38


Frankfurter Rundschau - Der Wurst-Mann von L.A. http://www.fr-online.de/leute/currywurst-fuer-amerika-der-wu...<br />

„Der kennt Elke Sommer, Engelbert und viele andere Stars persönlich.“ Am 25. Februar fuhr sein <strong>Currywurst</strong>-<strong>Truck</strong> die erste Tour, in<br />

den lokalen Magazinen bekamen seine Würste s<strong>of</strong>ort begeisterte Kritiken – die deutsche Küche steht gerade hoch im Kurs, es gibt<br />

zwei <strong>Currywurst</strong>-Restaurants in <strong>Los</strong> <strong>Angeles</strong>, die ebenfalls die Tradition der Berlinerin Herta Heuwer hochhalten.<br />

Nach einigen Monaten hat ihn jedoch der Alltag eingeholt. „Es gibt gute Tage. Und schlechte“, sagt er. Und es gebe viel zu lernen.<br />

„Am Anfang hatte ich Almdudler und Bionade im Angebot, aber die Flaschen barsten bei den hohen Temperaturen.“ Um seine<br />

Kosten zu decken, müssen täglich mindesten 50 Kunden bei ihm eine <strong>Currywurst</strong> kaufen. Am letzten Feiertag, dem „Memorial Day“<br />

war er nach über 150 Kunden ausverkauft, am Tag zuvor blieb er auf seinen Würsten sitzen „Dann bekomme ich Heimweh und<br />

denke, ich gehe wieder zurück nach Köln“, sagt Töpperwien, und es klingt ein wenig melancholisch, fast schon frustriert.<br />

Bisher hielt sich das Gefühl aber nur kurz: „Dann sehe ich die Palmen und die Sonne und will nicht zurück.“ Töpperwien liebt den<br />

Lifestyle in Kalifornien, die freundlichen Menschen und die Möglichkeit, Ideen umzusetzen – „hier stört es keinen, wie du herumläufst.<br />

In Deutschland wirst du als asozial abgestempelt“. Der 38-Jährige will auch nicht als „Berufsjugendlicher“ missverstanden werden:<br />

„Ich hatte jede Menge Anzugjobs, als Vertreter oder Marketingleiter.“ Er kann konform sein, wenn es sein muss.<br />

Pendeln nach Köln<br />

Weil aber Töpperwien nicht nur das kalifornische Lebensgefühl mag, sondern auch seine Heimat Köln und dort noch eine kleine<br />

Werbeagentur betreibt, pendelt er regelmäßig zwischen L.A. und dem Rheinland.<br />

Ende Juni fliegt er wieder für ein paar Wochen nach Deutschland. Seine Mutter, andere Verwandte und seine Freundin leben dort,<br />

und ganz will er sich nicht lösen, auch wenn er längst sein Haus verkauft hat. In der Zeit seiner Abwesenheit sollen die angelernten<br />

Angestellten in den USA ihren Landsleuten die <strong>Currywurst</strong> schmackhaft machen.<br />

Zur Person<br />

Christian Töpperwien wurde im Februar 1973 in Köln geboren und ist dort auch aufgewachsen. Nach der Schule machte er eine Ausbildung zum<br />

Kaufmann für Bürokommunikation und studierte Betriebswirtschaft. Doch seine Leidenschaft gilt Film und Design, als Autodidakt eignete er sich das<br />

nötige Wissen an.<br />

2003 gründete er in Köln die Werbeagentur „esells Media Design“. 2006 besuchte er zum ersten Mal <strong>Los</strong> <strong>Angeles</strong>, seitdem ließ ihn die Stadt nicht mehr<br />

los. Seit Februar betreibt er hier seinen <strong>Currywurst</strong>-<strong>Truck</strong> und versucht, die Amerikaner von der deutschen Spezialität zu überzeugen.<br />

Artikel URL: http://www.fr-online.de/leute/currywurst-fuer-amerika-der-wurst-mann-von-l-a-,9548600,16366196.html<br />

Copyright © 2010 Frankfurter Rundschau<br />

2 von 2 16.08.12 19:38

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!