des Westfälischen Zentrums für Forensische ... - FOGS GmbH
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<strong>FOGS</strong><br />
Gesellschaft <strong>für</strong><br />
Forschung und Beratung<br />
im Gesundheits- und<br />
Sozialbereich<br />
Prälat-Otto-Müller-Platz 2<br />
50670 Köln<br />
Tel.: 0221-973101-0<br />
Fax: 0221-973101-11<br />
e-Mail: Kontakt@fogs-gmbH.de<br />
www.fogs-gmbh.de<br />
Abschlussbericht<br />
Evaluierung <strong>des</strong> Projekts<br />
„Ambulante Nachsorge“ <strong>des</strong><br />
<strong>Westfälischen</strong> <strong>Zentrums</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>Forensische</strong> Psychiatrie Lippstadt<br />
(WZFP)<br />
im Auftrag <strong>des</strong><br />
Landschaftsverbands Westfalen-Lippe<br />
Abteilung Gesundheit<br />
Bearbeiter:<br />
Dipl. Psychologin Danielle Reuber<br />
Dipl. Betriebswirt/Dipl. Politologe Hans Oliva<br />
Dr. Heinz Jaschke<br />
Köln, im September 2003
INHALTSVERZEICHNIS<br />
INHALTSVERZEICHNIS<br />
1 DAS MODELLPROJEKT „AMBULANTE NACHSORGE“ 5<br />
1.1 Projektziele und -steuerung 5<br />
1.2 Praxis der Rehabilitation und Nachsorge im WZFP 6<br />
2 AUSGANGSSITUATION DER EXTERNEN EVALUATION 9<br />
3 VORGEHENSWEISE DER EXTERNEN EVALUATION 12<br />
3.1 Fragestellungen 12<br />
3.2 Methodisches Vorgehen 13<br />
4 ERGEBNISSE DER EXTERNEN EVALUATION 15<br />
4.1 Patienten 16<br />
4.1.1 Soziodemographische Merkmale 18<br />
4.1.2 Diagnostische Merkmale 21<br />
4.1.3 Rechtliche Situation und Merkmale der Unterbringung 22<br />
4.2 Verlauf der Rehabilitation und Nachsorge 26<br />
4.2.1 Beurlaubte Patienten 27<br />
4.2.2 Entlassene Patienten 36<br />
4.3 Analyse patientenbezogener Tätigkeiten 46<br />
4.3.1 Ergebnisse der Tätigkeitsdokumentation <strong>für</strong> beurlaubte Patienten 49<br />
4.3.2 Ergebnisse der Tätigkeitsdokumentation <strong>für</strong> entlassene Patienten 52<br />
4.4 Kooperation <strong>des</strong> WZFP mit externen Stellen 54<br />
4.4.1 Kooperation mit nachsorgenden Diensten und Einrichtungen 55<br />
4.4.1.1 Kooperierende Träger und Einrichtungen 56<br />
4.4.1.2 Überleitung von Patienten in Nachsorgeeinrichtungen 59<br />
4.4.2 Kooperation mit Führungsaufsichts- und Bewährungshilfestellen 68<br />
4.5 Fallbezogene Kooperation 76<br />
4.5.1 Gesamthilfeplanung nach Entlassung 76<br />
4.5.2 Begriffliche und inhaltliche Abgrenzung der Runden Tische 77<br />
4.5.3 Ergebnisse der Analyse der Protokolle Runder Tische 78<br />
4.5.4 Runde Tische aus Sicht der Nachsorgeeinrichtungen 82<br />
4.5.5 Zuständigkeitsregelung und Fallverantwortlichkeit 82<br />
4.6 Flankierende Maßnahmen 84<br />
4.6.1 Supervision 85<br />
4.6.2 Informations- und Fortbildungsveranstaltungen 89<br />
4.6.2.1 Bestandsaufnahme 89<br />
4.6.2.2 Bewertung durch Nachsorgeeinrichtungen und FA/BWH 93<br />
4.6.2.3 Befragung von TeilnehmerInnen an Fortbildungsveranstaltungen 93<br />
5 ZUSAMMENFASSUNG UND SCHLUSSFOLGERUNGEN 102<br />
LITERATUR 110<br />
I
VERZEICHNIS VERZEICHNIS DER DER TABELLEN TABELLEN UND UND ABBILDUNGEN<br />
ABBILDUNGEN<br />
ABBILDUNGEN<br />
Tab. 1: Übersicht über geplante und durchgeführte Projektmaßnahmen 10<br />
Tab. 2: Status der Patienten bei Projektbeginn und Projektende 17<br />
Tab. 3: Abgänge aus dem WZFP im Projektzeitraum 17<br />
Tab. 4: Lebens- und Wohnverhältnisse vor dem Unterbringungsdelikt 19<br />
Tab. 5: Schulbildung bei Aufnahme 20<br />
Tab. 6: Erwerbstätigkeit vor dem Unterbringungsdelikt 20<br />
Tab. 7: Psychiatrische Hauptdiagnosen nach ICD-10 21<br />
Tab. 8: Persönlichkeitsstörungen nach ICD-10 22<br />
Tab. 9: Vordelikte nach Deliktgruppen 23<br />
Tab. 10: Unterbringungsdelikte nach Deliktgruppen 24<br />
Tab. 11: Suchtmittelkonsum zum Tatzeitpunkt nach Substanzen 24<br />
Tab. 12: Rechtsgrundlage der aktuellen Unterbringung 25<br />
Tab. 13: Widerrufsgründe nach primärer oder bedingter Aussetzung 26<br />
Tab. 14: Unterbringungsdauer bis zur letzten Beurlaubung 28<br />
Tab. 15: Lebens- und Wohnverhältnisse zu Beginn der Beurlaubung 29<br />
Tab. 16: Lebens- und Wohnverhältnisse zu Beginn der Beurlaubung nach<br />
Diagnosen 29<br />
Tab. 17: Orte der Beurlaubung und Herkunft im Vergleich 30<br />
Tab. 18: Darstellung der Urlaubsunterbrechungen 31<br />
Tab. 19: Darstellung der Urlaubsabbrüche 32<br />
Tab. 20: Medikamentöse Weiterbehandlung während der Beurlaubung nach<br />
Diagnosen 33<br />
Tab. 21: Psychotherapeutische Nachsorge <strong>für</strong> beurlaubte Patienten 34<br />
Tab. 22: Familienstand bei Aufnahme und letzter bekannter Familienstand<br />
nach Beginn der Beurlaubung 35<br />
Tab. 23: Erwerbstätigkeit bei Aufnahme und nach Beginn der Beurlaubung 36<br />
Tab. 24: Unterbringungsdauer bis zur letzten Beurlaubung vor der Entlassung 37<br />
Tab. 25: Unterbringungsdauer bis zur Entlassung 39<br />
Tab. 26: Lebens- und Wohnverhältnisse zu Beginn der Beurlaubung und zur<br />
Entlassung 40<br />
Tab. 27: Lebens- und Wohnverhältnisse zur Entlassung nach Diagnosen 41<br />
Tab. 28: Orte der Entlassung und Herkunft im Vergleich 41<br />
Tab. 29: Inhalte der Weisungen 42<br />
Tab. 30: Medikamentöse Weiterbehandlung nach der Entlassung nach<br />
Diagnosen 43<br />
Tab. 31: Psychotherapeutische Nachsorge <strong>für</strong> entlassene Patienten 43<br />
Tab. 32: Familienstand bei Aufnahme und bei Entlassung 45<br />
Tab. 33: Erwerbstätigkeit bei Aufnahme und nach Entlassung 45<br />
Tab. 34: Umfang und Dauer der Tätigkeitsdokumentation je Nachsorgemitarbeiter<br />
48<br />
Tab. 35: Übersicht über Tätigkeiten <strong>für</strong> beurlaubte Patienten 50<br />
II
Tab. 36: Kreis der erbrachten Tätigkeiten <strong>für</strong> beurlaubte Patienten 51<br />
Tab. 37: Übersicht über Tätigkeiten <strong>für</strong> Patient A 51<br />
Tab. 38: Übersicht über Tätigkeiten <strong>für</strong> Patient B 52<br />
Tab. 39: Übersicht über Tätigkeiten <strong>für</strong> entlassene Patienten 53<br />
Tab. 40: Kreis der erbrachten Tätigkeiten <strong>für</strong> entlassene Patienten 54<br />
Tab. 41: Übersicht über Tätigkeiten <strong>für</strong> Patient C 54<br />
Tab. 42: Übersicht über Tätigkeiten <strong>für</strong> Patient D 55<br />
Tab. 43: Typen kooperierender Einrichtungen und Dienste 57<br />
Tab. 44: Anzahl bisher betreuter Patienten aus dem WZFP 58<br />
Tab. 45: Fallbeispiel <strong>des</strong> Überleitungsprozesses <strong>für</strong> Patient A 62<br />
Tab. 46: Fallbeispiele der Überleitungsprozesse <strong>für</strong> Patienten B, C, D und E 63<br />
Tab. 47: Bewertung einzelner Aspekte <strong>des</strong> Überleitungsprozesses im Projektzeitraum<br />
durch die Nachsorgeeinrichtungen 64<br />
Tab. 48: Vier Fallbeispiele <strong>für</strong> den zeitlichen Ablauf der Kontaktaufnahme zu<br />
FA und BWH 70<br />
Tab. 49: Aktuelle Einschätzung von BWH und FA zu Forderung 1 71<br />
Tab. 50: Aktuelle Einschätzung von BWH und FA zu Forderung 2 72<br />
Tab. 51: Aktuelle Einschätzung von BWH und FA zu Forderung 3 72<br />
Tab. 52: Aktuelle Einschätzung von BWH und FA zu Forderung 4 73<br />
Tab. 53: Aktuelle Einschätzung von BWH und FA zu Forderung 5 73<br />
Tab. 54: Aktuelle Einschätzung von BWH und FA zu Forderung 6 74<br />
Tab. 55: Erfahrungen von BWH und FA mit § 1 Abs. 3 MRVG-NW 74<br />
Tab. 56: TeilnehmerInnen der Runden Tische 79<br />
Tab. 57: Bewertung der Zuständigkeitsregelung <strong>für</strong> die Patienten durch FA<br />
und BWH 83<br />
Tab. 58: Bewertung der Zuständigkeitsregelung <strong>für</strong> die Patienten durch die<br />
Nachsorgeeinrichtungen 83<br />
Tab. 59: Informations- und Fortbildungsveranstaltungen nach Veranstaltungsart<br />
90<br />
Tab. 60: Evaluierte Fortbildungsveranstaltungen 95<br />
Tab. 61: Erfahrung der TeilnehmerInnen in der Arbeit mit forensischen<br />
PatientInnen 96<br />
Tab. 62: Bewertung einzelner Veranstaltungsinhalte im Hinblick auf die<br />
eigene Tätigkeit 96<br />
Tab. 63: Bewertung der Veranstaltungsinhalte insgesamt 98<br />
Tab. 64: Bewertung der Reihe „Frauen und Forensik“ I 99<br />
Tab. 65: Bewertung der Reihe „Frauen und Forensik“ II 99<br />
Tab. 66: Bewertung der Reihe „Frauen und Forensik“ III 100<br />
Tab. 67: Bewertung der Reihe „Frauen und Forensik“ IV 100<br />
Abb. 1: Zeitlicher Verlauf der externen Evaluation 15<br />
Abb. 2: Deskription der Gesamtstichprobe zum Stichtag 31.12.2002 16<br />
Abb. 3: Darstellung <strong>des</strong> typischen Überleitungsprozesses aus dem WZFP in<br />
eine Nachsorgeeinrichtung 60<br />
III
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS<br />
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS<br />
BWH Bewährungshilfe/BewährungshelferIn<br />
FA Führungsaufsicht(sstelle)<br />
<strong>FOGS</strong> Gesellschaft <strong>für</strong> Forschung und Beratung im Gesundheits- und Sozialbereich<br />
mbH<br />
JGG Jugendgerichtsgesetz<br />
MRV Maßregelvollzug<br />
MRVG-NW Maßregelvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen<br />
StA Staatsanwaltschaft<br />
StGB Strafgesetzbuch<br />
StPO Strafprozessordnung<br />
StVK Strafvollstreckungskammer<br />
WZFP Westfälisches Zentrum <strong>für</strong> <strong>Forensische</strong> Psychiatrie<br />
IV
1 DAS DAS MODELLPROJEKT „A „AMBULANTE „A „A MBULANTE NACHSORGE“<br />
NACHSORGE“<br />
Das Westfälische Zentrum <strong>für</strong> <strong>Forensische</strong> Psychiatrie (WZFP) in Lippstadt-Eickelborn<br />
hat in der Zeit von Dezember 1999 bis Dezember 2002 das Modellprojekt „Ambulante<br />
Nachsorge“ durchgeführt. Mit diesem vom Ministerium <strong>für</strong> Frauen, Jugend, Familie<br />
und Gesundheit (MFJFG) <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> Nordrhein-Westfalen geförderten Modellprojekt<br />
sollten bedarfsgerechte Nachsorgestrukturen und -maßnahmen <strong>für</strong> ehemals gem. § 63<br />
Strafgesetzbuch (StGB) untergebrachte PatientInnen geschaffen und eine Reihe von<br />
Versorgungsdefiziten reduziert werden. Zu den bestehenden Defiziten zählen u.a. die<br />
fehlende fachliche Begleitung nachsorgender Einrichtungen in forensischen Fragen,<br />
ein geringer Kenntnisstand über die besonderen Problemlagen forensisch-psychiatrischer<br />
PatientInnen, die unzulängliche Versorgungsdichte in der ambulanten psychotherapeutischen<br />
Behandlung sowie ein Mangel an Supervisions- und Fortbildungsangeboten.<br />
Welche Ziele in dem dreijährigen Projektzeitraum erreicht werden sollten und wie die<br />
Rehabilitation und Nachsorge von PatientInnen im WZFP organisiert ist, wird in den<br />
folgenden Abschnitten beschrieben.<br />
1.1 1.1 Projektziele Projektziele und und -steuerung steuerung<br />
Projektziele<br />
Entsprechend der Projektkonzeption „Nachsorge auf Bewährung entlassener Patienten“<br />
vom Juni 1999 verfolgte das Projekt folgende grundsätzliche Ziele:<br />
� Verbreiterung der Zugangsmöglichkeiten forensisch-psychiatrischer PatientInnen<br />
zu fachkompetenter, ambulanter Psychotherapie, vor allem auch nach einer Entlassung<br />
im Einzugsbereich ihres jeweiligen Wohnorts<br />
� Sicherstellung <strong>des</strong> fachlich ermittelten, individuellen Bedarfs an ambulanter Therapie<br />
und deren Integration in ein begleiten<strong>des</strong> Hilfe-, Informations- und soziales<br />
Kontrollsystem<br />
� flächendeckende Verbreiterung der (Mit-)Versorgungsbereitschaft ambulanter, psychosozialer<br />
und psychiatrischer Dienste und komplementärer Einrichtungen, Einrichtungen<br />
der Suchtkrankenhilfe, Alten- und Behindertenhilfe etc., gerade auch<br />
<strong>für</strong> entlassene Maßregelvollzugspatienten<br />
� Herstellung von Kontinuität im gesamten Prozess der Wiedereingliederung und in<br />
seiner psychotherapeutischen Begleitung - ausgehend von der Planung in der Klinik<br />
bis zum Ende der Bewährung und Führungsaufsicht.<br />
Ergänzend dazu wurde in der Projektkonzeption eine Reihe von Einzelzielen formuliert:<br />
� die regionale Bündelung der (Mit-)Versorgungskompetenz in den Bereichen soziale,<br />
berufliche, gesundheitliche Rehabilitation und Nachsorge und im Bereich ambulanter<br />
psychotherapeutischer Behandlung<br />
� die Entwicklung eines „fließenden“ Übergangs von stationärer zu ambulanter Psychotherapie<br />
� die Bildung eines Fonds zur Finanzierung ambulanter Psychotherapie<br />
5
� die Herstellung und Pflege einer zunehmenden Kooperationsbereitschaft aller beteiligten<br />
Stellen<br />
� Transparenz in der Frage <strong>des</strong> jeweils verantwortlichen Case-Managements und<br />
<strong>des</strong>sen Verzahnung mit weiteren Hilfen.<br />
Projektsteuerung<br />
Die Projektsteuerung im WZFP übernahm eine interne Projektgruppe, die sich aus<br />
dem Projektleiter (leitender Arzt), der stellvertretenden Projektleiterin, einer internen<br />
und einem externen ProjektkoordinatorIn, (fakultativ) abteilungsleitenden ÄrztInnen<br />
und - seit 2001 - je einer/m in der Rehabilitation und Nachsorge tätigen MitarbeiterIn<br />
der Abteilungen II, III und IV zusammensetzte. Durch die Einbeziehung der MitarbeiterInnen<br />
<strong>des</strong> Sozialdienstes sollte sichergestellt werden, dass auch diejenigen MitarbeiterInnen<br />
an der Planung und Steuerung von Projektaktivitäten beteiligt werden, die<br />
direkt mit Maßnahmen der Rehabilitation und Nachsorge befasst sind.<br />
Projektbegleitende Expertenrunde<br />
Zur fachlichen Begleitung <strong>des</strong> Modellprojekts wurde eine projektbegleitende Expertenrunde<br />
(PE) eingesetzt, in der neun Experten1 aus den Bereichen freie Wohlfahrtspflege,<br />
Führungsaufsicht, Bewährungshilfe, (forensische) Psychiatrie und Psychotherapie sowie<br />
Leistungsrecht vertreten waren. Die PE setzte sich zum größten Teil aus Mitgliedern<br />
der vorangegangenen Projektgruppen <strong>des</strong> WZFP der Jahre 1998 und 1999 zusammen<br />
und verfügte nicht zuletzt dadurch über ein ausgewiesenes Expertenwissen in Fragen<br />
der Rehabilitation und Nachsorge forensischer PatientInnen.<br />
Die viertel- bis halbjährlich tagende PE hatte entsprechend der Projektkonzeption zwei<br />
Aufträge: Zum einen diente sie der Fortentwicklung der Projektinhalte und weitergehender<br />
Initiativen unter Berücksichtigung aktueller Entwicklungen, zum anderen sollte<br />
die PE regelmäßig über den Fortgang <strong>des</strong> Projekts unterrichtet werden, um anschließend<br />
in Form eines Expertenberichts kritisch Stellung zu nehmen. Demzufolge sollte<br />
die PE gleichzeitig „ein kritisches Korrektiv und einen autonomen, externen Begleiter<br />
der Projektmaßnahmen“ (Aktenvermerk WZFP) darstellen.<br />
1.2 1.2 Praxis Praxis der der Rehabilitation Rehabilitation und und Nachsorge Nachsorge Nachsorge im im WZFP<br />
WZFP<br />
Die Praxis der Rehabilitation und Nachsorge im <strong>Westfälischen</strong> Zentrum <strong>für</strong> <strong>Forensische</strong><br />
Psychiatrie geht zu großen Teilen auf ein wissenschaftlich begleitetes Modellvorhaben<br />
<strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministeriums <strong>für</strong> Gesundheit im WZFP in den Jahren 1989 - 1993<br />
zurück (vgl. Dimmek & Bargfrede, 1996). Auf den Erfahrungen dieses Projekts aufbauend<br />
wurde Ende 1992 ein eigenständiger Funktionsbereich Rehabilitation und Nachsorge<br />
(Bereich VI) geschaffen, in dem das Ziel verfolgt wurde, „mit regionalisierten,<br />
personellen Ressourcen, im Einzugsbereich flächendeckend Kooperationsstrukturen<br />
mit regionalen psychosozialen und psychiatrischen Diensten und Einrichtungen zu<br />
schaffen“ (Bargfrede, Horstbrink & Leber, 1995, S. 56). Alle gem. § 63 StGB unterge-<br />
1 Nach Ausscheiden eines Mitglieds bestand die Projektbegleitende Expertenrunde kurzzeitig aus acht<br />
Personen; im Januar 2001 kam jedoch eine weitere Person hinzu, sodass sich die Runde wieder wie<br />
ursprünglich aus neun Mitgliedern zusammensetzte.<br />
6
achten Patienten <strong>des</strong> WZFP sollten der Zielsetzung der Rehabilitation und Nachsorge<br />
entsprechend in ihren Herkunftsregionen wiedereingegliedert werden (Dimmek &<br />
Bargfrede, 1996). Im Zuge einer Reorganisation <strong>des</strong> WZFP wurde der Bereich VI zum<br />
31.12.1998 aufgelöst und die dort tätigen MitarbeiterInnen wurden den einzelnen Abteilungen<br />
und Stationen <strong>des</strong> WZFP zugeteilt. Die Zuständigkeit <strong>für</strong> Rehabilitation und<br />
Nachsorge wurde dadurch wieder in die einzelnen Behandlungsbereiche hinein verlagert.<br />
Aktuell werden PatientInnen aus drei Abteilungen <strong>des</strong> WZFP entlassen, in denen unterschiedliche<br />
Störungen und Krankheitsbilder behandelt werden: Abteilung II Klinische<br />
Psychiatrie (77 Betten), Abteilung III Psycho- und Soziotherapie (93 Betten) und<br />
Abteilung IV Heilpädagogische Behandlung (51 Betten; jeweils Stand: März 2000).<br />
In den Abteilungen II und III wird die Rehabilitation und Nachsorge von je drei MitarbeiterInnen<br />
<strong>des</strong> Sozialdienstes durchgeführt, die gleichzeitig <strong>für</strong> die stationäre Sozialarbeit<br />
zuständig sind. In Abteilung IV wird sie von den zuständigen TherapeutInnen<br />
und einer Sozialarbeiterin durchgeführt. Ein Diplom-Psychologe ergänzt in den Abteilungen<br />
II und III die Tätigkeit <strong>des</strong> Sozialdienstes im Rahmen der psychotherapeutischen<br />
Rehabilitation und Nachsorge, darüber hinaus besetzt er die forensischpsychiatrische<br />
Kontaktstelle in Bochum. Die zweite Kontaktstelle in Herne ist personell<br />
mit einem Mitarbeiter <strong>des</strong> Sozialdienstes aus Abteilung III besetzt. Die beiden Kontaktstellen<br />
sollen den erhöhten sozial- und psychotherapeutischen Behandlungsbedarf im<br />
Ruhrgebiet abdecken; aus dieser Region stammen rund 40 % der PatientInnen <strong>des</strong><br />
WZFP (Ortlieb, 2002).<br />
Im Projektzeitraum waren damit insgesamt sieben SozialarbeiterInnen und ein Diplom-<br />
Psychologe mit der Rehabilitation und Nachsorge von PatientInnen befasst. 2 Alle MitarbeiterInnen,<br />
die Rehabilitations- und Nachsorgemaßnahmen durchführten, waren<br />
gleichzeitig auch im stationären Bereich tätig, d.h. keine/r der SozialarbeiterInnen <strong>des</strong><br />
WZFP war im Projektzeitraum ausschließlich mit Rehabilitation und Nachsorge beschäftigt.<br />
3 In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass dem Projekt „Ambulante<br />
Nachsorge“ keine gesonderten Projektmitarbeiter zur Verfügung standen.<br />
Im Rahmen <strong>des</strong> Projekts förderte das WZFP die Konzeption einer sektorisierten und<br />
regionalisierten Rehabilitation und Nachsorge, d.h. die Nachsorgemitarbeiter betreuen<br />
einen bestimmten regionalen Sektor im Zuständigkeitsbereich Westfalen-Lippe4 . Je<br />
zwei MitarbeiterInnen sind den Sektoren Münsterland und Ostwestfalen zugeordnet,<br />
drei Mitarbeiter dem Sektor Ruhrgebiet; die Abteilung IV Heilpädagogische Behandlung<br />
verfolgt ein sektorenübergreifen<strong>des</strong> Nachsorgekonzept (vgl. Im Blickpunkt Rehabilitation<br />
und Nachsorge, 2/01). Vor Beginn <strong>des</strong> Projekts wurde die Konzeption einer<br />
sektorisierten Nachsorge von den einzelnen Behandlungsabteilungen „mehr oder weniger<br />
eng verfolgt“ (Ortlieb, 2002, S. 8), was auf die in den einzelnen Abteilungen gewachsenen<br />
Traditionen und die störungsspezifischen Erfordernisse der Wiedereingliederungsplanung<br />
zurückzuführen ist.<br />
Aus denselben Gründen unterschieden sich vor Projektbeginn auch die abteilungsinternen<br />
Standards bzw. Strukturen der Rehabilitations- und Nachsorgepraxis. Mit der<br />
Erarbeitung und Implementation der „Abteilungsübergreifenden Rahmenrichtlinien<br />
2 MitarbeiterInnen <strong>des</strong> Sozialdienstes, die im Projektzeitraum ausschließlich oder überwiegend stationäre<br />
Sozialarbeit leisteten, waren nicht oder nur im Einzelfall in Projektmaßnahmen eingebunden<br />
und dementsprechend nicht in der Projektdokumentation berücksichtigt.<br />
3 Die an der Rehabilitation und Nachsorge beteiligten MitarbeiterInnen <strong>des</strong> Sozialdienstes werden im<br />
Folgenden zusammenfassend als Nachsorgemitarbeiter bezeichnet.<br />
4 Das WZFP Lippstadt-Eickelborn ist insgesamt <strong>für</strong> eine Region von 20.000 km 2 und ein Einzugsgebiet<br />
von 8 Millionen Einwohnern zuständig (Ortlieb, 2002).<br />
7
zur Wiedereingliederungs- und Nachsorgeplanung im WZFP Lippstadt“ (Ortlieb, 2002)<br />
wurde das Ziel verfolgt, die Rehabilitation und Nachsorge im WZFP im Rahmen einer<br />
abteilungsübergreifenden, verbindlichen Ablauforganisation zu vereinheitlichen. Im<br />
Projektablaufplan vom August 2000 wurde ausgeführt, welche klinikinternen Maßnahmen<br />
- ausgehend vom Ist-Stand <strong>des</strong>selben Monats - geplant waren, um o.g. Ziel zu<br />
erreichen. Im Vordergrund standen dabei folgende Punkte:<br />
� die Überarbeitung bzw. Erweiterung <strong>des</strong> aktuellen Behandlungs- und Wiedereingliederungsplans<br />
um erforderliche Lebensbedingungen nach der Entlassung und<br />
weitere Behandlungs- und Betreuungsbedarfe<br />
� die Erarbeitung abteilungsübergreifender Standards zur patientenbezogenen Information<br />
� die Erstellung eines Konzepts zur frühzeitigen Kontaktaufnahme zwischen den<br />
Beteiligten sowie zur frühzeitigen Feststellung <strong>des</strong> Entlassungsorts und zum Einbezug<br />
der Gemeinde.<br />
Mit Hilfe dieser Maßnahmen, die schließlich in den „Abteilungsübergreifenden Rahmenrichtlinien“<br />
mündeten, sollten die bestehenden abteilungsspezifischen Verfahren<br />
und fallbezogenen Routinen durch ein einheitliches Verfahren ersetzt und im klinikinternen<br />
Ablauf verankert werden. Da die Praxis der Rehabilitation und Nachsorge im<br />
Projektzeitraum in wesentlichen Teilen der in den Rahmenrichtlinien beschriebenen<br />
Praxis entspricht, dienen diese auch als Grundlage der folgenden Darstellung der aktuellen<br />
Ablauforganisation im WZFP.<br />
Die Einbindung <strong>des</strong> Nachsorgemitarbeiters und nachsorgender Dienste bzw. Einrichtungen<br />
erfolgt spätestens, wenn<br />
� in einem Gutachten gem. § 16 Abs. 3 Maßregelvollzugsgesetz Nordhein-Westfalen<br />
(MRVG-NW) oder einem Beschluss der Strafvollstreckungskammer (StVK) eine<br />
Rehabilitationsempfehlung ausgesprochen wird, der auch das zuständige Behandlungsteam<br />
folgt<br />
� ein/e PatientIn Einzelausgang erhält<br />
� im letzten Behandlungszeitraum Indikationen <strong>für</strong> eine externe ambulante/statio-<br />
näre Weiterbehandlung oder außerstationäre Maßnahmen der Betreuung und<br />
Wiedereingliederung diskutiert und festgestellt werden.<br />
Sobald also ein/e PatientIn einen Behandlungsstand erreicht hat, der eine Langzeitbeurlaubung<br />
zulässt, erfolgt die Kontaktaufnahme <strong>des</strong> Nachsorgemitarbeiters zu künftig<br />
zuständigen Einrichtungen und ambulanten Diensten sowie deren Information über<br />
die Zusendung von Arzt- und Sozialberichten. Darauf finden Vorstellungsgespräche in<br />
den kooperierenden Einrichtungen statt und ggf. ein Probewohnen und/oder Probearbeiten<br />
mit ausführlichen Vor- und Nachbesprechungen. Erklärt eine Einrichtung oder<br />
ein ambulanter Dienst die konkrete Absicht, eine/n PatientIn aufzunehmen bzw. zu<br />
betreuen, wird der aktuelle Behandlungs- und Wiedereingliederungsplan übersandt<br />
und weitere gewünschte Unterlagen zur Verfügung gestellt. Sobald der konkrete Aufnahmetermin<br />
feststeht, erfolgt die Information der zuständigen Staatsanwaltschaft (StA)<br />
über die Beurlaubung der/s PatientIn unter Mitteilung der getroffenen Beurlaubungsauflagen,<br />
die im Vorfeld mit der/m PatientIn besprochen und vereinbart werden. Eine<br />
mehrmonatige bis mehrjährige Langzeitbeurlaubung, die den meisten Entlassungen<br />
vorausgeht, ist Bestandteil der Maßnahmen der Rehabilitation der forensischen Psychiatrie.<br />
8
Bei tragfähiger Beurlaubungssituation und weiterem positivem Verlauf wird der zuständigen<br />
StA und der zuständigen Bewährungshilfe- und Führungsaufsichtsstelle<br />
(BWH/FA) die entlassungsanregende Stellungnahme der Klinik übersandt und es erfolgt<br />
die Kostenbeantragung <strong>für</strong> die Nachfolgefinanzierung. Mit der (bedingten) Entlassung<br />
aus dem Maßregelvollzug enden die rehabilitativen Maßnahmen der Nachsorgemitarbeiter<br />
und es beginnt die Nachsorge. Das Maßregelvollzugsgesetz Nordrhein-<br />
Westfalen regelt in seiner Novellierung vom Juni 2002 in § 1 Abs. 3, dass „Therapie<br />
und Beratung [...] mit Zustimmung der Patientinnen und Patienten auch nach der Entlassung<br />
[...]“ fortzusetzen sind. Damit enden die Maßnahmen der Klinik und vor allem<br />
die Bemühungen der Nachsorgemitarbeiter nicht mehr mit dem Zeitpunkt der Entlassung<br />
einer/s PatientIn. Insbesondere in Krisenfällen müssen PatientInnen auf ihren<br />
Wunsch - soweit keine anderen geeigneten Angebote zur Verfügung stehen - kurzfristig<br />
wieder aufgenommen werden.<br />
2 AUSGANGSSITUATION AUSGANGSSITUATION AUSGANGSSITUATION DE DER DE R EXTERNEN EVALUATIO<br />
EVALUATION<br />
EVALUATIO<br />
Mit der Durchführung der externen Evaluation <strong>des</strong> Projekts „Ambulante Nachsorge“<br />
wurde die <strong>FOGS</strong> - Gesellschaft <strong>für</strong> Forschung und Beratung im Gesundheits- und Sozialbereich<br />
mbH, Köln Ende Juli 2002 vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe beauftragt.<br />
Die externe Evaluation begann folglich erst wenige Monate vor Projektende, einem<br />
Zeitpunkt, an dem die wesentlichen Projektaktivitäten <strong>des</strong> WZFP bereits abgeschlossen<br />
waren. Aufgrund dieser Ausgangssituation fand die externe Evaluation unter<br />
Bedingungen statt, die von „klassischen“ Evaluationsvorhaben erheblich abweichen. So<br />
konnten die einzelnen Schritte der Planung und Umsetzung der zahlreichen Projektmaßnahmen<br />
nur noch indirekt über Ergebnisse interner Dokumentation erfasst werden<br />
- soweit diese vorhanden war. Darüber hinaus stand nur ein begrenzter Zeitraum<br />
von knapp einem Jahr <strong>für</strong> die Planung und Durchführung zusätzlicher Primärerhebungen<br />
zur Verfügung.<br />
Vor diesem Hintergrund war als erster Arbeitsschritt der externen Evaluation eine umfassende<br />
und detaillierte Bestandsaufnahme der von Anfang 2000 bis August 2002<br />
geleisteten Projektarbeit erforderlich. Um den komplexen Ablauf <strong>des</strong> Projekts nachzuzeichnen<br />
und einen Überblick über die äußerst zahlreichen geplanten und durchgeführten<br />
Einzelmaßnahmen zu erhalten, wurden folgende vom WZFP zur Verfügung<br />
gestellte Unterlagen analysiert:<br />
� Protokolle der vorangegangenen Projektgruppen der Jahre 1998 und 1999<br />
� Protokolle der internen Projektgruppe<br />
� Sachberichte <strong>für</strong> die Jahre 2000 und 2001 5<br />
� Protokolle der Projektbegleitenden Expertenrunde und Stellungnahme zum Sachbericht<br />
<strong>für</strong> das Jahr 2000<br />
� eingesetzte Erhebungsinstrumente und ggf. vorhandene Auswertungen<br />
� erste Auszüge aus Patientenakten und Protokollen der „Runden Tische“<br />
� diverse schriftliche Unterlagen zum Projektverlauf (Projektkonzeption, Projektablaufplan,<br />
Aktenvermerke, Korrespondenz mit internen und externen Beteiligten).<br />
5 Der Sachbericht <strong>für</strong> das Jahr 2002 und der Abschlussbericht <strong>des</strong> WZFP zum Projekt lagen <strong>FOGS</strong><br />
zum Zeitpunkt der Bestandsaufnahme und der Berichterstellung nicht vor.<br />
9
Um das Ziel einer systematischen Dokumentation aller Projektaktivitäten zu erreichen,<br />
wurden ergänzende Gespräche mit am Projekt beteiligten MitarbeiterInnen <strong>des</strong> WZFP<br />
geführt. Die Dokumentation der Projektmaßnahmen wurde bis zum Ende der Projektlaufzeit<br />
fortlaufend durch <strong>FOGS</strong> ergänzt und aktualisiert.<br />
Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Maßnahmen, die in der gesamten Projektlaufzeit<br />
von Anfang 2000 bis Ende 2002 vom WZFP durchgeführt wurden. Die Zuordnung<br />
der Einzelmaßnahmen zu den verschiedenen Kategorien orientiert sich - soweit eine<br />
Zuordnung möglich war - an dem Maßnahmenkatalog, wie er in der Projektkonzeption<br />
formuliert wurde. Da zahlreiche Aktivitäten den Kategorien nicht eindeutig zuzuordnen<br />
waren, wurden ergänzende Kategorien hinzugenommen. Die Tabelle schließt auch<br />
Maßnahmen ein, die laut Konzeption geplant waren, jedoch nicht durchgeführt wurden.<br />
Tab. 1: Übersicht über geplante und durchgeführte Projektmaßnahmen<br />
Tagung „Initiativen zur Nachsorge“<br />
02/00: Tagung „Initiativen zur Nachsorge“, ca. 130 TeilnehmerInnen aus den Bereichen ambulante,<br />
stationäre und komplementäre Dienste, FA/BWH, niedergelassene PsychotherapeutInnen<br />
fünf Workshops zu den Themen: Ambulante Psychotherapie; Unterstellt unter Bewährungshilfe und Führungsaufsicht;<br />
Krisen, Konflikte und Legalbewährung; Der Bedarf langzeithospitalisierter psychisch<br />
kranker Rechtsbrecher; Helferkonferenz<br />
08/00: Veröffentlichung <strong>des</strong> Tagungsbands „Initiativen zur Nachsorge“<br />
11/00: Versand <strong>des</strong> Tagungsbands „Initiativen zur Nachsorge“ an ca. 250 Personen<br />
Maßnahmen der Kontinuitätsentwicklung<br />
2001/2002: Erarbeitung und Veröffentlichung der „Abteilungsübergreifenden Rahmenrichtlinien zur<br />
Wiedereingliederungs- und Nachsorgeplanung im WZFP Lippstadt“<br />
Erarbeitung von „Leitsätzen bei der Wiedereingliederungsplanung“<br />
Erarbeitung der „Checkliste Rehabilitation und Nachsorge“<br />
Erarbeitung <strong>des</strong> „Orientierungsleitfadens zu forensischen PatientInnen <strong>für</strong> MitarbeiterInnen der psychosozialen<br />
Versorgung“<br />
Erweiterung <strong>des</strong> „Behandlungs- und Wiedereingliederungsplans“ um erforderliche Lebensbedingungen<br />
nach der Entlassung und weitere Behandlungs- und Betreuungsbedarfe<br />
Entwicklung eines standardisierten Formschreibens zur Information von Psychiatriekoordinatoren über<br />
anstehende Beurlaubungen und Entlassungen in ihr Zuständigkeitsgebiet<br />
Supervision<br />
insgesamt zehn Kostenübernahmen von Supervision <strong>für</strong> acht nachsorgende Einrichtungen/Dienste,<br />
üblicherweise sechs Sitzungen zu je 1,5 Stunden bzw. Verlängerung mit vier Sitzungen zu je 1,5 Stunden<br />
2001: sechs bewilligte Kostenübernahmen, 2002: vier bewilligte Kostenübernahmen<br />
Coaching-Seminare <strong>für</strong> Dienste und Einrichtungen<br />
es wurden keine Coaching-Seminare durchgeführt<br />
Informations- und Fortbildungsveranstaltungen<br />
Durchführung von insgesamt 65 dokumentierten einrichtungs-, berufsgruppen- und tätigkeitsbezogenen<br />
Fortbildungs- und Informationsveranstaltungen (inkl. Besuchergruppen und interne Veranstaltungen)<br />
lt. Sachbericht 2000: weitere 45 einrichtungsbezogene Veranstaltungen, zu denen keine schriftliche<br />
Dokumentation vorliegt<br />
Zielgruppe: allgemeinpsychiatrische Kliniken, Nachsorgeeinrichtungen, ambulante Dienste, niedergelassene<br />
PsychotherapeutInnen, FA/BWH, PSAG, Wohlfahrtsverbände<br />
Konzipierung und Durchführung der speziellen Fortbildungsreihe „Frauen und Forensik“ <strong>für</strong> Mitarbeiterinnen<br />
aus Nachsorgeeinrichtungen; fünf Veranstaltungen in Münster, Bochum, Bielefeld, Dortmund und<br />
Paderborn<br />
10
Regionale Arbeitskreise/Fallbesprechungen<br />
Einführung von zwei zentralen Steuerungsinstrumenten zur Sicherstellung einer bedarfsgerechten<br />
Nachsorge:<br />
1. patientenbezogene „Runde Tische“ nach Entlassung<br />
2. Gesamthilfeplanung nach Entlassung<br />
Regionale Nachsorgezentren<br />
wurde zurückgestellt, da dezentrale und aktiv aufsuchende Organisationsform zweckmäßiger erschien<br />
Dokumentation projektbezogener Tätigkeiten<br />
ab 01/00: handschriftliche Dokumentation projektbezogener Tätigkeiten aller MA, ohne Patientenbezug<br />
ab Anfang/Mitte 01: elektronische Dokumentation projektbezogener Tätigkeiten von sechs Nachsorgemitarbeitern,<br />
mit Patientenbezug<br />
Fonds „Ambulante Psychotherapie“<br />
Einrichtung <strong>des</strong> Fonds „Ambulante Psychotherapie“ zur (Vor-)Finanzierung ambulanter Psychotherapie<br />
05/02: erste und einzige Inanspruchnahme von Mitteln<br />
Projektbegleitende Expertenrunde<br />
2000: vier Treffen am 08.02., 22.03., 25.08. und 16.11.<br />
2001: vier Treffen am 23.01., 25.06., 10.09. und 19.11.; 13.07. schriftliche Stellungnahme zum<br />
Sachbericht <strong>des</strong> WZFP <strong>für</strong> das Jahr 2000<br />
2002: fünf Treffen am 06.02., 15.05., 09.07., 23.09. und 22.11.<br />
Befragungen<br />
06/00: Ermittlung von Fortbildungsbedarfen und Anmerkungen zum Nachsorgekonzept bei Strafvollstreckungskammern<br />
Mitte 00: Ermittlung von Fortbildungs- und Supervisionsbedarfen bei stationären und komplementären<br />
Einrichtungen<br />
Mitte 00: Ermittlung von Supervisionsbedarfen bei der BWH<br />
Mitte 00: Ermittlung von Fortbildungsbedarfen bei allgemeinpsychiatrischen Kliniken<br />
09/00: zwei Befragungen allgemeinpsychiatrischer Kliniken zu Erfahrungen in der Nachsorge forensischer<br />
PatientInnen sowie zu Fortbildungs- und Supervisionsbedarfen<br />
11/00: Evaluation der Inhalte der Tagung „Initiativen zur Nachsorge“ und Ermittlung weiterer Informationsbedarfe<br />
Anfang 01: Befragung allgemeinpsychiatrischer Kliniken <strong>des</strong> LWL zu gem. § 63 StGB untergebrachten<br />
PatientInnen<br />
02/01: Befragung niedergelassener PsychotherapeutInnen zu Erfahrungen, Supervisions- und Fortbildungsbedarfen<br />
05/02: Befragung allgemeinpsychiatrischer Kliniken <strong>des</strong> LWL zu Informationsbedarfen<br />
10/01, 10/02, 02/03: Evaluation der 2., 3., 4. und 5. Veranstaltung der Fortbildungsreihe „Frauen und<br />
Forensik“<br />
Die Übersicht verdeutlicht, dass es sich bei den Projektaktivitäten um ein breites Spektrum<br />
heterogener Maßnahmen handelt, die an dieser Stelle nicht im Einzelnen aufgeführt<br />
werden sollen.<br />
Eine umfassende Bestandsaufnahme der Projektaktivitäten war erforderlich, um weitergehende<br />
Arbeitsschritte der externen Evaluation abzuleiten und zu entscheiden, welche<br />
zusätzlichen Erhebungen notwendig waren.<br />
11
3 VORGEHENSWEISE VORGEHENSWEISE VORGEHENSWEISE DER DER EEXTERNEN<br />
EE<br />
XTERNEN EVALUATION<br />
Aus der Konzeption <strong>des</strong> Modellprojekts „Ambulante Nachsorge“ können folgende<br />
grundlegende Ziele abgeleitet werden, deren Realisierung im Rahmen der externen<br />
Evaluation überprüft und bewertet werden soll:<br />
� Herstellung von Kontinuität im gesamten Prozess der Wiedereingliederung, insbesondere<br />
bei der Überleitung von PatientInnen in nachsorgende Einrichtungen<br />
� Erweiterung von Betreuungs- und Behandlungsangeboten in der Nachsorge, einschließlich<br />
ambulanter psychotherapeutischer Behandlung<br />
� Optimierung der Betreuungs- und Behandlungsqualität in der Nachsorge.<br />
Aus diesen Zielen ergeben sich <strong>für</strong> die externe Evaluation drei Untersuchungsschwerpunkte:<br />
1. Verlauf der Rehabilitation und Nachsorge, einschließlich individueller Patientenverläufe<br />
2. Kooperation <strong>des</strong> WZFP mit externen Stellen und fallbezogene Kooperation<br />
3. flankierende Maßnahmen in Form von Supervision, Fortbildungs- und Informationsveranstaltungen.<br />
Als weitere Untersuchungsschwerpunkte können die Beschreibung und Bewertung der<br />
Projektaktivitäten insgesamt betrachtet werden, deren Vorgehen und Ergebnis bereits<br />
in Kapitel 2 dargestellt wurden.<br />
3.1 3.1 Fragestellungen<br />
Fragestellungen<br />
Im Zentrum der externen Evaluation steht die Beantwortung der generellen Frage, ob<br />
es dem Projekt „Ambulante Nachsorge“ gelungen ist, <strong>für</strong> entlassene PatientInnen <strong>des</strong><br />
WZFP bedarfsgerechte Nachsorgestrukturen und -maßnahmen aufzubauen. Folgende<br />
Fragen sollten im Zusammenhang mit den drei o.g. Evaluationsschwerpunkten beantwortet<br />
werden:<br />
1. Verlauf der Rehabilitation und Nachsorge<br />
� Wie viele und welche PatientInnen wurden im Projektzeitraum langzeitbeurlaubt<br />
und/oder entlassen?<br />
� Wie war der Verlauf der Langzeitbeurlaubung und der Zeit nach der Entlassung<br />
bei diesen PatientInnen?<br />
� Wie gestaltete sich die Praxis der Rehabilitation und Nachsorge im WZFP, insbesondere<br />
der Prozess der Überleitung von PatientInnen in Nachsorgeeinrichtungen?<br />
� Welche Tätigkeiten wurden von den Nachsorgemitarbeitern <strong>für</strong> PatientInnen im<br />
Rahmen der Rehabilitation und Nachsorge erbracht?<br />
12
2. Kooperation mit externen Stellen<br />
� Wie viele und welche Einrichtungen und Dienste haben langzeitbeurlaubte<br />
und/oder entlassene PatientInnen <strong>des</strong> WZFP aufgenommen bzw. betreut?<br />
� Wie gestaltete sich die Kooperation mit nachsorgenden Einrichtungen und Diensten,<br />
insbesondere in Krisenfällen?<br />
� In welchem Umfang konnten die Instrumente „Runder Tisch“ und „Gesamthilfeplanung<br />
nach Entlassung“ umgesetzt werden?<br />
� Wie bewerten kooperierende Einrichtungen und Stellen der Justiz die Zusammenarbeit<br />
mit dem WZFP, welche Verbesserungen sind erforderlich?<br />
� Durch welche Maßnahmen könnte die (Mit-)Versorgungsbereitschaft von Einrichtungen<br />
und Diensten (weiter) erhöht werden?<br />
3. flankierende Maßnahmen<br />
� Welche Zielgruppen wurden mit Fortbildungs- und Informationsveranstaltungen<br />
erreicht, welche Inhalte wurden vermittelt?<br />
� Welche Einrichtungen wurden mit dem Angebot der Kostenübernahme von Supervision<br />
erreicht, in welchem Ausmaß wurde das Angebot in Anspruch genommen?<br />
� Wie werden das Supervisionsangebot, Fortbildungs- und Informationsveranstaltungen<br />
bewertet, v.a. im Hinblick auf die Arbeit mit forensischen PatientInnen?<br />
� Welchen Beitrag leisten flankierende Maßnahmen zur Erhöhung der (Mit-)Versorgungsbereitschaft<br />
<strong>für</strong> forensische PatientInnen?<br />
3.2 3.2 Methodische<br />
Methodisches Methodische s Vorgehen<br />
Zur Beantwortung der Fragestellungen wurden qualitative und quantitative Methoden<br />
der empirischen Sozialforschung eingesetzt. Eine Zuordnung der Verfahren zu den<br />
einzelnen Evaluationsschwerpunkten ist hier nicht möglich, da einzelne Verfahren der<br />
Beantwortung mehrerer Fragestellungen dienten.<br />
� Analyse der Krankenakten aller PatientInnen, die im Projektzeitraum aus dem<br />
WZFP langzeitbeurlaubt, entlassen und/oder verlegt wurden; die eingesetzten teilstandardisierten<br />
Erhebungsinstrumente wurden in Anlehnung an ein vom Institut<br />
<strong>für</strong> <strong>Forensische</strong> Psychiatrie Essen bei der Evaluation forensischer Ambulanzen im<br />
Rheinland verwendetes Instrument (vgl. Seifert & Schiffer, 2002) entwickelt und<br />
um <strong>für</strong> das Modellprojekt „Ambulante Nachsorge“ relevante Items ergänzt; es wurde<br />
je ein Instrument <strong>für</strong> beurlaubte und entlassene PatientInnen eingesetzt.<br />
� Analyse der Protokolle „Runder Tische“ anhand eines teilstandardisierten Erhebungsinstruments<br />
� leitfadengestützte Interviews mit LeiterInnen und MitarbeiterInnen ausgewählter<br />
Einrichtungen und Dienste, die im Projektzeitraum beurlaubte und/oder entlassene<br />
PatientInnen aus dem WZFP aufgenommen oder betreut haben<br />
13
� teilstandardisierte schriftliche Befragung aller Einrichtungen und Dienste, die im<br />
Projektzeitraum beurlaubte und/oder entlassene PatientInnen aus dem WZFP aufgenommen<br />
oder betreut haben<br />
� exploratives Interview mit einer/m forensisch erfahrenen SupervisorIn, die/der im<br />
Projektzeitraum kooperierende Nachsorgeeinrichtungen supervidiert hat<br />
� teilstandardisierte schriftliche Befragung von TeilnehmerInnen ausgewählter Informations-<br />
und Fortbildungsveranstaltungen, die im Projektzeitraum vom WZFP<br />
durchgeführt wurden<br />
� teilstandardisierte schriftliche Befragung von Führungsaufsichts- und Bewährungshilfestellen<br />
im Bezirk <strong>des</strong> Oberlan<strong>des</strong>gerichts Hamm, die im Projektzeitraum<br />
mit dem WZFP kooperiert haben; das eingesetzte Instrument wurde von der internen<br />
Projektgruppe - in Abstimmung mit der Projektbegleitenden Expertenrunde -<br />
bereits vor Beginn der externen Evaluation entwickelt und wurde von <strong>FOGS</strong> um<br />
einige Items und offene Fragen ergänzt<br />
� Auswertung der vom WZFP durchgeführten teilstandardisierten schriftlichen Befragung<br />
von Teilnehmerinnen der Fortbildungsreihe „Frauen und Forensik“<br />
� Auswertung der vom WZFP durchgeführten elektronischen patientenbezogenen<br />
Tätigkeitsdokumentation der Nachsorgemitarbeiter.<br />
Die statistische Auswertung der Daten erfolgte mit dem Statistischen Programmpaket<br />
<strong>für</strong> Sozialwissenschaftler, SPSS 11.0, ergänzende Auswertungen wurden mit Unterstützung<br />
<strong>des</strong> Programms FileMaker Pro 5.0 vorgenommen.<br />
Die nachfolgende Abbildung 1 zeigt die einzelnen Arbeits-, Erhebungs- und Auswertungsschritte<br />
im zeitlichen Verlauf.<br />
14
Abb. 1: Zeitlicher Verlauf der externen Evaluation<br />
Evaluationsschritte* 08/02 09/02 10/02 11/02 12/02 01/03 02/03 03/03 04/03 05/03 06/03 07/03 08/03<br />
Bestandsaufnahme der Projektaktivitäten<br />
Teilnahme an Sitzungen der<br />
internen PG und PE<br />
Entwicklung der Instrumente<br />
zur Aktenanalyse und RT<br />
Durchführung der Aktenanalyse<br />
und Protokolle RT<br />
Interviews mit Nachsorgeeinrichtungen<br />
und SupervisorIn<br />
Entwicklung <strong>des</strong> FB zur Befragung<br />
von Einrichtungen<br />
schriftliche Befragung von<br />
Nachsorgeeinrichtungen<br />
Entwicklung <strong>des</strong> FB zur Evaluation<br />
von Fortbildungen<br />
schriftliche Befragung der<br />
TN von Fortbildungen<br />
Vorbereitung der Befragung<br />
von FA/BWH<br />
Durchführung der Befragung<br />
von FA/BWH<br />
Dateneingabe, -bereinigung<br />
und -auswertung<br />
Berichterstellung<br />
* Abkürzungen: PG = Projektgruppe; PE = Projektbegleitende Expertenrunde; RT = Runde Tische;<br />
FB = Fragebogen; TN = TeilnehmerInnen; FA/BWH = Führungsaufsichts- und Bewährungshilfestellen<br />
4 ERGEBNISSE ERGEBNISSE DER DER EXTER EXTERNEN EXTER EXTER NEN EVALUATION<br />
Die Darstellung der Evaluationsergebnisse orientiert sich an den drei Evaluationsschwerpunkten.<br />
Die einleitende Beschreibung der gesamten Patientenstichprobe<br />
(Kap. 4.1) leitet über zu den Ergebnissen zum Verlauf der Rehabilitation und Nachsorge<br />
in Kapitel 4.2, in dem beurlaubte und entlassene PatientInnen getrennt betrachtet<br />
werden. Kapitel 4.3 beantwortet die Frage, welche patientenbezogenen Tätigkeiten von<br />
den Nachsorgemitarbeitern im Rahmen der Rehabilitation und Nachsorge ausgeführt<br />
wurden. Mit der Kooperation <strong>des</strong> WZFP mit externen Stellen - Nachsorgeeinrichtungen<br />
und Justiz - und fallbezogener Kooperation befassen sich die Kapitel 4.4 und 4.5. Die<br />
Ergebnisse zur Evaluation flankierender Maßnahmen (Kap. 4.6) schließen den Ergebnisbericht<br />
ab.<br />
15
4.1 4.1 Patienten<br />
Patienten<br />
Patienten 6<br />
Von den Nachsorgemitarbeitern <strong>des</strong> WZFP wurden insgesamt 69 Patienten genannt,<br />
die in der Projektlaufzeit im Rahmen einer Langzeitbeurlaubung, einer Entlassung<br />
und/oder einer Verlegung betreut wurden. In die von <strong>FOGS</strong> vor Ort durchgeführte Aktenanalyse<br />
wurden folglich alle Patienten eingeschlossen, die das WZFP zwischen Januar<br />
2000 und Dezember 2002 mit unterschiedlichem Status verlassen hatten. Neben<br />
der Erfassung von Patientenmerkmalen diente die Aktanalyse in erster Linie dazu, Informationen<br />
zum Überleitungsprozess sowie dem Verlauf der Beurlaubung und der<br />
Zeit nach der Entlassung zu gewinnen.<br />
Die Gesamtstichprobe wurde dem Status der Patienten am Stichtag 31.12.2002 folgend<br />
in die Gruppen entlassene Patienten, beurlaubte Patienten und sonstige Patienten geteilt.<br />
Wie aus Abbildung 2 ersichtlich, kann innerhalb dieser drei Patientengruppen<br />
weiter differenziert werden, was den heterogenen Charakter der Stichprobe hervorhebt.<br />
Die interindividuellen Unterschiede im Verlauf der Rehabilitation und Nachsorge machen<br />
es an einigen Stellen der Auswertung erforderlich, auf einzelfallbezogene Verlaufsbeschreibungen<br />
zurückzugreifen.<br />
Abb. 2: Deskription der Gesamtstichprobe zum Stichtag 31.12.2002 (N = 69)<br />
entlassene Patienten<br />
n = 35<br />
Entlassung n = 34<br />
Bewährungswiderruf<br />
mit anschl. Verlegung<br />
n = 1<br />
GESAMTSTICHPROBE N =69<br />
beurlaubte Patienten<br />
n = 28<br />
Beurlaubung n = 21<br />
Urlaubsabbruch n = 6<br />
Urlaubsabbruch mit<br />
anschl. Verlegung<br />
n = 1<br />
sonstige Patienten<br />
n = 6<br />
Verlegung n = 4<br />
Abschiebung n = 1<br />
verstorben n = 1<br />
Die nachfolgende Tabelle 2 gibt einen Überblick über den Status der 69 Patienten bei<br />
Projektbeginn am 01.01.2000 und bei Projektende am 31.12.2002.<br />
6 Da es sich bei der Stichprobe fast ausschließlich um männliche Patienten handelt und bei der Darstellung<br />
von Einzelfällen ein Rückschluss auf Personen vermieden werden soll, werden im Folgenden<br />
nur noch die männlichen Formen „Patient“ bzw. „Patienten“ verwendet.<br />
16
Tab. 2: Status der Patienten bei Projektbeginn und Projektende (N = 69)<br />
Patientenstatus 01.01.2000 31.12.2002<br />
stationär* 6 -<br />
stationär in Rehabilitationsvorbereitung 48 -<br />
beurlaubt 15 21<br />
entlassen - 34<br />
stationär nach Urlaubsabbruch - 6<br />
verlegt in Allgemeinpsychiatrie - 6<br />
abgeschoben - 1<br />
verstorben - 1<br />
GESAMT 69 69<br />
* Von den sechs Patienten, die sich stationär, aber nicht in Rehabilitationsvorbereitung befanden, wurden<br />
vier verlegt, einer abgeschoben, ein weiterer Patient verstarb.<br />
Tabelle 3 zeigt, wie viele Langzeitbeurlaubungen, Entlassungen, Verlegungen etc. insgesamt<br />
und in jedem einzelnen Jahr der Projektdurchführung erfolgt sind. Dabei ist zu<br />
beachten, dass es sich um Mehrfachnennungen handelt, d.h. ein Patient kann innerhalb<br />
eines oder mehrerer Jahre eine begonnene Langzeitbeurlaubung ohne darauffolgende<br />
Entlassung, einen Urlaubsabbruch und eine Langzeitbeurlaubung mit darauffolgender<br />
Entlassung durchlaufen haben. Im gesamten dreijährigen Projektzeitraum kam<br />
es zu insgesamt 45 Langzeitbeurlaubungen und 35 Entlassungen; folglich fanden im<br />
WZFP innerhalb eines Jahres im Mittel 15,0 Langzeitbeurlaubungen und 11,7 Entlassungen<br />
statt.<br />
Tab. 3: Abgänge aus dem WZFP im Projektzeitraum (N = 69; Mehrfachnennung)<br />
begonnene Langzeitbeurlaubungen ohne anschl.<br />
Entlassung im Projektzeitraum<br />
begonnene Langzeitbeurlaubungen mit anschl.<br />
Entlassung im Projektzeitraum<br />
2000 2001 2002 Gesamt<br />
5 9 15 29<br />
13 3 0 16<br />
begonnene Langzeitbeurlaubungen insgesamt 18 12 15 45<br />
Urlaubsabbrüche 4 2 4 10<br />
Entlassungen 14 13 8 35<br />
Abschiebungen 0 0 1 1<br />
Verlegungen 2 1 3 6<br />
Bewährungswiderrufe 0 1 0 1<br />
verstorben 0 1 0 1<br />
In die Auswertung der Basisdaten soziodemographische und diagnostische Merkmale,<br />
rechtliche Situation und Merkmale der Unterbringung wurden alle 69 Patienten <strong>des</strong><br />
Modellprojekts einbezogen. Im Rahmen der Aktenanalyse konnten nicht <strong>für</strong> jeden Patienten<br />
alle Variablen erhoben werden, da sich Qualität und Umfang der vorliegenden<br />
Dokumentation erheblich unterschieden. Bei einzelnen Patienten befanden sich Teile<br />
der Krankenakten zum Zeitpunkt der Analyse beim Gutachter oder waren nicht zugänglich,<br />
zum Teil fehlten einzelne Dokumente, z.B. das Urteil oder der letzte Gerichtsbeschluss.<br />
Fehlende Informationen konnten größtenteils mit Hilfe der Nachsor-<br />
17
gemitarbeiter nacherhoben werden. Weicht der Stichprobenumfang von der Gesamtstichprobe<br />
N = 69 ab, so ist dies gesondert angegeben (jeweils in Klammern am Ende).<br />
4.1.1 4.1.1 Soziodemographische Soziodemographische Merkmale<br />
Merkmale<br />
Geschlecht, Staatsangehörigkeit, Muttersprache<br />
Der Anteil weiblicher Patientinnen in der Stichprobe ist mit 4,4 % (n = 3) erwartungsgemäß<br />
gering - verglichen mit einem Anteil von 95,7 % (n = 66) männlicher Patienten.<br />
Bei ihrer Aufnahme besaßen 61 Patienten (88,4 %) die deutsche Staatsangehörigkeit;<br />
von den acht Patienten (11,6 %) anderer Nationalität hatte je ein Patient eine polnische,<br />
eine griechische, eine irakische und eine äthiopische Staatsangehörigkeit, je zwei Patienten<br />
besaßen eine türkische oder eine jugoslawische Staatsangehörigkeit. Zum Zeitpunkt<br />
ihrer Aufnahme sprachen 60 Patienten (88,2 %) deutsch als Muttersprache, acht<br />
Patienten (11,8 %) hatten eine andere Muttersprache; davon verfügten fünf über gute<br />
und drei über schlechte deutsche Sprachkenntnisse (n = 68).<br />
Familienstand, Lebens- und Wohnverhältnisse<br />
Insgesamt 79,1 % (n = 53) der Patienten waren zum Zeitpunkt ihrer Aufnahme in die<br />
Maßregelvollzugsklinik ledig, 10,4 % (n = 7) waren verheiratet oder lebten in einer festen<br />
Partnerschaft, ebenfalls 10,4 % (n = 7) waren geschieden oder lebten getrennt von<br />
ihrer/m EhepartnerIn (n = 67). Der hohe Anteil Nichtverheirateter ist nicht untypisch<br />
<strong>für</strong> Patienten <strong>des</strong> Maßregelvollzugs (vgl. Dimmek & Bargfrede, 1996; Seifert & Schiffer,<br />
2002; Seifert, Jahn & Bolten, 2001). Die Angaben zum Familienstand spiegeln sich<br />
auch in der geringen Anzahl von nur sechs Patienten (9,7 %) wider, die vor dem Unterbringungsdelikt<br />
mit ihrer/m (Ehe-)PartnerIn oder der eigenen Familie lebten. 40,3 %<br />
(n = 25) der Patienten lebten dagegen bei den Eltern, einem Elternteil oder bei Angehörigen<br />
(n = 62). Die genaue Verteilung der Lebens- und Wohnverhältnisse vor dem<br />
Unterbringungsdelikt ist Tabelle 4 zu entnehmen.<br />
18
Tab. 4: Lebens- und Wohnverhältnisse vor dem Unterbringungsdelikt (n = 62)<br />
Lebens- und Wohnverhältnisse Anzahl Prozent<br />
allein 5 8,1<br />
mit (Ehe-)PartnerIn 5 8,1<br />
mit eigener Familie 1 1,6<br />
mit Eltern(-teil) 21 33,9<br />
mit Angehörigen 4 6,5<br />
mit sonstigen Personen 2 3,2<br />
JVA 1 1,6<br />
psychiatrische Klinik 5 8,1<br />
Übergangs-, Dauerwohnheim 5 8,1<br />
stationäre sozialpädagogische Einrichtung (§ 41 KJHG) 1 1,6<br />
Wohnung im Jugendwohnhaus eines mobilen Betreuungsdienstes<br />
1 1,6<br />
Männerwohnheim, Frauenhaus, Wohnheim <strong>für</strong> Wohnungslose 6 9,7<br />
ohne festen Wohnsitz 5 8,1<br />
GESAMT 62 100,3 7<br />
Heimaufenthalte und Schulbildung<br />
27 Patienten (39,1 %) hatten während ihrer Kindheit und Jugend min<strong>des</strong>tens einen<br />
Heimaufenthalt. Das mittlere Alter bei der ersten Heimaufnahme lag bei 10,7 Jahren<br />
(Min:
Tab. 5: Schulbildung bei Aufnahme (n = 66)<br />
Schulbildung Anzahl Prozent<br />
kein Schulbesuch 2 3,0<br />
kein Schulabschluss 22 33,3<br />
in schulischer Ausbildung 4 6,1<br />
Sonderschulabschluss 18 27,3<br />
Volks-/Hauptschulabschluss 13 19,7<br />
Realschulabschluss 3 4,5<br />
(Fach-)Abitur 4 6,1<br />
GESAMT 66 100,0<br />
Berufsqualifikation und Erwerbstätigkeit<br />
Ein dem geringen Grad an schulischer Bildung entsprechen<strong>des</strong> Bild zeigt die Berufsqualifikation<br />
der Patienten bei Aufnahme: 76,5 % (n = 52) konnten keine abgeschlossene<br />
Berufsausbildung vorweisen, lediglich 19,1 % (n = 13) hatten eine Lehre abgeschlossen.<br />
Drei Personen (4,4 %) befanden sich zum Zeitpunkt ihrer Aufnahme noch in<br />
Ausbildung (n = 68).<br />
Angaben zur Erwerbstätigkeit vor dem Unterbringungsdelikt fanden sich in den Akten<br />
von 56 Patienten. Über die Hälfte (n = 30) dieser Patienten war zu dem Zeitpunkt, als<br />
sie das Delikt begingen, arbeitslos. Einer regelmäßigen (nichtbeschützten) Ganz- oder<br />
Halbtagsbeschäftigung gingen nur acht Patienten (14,3 %) nach. Tabelle 6 gibt einen<br />
Überblick über die Verteilung der einzelnen Erwerbstätigkeiten.<br />
Tab. 6: Erwerbstätigkeit vor dem Unterbringungsdelikt (n = 56)<br />
Erwerbstätigkeit Anzahl Prozent<br />
arbeitslos 30* 53,6<br />
in schulischer/beruflicher Ausbildung 6 10,7<br />
Ganz-/Halbtagsbeschäftigung 8 14,3<br />
in beschützter Werkstatt o.ä. 3 5,4<br />
wechselnde Gelegenheitsarbeiten 2 3,6<br />
Umschulungsmaßnahme 1 1,8<br />
sozialpädagogisch betreute Beschäftigung <strong>des</strong><br />
Arbeitsamts<br />
1 1,8<br />
RentnerIn 3 5,4<br />
Hausfrau/-mann 1 1,8<br />
Beschäftigung in JVA 1 1,8<br />
GESAMT 56 100,2<br />
* Ein Patient erhielt einen Tag vor dem Delikt die Kündigung, davor war er drei Jahre beschäftigt.<br />
20
4.1.2 4.1.2 Diagnostische Diagnostische Merkmale<br />
Merkmale<br />
Die psychiatrischen Diagnosen der Patienten wurden ebenfalls im Rahmen der Aktenanalyse<br />
erhoben. Erfasst wurden dabei die aktuellen Diagnosen, die der Epikrise <strong>des</strong><br />
Patienten oder der (letzten) Stellungnahme der Klinik <strong>für</strong> die Strafvollstreckungskammer<br />
entnommen werden konnten. Waren diese Dokumente nicht vorhanden oder enthielten<br />
sie keine Diagnose, wurden ergänzende Dokumente, die aus dem WZFP<br />
stammten und eine ärztliche Diagnose enthielten, ausgewertet. Die Angaben zur jeweiligen<br />
Hauptdiagnose wurden der klinikinternen Basisdokumentation entnommen und<br />
mit den Ergebnissen der Aktenanalyse abgeglichen.<br />
Welche Hauptdiagnosen bei den Patienten vorlagen, ist Tabelle 7 zu entnehmen. In<br />
der Gesamtstichprobe stehen dabei Persönlichkeitsstörungen an erster Stelle, sie wurden<br />
bei rund zwei Fünftel aller Patienten (n = 28) diagnostiziert. Bei den beurlaubten<br />
Patienten machten Persönlichkeitsstörungen sogar über die Hälfte aller Hauptdiagnosen<br />
aus. Dieses Ergebnis entspricht der Feststellung von Dimmek und Bargfrede<br />
(1996), dass weniger als die Hälfte der im WZFP untergebrachten Patienten unter einer<br />
psychischen Erkrankung im engeren Sinne leiden, sondern mehrheitlich Persönlichkeitsstörungen<br />
im Vordergrund stehen. „Klassische“ psychiatrische Erkrankungen wie<br />
Schizophrenien wurden bei einem Anteil von 31,9 % der Gesamtstichprobe (n = 22)<br />
festgestellt. An dritter Stelle der häufigsten Hauptdiagnosen stehen Intelligenzminderungen,<br />
die bei einem knappen Fünftel der Patienten (n = 13) diagnostiziert wurden.<br />
Dabei handelte es sich ausnahmslos um leichte Intelligenzminderungen (F70), die in<br />
sieben Fällen (53,9 %) von einer „deutlichen Verhaltensstörung“ begleitet wurden, „die<br />
Beobachtung oder Behandlung erfordert“ (Dilling, Mombour, Schmidt & Schulte-<br />
Markwort, 2000, S. 169).<br />
Tab. 7: Psychiatrische Hauptdiagnosen nach ICD-10 (N = 69)<br />
Diagnose<br />
beurlaubte<br />
Patienten<br />
entlassene<br />
Patienten<br />
sonstige<br />
Patienten<br />
Gesamt-<br />
stichprobe<br />
n % n % n % n %<br />
Persönlichkeitsstörungen F60 15 53,6 12 34,3 1 16,7 28 40,6<br />
Schizophrenie F20 und schizo-<br />
affektive Störungen F25<br />
8 28,6 12 34,3 2 33,3 22 31,9<br />
Intelligenzminderungen F70 3 10,7 8 22,9 2 33,3 13 18,8<br />
organische Störungen F06 und F07 2 7,1 2 5,7 - - 4 5,8<br />
Störungen der Sexualpräferenz F65 - - 1 2,9 - - 1 1,5<br />
Störungen durch Alkohol F10 - - - - 1 16,7 1 1,5<br />
Gesamt 28 100,0 35 100,1 6 100,0 69 100,1<br />
Der Anteil von Patienten mit Persönlichkeitsstörungen entspricht genau dem Anteil<br />
persönlichkeitsgestörter Patienten der forensischen Ambulanzen im Rheinland (Schiffer<br />
& Seifert, 2002). Allerdings wies dort fast die Hälfte aller Patienten (48,5 %) - und<br />
damit die Mehrheit - eine schizophrene oder affektive Psychose auf. Der Anteil von<br />
Intelligenzminderungen war mit nur 3,0 % erheblich kleiner als der Anteil von Intelligenzminderungen<br />
in der betreuten Patientengruppe <strong>des</strong> WZFP.<br />
Im Projektzeitraum wurden aus dem WZFP ebenso viele Patienten mit Persönlichkeitsstörungen<br />
wie schizophrene Patienten entlassen; ein Blick auf die beurlaubten Patienten<br />
zeigt, dass sich darunter sogar fast doppelt so viele persönlichkeitsgestörte wie<br />
schizophrene Patienten finden. Auch unter Berücksichtigung der geringeren Betten-<br />
21
zahl der Abteilung Klinische Psychiatrie bestätigen die vorliegenden Zahlen nicht den<br />
von Seifert, Kahn und Bolten (2001) in der Prognosestudie beschriebenen Trend einer<br />
Zurückhaltung bei der Entlassung von Patienten mit einer Persönlichkeitsstörung.<br />
Eine differenziertere Betrachtung der Persönlichkeitsstörungen, die bei insgesamt 28<br />
Patienten als Hauptdiagnose festgestellt wurden, findet sich in Tabelle 8. Daraus wird<br />
ersichtlich, dass in fast einem Drittel der Fälle (n = 9) eine sonstige spezifische Persönlichkeitsstörung<br />
(F60.8) 8 diagnostiziert wurde, gefolgt von einem Viertel emotional instabiler<br />
Persönlichkeitsstörungen (n = 7) - davon vier vom Borderline-Typus, zwei vom<br />
impulsiven Typus und eine ohne Angabe <strong>des</strong> Subtypus. Die dritthäufigste diagnostizierte<br />
Persönlichkeitsstörung war die dissoziale Persönlichkeitsstörung (F.60.2) mit<br />
knapp einem Fünftel der Fälle (n = 6).<br />
Tab. 8: Persönlichkeitsstörungen nach ICD-10 (N = 28)<br />
Persönlichkeitsstörung Anzahl Prozent<br />
sonstige spezifische Persönlichkeitsstörung F60.8 9 32,1<br />
emotional instabile Persönlichkeitsstörung F60.3 7 25,0<br />
dissoziale Persönlichkeitsstörung F60.2 6 21,4<br />
histrionische Persönlichkeitsstörung F60.4 3 10,7<br />
paranoide Persönlichkeitsstörung F60.0 2 7,1<br />
schizoide Persönlichkeitsstörung F60.1 1 3,6<br />
GESAMT 28 99,9<br />
Insgesamt wurden <strong>für</strong> die 69 Patienten der Gesamtstichprobe 139 psychiatrische Diagnosen<br />
vergeben, dies entspricht rund zwei Einzeldiagnosen pro Patient. Bei 19 Patienten<br />
(27,5 %) wurde nur eine Störung diagnostiziert, bei 32 Patienten (46,4 %) wurden<br />
zwei Störungen und bei 18 weiteren Patienten (26,1 %) wurden drei oder mehr Störungen<br />
diagnostiziert. Zusätzlich zu einer ersten oder zweiten Diagnose wies rund jeder<br />
dritte Patient (n = 24) eine Suchterkrankung im Zusammenhang mit Alkohol und/oder<br />
Drogen auf.<br />
4.1.3 4.1.3 Rechtliche Rechtliche Situation Situation und und Merkmale Merkmale der der Unterbringung<br />
Unterbringung<br />
Unterbringung<br />
Vordelikte<br />
Angaben zu Straftaten, die vor dem Unterbringungsdelikt begangen wurden, fanden<br />
sich bei 48 Patienten (69,6 %), wobei zu beachten ist, dass nicht je<strong>des</strong> Vordelikt auch<br />
zu einer Verurteilung geführt haben muss. Insgesamt wurden 192 Vordelikte berichtet<br />
- wobei bei einem Patienten allein 23 verschiedene Vordelikte erfasst wurden, zum<br />
Teil mehrfach. Für die Darstellung in Tabelle 9 wurden die einzelnen Vordelikte - soweit<br />
dies möglich war - zu Kategorien entsprechend der Abschnitte <strong>des</strong> StGB zusammengefasst.<br />
8 Wenn keine der vorausgehenden Rubriken passt, aber das klinische Bild die allgemeinen Kriterien<br />
<strong>für</strong> eine Persönlichkeitsstörung [...] trotzdem erfüllt, sollte diese Kodierung gewählt werden. Bei Kodierung<br />
F60.8 wird empfohlen, die spezifische Störung kurz zu beschreiben (Dilling et al., 2000, S.<br />
155).<br />
22
Tab. 9: Vordelikte nach Deliktgruppen (N = 192; n = 48 Patienten; Mehrfachnennung)<br />
Vordelikt Anzahl<br />
Prozent<br />
aller Vordelikte<br />
Diebstahl und Unterschlagung* 33 17,2<br />
Körperverletzung* 19 9,9<br />
gemeingefährliche Straftaten* 18 9,4<br />
Straßenverkehrsdelikte und Delikte in Verbindung mit KfZ 17 8,9<br />
Straftaten gegen die persönliche Freiheit* 14 7,3<br />
Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung* 13 6,8<br />
Raub und Erpressung* 12 6,3<br />
Sachbeschädigung* 12 6,3<br />
Betrug und Untreue* 9 4,7<br />
Straftaten gegen die öffentliche Ordnung* 9 4,7<br />
andere Delikte 8 4,2<br />
Beleidigung* 6 3,1<br />
Begünstigung und Hehlerei* 5 2,6<br />
Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz 4 2,1<br />
Verstöße gegen das Waffengesetz 4 2,1<br />
Widerstand gegen die Staatsgewalt* 4 2,1<br />
Urkundenfälschung* 3 1,6<br />
Straftaten gegen das Leben* 1 0,5<br />
Straftaten gegen den Personenstand, die Ehe und die Familie* 1 0,5<br />
Gesamt 192 100,3<br />
* Einteilung entsprechend der Abschnitte <strong>des</strong> StGB.<br />
Frühere Verurteilungen und Inhaftierungen<br />
Vor ihrer letzten Unterbringung waren 68,1 % aller Patienten (n = 47) schon einmal<br />
verurteilt worden. Elf Patienten (23,4 %) hatten eine frühere Verurteilung, 15 Patienten<br />
(31,9 %) hatten zwei bis fünf frühere Verurteilungen, acht Patienten (17,0 %) hatten<br />
sechs bis zehn frühere Verurteilungen und sieben Patienten (14,9 %) hatten über zehn<br />
frühere Verurteilungen - davon ein Patient mit 24 Verurteilungen. 44,1 % der Patienten<br />
(n = 30) mussten vor ihrer letzten Unterbringung bereits min<strong>des</strong>tens eine Inhaftierung<br />
oder einen Jugendarrest verbüßen (N = 68). Die erste Inhaftierung erfolgte bei einem<br />
mittleren Alter von 19,8 Jahren (n = 23). Auch die Patienten der forensischen Ambulanzen<br />
im Rheinland wiesen eine Vorbelastung durch frühere Verurteilungen von etwa<br />
70 % und durch frühere Inhaftierungen von rund 45 % auf (Seifert & Schiffer, 2002).<br />
Unterbringungsdelikte<br />
Die Erfassung <strong>des</strong> (Haupt-)Delikts, das der Unterbringung im Maßregelvollzug zugrunde<br />
lag, orientierte sich an der Reihenfolge der Nennung der Delikte im Urteil. Jeder<br />
dritten Unterbringung (n = 23) eines Patienten lag eine Straftat gegen das Leben<br />
zugrunde, vorwiegend (versuchter) Mord oder Totschlag. Weitere 18,8 % (n = 13) waren<br />
aufgrund eines Brandstiftungsdelikts untergebracht und bei 15,9 % (n = 11) führte ein<br />
23
Sexualdelikt zur Unterbringung gem. § 63 StGB. Eine genaue Verteilung der Unterbringungsdelikte<br />
aller Patienten nach Deliktgruppen zeigt Tabelle 10. 59,4 % der Patienten<br />
(n = 41) waren aufgrund eines Hauptdelikts untergebracht, 21,7 % (n = 15) aufgrund<br />
von zwei Delikten, 18,8 % der Patienten (n = 13) hatten mehr als zwei Delikte<br />
begangen.<br />
Tab. 10: Unterbringungsdelikte nach Deliktgruppen (N = 69)<br />
Deliktgruppe Anzahl Prozent<br />
Straftaten gegen das Leben* 23 33,3<br />
Brandstiftungsdelikte 13 18,8<br />
Sexualdelikte (inkl. sex. Missbrauch von Kindern) 11 15,9<br />
Körperverletzung* 9 13,0<br />
Raub und Erpressung* 5 7,3<br />
Betrug, Urkundenfälschung 3 4,4<br />
Diebstahl und Unterschlagung* 3 4,4<br />
Straftaten gegen die persönliche Freiheit* 2 2,9<br />
GESAMT 69 100,0<br />
* Einteilung entsprechend der Abschnitte <strong>des</strong> StGB.<br />
Suchtmittelkonsum zum Tatzeitpunkt<br />
Angaben zum Konsum von Suchtmitteln zum Tatzeitpunkt fanden sich in den Urteilen<br />
oder Anklageschriften von 59 Patienten, davon konnte bei 31 Patienten (52,5 %) ein<br />
Suchtmittelkonsum nachgewiesen werden. In 26 Fällen (83,6 %) konnte der Konsum<br />
von Alkohol allein oder in Verbindung mit anderen Subtanzen festgestellt werden<br />
(n = 31). Tabelle 11 zeigt die Verteilung der einzelnen zum Zeitpunkt der Tat konsumierten<br />
Substanzen.<br />
Tab. 11: Suchtmittelkonsum zum Tatzeitpunkt nach Substanzen (n = 31)<br />
Substanz Anzahl Prozent<br />
Alkohol 22 71,0<br />
Medikamente 2 6,5<br />
Drogen 1 3,2<br />
Alkohol und Drogen 1 3,2<br />
Alkohol und Medikamente 3 9,7<br />
andere 2 6,5<br />
GESAMT 31 100,1<br />
24
Rechtsgrundlage der Unterbringung<br />
Insgesamt wurden 30 Patienten (44,8 %) <strong>für</strong> schuldunfähig und 37 Patienten (55,2 %)<br />
<strong>für</strong> vermindert schuldfähig befunden (n = 67). Bei fünf Patienten (7,5 %) wurden<br />
§ 3 JGG oder § 105 JGG angewandt (n = 67). 9 Rund die Hälfte aller Patienten (n = 33)<br />
wurde zusätzlich zu der Unterbringung im Maßregelvollzug zu einer Freiheitsstrafe<br />
verurteilt, die im Mittel 47,8 Monate betrug (Min: 6; Max: 180; n = 68).<br />
Neun Patienten (13,0 %) waren vor ihrer letzten Unterbringung schon einmal gem.<br />
§ 63 StGB untergebracht gewesen, davon acht Patienten einmal und ein Patient zweimal.<br />
Die erste Unterbringung gem. § 63 StGB erfolgte bei diesen Patienten in einem<br />
mittleren Alter von 25,0 Jahren (Min: 18; Max: 29). Die Gesamtdauer der früheren Unterbringungen<br />
betrug durchschnittlich 8,8 Jahre. Sechs der schon einmal untergebrachten<br />
Patienten waren aktuell aufgrund <strong>des</strong> Widerrufs einer bedingten Aussetzung<br />
gem. § 67 g StGB (n = 3) oder einer primären Aussetzung gem. § 67 b StGB (n = 1)<br />
untergebracht, weitere fünf Patienten waren erneut untergebracht. Die Rechtsgrundlage<br />
der aktuellen Unterbringung <strong>für</strong> alle 69 Patienten zeigt Tabelle 12.<br />
Tab. 12: Rechtsgrundlage der aktuellen Unterbringung (N = 69)<br />
Rechtsgrundlage Anzahl Prozent<br />
erstmalige Unterbringung 52 75,4<br />
erneute Unterbringung 5 7,2<br />
Widerruf nach primärer Aussetzung § 67 b StGB 5 7,2<br />
Widerruf nach bedingter Aussetzung § 67 g StGB 7 10,1<br />
GESAMT 69 99,9<br />
Die Gründe <strong>für</strong> die Widerrufe nach primärer oder bedingter Aussetzung, wie sie den<br />
Patientenakten zu entnehmen waren, sind in Tabelle 13 dargestellt. In 40,9 % der Fälle<br />
(n = 9) führte ein erneutes delinquentes Verhalten zum Widerruf der Aussetzung der<br />
Maßregel.<br />
9 § 3 JGG, Verantwortlichkeit: Ein Jugendlicher ist strafrechtlich verantwortlich, wenn er zur Zeit der<br />
Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug ist, das Unrecht der Tag einzusehen<br />
und nach dieser Einsicht zu handeln. [....] § 105 JGG, Anwendung <strong>des</strong> Jugendstrafrechts auf Heranwachsende:<br />
(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften<br />
mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die <strong>für</strong> einen Jugendlichen geltenden Vorschriften [...]<br />
entsprechend an, wenn 1. die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit <strong>des</strong> Täters bei Berücksichtigung<br />
auch seiner Umweltbedingungen ergibt, dass er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen<br />
Entwicklung einem Jugendlichen gleichstand, oder 2. es sich nach der Art, den Umständen oder den<br />
Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt. [....]<br />
25
Tab. 13: Widerrufsgründe nach primärer oder bedingter Aussetzung (n = 12 Patienten; Mehrfachnennung)<br />
Widerrufsgrund Anzahl Prozent<br />
erneute Delinquenz 9 40,9<br />
Verstoß gegen Weisungen 5 22,7<br />
Substanzmissbrauch 4 18,2<br />
Verweigerung der Medikamenteneinnahme 1 4,6<br />
aggressives Verhalten, Erwartung einer rechtswidrigen Tat 1 4,6<br />
notwendige psychiatrische Behandlung nicht vorangetrieben 1 4,6<br />
Entweichungen aus Heim, Klinik o.ä. 1 4,6<br />
GESAMT 22 100,2<br />
Alter bei Aufnahme<br />
Das durchschnittliche Alter der Patienten zum Zeitpunkt ihrer Aufnahme gem. § 63<br />
StGB war 30,6 Jahre (SD = 8,2; Median = 28,8). 10 Der jüngste Patient war bei seiner<br />
Aufnahme 17,5 Jahre alt, der älteste Patient bereits 51,5 Jahre.<br />
4.2 4.2 Verlauf Verlauf der der Rehabilitation Rehabilitation und und Nachsorge<br />
Nachsorge<br />
In die Betrachtung der Rehabilitations- und Nachsorgeverläufe wurden die 28 beurlaubten<br />
und die 35 entlassenen Patienten einbezogen. Sie werden entsprechend der in<br />
Abbildung 2 dargestellten Aufteilung der Stichprobe als zwei getrennte Gruppen betrachtet.<br />
Die sechs sonstigen Patienten, die von den Nachsorgemitarbeitern im Projektzeitraum<br />
betreut, jedoch weder langzeitbeurlaubt noch entlassen wurden, werden aus<br />
den weiteren Analysen ausgeschlossen. Die wichtigsten Angaben zu diesen sechs Patienten<br />
werden <strong>des</strong>halb im Folgenden kurz dargestellt.<br />
Vier der sechs sonstigen Patienten wurden im Projektzeitraum in allgemeinpsychiatrische<br />
Kliniken verlegt; davon befanden sich zwei im Sektor Münsterland, eine im Sektor<br />
Ruhrgebiet und eine im Sektor Ostwestfalen. Die Verlegungen erfolgten nach 2,3 Jahren,<br />
3,6 Jahren (Patient A), 4,1 Jahren und 9,7 Jahren (Patient B) Unterbringung gem.<br />
§ 63 StGB. 11 Patient A war während seiner Unterbringung im WZFP schon einmal zur<br />
allgemeinpsychiatrischen Behandlung in eine Klinik im Ruhrgebiet verlegt worden,<br />
nach zehn Monaten erfolgte jedoch eine Rückverlegung nach Eickelborn. Patient B<br />
war vor seiner Verlegung 1,3 Jahre in ein Wohnheim langzeitbeurlaubt gewesen; diese<br />
Beurlaubung wurde noch vor Projektbeginn abgebrochen - etwa ein Jahr vor der Verlegung.<br />
Einer der sechs sonstigen Patienten wurde auf eigenen Wunsch nach 2,3 Jahren Unterbringung<br />
gem. § 63 StGB abgeschoben. Er hatte freiwillig auf seine deutsche Staatsangehörigkeit<br />
verzichtet, um nach Polen ausgewiesen zu werden, wo er in eine psychiatrische<br />
Klinik überwiesen wurde. Die Abschiebung <strong>des</strong> Patienten war laut Akten<br />
„dringend indiziert, forensisch verantwortbar“ und wurde vom Behandlungsteam be-<br />
10 Berechnet wurde das Alter zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Unterbringung gem. § 63 StGB.<br />
11 Berechnet wurde der Zeitraum von der Rechtskraft der Unterbringung gem. § 63 StGB bis zum Tag<br />
der Verlegung.<br />
26
<strong>für</strong>wortet. Im Vorfeld der Abschiebung gab es Gespräche mit den Angehörigen <strong>des</strong><br />
Patienten, darüber hinaus nahm der zuständige Nachsorgemitarbeiter Kontakt zur<br />
Deutsch-Polnischen Gesellschaft <strong>für</strong> Seelische Gesundheit auf, um stationäre Weiterbehandlungsmöglichkeiten<br />
in Polen abzuklären. Es erfolgte die Zusendung von Arztberichten<br />
an die weiterbehandelnde polnische Klinik. Nach der Abschiebung <strong>des</strong> Patienten<br />
führte der zuständige Mitarbeiter <strong>des</strong> WZFP eine bedarfsorientierte „telefonische<br />
Nachsorge“ durch.<br />
Ein weiterer Patient wurde nach 9,9 Jahren Unterbringung gem. § 63 StGB aufgrund<br />
einer Erkrankung in ein Justizkrankenhaus verlegt, wo er anschließend verstarb.<br />
4.2.1 4.2.1 Beurlaubte Beurlaubte Patienten<br />
Patienten<br />
Die Gruppe der beurlaubten Patienten umfasst 28 Personen, die im Projektzeitraum<br />
langzeitbeurlaubt wurden. Bei einem Viertel (n = 7) wurde die Langzeitbeurlaubung im<br />
Projektzeitraum abgebrochen. Am Stichtag 31.12.2002 befanden sich sechs dieser Patienten<br />
stationär im WZFP, ein Patient war inzwischen in eine allgemeinpsychiatrische<br />
Klinik im Sektor Ostwestfalen verlegt worden. Die folgenden Angaben zum Rehabilitationsverlauf<br />
beziehen sich jeweils auf die letzte Langzeitbeurlaubung mit dem Ziel der<br />
Entlassung, die im Projektzeitraum begonnen wurde.<br />
Kontaktaufnahme zu Angehörigen<br />
In den Akten von 13 Patienten (46,4 %) fanden sich Angaben zur Kontaktaufnahme der<br />
Nachsorgemitarbeiter zu Angehörigen im Zuge der Urlaubsvorbereitung. Bei einem<br />
Patienten waren die Pflegeeltern bereits verstorben, bei einem weiteren Patienten verweigerten<br />
sowohl die Eltern als auch der Patient eine Kontaktaufnahme, sodass Aktivitäten<br />
der Nachsorgemitarbeiter unterblieben.<br />
In welchem Ausmaß die übrigen elf Patienten bereits während ihrer stationären Unterbringung<br />
im WZFP über Angehörigenkontakte verfügten, konnte den Akten nicht<br />
entnommen werden. Die persönliche Kontaktaufnahme der Nachsorgemitarbeiter zu<br />
Angehörigen erfolgte vorwiegend im Rahmen von Hausbesuchen und gemeinsamen<br />
Gesprächen mit der Familie, den Eltern und (Ehe-)PartnerInnen der Patienten. In einem<br />
Fall fand ein Gespräch mit dem Jugendamt, dem Patienten und <strong>des</strong>sen Eltern<br />
statt, das einerseits der Auswertung der bisherigen Besuchskontakte zwischen dem<br />
Patienten und seiner Tochter diente, andererseits der Regelung der Kontaktdichte im<br />
ersten Jahr der Beurlaubung. In einem anderen Fall war ein Gespräch mit der neuen<br />
Ehefrau eines Patienten erforderlich, um diese über den Lebenshintergrund <strong>des</strong> Patienten<br />
aufzuklären und <strong>für</strong> etwaige Gefährdungssituationen zu sensibilisieren.<br />
Unterbringungsdauer und Alter<br />
Zu Beginn der letzten Beurlaubung, die im Projektzeitraum begonnen wurde, waren<br />
die Patienten im Mittel 10,2 Jahre gem. § 63 StGB untergebracht gewesen (Min: 2,0;<br />
Max: 25,4; Median = 10,1; SD = 6,2). 12 Die hohe mittlere Unterbringungsdauer erklärt<br />
12 Berechnet wurde jeweils der Zeitraum von der Rechtskraft der Unterbringung gem. § 63 StGB bis<br />
zum Tag <strong>des</strong> Beginns der Langzeitbeurlaubung am Beurlaubungsort.<br />
27
sich dadurch, dass die Hälfte der Patienten dieser Stichprobe (n = 14) zu Beginn ihrer<br />
Beurlaubung bereits über zehn Jahre untergebracht waren - darunter acht Patienten<br />
mit Persönlichkeitsstörungen. 10,7 % der beurlaubten Patienten (n = 3) konnten sogar<br />
auf eine über 20-jährige Unterbringungszeit im Maßregelvollzug zurückblicken. Tabelle<br />
14 gibt einen Überblick über die Unterbringungsdauern bis zur letzten Beurlaubung.<br />
Tab. 14: Unterbringungsdauer bis zur letzten Beurlaubung (N = 28)<br />
Unterbringungsdauer in Jahren Anzahl Prozent<br />
2 - 5 Jahre 6 21,4<br />
5 - 7 Jahre 4 14,3<br />
7 - 10 Jahre 4 14,3<br />
10 - 13 Jahre 10 35,7<br />
18 - 20 Jahre 1 3,6<br />
über 20 Jahre 3 10,7<br />
GESAMT 28 100,0<br />
Betrachtet man die unterschiedlichen Störungsgruppen, zeigt sich, dass persönlichkeitsgestörte<br />
Patienten mit durchschnittlich 10,2 Jahren Unterbringungsdauer<br />
(Min: 3,5; Max: 22,1; Median = 10,5; SD = 5,2) bis zur Beurlaubung deutlich länger untergebracht<br />
waren als schizophrene Patienten mit durchschnittlich 6,6 Jahren<br />
(Min: 2,0; Max: 12,3; Median = 5,8; SD = 4,2). Dieser Unterschied ist allerdings nicht<br />
statistisch bedeutsam. Die drei Patienten mit Intelligenzminderung waren vor ihrer<br />
Beurlaubung im Mittel 14,7 Jahre untergebracht (Min: 5,9; Max: 25,4; Median = 12,6;<br />
SD = 9,9).<br />
Das mittlere Alter der Patienten bei Beurlaubungsbeginn betrug 39,6 Jahre (Min: 28,9;<br />
Max: 55,5; SD = 7,2). Es ist zu berücksichtigen, dass es sich bei einigen Patienten keinesfalls<br />
um die erste Langzeitbeurlaubung mit dem Ziel der Entlassung handelte.<br />
Lebens- und Wohnverhältnisse<br />
Alle Patienten lebten zu Beginn ihrer Langzeitbeurlaubung in einem professionell betreuten<br />
Umfeld: 92,9 % der Patienten (n = 26) befanden sich in einer stationären Einrichtung,<br />
zwei Patienten (7,1 %) wurden ambulant betreut - davon lebte ein Patient in<br />
der Wohnung seiner Mutter, ein weiterer Patient in seiner eigenen Wohnung. Eine<br />
genaue Beschreibung der Lebens- und Wohnverhältnisse der Patienten zu Beginn ihrer<br />
Beurlaubung findet sich in Tabelle 15. 13<br />
Zwei Patienten zogen während ihrer Langzeitbeurlaubung im Projektzeitraum um: Der<br />
erste Patient wechselte nach 58,9 Wochen von einer Klinik zur Rehabilitation von<br />
Doppeldiagnosen in eine Adaptionsreinrichtung, der zweite Patient zog nach 56,1 Wochen<br />
von einer Rehabilitationseinrichtung <strong>für</strong> psychisch Kranke (RPK) in eine eigene<br />
Wohnung in derselben Stadt, in der er im Rahmen <strong>des</strong> Betreuten Wohnens weiterbetreut<br />
wurde.<br />
13 Die Zuordnung zu den verschiedenen Einrichtungstypen orientierte sich an den Angaben der Einrichtungen<br />
im Rahmen der schriftlichen Befragung.<br />
28
Tab. 15: Lebens- und Wohnverhältnisse zu Beginn der Beurlaubung (N = 28)<br />
Anzahl Prozent<br />
Dauerwohnheim 10 35,7<br />
Rehabilitationseinrichtung <strong>für</strong> psychisch Kranke (RPK) 10 35,7<br />
Übergangswohnheim 3 10,7<br />
Pflegeeinrichtung <strong>für</strong> psychisch Kranke mit rehabilitativer<br />
Grundausrichtung<br />
2 7,1<br />
Klinik zur Rehabilitation von Doppeldiagnosen 1 3,6<br />
Wohnung der Mutter mit Betreutem Wohnen 1 3,6<br />
eigene Wohnung mit Betreutem Wohnen 1 3,6<br />
GESAMT 28 100,0<br />
Tabelle 16 zeigt die Lebens- und Wohnverhältnisse zu Beginn der Beurlaubung <strong>für</strong> die<br />
beiden häufigsten Diagnosegruppen. Es zeigt sich, dass fast die Hälfte der Patienten<br />
mit einer Persönlichkeitsstörung in ein Dauerwohnheim beurlaubt wurde, rund ein<br />
Viertel in eine Rehabilitationseinrichtung <strong>für</strong> psychisch Kranke. Patienten mit einer<br />
schizophrenen Erkrankung wurden dagegen zu drei Viertel in Rehabilitationseinrichtungen<br />
<strong>für</strong> psychisch Kranke langzeitbeurlaubt und nur eine Person in ein Dauerwohnheim.<br />
Von den drei Patienten mit Intelligenzminderung wurden zwei in eine<br />
Pflegeeinrichtung <strong>für</strong> psychisch Kranke mit rehabilitativer Grundausrichtung beurlaubt<br />
und ein Patient in ein Übergangwohnheim. Die zwei Patienten mit einer hirnorganischen<br />
Störung wurden beide in ein Dauerwohnheim beurlaubt.<br />
Tab. 16: Lebens- und Wohnverhältnisse zu Beginn der Beurlaubung nach Diagnosen<br />
Diagnose Persönlichkeitsstörung<br />
Diagnose<br />
Schizophrenie<br />
Anzahl Prozent Anzahl Prozent<br />
Dauerwohnheim 7 46,7 1 12,5<br />
Rehabilitationseinrichtung <strong>für</strong> psychisch Kranke (RPK) 4 26,7 6 75,0<br />
Übergangswohnheim 2 13,3 - -<br />
Klinik zur Rehabilitation von Doppeldiagnosen 1 6,7 - -<br />
Wohnung der Mutter mit Betreutem Wohnen - - 1 12,5<br />
eigene Wohnung mit Betreutem Wohnen 1 6,7 - -<br />
GESAMT 15 100,1 8 100,0<br />
Die 28 langzeitbeurlaubten Patienten wurden zu Beginn ihrer Beurlaubung von 24<br />
Einrichtungen und ambulanten Diensten betreut; durch den Umzug eines Patienten<br />
kam im Verlauf eine weitere kooperierende Einrichtung hinzu. Zwei Einrichtungen<br />
haben im Projektzeitraum je zwei beurlaubte Patienten <strong>des</strong> WZFP aufgenommen, eine<br />
Einrichtung hat im Projektzeitraum drei beurlaubte Patienten aufgenommen. Bei zwei<br />
der Einrichtungen, die mehr als einen Patienten <strong>des</strong> WZFP betreut haben, handelte es<br />
sich um RPK, eine der Einrichtungen war eine Pflegeeinrichtung <strong>für</strong> psychisch Kranke<br />
mit rehabilitativer Grundausrichtung.<br />
Zwölf Patienten (42,9 %) wurden in den Sektor Ruhrgebiet beurlaubt, acht Patienten<br />
(28,6 %) in den Sektor Ostwestfalen, zwei Patienten (7,1 %) in den Sektor Münsterland<br />
und sechs Patienten (3,6 %) wurden in eine Region außerhalb der Sektoren <strong>des</strong> WZFP<br />
beurlaubt. Um zu untersuchen, wie häufig Patienten zur Rehabilitation in ihre Her-<br />
29
kunftsregion zurückkehren, wurden Herkunfts- und Beurlaubungsort <strong>für</strong> jeden Patienten<br />
verglichen. Der Herkunftsort eines Patienten wurde definiert als der Ort, an dem<br />
ein Patient vor seinem Unterbringungsdelikt gelebt bzw. sich überwiegend aufgehalten<br />
hatte. Aus Tabelle 17 geht hervor, dass nur drei Patienten in die Stadt oder Gemeinde<br />
ihrer Herkunft beurlaubt wurden und nur vier Patienten in den Kreis ihrer Herkunft<br />
(n = 27). Es muss berücksichtigt werden, dass eine Rückführung in die Herkunftsregion<br />
aus opferspezifischen, familiären oder behandlungsprognostischen Gründen in einzelnen<br />
Fällen durchaus kontraindiziert sein kann (Ortlieb, 2002).<br />
Tab. 17: Orte der Beurlaubung und Herkunft im Vergleich (n = 27)<br />
Anzahl Prozent<br />
Stadt/Gemeinde der Beurlaubung = Stadt/Gemeinde der Herkunft 3 11,1<br />
Kreis der Beurlaubung = Kreis der Herkunft 4 29,6<br />
Regierungsbezirk der Beurlaubung = Regierungsbezirk der Herkunft 11 40,7<br />
Bun<strong>des</strong>land der Beurlaubung = Bun<strong>des</strong>land der Herkunft 22 81,5<br />
Urlaubsunterbrechungen, Urlaubsabbrüche und Krisen<br />
In rund jedem dritten Fall (n = 9) musste die Langzeitbeurlaubung unterbrochen werden,<br />
und die Patienten wurden vorübergehend ins WZFP zurückgeholt. Bei sechs Patienten<br />
kam es zu je einer Urlaubsunterbrechung, bei drei Patienten wurde die Beurlaubung<br />
zweimal unterbrochen. Die Urlaubsunterbrechungen dauerten durchschnittlich<br />
30 Tage (Min: 7; Max: 104). Tabelle 18 zeigt die Urlaubsunterbrechungen <strong>für</strong> jeden<br />
Patienten einschließlich ihrer Ursachen im zeitlichen Verlauf.<br />
30
Tab. 18: Darstellung der Urlaubsunterbrechungen (n = 9 Patienten)<br />
UrDiaglaubsnose*beginn<br />
F20 04/01 03/02<br />
1. Unt. Ursache der 1. Unterbrechung<br />
sexuelle Gewaltvorwürfe einer Mitbewohnerin<br />
(Entlastung von Gewaltvorwurf nach Gespräch<br />
mit Therapeutin <strong>des</strong> Patienten)<br />
2.<br />
Unt.<br />
09/02<br />
F60 05/01 04/02 Alkoholrückfall - -<br />
F60 07/01 06/02<br />
auf Wunsch <strong>des</strong> Patienten, der erklärte,<br />
Drohanrufe bekommen zu haben<br />
F60 01/02 05/02 anhaltende Stimmungsschwankungen - -<br />
F60 03/02 03/02<br />
F60 05/02 07/02<br />
aufgekommene Bedenken über Verantwortbarkeit<br />
<strong>des</strong> Bezugs einer eigenen Wohnung,<br />
Entscheidung zur Beurlaubung sei unter Zeitdruck<br />
entstanden<br />
auf Wunsch der Einrichtung, aufgrund von<br />
Gewaltphantasien <strong>des</strong> Patienten, von denen<br />
er sich nicht ausreichend distanzieren konnte<br />
Ursache der 2.<br />
Unterbrechung<br />
präpsychotische Entwicklung,<br />
krisenhafte Gesamtentwicklung<br />
08/02 unbekannt<br />
- -<br />
- -<br />
F20 06/02 08/02 mehrmals geringfügige Alkoholrückfälle - -<br />
F20 07/02 08/02<br />
Feststellung eines erhöhten Cannabinoidwertes<br />
(konnte nicht bestätigt werden)<br />
08/02<br />
F06 07/02 10/02 massive Bedrohung <strong>des</strong> Heimpersonals - -<br />
Patient hatte Abschiebung<br />
beantragt, Abklärung <strong>des</strong><br />
ausländerrechtlichen Status<br />
* Diagnoseschlüssel nach ICD-10: F20 Schizophrenie; F60 Persönlichkeitsstörung; F06 (hirn-)organi-<br />
sche Störung.<br />
Bei einem Viertel der Patienten (n = 7) musste der im Projektzeitraum begonnene Urlaub<br />
abgebrochen werden; ein Patient war vorher bereits zweimal kurzzeitig ins WZFP<br />
zurückgeholt worden. Die sieben Patienten, bei denen die Langzeitbeurlaubung abgebrochen<br />
werden musste, waren im Mittel 8,8 Monate beurlaubt gewesen (Min: 1,6;<br />
Max: 25,6; Median = 4,5; SD = 8,8). Die Diagnosen, die Dauer der Beurlaubung, die<br />
Lebensverhältnisse und die Gründe <strong>für</strong> den Urlaubsabbruch sind <strong>für</strong> die betroffenen<br />
Patienten in Tabelle 19 dargestellt.<br />
31
Tab. 19: Darstellung der Urlaubsabbrüche (n = 7)<br />
Diag- Dauer der<br />
nose* Beurlaubung<br />
F70 1,6 Monate<br />
Lebensverhältnis Ursache <strong>des</strong> Urlaubsabbruchs<br />
Pflegeeinrichtung <strong>für</strong><br />
psychisch Kranke<br />
Entweichung aus der Einrichtung, Patient stellte sich<br />
wenige Tage später der Polizei in Frankfurt (2. Urlaubsabbruch)*<br />
F60 2,2 Monate Dauerwohnheim Alkoholkonsum (2. Urlaubsabbruch)**<br />
F20 4,0 Monate<br />
F70 4,5 Monate<br />
Wohnung der Mutter<br />
mit Betreutem Wohnen<br />
Pflegeeinrichtung <strong>für</strong><br />
psychisch Kranke<br />
F60 8,4 Monate Übergangswohnheim<br />
F70 15,3 Monate Übergangswohnheim<br />
F60 25,6 Monate Rehabilitationseinrichtung<br />
<strong>für</strong> psychisch<br />
Kranke (RPK)<br />
Probleme mit Kollegen der WfB, Überbelastung, Medikamentenverweigerung<br />
aufgrund von Nebenwirkungen,<br />
infolge<strong>des</strong>sen stationäre Aufnahme in allgemeinpsychiatrischer<br />
Klinik, Verschlechterung der psychischen Befindlichkeit,<br />
verbale Aggressionen, Rückzug aus Familienleben,<br />
vermehrtes Stimmenhören (vorher zwei Urlaubsunterbrechungen)<br />
Entweichungen aus der Einrichtung und Alkoholkonsum<br />
(2. Urlaubsabbruch)**<br />
wiederholte Alkoholexzesse und damit Verstoß gegen<br />
Beurlaubungsauflagen, der Lockerungsstatus Langzeitbeurlaubung<br />
ist nicht mehr zu verantworten<br />
Bedingungen im Wohnheim wurden vom WZFP zunehmend<br />
als nicht ausreichend gesichert eingeschätzt; kein<br />
geeigneter Therapeut mit Erfahrungen in der Therapie<br />
von Sexualstraftätern am Beurlaubungsort; Sexualstörungen<br />
<strong>des</strong> Patienten konnten und können nicht ausreichend<br />
psychotherapeutisch bearbeitet werden (Ausgangspunkt<br />
war neues Gutachten von externem Gutachter)<br />
Schwierigkeiten mit der sozialen Anpassung und der<br />
Teilnahme an den vorgeschriebenen Arbeitsmaßnahmen,<br />
mangelnde Absprachefähigkeit, zunehmende Verwahrlosung,<br />
Verstoß gegen Beurlaubungsauflagen (zwei<br />
Monate nach Abbruch Verlegung in allgemeinpsychiatrische<br />
Klinik)<br />
* Diagnoseschlüssel nach ICD-10: F20 Schizophrenie; F60 Persönlichkeitsstörung; F70 Intelligenzminderung.<br />
** Der erste Urlaubsabbruch lag zeitlich vor Projektbeginn.<br />
Neben Krisen, die zu Urlaubsunterbrechungen und Urlaubsabbrüchen führten, wurden<br />
weitere Schwierigkeiten im Laufe der Langzeitbeurlaubung dokumentiert. Dazu zählten<br />
unangemeldetes Verlassen <strong>des</strong> Wohnheims, unabgesprochene Besuche bei Angehörigen,<br />
Konflikte mit BewohnerInnen und MitarbeiterInnen nachsorgender Einrichtungen,<br />
(verbal-)aggressives Verhalten, Stimmungsschwankungen und Alkoholkonsum.<br />
Bei einem Patienten wurde der Beginn der Beurlaubung insgesamt als „konflikthaft<br />
und schwierig“ beschrieben, was sich in starken Ängsten, Verärgerungen, lauten Beschimpfungen<br />
und der Einforderung seiner sofortigen Rückkehr ins WZFP ausdrückte.<br />
Für den Patienten, <strong>des</strong>sen Beurlaubung aufgrund von Alkoholrückfällen unterbrochen<br />
werden musste, dokumentierte der Nachsorgemitarbeiter: „Der Beurlaubungsverlauf ist<br />
zwar nicht unproblematisch gewesen, aufgrund der Persönlichkeitsstörungen <strong>des</strong> Patienten<br />
waren Grenztestungen allerdings erwartbar und der Patient hat im Nachhinein<br />
eingesehen, zuviel gewollt zu haben.“<br />
Den weniger schwerwiegenden Krisen wurde durch Interventionsmaßnahmen begegnet,<br />
die eine Beurlaubungsunterbrechung oder gar einen Abbruch verhindern konnten.<br />
Zu diesen Kriseninterventionsmaßnahmen zählten Einzelgespräche mit den Patienten,<br />
fallbezogene Krisengespräche mit den Nachsorgeeinrichtungen - ggf. unter Einbezug<br />
von BewohnerInnen - und nicht zuletzt institutionenübergreifende Fallbesprechungen.<br />
In einzelnen Fällen wurde die psychotherapeutische Begleitung durch die forensisch-<br />
32
psychiatrische Kontaktstelle in Bochum verstärkt, falls erforderlich wurden regelmäßige<br />
Alkoholkontrollen, Drogenscreenings und die Umstellung der Medikation beschlossen.<br />
In einem weiteren Fall wurden die Urlaubsauflagen erweitert, sodass der Patient<br />
einen bestimmten Landkreis nicht mehr allein verlassen durfte.<br />
Medikamentöse Weiterbehandlung<br />
Angaben zur Vereinbarung einer medikamentösen Weiterbehandlung während der<br />
Beurlaubung fanden sich in den Akten von 18 Patienten (64,3 %): Bei drei Patienten<br />
(16,7 %) war keine Weiterbehandlung mit Medikamenten erforderlich, 15 Patienten<br />
(83,3 %) mussten weiterhin Medikamente aufgrund einer psychischen Erkrankung einnehmen.<br />
Darunter waren sieben Patienten mit Schizophrenie, sechs Patienten mit einer<br />
Persönlichkeitsstörung und zwei Patienten mit einer hirnorganischen Störung. Die<br />
Art der Medikation war in 14 Fällen dokumentiert, um welche Medikamente es sich<br />
dabei handelte, zeigt Tabelle 20.<br />
Tab. 20: Medikamentöse Weiterbehandlung während der Beurlaubung nach Diagnosen (Mehrfachnennung)<br />
Medikamentengruppe<br />
Persönlichkeitsstörung<br />
(n = 5)<br />
Schizophrenie<br />
(n = 7)<br />
hirnorganische<br />
Störung<br />
(n = 2)<br />
Gesamt<br />
(n = 14)<br />
n % n % n % n %<br />
Neuroleptikum 5 100,0 7 100,0 2 100,0 14 100,0<br />
Antiepileptikum 1 20,0 - - 1 50,0 2 14,3<br />
Antiparkinsonmittel (Akineton) 1 20,0 - - 1 50,0 2 14,3<br />
Antidepressivum 1 20,0 - - - - 1 7,1<br />
Psychotherapeutische Nachsorge<br />
Im Projektzeitraum wurden drei der 28 beurlaubten Patienten in der forensischpsychiatrischen<br />
Kontaktstelle <strong>des</strong> WZFP in Bochum ambulant psychotherapeutisch<br />
behandelt. Die Kontaktstelle wird von einem Psychologischen Psychotherapeuten <strong>des</strong><br />
WZFP besetzt. Die vorrangigen Ziele der psychotherapeutischen Nachsorge, wie sie in<br />
der Kontaktstelle durchgeführt wird, sind laut Ortlieb (2002, S. 21 ff):<br />
� Motivationsförderung zur fortgesetzten Bearbeitung kriminogener Faktoren unter<br />
realitätsnahen Lebensbedingungen<br />
� fortgesetzte Deliktbearbeitung<br />
� Rückfallprävention zur Vermeidung erneuter Straftaten<br />
� Aufbau einer stabilen sozialen Identität und Lebensperspektive.<br />
Bei allen drei Patienten lag eine Persönlichkeitsstörung vor, weitere Angaben zu Unterbringungsdelikten,<br />
Wohnverhältnissen etc. sind Tabelle 21 zu entnehmen. Darauf<br />
folgen jeweils kurze Beschreibungen <strong>des</strong> aktuellen und längerfristigen Psychotherapiebedarfs,<br />
wie sie den Psychotherapieberichten und Darstellungen <strong>des</strong> behandelnden<br />
Psychotherapeuten zu entnehmen waren. Bis auf Patient C, <strong>des</strong>sen Beurlaubung abgebrochen<br />
werden musste, befinden sich die Patienten zum gegenwärtigen Zeitpunkt<br />
noch in psychotherapeutischer Behandlung. Es sind keine weiteren Fälle beurlaubter<br />
33
Patienten bekannt, die - z.B. von niedergelassenen PsychotherapeutInnen - ambulant<br />
behandelt wurden.<br />
Tab. 21: Psychotherapeutische Nachsorge <strong>für</strong> beurlaubte Patienten (N = 3)<br />
Diagnose nach ICD-<br />
10<br />
Patient A Patient B Patient C<br />
narzisstische Persönlichkeitsstörung<br />
F60.8<br />
emotional instabile Persönlichkeitsstörung<br />
F60.3<br />
histrionische Persönlichkeitsstörung<br />
F60.4<br />
Unterbringungsdelikt Sexualdelikt Sexualdelikt Brandstiftungsdelikt<br />
Wohnverhältnisse eigene Wohnung mit Betreutem<br />
Wohnen<br />
Beginn der psychotherapeutischen<br />
Nachsorge<br />
Ort der psychotherapeutischenNachsorge<br />
errichtetes Betreuungsnetzwerk<br />
Übergangswohnheim Übergangswohnheim<br />
Kontaktanbahnung ohne regelmäßige Termine bereits<br />
vor Urlaubsbeginn, seit Urlaubsbeginn psychotherapeutische<br />
Nachsorge<br />
Kontaktstelle in Bochum im Wechsel aufsuchend<br />
oder in Kommstruktur in<br />
Kontaktstelle in Bochum<br />
Nachsorgemitarbeiter<br />
WZFP, Psychotherapeut<br />
WZP, Mitarbeiter <strong>des</strong><br />
Betreuten Wohnens,<br />
(Arbeitgeber)<br />
Nachsorgemitarbeiter<br />
WZFP, Psychotherapeut<br />
WZFP, Mitarbeiter der<br />
Nachsorgeeinrichtung,<br />
familientherapeutische<br />
Unterstützung durch Sozialarbeiter<br />
WZFP, BWH,<br />
Teilnahme an Deliktgruppe<br />
im WZFP<br />
während der Beurlaubung<br />
Kontaktstelle in Bochum<br />
Nachsorgemitarbeiter<br />
WZFP, Psychotherapeut<br />
WZFP, Mitarbeiter der<br />
Nachsorgeeinrichtung<br />
Bei Patient A wurde die Indikation <strong>für</strong> eine ambulante Psychotherapie von den stationären<br />
Vorbehandlern gestellt. Folgende Ziele standen im Vordergrund der psychotherapeutischen<br />
Gespräche: die Bearbeitung aktueller Anforderungssituationen, die Begleitung<br />
<strong>des</strong> Kontakt- und Beziehungsaufbaus zu potentiellen Partnerinnen und <strong>des</strong>sen<br />
Überprüfung auf <strong>des</strong>tabilisierende Faktoren sowie die Bearbeitung (rest-)risiko-<br />
relevanter Faktoren. Auch wenn der Patient selbst keinen unmittelbaren Unterstützungs-<br />
oder Hilfebedarf formulierte, bleibt aus Sicht <strong>des</strong> Therapeuten ein längerfristiger<br />
Psychotherapiebedarf während der Langzeitbeurlaubung unbedingt erhalten. Wie<br />
dem Psychotherapiebericht zu entnehmen war, erfolgte „die psychotherapeutische Verlaufsbeobachtung<br />
und Behandlung [...] u.a. auch aus kriminalprognostischen Gründen.<br />
Weiterhin bleibt eine prozessbegleitende psychotherapeutische Bearbeitung (rest-)<br />
risikorelevanter Faktoren angezeigt“. Bei einem persönlichkeitsgestörten Sexualstraftäter<br />
sei grundsätzlich von einer verlängerten Rückfallgefahr auszugehen.<br />
Mit Patient B wurden im zweiwöchentlichen Rhythmus Psychotherapiesitzungen<br />
durchgeführt, die vorrangig der Aufweichung seiner rigiden Verhaltensmaßstäbe sowie<br />
deren Anpassung an die Realitätsanforderungen dienten. Darüber hinaus wurden depressive<br />
Reaktionen, die u.a. durch die Teilnahme an der gruppentherapeutischen<br />
Straftäterbehandlung im WZFP hervorgerufen wurden, sowie Kränkungssituationen<br />
innerhalb der Familie aufgegriffen und bearbeitet. Während der Beurlaubung, die zeitweise<br />
unterbrochen werden musste, traten „erhebliche Beziehungsstörungen und Affektlabilitäten“<br />
auf. Auch unter Berücksichtigung der Behandlungsfortschritte und ersichtlicher<br />
dynamischer Faktoren muss aus Sicht <strong>des</strong> Therapeuten „von einem statistisch<br />
erhöhten Grundrisiko <strong>für</strong> erneute Straftaten ausgegangen werden“. Ein Psychotherapiebedarf<br />
war unbedingt vorhanden und wird auch längerfristig über den Zeitpunkt<br />
der Beurlaubung hinaus bestehen bleiben. Ergänzend sind prozessbegleitende<br />
zeitaufwendige Rücksprachen mit den an der Nachsorge beteiligten Personen erforder-<br />
34
lich. Für den Patienten wurde während der Beurlaubung ein besonders enges und<br />
komplexes Betreuungsnetzwerk geknüpft (vgl. Tab. 21).<br />
Bei Patient C entstand der Psychotherapiebedarf während der Beurlaubung vor dem<br />
Hintergrund der Messung einer Blutalkoholkonzentration von 0,7 Promille. Alkohol<br />
stellt bei dem Patienten einen bedeutenden deliktrelevanten Faktor dar, auch das Unterbringungsdelikt<br />
wurde unter Alkoholeinfluss begangen. In den Psychotherapiesitzungen,<br />
die fast wöchentlich stattfanden, wurde der stattgefundene Alkoholmissbrauch<br />
bearbeitet. Nach Einschätzung <strong>des</strong> Psychotherapeuten äußerte sich der Patient jedoch<br />
„nur vordergründig problembewusst“ und wurde als „akut alkoholrückfallgefährdet“<br />
eingestuft. Die ambulante Psychotherapie <strong>des</strong> Patienten wurde durch einen Abbruch<br />
der Langzeitbeurlaubung - aufgrund von erneut positiver Alkoholtestung - nach rund<br />
acht Monaten Beurlaubung beendet. Weitere Perspektiven der Nachsorge waren nach<br />
Abbruch der Langzeitbeurlaubung im August 2002 nicht abzusehen, <strong>für</strong> den Fall einer<br />
Wiederbeurlaubung wurde vom behandelnden Psychotherapeuten jedoch ein längerfristiger<br />
ambulanter Psychotherapiebedarf gesehen.<br />
Familienstand, Partnerschaft und Erwerbstätigkeit<br />
Betrachtet man den Familienstand der Patienten zum Zeitpunkt ihrer Aufnahme und<br />
nach Beginn der Langzeitbeurlaubung, wird deutlich, dass zu beiden Zeitpunkten rund<br />
drei Viertel aller Patienten ledig waren; Tabelle 22 zeigt diesen Vergleich. Auch wenn<br />
nach Beginn der Beurlaubung nur vier Patienten (17,4 %) verheiratet waren oder in<br />
einer festen Partnerschaft lebten, war bei immerhin neun Patienten (32,1 %) eine (feste)<br />
Partnerschaft bekannt. Bei vier Patienten war die Partnerschaft während der Beurlaubung<br />
entstanden, bei drei Patienten während der Unterbringung im WZFP - zwei der<br />
PartnerInnen waren ebenfalls im WZFP untergebracht. Bei einem weiteren Patienten<br />
bestand die Partnerschaft bereits vor der Unterbringung. Es ist zu berücksichtigen,<br />
dass bei einem Großteil der Patienten nicht dokumentiert wurde, ob eine Partnerschaft<br />
bestand oder nicht.<br />
Tab. 22: Familienstand bei Aufnahme (N = 28) und letzter bekannter Familienstand nach Beginn<br />
der Beurlaubung (n = 23)<br />
Familienstand<br />
bei Aufnahme nach Beurlaubung<br />
Anzahl Prozent Anzahl Prozent<br />
ledig 22 78,6 17 73,9<br />
verheiratet/in fester Partnerschaft lebend 2 7,1 4 17,4<br />
geschieden/getrennt lebend 4 14,3 2 8,7<br />
GESAMT 28 100,0 23 100,0<br />
Zum Zeitpunkt der Aufnahme in den Maßregelvollzug war die Hälfte aller Patienten<br />
(n = 10) arbeitslos, nach Beurlaubungsbeginn waren drei Viertel der Patienten (n = 12)<br />
im Rahmen einer stationären/ambulanten Arbeitstherapie oder an einem beschützten<br />
Arbeitsplatz beschäftigt. Auch hier ist einschränkend anzumerken, dass <strong>für</strong> einen<br />
Großteil der Patienten keine Angaben zur Erwerbstätigkeit erhoben werden konnten.<br />
Es wird jedoch deutlich, dass nach Beginn der Beurlaubung so gut wie kein Patient<br />
eine Tätigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt antreten konnte und die Patienten vorwiegend<br />
in Beschäftigungs- und tagesstrukturierende Angebote der nachsorgenden Einrichtungen<br />
und Dienste eingebunden wurden. Tabelle 23 zeigt den Vergleich der Erwerbstätigkeit<br />
bei Aufnahme und nach Beginn der Beurlaubung.<br />
35
Tab. 23: Erwerbstätigkeit bei Aufnahme (n = 20) und nach Beginn der Beurlaubung (n = 16)<br />
Erwerbstätigkeit<br />
bei Aufnahme nach Beurlaubung<br />
Anzahl Prozent Anzahl Prozent<br />
arbeitslos 10 50,0 1 6,3<br />
in schulischer/beruflicher Ausbildung 1 5,0 1 6,3<br />
Ganz-/Halbtagsbeschäftigung 3 15,0 1 6,3<br />
in stationärer/ambulanter AT o.ä. - - 6 37,5<br />
in beschützter Werkstatt o.ä. 2 10,0 6 37,5<br />
wechselnde Gelegenheitsarbeiten 1 5,0 - -<br />
Beschäftigung in JVA 1 5,0 - -<br />
Hausfrau/-mann 1 5,0 - -<br />
RentnerIn 1 5,0 1 6,3<br />
GESAMT 20 100,0 16 100,2<br />
Beurlaubungsdauer<br />
Für die 21 Patienten, die sich zum Ende <strong>des</strong> Projekts noch in der Langzeitbeurlaubung<br />
befanden, ließ sich eine mittlere Beurlaubungsdauer von 10,6 Monaten ermitteln (Min:<br />
0,7; Max: 30,2; Median = 9,4; SD = 7,9). Berechnet wurde dabei jeweils der Zeitraum<br />
zwischen dem Beginn der Langzeitbeurlaubung am Beurlaubungsort und dem Stichtag<br />
31.12.2002, dem offiziellen Ende <strong>des</strong> Projekts „Ambulante Nachsorge“.<br />
4.2.2 4.2.2 Entlassene Entlassene Patienten<br />
Patienten<br />
Die Gruppe der entlassenen Patienten umfasst 35 Personen, die zwischen dem<br />
01.01.2000 und dem 31.12.2002 aus dem WZFP entlassen wurden. Bei einem Patienten<br />
wurde die Aussetzung der Maßregel auf Bewährung noch im Projektzeitraum widerrufen.<br />
Vorausgegangene Langzeitbeurlaubungen<br />
Bei 31 Patienten (88,6 %) erfolgte die Entlassung aus dem Maßregelvollzug unmittelbar<br />
im Anschluss an eine Langzeitbeurlaubung. In 16 Fällen (51,6 %) wurde die Langzeitbeurlaubung<br />
im Projektzeitraum begonnen, 15 Patienten (48,4 %) waren schon vor Beginn<br />
<strong>des</strong> Projektzeitraums langzeitbeurlaubt gewesen.<br />
Vier Patienten (11,4 %) befanden sich unmittelbar vor ihrer Entlassung nicht in Langzeitbeurlaubung.<br />
Zwei dieser Patienten wurden direkt entlassen, ein Patient wurde einen<br />
Tag vor seiner Entlassung in dieselbe Einrichtung beurlaubt, was im Folgenden<br />
nicht als vorausgegangene Langzeitbeurlaubung gezählt wird. Ein weiterer Patient war<br />
während <strong>des</strong> Projekts bereits einmal langzeitbeurlaubt gewesen, dieser Urlaub musste<br />
jedoch nach neun Monaten aufgrund von Entweichungen aus einer geschlossenen<br />
Wohngruppe abgebrochen werden. Seine Entlassung erfolgte 8,5 Monate nach dem<br />
letzten Urlaubsabbruch ohne erneute vorausgehende Langzeitbeurlaubung.<br />
36
Kontaktaufnahme zu Angehörigen<br />
In den Akten von 22 Patienten (63,9 %) fanden sich Angaben zu Kontakten zu Angehörigen<br />
im Rahmen der Entlassungsvorbereitung. Die Ergebnisse der Aktenanalyse weisen<br />
darauf hin, dass in den meisten Fällen der Patient und/oder der Nachsorgemitarbeiter<br />
bereits während der Langzeitbeurlaubung mit den Angehörigen in Kontakt standen.<br />
In welchem Ausmaß bereits während der stationären Unterbringung im WZFP<br />
Kontakte zu Angehörigen vorhanden waren, konnte den Akten nicht entnommen werden.<br />
Unterbringungsdauer und Alter<br />
Die Patienten, die unmittelbar vor ihrer Entlassung beurlaubt waren, konnten bei Beginn<br />
der Langzeitbeurlaubung auf eine mittlere Unterbringungsdauer von 6,8 Jahren<br />
zurückblicken (Min: 1,9; Max: 15,8; Median = 6,4; SD = 3,3). Berechnet wurde jeweils<br />
der Zeitraum zwischen der Rechtskraft der Unterbringung gem. § 63 StGB und Beginn<br />
der Langzeitbeurlaubung am Beurlaubungsort. Die zuvor beschriebene Gruppe der<br />
beurlaubten Patienten war zu Beginn ihrer Langzeitbeurlaubung mit durchschnittlich<br />
10,2 Jahren bereits deutlich länger untergebracht gewesen. Tabelle 24 zeigt die Verteilung<br />
der Unterbringungsdauern der entlassenen Patienten bis zu ihrer letzten Beurlaubung.<br />
Bei Beginn der Langzeitbeurlaubung waren die Patienten durchschnittlich 36,0<br />
Jahre alt (Min: 27,1; Max: 52,5; SD = 6,9) (n = 30).<br />
Betrachtet man die unterschiedlichen Störungsbilder, zeigt sich, dass persönlichkeitsgestörte<br />
Patienten bis zur letzten Beurlaubung mit durchschnittlich 7,3 Jahren am<br />
längsten untergebracht waren (Min: 2,9; Max: 15,8; Median = 5,8; SD = 4,3). Patienten<br />
mit der Diagnose Schizophrenie waren zu Beginn der letzten Beurlaubung im Mittel<br />
6,7 Jahre untergebracht (Min: 3,2; Max: 10,6; Median = 7,1; SD = 2,5), Patienten mit<br />
einer Intelligenzminderung 5,6 Jahre (Min: 1,9; Max: 8,9; Median = 5,6; SD = 2,6). Keiner<br />
dieser Gruppenunterschiede war statistisch bedeutsam.<br />
Tab. 24: Unterbringungsdauer bis zur letzten Beurlaubung vor der Entlassung (n = 30)<br />
Unterbringungsdauer in Jahren Anzahl Prozent<br />
unter 2 Jahre 1 3,3<br />
2 - 5 Jahre 9 30,0<br />
5 - 7 Jahre 6 20,0<br />
7 - 10 Jahre 10 33,3<br />
10 - 16 Jahre 4 13,3<br />
GESAMT 30 99,9<br />
Vor ihrer Entlassung aus dem Maßregelvollzug waren die Patienten im Mittel 1,4 Jahre<br />
(16,8 Monate) langzeitbeurlaubt gewesen (Min: 0,7 Jahre; Max: 3,7 Jahre; Median = 1,1<br />
Jahre; SD = 0,7) (n = 30). Zur Ermittlung dieser Zeitspanne wurde der Zeitraum zwischen<br />
Beginn der Langzeitbeurlaubung am Beurlaubungsort und Rechtskraft der Entlassung<br />
auf Bewährung bzw. Erledigung der Maßregel berechnet. Verglichen mit den<br />
Patienten der forensischen Ambulanzen im Rheinland, die durchschnittlich 8,9 Monate<br />
(Min: 0,3 Jahre; Max: 2,8 Jahre; Median = 0,7 Jahre) langzeitbeurlaubt waren (Seifert &<br />
Schiffer, 2002), lebten die Patienten <strong>des</strong> WZFP vor ihrer Entlassung im Durchschnitt<br />
deutlich länger außerhalb der Klinik.<br />
37
Bezüglich der Beurlaubungsdauer unterschieden sich Patienten verschiedener Störungsgruppen<br />
nur geringfügig voneinander: Persönlichkeitsgestörte Patienten waren im<br />
Mittel 1,5 Jahre langzeitbeurlaubt (Min: 0,7; Max: 2,4; Median = 1,6; SD = 0,5), schizophrene<br />
Patienten 1,4 Jahre (Min: 0,7; Max: 3,7; Median = 1,1; SD = 0,8) und Patienten<br />
mit einer Intelligenzminderung 1,2 Jahre (Min: 0,8; Max: 2,8; Median = 1,0; SD = 0,7).<br />
Auch diese Gruppenunterschiede waren nicht statistisch bedeutsam.<br />
Die Problematik der Berechnung und Vergleichbarkeit von Unterbringungsdauern im<br />
Maßregelvollzug wird ausführlich von Bargfrede (1999) beschrieben: Differenziert man<br />
bei der Ermittlung von Unterbringungsdauern nicht zwischen der Unterbringung nach<br />
§ 126 a StPO und der Unterbringung nach § 63 StGB, kann dies einen erheblichen<br />
Einfluss auf die Mittelwerte haben. Diese Unterscheidung wurde zum Teil auch in der<br />
klinikinternen Dokumentation vernachlässigt; in den Akten eines Patienten konnte<br />
man sehr unterschiedliche Angaben zum Datum der Unterbringung finden. Darüber<br />
hinaus handelt es sich bei vielen Studien, die Aussagen zur Unterbringungsdauer machen,<br />
um Stichtagserhebungen, d.h. es wird die Unterbringungsdauer aller Patienten<br />
bis zu einem bestimmten Datum ermittelt und nicht die tatsächliche Dauer der Unterbringung<br />
bis zur Entlassung (vgl. Bargfrede, 1999). So ermittelt lag die durchschnittliche<br />
Unterbringungsdauer aller gem. § 63 StGB untergebrachten PatientInnen <strong>des</strong><br />
WZFP am Stichtag 30.12.1991 bei 4,3 Jahren (Dimmek & Bargfrede, 1996).<br />
In der vorliegenden Evaluationsstudie wurde <strong>für</strong> die Ermittlung der Unterbringungsdauern<br />
der Zeitraum zwischen Datum der Rechtskraft der Unterbringung gem.<br />
§ 63 StGB und Datum der Rechtskraft der Entlassung auf Bewährung zugrunde gelegt.<br />
Daraus ergibt sich, dass die Patienten bis zu ihrer Entlassung im Mittel 8,3 Jahre gem.<br />
§ 63 StGB untergebracht waren (Min: 2,8; Max: 18,1; Median = 7,3; SD = 3,6). 77,1 %<br />
der Patienten (n = 27) waren bis zu zehn Jahre untergebracht, 22,9 % der Patienten<br />
(n = 8) bereits über zehn Jahre. Die Verteilung der Unterbringungsdauern ist Tabelle<br />
25 zu entnehmen. Die Patienten wurden mit einem mittleren Alter von 38,1 Jahren<br />
aus der Unterbringung im WZFP entlassen (Min: 28,2; Max: 54,2; Median = 37,2;<br />
SD = 7,5).<br />
Auch bezüglich der Unterbringungsdauer bis zu Entlassung zeigen sich keine statistisch<br />
signifikanten Unterschiede zwischen den Störungsgruppen. Patienten mit einer<br />
Persönlichkeitsstörung waren mit 8,7 Jahren im Mittel etwas länger untergebracht<br />
(Min: 3,4; Max: 17,5; Median = 7,0; SD = 4,3) als schizophrene Patienten mit einer mittleren<br />
Unterbringungsdauer von 8,1 Jahren (Min: 4,5; Max: 11,7; Median = 8,0;<br />
SD = 2,3). Patienten mit der Diagnose Intelligenzminderung wiesen mit 6,8 Jahren die<br />
kürzeste mittlere Unterbringungsdauer auf (Min: 2,8; Max: 11,7; Median = 6,6;<br />
SD = 2,9).<br />
38
Tab. 25: Unterbringungsdauer bis zur Entlassung (N = 35)<br />
Unterbringungsdauer in Jahren Anzahl Prozent<br />
2 - 5 Jahre 4 11,4<br />
5 - 7 Jahre 11 31,4<br />
7 - 10 Jahre 12 34,3<br />
10 - 13 Jahre 5 14,3<br />
13 - 19 Jahre 3 8,6<br />
GESAMT 35 100,0<br />
Sowohl die Ergebnisse zur Unterbringungsdauer der beurlaubten Patienten als auch<br />
der entlassenen Patienten bestätigen, dass es sich bei den gem. § 63 StGB untergebrachten<br />
Patienten der Forensik um eine Langzeitklientel handelt - insbesondere im<br />
Vergleich zu Patienten der Allgemeinpsychiatrie. Eine Ermittlung der Unterbringungszeiten<br />
von 23 Patienten <strong>des</strong> WZFP im Jahr 1992 ergab eine mittlere Unterbringungsdauer<br />
von 5,9 Jahren (Min: 0,3; Max: 15; Median = 5,6); rund ein Viertel dieser Patienten<br />
war mehr als zwölf Jahre bis maximal 15 Jahre untergebracht (Dimmek & Bargfrede,<br />
1996). Seifert, Jahn und Bolten (2001) ermittelten <strong>für</strong> 188 Patienten aus 23 forensischen<br />
Einrichtungen eine mittlere Unterbringungsdauer von 6,2 Jahren14 (Min: 1; Max:<br />
33; Median = 4,7); in dieser Stichprobe waren 17,2 % der Patienten länger als zehn Jahre<br />
untergebracht.<br />
Dönisch-Seidel und Hollweg (2003) weisen darauf hin, dass sich die Behandlungs- und<br />
Unterbringungsdauern in den letzten Jahren - nicht nur in Nordrhein-Westfalen - deutlich<br />
verlängert haben. Zurückgeführt wird dies auf Entwicklungen der Rechtssprechung<br />
und den Druck auf die Entlassungspraxis der Kliniken, der von Öffentlichkeit<br />
und Politik gleichermaßen ausgeübt wird. Die Entlassungspraxis hat sich in den letzten<br />
Jahrzehnten in der Form verändert, dass derzeit signifikant weniger Patienten aus<br />
der forensischen Psychiatrie entlassen werden als noch in den 80er Jahren oder zu<br />
Beginn der 90er Jahre (Seifert, Jahn & Bolten, 2001) - die Autoren sprechen gar von<br />
einer Halbierung der Entlassungszahlen.<br />
Lebens- und Wohnverhältnisse<br />
Zu Beginn der letzten Langzeitbeurlaubung vor der Entlassung lebten 83,9 % der Patienten<br />
(n = 26) in einer stationären Einrichtung, 16,1 % der Patienten (n = 5) wurden<br />
ambulant betreut (n = 31). Kein Patient kam ohne eine professionelle Weiterbetreuung<br />
während der Beurlaubung aus. Drei Patienten, die zu Beginn der Beurlaubung in einer<br />
RPK gelebt hatten, veränderten noch während der Langzeitbeurlaubung ihre Lebens-<br />
und Wohnverhältnisse: Zwei Patienten setzten die Beurlaubung in der eigenen Wohnung<br />
fort, davon einer mit Betreutem Wohnen. Ein weiterer Patient zog während der<br />
Beurlaubung in die eheliche Wohnung, wo er ebenfalls im Rahmen <strong>des</strong> Betreuten<br />
Wohnens weiterbetreut wurde. Bis auf einen Patienten wurden alle 31 Patienten, die<br />
unmittelbar vor ihrer Entlassung beurlaubt waren, in dasselbe Setting entlassen, in<br />
dem sie bereits gegen Ende ihrer Langzeitbeurlaubung gelebt hatten. Ein Patient war<br />
in eine Adaptionseinrichtung beurlaubt gewesen, die Entlassung erfolgte jedoch in die<br />
eigene Wohnung.<br />
14 Ohne Untersuchungshaft bzw. vorläufige Unterbringung nach § 126 a StPO (Seifert, Jahn & Bolten,<br />
2001).<br />
39
Zum Zeitpunkt der Entlassung erhöhte sich der Anteil von Patienten, die in einem<br />
nichtinstitutionellen Rahmen lebten, auf 25,7 % (n = 9). Knapp drei Viertel aller entlassenen<br />
Patienten (n = 26) lebten in einem Dauer- oder Übergangswohnheim, einer RPK<br />
oder einer Pflegeeinrichtung. Einen genauen Überblick über die Lebens- und Wohnverhältnisse<br />
zu Beginn der Beurlaubung und zur Entlassung gibt Tabelle 26. 15<br />
Die Ergebnisse zu den Wohnverhältnissen der Patienten nach ihrer Entlassung korrespondieren<br />
mit denen der bereits erwähnten Prognosestudie, deren untersuchte Patienten<br />
nach der Entlassung ebenfalls zu drei Viertel in komplementären Einrichtungen<br />
lebten (Seifert, Jahn & Bolten, 2001). Pozsár (2001) weist darauf hin, dass der Anteil der<br />
Patienten, die nach ihrer Entlassung innerhalb einer Einrichtung weiterbetreut werden,<br />
in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen ist - nicht zuletzt aufgrund der zunehmend<br />
schweren Störungen der in den MRV eingewiesenen Patienten.<br />
Tab. 26: Lebens- und Wohnverhältnisse zu Beginn der Beurlaubung (n = 31) und zur Entlassung<br />
(N = 35)<br />
Lebens- und Wohnverhältnisse<br />
zu Beginn der<br />
Beurlaubung<br />
zur Entlassung<br />
Anzahl Prozent Anzahl Prozent<br />
Dauerwohnheim 15 48,4 16 45,7<br />
Rehabilitationseinrichtung <strong>für</strong> psychisch Kranke (RPK) 6 19,4 4 11,4<br />
Übergangswohnheim 2 6,5 3 8,6<br />
Pflegeeinrichtung <strong>für</strong> psychisch Kranke mit rehabilitativer<br />
Grundausrichtung<br />
2 6,5 3 8,6<br />
Adaptionseinrichtung 1 3,2 - -<br />
eigene Wohnung mit Betreutem Wohnen 4 12,9 4 11,4<br />
Wohnung mit Ehepartnerin mit Betreutem Wohnen 1 3,2 1 2,9<br />
eigene Wohnung - - 2 5,7<br />
Wohnung mit Partnerin - - 1 2,9<br />
Familie - - 1 2,9<br />
GESAMT 31* 100,1 35 100,0<br />
* Vier Patienten waren unmittelbar vor ihrer Entlassung nicht langzeitbeurlaubt.<br />
Aus Tabelle 27 sind die Lebens- und Wohnverhältnisse zur Entlassung <strong>für</strong> die drei<br />
häufigsten Diagnosegruppen zu entnehmen. Es zeigt sich, dass je ein Viertel der Patienten<br />
mit einer Persönlichkeitsstörung in ein Dauerwohnheim oder eine RPK entlassen<br />
wurde. Fast drei Fünftel der Patienten mit einer schizophrenen Erkrankung und<br />
zwei Drittel der Patienten mit einer Intelligenzminderung wurden in ein Dauerwohnheim<br />
entlassen. Einer der beiden entlassenen Patienten mit einer hirnorganischen Störung<br />
lebte nach der Entlassung in einem Dauerwohnheim, ein weiterer in einer Pflegeeinrichtung<br />
<strong>für</strong> psychisch Kranke mit rehabilitativer Grundausrichtung. Ein Patient<br />
mit einer Störung der Sexualpräferenz wurde in ein Übergangswohnheim entlassen.<br />
15 Die Zuordnung zu den verschiedenen Einrichtungstypen orientierte sich an den Angaben der Einrichtungen<br />
im Rahmen der schriftlichen Befragung.<br />
40
Tab. 27: Lebens- und Wohnverhältnisse zur Entlassung nach Diagnosen<br />
Persönlichkeitsstörung<br />
Schizophrenie<br />
Intelligenzminderung<br />
n % n % n %<br />
Dauerwohnheim 3 25,0 7 58,3 5 62,5<br />
Rehabilitationseinrichtung <strong>für</strong> psychisch<br />
Kranke (RPK)<br />
3 25,0 - - 1 12,5<br />
Übergangswohnheim 1 8,3 - - 1 12,5<br />
Pflegeeinrichtung <strong>für</strong> psychisch Kranke mit<br />
rehabilitativer Grundausrichtung<br />
- - 1 8,3 1 12,5<br />
eigene Wohnung mit Betreutem Wohnen 2 16,7 2 16,7 - -<br />
Wohnung mit Ehepartnerin mit Betreutem<br />
Wohnen<br />
- - 1 8,3 - -<br />
eigene Wohnung 1 8,3 1 8,3 - -<br />
Wohnung mit Partnerin 1 8,3 - - - -<br />
Familie 1 8,3 - - - -<br />
GESAMT 12 99,9 12 99,9 8 100,0<br />
Die 31 Patienten, die nach ihrer Entlassung professioneller Betreuung bedurften, wurden<br />
von 25 Einrichtungen und Diensten betreut. Vier Einrichtungen hatten im Projektzeitraum<br />
je zwei entlassene Patienten aus dem WZFP betreut, eine Einrichtung<br />
hatte drei entlassene Patienten aufgenommen. 16 Patienten (45,7 %) wurden in den<br />
Sektor Ruhrgebiet entlassen, zwölf Patienten (34,3 %) in den Sektor Ostwestfalen und<br />
vier Patienten (11,4 %) in den Sektor Münsterland; drei Patienten (8,6 %) wurden in<br />
eine Region außerhalb der Sektoren <strong>des</strong> WZFP entlassen. Es wurde überprüft, wie viele<br />
Patienten nach ihrer Entlassung aus dem Maßregelvollzug wieder an ihrem Herkunftsort<br />
lebten. Der Herkunftsort wurde definiert als der Ort, an dem der Patient vor dem<br />
Unterbringungsdelikt gelebt bzw. sich vorwiegend aufgehalten hatte. Ein Vergleich von<br />
Herkunfts- und Entlassungsorten ergab, dass lediglich vier Patienten (12,1 %) in die<br />
Stadt oder Gemeinde ihrer Herkunft entlassen werden konnten und sieben Patienten<br />
(21,7 %) in den Kreis ihrer Herkunft (n = 33). Zwei Patienten wurden auf ihren ausdrücklichen<br />
Wunsch in eine andere Region als ihre Herkunftsregion beurlaubt bzw.<br />
entlassen. Tabelle 28 zeigt den Vergleich der Entlassungs- und Herkunftsorte im Überblick.<br />
Tab. 28: Orte der Entlassung und Herkunft im Vergleich (n =33)<br />
Anzahl Prozent<br />
Stadt/Gemeinde der Entlassung = Stadt/Gemeinde der Herkunft 4 12,1<br />
Kreis der Entlassung = Kreis der Herkunft 7 21,2<br />
Regierungsbezirk der Entlassung = Regierungsbezirk der Herkunft 21 63,6<br />
Bun<strong>des</strong>land der Entlassung = Bun<strong>des</strong>land der Herkunft 30 90,9<br />
Rechtsgrundlage der Entlassung<br />
Bei 33 Patienten (97,1 %) wurde die Maßregel gem. § 67 d Abs. 2 StGB zur Bewährung<br />
ausgesetzt, bei einem Patienten (2,9 %) wurde die Maßregel <strong>für</strong> erledigt erklärt (n = 34).<br />
Dementsprechend trat bei 33 Patienten Führungsaufsicht ein, die bei sechs Patienten<br />
41
36 Monate und bei 20 Patienten 48 Monate betrug; bei weiteren sechs Patienten wurde<br />
die Höchstdauer der Führungsaufsicht von 60 Monaten angeordnet. Bei einem Patienten<br />
war die Dauer der Führungsaufsicht nicht bekannt, da der letzte Beschluss fehlte.<br />
Dies entspricht einer mittleren Führungsaufsichtszeit von 48 Monaten (Median<br />
= 48,0; SD = 7,5; n = 32). Für alle Patienten wurde ein Bewährungshelfer bestellt;<br />
die mittlere Dauer der Bewährungszeit betrug 46,9 Monate (Min: 24; Max: 60; Median<br />
= 48,0; SD = 8,1). Gerichtliche Weisungen konnten den Beschlüssen zur Entlassung<br />
von 33 Patienten entnommen werden. Auf welche Inhalte sich die einzelnen Weisungen<br />
bezogen, zeigt Tabelle 29.<br />
Tab. 29: Inhalte der Weisungen (n = 33 Patienten; Mehrfachnennung)<br />
Weisung* Anzahl<br />
Prozent der<br />
Patienten<br />
Wohnung beibehalten (Wechsel nur mit Zustimmung) 33 100,0<br />
Verbot von (übermäßigem) Alkohol 29 87,9<br />
Verbot von illegalen Betäubungsmitteln 29 87,9<br />
Verbot von nichtverordneten Medikamenten 26 78,8<br />
Beginn/Fortführung einer ambulanten psychiatrischen/psychotherapeutischen<br />
Behandlung<br />
Beginn/Beibehaltung einer beruflichen Tätigkeit/Beschäftigung<br />
(Wechsel nur mit Zustimmung)<br />
21 63,6<br />
19 57,6<br />
zuverlässige Einnahme der Medikamente (ggf. mit Nachweis) 16 48,5<br />
sich auf Aufforderung Alkoholkontrollen unterziehen 11 33,3<br />
Bemühung um adäquate/versicherungspflichtige Beschäftigung 10 30,3<br />
sich auf Aufforderung Drogenscreenings unterziehen 7 21,2<br />
keinen Kontakt zu bestimmten Personen(-gruppen) herstellen 4 12,1<br />
keine Gründe <strong>für</strong> Kündigung von Wohnung oder Arbeit liefern 4 12,1<br />
Kooperation mit gesetzlichem Betreuer 3 9,1<br />
Beibehaltung einer ambulanten/teilstationären Betreuung 3 9,1<br />
Einhaltung der Hausordnung im Wohnheim 3 9,1<br />
Anweisungen von BWH/FA/Gericht folgen 3 9,1<br />
ordentliches, straffreies Leben führen 2 6,1<br />
Ladungen, Einladungen von BWH/FA/Gericht folgen und wahrheitsgemäß<br />
Auskunft geben<br />
* Die Tabelle beinhaltet alle Weisungen, die mehr als einem Patienten erteilt wurden.<br />
Medikamentöse Weiterbehandlung<br />
2 6,1<br />
Bei 16 Patienten (45,7 %) war der Epikrise zu entnehmen, dass eine medikamentöse<br />
Weiterbehandlung nach der Entlassung vereinbart wurde - darunter zehn Patienten mit<br />
Schizophrenie, fünf Patienten mit Intelligenzminderung und ein Patient mit einer hirn-<br />
organischen Störung. Tabelle 30 zeigt, um welche Medikamente es sich dabei handelte.<br />
Anhand der Akten konnte keine Aussage darüber getroffen werden, ob bei den restlichen<br />
19 Patienten keine medikamentöse Weiterbehandlung erforderlich war oder ob<br />
diese lediglich nicht in der Epikrise o.ä. Unterlagen dokumentiert war.<br />
42
Tab. 30: Medikamentöse Weiterbehandlung nach der Entlassung nach Diagnosen (Mehrfachnennung)<br />
Medikamentengruppe<br />
Schizophrenie<br />
(n = 10)<br />
Intelligenzminderung<br />
(n = 5)<br />
hirnorganische<br />
Störung<br />
(n = 1)<br />
Gesamt<br />
(n = 16 )<br />
n % n % n % n %<br />
Neuroleptikum 9 90,0 4 80,0 1 100,0 14 87,5<br />
Antidepressivum 1 10,0 1 20,0 - - 2 12,5<br />
Antiparkinsonmittel (Akineton) 2 20,0 - - - - 2 12,5<br />
Antiepileptikum - - 1 20,0 - - 1 6,3<br />
Psychotherapeutische Nachsorge<br />
Von den 35 entlassenen Patienten wurden vier durch die forensisch-psychiatrische<br />
Kontaktstelle <strong>des</strong> WZFP in Bochum ambulant psychotherapeutisch weiterbetreut. Wie<br />
bei den beurlaubten Patienten handelte es sich dabei ausschließlich um Patienten mit<br />
einer Persönlichkeitsstörung als Hauptdiagnose. Weitere Angaben zu Unterbringungsdelikten,<br />
Wohnverhältnissen etc. sind Tabelle 31 zu entnehmen. Darauf folgen jeweils<br />
kurze Beschreibungen <strong>des</strong> Psychotherapiebedarfs, wie sie den Psychotherapieberichten<br />
und Darstellungen <strong>des</strong> behandelnden Psychotherapeuten zu entnehmen waren. Bis auf<br />
Patient D, <strong>des</strong>sen Bewährung widerrufen wurde, befinden sich derzeit noch alle Patienten<br />
in ambulanter psychotherapeutischer Nachsorge.<br />
Tab. 31: Psychotherapeutische Nachsorge <strong>für</strong> entlassene Patienten (N = 4)<br />
Diagnose nach<br />
ICD-10<br />
Unterbringungsdelikt <br />
Wohnverhältnisse<br />
Beginn der<br />
psychotherapeutischen<br />
Nachsorge<br />
Ort der psychotherapeutischenNachsorge<br />
Patient A Patient B Patient C Patient D<br />
emotional-instabile<br />
Persönlichkeitsstörung<br />
F60.3, Alkoholabhängigkeit<br />
F10.2<br />
narzisstische Persönlichkeitsstörung<br />
F60.8<br />
Brandstiftungsdelikt Straftat gegen das<br />
Leben<br />
eigene Wohnung mit<br />
Betreutem Wohnen Rehabilitationseinrichtung<br />
<strong>für</strong> psychisch<br />
Kranke (RPK)<br />
eher niedrigschwelligesKontaktangebot<br />
Kontaktstelle in<br />
Bochum<br />
sonstige spezifische<br />
Persönlichkeitsstörung<br />
F60.8<br />
sonstige spezifischePersönlichkeitsstörung<br />
F60.8<br />
Sexualdelikt Diebstahl und Unterschlagung <br />
Übergangswohnheim,<br />
später eigene<br />
Wohnung<br />
Dauerwohnheim<br />
Kontaktanbahnung ohne regelmäßige Termine bereits vor Urlaubsbeginn,<br />
seit Urlaubsbeginn psychotherapeutische Nachsorge<br />
Kontaktstelle in<br />
Bochum, bei Bedarf<br />
telefonisch<br />
Kontaktstelle in<br />
Bochum, bei Bedarf<br />
telefonisch<br />
Kontaktstelle in<br />
Bochum<br />
Da Patient A aufgrund seines chronifizierten Störungsbil<strong>des</strong> eine ungünstige Behandlungsprognose<br />
besitzt, gestaltete sich die psychotherapeutische Nachsorge eher in<br />
Form eines niedrigschwelligen Angebots mit mehr oder weniger regelmäßigen Kurzkontakten.<br />
Eine Psychotherapie im engeren Sinne „verbietet sich [aus therapeutischer<br />
Sicht] aufgrund negativer Erfolgsaussichten“, der Patient erhielt eher praktische Lebenshilfen.<br />
Nach einer Alkoholentgiftung im August 2002 plante der behandelnde<br />
Therapeut einen begrenzten Therapieversuch mit min<strong>des</strong>tens 25 Sitzungen im wöchentlichen<br />
Rhythmus. Die kurzzeitige Alkoholabstinenz sollte genutzt werden, um die<br />
43
psychische Alkoholabhängigkeit zu bearbeiten. Aufgrund der negativen Behandlungsprognose<br />
wurde diesbezüglich jedoch nur eine kurzzeitige Stabilisierung erwartet, realistische<br />
Zielsetzungen beschränkten sich dem Therapeuten zufolge „auf eine bloße<br />
Erhaltung <strong>des</strong> momentan sehr niedrigen psychosozialen Funktionsniveaus“. Die Einbeziehung<br />
eines niedergelassenen Psychotherapeuten erschien aufgrund der geringen<br />
Verlässlichkeit <strong>des</strong> Patienten sowie aus inhaltlichen Gründen wenig erfolgversprechend.<br />
Patient B zeigte auch nach seiner Entlassung noch erhebliche Beziehungsstörungen,<br />
Integrationsdefizite und Affektlabilitäten, die psychotherapeutisch bearbeitet und stabilisiert<br />
werden mussten, um risikohaften Entwicklungen vorzubeugen. Erhebliche Sozialisationsschäden<br />
und Hospitalisierungseffekte erschwerten den Wiedereingliederungsprozess<br />
und die Integration im Wohnheim. Die psychotherapeutischen Sitzungen fanden<br />
in drei- bis vierwöchentlichem Abstand statt und wurden durch krisenbedingte<br />
Telefonate ergänzt. Aus Sicht <strong>des</strong> behandelnden Psychotherapeuten bleibt eine längerfristige<br />
Fortführung der Behandlung notwendig und sollte sich zur Stabilisierung der<br />
therapeutischen Fortschritte weit über die Hälfte der Führungsaufsicht erstrecken. Ein<br />
Therapeutenwechsel sei aus therapeutischer Perspektive vorerst kontraindiziert; der<br />
Einbezug eines niedergelassenen Therapeuten sei zwar möglich, aber nicht sinnvoll.<br />
Patient C hatte nach Einschätzung <strong>des</strong> behandelnden Psychotherapeuten im August<br />
2002 - rund zwei Jahre nach seiner Entlassung - einen „weit fortgeschrittenen Therapiestand<br />
erreicht“ und erwies sich als „austherapiert“. Die psychischen Problembereiche<br />
konnten im deliktrelevanten Sinn abgeschwächt werden, der Patient fühlte sich<br />
von einem stabilen sozialen Netz getragen, hatte eine eigene Wohnung bezogen und<br />
eine Arbeitsstelle angetreten. Mit weiteren zehn Sitzungen sollte die in der Nachsorge<br />
durchgeführte Langzeittherapie abgeschlossen werden. Eine weitere psychotherapeutische<br />
Behandlung und sozialtherapeutische Unterstützung wurde als nicht notwendig<br />
erachtet; ein niedergelassener Psychotherapeut könne in Rücksprache mit dem Bewährungshelfer<br />
bedarfsorientiert einbezogen werden.<br />
Die psychotherapeutische Nachsorge <strong>für</strong> Patient D in der forensisch-psychiatrischen<br />
Kontaktstelle in Bochum endete mit <strong>des</strong>sen Bewährungswiderruf im Sommer 2001<br />
(s.u.). Zwei Monate vor seiner Entlassung wurde der Verlauf der Beurlaubung als recht<br />
positiv und stabil beschrieben, der Patient entsprach im Großen und Ganzen den Erwartungen<br />
seines neuen Umfelds. Um dem Patienten über „die Schwellensituation der<br />
Entlassung hinaus ein konstantes therapeutisches unterstützen<strong>des</strong> Beziehungsangebot<br />
zu machen“, waren auch <strong>für</strong> die mittelfristige Zukunft aufsuchende, psychotherapeutische<br />
Sitzungen indiziert. Die Ich-stützende Behandlung sollte inadäquaten Reaktionen<br />
und Impulsen vorbeugen und die soziale Integration in das neue Lebensumfeld fördern.<br />
Als behandlungsprognostisch günstig wurde die relativ stabile therapeutische<br />
Beziehung angesehen.<br />
Familienstand und Partnerschaft<br />
Sowohl zum Zeitpunkt der Aufnahme als auch nach der Entlassung war der mit Abstand<br />
größte Teil der Patienten ledig. Nach der Entlassung waren drei Patienten<br />
(10,7 %) verheiratet oder lebten in einer festen Partnerschaft, Angaben zu einer bestehenden<br />
(festen) Partnerschaft fanden sich bei acht Patienten (22,9 %). In sieben Fällen<br />
war diese Partnerschaft während der Beurlaubung oder nach der Entlassung entstanden,<br />
in einem Fall noch während der Unterbringung im WZFP mit einer Partnerin innerhalb<br />
der Klinik. Tabelle 32 zeigt den Familienstand bei Aufnahme und Entlassung<br />
im Vergleich.<br />
44
Tab. 32: Familienstand bei Aufnahme (n = 33) und bei Entlassung (n = 28)<br />
Familienstand<br />
bei Aufnahme bei Entlassung<br />
Anzahl Prozent Anzahl Prozent<br />
ledig 27 81,8 18 64,3<br />
verheiratet/in fester Partnerschaft lebend 4 12,1 3 10,7<br />
geschieden/getrennt lebend 2 6,1 6 21,4<br />
verwitwet - - 1 3,6<br />
GESAMT 33 100,0 28 100,0<br />
Erwerbstätigkeit<br />
Knapp die Hälfte aller Patienten (n = 15) war vor ihrer Aufnahme in die Maßregelvollzugsklinik<br />
arbeitslos gewesen, je fünf Patienten hatten sich noch in Ausbildung befunden<br />
oder waren einer Ganz- bzw. Halbtagsbeschäftigung nachgegangen (n = 31). Nach<br />
der Entlassung war über die Hälfte der Patienten, zu denen Angaben vorlagen, in einer<br />
beschützten Werkstatt o.ä. beschäftigt, weitere vier Patienten (15,4 %) waren im Rahmen<br />
von arbeitstherapeutischen Maßnahmen tätig. Wie Seifert, Jahn und Bolten (2001)<br />
berichten, hatte von den Patienten der Prognosestudie nach der Entlassung ebenfalls<br />
mehr als die Hälfte eine Ganz-/Halbtagsstelle oder war in einer beschützenden Werkstatt<br />
beschäftigt. Wie Tabelle 33 zeigt, waren Beschäftigungsverhältnisse auf dem ersten<br />
Arbeitsmarkt - ähnlich wie bei den beurlaubten Patienten - auch nach der Entlassung<br />
die Ausnahme.<br />
Tab. 33: Erwerbstätigkeit bei Aufnahme (n = 31) und nach Entlassung (n = 26)<br />
Erwerbstätigkeit<br />
bei Aufnahme nach Entlassung<br />
Anzahl Prozent Anzahl Prozent<br />
arbeitslos 15 48,4 2 7,7<br />
in schulischer/beruflicher Ausbildung 5 16,1 1 3,9<br />
Ganz-/Halbtagsbeschäftigung 5 16,1 1 3,9<br />
in stationärer/ambulanter AT o.ä. - - 4 15,4<br />
in beschützter Werkstatt o.ä. 1 3,2 14 53,9<br />
wechselnde Gelegenheitsarbeiten 1 3,2 - -<br />
RentnerIn 2 6,5 2 7,7<br />
Umschulungsmaßnahme 1 3,2 - -<br />
sozialpädagogisch betreutes Beschäftigungsverhältnis<br />
durch Vermittlung <strong>des</strong> AA<br />
1 3,2 - -<br />
Vorbereitungslehrgang zur Ausbildung - - 1 3,9<br />
Arbeits- und Belastungserprobung in Zuverdienstfirma<br />
(3 h täglich)<br />
- - 1 3,9<br />
GESAMT 31 99,9 26 100,3<br />
45
Bewährungswiderruf<br />
Bei einem Patienten wurde die Aussetzung der Maßregel auf Bewährung nach 1,7 Monaten<br />
widerrufen. Der Patient mit der Hauptdiagnose sonstige spezifische Persönlichkeitsstörung<br />
(F60.8) war ein Jahr in ein Dauerwohnheim beurlaubt gewesen, in das er<br />
auch entlassen wurde. Bereits während der Beurlaubung hatte sich der Patient an zwei<br />
aufeinanderfolgenden Tagen unerlaubt aus dem Wohnheim entfernt, woraufhin die<br />
Beurlaubung kurzzeitig unterbrochen wurde. Nach seiner Entlassung zeigte der Patient<br />
unzuverlässiges Verhalten, entfernte sich erneut unerlaubt aus dem Wohnheim, sprach<br />
Drohungen aus und forderte seine Rückkehr nach Eickelborn, da dort „seine Heimat“<br />
sei. Der Patient wollte nicht in das Wohnheim zurückkehren, das Wohnheim sah zunehmend<br />
das Leben der MitbewohnerInnen gefährdet und wollte die weitere Betreuung<br />
<strong>des</strong> Patienten ebenfalls beenden.<br />
Eine Wiederaufnahme im WZFP nach der Entlassung <strong>des</strong> Patienten erwies sich aus<br />
Sicht der Einrichtung als schwierig und eine Krisenintervention in einer allgemeinpsychiatrischen<br />
Klinik erzielte keinen ausreichenden Erfolg. Wie den Akten zu entnehmen<br />
war, wollte der Patient gezielt Aufmerksamkeit auf sich lenken und beging<br />
schließlich ein Brandstiftungsdelikt (Patient war aufgrund eines Vermögens- und Eigentumsdelikts<br />
gem. § 63 StGB untergebracht). Auch aus Sicht der Einrichtung wurde<br />
der Patient rückfällig, um die von ihm gewünschte Rückkehr nach Eickelborn zu erreichen.<br />
Daraufhin wurde die Bewährung widerrufen und der Patient wieder im WZFP<br />
aufgenommen; er wurde inzwischen in eine allgemeinpsychiatrische Klinik in Ostwestfalen<br />
verlegt.<br />
Zeit nach der Entlassung<br />
Bei Projektende waren die Patienten durchschnittlich 1,8 Jahre (21,1 Monate) aus dem<br />
WZFP entlassen (Min: 0,7 Jahre; Max: 3,0 Jahre; Median = 1,8; SD = 0,8; n = 34). Berechnet<br />
wurde der zeitliche Abstand zwischen Rechtskraft der Entlassung auf Bewährung<br />
bzw. Erledigung der Maßregel und dem Stichtag 31.12.2002. Da über die Hälfte<br />
der Patienten sich zum Projektende weniger als zwei Jahre in Freiheit befand, wurde<br />
keine katamnestische Untersuchung zur Rückfälligkeit durchgeführt. Zumin<strong>des</strong>t kam<br />
es außer dem oben dargestellten Fall zu keinen weiteren Bewährungswiderrufen im<br />
Projektzeitraum. Dies kann vor dem Hintergrund, dass sich ein Großteil der delinquenten<br />
Rückfälle - die zu einem Bewährungswiderruf führen könnten - bereits im ersten<br />
Jahr nach der Entlassung ereignet (Pozsár, 2001), durchaus positiv beurteilt werden.<br />
4.3 4.3 Analyse Analyse Analyse patientenbezogener patientenbezogener Tätigkeiten<br />
Tätigkeiten<br />
Seit Beginn <strong>des</strong> Projekts „Ambulante Nachsorge“ dokumentierten alle MitarbeiterInnen<br />
<strong>des</strong> WZFP - darunter ÄrztInnen, SozialarbeiterInnen, MitarbeiterInnen der Abteilung<br />
GPS 16 - handschriftlich, welche patientenbezogenen und nichtpatientenbezogenen Tätigkeiten<br />
sie im Rahmen <strong>des</strong> Projekts ausübten. Bei der Dokumentation unmittelbar<br />
patientenbezogener Tätigkeiten wie z.B. Fallbesprechungen oder Kriseninterventionen<br />
wurde jedoch nicht festgehalten, <strong>für</strong> welchen Patienten die einzelnen Leistungen erbracht<br />
wurden. Die handschriftliche Dokumentation wurde bis zum Projektende fortgesetzt.<br />
16 Abteilung <strong>für</strong> Grundsatz-, Planungs- und Sicherungsaufgaben<br />
46
Im Jahr 2001 wurde die handschriftliche Dokumentation <strong>für</strong> die Nachsorgemitarbeiter<br />
durch eine elektronische Tätigkeitsdokumentation mittels Organizer (iPAQ Pocket PC)<br />
ersetzt, die von insgesamt sechs Nachsorgemitarbeitern 17 durchgeführt wurde. Mit der<br />
elektronischen Tätigkeitsdokumentation konnten folgende Variablen erfasst werden:<br />
die Aufnahmenummer <strong>des</strong> Patienten, <strong>für</strong> den die Tätigkeit erbracht wurde, die Art, der<br />
Ort, das Datum und die Dauer der Tätigkeit. Zur Dokumentation der Art der Tätigkeit<br />
konnte aus insgesamt 15 patientenbezogenen und nichtpatientenbezogenen Tätigkeitskategorien<br />
18 ausgewählt werden. Zusätzlich konnte erfasst werden, ob es sich um<br />
ein Telefonat oder eine Dienstreise - inklusive Kilometerzahl - handelte. Wurde zur<br />
Durchführung einer Tätigkeit eine Dienstreise unternommen, beinhaltete die Dauer<br />
der angegebenen Tätigkeit die damit verbundene Reisezeit. Inhaltliche Zeiten und<br />
Wegzeiten konnten daher weder getrennt betrachtet noch zueinander in Beziehung<br />
gesetzt werden. Darüber hinaus bleibt unklar, zu welcher Tätigkeit die Reisezeit addiert<br />
wurde, wenn im Rahmen einer Dienstreise zwei Leistungen erbracht wurden, z.B. Gespräche<br />
mit dem Behandlungsteam und mit dem Patienten in der Nachsorgeeinrichtung.<br />
Datenbasis<br />
Da die Organizer zu unterschiedlichen Zeitpunkten an die Nachsorgemitarbeiter ausgegeben<br />
wurden, unterscheiden sich die Zeiträume, in denen die MitarbeiterInnen<br />
dokumentiert haben, sowie die Anzahl ihrer Eintragungen erheblich. Tabelle 34 zeigt,<br />
wie viele Einzeltätigkeiten und wie lange die einzelnen Nachsorgemitarbeiter dokumentiert<br />
haben. Setzt man <strong>für</strong> jeden Nachsorgemitarbeiter die Anzahl der Eintragungen<br />
in Relation zur jeweiligen Dokumentationsdauer, so zeigen sich auch dabei erhebliche<br />
Schwankungen: Für Nachsorgemitarbeiter 3 - mit der höchsten absoluten Anzahl<br />
eingetragener Tätigkeiten - ergeben sich 37,1 dokumentierte Tätigkeiten pro Monat,<br />
<strong>für</strong> Nachsorgemitarbeiter 6 - mit der geringsten absoluten Anzahl eingetragener Tätigkeiten<br />
- dagegen nur 2,5 dokumentierte Tätigkeiten pro Monat. Im Mittel haben die<br />
Nachsorgemitarbeiter 16,1 Tätigkeiten pro Monat dokumentiert (SD = 13,5). Laut Angaben<br />
<strong>des</strong> WZFP sind alle Nachsorgemitarbeiter im Durchschnitt etwa 24 Wochenstunden<br />
mit der Vorbereitung und Durchführung von Nachsorgeaktivitäten beschäftigt.<br />
17 Eine Nachsorgemitarbeiterin und der an der Nachsorge beteiligte Psychologe haben die Tätigkeitserfassung<br />
mittels Organizer nicht genutzt, letzterer, weil die elektronische Tätigkeitsdokumentation nur<br />
<strong>für</strong> SozialarbeiterInnen vorgesehen war.<br />
18 Folgende Tätigkeitskategorien standen zur Auswahl: Koordination komplementärer Dienste; Akquisition<br />
von Betreuungsangeboten; Gespräch mit Behandlungsteam extern/intern; berufliche Rehabilitation;<br />
Dokumentation; Behandlungsplanfortschreibung extern/intern; Fallbesprechung extern/intern;<br />
Gespräch mit Patienten; Gespräch mit Patienten in Krise; Fortbildung aktiv/passiv; Teilnahme an Supervision.<br />
47
Tab. 34: Umfang und Dauer der Tätigkeitsdokumentation je Nachsorgemitarbeiter<br />
MitarbeiterIn erster Eintrag letzter Eintrag<br />
Dauer in<br />
Monaten<br />
Anzahl der<br />
Eintragungen<br />
1 10.02.2001 17.12.2002 22,2 202<br />
2 02.07.2001 20.12.2002 17,6 427<br />
3 02.07.2001 30.12.2002 17,9 664<br />
4 05.07.2001 31.01.2003 18,9 376<br />
5 28.11.2001 26.02.2003 15,0 52<br />
6 13.07.2002 21.01.2003 6,3 16<br />
GESAMT - - - 1.737<br />
Von den insgesamt 1.737 Eintragungen bezogen sich 1.524 (87,7 %) auf Patienten, den<br />
restlichen 213 Eintragungen war keine Patientennummer zugeordnet. Bei diesen<br />
nichtpatientenbezogenen Tätigkeiten handelte es sich vorwiegend um Dokumentationstätigkeiten<br />
(37,6 %), aktive und passive Teilnahme an Fortbildungen (31,0 %), Koordination<br />
komplementärer Dienste (12,2 %), Akquisition von Betreuungsangeboten<br />
(7,0 %) und Supervisionsmaßnahmen (7,0 %). Die Tätigkeiten, die nicht mit einer Patientennummer<br />
verknüpft waren, wurden aus den folgenden Analysen ausgeschlossen.<br />
Insgesamt wurden Tätigkeiten <strong>für</strong> 70 Patienten dokumentiert, dabei handelte es sich -<br />
entsprechend der Aufteilung der Gesamtstichprobe der Projektpatienten - um 17 entlassene<br />
Patienten (24,3 %), 22 beurlaubte Patienten (31,4 %) und einen abgeschobenen<br />
Patienten (1,4 %). Daneben wurden Tätigkeiten <strong>für</strong> 30 weitere Patienten (42,9 %) dokumentiert,<br />
die sich während <strong>des</strong> Dokumentationszeitraums stationär im WZFP in Rehabilitations-<br />
bzw. Entlassungsvorbereitung befanden.<br />
Neben der Quantität der dokumentierten Tätigkeiten der einzelnen MitarbeiterInnen<br />
unterschieden sich auch der Umfang und Zeitraum der dokumentierten Tätigkeiten<br />
<strong>für</strong> die einzelnen Patienten erheblich. Im Mittel wurden <strong>für</strong> jeden Patienten 21,8 Einzeltätigkeiten<br />
dokumentiert (Min: 1; Max: 96). Für 44,3 % der Patienten lagen weniger<br />
als zehn Eintragungen vor, <strong>für</strong> 11,4 % der Patienten (n = 8) gab es lediglich eine Eintragung,<br />
was einem Dokumentationszeitraum von nur einem Tag entspricht. Für andere<br />
Patienten betrug der Dokumentationszeitraum bis zu 22 Monate.<br />
Methodisches Vorgehen<br />
Der vom WZFP durchgeführten Tätigkeitsdokumentation lag folglich weder ein einheitlich<br />
langer Dokumentationszeitraum noch Betreuungszeitraum der einzelnen Patienten<br />
zugrunde. Zudem befanden sich die Patienten zu Beginn der Dokumentation in<br />
unterschiedlichen Behandlungsstadien: Zum Teil waren die Patienten noch in stationärer<br />
Rehabilitationsvorbereitung, andere waren bereits langzeitbeurlaubt oder entlassen.<br />
Um diesem Umstand zumin<strong>des</strong>t in gewisser Hinsicht Rechnung zu tragen, wurde die<br />
Auswertung der Tätigkeitsdokumentation <strong>für</strong> im Projektzeitraum beurlaubte und entlassene<br />
Patienten getrennt durchgeführt. Die übrigen 30 Patienten, die in die Tätigkeitsdokumentation<br />
einbezogen wurden und sich in stationärer Rehabilitationsvorbereitung<br />
befanden, wurden nicht in die Auswertung eingeschlossen; zum einen waren<br />
Patienten in stationärer Rehabilitationsvorbereitung nicht Teil der Gesamtstichprobe,<br />
zum anderen wurden <strong>für</strong> rund zwei Drittel dieser Patienten insgesamt weniger als zehn<br />
Tätigkeiten dokumentiert.<br />
48
Da der Betreuungsaufwand <strong>für</strong> einen Patienten wesentlich durch die Gesamtbetreuungszeit<br />
bestimmt wird, empfiehlt es sich aus methodischen Gründen, nur patientenbezogene<br />
Tätigkeiten in die Auswertung einzubeziehen, die in einem vergleichbar langen<br />
Zeitraum erbracht wurden. Patienten, <strong>für</strong> die weniger als einen Monat dokumentiert<br />
wurde, wurden von vornherein aus den weiteren Betrachtungen ausgeschlossen.<br />
Zum einen müssen sie als Ausnahmefälle bzw. Ausreißer betrachtet werden, zum anderen<br />
ist ein Zeitraum von einem Monat keinesfalls repräsentativ <strong>für</strong> den Gesamtprozess<br />
der Rehabilitation und Nachsorge. Nach Ausschluss dieser Fälle wurde <strong>für</strong> entlassene<br />
und beurlaubte Patienten jeweils die mittlere Dokumentationsdauer berechnet:<br />
Für die Gruppe der beurlaubten Patienten ergab sich eine mittlere Dauer von 14,2<br />
Monaten (Min: 1,4; Max: 22,2; Median = 16,3; SD = 5,0), <strong>für</strong> entlassene Patienten betrug<br />
die mittlere Dauer der Dokumentation 11,1 Monate (Min: 2,3; Max: 17,3; Median<br />
= 11,7; SD = 5,5). In Anlehnung an diese Mittelwerte wurde <strong>für</strong> die Gruppenauswertungen<br />
jeweils ein einheitlicher Min<strong>des</strong>tdokumentationszeitraum festgelegt. Die festgelegten<br />
Zeiträume liegen jeweils etwas unter den Gruppenmittelwerten, um die Stichproben<br />
nicht zu stark zu minimieren. Für die beurlaubten Patienten betrug dieser Zeitraum<br />
zwölf Monate. Folglich wurden Patienten, <strong>für</strong> die weniger als zwölf Monate dokumentiert<br />
wurde, aus der Stichprobe ausgeschlossen. Bei Patienten, <strong>für</strong> die über zwölf<br />
Monate dokumentiert wurde, wurden alle Angaben zwischen dem Datum <strong>des</strong> ersten<br />
Eintrags und dem Datum zwölf Monate nach dem ersten Eintrag eingeschlossen. Der<br />
Zeitraum <strong>für</strong> die entlassenen Patienten wurde auf zehn Monate festgelegt. Der Ausschluss<br />
von Fällen und Daten erfolgte analog zum Procedere <strong>für</strong> die Gruppe der beurlaubten<br />
Patienten.<br />
4.3.1 4.3.1 Ergebnisse Ergebnisse der der Tätigkeitsdokumentation Tätigkeitsdokumentation <strong>für</strong> <strong>für</strong> <strong>für</strong> beurlaubte beurlaubte Patienten<br />
Patienten<br />
In der Tätigkeitsdokumentation fanden sich Angaben zu 22 beurlaubten Patienten,<br />
dies entspricht 78,6 % der insgesamt im Projektzeitraum beurlaubten Patienten. Von<br />
diesen Patienten wurden entsprechend der o.g. Vorgehensweise 16 Patienten in die<br />
Auswertungen eingeschlossen (72,7 %), die von fünf Nachsorgemitarbeitern betreut<br />
wurden. Tabelle 35 zeigt, wie viel Zeit in zwölf Monaten insgesamt auf die verschiedenen<br />
Tätigkeitskategorien entfallen ist und wie viele Minuten monatlich im Mittel pro<br />
Patient und Tätigkeit - inklusive Reisezeiten - aufgewendet wurden. Zusätzlich wurde<br />
der Anteil der einzelnen Tätigkeiten an der Gesamtzeit, die auf Rehabilitations- und<br />
Nachsorgemaßnahmen entfällt, berechnet.<br />
Es zeigt sich, dass knapp ein Drittel (31,7 %) der gesamten Zeit auf Gespräche mit dem<br />
externen Behandlungsteam entfiel. Rechnet man externe Fallbesprechungen und externe<br />
Behandlungsplanfortschreibungen dazu, kommt man auf einen Anteil von 46,1 %<br />
der Betreuungszeit, der <strong>für</strong> externe patientenbezogene Besprechungen und Hilfeplanung<br />
aufgewendet wurde. Die Akquisition geeigneter Betreuungsangebote nahm<br />
19,2 % der Gesamtzeit in Anspruch, ein ähnlich großer Anteil entfiel auf Gespräche<br />
mit dem Patienten (18,8 %) - regelhaft oder in Krisen. Den vorliegenden Angaben zufolge<br />
wurden pro Patient und Monat im Mittel 6,5 Stunden an Leistungen erbracht -<br />
einschließlich Reisezeiten. 19 .<br />
19 Da nicht alle Nachsorgemitarbeiter an der Tätigkeitsdokumentation beteiligt waren, handelt es sich<br />
dabei nicht um die tatsächlich erbrachte Zeit, sondern nur um den dokumentierten Zeitaufwand.<br />
49
Tab. 35: Übersicht über Tätigkeiten <strong>für</strong> beurlaubte Patienten (n = 16)<br />
Tätigkeit<br />
Gesamtdauer<br />
in 12 Monaten<br />
(in Min)*<br />
mittlere Dauer<br />
pro Patient im<br />
Monat (in Min)*<br />
Prozent der<br />
Gesamtzeit<br />
Gespräch mit Behandlungsteam extern 23.633 123,1 31,7<br />
Akquisition von Betreuungsangeboten 14.321 74,6 19,2<br />
Gespräch mit Patienten 11.841 61,7 15,9<br />
Fallbesprechung extern 7.808 40,7 10,5<br />
Dokumentation 3.843 20,0 5,2<br />
Behandlungsplanfortschreibung extern 2.943 15,3 3,9<br />
Gespräch mit Patienten in Krise 2.190 11,4 2,9<br />
Behandlungsplanfortschreibung intern 2.175 11,3 2,9<br />
Koordination komplementärer Dienste 2.131 11,1 2,9<br />
Gespräch mit Behandlungsteam intern 1.410 7,3 1,9<br />
Fallbesprechung intern 765 4,0 1,0<br />
berufliche Rehabilitation 655 3,4 0,9<br />
Fortbildung aktiv 510 2,7 0,7<br />
Teilnahme an Supervision 390 2,0 0,5<br />
GESAMT 74.615 388,6 100,1<br />
* In den Minutenwerten sind die Reisezeiten enthalten.<br />
Rund ein Viertel aller Tätigkeiten erfolgte anhand von telefonischen Kontakten<br />
(25,9 %). Der größte Anteil von Telefonaten (42,5 %) entfiel auf die Akquisition von<br />
Betreuungsangeboten, die zu 52,0 % telefonisch durchgeführt wurde. Die Koordination<br />
komplementärer Dienste erfolgte sogar in 78,6 % der Fälle telefonisch, externe Fallbesprechungen<br />
in immerhin 42,6 % der Fälle. Gespräche mit dem externen Behandlungsteam<br />
wurden zu 27,8 % am Telefon geführt.<br />
43,7 % aller dokumentierten Tätigkeiten wurden außerhalb <strong>des</strong> WZFP bzw. Lippstadt-<br />
Eickelborn erbracht. Tabelle 36 zeigt, in welchen Städten bzw. Kreisen die unterschiedlichen<br />
Tätigkeiten durchgeführt wurden. 20 Kilometerangaben im Fall einer<br />
Dienstreise lagen <strong>für</strong> 5,5 % aller dokumentierten Tätigkeiten vor. Wie zu erwarten fanden<br />
80,7 % aller Dienstreisen in Verbindung mit Gesprächen mit dem externen Behandlungsteam<br />
statt. Die Nachsorgemitarbeiter legten dabei im Mittel eine Strecke von<br />
166,6 km zurück. 9,7 % aller Dienstreisen wurden im Rahmen der Akquisition von<br />
Betreuungsangeboten und weitere 6,5 % in Verbindung mit Patientengesprächen unternommen.<br />
20 Telefonate, die mit Personen außerhalb <strong>des</strong> WZFP geführt wurden, wurden in diese Analyse nicht<br />
eingeschlossen.<br />
50
Tab. 36: Kreis der erbrachten Tätigkeiten <strong>für</strong> beurlaubte Patienten (N = 248)<br />
Kreis Anzahl Prozent<br />
außerhalb <strong>des</strong> LWL 69 27,8<br />
Dortmund 48 19,4<br />
Paderborn 38 15,3<br />
Soest 38 15,3<br />
Coesfeld 21 8,5<br />
Bottrop 14 5,6<br />
Bielefeld 10 4,0<br />
sonstige Kreise 10 4,0<br />
GESAMT 248 99,9<br />
Fallbeispiele<br />
Die Langzeitbeurlaubung von Patient A begann am 30.07.2001, dokumentiert wurde in<br />
der Zeit vom 10.07.2001 bis zum 18.12.2002, einem Zeitraum von 17,3 Monaten. In die<br />
Auswertung <strong>für</strong> Patient A wurden alle dokumentierten Tätigkeiten eingeschlossen. In<br />
dieser Zeit wurden <strong>für</strong> den Patienten insgesamt 234,7 Stunden an Tätigkeiten erbracht,<br />
was einem mittleren Aufwand von 13,6 Stunden im Monat oder 3,2 Stunden pro Woche<br />
entspricht. Tabelle 37 zeigt, welche Tätigkeiten <strong>für</strong> den Patienten im Einzelnen<br />
erbracht wurden sowie deren Anteil an der gesamten aufgewendeten Zeit. Der enorme<br />
Zeitaufwand <strong>für</strong> Gespräche mit dem externen Behandlungsteam und externe Fallbesprechungen<br />
ist auch hier mit darauf zurückzuführen, dass diese mehrheitlich außerhalb<br />
<strong>des</strong> Gebiets <strong>des</strong> LWL stattfanden.<br />
Tab. 37: Übersicht über Tätigkeiten <strong>für</strong> Patient A<br />
Tätigkeit Häufigkeit<br />
Dauer pro Monat<br />
(in Min)*<br />
Prozent der<br />
Gesamtzeit<br />
Gespräch mit Behandlungsteam extern 26 511,4 62,8<br />
Fallbesprechung extern 11 139,5 17,1<br />
Dokumentation 18 55,7 6,8<br />
Gespräch mit Patienten 4 47,4 5,8<br />
Behandlungsplanfortschreibung extern 2 36,7 4,5<br />
Akquisition von Betreuungsangeboten 7 7,9 1,0<br />
Koordination komplementärer Dienste 5 6,7 0,8<br />
Gespräch mit Behandlungsteam intern 2 3,5 0,4<br />
berufliche Rehabilitation 1 2,9 0,4<br />
Fallbesprechung intern 1 2,3 0,3<br />
GESAMT 77 814,0 99,9<br />
* In den Minutenwerten sind die Reisezeiten enthalten.<br />
Patient B wurde am 08.10.2001 langzeitbeurlaubt. Der Dokumentationszeitraum betrug<br />
18,3 Monate, erfasst und ausgewertet wurden alle Tätigkeiten zwischen dem<br />
12.07.2001 und dem 21.01.2003. Der Zeitaufwand <strong>für</strong> Patient B betrug insgesamt 186,1<br />
Stunden, dies entspricht 10,2 Stunden pro Monat oder 2,4 Stunden pro Woche. Tabelle<br />
51
38 zeigt, welche Tätigkeiten im Einzelnen erbracht wurden und ihre jeweiligen Anteile<br />
an der Gesamtzeit.<br />
Tab. 38: Übersicht über Tätigkeiten <strong>für</strong> Patient B<br />
Tätigkeit Häufigkeit<br />
Dauer pro Monat<br />
(in Min)*<br />
Prozent der<br />
Gesamtzeit<br />
Gespräch mit Behandlungsteam extern 37 392,7 64,4<br />
Gespräch mit Patienten 7 72,1 11,8<br />
Dokumentation 13 67,2 11,0<br />
Behandlungsplanfortschreibung extern 2 24,6 4,0<br />
Gespräch mit Patienten Krise 2 23,0 3,8<br />
berufliche Rehabilitation 1 13,1 2,2<br />
Fallbesprechung extern 1 9,8 1,6<br />
Behandlungsplanfortschreibung intern 1 4,1 0,7<br />
Koordination komplementärer Dienste 1 1,4 0,2<br />
Akquisition von Betreuungsangeboten 1 1,4 0,2<br />
Fallbesprechung intern 1 0,8 0,1<br />
GESAMT 67 610,2 100,0<br />
* In den Minutenwerten sind die Reisezeiten enthalten.<br />
4.3.2 4.3.2 Ergebnisse Ergebnisse der der Tätigkeitsdokumentation Tätigkeitsdokumentation <strong>für</strong> <strong>für</strong> <strong>für</strong> entlassene entlassene Patienten<br />
Patienten<br />
Für 17 der insgesamt 35 im Projektzeitraum entlassenen Patienten wurden Tätigkeiten,<br />
die im Rahmen <strong>des</strong> Projekts erbracht wurden, dokumentiert. Davon erfüllten zehn Patienten<br />
(58,8 %) die o.g. Einschlusskriterien. Die Patienten wurden von vier Nachsorgemitarbeitern<br />
betreut. Tabelle 39 zeigt, wie viel Zeit in zehn Monaten insgesamt auf<br />
die verschiedenen Tätigkeitskategorien entfallen ist und wie viele Minuten monatlich<br />
im Mittel pro Patient und Tätigkeit - inklusive Reisezeiten - aufgewendet wurden. Zusätzlich<br />
wurde der Anteil der einzelnen Tätigkeiten an der Gesamtzeit berechnet.<br />
Wie bei den beurlaubten Patienten entfiel auch bei den entlassenen Patienten knapp<br />
ein Drittel (30,9 %) der gesamten Zeit auf Gespräche mit dem externen Behandlungsteam.<br />
Zuzüglich <strong>des</strong> Aufwands <strong>für</strong> externe Fallbesprechungen und Behandlungsplanfortschreibungen,<br />
ergibt sich ein Zeitanteil von 48,2 %, der auf externe patientenbezogene<br />
Besprechungen und Hilfeplanung entfällt. Regelhafte oder krisenbezogene Patientengespräche<br />
nehmen weitere 25,8 % der Zeit in Anspruch. Im Vergleich zur Gruppe<br />
der beurlaubten Patienten tritt bei den entlassenen Patienten der Aufwand <strong>für</strong> die Akquisition<br />
von Betreuungsangeboten deutlich in den Hintergrund: Sie nehmen nur noch<br />
4,7 % der Gesamtzeit in Anspruch, bei beurlaubten Patienten dagegen 19,2 %. Da<strong>für</strong><br />
wird <strong>für</strong> die entlassenen Patienten mehr Zeit <strong>für</strong> die Koordination komplementärer<br />
Dienste benötigt (10,1 % vs. 2,9 %).<br />
Den vorliegenden Angaben zufolge wurden pro Patient und Monat im Mittel 4,6 Stunden<br />
an Leistungen erbracht - einschließlich Reisezeiten. 21<br />
21 Da nicht alle Nachsorgemitarbeiter an der Tätigkeitsdokumentation beteiligt waren, handelt es sich<br />
dabei nicht um die tatsächlich erbrachte Zeit, sondern nur um den dokumentierten Zeitaufwand.<br />
52
Tab. 39: Übersicht über Tätigkeiten <strong>für</strong> entlassene Patienten (n = 10)<br />
Tätigkeit<br />
Gesamtdauer<br />
in 10 Monaten<br />
(in Min)*<br />
mittlere Dauer<br />
pro Patient im<br />
Monat (in Min)*<br />
Prozent der<br />
Gesamtzeit<br />
Gespräch mit Behandlungsteam extern 8.510 85,1 30,9<br />
Gespräch mit Patienten 6.255 62,6 22,8<br />
Fallbesprechung extern 3.460 34,6 12,6<br />
Koordination komplementärer Dienste 2.773 27,7 10,1<br />
Dokumentation 2.217 22,2 8,1<br />
Behandlungsplanfortschreibung extern 1.295 13,0 4,7<br />
Akquisition von Betreuungsangeboten 1.275 12,8 4,7<br />
Gespräch mit Patienten in Krise 815 8,2 3,0<br />
berufliche Rehabilitation 310 3,1 1,1<br />
Fallbesprechung intern 290 2,9 1,1<br />
Behandlungsplanfortschreibung intern 280 2,9 1,1<br />
GESAMT 27.480 275,1 100,2<br />
* In den Minutenwerten sind die Reisezeiten enthalten.<br />
Für die Gruppe der entlassenen Patienten erfolgte sogar rund ein Drittel aller Tätigkeiten<br />
anhand von telefonischen Kontakten (34,8 %). Hier entfiel der größte Anteil von<br />
Telefonaten (41,3 %) auf externe Fallbesprechungen, die zu 71,7 % telefonisch durchgeführt<br />
wurden. Die Koordination komplementärer Dienste erfolgte zu 51,6 % per Telefon,<br />
die Gespräche mit dem externen Behandlungsteam in 37,9 % der Fälle.<br />
Über die Hälfte aller dokumentierten Tätigkeiten (54,9 %) wurde außerhalb <strong>des</strong> WZFP<br />
bzw. Lippstadt-Eickelborn erbracht; Tabelle 40 zeigt, in welchen Städten bzw. Kreisen<br />
die Nachsorgemitarbeiter tätig waren. 22 Kilometerangaben im Fall einer Dienstreise<br />
lagen lediglich <strong>für</strong> 8,3 % aller dokumentierten Tätigkeiten vor. Wie bei den beurlaubten<br />
Patienten wurden auch <strong>für</strong> die entlassenen Patienten rund vier Fünftel aller<br />
Dienstreisen (79,0 %) aufgrund von Gesprächen mit dem externen Behandlungsteam<br />
unternommen. Die Nachsorgemitarbeiter legten dabei im Mittel eine Strecke von 120,9<br />
km zurück.<br />
22 Telefonate, die mit Personen außerhalb <strong>des</strong> WZFP geführt wurden, wurden in diese Analyse nicht<br />
eingeschlossen.<br />
53
Tab. 40: Kreis der erbrachten Tätigkeiten <strong>für</strong> entlassene Patienten (N = 126)<br />
Kreis Anzahl Prozent<br />
Gütersloh 45 35,7<br />
Bielefeld 29 23,0<br />
Soest 19 15,1<br />
Bochum 18 14,3<br />
Lippe 10 7,9<br />
Steinfurt 5 4,0<br />
GESAMT 126 100,0<br />
Fallbeispiele<br />
Patient C wurde am 18.10.2001 beurlaubt und am 21.10.2002 in ein Dauerwohnheim<br />
entlassen; dokumentiert wurde in der Zeit vom 01.10.2001 bis zum 06.12.2002, einem<br />
Zeitraum von 14,2 Monaten. In die Auswertung <strong>für</strong> Patient C wurden alle dokumentierten<br />
Tätigkeiten eingeschlossen. In dieser Zeit wurden <strong>für</strong> den Patienten insgesamt<br />
122,9 Stunden an Tätigkeiten erbracht, was einem mittleren Aufwand von 8,7 Stunden<br />
im Monat oder 2,0 Stunden pro Woche entspricht. Tabelle 41 zeigt, welche Tätigkeiten<br />
<strong>für</strong> den Patienten im Einzelnen erbracht wurden sowie deren Anteil an der gesamten<br />
Betreuungszeit. Der größte Anteil wurde <strong>für</strong> Gespräche mit dem externen Behandlungsteam<br />
aufgewendet, was auf einen großen Bedarf an Abstimmungen mit dem<br />
Betreuungsteam vor Ort hinweist. Erstaunlicherweise wurden keine Gespräche mit<br />
dem Patienten dokumentiert. Der zweitgrößte Zeitanteil entfiel auf Dokumentationstätigkeiten.<br />
Tab. 41: Übersicht über Tätigkeiten <strong>für</strong> Patient C<br />
Tätigkeit Häufigkeit<br />
Dauer pro Monat<br />
(in Min)*<br />
Prozent der<br />
Gesamtzeit<br />
Gespräch mit Behandlungsteam extern 26 357,8 68,9<br />
Dokumentation 13 76,8 14,8<br />
Behandlungsplanfortschreibung extern 2 29,9 5,8<br />
Koordination komplementärer Dienste 5 25,4 4,9<br />
Fallbesprechung extern 1 21,1 4,1<br />
Fallbesprechung intern 1 8,5 1,6<br />
GESAMT 48 519,5 100,1<br />
* In den Minutenwerten sind die Reisezeiten enthalten.<br />
Patient D wurde am 03.04.2001 beurlaubt und am 30.11.2001 entlassen; dokumentiert<br />
wurde in der Zeit vom 03.07.2001 bis zum 19.11.2002. Alle Tätigkeiten, die in diesem<br />
Zeitraum von 16,6 Monaten <strong>für</strong> den Patienten dokumentiert wurden, wurden in die<br />
Auswertung eingeschlossen. Insgesamt wurden in dieser Zeit 88,1 Stunden an Tätigkeiten<br />
erbracht, was einem mittleren Aufwand von 5,3 Stunden im Monat oder 1,2<br />
Stunden pro Woche entspricht. Tabelle 42 zeigt die einzelnen Tätigkeiten, die <strong>für</strong> den<br />
Patienten erbracht wurden sowie deren Anteil an der gesamten aufgewendeten Zeit.<br />
Über zwei Drittel der gesamten dokumentierten Betreuungszeit entfielen bei Patient D<br />
auf Gespräche mit dem Patienten. Diese Gespräche dauerten einschließlich Reisezei-<br />
54
ten im Mittel vier Stunden; der hohe Zeitaufwand ist auch dadurch bedingt, dass alle<br />
Patientengespräche im Ruhrgebiet stattfanden. Gespräche mit dem externen Behandlungsteam<br />
nahmen hier nur rund ein Zehntel der Zeit in Anspruch. Der Patient wurde<br />
während der Beurlaubung und nach der Entlassung in einer eigenen Wohnung im<br />
Rahmen <strong>des</strong> Betreuten Wohnens nachbetreut.<br />
Tab. 42: Übersicht über Tätigkeiten <strong>für</strong> Patient D<br />
Tätigkeit Häufigkeit<br />
Dauer pro Monat<br />
(in Min)*<br />
Prozent der<br />
Gesamtzeit<br />
Gespräch mit Patienten 15 222,0 69,7<br />
Gespräch mit Behandlungsteam extern 3 36,8 11,6<br />
Koordination komplementärer Dienste 4 19,3 6,1<br />
Dokumentation 4 15,4 4,8<br />
Gespräch mit Patienten in Krise 1 14,5 4,6<br />
Fallbesprechung extern 7 10,5 3,3<br />
GESAMT 34 318,5 100,1<br />
* In den Minutenwerten sind die Reisezeiten enthalten.<br />
4.4 4.4 Kooperation Kooperation <strong>des</strong> <strong>des</strong> WZFP WZFP mit mit mit externen externen externen Stellen<br />
Stellen<br />
Im zeitlichen Ablauf <strong>des</strong> Rehabilitationsprozesses ist es von entscheidender Bedeutung,<br />
dass externe Stellen frühzeitig in die Betreuung <strong>des</strong> Patienten miteinbezogen<br />
und daran beteiligt werden. Dies beinhaltet nicht nur Kontakte im Rahmen der Erschließung<br />
von Versorgungsstrukturen <strong>für</strong> eine Beurlaubung und die Stabilisierung<br />
<strong>des</strong> Umfel<strong>des</strong> im Vorfeld einer Entlassung, sondern auch die fortgesetzte Kooperation<br />
und regelmäßige Kommunikation der beteiligten Stellen. Zum Kreis der externen Stellen<br />
zählen sowohl psychosoziale Einrichtungen und ambulante Dienste als auch Führungsaufsicht<br />
und Bewährungshilfe als Stellen der Justiz. Nach eigenen Angaben misst<br />
das WZFP bei der Durchführung der ambulanten Rehabilitationsmaßnahmen der „enge[n]<br />
Kooperation mit der Justiz, mit der Bewährungshilfe, mit nachbetreuenden Stellen<br />
und mit Einrichtungen der komplementären Versorgung“ (Ortlieb, 2002, S. 28) eine<br />
hohe Bedeutung zu. Die Ausgestaltung <strong>des</strong> Überleitungsprozesses - ausgehend von der<br />
Klinik - und die Regelung der Zuständigkeiten spielen dabei eine wichtige Rolle. Darüber<br />
hinaus stellen sich Fragen der Mitversorgungsbereitschaft von Einrichtungen und<br />
Diensten sowie der Unterstützung externer Stellen, die forensische Patienten <strong>des</strong><br />
WZFP betreuen.<br />
Die folgenden zwei Kapitel befassen sich mit verschiedenen Aspekten der Kooperation<br />
<strong>des</strong> WZFP mit nachsorgenden Diensten und Einrichtungen sowie mit Führungsaufsichts-<br />
und Bewährungshilfestellen.<br />
4.4.1 4.4.1 Kooperation Kooperation mit mit nachsorgenden nachsorgenden Diensten Diensten Diensten und und Einrichtu Einrichtungen<br />
Einrichtu gen<br />
Die Ergebnisse zur Kooperation <strong>des</strong> WZFP mit nachsorgenden Diensten und Einrichtungen<br />
stammen sowohl aus der Analyse der Patientenakten als auch aus der schriftli-<br />
55
chen Befragung aller Einrichtungen und ambulanten Dienste, die im Projektzeitraum<br />
entlassene und/oder beurlaubte Patienten aus dem WZFP aufgenommen haben. 23 Insgesamt<br />
wurden 40 Nachsorgeeinrichtungen schriftlich befragt, die Rücklaufquote dieser<br />
Erhebung betrug 85,0 % (N = 34).<br />
Vorbereitet (und ergänzt) wurde die schriftliche Befragung durch fünf leitfadengestützte<br />
Interviews mit ausgewählten Nachsorgeeinrichtungen. Auswahlkriterien waren die<br />
Dauer der bisherigen Zusammenarbeit mit dem WZFP und die Anzahl der Patienten,<br />
die im Projektzeitraum von der Einrichtung betreut wurden. <strong>FOGS</strong> befragte eine Rehabilitationseinrichtung<br />
und eine Pflegeeinrichtung <strong>für</strong> psychisch Kranke, ein Dauerwohnheim<br />
sowie zwei Träger, die Patienten in unterschiedlichen Einrichtungen betreut<br />
hatten (u.a. RPK, Betreutes Wohnen). Drei Einrichtungen lagen im bzw. am Rande<br />
<strong>des</strong> Sektors Ruhrgebiet, je eine Einrichtung lag im Sektor Münsterland und im Sektor<br />
Ostwestfalen. Die Dauer der Kooperation der Einrichtungen mit dem WZFP betrug<br />
fünf, acht, zehn, zwölf und 20 Jahre. Eine Einrichtung hatte im Projektzeitraum zwei<br />
entlassene und/oder beurlaubte Patienten betreut, zwei Einrichtungen hatten drei Patienten<br />
und je eine Einrichtung hatte vier bzw. fünf Patienten aus Eickelborn betreut.<br />
Aufgrund <strong>des</strong> primär vorbereitenden und explorativen Charakters der Interviews werden<br />
die Ergebnisse nur dann gesondert angeführt, wenn sie von den Ergebnissen der<br />
schriftlichen Befragung abweichen oder wichtige ergänzende Informationen bieten.<br />
Um von allen kooperierenden Einrichtungen standardisierte Bewertungen wichtiger<br />
Aspekte der Kooperation mit dem WZFP zu erhalten, wurden die interviewten Einrichtungen<br />
ebenfalls in die schriftliche Befragung einbezogen.<br />
4.4.1.1 Kooperierende Träger und Einrichtungen<br />
Im Projektzeitraum haben insgesamt 40 nachsorgende Einrichtungen und Dienste beurlaubte<br />
und/oder entlassene Patienten aus dem WZFP betreut. Tabelle 43 zeigt, um<br />
welche Typen von Einrichtungen oder Diensten es sich dabei handelt. Die Zuordnung<br />
zu den Einrichtungstypen orientiert sich auch hier an den Angaben, die von den<br />
Nachsorgeeinrichtungen im Rahmen der schriftlichen Befragung gemacht wurden. Die<br />
Einrichtungen gehören zu 32 verschiedenen Trägern, wobei ein Träger über vier Einrichtungen<br />
verfügt (Sozialwerk St. Georg), ein Träger über drei (Ev. Stiftung Ummeln)<br />
und drei weitere Träger über je zwei Einrichtungen (von Bodelschwinghsche Anstalten<br />
Bethel, Das Dach e.V., Paritätische Gesellschaft <strong>für</strong> Jugend- und Sozialarbeit), in denen<br />
im Projektzeitraum Patienten aus Eickelborn aufgenommen wurden.<br />
23 Die komplementären Einrichtungen und ambulanten Dienste, die im Projektzeitraum beurlaubte<br />
und/oder entlassene Patienten aus dem WZFP aufgenommen bzw. betreut haben, werden im Folgenden<br />
zusammenfassend als Nachsorgeeinrichtungen bezeichnet.<br />
56
Tab. 43: Typen kooperierender Einrichtungen und Dienste (N = 40)<br />
Typ Anzahl Prozent<br />
Dauerwohnheim 19 47,5<br />
Rehabilitationseinrichtung <strong>für</strong> psychisch Kranke (RPK) 8 20,0<br />
Übergangswohnheim 5 12,5<br />
Betreutes Wohnen 4 10,0<br />
Adaptionseinrichtung 2 5,0<br />
Pflegeeinrichtung <strong>für</strong> psychisch Kranke mit rehabilitativer<br />
Grundausrichtung<br />
1 2,5<br />
Klinik zur Rehabilitation von Doppeldiagnosen 1 2,5<br />
GESAMT 40 100,0<br />
Erfahrungen mit forensischen Patienten und dem WZFP<br />
Sieben Nachsorgeeinrichtungen (20,6 %) sammelten mit der Aufnahme eines Patienten<br />
aus dem WZFP im Projektzeitraum erste Erfahrungen mit forensischer Klientel, d.h. sie<br />
hatten vorher weder Patienten aus dem WZFP noch aus anderen MRV-Kliniken aufgenommen.<br />
Die restlichen 27 Einrichtungen verfügten über sehr unterschiedliche Erfahrungen<br />
mit dieser Klientel: 13 Einrichtungen (38,2 %) haben bisher zwei bis fünf MRV-<br />
Patienten betreut, sechs Einrichtungen (17,7 %) fünf bis zehn Patienten, fünf Einrichtungen<br />
(14,7 %) zehn bis 15 Patienten und drei Einrichtungen (8,8 %) haben bereits<br />
über 15 MRV-Patienten betreut (N = 34). Im Mittel haben die Einrichtungen bisher 6,6<br />
forensische Patienten betreut (Min: 1; Max: 35; Median = 4,0; SD = 7,1). 20 Nachsorgeeinrichtungen<br />
(58,8 %) kooperierten neben dem WZFP auch mit anderen Kliniken, aus<br />
denen sie bisher durchschnittlich 5,8 forensische Patienten aufgenommen haben<br />
(Min: 1; Max: 34; Median = 3,0; SD = 7,5).<br />
Die Nachsorgeeinrichtungen haben im Mittel bereits 3,1 Patienten (Median = 2,0;<br />
SD = 2,9) betreut, die direkt aus dem WZFP übergeleitet wurden, d.h. nicht über eine<br />
allgemeinpsychiatrische Klinik. Nach eigenen Angaben wurden vorwiegend Patienten<br />
mit Persönlichkeitsstörungen (70,6 %) und Patienten mit Psychoseerkrankungen<br />
(64,7 %) betreut. Weitere 44,1 % der Einrichtungen verfügten über Erfahrungen mit<br />
Patienten mit Intelligenzminderungen und 8,8 % der Einrichtungen über Erfahrungen<br />
mit anderen Diagnosen wie z.B. Demenz, Epilepsie, hirnorganisches Psychosyndrom.<br />
Tabelle 44 zeigt, wie viele Patienten aus dem WZFP bisher von den einzelnen Einrichtungen<br />
betreut wurden.<br />
57
Tab. 44: Anzahl bisher betreuter Patienten aus dem WZFP (N = 34)<br />
Anzahl der Patienten aus dem WZFP<br />
Anzahl der<br />
Einrichtungen<br />
Prozent der<br />
Einrichtungen<br />
eins 13 38,2<br />
zwei 7 20,6<br />
drei 5 14,7<br />
vier 2 5,9<br />
fünf 2 5,9<br />
sieben 1 2,9<br />
acht 2 5,9<br />
elf 1 2,9<br />
zwölf 1 2,9<br />
GESAMT 34 99,9<br />
15 Einrichtungen (45,5 %) hatten im Projektzeitraum den ersten Patienten aus dem<br />
WZFP übernommen und verfügten damit - ausgehend vom Zeitpunkt der Befragung -<br />
über ein bis drei Jahre Erfahrung in der Kooperation mit der Klinik. Mit diesen Einrichtungen<br />
konnte im Projektzeitraum erstmals eine Zusammenarbeit entwickelt und<br />
damit eine Neuakquisition von Betreuungsangeboten erzielt werden. Elf Einrichtungen<br />
(33,3 %) kooperierten bereits vier bis zehn Jahre mit dem WZFP und weitere sieben<br />
Einrichtungen (21,2 %) zwischen zehn und 20 Jahren (n = 33).<br />
24 Einrichtungen (60,0 %) haben im Projektzeitraum einen entlassenen oder beurlaubten<br />
Patienten betreut, zwölf Einrichtungen (18,0 %) haben je zwei Patienten betreut,<br />
zwei Einrichtungen (5,0 %) haben je drei Patienten betreut und je eine Einrichtung hat<br />
im Projektzeitraum vier bzw. fünf Patienten aus dem WZFP betreut (N = 40).<br />
Bedenken der Einrichtungen und Ausschluss von Patienten<br />
61,8 % der Nachsorgeeinrichtungen (n = 21) gaben an, anfangs Bedenken bezüglich<br />
der Aufnahme von MRV-Patienten gehabt zu haben (N = 34). Rund die Hälfte dieser<br />
Einrichtungen berichtete von Ängsten - vorwiegend der Mitarbeiterinnen - vor (unkontrollierter)<br />
Aggressivität, tätlichen Übergriffen und sexuell devianten Verhaltenweisen<br />
der Patienten sowie von allgemein deliktbezogenen Ängsten. Etwa ein Drittel be<strong>für</strong>chtete<br />
erneute Straftaten, insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich bei den Nachsorgeeinrichtungen<br />
im Gegensatz zum WZFP um eine offene(re) Unterbringungsart mit<br />
mehr Freiheiten <strong>für</strong> den Patienten handelt. Zum Teil stellte sich den Einrichtungen<br />
die Frage, ob das vorhandene Ausmaß an Sicherungen ausreichen würde, um deliktrelevante<br />
Rückfälle zu vermeiden und wer in einem solchen Fall die Verantwortung trägt.<br />
Darüber hinaus war sich etwa ein weiteres Drittel der Einrichtungen unsicher, ob man<br />
einem forensischen Patienten eine adäquate professionelle Betreuung bieten und<br />
Probleme rechtzeitig erkennen könne, da teilweise keine Erfahrung mit dieser Klientel<br />
vorhanden war.<br />
Zwei Einrichtungen be<strong>für</strong>chteten u.a. Vorurteile und Ängste der (benachbarten) Bevölkerung<br />
bei Bekanntwerden der Aufnahme forensischer Patienten und eine damit verbundene<br />
Rufschädigung ihrer Einrichtung. Einer weiteren Einrichtung ist die Aufnahme<br />
forensischer Patienten von der zuständigen Heimaufsicht untersagt. Bis auf die drei<br />
letztgenannten Fälle haben sich die anfangs vorhandenen Bedenken - zumin<strong>des</strong>t wei-<br />
58
testgehend - zerstreut. Dies war durch einen positiven Betreuungsverlauf, rechtzeitige<br />
Absprachen der Beteiligten, kollegialen Austausch, Supervision, Besuche in Eickelborn<br />
und nicht zuletzt durch das persönliche Kennenlernen der Patienten möglich.<br />
Der Frage, ob bestimmte Patientengruppen aus dem WZFP grundsätzlich aus der<br />
Nachsorge ausgeschlossen werden, stimmten 46,9 % der befragten Einrichtungen<br />
(n = 15) zu. Davon schließen 13 Einrichtungen (86,7 %) 24 Sexualstraftäter aus, drei Einrichtungen<br />
(20,0 %) Patienten mit Intelligenzminderungen und zwei Einrichtungen<br />
(13,3 %) Patienten mit einer primären Suchterkrankung. Von je einer Einrichtung werden<br />
Patienten mit hoher Gewaltbereitschaft und Patienten, die schwerste Mehrfachverbrechen<br />
oder Tötungsdelikte an Kindern begangen haben, ausgeschlossen.<br />
Eine Einrichtung, die grundsätzlich keine Patienten ausschließt, gab allerdings an, bei<br />
Sexualstraftätern in einen besonders intensiven Entscheidungsprozess einzutreten.<br />
Eine Einrichtung <strong>des</strong> Betreuten Wohnens hatte bisher zwar keine Patienten ausgeschlossen,<br />
berichtete aber von einem großen Widerstand innerhalb der Mitarbeiterschaft<br />
gegenüber der Aufnahme von Sexualstraftätern; darüber hinaus sei ihr Angebot<br />
<strong>für</strong> intelligenzgeminderte Patienten aufgrund deren mangelnder Absprache- und Einsichtsfähigkeit<br />
möglicherweise zu grobmaschig.<br />
Gegen die Aufnahme von Sexualstraftätern sprachen aus Sicht der Einrichtungen vor<br />
allem die räumliche Nähe zu Kindergärten, -tagesstätten oder Schulen, die Lage in<br />
Wohngebieten und in einem Fall ein hoher Publikumsverkehr von Kindern. Bei anderen<br />
Nachsorgeeinrichtungen schließt die Betreuung von von sexuellem Missbrauch<br />
betroffenen Patientinnen die gleichzeitige Aufnahme von Sexualstraftätern aus oder es<br />
steht der generelle Schutz weiblicher Mitarbeiterinnen und Bewohnerinnen im Vordergrund.<br />
Weitere Gründe waren die mangelnde Eignung <strong>des</strong> (Betreuungs-)Konzepts<br />
<strong>für</strong> diese Klientel, das hohe Rückfallrisiko sowie die Angst vor Übergriffen und Rufschädigung.<br />
Eine Einrichtung begründete im Interview die ablehnende Haltung gegenüber<br />
Sexualstraftätern damit, dass man sich im Umgang mit dieser Personengruppe<br />
fachlich weniger sicher fühle als im Umgang mit Personen mit anderen psychischen<br />
Erkrankungen.<br />
Der Ausschluss der übrigen Patientengruppen wurde auf das vorhandene Einrichtungs-<br />
und Betreuungskonzept sowie auf das Fehlen geeigneter Therapieangebote zurückgeführt.<br />
Die Einrichtung, die Patienten mit hoher Gewaltbereitschaft ausschließt,<br />
begründete dies mit ihrem überwiegend weiblichen Mitarbeiterstab und zeitweisen<br />
Einzelbesetzungen im Dienst.<br />
4.4.1.2 Überleitung von Patienten in Nachsorgeeinrichtungen<br />
Die Frage, wie sich der Prozess der Überleitung von beurlaubten und entlassenen Patienten<br />
aus dem WZFP in Nachsorgeeinrichtungen gestaltet, konnte anhand der Aktenanalyse<br />
und der Befragung der Nachsorgeeinrichtungen beantwortet werden. Abbildung<br />
3 zeigt den „typischen“ Prozess der Überleitung von Patienten aus dem WZFP in<br />
die Nachsorgeeinrichtungen, wie er in den Akten und von den kooperierenden Einrichtungen<br />
beschrieben wurde. Dieser Prozess deckt sich weitestgehend mit dem Ablauf<br />
der Überleitung, der in den „Abteilungsübergreifenden Rahmenrichtlinien zur<br />
Wiedereingliederungs- und Nachsorgeplanung im WZFP Lippstadt“ (Ortlieb, 2002) beschrieben<br />
wird.<br />
24 Dies entspricht 38,2 % der in die Auswertung einbezogenen Einrichtungen.<br />
59
Abb. 3: Darstellung <strong>des</strong> typischen Überleitungsprozesses aus dem WZFP in eine Nachsorgeeinrichtung<br />
persönliche, telefonische oder schriftliche Aufnahmenanfrage<br />
durch den Nachsorgemitarbeiter<br />
Zusendung von Unterlagen (Arztberichte, Sozialberichte,<br />
Gutachten, Behandlungspläne etc.);<br />
evtl. Vorgespräch mit Nachsorgemitarbeiter<br />
persönliche Vorstellung <strong>des</strong> Patienten (Anamnese,<br />
Delikt, Motivation) und Besichtigung der Einrichtung<br />
Vereinbarung von Probetagen, Probewohnen<br />
oder Probearbeiten<br />
Nachbesprechung im Team und mit Nachsorgemitarbeiter;<br />
Bedenkzeit <strong>für</strong> Einrichtung und Patient<br />
Aufnahmeentscheidung durch Einrichtungsleitung,<br />
Betreuungs- oder Gesamtteam;<br />
Vereinbarung eines Aufnahmetermins<br />
Aufnahme <strong>des</strong> Patienten; enger Besuchskontakt<br />
durch Nachsorgemitarbeiter; Gespräche mit Patient<br />
und Behandlungsteam<br />
Um den Patienten persönlich kennen zu lernen und zu erproben, ob sich Einrichtung<br />
und Patient eine Aufnahme vorstellen können, finden <strong>für</strong> nahezu alle Patienten Probeaufenthalte<br />
in der künftig betreuenden Einrichtung statt. Diese Aufenthalte reichen<br />
von einzelnen „Anwärmbesuchen“ über Probetage hin zu mehrtägigem bis mehrwöchigem<br />
Probewohnen, die ggf. verlängert und wiederholt werden können. Darüber hinaus<br />
führen einzelne Einrichtungen ein Probearbeiten durch. Ausführliche Vor- und<br />
Nachbesprechungen, die durch die Nachsorgemitarbeiter begleitet werden, sollen den<br />
Einrichtungen die Entscheidung über die Aufnahme <strong>des</strong> Patienten erleichtern und der<br />
Beantwortung offener Fragen sowie dem Abbau von Ängsten und Unsicherheiten auf<br />
Seiten der MitarbeiterInnen dienen. In den meisten Fällen wird die Entscheidung über<br />
die endgültige Aufnahme <strong>des</strong> Patienten im Behandlungs- oder im Gesamtteam der<br />
Einrichtung gefällt. Entscheidet sich die Nachsorgeeinrichtung <strong>für</strong> die Aufnahme <strong>des</strong><br />
Patienten und erklärt sich auch der Patient mit der Aufnahme in der Einrichtung einverstanden,<br />
kann - soweit Plätze vorhanden sind - ein konkreter Aufnahmetermin vereinbart<br />
werden. In Kooperation mit dem WZFP werden anstehende organisatorische,<br />
rechtliche und finanzielle Fragen geklärt. Nach Beginn der Langzeitbeurlaubung besuchen<br />
die Nachsorgemitarbeiter den Patienten zum Teil wöchentlich, um mit ihm und<br />
den betreuenden MitarbeiterInnen ausführliche Reflexionsgespräche zu führen.<br />
60
Schwierigkeiten bei der Überleitung<br />
Den Akten der 28 beurlaubten Patienten, deren Überleitungsprozess im Projektzeitraum<br />
analysiert wurde, konnte entnommen werden, dass in min<strong>des</strong>tens der Hälfte der<br />
Fälle der Aufnahmezusage einer Einrichtung eine oder mehrere Ablehnungen anderer<br />
Einrichtungen vorausgegangen waren. Den Ablehnungen lagen sehr unterschiedliche<br />
Ursachen zugrunde. Von den Nachsorgeeinrichtungen wurden folgende patienten- und<br />
deliktbezogene Begründungen genannt:<br />
� im Wohnheim werden Alkohol und Drogen konsumiert, daher kann das Risiko<br />
einer Straftat durch evtl. Substanzmissbrauch <strong>des</strong> Patienten nicht getragen werden<br />
� Ablehnung aufgrund <strong>des</strong> zu schwerwiegenden Delikts, das Beurlaubungssetting<br />
wird als zu schwierig eingeschätzt und in der Einrichtung leben Bewohnerinnen<br />
mit Missbrauchserfahrung<br />
� Ablehnung durch Mitarbeiterinnen aufgrund von deliktbezogenen Ängsten, Bewerber<br />
müssen bereits einen Bewährungshelfer haben<br />
� die Einrichtung erweist sich nach eigener Einschätzung im Hinblick auf die Vorgeschichte<br />
<strong>des</strong> Patienten als nicht geeignet<br />
� Ablehnung der Aufnahme aufgrund schlechter Erfahrungen mit einem forensischen<br />
Patienten und Angst vor Übergriffen auf die MitarbeiterInnen (Patient hatte<br />
ein Tötungsdelikt begangen)<br />
� Patient zeigte im Vorstellungsgespräch unkontrollierte Äußerungen<br />
� Ablehnung der Aufnahme zum Schutz der Menschen in der Region (Patient hatte<br />
ein Brandstiftungsdelikt begangen) und weil die Einrichtung keine forensische<br />
Klientel aufnimmt.<br />
In drei Fällen wurde die Anfrage <strong>des</strong> Nachsorgemitarbeiters explizit aufgrund <strong>des</strong> Einweisungsdelikts<br />
Sexualstraftat abgelehnt. Erschwerend hinzu kommen bei Patienten<br />
mit sehr langen Unterbringungszeiten Hospitalisierungseffekte, die „die Entwicklung<br />
einer tragfähigen Rehabilitationsperspektive“ (Aktenvermerk) erschweren. Neben patienten-<br />
und deliktbezogenen Ablehnungen scheiterte die Aufnahme von Patienten <strong>des</strong><br />
WZFP in einigen Fällen auch daran, dass in den Nachsorgeeinrichtungen weder aktuell<br />
noch in absehbarer Zeit freie Plätze zur Verfügung standen. Auch nachdem eine<br />
Aufnahmezusage ausgesprochen worden war, wurde die tatsächliche Aufnahme in einigen<br />
Fällen immer wieder - zum Teil um Monate - verschoben. In einem Fall verweigerte<br />
die Staatsanwaltschaft die Zustimmung zur beabsichtigten Langzeitbeurlaubung,<br />
infolge<strong>des</strong>sen wurde der Einrichtungsleitung eine bedingte Absage erteilt. Das Heim<br />
musste daraufhin notgedrungen aus finanziellen Erwägungen das <strong>für</strong> den Patienten<br />
vorgesehene Bett wieder belegen; die Langzeitbeurlaubung wurde um weitere fünf<br />
Monate verschoben. In einzelnen Fällen scheiterte die Aufnahme eines Patienten auch<br />
daran, dass der Patient selbst sich nicht mit der Langzeitbeurlaubung in eine bestimmte<br />
Einrichtung einverstanden erklärte, eine alternative Einrichtung bevorzugte oder<br />
Gesprächstermine und Probewohnen nicht wahrgenommen hatte.<br />
Die genannten Gründe führen dazu, dass zwischen der ersten Aufnahmeanfrage <strong>des</strong><br />
Nachsorgemitarbeiters bei einer Einrichtung und dem tatsächlichen Beginn der Langzeitbeurlaubung<br />
<strong>des</strong> Patienten nicht selten ein Zeitraum von über einem Jahr verstreicht.<br />
Zur Illustration <strong>des</strong> Aufwan<strong>des</strong>, der <strong>für</strong> Patient und Nachsorgmitarbeiter mit<br />
der Suche nach einer geeigneten Einrichtung verbunden ist, und <strong>des</strong> zeitlichen Rahmens,<br />
in dem sich die einzelnen Schritte bewegen, dienen folgende Fallbeispiele beur-<br />
61
laubter Patienten. Die wichtigsten Eckdaten und Maßnahmen zur Überleitung der Patienten<br />
wurden den Patientenakten entnommen.<br />
Fallbeispiele<br />
Patient A wurde aufgrund von Freiheitsberaubung in Tateinheit mit Nötigung und<br />
gefährlicher Körperverletzung gem. § 63 StGB untergebracht. Diagnostiziert wurden<br />
bei ihm eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung <strong>des</strong> impulsiven Typus in Verbindung<br />
mit Störungen <strong>des</strong> Sozialverhaltens, einer leichten Intelligenzminderung und<br />
einer Suchterkrankung. Der Patient war zu Beginn der Langzeitbeurlaubung 39,2 Jahre<br />
alt und bereits 11,7 Jahre im WZFP untergebracht. Der Überleitungsprozess <strong>des</strong> Patienten,<br />
der einige Schwierigkeiten beinhaltete, wird in Tabelle 45 ausführlich dargestellt.<br />
Tab. 45: Fallbeispiel <strong>des</strong> Überleitungsprozesses <strong>für</strong> Patient A<br />
Monat/Jahr Maßnahmen<br />
05/00<br />
Vorstellungsgespräch in Wohnheim A; Besichtigung von Behindertenarbeitsplätzen; Ablehnung<br />
<strong>des</strong> Probewohnens durch Heimleitung: Patient habe abschätzende, konkurrierende Haltung<br />
zum Ausdruck gebracht und verbal geäußert, Ablehnung zum Schutz der Bewohnerinnen<br />
06/00 Besichtigung weiterer Einrichtungen im Ruhrgebiet<br />
08/00<br />
01/01<br />
03/01<br />
Vorstellungsgespräch in Wohnheim B; Teilnahme an Tageserprobung; Ablehnung <strong>des</strong> Patienten:<br />
übergeordneter Vorgesetzter habe Aufnahme abgelehnt, intensive Betreuung <strong>des</strong> Patienten<br />
könne aus Gründen der personellen Ausstattung nicht geleistet werden<br />
geplantes Vorstellungsgespräch in Wohnheim C; Patient lehnt Wohnheim C ab und erscheint<br />
nicht zum vereinbarten Termin<br />
Vorstellungsgespräch in Wohnheim D; Angebot von Probewohnen <strong>für</strong> 05/01; Aufnahme Ende<br />
2001 realistisch; Wohnheim ist derzeit voll belegt<br />
05/01 Probewohnen in Wohnheim D und Auswertungsgespräch mit MitarbeiterInnen und Patient<br />
06/01<br />
07/01<br />
09/01<br />
Fallbesprechung in Wohnheim D: MitarbeiterInnen stehen Aufnahme <strong>des</strong> Patienten skeptisch<br />
gegenüber, <strong>des</strong>halb abschließende Fallbesprechung<br />
Patient soll in Wohnheim D aufgenommen werden; Aufnahmetermin ist jedoch nicht absehbar,<br />
Patient wird auf Warteliste gesetzt; Vereinbarung weiterer Probewohnen als Trainingsmaßnahme<br />
Probetag in Wohnheim D, da längeres Probewohnen aus Platzgründen nicht möglich ist; Besuch<br />
der Heimleitung auf Station <strong>des</strong> WZFP; Planung weiterer Probetage<br />
11/01 Probetage und Reflexionsgespräche in Wohnheim D<br />
01/02<br />
Fallbesprechung in Wohnheim D: Festlegung <strong>des</strong> Aufnahmetermins, Erstellung und Besprechung<br />
der Urlaubsauflagen mit Patient, Kostenübernahme von Supervision durch WZFP<br />
02/02 Beginn der Langzeitbeurlaubung in Wohnheim D<br />
Tabelle 46 gibt einen Überblick über die wichtigsten Schritte der Überleitungsprozesse<br />
von vier weiteren beurlaubten Patienten im zeitlichen Verlauf. Patient B hatte ein Tötungsdelikt<br />
begangen und war bis zu Beginn der Beurlaubung 6,2 Jahre untergebracht;<br />
diagnostiziert wurde als Hauptdiagnose eine dissoziale Persönlichkeitsstörung. Patient<br />
C war aufgrund von sexuellem Missbrauch von Kindern und sexueller Nötigung 10,9<br />
Jahre im WZFP untergebracht; die Diagnose war ebenfalls eine dissoziale Persönlichkeitsstörung<br />
in Verbindung mit einer Intelligenzminderung. Patient D und E hatten<br />
ebenfalls ein Tötungsdelikt begangen. Die Hauptdiagnose bei Patient D lautete paranoide<br />
Schizophrenie, er war bis zu seiner Langzeitbeurlaubung 4,9 Jahre untergebracht.<br />
Patient E hatte eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-<br />
Typus und war 9,4 Jahre untergebracht.<br />
62
Tab. 46: Fallbeispiele der Überleitungsprozesse <strong>für</strong> Patienten B, C, D und E*<br />
Patient B Patient C Patient D Patient E<br />
11/01: Vorstellungsgespräch<br />
in Wohnheim A:<br />
Patient und MA gewannen<br />
positiven Eindruck<br />
und konnten sich spätere<br />
Zusammenarbeit<br />
vorstellen; aber: sechs<br />
Monate Wartezeit<br />
02/02: Aufnahmeanfrage<br />
an Wohnheim A und<br />
Zusendung von Unterlagen<br />
03/02: umfassende<br />
Vorstellung <strong>des</strong> Patienten<br />
bei MA <strong>des</strong> Wohnheims<br />
A; immer noch<br />
sechs Monate Wartezeit<br />
04/02: Patient teilt seinen<br />
grundsätzlichen<br />
Aufnahmewunsch mit<br />
und bittet um frühestmöglichenAufnahmetermin<br />
09/02: Beginn der<br />
Langzeitbeurlaubung<br />
07/00: Vorstellungsgespräch<br />
bei Betreutem<br />
Wohnen<br />
01/01: Vorstellungsgespräch<br />
in Wohnheim A<br />
02/01 - 01/02: weitere<br />
Vorstellungsgespräche<br />
Anfang 02: Suche nach<br />
Wohnheim zieht sich hin,<br />
da Bereitschaft, Sexualstraftäter<br />
aufzunehmen,<br />
mehr als gering ist<br />
02/02 - 06/02: Vorstellungsgespräche<br />
in drei<br />
Wohnheimen, Patient<br />
wird dreimal abgelehnt<br />
06/02: erneuter Kontakt<br />
zu Wohnheim A;<br />
Vorstellungsgespräch<br />
zum Kennenlernen der<br />
MA<br />
07/02: Beginn der<br />
Langzeitbeurlaubung in<br />
Wohnheim A und Beschäftigung<br />
in WfB<br />
01/02: erste Kontaktaufnahme<br />
zu Wohnheimen<br />
zur Beurlaubungsvorbereitung<br />
05/02: Vorstellungsgespräch<br />
in Wohnheim A:<br />
Signalisierung der<br />
grundsätzlichen Aufnahmebereitschaft;<br />
Probewohnen<br />
06/02: Vorstellungsgespräch<br />
in Wohnheim B<br />
07/02: 2. Vorstellungsgespräch<br />
in Wohnheim<br />
B, <strong>für</strong> das sich der Patient<br />
entschieden hat<br />
10/02: Probewohnen in<br />
Wohnheim B; Aushändigung<br />
eines Krisenplans<br />
<strong>des</strong> WZFP<br />
11/02: Fallbesprechung<br />
im WZFP mit zuständigem<br />
Therapeuten aus<br />
Wohnheim B<br />
11/02: Beginn der<br />
Langzeitbeurlaubung<br />
* Abkürzungen: MA = MitarbeiterInnen; WfB = Werkstatt <strong>für</strong> behinderte Menschen<br />
09/01: Kontaktaufnahme<br />
zu Fachbereichsleitung<br />
eines Einrichtungsträgers;<br />
Zusendung von<br />
Unterlagen an Heim A<br />
02/02: Besuch von<br />
Heim- und Fachbereichsleitung<br />
im WZFP<br />
02/02: Vorstellungsgespräch<br />
<strong>des</strong> Patienten in<br />
Heim A<br />
03/02: Besuch <strong>des</strong><br />
Patienten in Heim A<br />
03/02: Besuch von MA<br />
und Bezugsbetreuerin<br />
im WZFP; Planung von<br />
Probetagen<br />
04/02: Probetage mit<br />
Übernachtung; Anmietung<br />
<strong>des</strong> Wohnheimplatzes<br />
durch WZFP; weitere<br />
Tagesausgänge <strong>des</strong><br />
Patienten in das Wohnheim<br />
05/02: Beginn der<br />
Langzeitbeurlaubung<br />
Da fast alle Patienten bereits vor ihrer Entlassung aus dem WZFP in Nachsorgeeinrichtungen<br />
integriert werden konnten, wurden Probleme bei der Überleitung von zu entlassenden<br />
Patienten nur in zwei Fällen dokumentiert. In einem Fall hat der Patient die<br />
<strong>für</strong> die Aufnahme in das Wohnheim erforderliche Pflegestufe nicht erfüllt, wodurch die<br />
Finanzierung seines Aufenthalts nach der Entlassung langfristig nicht gesichert war.<br />
Das Wohnheim erklärte sich jedoch dazu bereit, den Platz eine Woche freizuhalten, bis<br />
die Entscheidung <strong>des</strong> Gerichts zur Entlassung vorlag. Der Heimplatz wurde nach der<br />
Entlassung zunächst durch das Vermögen <strong>des</strong> Patienten mitfinanziert. In einer anderen<br />
Einrichtung bestanden „arge Bedenken“ hinsichtlich der Aufnahme eines Patienten,<br />
worauf eine Absage durch die Einrichtung erfolgte. Nach einem erneuten Gespräch<br />
eines Mitarbeiters <strong>des</strong> WZFP, dem Patienten und der Einrichtung konnte die Aufnahme<br />
schließlich doch erfolgen.<br />
Zehn Nachsorgeeinrichtungen (30,3 %), die im Projektzeitraum beurlaubte und/oder<br />
entlassene Patienten aus dem WZFP aufgenommen hatten, gaben an, dass sie in demselben<br />
Zeitraum weitere Aufnahmeanfragen <strong>des</strong> WZFP abgelehnt hatten bzw. geplante<br />
Aufnahmen nicht zustande kamen (n = 33). In zwei Fällen wurde die Aufnahme aufgrund<br />
eines Sexualdelikts abgelehnt. Bei einem dieser Patienten gab die Einrichtung<br />
das Vorliegen einer HIV-Infektion an, im anderen Fall wurde auf das nicht ausreichende<br />
Schuldbewusstsein <strong>des</strong> Patienten und seinen unangemessenen Zugang zum Delikt<br />
verwiesen. Ein Patient wurde aufgrund seiner Intelligenzminderung abgelehnt, eine<br />
weitere Aufnahme kam ebenfalls „patientenbedingt“ nicht zustande. Ein Patient hatte<br />
bereits ein Probewohnen in der Nachsorgeeinrichtungen absolviert, in <strong>des</strong>sen Folge<br />
die Aufnahme im Rahmen einer Langzeitbeurlaubung abgelehnt wurde. Weitere Begründungen<br />
waren: ungeklärtes Aufenthaltsverfahren, nicht trainierter Freigang, Wohn-<br />
63
situation nicht entsprechend dem Störungsprofil entwickelt, mangelnde Gewährleistung<br />
der erforderlichen Sicherheit durch die Einrichtung und das Fehlen eines geeigneten<br />
Heimplatzes.<br />
Bewertung <strong>des</strong> Überleitungsprozesses durch die Nachsorgeeinrichtungen<br />
Im Rahmen der schriftlichen Befragung wurden die Nachsorgeeinrichtungen um ihre<br />
Bewertung verschiedener Aspekte <strong>des</strong> Überleitungsprozesses gebeten. In die Auswertung<br />
dieser Bewertungen wurden nur die Angaben der Nachsorgeeinrichtungen einbezogen,<br />
die im Projektzeitraum einen Patienten aus dem WZFP neu aufgenommen hatten,<br />
d.h. nicht einbezogen wurden Einrichtungen, die vor dem Projektzeitraum einen<br />
Patienten aufgenommen hatten, der dann während <strong>des</strong> Projektzeitraums ohne einen<br />
neuen Überleitungsprozess in dieselbe Einrichtung entlassen wurde. Diese Abgrenzung<br />
war erforderlich, um ausschließlich die Überleitungsmaßnahmen zu bewerten,<br />
die von den Nachsorgemitarbeitern während <strong>des</strong> Modellprojekts erbracht wurden.<br />
64,5 % der befragten Einrichtungen (n = 20) waren mit dem Überleitungsprozess von<br />
Patienten insgesamt (sehr) zufrieden, 29,0 % der Befragten (n = 9) waren eher zufrieden<br />
und nur zwei Einrichtungen (6,5 %) waren mit dem Procedere der Überleitung eher<br />
nicht zufrieden (n = 31). Betrachtet man die Bewertung einzelner wichtiger Schritte im<br />
Prozess der Überleitung von Patienten in Tabelle 47, zeigt sich auch dort eine durchgehend<br />
hohe Zufriedenheit der Nachsorgeeinrichtungen.<br />
Tab. 47: Bewertung einzelner Aspekte <strong>des</strong> Überleitungsprozesses im Projektzeitraum durch<br />
die Nachsorgeeinrichtungen<br />
frühzeitiger Einbezug in die gemeinsame<br />
Behandlungsplanung und den gemeinsamen<br />
Rehabilitationsprozess (n = 31)<br />
frühzeitige Information über den Patienten<br />
anhand der Sozial- und Arztberichte<br />
(n = 30)<br />
Ablauf von Vorstellungsgesprächen, ggf.<br />
Probetage/-wohnen, Vor- und Nachbesprechungen<br />
(n = 31)<br />
Bereitstellung <strong>des</strong> aktuellen Behandlungs-<br />
und Wiedereingliederungsplans (n = 30)<br />
Bereitstellung gewünschter Unterlagen<br />
(z.B. Urteil, Prognosegutachten) (n = 31)<br />
Benennung von Ansprechpartnern auf<br />
Abteilungs- und Stationsebene <strong>des</strong> WZFP<br />
(vgl. „Merkblatt“) (n = 30)<br />
regionale Zuständigkeit der Nachsorgemitarbeiter<br />
<strong>für</strong> die jeweilige Herkunftsregion<br />
(n = 24)<br />
(sehr)<br />
zufrieden<br />
eher<br />
zufrieden<br />
eher nicht<br />
zufrieden<br />
nicht<br />
zufrieden<br />
n % n % n % n %<br />
20 64,5 9 29,0 2 6,5 - -<br />
24 80,0 6 20,0 - - - -<br />
25 80,6 6 19,4 - - - -<br />
21 70,0 7 23,3 1 3,3 1 3,3<br />
25 80,6 6 19,4 - - - -<br />
22 73,3 5 16,7 3 10,0 - -<br />
11 45,8 11 45,8 1 4,2 1 4,2<br />
Die befragten Nachsorgeeinrichtungen fühlen sich frühzeitig und ausreichend über<br />
den Patienten informiert und es besteht eine hohe Zufriedenheit mit der Bereitstellung<br />
gewünschter Unterlagen. Rund 80 % der Einrichtungen sind (sehr) zufrieden mit dem<br />
Ablauf von Vorstellungsgesprächen sowie deren Vor- und Nachbesprechungen mit den<br />
Nachsorgemitarbeitern. Zwei Einrichtungen hoben im Rahmen der Interviews positiv<br />
64
hervor, dass potentielle Probleme und Be<strong>für</strong>chtungen bzgl. der Überleitung von Patienten<br />
von den Nachsorgemitarbeitern offen angesprochen und dargestellt würden.<br />
Relativ weniger Zufriedenheit besteht mit dem Einbezug in die gemeinsame Behandlungsplanung<br />
und dem Konzept der regionalisierten Nachsorge, d.h. der Zuständigkeit<br />
der Nachsorgemitarbeiter <strong>für</strong> die jeweilige Herkunftsregion <strong>des</strong> Patienten. Zu diesem<br />
Aspekt gaben deutlich weniger Einrichtungen eine Bewertung ab und aus einigen<br />
Anmerkungen in den ausgefüllten Fragebogen lässt sich folgern, dass dieses Konzept<br />
einigen Einrichtungen nicht bekannt bzw. nicht bewusst ist.<br />
Alle Einrichtungen, die eine Angabe gemacht haben, waren der Meinung, dass das<br />
Procedere <strong>des</strong> WZFP im Rahmen der Rehabilitation und Nachsorge transparent und<br />
einheitlich sei. Eine Einrichtung äußerte im Interview, dass ein einheitlicher und kontinuierlicher<br />
Nachsorgeprozess zur Minimierung der Ängste und Hemmungen der<br />
Nachsorgeeinrichtungen beigetragen hat.<br />
Unterstützung in Krisensituationen<br />
Die 25 Einrichtungen, die während der Beurlaubung eines Patienten im Projektzeitraum<br />
Krisen erlebt hatten, bewerteten die Unterstützung in Krisensituationen durch<br />
das WZFP folgendermaßen: 13 Einrichtungen (52,0 %) waren mit der Unterstützung<br />
(sehr) zufrieden, neun Einrichtungen (36,0 %) waren eher zufrieden und weitere drei<br />
Einrichtungen (12,0 %) waren mit der Unterstützung in Krisensituationen eher nicht<br />
zufrieden.<br />
Die offene Frage nach weiterem Unterstützungsbedarf in einer Krise während der Beurlaubung<br />
beantworteten insgesamt 16 Einrichtungen. Dabei stand <strong>für</strong> sechs Einrichtungen<br />
das Thema Wiederaufnahme im WZFP im Vordergrund: Eine möglichst problemlose<br />
Rückführung <strong>des</strong> Patienten sollte - auch am Wochenende - möglich sein; um<br />
zeitliche Verzögerungen zu vermeiden, müssten die Zuständigkeiten <strong>für</strong> die Rückführung<br />
geklärt und die zuständigen Personen jederzeit erreichbar sein. Darüber hinaus<br />
waren <strong>für</strong> die Einrichtungen klare Absprachen vor der Rückführung eines Patienten<br />
von Bedeutung. Dadurch sollten zu rasche Urlaubsabbrüche vermieden und Möglichkeiten<br />
einer alternativen Krisenbewältigung - zum Beispiel durch eine Urlaubsunterbrechung<br />
- mit der Nachsorgeeinrichtung diskutiert werden. Vier Einrichtungen<br />
wünschten sich in einer Krise generell mehr beratende Gespräche und Kontakte zu<br />
den (Nachsorge-)MitarbeiterInnen <strong>des</strong> WZFP, eine Einrichtung berichtete, sie sei bei<br />
der Krisenbewältigung „völlig außen vor gelassen worden“. Vier Nachsorgeeinrichtungen<br />
konnten keinen weiteren Unterstützungsbedarf erkennen und beurteilten die bisherige<br />
Zusammenarbeit in Krisen als optimal.<br />
Das Vorgehen <strong>des</strong> WZFP bei Kriseninterventionen nach der Entlassung von Patienten<br />
im Projektzeitraum konnte nur von sieben Nachsorgeeinrichtungen beurteilt werden.<br />
Davon waren vier Einrichtungen (sehr) zufrieden, je eine Einrichtung war eher zufrieden,<br />
eher nicht zufrieden bzw. nicht zufrieden. Bezüglich der (zusätzlichen) Unterstützung<br />
in Krisensituationen nach einer Entlassung sahen vier Einrichtungen keinen weiteren<br />
Bedarf, weitere vier Einrichtungen wünschten sich auch nach der Entlassung<br />
Unterstützung und Beratung durch das WZFP. Geklärte Zuständigkeiten sind aus Sicht<br />
der Einrichtungen auch nach der Entlassung von besonderer Bedeutung. Eine Einrichtung<br />
verwies in diesem Zusammenhang auf die begrenzten Möglichkeiten der Krisenintervention<br />
nach einer Entlassung und forderte mehr Kompetenz auf Seiten der FA<br />
und BWH, denen nur wenig Mittel zur Verfügung ständen, um die Einrichtungen und<br />
den Patienten bei der Einhaltung von Auflagen zu begleiten.<br />
65
Orientierungsleitfaden <strong>für</strong> MitarbeiterInnen der psychosozialen Versorgung<br />
Eine Projektmaßnahme, die sich auf die Kooperation mit Nachsorgeeinrichtungen bezog,<br />
war die Erstellung <strong>des</strong> „Orientierungsleitfadens zu forensischen Patient/Innen <strong>für</strong><br />
Mitarbeiter/Innen der psychosozialen Versorgung“ der in den „Abteilungsübergreifenden<br />
Rahmenrichtlinien zur Wiedereingliederungs- und Nachsorgeplanung im WZFP<br />
Lippstadt“ und in der Broschüre „Im Blickpunkt Rehabilitation und Nachsorge“ 1/02<br />
veröffentlicht wurde. Der Leitfaden beschreibt das Procedere einer Langzeitbeurlaubung,<br />
rechtliche und finanzielle Aspekte sowie die fallbezogene Kooperation verschiedener<br />
Stellen; damit soll den MitarbeiterInnen kooperierender Dienste und Einrichtungen<br />
eine grobe Orientierung bei der Betreuung forensischer Patienten gegeben<br />
werden. Es war geplant, den Orientierungsleitfaden während <strong>des</strong> Projekts an kooperierende<br />
Einrichtungen zu versenden bzw. zu verteilen.<br />
Die schriftliche Befragung aller im Projektzeitraum kooperierenden Einrichtungen ergab,<br />
dass der Orientierungsleitfaden 31,3 % der Nachsorgeeinrichtungen (n = 10) bekannt<br />
war, 68,8 % der Einrichtungen (n = 22) war der Leitfaden nicht bekannt (n = 32).<br />
Die Einrichtungen, die den Leitfaden kannten, bewerteten ihn im Hinblick auf die eigene<br />
Arbeit zur Hälfte (n = 5) als (sehr) hilfreich, zur anderen Hälfte (n = 5) als eher<br />
hilfreich.<br />
Eine Einrichtung erwähnte im Interview, dass der Leitfaden sich nicht nur zur Information<br />
erfahrener MitarbeiterInnen eigne, sondern insbesondere zur Weitergabe an neue<br />
MitarbeiterInnen. Allerdings müsse die Klinik u.a. im Zusammenhang mit dem Orientierungsleitfaden<br />
gezielter informieren; die Einrichtung hatte den Leitfaden auf ihre<br />
eigene Initiative hin bestellt, nachdem sie von <strong>des</strong>sen Veröffentlichung erfahren hatte.<br />
Veränderung und Verbesserung der Rehabilitation und Nachsorge<br />
Fünf Nachsorgeeinrichtungen (29,4 %), die bereits vor dem Jahr 2000 einen Patienten<br />
aus dem WZFP aufgenommen hatten, waren der Ansicht, dass sich der Überleitungsprozess<br />
oder die Praxis der Nachsorge seit Projektbeginn verändert haben. Die übrigen<br />
zwölf Einrichtungen (70,6 %) konnten bezüglich der Praxis der Rehabilitation und<br />
Nachsorge keine Veränderungen im Projektzeitraum feststellen (n = 17).<br />
Drei Einrichtungen bewerteten es positiv, dass die begleitende Betreuung durch die<br />
Nachsorgemitarbeiter seit 2000 deutlich intensiver geworden sei bzw. sich die Nachsorge<br />
und Kooperation insgesamt verbessert hätten. Eine weitere Einrichtung äußerte,<br />
dass die ausführlicheren und umfassenderen Informationen zu mehr Sicherheit im<br />
Überleitungsprozess geführt hätten. Positiv hervorgehoben wurde in einem Fall auch<br />
das Angebot kostenloser Supervision.<br />
Nur eine Einrichtung bewertete die beobachteten Veränderungen negativ und verwies<br />
auf die „erheblich negativen Auswirkungen“ der Auflösung der Rehabilitationsabteilung.<br />
Die Nachsorgemitarbeiter seien jetzt nicht mehr in ein „Nachsorgeteam“ eingebunden,<br />
sondern müssten vielmehr als „Einzelkämpfer“ auftreten, was die Netzwerkarbeit<br />
beeinträchtige. Diese organisatorische Veränderung im WZFP liegt allerdings<br />
schon längere Zeit zurück und kam nicht durch das Modellprojekt „Ambulante Nachsorge“<br />
zustande.<br />
Die offene Frage, was zu einer (weiteren) Optimierung <strong>des</strong> Überleitungsprozesses und<br />
der Nachsorge beitragen könne, beantworteten 20 Einrichtungen (58,8 %). Davon waren<br />
sieben Einrichtungen (35,0 %) mit dem derzeitigen Procedere zufrieden und beschrieben<br />
die Kooperation im Rahmen der Überleitung von Patienten als optimal; eine<br />
66
Einrichtung äußerte: „Besser als z.Zt., bezogen auf den aktuellen Fall, kann es nicht<br />
gehen.“<br />
Sechs Einrichtungen (30,0 %) wünschten sich einen frühzeitigen Einbezug in die Rehabilitationsplanung<br />
- im Rahmen von Helferkonferenzen und dem Kennenlernen <strong>des</strong><br />
Patienten im Klinikalltag. Drei weitere Einrichtungen (15,0 %) waren der Ansicht, dass<br />
Besuche im WZFP und damit verbundene Gespräche mit MitarbeiterInnen auf Stationsebene<br />
zur Verbesserung <strong>des</strong> Rehabilitationsprozesses beitragen könnten. Weitere<br />
Vorschläge bezogen sich auf die Kooperation mit bzw. die Einrichtung von forensischpsychiatrischen<br />
Ambulanzen (n = 2) sowie eine engere Begleitung und mehr Kompetenz<br />
von FA und BWH (n = 2). Einzelne Einrichtungen wünschten sich gemeinsame<br />
Fallkonferenzen mit dem Nachsorgesystem - einschließlich der FA -, externe psychotherapeutische<br />
Begleitung <strong>des</strong> Patienten während der Beurlaubung und danach sowie<br />
die Rekonstruktion der ursprünglichen Rehabilitationsabteilung im WZFP.<br />
Erhöhung der Mitversorgungsbereitschaft <strong>für</strong> forensische Patienten<br />
Die Frage, welche Maßnahmen die Mitversorgungsbereitschaft der Nachsorgeeinrichtungen<br />
<strong>für</strong> Patienten aus dem WZFP (noch weiter) erhöhen könnten, beantworteten 24<br />
Einrichtungen (70,6 %). Sechs Einrichtungen (25,0 %) gaben an, bereits eine ausreichend<br />
hohe Mitversorgungsbereitschaft zu besitzen und waren mit dem bisherigen<br />
Verlauf der Kooperation zufrieden.<br />
Die Hälfte der Einrichtungen (n = 12) war der Meinung, dass forensikspezifische Fortbildungs-<br />
und Informationsveranstaltungen sowie Supervisionsangebote zur Erhöhung<br />
ihrer Mitversorgungsbereitschaft beitragen könnten. Außerdem wurden folgende Einzelmaßnahmen<br />
vorgeschlagen: Teamberatung, fachliche Begleitung in der Nachsorgeeinrichtung,<br />
Hospitationsmöglichkeiten im WZFP, Kontakte in den forensischen Alltag,<br />
frauenspezifische Veranstaltungen, Empfehlung von Fachliteratur. Für zwei Einrichtungen<br />
war die (verbindliche Zusicherung der) Zahlung höherer Pflegesätze von entscheidender<br />
Bedeutung - vor allem nach Beendigung der Beurlaubung -, <strong>für</strong> zwei weitere<br />
Einrichtungen standen eindeutige, ggf. verschriftlichte Zuständigkeitsregelungen<br />
im Vordergrund. Je eine Einrichtung wünschte sich eine bessere Kooperation der ärztlichen<br />
Dienste, eine offenere Unterbringung vor der Beurlaubung und eine frühzeitige<br />
Einbindung in die Rehabilitationsplanung. Eine RPK schilderte, dass sie durch die Bedingung<br />
„Entlassung in die Herkunftsregion“ häufig nicht <strong>für</strong> die Betreuung forensischer<br />
Patienten in Frage komme, darüber hinaus seien nur zwei von 20 Plätzen MRV-<br />
Patienten vorbehalten.<br />
Im Interview schlug ein Träger mehrerer Nachsorgeeinrichtungen vor, dass das WZFP<br />
vor allem die Einrichtungsträger fachlich sensibilisieren und über einen längeren Zeitraum<br />
auf die Aufnahme forensischer PatientInnen vorbereiten müsse; insbesondere<br />
sollte ein Schritt in Richtung der freien Träger unternommen werden. Zusätzlich könnten<br />
in diesem Prozess mit der Betreuung forensischer PatientInnen erfahrene Einrichtungen<br />
als Multiplikatoren dienen.<br />
Verbesserung der Kooperation mit dem WZFP<br />
Auch bei der Frage, wie die Kooperation mit dem WZFP insgesamt (noch weiter) verbessert<br />
werden könnte, stand bei über der Hälfte der Einrichtungen der Wunsch nach<br />
Fortbildung, Information und Supervision sowie Möglichkeiten zur Hospitation im Vordergrund<br />
(n = 9). Eine Einrichtung wies darauf hin, dass in gemeinsamen Fortbildungs-<br />
67
veranstaltungen <strong>für</strong> die TeilnehmerInnen Runder Tische eine „gemeinsame Sprache“<br />
vermittelt werden sollte, was die Arbeit erleichtern könnte. Einzelne Einrichtungen<br />
wünschten sich eine Kooperation zwischen dem WZFP und der forensisch-psychiatrischen<br />
Institutsambulanz in Essen, eindeutige Zuständigkeitsregelungen nach der bedingten<br />
Entlassung, eine höhere Akzeptanz privater Nachsorgeeinrichtungen auf Seiten<br />
<strong>des</strong> Trägers <strong>des</strong> WZFP und mehr Verständnis <strong>für</strong> die Ablehnung von Patienten.<br />
Darüber hinaus könne eine Vorbereitung der Beurlaubung unter „heimüblichen Alltagsbedingungen“<br />
sinnvoll sein, da der Übergang <strong>für</strong> die Patienten derzeit „sehr krass<br />
und abrupt“ sei. Eine weitere Einrichtung wies darauf hin, dass das grundsätzlich richtige<br />
Anliegen, forensische Patienten in den Kommunen zu integrieren, nur dann gelingen<br />
könne, wenn die Finanzierung in ausreichendem Maß gesichert sei und die Zuständigkeitsregelungen<br />
- vor allem im Krisenfall - schriftlich niedergelegt seien.<br />
Insgesamt bestätigt eine Vielzahl positiver Anmerkungen den - auch in den Interviews<br />
gewonnenen - Eindruck, dass die Nachsorgeeinrichtungen mit dem Procedere der<br />
Überleitung von Patienten und der engen Betreuung und Unterstützung durch die<br />
Nachsorgemitarbeiter <strong>des</strong> WZFP sehr zufrieden sind. Die Kooperation mit dem WZFP<br />
wurde auch im Vergleich zu anderen Partnern als vorbildlich bewertet. Die Erfahrung<br />
einer guten Zusammenarbeit - auch bei schwierigen Probanden - ist aus Sicht der Einrichtungen<br />
vor allem auf die regelmäßigen Besuchskontakte von (Nachsorge-)MitarbeiterInnen<br />
<strong>des</strong> WZFP zurückzuführen, die auch bei akut auftretenden Problemen eine<br />
ausreichende Unterstützung sicherstellen. Diese Zusammenarbeit vermittelt den Einrichtungen<br />
Sicherheit und inspiriert sie zugleich, Sachverhalte neu zu überdenken.<br />
4.4.2 4.4.2 Kooperation Kooperation mit mit Führungsaufsichts<br />
Führungsaufsichts- Führungsaufsichts und und Bewährungshi<br />
Bewährungshilfestellen<br />
Bewährungshi festellen festellen<br />
Angaben zur Kooperation <strong>des</strong> WZFP mit Führungsaufsichts- und Bewährungshilfestellen<br />
wurden zum einen den Akten entlassener Patienten entnommen, zum anderen<br />
basieren sie auf der schriftlichen Befragung kooperierender FA und BWH. Im Bezirk<br />
<strong>des</strong> Oberlan<strong>des</strong>gerichts (OLG) Hamm25 sind zehn Führungsaufsichts- und 46 Bewährungshilfedienststellen<br />
angesiedelt, in denen laut Auskunft <strong>des</strong> Justizministeriums <strong>des</strong><br />
Lan<strong>des</strong> Nordrhein-Westfalen insgesamt 379 BewährungshelferInnen beschäftigt sind.<br />
Bei 35 im Projektzeitraum aus dem WZFP entlassenen Patienten, <strong>für</strong> die ein/e BewährungshelferIn<br />
bestellt wurde, ist davon auszugehen, dass maximal zehn Prozent aller<br />
BewährungshelferInnen einen im Projektzeitraum entlassenen Patienten aus dem<br />
WZFP betreut haben. Da bei der Befragung die Beurteilung von projektbezogenen Effekten<br />
im Vordergrund stand, wurden nur die Bewährungshilfedienststellen in die Befragung<br />
einbezogen, in deren Zuständigkeitsgebiet zwischen Januar 2000 und Dezember<br />
2002 Patienten aus dem WZFP entlassen wurden.<br />
Die schriftliche Befragung, die mit Genehmigung <strong>des</strong> Justizministeriums Nordrhein-<br />
Westfalen durchgeführt und vom OLG Hamm unterstützt wurde, richtete sich schließlich<br />
an alle zehn Führungsaufsichtsstellen und 23 dazugehörige Bewährungshilfedienststellen<br />
im Bezirk <strong>des</strong> OLG Hamm. 26 Die LeiterInnen der FA und BWH wurden<br />
gebeten, die Fragebogen nach Möglichkeit an diejenigen MitarbeiterInnen weiterzulei-<br />
25 Die FA/BWH in den Bezirken der Oberlan<strong>des</strong>gerichte Düsseldorf und Köln wurden nicht in die Befragung<br />
eingeschlossen, da das WZFP vorwiegend mit den FA/BWH im Bezirk <strong>des</strong> Oberlan<strong>des</strong>gerichts<br />
Hamm kooperiert.<br />
26 Folgende FA und dazugehörige BWH wurden schriftlich befragt: FA Arnsberg (1 BWH), FA Bielefeld<br />
(2 BWH), FA Bochum (1 BWH), FA Detmold (1 BWH), FA Dortmund (3 BWH), FA Essen (4 BWH), FA<br />
Hagen (5 BWH), FA Münster (3 BWH), FA Paderborn (2 BWH) und FA Siegen (1 BWH).<br />
68
ten, die Patienten aus dem WZFP betreu(t)en und Angaben zu den erfragten Aspekten<br />
machen können. Das Instrument zur Befragung der FA/BWH war von der internen<br />
Projektgruppe konzipiert und mit der Projektbegleitenden Expertenrunde abgestimmt<br />
worden und lag als Entwurf bereits vor Beginn der externen Evaluation vor. In Abstimmung<br />
mit dem WZFP wurde dieser Entwurf von <strong>FOGS</strong> um einige Items und offene<br />
Fragen erweitert, die zum Teil auch im Fragebogen <strong>für</strong> kooperierende Nachsorgeeinrichtungen<br />
enthalten waren.<br />
Bevor die Ergebnisse der schriftlichen Befragung berichtet werden, werden die Angaben<br />
zur Kontaktaufnahme der Nachsorgemitarbeiter zu FA/BWH im Rahmen der Rehabilitation<br />
und Nachsorge, wie sie aus den Patientenakten entnommen werden konnten,<br />
dargestellt.<br />
Kontaktaufnahme <strong>des</strong> WZFP zu FA und BWH<br />
Der frühzeitige Einbezug nachsorgender Stellen und Dienste in den Prozess der Rehabilitation<br />
und Nachsorge, wie er vom WZFP angestrebt wird, beinhaltet auch die rechtzeitige<br />
Kontaktaufnahme zu Führungsaufsicht und Bewährungshilfe. Wie in den „Abteilungsübergreifenden<br />
Rahmenrichtlinien zur Wiedereingliederungs- und Nachsorgeplanung“<br />
vorgesehen, werden FA/BWH (spätestens) „bis zur gerichtlichen Anhörung,<br />
zu der die Entlassung eines Patienten erwartet wird, [...] über die Zusendung eines Sozialberichtes<br />
und einer Ausfertigung der entlassungsanregenden Stellungnahme informiert“<br />
(Ortlieb, 2002, S. 27). Ergänzt werden soll die schriftliche Information über frühzeitige<br />
persönliche und telefonische Kontakte von Seiten der Nachsorgemitarbeiter<br />
sowie gemeinsame Fallbesprechungen. Bei dem letzten Treffen mit FA/BWH soll vom<br />
WZFP die Teilnahme an Runden Tischen und an der Durchführung von Gesamthilfeplanungen<br />
nach der Entlassung angeboten werden. Laut WZFP ist eine „enge Kooperation<br />
und gute Kommunikation mit der Bewährungshilfe nicht nur wünschenswert, sondern<br />
unbedingt notwendig“ (Ortlieb, 2002, S. 42).<br />
In den Akten von 20 entlassenen Patienten (57,1 %) fanden sich dokumentierte Kontakte<br />
der Nachsorgemitarbeiter zur BWH, in insgesamt zehn Akten (28,6 %) fanden sich<br />
Angaben zu Kontakten der Nachsorgemitarbeiter zur FA. In einzelnen Fällen erfolgte<br />
die erste Kontaktaufnahme zur BWH und/oder FA im Zuge der Entlassungsvorbereitungen<br />
bereits eineinhalb bis zweieinhalb Jahre vor der tatsächlichen Entlassung <strong>des</strong><br />
Patienten. Üblicherweise fanden zunächst Erst- oder Informationsgespräche statt, in<br />
deren Rahmen die FA und der perspektivisch zuständige BWH durch den Nachsorgemitarbeiter<br />
über den Patienten, sein Störungsbild, den bisherigen Behandlungsverlauf<br />
etc. informiert wurden. Darauf folgten gegen Ende der Langzeitbeurlaubung bzw. zu<br />
Beginn der Entlassung Übergabegespräche, an denen neben VertreterInnen der FA<br />
und BWH auch die/der gesetzliche BetreuerIn, die/der zuständige Arzt/Ärztin und der<br />
Nachsorgemitarbeiter <strong>des</strong> WZFP teilnahmen. Tabelle 48 zeigt vier Fallbeispiele <strong>für</strong> den<br />
zeitlichen Ablauf der Kontaktaufnahme der Nachsorgemitarbeiter zur BWH und/oder<br />
FA im Rahmen der Entlassungsvorbereitungen eines Patienten.<br />
69
Tab. 48: Vier Fallbeispiele <strong>für</strong> den zeitlichen Ablauf der Kontaktaufnahme zu FA und BWH<br />
Patient A Patient B Patient C Patient D<br />
10/00: FA teilt Namen<br />
<strong>des</strong> zuständigen BWH<br />
mit<br />
05/01: Übergabegespräch<br />
mit FA, gesetzlichem<br />
Betreuer, Arzt und<br />
Nachsorgemitarbeiter<br />
<strong>des</strong> WZFP zur Regelung<br />
der Modalitäten nach<br />
der Entlassung<br />
06/01: Entlassung<br />
11/00: Kontaktaufnahme<br />
<strong>des</strong> WZFP zur BWH,<br />
Übermittlung von Patienteninformationen<br />
12/00: Information von<br />
BWH und FA über den<br />
aktuellen Status der<br />
Entlassungsvorbereitungen<br />
03/01: Betreuungsplankonferenz<br />
mit BWH<br />
04/01: Entlassung<br />
seit 2001: Patient hält<br />
Kontakt zu perspektivischem<br />
BWH<br />
09/01: Telefonat <strong>des</strong><br />
Nachsorgemitarbeiters<br />
mit BWH zur Erläuterung<br />
der Urlaubsbedingungen<br />
und <strong>des</strong> üblichen Entlassungsprocederes<br />
02/02: Bericht über das<br />
Ergebnis der letzten<br />
Anhörung<br />
05/02: Hilfeplangespräch<br />
mit BWH; Teilnahme<br />
von BWH und FA<br />
an der Gesamthilfeplanung<br />
nach Entlassung<br />
06/02: Zusendung einer<br />
Stellungnahme zum<br />
aktuellen Stand der Rehabilitation<br />
an BWH und<br />
FA<br />
07/02: Entlassung<br />
Anfang 1999: Einreichung<br />
von Patientenunterlagen<br />
gemäß Kooperationsvertrag<br />
mit der<br />
BWH<br />
03/99: FA teilt Namen<br />
<strong>des</strong> BWH mit; BWH ist<br />
bereit, schon vor der<br />
Entlassung Kontakt zum<br />
Patienten aufzunehmen<br />
09/00: Entlassung<br />
Aus einigen Akten ging hervor, dass den Nachsorgemitarbeitern auf ihre Anfrage hin<br />
nicht in jedem Fall der perspektivisch zuständige BWH benannt werden konnte. Da<br />
sich die Zuständigkeit der FA/BWH nach dem Wohnort der Patienten richtet, kann<br />
eine Zuordnung von Proband zu BWH erst dann erfolgen, wenn der Entlassungsort -<br />
der in den meisten Fällen dem Beurlaubungsort entspricht - bekannt ist. Einige BWH<br />
wurden bereits während der Langzeitbeurlaubung <strong>des</strong> Patienten aktiv, verabredeten<br />
regelmäßige Treffen mit ihrem zukünftigen Probanden, führten Hausbesuche durch<br />
und nahmen Kontakt zu <strong>des</strong>sen sozialem Umfeld auf.<br />
Der Zeitpunkt, an dem ein BWH in den Prozess der Rehabilitation und Nachsorge eintritt,<br />
unterscheidet sich sowohl zwischen als auch innerhalb einzelner Stellen erheblich;<br />
diese Unterschiede sind sowohl auf die individuelle Bereitschaft der einzelnen<br />
BWH als auch auf bestehende Regelungen der Führungsaufsichts- und Bewährungshilfedienststellen<br />
zurückzuführen. Das Problem der Kontaktaufnahme zwischen BWH<br />
und Probanden wurde bereits Anfang der 90er Jahre in Interviews deutlich, die das<br />
WZFP mit MitarbeiterInnen von FA und BWH geführt hatte: „Aus formalrechtlichen<br />
Gründen (die Zuständigkeit <strong>des</strong> Bewährungshelfers tritt erst mit der Entlassung <strong>des</strong><br />
Patienten ein) sieht ein Teil der Bewährungshelfer sich außerstande, schon im Vorfeld<br />
einen solchen Kontakt aufzunehmen“ (Dimmek & Bargfrede, 1996, S. 55). Diese immer<br />
noch aktuelle Problematik trat - über zehn Jahre später - auch im Rahmen <strong>des</strong> Modellprojekts<br />
„Ambulante Nachsorge“ in Interviews mit Nachsorgeeinrichtungen und Gesprächen<br />
mit VertreterInnen der Justiz zu Tage.<br />
Ergebnisse der Befragung von Führungsaufsicht und Bewährungshilfe<br />
Von den zehn befragten Führungsaufsichtsstellen nahmen 60,0 % (n = 6) an der schriftlichen<br />
Befragung teil, die Rücklaufquote der befragten Bewährungshilfedienststellen<br />
betrug 69,6 % (n = 16); aus den 16 BWH-Dienststellen lagen insgesamt 22 ausgefüllte<br />
Fragebogen vor. Die Führungsaufsichts- und Bewährungshilfedienststellen kooperieren<br />
70
zum Teil bereits seit den 70er Jahren mit dem WZFP (n = 6), einzelne Stellen haben<br />
im Projektzeitraum den ersten Patienten aus dem WZFP betreut (n = 5). Den Angaben<br />
der BWH zufolge, haben ihre Dienststellen im Projektzeitraum im Mittel 2,3 Probanden<br />
(Min: 1; Max: 12) aus dem WZFP betreut, die FA nach eigenen Angaben durchschnittlich<br />
9,4 Probanden (Min: 2; Max: 20).<br />
Die schriftliche Befragung, deren Instrument in wesentlichen Teilen von der internen<br />
Projektgruppe konzipiert wurde, orientierte sich an einigen Forderungen, die auf der<br />
Tagung „Initiativen zur Nachsorge“ im Februar 2000 im Workshop „Unterstellt unter<br />
Bewährungshilfe und Führungsaufsicht“ formuliert worden waren. Die befragten MitarbeiterInnen<br />
aus FA/BWH sollten ihre aktuelle Einschätzung zur Realisierung der einzelnen<br />
Forderungen abgeben und bewerten, ob und wie sich die Situation im Vergleich<br />
zur Praxis vor 1999 verändert hat. Da mehrere MitarbeiterInnen keine Erfahrungen<br />
mit der Situation vor Projektbeginn hatten, liegen nicht zu allen Fragen Einschätzungen<br />
aller FA/BWH vor. Es ist zu berücksichtigen, dass die Forderungen, wie sie von<br />
der internen Projektgruppe formuliert wurden, sich nicht ausschließlich auf die Kooperation<br />
mit dem WZFP beziehen, sondern auch an andere forensische Einrichtungen<br />
sowie an Strafvollstreckungskammern gerichtet sind.<br />
Forderung 1: „FA und BWH sollten schon zu Beginn einer anstehenden Beurlaubung<br />
informiert werden und Gutachten und Stellungnahmen von den forensischen Einrichtungen<br />
erhalten.“<br />
Tab. 49: Aktuelle Einschätzung von BWH und FA zu Forderung 1<br />
aktuelle Einschätzung<br />
Diese Information erfolgt inzwischen zufriedenstellend und<br />
die genannten Unterlagen liegen rechtzeitig vor.<br />
Die Information erfolgt regelmäßig, aber die Unterlagen<br />
treffen nicht oder zu spät ein.<br />
Anzahl Prozent<br />
BWH FA BWH FA<br />
15 4 78,9 66,7<br />
2 1 10,5 16,7<br />
Weder Information noch Unterlagen liegen rechtzeitig vor. 2 1 10,5 16,7<br />
GESAMT 19 6 99,9 100,1<br />
Wie Tabelle 49 zeigt besteht sowohl auf Seiten der BWH als auch der FA mehrheitlich<br />
eine hohe Zufriedenheit mit der Information im Rahmen einer anstehenden Beurlaubung.<br />
Die Zusendung von Gutachten und Stellungnahmen der forensischen Einrichtungen<br />
erfolgt aus Sicht der BWH in rund 80 % der Fälle zufriedenstellend und rechtzeitig,<br />
aus Sicht eines Drittels der FA besteht noch Verbesserungsbedarf.<br />
Forderung 2: „Geht einer anstehenden Entlassung keine Beurlaubung voraus, so sollte<br />
die Stellungnahme der Klinik zur Entlassung (an die StA) in Kopie auch schon rechtzeitig<br />
der zuständigen FA übersandt werden. Es sollten Unterlagen beigefügt werden,<br />
die über den Werdegang <strong>des</strong> zu Entlassenden Auskunft geben.“<br />
71
Tab. 50: Aktuelle Einschätzung von BWH und FA zu Forderung 2<br />
aktuelle Einschätzung<br />
Diese Stellungnahme liegt inzwischen rechtzeitig vor,<br />
ebenso die genannten Unterlagen.<br />
Die Stellungnahme trifft rechtzeitig ein, aber die Unterlagen<br />
fehlen oder sind nicht ausreichend.<br />
Weder Stellungnahme noch Unterlagen liegen rechtzeitig<br />
vor.<br />
Anzahl Prozent<br />
BWH FA BWH FA<br />
12 3 70,6 50,0<br />
2 2 11,8 33,3<br />
3 1 17,6 16,7<br />
GESAMT 17 6 100,0 100,0<br />
Wie aus der Befragung hervorgeht, besteht zumin<strong>des</strong>t bei der BWH überwiegend Zufriedenheit<br />
mit der Zusendung von Stellungnahmen der Klinik zur Entlassung - inklusive<br />
Unterlagen zum Werdegang <strong>des</strong> zu entlassenden Patienten (vgl. Tab. 50). Dagegen<br />
ist nur die Hälfte der FA der Ansicht, dass die Stellungnahmen und Unterlagen zur<br />
Entlassung inzwischen rechtzeitig vorliegen.<br />
Forderung 3: „Im Falle einer Beurlaubung sollte eine frühzeitige Kontaktaufnahme zur<br />
FA, zur BWH und zu anderen beteiligten Institutionen erfolgen.“<br />
Tab. 51: Aktuelle Einschätzung von BWH und FA zu Forderung 3<br />
aktuelle Einschätzung<br />
Die Kontaktaufnahme seitens <strong>des</strong> WZFP erfolgt in der Regel<br />
rechtzeitig und umfassend.<br />
Die Kontaktaufnahme zur FA und BWH erfolgt rechtzeitig,<br />
aber die Kontakte zu anderen Institutionen erfolgen nicht<br />
oder zu spät.<br />
Die Kontaktaufnahme erfolgt zu spät oder nur partiell (z.B.<br />
nur zur FA, zu anderen Institutionen etc.).<br />
Anzahl Prozent<br />
BWH FA BWH FA<br />
11 4 61,1 66,7<br />
3 - 16,7 -<br />
4 2 22,2 33,3<br />
GESAMT 18 6 100,0 100,0<br />
Tabelle 51 zeigt, dass rund zwei Fünftel der BWH und ein Drittel der FA bezüglich <strong>des</strong><br />
Zeitpunkts und <strong>des</strong> Umfangs der Kontaktaufnahme <strong>des</strong> WZFP zu externen Stellen<br />
noch Defizite sehen. Die Mehrheit ist der Meinung, die Kontaktaufnahme seitens <strong>des</strong><br />
WZFP erfolge rechtzeitig und umfassend.<br />
Forderung 4: „Die StVK sollten die FA und die BWH über Anhörungstermine informieren,<br />
sodass die dortigen MitarbeiterInnen sich zu den ggf. vorgesehenen Weisungen<br />
äußern können und der Proband seinen zukünftigen Ansprechpartner in der Justiz<br />
kennen lernt.“<br />
72
Tab. 52: Aktuelle Einschätzung von BWH und FA zu Forderung 4<br />
aktuelle Einschätzung<br />
FA und BWH erfahren die Anhörungstermine in der Regel<br />
rechtzeitig.<br />
FA und BWH erfahren die Anhörungstermine nur manchmal/selten<br />
rechtzeitig.<br />
FA und BWH erfahren die Anhörungstermine meistens zu<br />
spät oder gar nicht.<br />
Anzahl Prozent<br />
BWH FA BWH FA<br />
5 - 26,3 -<br />
6 5 31,6 83,3<br />
8 1 42,1 16,7<br />
GESAMT 19 6 100,0 100,0<br />
Mit der Information der Strafvollstreckungskammern über Anhörungstermine besteht<br />
insgesamt eine geringe Zufriedenheit: Tabelle 52 ist zu entnehmen, dass nur ein Viertel<br />
der BWH und keine FA angab, die Anhörungstermine von Patienten in der Regel<br />
rechtzeitig zu erfahren.<br />
Forderung 5: „Anzustreben sind Netzwerke oder Arbeitskreise auf örtlicher Ebene, um<br />
Behandlungsprozesse optimal zu begleiten und um den Bekanntheitsgrad der beteiligten<br />
Helfer untereinander zu fördern.“<br />
Tab. 53: Aktuelle Einschätzung von BWH und FA zu Forderung 5<br />
aktuelle Einschätzung<br />
Der wechselseitige Austausch auf örtlicher Ebene ist inzwischen<br />
ausreichend institutionalisiert.<br />
Es gibt zwar einen wechselseitigen Austausch auf örtlicher<br />
Ebene, er müsste jedoch noch intensiviert werden.<br />
Ein Austausch zur Begleitung der Behandlungsprozesse<br />
findet nicht oder nur in Ausnahmefällen statt.<br />
Anzahl Prozent<br />
BWH FA BWH FA<br />
8 4 42,1 66,7<br />
4 2 21,1 33,3<br />
7 - 36,8 -<br />
GESAMT 19 6 100,0 100,0<br />
Wie Tabelle 53 zeigt, ist aus Sicht der Mehrheit der BWH der wechselseitige Austausch<br />
der an der Nachsorge beteiligten Helfer noch nicht ausreichend institutionalisiert.<br />
Über die Hälfte der BWH ist der Meinung, der Austausch auf örtlicher Ebene<br />
müsse noch intensiviert werden und nicht nur in Ausnahmefällen stattfinden. Dagegen<br />
sind zwei Drittel der FA mit dem Austausch in Arbeitskreisen bzw. Netzwerken vor Ort<br />
zufrieden.<br />
Forderung 6: „Strukturierung <strong>des</strong> Hilfsprozesses und Krisenmanagement: Die beteiligten<br />
Institutionen müssten konkrete Absprachen treffen, bei wem „die Fäden“ zusammenlaufen<br />
und wer das Krisenmanagement führt.“<br />
73
Tab. 54: Aktuelle Einschätzung von BWH und FA zu Forderung 6<br />
aktuelle Einschätzung<br />
Die Abstimmungen zum Krisenmanagement erfolgen i.d.R. umfassend,<br />
klar strukturiert und mit eindeutigen Zuständigkeiten.<br />
Es finden zwar Abstimmungen zum Krisenmanagement statt,<br />
aber es sind nicht immer alle beteiligten Institutionen wirklich<br />
einbezogen.<br />
Es finden zwar Abstimmungen zum Krisenmanagement statt,<br />
aber eine verbindliche Regelung der Zuständigkeit fehlt.<br />
In Krisensituationen besteht in der Regel keine Möglichkeit zur<br />
wechselseitigen Abstimmung mit den beteiligten Institutionen.<br />
Anzahl Prozent<br />
BWH FA BWH FA<br />
7 2 38,9 33,3<br />
4 2 22,2 33,3<br />
5 2 27,8 33,3<br />
2 - 11,1 -<br />
GESAMT 18 6 100,0 99,9<br />
Mit den Abstimmungen zum Krisenmanagement ist die große Mehrheit der BWH und<br />
FA nicht zufrieden; es mangelt - noch immer - an verbindlichen Zuständigkeitsregelungen<br />
und dem Einbezug aller beteiligten Institutionen (vgl. Tab. 54). Alle BWH<br />
(n = 14) stimmen in der Ansicht überein, dass sich bezüglich der Strukturierung <strong>des</strong><br />
Hilfsprozesses und <strong>des</strong> Krisenmanagements seit 1999 keinerlei Veränderungen bzw.<br />
Verbesserungen gezeigt haben. Auch die FA konnten bis auf eine Ausnahme keine<br />
Verbesserung der Situation feststellen.<br />
Gemäß § 1 Abs. 3 MRVG-NW sollen PatientInnen auf ihren Wunsch, insbesondere in<br />
Krisenfällen, kurzfristig wieder von der MRV-Klinik aufgenommen werden, soweit keine<br />
anderen geeigneten Angebote zur Verfügung stehen. Die FA und BWH wurden<br />
nach ihren Erfahrungen mit dieser Neuregelung gefragt: Wie Tabelle 55 zeigt haben<br />
die BWH und FA insgesamt erst wenig Erfahrung mit Krisenfällen gemacht, in denen<br />
eine Wiederaufnahme erforderlich gewesen wäre. In maximal zwei Fällen - wahrscheinlich<br />
handelt es sich aber um denselben Fall - wurde die Wiederaufnahme von der Klinik<br />
abgelehnt, in drei Fällen verweigerte der Proband selbst die Rückverlegung in die<br />
forensische Einrichtung.<br />
Tab. 55: Erfahrungen von BWH und FA mit § 1 Abs. 3 MRVG-NW (BWH: n = 19; FA: n = 5;<br />
Mehrfachnennung)<br />
Erfahrung<br />
Anzahl Prozent<br />
BWH FA BWH FA<br />
Ein solcher Krisenfall ist seit 1999 noch nicht eingetreten. 13 2 68,4 40,0<br />
Es gab zwar Krisenfälle, aber eine stationäre Wiederaufnahme<br />
war nicht erforderlich.<br />
5 2 26,3 40,0<br />
Es gab Krisenfälle, in denen eine Wiederaufnahme nötig gewesen<br />
wäre, aber die Klinik verweigerte die Wiederaufnahme.<br />
Es gab Krisenfälle, in denen eine Wiederaufnahme nötig gewesen<br />
wäre, aber der Proband verweigerte die Wiederaufnahme.<br />
1 1 5,3 20,0<br />
1 2 5,3 40,0<br />
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Befragten der FA und BWH sowohl<br />
mit der Information im Rahmen von Beurlaubungen und Entlassungen als auch mit<br />
der frühzeitigen Kontaktaufnahme der forensischen Einrichtungen zu den beteiligten<br />
Institutionen weitgehend zufrieden sind. Weiterer Entwicklungsbedarf besteht dagegen<br />
hinsichtlich <strong>des</strong> wechselseitigen Austauschs in Arbeitskreisen und Netzwerken - insbesondere<br />
aus Sicht der BWH -, der Abstimmung im Rahmen <strong>des</strong> Krisenmanagements<br />
und einer verbindlichen Regelung der Zuständigkeiten. Darüber hinaus sollten die<br />
74
StVK die FA und BWH rechtzeitig(er) über Anhörungstermine von Patienten informieren.<br />
Hinsichtlich dieser Kritikpunkte konnten die Befragten äußerst wenig Veränderungen<br />
der Situation seit dem Jahr 1999 feststellen. Das größte Ausmaß an Verbesserung<br />
wurde bezüglich der Übersendung der Stellungnahme der Klinik zur Entlassung<br />
an die FA und die Information der FA und BWH zu Beginn einer anstehenden Beurlaubung<br />
berichtet.<br />
Vorschläge zur (weiteren) Verbesserung der Kooperation mit dem WZFP wurden nur<br />
von einzelnen FA/BWH genannt. Ein BWH war der Ansicht, dass die Information zu<br />
Beginn einer Langzeitbeurlaubung verfrüht sei und die Betreuungssituation sowie die<br />
Zuständigkeit „verwäscht“; FA und BWH sollten zeitgleich mit der Übersendung der<br />
Stellungnahme an die StA informiert werden. Dem entgegen stand die Einschätzung<br />
anderer Befragter, die eine frühzeitige Information positiv bewerteten: Erste Kontaktaufnahmen<br />
sollten schon vor einer Langzeitbeurlaubung erfolgen oder min<strong>des</strong>tens ein<br />
halbes Jahr vor einer Entlassung. Im Zusammenhang mit der Verbesserung der Kooperation<br />
äußerten einige Befragte einen Bedarf an weiteren institutionsübergreifenden<br />
Besprechungen: halbjährliche Treffen, um Probleme der Praxis aufzugreifen, Besuche<br />
der Nachsorgemitarbeiter in den Dienststellen der FA/BWH, die Bildung weiterer Arbeitsgemeinschaften,<br />
regelmäßige Projekt- oder Fallbesprechungen, Seminare und<br />
Fortbildungen vor Ort sowie regelmäßige Informationsveranstaltungen. Die Schnittstelle<br />
ambulant-stationär müsse effektiv und pannenfrei gestaltet werden, dabei sei auch<br />
<strong>für</strong> die FA/BWH die Rückverlegung im Krisenfall von besonderer Bedeutung.<br />
Im Zusammenhang mit Fortbildungsveranstaltungen wurde eine Kooperation mit der<br />
Justizakademie oder den Lan<strong>des</strong>- und Bezirksarbeitsgemeinschaften der BWH empfohlen,<br />
wie sie zum Teil bereits vorhanden sind. Rechtzeitige Information und umfassender<br />
Austausch sind <strong>für</strong> die FA/BWH insgesamt von hoher Bedeutung. Eine Stelle<br />
wünschte sich, dass die Standards <strong>des</strong> WZFP auch in den Allgemeinpsychiatrien angewandt<br />
würden.<br />
Bewertung der Kooperation durch die Nachsorgeeinrichtungen<br />
Um das Bild der Kooperation <strong>des</strong> WZFP mit externen Stellen und der Zusammenarbeit<br />
externer Stellen in Arbeitskreisen etc. abzurunden, wurden die kooperierenden Nachsorgeeinrichtungen<br />
um eine Einschätzung ihrer Erfahrungen in der Zusammenarbeit<br />
mit FA und BWH gebeten.<br />
14,7 % der im Projektzeitraum mit dem WZFP kooperierenden Nachsorgeeinrichtungen<br />
(n = 5) hatten nach eigenen Angaben keine Erfahrung in der Kooperation mit der<br />
BWH und 61,8 % (n = 21) hatten keine Erfahrung in der Kooperation mit der FA<br />
(n = 34). Betrachtet man nur die 21 Einrichtungen, die im Projektzeitraum einen entlassenen<br />
Patienten aus dem WZFP aufgenommen bzw. betreut haben, ergibt sich folgen<strong>des</strong><br />
Bild: Lediglich eine Einrichtung (4,8 %) hatte noch nicht mit der BWH zusammengearbeitet,<br />
dagegen hatten 66,7 % der Einrichtungen (n = 14) noch nie mit der FA<br />
zusammengearbeitet.<br />
In der Zusammenarbeit mit der BWH wurden insbesondere die regelmäßigen, zeit- und<br />
ortsnahen Kontakte, verbunden mit einer guten Erreichbarkeit <strong>des</strong> BWH, positiv hervorgehoben.<br />
Darüber hinaus wurden von den Nachsorgeeinrichtungen die personelle<br />
Kontinuität, die hohe Verbindlichkeit und die klare Zuständigkeit positiv bewertet.<br />
Weitere positive Aspekte in der Kooperation mit der Bewährungshilfe waren die Unterstützung<br />
der MitarbeiterInnen vor Ort - insbesondere im Krisenfall -, die Möglichkeit<br />
zu fallbezogenem Austausch und Zielplanung sowie die Vermittlung von Mitverantwor-<br />
75
tung, Urteils- und Entscheidungssicherheit. Einzelne Einrichtungen nannten außerdem<br />
die staatliche Kontrollfunktion der FA, die Aufrechterhaltung <strong>des</strong> Deliktbewusstseins,<br />
eine hohe Fachlichkeit und die Vermittlung von juristischen Hintergründen. Insgesamt<br />
haben sich 23 Einrichtungen (67,7 %) zu positiven Aspekten der Kooperation geäußert.<br />
Angaben zu negativen Aspekten der Kooperation mit der BWH machten 14 Einrichtungen<br />
(41,2 %). Negativ bewertet wurde vor allem die Überbelastung der BWH, die<br />
sich in einer mangelnden individuellen Betreuung der Probanden zeigt (n = 4). Zwei<br />
Einrichtungen erwarteten mehr Kompetenz und Fachwissen, weitere zwei Einrichtungen<br />
sahen bei der BWH zu wenig Möglichkeiten, intervenierende Maßnahmen einzuleiten.<br />
Auf eine mangelhafte Erreichbarkeit der BWH bezogen sich zwei Angaben. Weitere<br />
Kritikpunkte waren unzureichende Absprachen mit den Bezugsbetreuerinnen, die<br />
Einmischung der BWH in die therapeutische Arbeit der Einrichtung und „Zuständigkeitsgerangel“.<br />
Bezüglich der Kooperation mit der FA wurden im Großen und Ganzen dieselben positiven<br />
und negativen Aspekte genannt wie im Zusammenhang mit der BWH. Ergänzende<br />
Kritikpunkte waren die schwere Erreichbarkeit der FA in Krisensituationen, lange<br />
Wartezeiten bei Entscheidungen und die „bedrohliche Wirkung“ der FA auf den Patienten.<br />
4.5 4.5 Fallbezoge Fallbezogene Fallbezoge Fallbezoge ne Kooperation<br />
Kooperation<br />
Kooperation<br />
Zur Kooperation der an der Nachsorge eines Patienten beteiligten Stellen - auch nach<br />
der Entlassung - wurden im Projektzeitraum zwei Instrumente eingeführt und umgesetzt:<br />
die Gesamthilfeplanung nach Entlassung und der sogenannte Runde Tisch. Um<br />
mit dem Terminus Runder Tisch einhergehende Unklarheiten zu vermeiden, wird im<br />
Anschluss an das Kapitel zur Gesamthilfeplanung nach Entlassung (Kap. 4.5.1) eine<br />
begriffliche und inhaltliche Klärung vorgenommen (Kap. 4.5.2). Darauf folgen die Ergebnisse<br />
der von <strong>FOGS</strong> durchgeführten Analyse von Protokollen Runder Tische sowie<br />
die Bewertung dieses Instruments durch die im Projektzeitraum kooperierenden Nachsorgeeinrichtungen.<br />
Das Thema Fallverantwortlichkeit <strong>für</strong> die Patienten schließt das<br />
Thema fallbezogene Kooperation ab.<br />
4.5.1 4.5.1 Gesamthilfeplanung Gesamthilfeplanung nach nach Entlassung<br />
Entlassung<br />
Ein Instrument zur Steuerung <strong>des</strong> Nachsorgeprozesses, das neben dem Runden Tisch<br />
im Rahmen <strong>des</strong> Modellprojekts eingeführt wurde, ist die Gesamthilfeplanung nach<br />
Entlassung. Mit der Gesamthilfeplanung nach Entlassung „wird die fortdauernde Vernetzung<br />
der unmittelbar [Hervorhebung v. Verf.] an der Nachsorge beteiligten Personen,<br />
Einrichtungen und Behörden angestrebt und die weiterführende fachlichfundierte<br />
Weiterbehandlung der Patienten im Rahmen der Führungsaufsicht sichergestellt“<br />
(Ortlieb, 2002, S. 38 ff). Den „Abteilungsübergreifenden Rahmenrichtlinien“ <strong>des</strong><br />
WZFP zufolge soll zwischen den Nachsorgemitarbeitern und der BWH/FA geklärt werden,<br />
wer <strong>für</strong> die Durchführung der Gesamthilfeplanungen nach Entlassung zuständig<br />
ist - auf Anfrage und bei Bedarf beteiligen sich die Nachsorgemitarbeiter daran.<br />
Gleichzeitig weisen die „Abteilungsübergreifenden Rahmenrichtlinien“ darauf hin, dass<br />
<strong>für</strong> die Durchführung oft „der ‚Helfer’ zuständig [ist], der den intensivsten Kontakt zum<br />
Probanden aufrechterhält“ (Ortlieb, 2002, S. 39). Daher erscheinen auch die Betreuer-<br />
76
Innen in den Nachsorgeeinrichtungen durchaus geeignet, Gesamthilfeplanungen nach<br />
Entlassung durchzuführen.<br />
42,9 % der Einrichtungen (n = 9), die im Projektzeitraum entlassene Patienten betreut<br />
haben, gaben an, dass ihnen im Projektzeitraum vom WZFP eine Beteiligung oder Beratung<br />
bei der Durchführung von Gesamthilfeplanung nach Entlassung angeboten<br />
wurde (n = 21). Sechs dieser Einrichtungen (66,7 %) haben das Angebot wahrgenommen.<br />
Die Hälfte bewertete das Angebot als (sehr) hilfreich, die andere Hälfte als eher<br />
hilfreich.<br />
4.5.2 4.5.2 Begriffliche Begriffliche und und inhaltliche inhaltliche Abgrenzung Abgrenzung der der Runden Runden TTische<br />
TT<br />
sche<br />
Wie in der Konzeption <strong>des</strong> Projekts „Ambulante Nachsorge“ beschrieben, sollten „<strong>für</strong><br />
die Beurlaubungsphase und vor allem <strong>für</strong> die Zeit der Unterstellung unter Bewährungshilfe<br />
und Führungsaufsicht [...] turnusmäßige und anlassbestimmte „runde Tische“<br />
der Nachsorgeplanung und gezielten Nachsorge [Hervorhebung v. Verf.]“ eingerichtet<br />
werden. Diese Helferkonferenzen sollten den Informationstransfer zwischen den<br />
an der Nachsorge Beteiligten sicherstellen und verbindlich regeln, wer „das verantwortliche<br />
Case-Management in welchem Zusammenspiel mit den übrigen Beteiligten“<br />
wahrnimmt. Ursprünglich sollten die Runden Tische an den geplanten regionalen<br />
Nachsorgezentren eingerichtet werden, deren Installation im Projektzeitraum allerdings<br />
zurückgestellt wurde (vgl. Projektkonzeption, Juni 1999).<br />
Im Laufe <strong>des</strong> Projekts kam es in Verbindung mit den Runden Tischen zu einer begrifflichen<br />
Unschärfe, da der Terminus Runder Tisch sowohl <strong>für</strong> patientenbezogene Fallkonferenzen<br />
während der Beurlaubung als auch nach der Entlassung verwendet wurde.<br />
Darüber hinaus wurden auch patientenübergreifende Treffen zur Verbesserung der<br />
Kooperation von Institutionen und der Versorgungsstruktur im Allgemeinen als Runde<br />
Tische bezeichnet. Die Unklarheit, welche Treffen als Runde Tische i.e.S. bezeichnet<br />
werden sollten, verdeutlichte sich im Rahmen der Analyse der Patientenakten und<br />
internen Projektdokumentation sowie in Gesprächen mit Nachsorgemitarbeitern.<br />
In den „Abteilungsübergreifenden Rahmenrichtlinien zur Wiedereingliederungs- und<br />
Nachsorgeplanung im WZFP Lippstadt“ wurde der Runde Tisch neben der Gesamthilfeplanung<br />
nach Entlassung als ein zentrales Steuerungsinstrument zur „Sicherstellung<br />
einer bedarfsgerechten Nachsorge“ (Ortlieb, 2002, S. 28) eingeführt und folgendermaßen<br />
beschrieben:<br />
Der „runde Tisch“ [Hervorhebung v. Verf.] ist ein routinemäßiges oder ein anlassbedingtes<br />
Treffen professionell handelnder Personen. Das Treffen wird als regional<br />
organisierte Helferkonferenz im Lebensumfeld <strong>des</strong> Patienten durchgeführt.<br />
Der „runde Tisch“ wird einberufen, wenn im Entlassungsrahmen unvorhersehbare<br />
Krisenentwicklungen (z.B. delinquentes Agieren, psychische Dekompensationen)<br />
auftreten oder interinstitutionelle Kommunikationsschwierigkeiten zwischen den<br />
Beteiligten Diensten und Behörden bestehen. (S. 29)<br />
Die fortgesetzte Teilnahme am Runden Tisch soll den Rahmenrichtlinien zufolge von<br />
den Nachsorgemitarbeitern bei der letzten Zusammenkunft mit der BWH/FA angeboten<br />
werden. Da mit den Runden Tischen eine enge Zusammenarbeit, insbesondere mit<br />
den Stellen der Justiz, angestrebt wird, werden diese auch zuerst als „typische“ Teilnehmer<br />
<strong>des</strong> Runden Tischs genannt. Als weitere potentielle TeilnehmerInnen werden<br />
aufgeführt: Nachsorgemitarbeiter <strong>des</strong> WZFP, BetreuerInnen der nachsorgenden Einrichtungen<br />
und Dienste, behandelnde PsychotherapeutInnen, letztbehandelnde Thera-<br />
77
peutInnen <strong>des</strong> WZFP, MitarbeiterInnen regionaler Dienste und gesetzliche BetreuerInnen.<br />
Somit bezieht sich der Begriff Runder Tisch, wie er in der Rahmenrichtlinie beschrieben<br />
wird, ausschließlich auf patientenbezogene Treffen nach der Entlassung. <strong>FOGS</strong><br />
folgt dieser Abgrenzung und hat bei der Analyse der vom WZFP zur Verfügung gestellten<br />
Protokolle Runder Tische ausschließlich Protokolle von fallbezogenen Treffen<br />
nach der Entlassung eines Patienten berücksichtigt.<br />
4.5.3 4.5.3 Ergebnisse Ergebnisse der der Analyse Analyse der der der Protokolle Protokolle Runder Runder Tische<br />
Tische<br />
Zum Zeitpunkt der Analyse lagen <strong>FOGS</strong> 15 Protokolle patientenbezogener Runder Tische<br />
(RT) nach Entlassung vor. Daraus war zu entnehmen, dass im Projektzeitraum<br />
insgesamt 15 Runde Tische <strong>für</strong> sieben Patienten durchgeführt wurden, d.h. <strong>für</strong> jeden<br />
fünften im Projektzeitraum entlassenen Patienten. 2001 fanden acht RT statt, 2002<br />
sieben; im Jahr 2000, dem ersten Projektjahr, wurde kein RT durchgeführt. Für drei<br />
Patienten wurde je ein RT durchgeführt, <strong>für</strong> zwei Patienten je zwei, <strong>für</strong> einen Patienten<br />
drei und <strong>für</strong> einen weiteren Patienten wurden fünf RT durchgeführt. Zur Dauer der<br />
Runden Tische gab es in den Protokollen nur eine Angabe, in diesem Fall dauerte die<br />
Besprechung 120 Minuten.<br />
Einberufung und Ort der Durchführung<br />
Einberufen wurde der Runde Tisch in neun Fällen (60,0 %) von MitarbeiterInnen der<br />
Nachsorgeeinrichtungen, in drei Fällen (20,0 %) von einem Nachsorgemitarbeiter <strong>des</strong><br />
WZFP und einmal von dem an der Nachsorge beteiligten Psychotherapeuten <strong>des</strong><br />
WZFP. In einem Fall wurde der Termin von dem Nachsorgemitarbeiter <strong>des</strong> WZFP mit<br />
einem Arzt einer allgemeinpsychiatrischen Klinik abgestimmt, in einem weiteren Fall<br />
bat der Nachsorgemitarbeiter <strong>des</strong> WZFP die MitarbeiterInnen der Nachsorgeeinrichtung<br />
schriftlich um Terminierung und Einladung zum RT.<br />
Fast drei Viertel der Runden Tische (n = 11) fanden in der den Patienten betreuenden<br />
Nachsorgeeinrichtung statt und wurden damit - wie in der Rahmenrichtlinie vorgesehen<br />
- überwiegend im Lebensumfeld <strong>des</strong> Patienten durchgeführt. Drei RT fanden in<br />
einer allgemeinpsychiatrischen Klinik statt, in der sich der Patient zur Krisenintervention<br />
befand, ein weiterer RT in den Räumen der Bewährungshilfe.<br />
TeilnehmerInnen<br />
Im Mittel haben 6,8 Personen an einem RT teilgenommen (Min: 3; Max: 13; jeweils<br />
ohne Patient). Zahlenmäßig am stärksten vertreten waren dabei die Nachsorgeeinrichtungen<br />
mit durchschnittlich 2,2 MitarbeiterInnen, gefolgt von den Werkstätten/Tagesstätten<br />
mit durchschnittlich 1,9 VertreterInnen. Welche Personen im Einzelnen<br />
an den Runden Tischen teilgenommen haben bzw. eingeladen, aber verhindert<br />
waren, zeigt Tabelle 56.<br />
78
Tab. 56: TeilnehmerInnen der Runden Tische (N = 15 RT)<br />
TeilnehmerIn<br />
Anzahl<br />
der RT<br />
anwesend<br />
Prozent<br />
der RT<br />
eingeladen,<br />
aber verhindert<br />
Anzahl<br />
der RT<br />
Prozent<br />
der RT<br />
NachsorgemitarbeiterIn <strong>des</strong> WZFP 13 86,7 - -<br />
Psychotherapeut <strong>des</strong> WZFP 3 20,0 - -<br />
Arzt/Ärztin <strong>des</strong> WZFP 1 6,7 - -<br />
MitarbeiterIn der Nachsorgeeinrichtung 15 100,0 1 6,7<br />
behandelnde/r niedergel. PsychiaterIn 4 26,7 2 13,3<br />
VertreterIn der Werkstatt/Tagestätte 7 46,7 - -<br />
gesetzliche/r BetreuerIn 4 26,7 2 13,3<br />
BewährungshelferIn 8 53,3 6 40,0<br />
VertreterIn der Führungsaufsichtsstelle 7 46,7 1 6,7<br />
VertreterIn der Polizei 1 6,7 1 6,7<br />
Arzt der Allgemeinpsychiatrie 6 40,1 - -<br />
Pflegepersonal der Allgemeinpsychiatrie 2 13,4 - -<br />
Krisendienst 2 13,4 - -<br />
Sozialpsychiatrischer Dienst 1 6,7 1 6,7<br />
VertreterIn <strong>des</strong> Gesundheitsamtes - - 2 13,4<br />
Patient 3 20,0 - -<br />
An allen 15 RT haben MitarbeiterInnen <strong>des</strong> WZFP und der Nachsorgeeinrichtungen<br />
teilgenommen. In den Fällen, in denen kein Nachsorgemitarbeiter <strong>des</strong> WZFP am Runden<br />
Tisch teilnahm, war der <strong>für</strong> die psychotherapeutische Nachsorge zuständige Psychologe<br />
oder ein Arzt <strong>des</strong> WZFP anwesend. Beteiligte der Justiz waren bei insgesamt<br />
80,0 % der RT (n = 12) anwesend; betrachtet man BWH und FA einzeln, waren jeweils<br />
beide an etwa der Hälfte der RT beteiligt. Es ist zu beachten, dass BWH zu weiteren<br />
40,0 % der RT (n = 6) eingeladen waren, jedoch nicht teilnehmen konnten. Zur Anwesenheit<br />
von Pflegepersonal und einem Arzt der Allgemeinpsychiatrie (in drei von sechs<br />
Fällen) ist anzumerken, dass der Patient sich zur Zeit <strong>des</strong> RT im Rahmen einer Krisenintervention<br />
in einer allgemeinpsychiatrischen Klinik befand. Die Patienten selbst haben<br />
- vollständig oder teilweise - an jedem fünften RT teilgenommen.<br />
Zeitpunkt der Durchführung<br />
Zwischen der Entlassung eines Patienten und der ersten Durchführung eines Runden<br />
Tischs lagen im Mittel 43,9 Wochen (10,1 Monate). Bei einem Patienten wurde bereits<br />
nach 5,6 Wochen der erste Runde Tisch einberufen, der längste Zeitraum zwischen<br />
bedingter Entlassung und erstem Runden Tisch betrug 84,9 Wochen (19,6 Monate).<br />
Bei den Patienten, <strong>für</strong> die mehrere Runde Tische durchgeführt wurden, lag der zeitliche<br />
Abstand zwischen den Terminen bei durchschnittlich 25,1 Wochen, also etwa einem<br />
halben Jahr.<br />
79
Anlässe <strong>für</strong> die Durchführung<br />
Die Durchführung der RT erfolgte in den meisten Fällen planmäßig im Rahmen einer<br />
Betrachtung <strong>des</strong> bisherigen Verlaufs der Bewährungszeit aus Sicht verschiedener Helfergruppen<br />
und zum gemeinsamen Erfahrungsaustausch. War bereits ein RT vorausgegangen,<br />
diente das Treffen u.a. dazu, die Einhaltung der getroffenen Vereinbarungen<br />
zu überprüfen. Bei drei Patienten wurde der RT aufgrund eines krisenhaften Verlaufs<br />
einberufen, in einem Fall kam die erneute Exazerbation der psychotischen Erkrankung<br />
hinzu. In letzterem Fall war das konkrete Ziel <strong>des</strong> Treffens die Koordination rückfallprophylaktischer<br />
Maßnahmen, um eine erneute Straftat <strong>des</strong> Patienten zu verhindern.<br />
Getroffene Absprachen und Vereinbarungen<br />
Den 15 Protokollen Runder Tische war eine Vielzahl getroffener Absprachen und Vereinbarungen<br />
zu entnehmen, die von detaillierten Regelungen zur Arbeitszeit <strong>des</strong> Patienten<br />
bis zur längerfristigen Planung eines Wohnortwechsels reichten. In der folgenden<br />
Auflistung werden die Themenbereiche, die in den Absprachen im Vordergrund<br />
standen, genannt und anhand einiger Beispiele näher ausgeführt:<br />
� Gespräche zwischen Patienten und an der Nachsorge Beteiligten<br />
� Vereinbarung von wöchentlichen Reflexionsgesprächen mit MitarbeiterInnen<br />
der Tagesstätte, der Nachsorgeeinrichtung, <strong>des</strong> ambulanten Bereichs oder der<br />
BWH<br />
� Vereinbarung von Gespräch <strong>des</strong> Oberarztes einer allgemeinpsychiatrischen<br />
Klinik mit dem Patienten bzgl. Medikation<br />
� Benennung von festen Ansprechpartnern <strong>für</strong> den Patienten bei der Polizei<br />
� Planung <strong>des</strong> Rückzugs <strong>des</strong> Nachsorgemitarbeiters aus der persönlichen<br />
Betreuung nach Entscheidung <strong>des</strong> Patienten<br />
� gesetzliche Betreuung<br />
� Herausstellung der Bedeutung der gesetzlichen Betreuung und der besonderen<br />
Rolle <strong>des</strong> Betreuers nach der Bewährungszeit<br />
� Thema gesetzliche Betreuung soll mit Patienten frühzeitig angesprochen werden,<br />
bei evtl. Übergang in Betreutes Wohnen und Ende der Bewährungszeit<br />
� Antrag auf gesetzliche Betreuung nach Ablauf der Bewährungszeit muss<br />
rechtzeitig gestellt werden<br />
� gesetzliche Betreuung wird als nicht notwendig erachtet<br />
� Arbeit und Beschäftigung<br />
� Vereinbarung einer ganztägigen Beschäftigung in der Tagesstätte, zweimal pro<br />
Woche kann der Patient um 15:30 Uhr Feierabend machen, bei hinreichender<br />
Arbeitsleistung während eines Monats kann der Patient einen freien Nachmittag<br />
erhalten<br />
� Bezugsmitarbeiter setzt sich mit Ausbildungsstätte in Verbindung, um alternative<br />
Arbeitszeit abzuklären<br />
� Klärung, ob Arbeitsplatz in einer Zuverdienstfirma vorhanden und möglich ist<br />
80
� Anstellung in WfB bleibt trotz hoher Fehlzeiten erhalten, wenn Patient seiner<br />
Arbeit regelmäßig nachgeht<br />
� Patient soll eine Ausbildung beginnen und in deren Vorbereitung begleitet<br />
werden<br />
� Vorgehen bei Krisen<br />
� Festlegung eines Kooperationsmodells im Krisenfall nachts und am Wochenende<br />
� bei Notruf <strong>des</strong> Patienten soll die Polizei den Krisendienst, MitarbeiterInnen<br />
<strong>des</strong> Betreuten Wohnens oder die BWH informieren<br />
� bei erneuter Dekompensation erfolgt Aufnahme und Behandlung durch allgemeinpsychiatrische<br />
Klinik<br />
� Abstimmung über Umgang mit Wahnsystem <strong>des</strong> Patienten im Fall einer<br />
Zwangseinweisung<br />
� medikamentöse Behandlung<br />
� Oberarzt <strong>des</strong> WZFP wird sich mit behandelndem Psychiater zur Beratung über<br />
medikamentöse Umstellung in Verbindung setzen<br />
� Reduzierung der Medikamente im Hinblick auf Bewährungszeit<br />
� Einsicht <strong>des</strong> Patienten in weiterführende medikamentöse Behandlung nach<br />
der Bewährungszeit soll geweckt werden<br />
� Verhalten <strong>des</strong> Patienten bzgl. Medikation wird im Auge behalten, es soll jedoch<br />
nicht auf eine erneute Einnahme der Medikation gedrängt werden; bei<br />
Komplikationen muss erneute Verordnung einer affektschützenden Medikation<br />
durch allgemeinpsychiatrische Klinik vorgenommen werden.<br />
Mehrfach besprochen wurden auch Veränderungen der aktuellen Wohnsituation, die<br />
Unterstützung bei der Freizeitgestaltung und die Regelung <strong>des</strong> weiteren Informationsaustauschs<br />
zwischen den beteiligten Stellen. Über die genannten Themenbereiche<br />
hinausgehende einzelne Vereinbarungen fanden sich außerdem zur Durchführung von<br />
Alkoholkontrollen, zur Änderung der aktuellen Bewährungsauflagen, zum Führerscheinerwerb,<br />
zur Beantragung von Individualförderung und zur Regelung der Informationsweitergabe<br />
<strong>des</strong> Patienten an die Einrichtung bzgl. seiner Freizeitgestaltung. Außerdem<br />
wurden fast durchgehend Absprachen zu weiteren Treffen im Rahmen Runder<br />
Tische getroffen, zum Teil bereits mit Benennung eines konkreten Zeitraums.<br />
In keinem Fall wurden die getroffenen Vereinbarungen von dem betroffenen Patienten<br />
unterschrieben. Laut Protokoll nahmen Patienten an drei Runden Tischen vollständig<br />
oder teilweise teil, in einem Fall wurde der Patient aufgrund der Be<strong>für</strong>chtung, seine<br />
Wahninhalte und Ängste zu verstärken, nicht beteiligt. Insgesamt wurden die Patienten<br />
laut Protokoll in fünf Fällen über die Inhalte und Ergebnisse der Besprechung informiert.<br />
In einem Fall wurde dokumentiert, dass der Patient sich voraussichtlich mit den<br />
getroffenen Vereinbarungen „nur schwer einverstanden erklären“ wird.<br />
Wie den Protokollen zu entnehmen war, wiesen die Nachsorgemitarbeiter <strong>des</strong> WZFP in<br />
mehreren Fällen darauf hin, dass sie auch weiterhin als Ansprechpartner <strong>für</strong> die nachsorgenden<br />
Einrichtungen und den Patienten zur Verfügung stehen - auch über die<br />
Teilnahme an den Runden Tischen hinaus.<br />
81
4.5.4 4.5.4 Runde Runde Tische Tische aus aus Sicht Sicht der der der Nachsorgeeinrichtungen<br />
Nachsorgeeinrichtungen<br />
Im Rahmen der schriftlichen Befragung der Nachsorgeeinrichtungen gaben insgesamt<br />
20 Einrichtungen (62,5 %) an, im Projektzeitraum patientenbezogene Runde Tische<br />
bzw. Helferkonferenzen durchgeführt oder daran teilgenommen zu haben (n = 32). Betrachtet<br />
man ausschließlich die Einrichtungen, die im Projektzeitraum entlassene Patienten<br />
betreut haben, ergibt sich sogar ein Anteil von 65,0 % der Einrichtungen<br />
(n = 13), die an einem RT teilgenommen haben (n = 20). 27<br />
Die Analyse der vom WZFP zur Verfügung gestellten Protokolle Runder Tische ergab<br />
eine Anzahl von 15 Runden Tischen <strong>für</strong> sieben Patienten - und zwar nach der Entlassung.<br />
Die höhere Anzahl der von den Nachsorgeeinrichtungen genannten RT kommt<br />
sehr wahrscheinlich dadurch zustande, dass die Einrichtungen auch RT während der<br />
Beurlaubung und RT, an denen kein/e MitarbeiterIn <strong>des</strong> WZFP anwesend war, in ihre<br />
Angaben einbezogen haben. Protokolle Runder Tische, an denen das WZFP nicht beteiligt<br />
war, lagen der Klinik und somit <strong>FOGS</strong> nicht vor. Somit ist auch nicht bekannt,<br />
ob und welche einrichtungsexternen Stellen an diesen Helferkonferenzen beteiligt<br />
waren.<br />
Insgesamt wurde das Instrument Runder Tisch von den Nachsorgeeinrichtungen, die<br />
es eingesetzt haben, sehr positiv bewertet: 60,0 % der Einrichtungen (n = 12) beurteilten<br />
die Runden Tische als (sehr) hilfreich, weitere 40,0 % (n = 8) als eher hilfreich<br />
(n = 20). Betrachtet man wiederum nur die Einrichtungen, die entlassene Patienten<br />
betreut haben, fällt die Bewertung etwas weniger positiv aus: 46,2 % der Einrichtungen<br />
(n = 6) schätzten die Runden Tische als (sehr) hilfreich ein, 53,8 % der Einrichtungen<br />
(n = 7) schätzten sie als eher hilfreich ein (n = 13).<br />
4.5.5 4.5.5 Zuständigkeitsregelung Zuständigkeitsregelung und und Fallverantwortlichkeit<br />
Fallverantwortlichkeit<br />
Fallverantwortlichkeit<br />
Die Frage, welcher Helfer <strong>für</strong> den Patienten zuständig ist bzw. die Fallverantwortlichkeit<br />
trägt, stellt sich den an der Rehabilitation und Nachsorge Beteiligten vor allem in<br />
Krisensituationen: Besteht auch nach der Entlassung die Möglichkeit einer Rückführung<br />
ins WZFP? Wer soll die patientenbezogenen Runden Tische einberufen und wer<br />
ist <strong>für</strong> die psychiatrische (Krisen-)Behandlung <strong>des</strong> Patienten zuständig?<br />
Im Rahmen der schriftlichen Befragung wurden FA und BWH gefragt, welche Stelle<br />
nach einer Entlassung - v.a. im Krisenfall - <strong>für</strong> den Patienten zuständig sein sollte. Bezüglich<br />
dieser Frage ergab sich eine sehr uneinheitliche Einschätzung: 35,7 % der Befragten<br />
von FA/BWH (n = 10) waren der Meinung, die Nachsorgeeinrichtungen sollten<br />
die Fallverantwortlichkeit übernehmen, 32,1 % (n = 9) waren der Meinung, dass die<br />
FA/BWH selbst die Fallverantwortlichkeit übernehmen sollten, und 14,3 % (n = 4)<br />
wünschten sich auch nach der Entlassung eine Zuständigkeit <strong>des</strong> WZFP. Weitere fünf<br />
Befragte von FA/BWH (17,9 %) waren der Ansicht, die Frage der Zuständigkeit sollte im<br />
Einzelfall entschieden und verbindlich abgesprochen werden; die Beteiligten sollten<br />
dabei nach Bedarf zusammenarbeiten, zwei Befragte hielten dabei die Stelle <strong>für</strong> besonders<br />
geeignet, die den engsten Kontakt zum Probanden hat.<br />
27 Der Begriff Runder Tisch wurde im Fragebogen in Anlehnung an die „Abteilungsübergreifenden<br />
Rahmenrichtlinien zur Wiedereingliederungs- und Nachsorgeplanung im WZFP Lippstadt“ folgendermaßen<br />
definiert: „In diesem Fall ist der „Runde Tisch“ ein routinemäßiges oder anlassbezogenes<br />
Treffen von an der Nachsorge beteiligten Personen, das als regional organisierte Helferkonferenz im<br />
Lebensumfeld <strong>des</strong>/der PatientIn durchgeführt wird.“<br />
82
Wie Tabelle 57 zeigt, ist rund einem Viertel der MitarbeiterInnen von Führungsaufsicht<br />
und Bewährungshilfe die Zuständigkeitsregelung bzw. Fallverantwortlichkeit <strong>für</strong><br />
die PatientInnen nach der Entlassung eher unklar. Die schriftliche Befragung der<br />
Nachsorgeeinrichtungen ergab erwartungsgemäß, dass den Einrichtungen die Zuständigkeitsregelung<br />
während einer Beurlaubung etwas klarer ist als nach einer Entlassung<br />
(vgl. Tab. 58). Im Vergleich zu den Einschätzungen von FA/BWH besteht in Bezug auf<br />
die Fallverantwortlichkeit nach der Entlassung auf Seiten der Nachsorgeeinrichtungen<br />
etwas mehr Klarheit.<br />
Tab. 57: Bewertung der Zuständigkeitsregelung <strong>für</strong> die Patienten durch FA und BWH (n = 27)<br />
Wie bewerten Sie die Zustän- (völlig) klar eher klar eher unklar (völlig) unklar<br />
digkeitsregelung <strong>für</strong> die Patienten...<br />
n % n % n % n %<br />
... nach einer Entlassung im Projektzeitraum?<br />
9 33,3 11 40,7 7 25,9 - -<br />
Tab. 58: Bewertung der Zuständigkeitsregelung <strong>für</strong> die Patienten durch die Nachsorgeeinrichtungen<br />
Wie bewerten Sie die Zustän- (völlig) klar eher klar eher unklar (völlig) unklar<br />
digkeitsregelung <strong>für</strong> die Patienten...<br />
n % n % n % n %<br />
... während einer Beurlaubung im<br />
Projektzeitraum? (n = 33)<br />
... nach einer Entlassung im Projektzeitraum?<br />
(n = 20)*<br />
21 63,6 10 30,3 2 6,1 - -<br />
9 45,0 8 40,0 1 5,0 2 10,0<br />
* Nur Nachsorgeeinrichtungen, die im Projektzeitraum entlassene Patienten betreut haben.<br />
Den zusätzlichen Anmerkungen zum Thema Zuständigkeitsregelung/Fallverantwort-<br />
lichkeit der Nachsorgeeinrichtungen war zu entnehmen, dass einige Einrichtungen die<br />
eindeutige Zuständigkeit eines Nachsorgemitarbeiters, der den Patienten regelmäßig<br />
vor Ort besucht, als hilfreich empfinden und positiv bewerten. Dies entspricht dem<br />
üblichen Procedere während der Beurlaubung und wurde auch in den Interviews positiv<br />
hervorgehoben. In den Interviews mit zwei Nachsorgeeinrichtungen deuteten sich<br />
Unklarheiten bzgl. der allgemeinpsychiatrischen Behandlung während einer Langzeitbeurlaubung<br />
an: Zwischen der Allgemeinpsychiatrie vor Ort und dem WZFP beständen<br />
keine klaren Regelungen <strong>für</strong> eine kurzfristige (Krisen-)Behandlung. Für eine Zuständigkeit<br />
<strong>des</strong> WZFP sprach aus Sicht einer Einrichtung die bereits vorliegende Erfahrung<br />
mit dem betroffenen Patienten. Auch die ambulante ärztliche Versorgung und Zuständigkeit<br />
<strong>für</strong> Akutpatienten vor Ort müsse vorab geklärt, schriftlich festgelegt und den<br />
Trägern mitgeteilt werden. Die Anbindung von Patienten an die regionale forensische<br />
Institutsambulanz hielt eine Nachsorgeeinrichtung <strong>für</strong> erforderlich, dort werde jedoch<br />
auf die Zuständigkeit <strong>für</strong> den Bereich <strong>des</strong> Landschaftsverbands Rheinland (LVR) verwiesen,<br />
was Patienten aus dem WZFP ausschließe.<br />
Einzelne Einrichtungen wünschten sich auch nach der Entlassung <strong>des</strong> Patienten einen<br />
stärkeren Einbezug <strong>des</strong> WZFP. Die Nachsorgemitarbeiter stünden zwar auch nach der<br />
Entlassung noch als Ansprechpartner zur Verfügung, es werde aber auch deutlich darauf<br />
hingewiesen, dass Zuständigkeit und Verantwortlichkeit bei der Nachsorgeeinrichtung<br />
und dem zuständigen Krankenhaus lägen. Auch im Interview wurden Unklarheiten<br />
bzgl. der Fallverantwortlichkeit während der Bewährungszeit deutlich: es sei nicht<br />
geklärt, ob diese dann bei der Bewährungshilfe oder der eigenen Einrichtung liege;<br />
83
insbesondere Runde Tische sollten nur bei klarer Fallverantwortung durchgeführt<br />
werden.<br />
Die Frage der Fallverantwortlichkeit stellt sich insbesondere dann, wenn ein Patient<br />
nicht in eine komplementäre Einrichtung beurlaubt oder entlassen wird und auch keine<br />
Betreuung durch einen ambulanten Dienst besteht. In einem solchen - zumin<strong>des</strong>t<br />
während der Beurlaubung seltenen - Fall lebt der Patient nicht in einem professionell<br />
betreuten Umfeld, wo er in täglichem Kontakt mit professionellen BetreuerInnen steht.<br />
Die Beteiligung von Nachsorgemitarbeitern <strong>des</strong> WZFP an der persönlichen (Weiter-)Betreuung<br />
eines Patienten nach seiner Entlassung setzt <strong>des</strong>sen Einverständnis voraus.<br />
Laut § 1 Abs. 3 MRVG-NW sind Therapie und Beratung mit Zustimmung der Patientinnen<br />
und Patienten grundsätzlich auch nach der Entlassung fortzusetzen. Ein Patient<br />
<strong>des</strong> WZFP war jedoch nach seiner Entlassung in ein Dauerwohnheim mit weiteren<br />
Nachsorgeaktivitäten durch das WZFP nicht einverstanden. Um den Hilfeplan auch<br />
weiterhin gemeinsam abzustimmen und fortzuschreiben, vereinbarten der BWH, die<br />
FA, der gesetzliche Betreuer und MitarbeiterInnen <strong>des</strong> Wohnheims regelmäßige Termine<br />
ohne Beteiligung <strong>des</strong> WZFP. In einem solchen Fall kann die Fallverantwortlichkeit<br />
nicht von dem (vormalig) zuständigen Nachsorgemitarbeiter übernommen werden.<br />
Weitere Fälle, in denen der Patient nicht mit einer Nachbetreuung durch das WZFP<br />
einverstanden war, wurden <strong>FOGS</strong> nicht bekannt.<br />
Abschließend soll noch erwähnt werden, dass am 30.04.2003 im WZFP ein Kooperationsgespräch<br />
mit zwölf VertreterInnen der zehn Führungsaufsichtsstellen im Bezirk <strong>des</strong><br />
OLG Hamm stattfand; neben der Projektleitung und dem externen Projektkoordinator<br />
waren sechs an der Nachsorge beteiligte MitarbeiterInnen <strong>des</strong> WZFP sowie eine<br />
Vertreterin der <strong>FOGS</strong> <strong>GmbH</strong> anwesend. Nachdem die Frage der inhaltlichen und formalen<br />
Zuständigkeit <strong>für</strong> PatientInnen in der Projektbegleitenden Expertenrunde diskutiert<br />
worden war, regte diese im Interesse einer einheitlichen Vorgehensweise das gemeinsame<br />
Treffen mit den FA an. Neben der Frage <strong>des</strong> geeigneten Zeitpunkts <strong>des</strong> Eintritts<br />
von FA/BWH in die Betreuung von Patienten wurde diskutiert, wer in Zukunft die<br />
Runden Tische einberufen sollte. Im Rahmen dieses Kooperationsgesprächs konnte<br />
allerdings kein Konsens bezüglich der Fallverantwortlichkeit und Zuständigkeit <strong>für</strong><br />
beurlaubte und vor allem entlassene Patienten erzielt werden, da sich die Standpunkte<br />
der einzelnen FA-Stellen als auch der FA und dem WZFP deutlich unterschieden. Einige<br />
FA äußerten jedoch, ihren Standpunkt angesichts der neuen Argumente und Ausführungen<br />
<strong>des</strong> WZFP noch einmal zu überdenken. Ein weiteres gemeinsames Treffen<br />
wurde anvisiert, hat aber bisher nicht stattgefunden.<br />
4.6 4.6 Flankierende Flankierende Flankierende Maßnahmen<br />
Maßnahmen<br />
Neben dem Verlauf der Rehabilitation und Nachsorge und der Kooperation <strong>des</strong> WZFP<br />
mit externen Stellen bildeten flankierende Maßnahmen den dritten Untersuchungsschwerpunkt<br />
der externen Evaluation. Flankierende Maßnahmen in Form von Supervisionen,<br />
Informations- und Fortbildungsveranstaltungen sollten gleichzeitig dem Erreichen<br />
zweier grundlegender Projektziele dienen: der Erweiterung von Betreuungs- und<br />
Behandlungsangeboten in der Nachsorge und der Optimierung der Betreuungs- und<br />
Behandlungsqualität. Damit sollte den in der Projektkonzeption skizzierten Defiziten<br />
einer fachgerechten Nachsorge begegnet werden; darunter der allgemein geringe<br />
Kenntnisstand über die Besonderheiten der Gruppe forensischer Patienten, die fehlende<br />
fachliche Begleitung und Beratung betreuender Einrichtungen in forensischpsychiatrischen<br />
Fragen und der Mangel an Supervisionsangeboten <strong>für</strong> Einrichtungen,<br />
84
die Patienten mit schwerwiegenden und tiefgreifenden Störungsbildern behandeln (vgl.<br />
Projektkonzeption, Juni 1999).<br />
Dimmek und Bargfrede (1996) wiesen bereits im Rahmen eines Anfang der 90er Jahre<br />
im WZFP durchgeführten Modellprojekts darauf hin, dass psychosoziale Dienste und<br />
Einrichtungen in nicht ausreichendem Maß auf die Betreuung forensischer Klientel<br />
vorbereitet sind: „Ohne die Hilfestellung forensisch-psychiatrisch erfahrener Fachkräfte,<br />
flankiert durch gezielte Fortbildungsangebote, ist die Bereitschaft und Möglichkeit, sich<br />
dieser Klientel anzunehmen, nur sehr begrenzt“ (S. 22).<br />
4.6.1 4.6.1 Supervision upervision<br />
Ziele <strong>des</strong> Supervisionsangebots<br />
In der Konzeption <strong>des</strong> Projekts „Ambulante Nachsorge“ war geplant, Supervisionssitzungen<br />
<strong>für</strong> „ambulante Psychotherapeuten“ sowie „Betreuer, Case-Manager, Bezugstherapeuten<br />
in komplementären Einrichtungen, MitarbeiterInnen <strong>des</strong> Betreuten Wohnens<br />
und Bewährungshelfer“ anzubieten und die Kosten aus Projektmitteln zu übernehmen<br />
(vgl. Projektkonzeption, Juni 1999). Das Supervisionsangebot sollte die Kompetenz und<br />
Sicherheit der genannten Berufsgruppen bei der Behandlung forensischer Klientel<br />
steigern und die persönlich-berufliche Isolation in der Behandlung auflösen. Ein weiterer<br />
erwarteter Effekt dieser Maßnahme war die Steigerung der Akzeptanz der Klientel<br />
bei Behandlern und Einrichtungen, die sich in einer Art „Schneeballeffekt“ fortsetzen<br />
und zu einer Verbreiterung der Versorgungsstruktur führen sollte. In Bezug auf die<br />
MitarbeiterInnen komplementärer Einrichtungen und Dienste war ursprünglich die<br />
Einrichtung von drei Supervisionsgruppen an den Standorten Ruhrgebiet, Ostwestfalen-Lippe<br />
und Lippstadt-Eickelborn vorgesehen, die alle zwei Monate mit maximal<br />
sechs TeilnehmerInnen stattfinden sollten. Wie bereits erwähnt, wurde die Einrichtung<br />
regionaler Nachsorgezentren der Supervision etc. im Projektzeitraum jedoch nicht<br />
durchgeführt. Im Folgenden werden die im Rahmen der externen Evaluation gewonnenen<br />
Ergebnisse zur Durchführung und zu den Effekten der Supervisionsmaßnahmen<br />
dargestellt.<br />
Supervisionsbedarfe<br />
Das Supervisionsangebot wurde im Projekt ausschließlich von Einrichtungen in Anspruch<br />
genommen, die im Projektzeitraum einen forensischen Patienten aus dem<br />
WZFP im Rahmen einer Langzeitbeurlaubung oder nach der Entlassung betreut hatten.<br />
Diese Einrichtungen konnten - sofern ein spezifischer Bedarf bestand - bei der<br />
Klinik einen Antrag auf Kostenübernahme von Supervision stellen. Üblicherweise wurden<br />
sechs Supervisionssitzungen durch eine/n forensisch erfahrene/n SupervisorIn zu<br />
je 1,5 Stunden bewilligt, in besonders problematischen Fällen konnte die Supervision<br />
auf Antrag um weitere vier Sitzungen zu je zwei Stunden verlängert werden. In den<br />
Anträgen wurde die mit der Betreuung <strong>des</strong> Patienten verbundene Problematik jeweils<br />
kurz geschildert, um den Supervisionsbedarf zu begründen.<br />
In einem Fall hatte das Dauerwohnheim bereits eine prinzipielle Aufnahmezusage <strong>für</strong><br />
den Patienten ausgesprochen, allerdings vorbehaltlich einer den Beurlaubungsprozess<br />
begleitenden vom WZFP finanzierten Supervision, die auch von dem Nachsorgemitarbeiter<br />
und dem abteilungsleitenden Arzt als dringend erforderlich angesehen wurde.<br />
85
Die Persönlichkeitsstörung <strong>des</strong> Patienten in Verbindung mit einer verhaltensaufälligen<br />
Symptomatik hatte bereits im Verlauf <strong>des</strong> Probewohnens zu Irritationen unter den BewohnerInnen<br />
und MitarbeiterInnen geführt. Auch in vier weiteren Fällen spielten Unsicherheiten<br />
und Ängste der MitarbeiterInnen eine entscheidende Rolle bei der Beantragung<br />
der Supervisionsmaßnahme; einige der Einrichtungen hatten bereits mit forensischen<br />
PatientInnen gearbeitet, andere sammelten erstmalig Erfahrungen mit dieser<br />
Klientel. In letzterem Fall war es der Einrichtung ein besonderes Anliegen, die neuen<br />
Erfahrungen zu „strukturieren, reflektieren und umzusetzen“, um ein grundlegen<strong>des</strong><br />
Verständnis <strong>für</strong> die Besonderheiten der forensischen Klientel zu erwerben. Im Team<br />
einer anderen Einrichtung bestand ein tiefer Zwiespalt hinsichtlich der Aufnahme eines<br />
weiteren Sexualstraftäters, der zuvor von elf Einrichtungen abgelehnt worden war.<br />
Die Supervision sollte vor allem dazu dienen, das Rückfallrisiko <strong>des</strong> Patienten weitestgehend<br />
zu minimieren. Ein Patient hatte nach Ansicht der betreuenden Einrichtung<br />
seine Straftat - wenn überhaupt - in einer Art verarbeitet, die <strong>für</strong> Außenstehende in<br />
keiner Weise nachvollziehbar erschien. Diesbezügliche Unsicherheiten der MitarbeiterInnen<br />
äußerten sich in einem gewissen Misstrauen gegenüber dem Bewohner, was<br />
sich jedoch ohne professionelle externe Unterstützung kaum ansprechen oder bearbeiten<br />
ließ.<br />
Anhand der Angaben der Einrichtungen wird deutlich, dass die Supervisionsbedarfe<br />
sowohl auf störungsspezifische als auch auf deliktspezifische Problematiken zurückzuführen<br />
sind. Innerhalb der Einrichtungen kann dies gleichermaßen zu Belastungen der<br />
BewohnerInnen und MitarbeiterInnen führen. Eine Einrichtung schilderte in den Supervisionsanträgen<br />
in besonders anschaulicher Weise, welche Probleme die professionelle<br />
Begleitung erforderlich machten und welche Effekte auf MitarbeiterInnen- und<br />
PatientInnenseite daraus resultierten; das folgende Fallbeispiel orientiert sich an diesen<br />
Schilderungen und wurde um Angaben aus der Patientenakte ergänzt.<br />
Fallbeispiel<br />
Der Patient wurde im Alter von 19 Jahren aufgrund eines Tötungsdelikts im Maßregelvollzug<br />
untergebracht. Die Hauptdiagnose bei seiner Aufnahme in Eickelborn war<br />
laut Akten eine „Persönlichkeitsstörung auf der Grundlage hochgradiger Schwerhörigkeit<br />
bei partieller Sprachstörung und emotionaler wie sozialer Vernachlässigung“. Der<br />
Patient wurde nach 8,2 Jahren Unterbringung im Maßregelvollzug in ein Dauerwohnheim<br />
beurlaubt, in das er nach knapp einem Jahr Langzeitbeurlaubung bedingt entlassen<br />
werden konnte. Nachdem zu Beginn seines Aufenthalts im Wohnheim laufend<br />
Fortschritte zu verzeichnen waren, gestaltete sich die Behandlung als zunehmend<br />
schwierig: Der Patient zeigte sich ungeduldig bzgl. <strong>des</strong> weiteren Behandlungsverlaufs,<br />
gestaltete den Prozess nicht aktiv mit und reagierte mit Regression oder Aggression,<br />
wenn seine zum Teil unrealistischen Forderungen nicht unmittelbar umgesetzt wurden.<br />
Bedingt durch die sehr ungünstig verlaufene Sozialisation, den langjährigen Aufenthalt<br />
in Eickelborn und die Persönlichkeitsstörung zeigte der Patient erhebliche Defizite<br />
im Sozialverhalten, was sich in provozierendem und aggressivem Auftreten gegenüber<br />
dem Personal äußerte. In persönlichen Krisensituationen inszenierte er Streit<br />
mit BewohnerInnen und MitarbeiterInnen und bedrohte diese, was zu einer erheblichen<br />
Störung <strong>des</strong> gesamten Ablaufs <strong>des</strong> Zusammenlebens im Haus führte. Dies forderte<br />
von den MitarbeiterInnen ein hohes Maß an Krisen- und Konfliktmanagement sowie<br />
persönlicher Stabilität. Zusätzlich war eine stationäre Krisenintervention in der Allgemeinpsychiatrie<br />
erforderlich. Aufgrund dieser Verhaltensweisen sah die Einrichtung<br />
den weiteren Aufenthalt <strong>des</strong> Patienten im Wohnheim langfristig in Frage gestellt, erklärte<br />
aber ihre grundsätzliche Bereitschaft, weiterhin mit dem Patienten zu arbeiten.<br />
86
Um die weitere Behandlung zu sichern, beantragte das Wohnheim beim WZFP die<br />
Kostenübernahme einer Supervisionsreihe, die sich ausschließlich mit diesem Fall<br />
beschäftigt. Die intensive Reflexion <strong>des</strong> Falls war im Rahmen der bisherigen Supervisionssitzungen<br />
nicht ausreichend möglich gewesen. Es wurden zunächst sechs Sitzungen<br />
zu je zwei Stunden im Abstand von drei Wochen genehmigt, an denen sieben MitarbeiterInnen<br />
teilnahmen. Die Einrichtung berichtete etwa 15 Monate später, dass sich<br />
die Supervisionsarbeit „als sehr gewinnbringend“ <strong>für</strong> die MitarbeiterInnen erwiesen<br />
habe und es zu einer Stabilisierung bei dem Patienten gekommen sei, sodass man darüber<br />
nachdenke, ihm neue Perspektiven in Form von selbständigeren Wohnformen<br />
und einer beruflichen Trainingsmaßnahme zu bieten. Um diese neuen Schritte krisenfrei<br />
zu gestalten und ggf. auftretende Fragen zeitnah bearbeiten zu können, wurde eine<br />
Verlängerung der Supervision um vier Sitzungen zu je zwei Stunden bewilligt. Zum<br />
Projektende war der Patient 2,7 Jahre aus dem WZFP entlassen.<br />
Kostenübernahme und Durchführung<br />
Insgesamt wurden im Projektzeitraum zehn Kostenübernahmen <strong>für</strong> Supervision <strong>für</strong><br />
acht Patienten in acht verschiedenen Einrichtungen ausgesprochen. Dies entspricht<br />
einem Anteil von 12,7 % der im Projektzeitraum beurlaubten oder entlassenen Patienten<br />
und einem Anteil von 20,0 % aller Einrichtungen, die in diesem Zeitraum Patienten<br />
aus dem WZFP aufgenommen oder betreut haben. Zwei Kostenzusagen galten <strong>für</strong> eine<br />
Verlängerung der Supervision, auf eine Kostenzusage gab es laut WZFP bisher keine<br />
Reaktion der Einrichtung. Die Verlängerung der Supervisionssitzungen wurde von Seiten<br />
einer/s durchführenden SupervisorIn als unproblematisch beschrieben. Im Jahr<br />
2001 gab es sechs Kostenzusagen, im Jahr 2002 weitere vier. 28 Bei den acht Einrichtungen<br />
handelte es sich um sieben Wohnheime und eine Einrichtung <strong>des</strong> Betreuten<br />
Wohnens. Davon lagen drei Einrichtungen im Sektor Ostwestfalen, je zwei in den Sektoren<br />
Münsterland und Ruhrgebiet, eine Einrichtung lag außerhalb der Sektoren <strong>des</strong><br />
WZFP.<br />
Die Supervisionssitzungen wurden von fünf forensisch erfahrenen SupervisorInnen<br />
durchgeführt, die den Einrichtungen vom WZFP empfohlen wurden. Teilweise fanden<br />
die Supervisionssitzungen vor Ort in den Einrichtungen statt, teilweise - aufgrund der<br />
langen Reisezeiten - in den Räumen der SupervisorInnen. Aus dem Interview mit einer/m<br />
der forensisch erfahrenen SupervisorInnen ging hervor, dass die Supervisionssitzungen<br />
zum Teil auch Fortbildungselemente, z.B. Informationen über Persönlichkeitsstörungen,<br />
beinhalteten. Damit wurde der nach Ansicht der/s SupervisorIn insgesamt<br />
mangelnden Qualifikation <strong>des</strong> Personals in Nachsorgeeinrichtungen begegnet - insbesondere<br />
im Hinblick auf Persönlichkeitsstörungen und das Verhalten der BetreuerInnen<br />
gegenüber Patienten bestimmter Störungsgruppen. Der Fokus der Supervisionssitzungen<br />
lag vorwiegend auf dem Patienten, geklärt wurden aber auch Teamstrukturen<br />
und die Rolle/Aufgabe der einzelnen Interaktionspartner.<br />
28 Ausschlaggebend war jeweils das Datum der Zusage der Kostenübernahme durch den leitenden Arzt<br />
<strong>des</strong> WZFP.<br />
87
Information, Inanspruchnahme und Bewertung<br />
Komplementäre Einrichtungen und ambulante Dienste sollten dem WZFP zufolge sowohl<br />
im Rahmen der Akquisition neuer Betreuungsplätze als auch im Rahmen der<br />
Begleitung bereits bestehender Betreuungen über das Angebot zur Kostenübernahme<br />
von Supervisionssitzungen informiert werden. Das Angebot der Klinik richtete sich<br />
somit gleichermaßen an potentiell und aktuell kooperierende Nachsorgeeinrichtungen.<br />
Im Zusammenhang mit den folgenden Ergebnissen ist jedoch zu berücksichtigen, dass<br />
sich das Supervisionsangebot nicht als offen zugängliches Angebot an alle Nachsorgeeinrichtungen<br />
richtete, sondern an spezifische Bedarfe der Einrichtungen geknüpft<br />
war. Wurden solche Bedarfe bzw. Probleme im Betreuungsverlauf erkannt oder von<br />
den Einrichtungen geäußert, wurden sie von den Nachsorgemitarbeitern über das Supervisionsangebot<br />
informiert und konnten beim WZFP einen Antrag auf Kostenübernahme<br />
der Sitzungen stellen. Das Supervisionsangebot war zeitlich auf die Projektlaufzeit<br />
begrenzt.<br />
Die schriftliche Befragung der kooperierenden Nachsorgeeinrichtungen ergab, dass<br />
51,5 % der Einrichtungen (n = 17) nicht über die Möglichkeit zur Kostenübernahme<br />
von Supervisionssitzungen aus Projektmitteln <strong>des</strong> WZFP informiert waren, 48,5 % der<br />
Einrichtungen (n = 16) war das Angebot bekannt (n = 33). Davon wurden elf Einrichtungen<br />
- mündlich oder schriftlich - durch die Nachsorgemitarbeiter informiert, eine<br />
Einrichtung durch die Projektbegleitende Expertenrunde, eine Einrichtung erfuhr<br />
durch eigene Nachfrage von dem Angebot und eine Einrichtungsleitung über eine<br />
andere Einrichtungsleitung (n = 14).<br />
In Übereinstimmung mit der Dokumentation <strong>des</strong> WZFP gaben insgesamt acht Einrichtungen<br />
an, das Supervisionsangebot in Anspruch genommen zu haben; dies entspricht<br />
jeder fünften Einrichtung, die im Projektzeitraum mit dem WZFP kooperierte. Drei<br />
Einrichtungen hatten keinen Supervisionsbedarf - in einem der Fälle hatte sich der<br />
Patient zum Zeitpunkt <strong>des</strong> Angebots schon sehr gut integriert. Zwei Einrichtungen<br />
hatten das Angebot aufgrund eigener Supervision nicht in Anspruch genommen: Eine<br />
Einrichtung sah die Begleitung durch den zuständigen Nachsorgemitarbeiter und die<br />
Fallkonferenzen als ausreichend an, <strong>für</strong> die andere Einrichtung wäre die Supervision<br />
zwar in Frage gekommen, die problematischen Beurlaubungen wurden allerdings abgebrochen.<br />
Im Interview verwies eine Nachsorgeeinrichtung, die das Supervisionsangebot<br />
<strong>des</strong> WZFP aufgrund bereits vorhandener Supervision nicht in Anspruch genommen<br />
hatte, auf mögliche Konflikte, die durch Sitzungen mit zwei verschiedenen SupervisorInnen<br />
zustande kommen könnten.<br />
Wie aus dem Interview mit einer/m durchführenden SupervisorIn hervorging, hatten<br />
die Nachsorgemitarbeiter einzelnen Einrichtungen die Inanspruchnahme von Supervisionssitzungen<br />
explizit empfohlen, andere Einrichtungen beantragten die Kostenübernahme<br />
aus eigener Initiative. Für die Durchführung von Supervisionssitzungen und<br />
deren Erfolg sei die Unterstützung <strong>des</strong> Vorhabens durch die jeweilige Einrichtungsleitung<br />
von entscheidender Bedeutung.<br />
Alle acht Einrichtungen, die das Angebot der Kostenübernahme von Supervisionen<br />
genutzt hatten, bewerteten es als (sehr) hilfreich. Im Zusammenhang mit der Bewertung<br />
der Veränderungen der Nachsorge in den letzten drei Jahren bedauerte eine Einrichtung,<br />
dass die „unabdingbar erforderlichen Mittel <strong>für</strong> Supervision“ seit dem Jahr<br />
2003 entfallen sind, was unter fachlichen Gesichtspunkten nicht zu verstehen sei. Die<br />
Einrichtung hält die Bereitstellung von Supervisionsmitteln <strong>für</strong> unverzichtbar, da forensische<br />
Patienten nicht nur aufgrund der Diagnostik, sondern auch in Bezug auf die<br />
fachliche Begleitung ungewöhnlich großen Raum in den Teams einnähmen. Auch von<br />
88
Seiten eines/r durchführenden SupervisorIn wurde bestätigt, dass die Einrichtungen<br />
generell Supervision benötigten - auch wenn die forensischen PatientInnen gut integriert<br />
seien und die Unterstützung der Einrichtungen in Krisensituationen gut funktioniere.<br />
Die Anzahl der im Rahmen <strong>des</strong> Modellprojekts bewilligten Sitzungen sei vor<br />
diesem Hintergrund nicht ausreichend gewesen, sodass die Supervision als flankierende<br />
Maßnahme lediglich als eine Art „Spritze“ <strong>für</strong> die Nachsorgeeinrichtungen fungieren<br />
konnte. Supervision könne jedoch neben Fortbildungsmaßnahmen nur als eine<br />
unterstützende Maßnahme dienen - ergänzend zu einer besseren Vorbereitung der<br />
Patienten auf den Übergang von einem weitgehend geschlossenen stationären Setting<br />
in eine Nachsorgeeinrichtung.<br />
4.6.2 4.6.2 Informations<br />
Informations- Informations und Fortbildungsveranstaltungen<br />
4.6.2.1 Bestandsaufnahme<br />
Informations- und Fortbildungsveranstaltungen bildeten einen wesentlichen Bestandteil<br />
der im Rahmen <strong>des</strong> Projekts „Ambulante Nachsorge“ vom WZFP durchgeführten<br />
Maßnahmen. Entsprechend der Projektkonzeption sollten sich diese Veranstaltungen<br />
an unterschiedliche Berufsgruppen wenden und jeweils aktuelle einrichtungs-, berufsgruppen-<br />
oder tätigkeitsbezogene Fortbildungsbedarfe aufgreifen. Wie bereits im Zusammenhang<br />
mit der Durchführung von Supervisionen und Runden Tischen erwähnt,<br />
wurde der Aufbau regionaler Nachsorgezentren, an denen auch Informations- und<br />
Fortbildungsveranstaltungen durchgeführt werden sollten, im Projektzeitraum zurückgestellt.<br />
Die Projektsteuerung war der Ansicht, dass sich eine „dezentrale und aktiv<br />
aufsuchende Organisationsform, in der Mitarbeiter in die Einrichtungen gehen“ (Sachbericht,<br />
2000, S. 15) als geeigneteres Modell erwiesen habe als die ursprüngliche Idee,<br />
die TeilnehmerInnen an einen zentralen Ort einzuladen. Betrachtet man die Orte, an<br />
denen Informations- und Fortbildungsveranstaltungen <strong>des</strong> WZFP bzw. externe Veranstaltungen<br />
unter Beteiligung von ReferentInnen aus dem WZFP stattgefunden haben,<br />
zeigt sich eine Verteilung über ganz Ostwestfalen, das Ruhrgebiet und das Münsterland.<br />
Aus den Projektunterlagen und vom WZFP zur Verfügung gestellten Dokumenten<br />
konnte entnommen werden, dass im Projektzeitraum 68 (dokumentierte) Veranstaltungen<br />
durchgeführt wurden. Zusätzlich sollen im Jahr 2000 weitere 45 einrichtungsbezogene<br />
Veranstaltungen stattgefunden haben, zu denen <strong>FOGS</strong> keine weiteren Angaben<br />
zu Datum, Inhalten und Teilnehmerkreis vorlagen. Bei den 68 Veranstaltungen handelte<br />
es sich sowohl um externe als auch interne Maßnahmen zur Fortbildung und Information,<br />
z.B. klinikinterne Projekttage. Zum Teil wurden die externen Veranstaltungen<br />
vom WZFP selbst organisiert und durchgeführt, zum Teil handelte es sich um Treffen<br />
externer Institutionen oder Gremien, an denen ReferentInnen <strong>des</strong> WZFP teilgenommen<br />
hatten.<br />
Ausgehend von o.g. 68 Veranstaltungen zeigte sich folgende Verteilung auf die drei<br />
Projektjahre: Im Jahr 2000 wurden 14 Veranstaltungen (20,6 %) durchgeführt, in 2001<br />
25 Veranstaltungen (36,8 %) und im Jahr 2002 wurden 28 Informations- und Fortbildungsveranstaltungen<br />
(41,2 %) durchgeführt. Eine weitere Veranstaltung (1,5 %) fiel in<br />
das Jahr 2003; sie wurde hier einbezogen, da sie Teil der im Projektzeitraum entwickelten<br />
Fortbildungsreihe „Frauen und Forensik“ war.<br />
89
Klassifizierung der Veranstaltungen<br />
Eine inhaltlich eindeutige Abgrenzung von Veranstaltungen mit dem Schwerpunkt<br />
Information und Vermittlung von Fortbildungsinhalten erwies sich sowohl <strong>für</strong> das<br />
WZFP als auch in der retrospektiven Betrachtung durch <strong>FOGS</strong> als äußerst schwierig.<br />
Einige Veranstaltungen fokussierten primär auf die Präsentation <strong>des</strong> Projekts „Ambulante<br />
Nachsorge“ und damit verbundener Maßnahmen in der Fachöffentlichkeit, andere<br />
Veranstaltungen dienten schwerpunktmäßig der Vermittlung forensikspezifischen<br />
(Fach-)Wissens. Nur wenige Veranstaltungen beschränkten sich auf einen der beiden<br />
Schwerpunkte. Hinzu kam, dass mit einigen Veranstaltungen auch akquisitorische Ziele<br />
verfolgt wurden. Darüber hinaus gab es zahlreiche Maßnahmen in Form von Besuchergruppen,<br />
die üblicherweise mit allgemeinen Informationen zum MRV und dem<br />
WZFP sowie einer Stationsbesichtigung und/oder einer Geländeführung verbunden<br />
waren.<br />
Vor diesem Hintergrund wird im Folgenden der Versuch unternommen, die durchgeführten<br />
Veranstaltungen zu klassifizieren, um den Überblick über die zahlreichen Aktivitäten<br />
zu erleichtern. Aus Tabelle 59 geht hervor, dass etwa zwei Fünftel der durchgeführten<br />
Veranstaltungen als Fortbildungsmaßnahmen i.e.S. bezeichnet werden können,<br />
d.h. sie beinhalteten neben einer Projektvorstellung auch patienten- bzw. behandlungsspezifische<br />
Inhalte. Dabei handelte es sich größtenteils um relativ kurze Veranstaltungen,<br />
die im Wesentlichen aus einem ein- bis zweistündigen Vortrag und ggf.<br />
einer anschließenden Diskussion bestanden.<br />
Tab. 59: Informations- und Fortbildungsveranstaltungen nach Veranstaltungsart (N = 68)<br />
Veranstaltungsart Anzahl Prozent<br />
Fortbildungsveranstaltungen 29 42,7<br />
Informationsveranstaltungen (v.a. Projektvorstellung) 21 30,9<br />
Besuchergruppen im WZFP 15 22,1<br />
interne Informationsveranstaltungen 3 4,4<br />
GESAMT 68 100,1<br />
Zielgruppen und Themen<br />
Bestandteil der Fortbildungsveranstaltungen i.e.S. war auch die Reihe „Frauen und Forensik“,<br />
die im Rahmen <strong>des</strong> Modellprojekts entwickelt und durchgeführt wurde. Dabei<br />
handelte es sich um ein Fortbildungsangebot ausschließlich <strong>für</strong> Mitarbeiterinnen<br />
komplementärer Einrichtungen und ambulanter Dienste, das aus - bisher - fünf Veranstaltungen<br />
in Bochum (12.09.2001), Bielefeld (10.10.2001), Münster (31.10.2001), Dortmund<br />
(09.10.2002) und Paderborn (19.02.2003) bestand. Vor dem Hintergrund der beruflichen<br />
Erfahrungen der drei Referentinnen als Frauen im MRV wurde eine Fortbildungsreihe<br />
entwickelt, in der „erstmals ein geschützter Raum <strong>für</strong> den Erfahrungsaustausch<br />
von Mitarbeiterinnen nachsorgender Einrichtungen angeboten wurde, die in<br />
ihrem beruflichen Handeln mit Übergriffen von männlichen Rehabilitanden konfrontiert<br />
sind“ (Sachbericht, 2001, S. 13). Die inhaltliche Konzeption der Veranstaltungsreihe<br />
umfasste Kurzvorträge der Referentinnen zu verschiedenen Themen mit anschließendem<br />
Raum <strong>für</strong> weitere Fragen und Diskussion. Ausgehend von der tiefenpsychologischen<br />
Interpretation <strong>des</strong> Märchens „Schneeweißchen und Rosenrot“ bildeten die<br />
Geschichte von Frauen in der Forensik, die Rehabilitationspraxis im WZFP und die<br />
Darstellung der sozio- und milieutherapeutischen Behandlung anhand eines Fallbei-<br />
90
spiels die inhaltlichen Schwerpunkte der Veranstaltungen. Mit diesem Angebot konnten<br />
insgesamt 63 Mitarbeiterinnen aus 21 verschiedenen Einrichtungen und Diensten29<br />
erreicht werden (vgl. Tab. 60).<br />
Ein weiteres gruppenspezifisches Fortbildungsangebot waren die Veranstaltungen <strong>für</strong><br />
niedergelassene PsychotherapeutInnen. Insgesamt waren drei Veranstaltungen in<br />
Dortmund (28.11.2001), Paderborn (29.11.2001) und Recklinghausen (02.07.2002) geplant<br />
- die Veranstaltung in Paderborn wurde jedoch aufgrund Mangels an Teilnehmer-<br />
Innen abgesagt. An den zwei stattgefundenen Veranstaltungen haben insgesamt zehn<br />
Personen30 teilgenommen. Die geringe Anzahl von TeilnehmerInnen erstaunt, vor allem<br />
im Hinblick auf die große Anzahl versandter Einladungen: Laut Akten wurden<br />
allein zu den Veranstaltungen in Dortmund und Paderborn 228 niedergelassene PsychotherapeutInnen<br />
schriftlich eingeladen. Der erforderliche Informations- und Fortbildungsbedarf<br />
wurde im Rahmen einer vom WZFP durchgeführten schriftlichen Befragung<br />
228 niedergelassener PsychotherapeutInnen ermittelt, deren Rücklaufquote<br />
47,5 % betrug. Die Ergebnisse dieser Befragung wiesen nach Ansicht <strong>des</strong> WZFP darauf<br />
hin, dass Fortbildungen ein geeignetes Mittel seien, „um die fachliche Bereitschaft der<br />
niedergelassenen Psychotherapeuten zur Mitwirkung bei der Nachsorge zu wecken“<br />
(vgl. Im Blickpunkt Rehabilitation und Nachsorge, 2/01).<br />
Speziell auf MitarbeiterInnen allgemeinpsychiatrischer Kliniken ausgerichtete Veranstaltungen<br />
fanden in Form von drei Workshops am 28.02.2001 und 10.12.2001 in<br />
Lippstadt-Eickelborn sowie am 02.07.2002 in Dortmund statt. Die Veranstaltungen<br />
richteten sich primär an allgemeinpsychiatrische Kliniken <strong>des</strong> LWL31 und befassten<br />
sich mit Problemen und Standards der Behandlung, Entlassungsvorbereitung, Lockerung<br />
und Nachsorge von Maßregelvollzugspatienten. Zur Vorbereitung <strong>des</strong> ersten<br />
Workshops wurden Anfang 2001 Fragebogen an allgemeinpsychiatrische Kliniken mit<br />
forensischen Patienten versandt, um deren Fortbildungs- und Unterstützungsbedarfe<br />
zu ermitteln. Von Seiten <strong>des</strong> WZFP wurde u.a. aufgrund der geringen Rücklaufquote<br />
keine Auswertung der Fragebogen vorgenommen. Auch der dritte Workshop sollte<br />
anhand der Ergebnisse eines Kurzfragebogens vorbereitet werden, der den Kliniken<br />
mit der Einladung im Mai 2002 zugesandt wurde. Zu Rücklauf und Ergebnissen der<br />
Befragung lagen <strong>FOGS</strong> keine Angaben oder Dokumente <strong>des</strong> WZFP vor. Auf Wunsch<br />
der TeilnehmerInnen <strong>des</strong> ersten Workshops erarbeitete das WZFP den „Leitfaden forensische<br />
Psychiatrie“, der auf dem zweiten Workshop vorgestellt und im Jahr 2002 an<br />
alle allgemeinpsychiatrischen Kliniken <strong>des</strong> LWL versandt wurde. Dabei handelt es sich<br />
um einen Leitfaden „bezüglich der formal zu berücksichtigenden Kriterien bei forensischen<br />
PatientInnen, die integriert in allgemeinpsychiatrischen Kliniken behandelt werden“.<br />
Betrachtet man die TeilnehmerInnen der Veranstaltungen insgesamt, finden sich folgende<br />
Gruppen, die mit den Fortbildungs- und Informationsveranstaltungen <strong>des</strong> WZFP<br />
erreicht werden konnten: 32<br />
� komplementäre Einrichtungen und ambulante Dienste<br />
29 Eine Einrichtung war bei zwei Veranstaltungen vertreten.<br />
30 Nicht zu den TeilnehmerInnen gezählt wurde die Psychiatriekoordinatorin, die eine der beiden Veranstaltungen<br />
moderierte.<br />
31 Zum Workshop am 28.02.2001 wurden auch die <strong>für</strong> die Kliniken zuständigen Strafvollstreckungskammern<br />
eingeladen.<br />
32 Die Reihenfolge der Aufzählung orientiert sich an der Häufigkeit der Teilnahme bestimmter Gruppen<br />
an Veranstaltungen <strong>des</strong> WZFP, d.h. am häufigsten waren MitarbeiterInnen komplementärer Einrichtungen<br />
und ambulanter Diensten vertreten.<br />
91
� allgemeinpsychiatrische Kliniken [ÄrztInnen, SozialarbeiterInnen/-pädagogInnen,<br />
Pflegepersonal, (Psycho-)TherapeutInnen]<br />
� psychosoziale Arbeitsgemeinschaften<br />
� Stellen der Justiz (BWH, FA, StVK)<br />
� Gesundheits- und Sozialämter, Psychiatriekoordinatoren, sozialpsychiatrische<br />
Dienste<br />
� regionale und überregionale Arbeitskreise/-gemeinschaften (u.a. Straffälligenhilfe,<br />
Tätertherapie)<br />
� (niedergelassene) PsychotherapeutInnen<br />
� StudentInnen (u.a. Fachbereiche Medizin, Sozialarbeit).<br />
Es wird deutlich, dass an den Veranstaltungen vorwiegend MitarbeiterInnen aus Einrichtungen<br />
der psychosozialen Versorgung und allgemeinpsychiatrischen Kliniken<br />
teilgenommen haben. Dabei handelt es sich sowohl um Institutionen, die bereits forensische<br />
PatientInnen aus dem WZFP betreut hatten, als auch um Institutionen, die als<br />
potentielle Kooperationspartner <strong>des</strong> WZFP in Frage kommen könnten. Einrichtungen,<br />
die bereits mit dem WZFP kooperierten, wurden hauptsächlich mittels Besuchergruppen<br />
erreicht.<br />
Auf Basis der Analyse von Protokollen, Aktenvermerken und schriftlichen Unterlagen<br />
zu den Fortbildungs- und Informationsveranstaltungen wurde folgende Liste von Themen<br />
erstellt, die im Rahmen der Veranstaltungen behandelt wurden:<br />
� PatientInnen, Behandlungsinhalte und Leistungen <strong>des</strong> WZFP<br />
� Rehabilitation und Nachsorge im WZFP<br />
� Vorstellung <strong>des</strong> Modellprojekts „Ambulante Nachsorge“<br />
� Kooperationsmöglichkeiten und Kooperationsschwierigkeiten<br />
� rechtliche Grundlagen <strong>des</strong> MRV, Novellierung <strong>des</strong> MRVG-NW<br />
� Störungsbilder forensischer PatientInnen (v.a. Persönlichkeitsstörungen)<br />
� Behandlungsverfahren <strong>für</strong> forensische PatientInnen<br />
� Handlungsempfehlungen <strong>für</strong> den Umgang mit forensischen PatientInnen<br />
� Krisen und Krisentypologien<br />
� Risiken, Risikominimierung, -kalkulation und Rückfallprophylaxe<br />
� Fallvorstellungen und Fallbesprechungen.<br />
Die ersten drei Themenpunkte - allgemeine Informationen zum WZFP und Vorstellung<br />
<strong>des</strong> Modellprojekts - waren typische Inhalte der Veranstaltungen, die als Informationsveranstaltungen<br />
klassifiziert wurden. Veranstaltungen mit dem Schwerpunkt Fortbildung<br />
widmeten sich dagegen eher den o.g. patienten-, störungs- und behandlungsbezogenen<br />
Inhalten. Diese Themenliste bildete auch die Grundlage <strong>für</strong> den Teil der<br />
schriftlichen Befragung von Veranstaltungsteilnehmern, in dem bewertet werden sollte,<br />
wie hilfreich die Vermittlung der einzelnen Inhalte <strong>für</strong> die eigene Tätigkeit war.<br />
92
4.6.2.2 Bewertung durch Nachsorgeeinrichtungen und FA/BWH<br />
36,4 % der im Projektzeitraum kooperierenden Nachsorgeeinrichtungen (n = 12) gaben<br />
an, im Projektzeitraum an einer Fortbildungs- oder Informationsveranstaltung <strong>des</strong><br />
WZFP teilgenommen zu haben, 63,6 % der Einrichtungen (n = 21) hatten an keiner<br />
Veranstaltung teilgenommen (n = 33). Neun Einrichtungen hatten das Informationsund<br />
Fortbildungsangebot nicht wahrgenommen, weil ihnen das Angebot nicht bekannt<br />
bzw. keine Einladung durch das WZFP erfolgt war. Je eine Einrichtung hatte aufgrund<br />
von Zeitmangel und einer zu großen Entfernung nach Eickelborn nicht teilgenommen,<br />
eine weitere Einrichtung hatte das WZFP im Rahmen von individuell abgesprochenen<br />
Terminen besucht.<br />
Angaben zur Zufriedenheit mit dem Angebot von Fortbildungs- und Informationsveranstaltungen<br />
machten zwölf Nachsorgeeinrichtungen: Sieben Einrichtungen (58,3 %)<br />
waren mit dem Angebot <strong>des</strong> WZFP (sehr) zufrieden, vier Einrichtungen (33,3 %) waren<br />
eher zufrieden und eine Einrichtung (8,3 %) war mit dem Angebot eher nicht zufrieden.<br />
Im Rahmen der schriftlichen Befragung wurde neben der Bewertung der Fortbildungsund<br />
Informationsveranstaltungen auch die Bewertung der Vermittlung von speziellem<br />
forensischen Wissen durch die Klinik insgesamt erhoben. Jeweils neun Nachsorgeeinrichtungen<br />
(30,0 %) waren mit der Vermittlung von forensikspezifischem Wissen durch<br />
das WZFP (sehr) zufrieden bzw. eher zufrieden. Elf Einrichtungen (36,7 %) waren eher<br />
nicht zufrieden und eine Nachsorgeeinrichtung (3,3 %) war mit der Wissensvermittlung<br />
durch die Klinik nicht zufrieden.<br />
Von den befragten Führungsaufsichts- und Bewährungshilfedienststellen gaben 18,5 %<br />
der MitarbeiterInnen (n = 5) an, an einer Informations- oder Fortbildungsveranstaltung<br />
<strong>des</strong> WZFP im Projektzeitraum teilgenommen zu haben (n = 27). Sechs MitarbeiterInnen<br />
der FA/BWH hatten nicht an Veranstaltungen <strong>des</strong> WZFP teilgenommen, weil ihnen<br />
das Angebot nicht bekannt bzw. keine Einladung erfolgt war - in einem Fall war<br />
einer Anmeldung keine Rückantwort gefolgt. Weitere Gründe <strong>für</strong> eine Nichtteilnahme<br />
waren: nicht vorhandener Bedarf (n = 3), Kooperationsschwierigkeiten (n = 2), Fortbildungen<br />
erfolgten auf anderen Fachgebieten (n = 1), Unabkömmlichkeit aus dienstlichen<br />
Gründen und erschöpftes Fortbildungskontingent (n = 1). Angaben zur Zufriedenheit<br />
mit dem Angebot machten sechs Befragte: Nur eine Person (16,7 %) war mit<br />
der angebotenen Veranstaltung (sehr) zufrieden, vier Personen (66,7 %) waren eher<br />
zufrieden und eine Person (16,7 %) war mit dem Angebot eher nicht zufrieden.<br />
Mit der Vermittlung von speziellem forensischen Wissen insgesamt war ein Großteil<br />
der befragten FA/BWH eher nicht zufrieden (n = 10, 45,5 %); weitere neun Personen<br />
(40,9 %) waren mit der Wissensvermittlung durch das WZFP eher zufrieden, drei Personen<br />
(13,6 %) waren (sehr) zufrieden. Hier zeigt sich ähnlich wie bei der Bewertung<br />
durch die Nachsorgeeinrichtungen ein Verbesserungsbedarf.<br />
4.6.2.3 Befragung von TeilnehmerInnen an Fortbildungsveranstaltungen<br />
Ergänzend zur Bewertung der vom WZFP angebotenen Fortbildungsmaßnahmen durch<br />
kooperierende Nachsorgeeinrichtungen und Stellen der FA/BWH, wurden die TeilnehmerInnen<br />
ausgewählter Informations- und Fortbildungsveranstaltungen befragt. In<br />
einem ersten Arbeitsschritt wurde in Abstimmung mit MitarbeiterInnen <strong>des</strong> WZFP<br />
eine Auswahl der zu evaluierenden Veranstaltungen getroffen. Maßgeben<strong>des</strong> Kriterium<br />
war, dass es sich bei den ausgewählten Veranstaltungen um Fortbildungen i.e.S. handelt,<br />
d.h. die Veranstaltung sollte nicht primär der Vorstellung <strong>des</strong> Projekts „Ambulante<br />
93
Nachsorge“ gedient haben. Ebenso wurden Informationsveranstaltungen in Form von<br />
Besuchergruppen im WZFP ausgeschlossen. Nachdem eine Vorauswahl getroffen war,<br />
wurde in einem zweiten Arbeitsschritt versucht, die Namen und Adressen der jeweiligen<br />
TeilnehmerInnen zu ermitteln. Dies erwies sich als problematisch, da nicht zu<br />
allen vom WZFP durchgeführten Veranstaltungen bzw. Veranstaltungen, an denen das<br />
WZFP beteiligt war, (verwertbare) Teilnehmerlisten vorlagen, sodass auch nach ausgiebigen<br />
Recherchen nicht alle TeilnehmerInnen ermittelt werden konnten. Diese<br />
Schwierigkeiten kamen nicht zuletzt dadurch zustande, dass es sich hier um eine retrospektive<br />
Untersuchung der Informations- und Fortbildungsmaßnahmen handelt. Aus<br />
den zunächst ausgewählten Veranstaltungen konnten schließlich 13 in die externe<br />
Evaluation einbezogen werden. Dies entspricht einem Anteil von 20,0 % der externen<br />
Fortbildungs- und Informationsveranstaltungen <strong>des</strong> WZFP.<br />
Tabelle 60 zeigt, um welche Veranstaltungen es sich im Einzelnen handelt, welche<br />
Personengruppen daran teilgenommen haben und wie viele der TeilnehmerInnen jeweils<br />
in die schriftliche Befragung einbezogen wurden. Insgesamt wurden 150 Fragebogen<br />
verschickt; Personen, die an mehreren der ausgewählten Veranstaltungen teilgenommen<br />
hatten, erhielten nur einen Fragebogen und wurden gebeten ein Gesamturteil<br />
abzugeben. Die Rücklaufquote der schriftlichen Befragung betrug 40,7 % (N = 61).<br />
Aufgrund der Tatsache, dass die Veranstaltungen zum Zeitpunkt der Befragung bis zu<br />
zweieinhalb Jahren zurücklagen, ist bei der Interpretation und Bewertung der Ergebnisse<br />
dieser Befragung eine gewisse Zurückhaltung geboten. Aus demselben Grund<br />
wurde auf detaillierte Fragen, die sich auf die Aspekte der Didaktik, Darstellung <strong>des</strong><br />
Themas und Einsatz von Medien etc. beziehen, verzichtet. Im Vordergrund stand vielmehr<br />
die Beantwortung der Frage, welche Relevanz die vermittelten Inhalte <strong>für</strong> die<br />
Arbeit mit forensischen PatientInnen besitzen und welche weiteren Fortbildungsbedarfe<br />
bestehen. Ein gänzlicher Verzicht auf die Evaluation der Fortbildungs- und Informationsveranstaltungen<br />
hätte bedeutet, einen wesentlichen Bestandteil der Projektmaßnahmen<br />
aus der externen Evaluation auszuschließen.<br />
94
Tab. 60: Evaluierte Fortbildungsveranstaltungen (N = 13)<br />
Datum Veranstaltung TeilnehmerInnen Anzahl*<br />
24.08.2000<br />
23.11.2000<br />
04.09.2001<br />
10.12.2001<br />
28.02.2002<br />
04.06.2002<br />
12.06.2002<br />
02.07.2002<br />
Fortbildungs- und Informationsveranstaltung<br />
in der WKPP Hemer<br />
Vortrag bei der Sondersitzung der<br />
Kreis-PSAG in Recklinghausen<br />
1. Fachkonferenz „Nachsorge“ in<br />
Bochum<br />
2. Workshop „Forensischpsychiatrische<br />
Patienten in den<br />
Kliniken <strong>des</strong> LWL“ in Lippstadt<br />
2. Fachkonferenz „Nachsorge“ in<br />
Bochum<br />
Fortbildung beim Regionalarbeitskreis<br />
„Betreutes Wohnen“ der Freien<br />
Träger Ostwestfalen in Geseke<br />
Fortbildung beim Team „Betreutes<br />
Wohnen“ <strong>des</strong> SKM Lippstadt<br />
3. Fortbildungsveranstaltung <strong>für</strong><br />
niedergelassene PsychotherapeutInnen<br />
in Recklinghausen<br />
Fortbildungsreihe „Frauen und Forensik“<br />
11 MitarbeiterInnen <strong>des</strong> Sozialdienstes<br />
der WKPP Hemer<br />
23 VertreterInnen von PSAG, Wohlfahrtsverbänden,<br />
Kliniken, Kreisämtern,<br />
Beratungsstellen, Angehörigengruppen,<br />
Kreistagsfraktionen, LWL etc.<br />
19 VertreterInnen von Kliniken, SpD,<br />
Kreisämtern, kompl. Einrichtungen,<br />
FA/BWH<br />
19 MitarbeiterInnen der allgemeinpsychiatrischen<br />
Kliniken <strong>des</strong> LWL und 3<br />
VertreterInnen <strong>des</strong> LWL<br />
24 VertreterInnen von WZFP, BWH/FA,<br />
Innere Mission Bochum, SpD, SKM,<br />
kompl. Einrichtungen<br />
17 Mitglieder <strong>des</strong> Regionalarbeitskreises<br />
„Betreutes Wohnen“<br />
11<br />
15<br />
17<br />
17<br />
19<br />
16<br />
4 MitarbeiterInnen <strong>des</strong> SKM Lippstadt 4<br />
7 VertreterInnen der Lan<strong>des</strong>arbeitsgemeinschaft<br />
„Tätertherapie“, AK „Sexualstraftäter“,<br />
komplementäre Einrichtungen,<br />
Psychiatriekoordinatorin<br />
12.09.2001 1. Veranstaltung in Bochum 11 MA aus 4 Einrichtungen 9<br />
10.10.2001 2. Veranstaltung in Bielefeld 9 MA aus 5 Einrichtungen 8<br />
31.10.2001 3. Veranstaltung in Münster 6 MA aus 3 Einrichtungen 6<br />
09.10.2002 4. Veranstaltung in Dortmund 17 MA aus 6 Einrichtungen 17<br />
19.02.2003 5. Veranstaltung in Paderborn 20 MA aus 4 Einrichtungen 20<br />
* Anzahl der Personen, die in die schriftliche Befragung einbezogen wurden. Die Zahlen weichen von<br />
der Anzahl der TeilnehmerInnen ab, wenn deren Namen oder Adressen nicht zu ermitteln waren, es<br />
sich um MitarbeiterInnen <strong>des</strong> WZFP, <strong>des</strong> LWL oder externe VeranstaltungsleiterInnen handelte.<br />
Von den Befragten gaben 28,3 % (n = 17) an, an weiteren Fortbildungs- oder Informationsveranstaltungen<br />
<strong>des</strong> WZFP, die nicht Gegenstand der schriftlichen Befragung waren,<br />
teilgenommen zu haben (n = 60). Zwei dieser Personen hatten an zwei der evaluierten<br />
Veranstaltungen teilgenommen, eine weitere Person sogar an drei.<br />
77,0 % der TeilnehmerInnen (n = 47) haben oder hatten in ihrer beruflichen Tätigkeit<br />
Kontakt mit forensischen PatientInnen. Über wie viele Jahre Erfahrung die Personen<br />
verfügten, zeigt Tabelle 61. Die restlichen 23,0 % der Befragten (n = 14) hatten - bisher<br />
- keinen professionellen Kontakt zu dieser Klientel. Dabei handelte es sich vorwiegend<br />
um Teilnehmerinnen der Veranstaltungsreihe „Frauen und Forensik“ (n = 5) sowie<br />
um Mitglieder der PSAG Recklinghausen (n = 4).<br />
6<br />
95
Tab. 61: Erfahrung der TeilnehmerInnen in der Arbeit mit forensischen PatientInnen (n = 47)<br />
Erfahrung Anzahl Prozent<br />
unter 2 Jahre 8 17,0<br />
2 - 5 Jahre 15 31,9<br />
5 - 10 Jahre 14 29,8<br />
über 10 Jahre 10 21,3<br />
GESAMT 47 100,0<br />
Bewertung der Veranstaltungsinhalte<br />
Auf Basis der o.g. Themenliste, wurden die TeilnehmerInnen darum gebeten zu bewerten,<br />
wie hilfreich die Vermittlung der verschiedenen Inhalte <strong>für</strong> ihre Tätigkeit war. Tabelle<br />
62 zeigt die jeweiligen Ergebnisse.<br />
Tab. 62: Bewertung einzelner Veranstaltungsinhalte im Hinblick auf die eigene Tätigkeit<br />
Thema<br />
PatientInnen, Behandlungsinhalte und<br />
Leistungen <strong>des</strong> WZFP (n = 42)*<br />
Rehabilitation und Nachsorge im<br />
WZFP (n = 51)<br />
Vorstellung <strong>des</strong> Modellprojekts „Ambulante<br />
Nachsorge“ (n = 42)<br />
Kooperationsmöglichkeiten, Kooperationsschwierigkeiten<br />
(n = 42)<br />
rechtliche Grundlagen, Novellierung<br />
<strong>des</strong> MRVG (n = 39)<br />
(sehr)<br />
hilfreich<br />
eher<br />
hilfreich<br />
eher nicht<br />
hilfreich<br />
überhaupt<br />
nicht hilfreich<br />
n % n % n % n %<br />
9 21,4 28 66,7 5 11,9 - -<br />
14 27,5 29 56,9 7 13,7 1 2,0<br />
7 16,7 29 69,0 6 14,3 - -<br />
11 26,2 21 50,0 9 21,4 1 2,4<br />
5 12,8 21 53,8 9 23,1 4 10,3<br />
Störungsbilder (n = 35) 12 34,3 17 48,6 5 14,3 1 2,9<br />
Behandlungsverfahren <strong>für</strong> forensische<br />
PatientInnen (n = 34)<br />
Handlungsempfehlungen <strong>für</strong> den Umgang<br />
mit forensischen PatientInnen<br />
(n = 45)<br />
8 23,5 21 61,8 5 14,7 - -<br />
20 44,4 23 51,1 2 4,4 - -<br />
Krisen und Krisentypologien (n = 34) 11 32,4 16 47,1 7 20,6 - -<br />
Risiken, Risikokalkulation, Risikominimierung,<br />
Rückfallprophylaxe<br />
(n = 44)<br />
Fallvorstellung, Fallbesprechung<br />
(n = 27)<br />
11 25,0 25 56,8 6 13,6 2 4,5<br />
8 29,6 14 51,9 5 18,5 - -<br />
* Die Anzahl der Angaben (n) unterscheidet sich, da nicht je<strong>des</strong> Thema in jeder Veranstaltung behandelt<br />
wurde, in einem solchen Fall konnte die Alternative „war kein Thema“ angekreuzt werden.<br />
Den Angaben der TeilnehmerInnen zufolge wurden in den Veranstaltungen am häufigsten<br />
die Themen Rehabilitation und Nachsorge im WZFP, Handlungsempfehlungen<br />
<strong>für</strong> den Umgang mit forensischen PatientInnen und das Thema Risiko bzw. Rückfall<br />
besprochen. Am seltensten standen Fallvorstellungen oder Fallbesprechungen auf der<br />
Tagesordnung. Die Vermittlung von Empfehlungen zum Umgang mit forensischen<br />
PatientInnen wurde von den Befragten insgesamt am hilfreichsten <strong>für</strong> die eigene Tätigkeit<br />
empfunden. Auch allgemeinere Informationen über PatientInnen und Behand-<br />
96
lungsinhalte <strong>des</strong> WZFP sowie die Vorstellung <strong>des</strong> Modellprojekts „Ambulante Nachsorge“<br />
wurden von 88,1 % bzw. 85,7 % der Befragten als (sehr) hilfreich oder eher hilfreich<br />
bewertet. Die Vermittlung von Kenntnissen zu Behandlungsverfahren <strong>für</strong> forensische<br />
PatientInnen wurde von 85,4 % der TeilnehmerInnen als (sehr) hilfreich oder eher<br />
hilfreich bewertet und steht damit an vierter Stelle der hilfreichsten Themen. Am wenigsten<br />
Hilfe <strong>für</strong> die eigene Tätigkeit boten Informationen zu rechtlichen Grundlagen<br />
<strong>des</strong> MRV und zur Novellierung <strong>des</strong> MRVG-NW; doch auch diese Inhalte wurden noch<br />
von über drei Fünftel der Befragten als (sehr) hilfreich oder eher hilfreich bewertet.<br />
Die Zufriedenheit mit der Vermittlung der Inhalte durch den/die ReferentInnen war<br />
ebenfalls hoch: 45,5 % (n = 25) waren damit (sehr) zufrieden, 47,3 % (n = 26) eher zufrieden<br />
und nur 7,3 % (n = 4) waren mit der Vermittlung der Inhalte eher nicht zufrieden<br />
(n = 55). Auch mit den organisatorischen Rahmenbedingungen der Veranstaltung<br />
bestand insgesamt nur wenig Unzufriedenheit: 39,6 % (n = 21) waren damit (sehr) zufrieden,<br />
50,9 % (n = 27) eher zufrieden und 9,4 % (n = 5) waren mit den organisatorischen<br />
Rahmenbedingungen eher nicht zufrieden (n = 53).<br />
Tabelle 63 zeigt, in welchem Ausmaß es gelungen ist, die TeilnehmerInnen an das<br />
Thema Forensik hinzuführen und welchen Einfluss die Veranstaltungsinhalte auf die<br />
Tätigkeit der Befragten hatten. Für rund drei Viertel der Befragten traf es voll oder eher<br />
zu, dass sie durch die Veranstaltungen neue forensikbezogene Erkenntnisse gewonnen<br />
hatten. Dies galt gleichermaßen <strong>für</strong> Personen mit beruflichem Kontakt zu forensischen<br />
Patienten und Personen ohne beruflichem Kontakt zu dieser Klientel. Bei knapp zwei<br />
Drittel der Befragten konnte(n) die besuchte(n) Veranstaltung(en) das Interesse am<br />
Thema Forensik wecken bzw. stärken. Auch hier gab es keinen Unterschied zwischen<br />
Personen mit bzw. ohne Erfahrung im Umgang mit forensischen PatientInnen.<br />
In der Bewertung der Relevanz der Inhalte <strong>für</strong> die eigene Tätigkeit unterschieden sich<br />
diese beiden Personengruppen allerdings deutlich: Für 80,5 % der Personen mit professionellem<br />
Kontakt zu forensischen Patienten (n = 37) traf es voll oder eher zu, dass<br />
die Inhalte relevant <strong>für</strong> die eigene Tätigkeit waren, dagegen nur <strong>für</strong> 40,0 % der Personen<br />
ohne Kontakt zu forensischen Patienten (n = 4). Etwas über der Hälfte der Befragten,<br />
die mit forensischer Klientel arbeiteten (n = 24), gelang es, die vermittelten Inhalte<br />
im Rahmen ihrer praktischen Tätigkeit umzusetzen. Dies traf nur <strong>für</strong> einen Befragten<br />
zu, der nicht mit forensischen Patienten arbeitete (10,0 %). Auch der Einfluss der vermittelten<br />
Kenntnisse auf die eigene Arbeit war bei den im Umgang mit forensischer<br />
Klientel erfahrenen Personen deutlicher: Bei rund zwei Drittel (n = 27) traf es voll oder<br />
eher zu, dass die vermittelten Kenntnisse die Arbeit beeinflusst haben, aber nur bei<br />
einem Fünftel der Personen, die nicht mit forensischer Klientel arbeiteten (n = 2).<br />
97
Tab. 63: Bewertung der Veranstaltungsinhalte insgesamt<br />
Item<br />
Durch die Veranstaltung habe ich neue<br />
auf die Forensik bezogene Erkenntnisse<br />
gewonnen. (n = 56)*<br />
Die Veranstaltung hat mein Interesse am<br />
Thema Forensik geweckt bzw. verstärkt.<br />
(n = 56)<br />
Die Inhalte der Veranstaltung waren relevant<br />
<strong>für</strong> meine Tätigkeit. (n = 56)<br />
Ich konnte die vermittelten Inhalte im<br />
Rahmen meiner Tätigkeit praktisch umsetzen.<br />
(n = 54)<br />
Die vermittelten Kenntnisse haben meine<br />
Arbeit beeinflusst. (n = 52)<br />
trifft<br />
voll zu<br />
trifft<br />
eher zu<br />
trifft eher<br />
nicht zu<br />
trifft<br />
überhaupt<br />
nicht zu<br />
n % n % n % n %<br />
21 37,5 20 35,7 14 25,0 1 1,8<br />
12 21,4 25 44,6 13 23,2 6 10,7<br />
21 37,5 20 35,7 14 25,0 1 1,8<br />
11 20,4 14 25,9 19 35,2 10 18,5<br />
11 21,2 18 34,6 17 32,7 6 11,5<br />
* Die Anzahl der Angaben (n) unterscheidet sich, da auch die Alternative „kann ich nicht beurteilen“<br />
angekreuzt werden konnte, die nicht in diese Auswertung einbezogen wurde.<br />
Für insgesamt 32,0 % der Befragten (n = 16) war es voll zutreffend, dass es im Rahmen<br />
der Veranstaltungen ausreichend Raum zum Erfahrungs- bzw. fachlichen Austausch<br />
gab. Weitere 44,0 % (n = 22) stimmten dieser Aussage eher zu, 18,0 % (n = 9) eher nicht<br />
und 6,0 % (n = 3) überhaupt nicht. Daraus kann <strong>für</strong> min<strong>des</strong>tens ein Viertel der TeilnehmerInnen<br />
auf einen höheren Bedarf an fachlichem Austausch geschlossen werden,<br />
und zwar tendenziell eher bei Personen, die keine Erfahrung mit forensischen Patienten<br />
haben. Insgesamt wurde dieses Item von 50 Personen bewertet.<br />
Bewertung der Fortbildungsreihe „Frauen und Forensik“<br />
Fünf der 13 von <strong>FOGS</strong> evaluierten Fortbildungsveranstaltungen (38,5 %) waren Teil der<br />
Reihe „Frauen und Forensik“; dazu lagen 27 Fragebogen von insgesamt 60 befragten<br />
Teilnehmerinnen vor (45,0 %). Betrachtet man nur die Veranstaltungen der Reihe<br />
„Frauen und Forensik“, zeigt sich bei den befragten Teilnehmerinnen eine hohe Zufriedenheit<br />
mit der Vermittlung der Inhalte durch die Referentinnen: Alle Befragten<br />
waren damit (sehr) zufrieden oder eher zufrieden (n = 25). Mit den organisatorischen<br />
Rahmenbedingungen waren 92,5 % der befragten Teilnehmerinnen (n = 25) (sehr) zufrieden<br />
oder eher zufrieden (n = 27). Bezüglich der Vermittlung neuer auf die Forensik<br />
bezogener Erkenntnisse und der Verstärkung <strong>des</strong> Interesses <strong>für</strong> das Thema Forensik<br />
wurden die Veranstaltungen der Reihe „Frauen und Forensik“ etwas besser bewertet<br />
als die übrigen evaluierten Veranstaltungen. Der Raum <strong>für</strong> Erfahrungs- bzw. fachlichen<br />
Austausch wurde dagegen als weniger ausreichend angesehen als bei den übrigen Veranstaltungen.<br />
Diese Unterschiede waren jedoch nicht statistisch bedeutsam.<br />
Im Anschluss an die Veranstaltungen „Frauen und Forensik“ in Bielefeld, Münster,<br />
Dortmund und Paderborn wurden von den Referentinnen <strong>des</strong> WZFP eigene Fragebogen<br />
zur Bewertung der Fortbildung verteilt. Die erste Veranstaltung in Bochum wurde<br />
vom WZFP nicht evaluiert. Bei dem eingesetzten Instrument handelte es sich um einen<br />
Fragebogen, der sechs geschlossene und zwei offene Fragen beinhaltete; zwei der<br />
geschlossenen Fragen wurden <strong>für</strong> die fünfte Veranstaltung in Paderborn modifiziert.<br />
Insgesamt lagen zu den vier Veranstaltungen 51 ausgefüllte Fragebogen vor, die von<br />
<strong>FOGS</strong> eingegeben und ausgewertet wurden. Tabelle 64 zeigt, dass fast alle Teilnehme-<br />
98
innen durch die Seminare neue Erkenntnisse bzw. Anregungen <strong>für</strong> sich persönlich<br />
und <strong>für</strong> die eigene tägliche Arbeit gewonnen haben.<br />
Tab. 64: Bewertung der Reihe „Frauen und Forensik“ I<br />
Item<br />
Haben Sie durch dieses Seminar neue Erkenntnisse<br />
gewonnen? (n = 34)*<br />
Haben Sie durch dieses Seminar Anregungen <strong>für</strong> Ihre<br />
tägliche Arbeit gewonnen? (n = 17)**<br />
Haben Sie durch diese Veranstaltung Anregungen <strong>für</strong><br />
sich persönlich gewonnen? (n = 17)**<br />
* Diese Frage wurde nur in Bielefeld, Münster und Dortmund gestellt.<br />
** Diese Frage wurde nur in Paderborn gestellt.<br />
Ja Nein<br />
Anzahl Prozent Anzahl Prozent<br />
32 94,1 2 5,9<br />
15 88,2 2 11,8<br />
16 94,1 1 5,9<br />
Rund 40 % der Teilnehmerinnen (n = 20) waren der Ansicht, dass das Seminar (sehr)<br />
viel Raum <strong>für</strong> gemeinsame Reflexion und kooperativen Austausch bot, <strong>für</strong> rund 37 %<br />
(n = 19) lag die verfügbare Zeit <strong>für</strong> Reflexion im mittleren Bereich. Immerhin fast ein<br />
Viertel der Teilnehmerinnen (n = 12) war der Meinung, dass die Zeit <strong>für</strong> gemeinsame<br />
Reflexion und Austausch (viel) zu gering war. Tabelle 65 zeigt die Bewertungen im<br />
Einzelnen.<br />
Tab. 65: Bewertung der Reihe „Frauen und Forensik“ II<br />
Wie viel Raum gab es <strong>für</strong> gemeinsame Reflexion<br />
und kooperativen Austausch?<br />
Anzahl Prozent<br />
sehr viel 2 3,9<br />
viel 18 35,3<br />
mittel 19 37,3<br />
zu wenig 8 15,7<br />
viel zu wenig 4 7,8<br />
GESAMT 51 100,0<br />
Die didaktische Gestaltung <strong>des</strong> Seminars bewerteten alle 34 Teilnehmerinnen als praxisnah<br />
und theoretisch - diese Frage wurde nur in Bielefeld, Dortmund und Münster<br />
gestellt. Keine Teilnehmerin bewertete das Seminar als ausschließlich praxisfern oder<br />
ausschließlich theoretisch. Auch die Vermittlung der Lerninhalte durch die Dozentinnen<br />
wurde bis auf zwei Ausnahmen als (sehr) gut bewertet. Tabelle 66 zeigt die Verteilung<br />
der einzelnen Antworten. Der Bewertung lag eine fünfstufige Skala mit den Polen<br />
sehr gut und nicht gut zugrunde; zur Veranschaulichung wurden den dazwischenliegenden<br />
Zahlenwerten inhaltliche Bewertungen zugeordnet.<br />
99
Tab. 66: Bewertung der Reihe „Frauen und Forensik“ III<br />
Die Vermittlung der Lerninhalte durch die<br />
Dozentinnen war insgesamt...<br />
Anzahl Prozent<br />
sehr gut 17 33,3<br />
gut 32 62,7<br />
befriedigend 2 3,9<br />
GESAMT 51 100,0<br />
Die Rahmenbedingungen der Veranstaltung wurden anhand der Aspekte Räumlichkeiten,<br />
Mobiliar und Arbeitsmittel bewertet. Wie Tabelle 67 zeigt bestand auch mit den<br />
äußeren Bedingungen eine durchweg hohe Zufriedenheit. Bei einem Vergleich der<br />
Veranstaltungsorte zeigte sich, dass die negative Bewertung der Räumlichkeiten zu<br />
88,9 % (n = 8) von Teilnehmerinnen der Veranstaltung in Paderborn abgegeben wurden.<br />
Nur eine weitere Teilnehmerin der Veranstaltung in Bielefeld war der Ansicht,<br />
dass die Räumlichkeiten nicht genug Platz zum Arbeiten boten.<br />
Tab. 67: Bewertung der Reihe „Frauen und Forensik“ IV<br />
Item<br />
Ja Nein<br />
Anzahl Prozent Anzahl Prozent<br />
Die Räumlichkeiten boten genug Platz zum Arbeiten. 36 80,0 9 20,0<br />
Das Mobiliar war okay. 43 95,6 2 4,4<br />
Die eingesetzten Arbeitmittel waren okay. 46 100,0 0 0,0<br />
28,0 % der Teilnehmerinnen (n = 14) waren mit dem Seminar „Frauen und Forensik“<br />
sehr zufrieden, 54,0 % der Teilnehmerinnen (n = 27) waren mit dem Seminar zufrieden.<br />
Weitere neun Befragte (18,0 %) wählten auf der fünfstufigen Skala mit den Polen sehr<br />
zufrieden und nicht zufrieden die mittlere Antwortkategorie, die einer neutralen Bewertung<br />
entspricht.<br />
Auf die offene Frage „Was war Ihnen an diesem Seminar besonders wichtig?“ antworteten<br />
insgesamt 40 Teilnehmerinnen (78,4 %). Die einzelnen Nennungen konnten folgenden<br />
Themenkomplexen zugeordnet werden, die den Befragten besonders wichtig<br />
waren:<br />
� allgemeine Information, Aufklärung, neue Erkenntnisse (n = 21)<br />
� konkrete Anweisungen <strong>für</strong> den Umgang mit forensischen Patienten, v.a. in Form<br />
der „Gebrauchsanweisung <strong>für</strong> Bären“ (n = 17)<br />
� Berichte (von Frauen) aus der Praxis (n = 12)<br />
� interinstitutioneller Austausch (n = 7).<br />
Die Frage „Was würden Sie ändern?“ beantworteten insgesamt 25 Teilnehmerinnen<br />
(49,0 %). Zwölf Frauen (48,0 %) wünschten sich mehr Zeit <strong>für</strong> einen intensiveren Austausch<br />
und eine tiefergehende Bearbeitung einzelner Themen und Fragen. Zwei Personen<br />
(8,0 %) kritisierten dagegen, dass der vereinbarte Zeitrahmen ausgedehnt wurde.<br />
Positiv hervorgehoben wurde insgesamt mehrfach die Betonung der weiblichen Perspektive<br />
sowie der Beitrag der Veranstaltung zum besseren Verständnis <strong>des</strong> Verhaltens<br />
forensischer Patienten. In angenehmer und vor allem offener Atmosphäre bestand die<br />
Möglichkeit, eigene Ängste auszusprechen.<br />
100
Weitere Informations- und Fortbildungsbedarfe<br />
Zahlreiche TeilnehmerInnen der Fortbildungsveranstaltungen - auch der Reihe „Frauen<br />
und Forensik“ - hätten sich (zusätzliches) Informationsmaterial zu den vermittelten<br />
Themen gewünscht. Einige Personen äußerten einen Bedarf an Literaturauszügen bzw.<br />
-empfehlungen oder Handouts/Skripten zum jeweiligen Thema. Darüber hinaus wurden<br />
Handlungsempfehlungen, Informationen zu Risiken und Rückfallprophylaxe, Fallbeispiele<br />
und (aktuelle) Informationen zum Modellprojekt „Ambulante Nachsorge“ genannt.<br />
Die Frage nach weiteren Fortbildungsbedarfen ergab, dass sich rund zwei Drittel der<br />
Befragten (n = 37) zusätzliche Veranstaltungen <strong>des</strong> WZFP zum Thema Forensik<br />
wünschten (n = 56). Auch Teilnehmerinnen der Reihe „Frauen und Forensik“ äußerten<br />
ihr Interesse an zusätzlichen Veranstaltungen. Weiterer Fortbildungsbedarf bestand<br />
dabei vor allem bei Personen, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Kontakt zu<br />
forensischen PatientInnen haben oder hatten (70,5 %). Bei Personen ohne professionellen<br />
Kontakt zu dieser Klientel wünschte sich immerhin die Hälfte weitere Fortbildungs-<br />
oder Informationsveranstaltungen. Insgesamt betrachtet äußerten die Befragten<br />
Interesse an folgenden Themen:<br />
� Umgang mit speziellen Patientengruppen - v.a. PatientInnen mit Persönlichkeitsstörungen<br />
und Sexualstraftäter (n = 7)<br />
� Behandlungsmaßnahmen, Umgang im Alltag und in Krisen (n = 7)<br />
� Kooperationsmöglichkeiten und -formen (n = 5)<br />
� Rehabilitation und Nachsorge (n = 4)<br />
� rechtliche Grundlagen (n = 3)<br />
� Sicherheit, Lockerung, Rückfall (n = 3).<br />
Der Bedarf an Fortbildungsangeboten und Informationen über Sexualstraftäter wurde<br />
auch in der schriftlichen Befragung der FA und BWH deutlich. Vorschläge, die von<br />
einzelnen TeilnehmerInnen auf die Frage nach weiteren Anmerkungen geäußert wurden,<br />
waren: Supervisionsgruppen <strong>für</strong> BetreuerInnen forensischer PatientInnen, stärkere<br />
Berücksichtigung soziotherapeutischer Aspekte, Durchführung regelmäßige, längerer,<br />
und intensiverer Fortbildungen sowie die Durchführung „echter Fallkonferenzen“ in<br />
den Kommunen, mit Beratung durch das WZFP. Im Zusammenhang mit der Veranstaltungsreihe<br />
„Frauen und Forensik“ wünschten sich die Teilnehmerinnen: die Vertiefung<br />
der Thematik Überleitung forensischer PatientInnen in Nachsorgeeinrichtungen und<br />
damit einhergehender Probleme, Anweisungen zur Gesprächsführung, gemeinsame<br />
Rollenspiele sowie ähnliche Vorträge nur <strong>für</strong> Männer bzw. Männer und Frauen nachsorgender<br />
Einrichtungen.<br />
Kritisiert wurde in zwei Fällen der zu geringe zeitliche Umfang der Veranstaltungen, in<br />
einem anderen Fall wurde der angegebene zeitliche Rahmen der Veranstaltung überschritten,<br />
sodass die Teilnehmerin nicht an der anschließenden Diskussion teilnehmen<br />
konnte. Eine Person, die an mehreren Veranstaltungen <strong>des</strong> WZFP teilgenommen<br />
hatte, bewertete das inhaltliche Niveau der Veranstaltungen als niedrig und kritisierte,<br />
dass die angekündigte Kooperation und nachhaltige Vernetzung nicht vorhanden seien.<br />
Zwei weitere Personen äußerten ihre Unzufriedenheit darüber, dass man - trotz<br />
eigener Anfrage - keine Informationen über Fortbildungsveranstaltungen <strong>des</strong> WZFP<br />
erhalte.<br />
101
Sechs der befragten TeilnehmerInnen (9,8 %) hoben die Methodik und Didaktik der<br />
Fortbildungsveranstaltungen positiv hervor, die Vorträge der (Nachsorge-)Mitarbeiter-<br />
Innen <strong>des</strong> WZFP wurden u.a. als interessant, „besonders lebendig und mutmachend“<br />
sowie „praxisnah und plastisch“ beschrieben.<br />
5 ZUSAMMENFASSUNG ZUSAMMENFASSUNG UND UND SCHLUSSFOLGERUNGEN<br />
SCHLUSSFOLGERUNGEN<br />
SCHLUSSFOLGERUNGEN<br />
Das Modellprojekt „Ambulante Nachsorge“ wurde vom <strong>Westfälischen</strong> Zentrum <strong>für</strong> <strong>Forensische</strong><br />
Psychiatrie Lippstadt (WZFP) in der Zeit von Dezember 1999 bis Dezember<br />
2002 durchgeführt. Projektziel war die Schaffung bedarfsgerechter Nachsorgestrukturen<br />
und -maßnahmen <strong>für</strong> ehemals gem. § 63 StGB untergebrachte PatientInnen. Im<br />
Vordergrund standen dabei die Herstellung von Kontinuität im Wiedereingliederungsprozess,<br />
die Erweiterung von Betreuungs- und Behandlungsangeboten sowie die Optimierung<br />
der Betreuungs- und Behandlungsqualität. Der Fokus der externen Evaluation<br />
richtete sich auf drei Projektbereiche: den Verlauf der Rehabilitation und Nachsorge,<br />
die Kooperation mit externen Stellen und fallbezogene Zusammenarbeit sowie auf<br />
flankierende Maßnahmen, u.a. Supervision, Informations- und Fortbildungsmaßnahmen.<br />
Verlauf der Rehabilitation und Nachsorge<br />
Die sieben Nachsorgemitarbeiter <strong>des</strong> WZFP betreuten im Projektzeitraum insgesamt<br />
69 PatientInnen - 28 beurlaubte, 35 entlassene und sechs sonstige -, die hinsichtlich<br />
relevanter soziodemographischer Merkmale als typische PatientInnen <strong>des</strong> Maßregelvollzugs<br />
bezeichnet werden können. Bei zwei Drittel der PatientInnen erfolgte die Unterbringung<br />
im Maßregelvollzug aufgrund einer Straftat gegen das Leben. Drei Viertel<br />
der PatientInnen waren zum ersten Mal gem. § 63 StGB untergebracht. Bei rund zwei<br />
Fünftel der PatientInnen lag als Hauptdiagnose eine Persönlichkeitsstörung vor, bei<br />
knapp zwei Drittel eine schizophrene Erkrankung und bei knapp einem Fünftel eine<br />
Intelligenzminderung; insgesamt wies etwa ein Drittel der PatientInnen eine begleitende<br />
Suchterkrankung auf.<br />
Zu Beginn der Langzeitbeurlaubung waren die 28 im Projektzeitraum beurlaubten PatientInnen<br />
im Mittel 10,2 Jahre (Median = 10,1) untergebracht, die Hälfte der PatientInnen<br />
befand sich zu diesem Zeitpunkt bereits über zehn Jahre im Maßregelvollzug.<br />
Alle PatientInnen lebten bei Urlaubsbeginn in einem professionell betreuten - vorwiegend<br />
stationären - Umfeld. Bei rund einem Drittel der PatientInnen kam es aufgrund<br />
von Schwierigkeiten während der Langzeitbeurlaubung zu Urlaubsunterbrechungen,<br />
bei einem Viertel der PatientInnen musste die Langzeitbeurlaubung im Projektzeitraum<br />
abgebrochen und der Patient ins WZFP zurückgeholt werden.<br />
Bis auf vier Ausnahmen waren alle 35 im Projektzeitraum entlassenen PatientInnen<br />
vor ihrer Entlassung langzeitbeurlaubt, im Mittel 1,4 Jahre. Die Beurlaubungen erfolgten<br />
ebenfalls ausnahmslos in ein professionell betreutes Umfeld, vorwiegend stationäre<br />
Einrichtungen. Bis auf einen Patienten wurden alle PatientInnen in das Beurlaubungssetting<br />
entlassen; dies bedeutet, dass bis zur Entlassung einer/s PatientIn meist bereits<br />
eine ein- bis eineinhalbjährige Kooperation <strong>des</strong> WZFP mit der Nachsorgeeinrichtung<br />
besteht. Die PatientInnen waren bis zur Entlassung im Mittel 8,3 Jahre (Median = 7,3)<br />
untergebracht, knapp ein Viertel bereits über zehn Jahre. Bei fast allen PatientInnen<br />
102
erfolgte die Aussetzung der Unterbringung zur Bewährung. Drei Viertel der PatientInnen<br />
lebten nach der Entlassung in einem Wohnheim, ein Viertel lebte allein, gemeinsam<br />
mit der (Ehe-)Partnerin oder bei der Familie - davon rund die Hälfte im Rahmen<br />
von Betreutem Wohnen. Zum Projektende waren die PatientInnen im Mittel 1,8 Jahre<br />
entlassen, bei einem Patienten musste die Bewährung im Projektzeitraum widerrufen<br />
werden.<br />
Drei der beurlaubten und vier der entlassenen PatientInnen wurden im Projektzeitraum<br />
im Rahmen psychotherapeutischer Nachsorge durch die forensischpsychiatrische<br />
Kontaktstelle <strong>des</strong> WZFP in Bochum betreut. Bei allen Patienten wurde<br />
als Hauptdiagnose eine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert. Bei einem Patienten endete<br />
die psychotherapeutische Nachsorge mit dem Abbruch der Beurlaubung, bei einem<br />
anderen mit dem Bewährungswiderruf. Es waren keine weiteren Fälle bekannt, in<br />
denen PatientInnen <strong>des</strong> Modellprojekts ambulant psychotherapeutisch - z.B. durch<br />
niedergelassene PsychotherapeutInnen - behandelt wurden.<br />
Die Nachsorgemitarbeiter wendeten - wie die Tätigkeitsdokumentation zeigte - sowohl<br />
<strong>für</strong> beurlaubte als auch <strong>für</strong> entlassene PatientInnen den größten Teil ihrer Betreuungszeit<br />
<strong>für</strong> Gespräche mit dem externen Behandlungsteam auf. Bei beurlaubten PatientInnen<br />
nahm darüber hinaus die Akquisition von Betreuungsangeboten einen Großteil<br />
der Zeit in Anspruch, bei entlassenen PatientInnen trat die Koordination komplementärer<br />
Dienste in den Vordergrund. Gespräche mit den PatientInnen zählten in beiden<br />
Gruppen zu den drei zeitaufwendigsten Tätigkeiten im Rahmen der Nachsorge,<br />
jeweils dicht gefolgt von externen Fallbesprechungen.<br />
Mit der Erarbeitung und Implementation der „Abteilungsübergreifenden Rahmenrichtlinien<br />
zur Wiedereingliederungs- und Nachsorgeplanung im WZFP Lippstadt“ (Ortlieb,<br />
2002) ist es dem WZFP gelungen, das Procedere der Rehabilitation und Nachsorge<br />
klinikintern zu vereinheitlichen. Die bisherigen abteilungsspezifischen Standards wurden<br />
dadurch zu einer verbindlichen abteilungsübergreifenden Ablauforganisation, die<br />
zu Kontinuität und Transparenz <strong>des</strong> gesamten Procederes - nach innen und außen -<br />
beiträgt.<br />
Kooperation mit Nachsorgeeinrichtungen, Führungsaufsicht und Bewährungshilfe<br />
Das WZFP kooperierte im Projektzeitraum mit 40 Nachsorgeeinrichtungen, rund die<br />
Hälfte Dauerwohnheime. Knapp die Hälfte der Einrichtungen hatte im Projektzeitraum<br />
die/den erste/n PatientIn aus dem WZFP aufgenommen, d.h. mit 15 Einrichtungen<br />
konnte im Rahmen <strong>des</strong> Projekts eine Zusammenarbeit entwickelt werden. Ein Fünftel<br />
der Einrichtungen sammelte im Projektzeitraum erstmals Erfahrungen mit forensischer<br />
Klientel überhaupt. Die Einrichtungen haben im Mittel bereits drei PatientInnen direkt<br />
aus dem WZFP übernommen, zwei Fünftel der Einrichtungen haben in dem dreijährigen<br />
Projektzeitraum mehr als eine/n bis zu fünf entlassene und/oder beurlaubte PatientInnen<br />
aus dem WZFP betreut. Die Bereitschaft, in einem dreijährigen Zeitraum<br />
mehrere forensische PatientInnen aus dem WZFP aufzunehmen, zeugt von positiven<br />
Erfahrungen in der Kooperation und mit der Überleitung bzw. Betreuung der PatientInnen<br />
durch die Nachsorgemitarbeiter.<br />
Die Erfahrungen dieses Projekts bestätigen, dass <strong>für</strong> die Betreuung beurlaubter und<br />
entlassener PatientInnen aus dem Maßregelvollzug keine auf die Nachsorge forensischer<br />
PatientInnen spezialisierten Einrichtungen erforderlich sind. Die Ergebnisse der<br />
Evaluation durch <strong>FOGS</strong> stimmen diesbezüglich mit den Erfahrungen von Seifert und<br />
Schiffer (2002) sowie - <strong>für</strong> Niedersachsen - von Pozsár (2001) überein.<br />
103
Rund drei Fünftel der kooperierenden Einrichtungen hatten anfangs Bedenken bezüglich<br />
der Aufnahme forensischer PatientInnen, die vorwiegend aus patienten- und deliktbezogenen<br />
Ängsten resultierten. Die anfänglichen Bedenken konnten weitestgehend<br />
zerstreut werden, vor allem durch die begleitende Unterstützung <strong>des</strong> WZFP und<br />
den persönlichen Kontakt zur Klientel. Dennoch schließt fast die Hälfte der kooperierenden<br />
Einrichtungen bestimmte Patientengruppen, vor allem Sexualstraftäter, aus der<br />
Nachsorge aus, weitere Einrichtungen treten bei diesbezüglichen Aufnahmeanfragen<br />
in einen intensivierten Entscheidungsprozess ein.<br />
Ingesamt war auf Seiten der Nachsorgeeinrichtungen eine hohe Zufriedenheit mit dem<br />
Überleitungsprozess von PatientInnen festzustellen, wie er von den Nachsorgemitarbeitern<br />
gestaltet wird. Diese positive Bewertung der Bemühungen der zuständigen MitarbeiterInnen<br />
wurde in den Interviews mit den Einrichtungen bekräftigt. Das Procedere<br />
der Rehabilitation und Nachsorge <strong>des</strong> WZFP wird als einheitlich und transparent angesehen<br />
und trägt zu mehr Sicherheit auf Einrichtungsseite bei.<br />
Auch mit der Unterstützung durch das WZFP in Krisensituationen während der Beurlaubung<br />
und nach der Entlassung besteht insgesamt eine hohe Zufriedenheit der<br />
Nachsorgeeinrichtungen, die damit im Projektzeitraum Erfahrungen gemacht haben.<br />
Dabei steht <strong>für</strong> die Einrichtungen eine unbürokratische und zeitnahe Wiederaufnahme<br />
im WZFP mit geregelten Zuständigkeiten im Vordergrund. Es ist zu berücksichtigen,<br />
dass viele Einrichtungen von krisenhaften Vorfällen während der Beurlaubung berichten<br />
und damit den Maßnahmen zur Krisenintervention und einer engen Abstimmung<br />
zwischen den Beteiligten eine hohe Bedeutung zukommt. Weiterer Unterstützungsbedarf<br />
in Krisen wurde insgesamt allerdings nur wenig geäußert.<br />
Als nicht ausreichend wird die bisherige Information der im Projektzeitraum kooperierenden<br />
Nachsorgeeinrichtungen bezüglich <strong>des</strong> „Orientierungsleitfadens zu forensischen<br />
PatientInnen <strong>für</strong> MitarbeiterInnen der psychosozialen Versorgung“ erachtet: Der<br />
Leitfaden war nur einem Drittel der Einrichtungen bekannt, die im Projektzeitraum<br />
PatientInnen aufgenommen hatten. Die Einrichtungen, die den Leitfaden kannten,<br />
bewerteten ihn jedoch als hilfreich.<br />
Die Befragten von Führungsaufsicht (FA) und Bewährungshilfe (BWH) waren sowohl<br />
mit der Information im Rahmen von Beurlaubungen und Entlassungen als auch mit<br />
der frühzeitigen Kontaktaufnahme <strong>des</strong> WZFP und anderer forensischer Einrichtungen<br />
zu den an der Nachsorge beteiligten Institutionen zufrieden. Die Information zu Beginn<br />
einer anstehenden Beurlaubung und die Übersendung der Stellungnahmen der<br />
Klink zur Entlassung haben sich aus Sicht der Befragten seit 1999 verbessert. Wenig<br />
Zufriedenheit bestand dagegen mit der Information der FA und BWH über Anhörungstermine<br />
von PatientInnen durch die zuständigen Strafvollstreckungskammern. Insgesamt<br />
wurden von Seiten der Stellen der Justiz nur wenig Vorschläge zur Verbesserung<br />
der Kooperation mit dem WZFP genannt. Es zeigte sich jedoch ein Bedarf an (zusätzlichen)<br />
institutionsübergreifenden Besprechungen und wechselseitigem Austausch.<br />
Schlussfolgerungen zur Kooperation mit Nachsorgeeinrichtungen, Führungsaufsicht<br />
und Bewährungshilfe<br />
� Die erzielte Kontinuität im Procedere der Rehabilitation, Überleitung und Nachsorge<br />
sollte gefestigt und beibehalten werden, ebenso die Bereitstellung ausführlicher<br />
Unterlagen über die PatientInnen - <strong>für</strong> Nachsorgeeinrichtungen und Stellen<br />
der Justiz.<br />
104
� Es sollte verstärkt auf einen frühzeitigen Einbezug externer Stellen in die gemeinsame<br />
Behandlungs- und Rehabilitationsplanung der Klinik geachtet werden - insbesondere<br />
in der Planung vor und während einer Langzeitbeurlaubung.<br />
� Die zuständigen Strafvollstreckungskammern sollten Führungsaufsicht und Bewährungshilfe<br />
rechtzeitig über Anhörungstermine forensischer PatientInnen informieren.<br />
� Es sollte generell auf eine ausführliche und gezielte Information aller kooperierenden<br />
Nachsorgeeinrichtungen geachtet werden; der Orientierungsleitfaden muss<br />
stärker zugänglich und bekannt gemacht werden, da er eine wichtige Orientierungshilfe<br />
<strong>für</strong> Einrichtungen, die PatientInnen betreuen, und Information <strong>für</strong> Einrichtungen,<br />
die noch keine PatientInnen betreuen, bieten kann. Außerdem sollte<br />
das Konzept der regionalisierten Nachsorge den Einrichtungen gegenüber verdeutlicht<br />
werden.<br />
� Das Procedere einer Wiederaufnahme im WZFP im Krisenfall während einer Beurlaubung<br />
sollte verbessert werden, insbesondere die Zuständigkeiten in der Klinik<br />
und die Ansprechpartner; gleichzeitig ist auf eine enge Einbindung der Einrichtungen<br />
in die Entscheidung zur Rückführung zu achten.<br />
� Den Nachsorgeeinrichtungen gegenüber muss stärker verdeutlicht werden, ob und<br />
unter welchen Bedingungen eine Wiederaufnahme nach einer Entlassung möglich<br />
ist und welche Rolle der Allgemeinpsychiatrie vor Ort zukommt.<br />
� Nach der Entlassung sollte das WFZP bei Fragen auch weiterhin als Ansprechpartner<br />
<strong>für</strong> die Nachsorgeeinrichtungen und die betreuenden Bewährungshelfer-<br />
Innen zur Verfügung stehen.<br />
Bezüglich <strong>des</strong> Anforderungsprofils der Gestaltung der Überleitung und der Betreuung<br />
von PatientInnen in der Nachsorge kann auf den von Dimmek und Bargfrede (1996, S.<br />
125) im vorausgegangenen Modellprojekt beschriebenen Grundpfeilern weiter gebaut<br />
werden:<br />
1. ein umfassender und frühzeitiger Informationstransfer von der Klinik zu den beteiligten<br />
Stellen<br />
2. eine gleichermaßen verbindliche wie transparente Klärung der Zuständigkeiten<br />
3. eine eindeutige Verfahrensregel bei krisenhaften Verläufen.<br />
Fallbezogene Kooperation<br />
Im Rahmen der externen Evaluation sollte überprüft werden, in welchem Umfang die<br />
zur Sicherstellung einer bedarfsgerechten Nachsorge eingesetzten Instrumente Runder<br />
Tisch (RT) und Gesamthilfeplanung nach Entlassung umgesetzt werden konnten. Runde<br />
Tische - unter Beteiligung <strong>des</strong> WZFP - wurden <strong>für</strong> jede/n fünfte/n im Projektzeitraum<br />
entlassene/n PatientIn durchgeführt. Der erste RT fand im Mittel zehn Monate<br />
nach der Entlassung statt, weitere RT wurden in einem durchschnittlichen Abstand<br />
von einem halben Jahr durchgeführt. Im Projektzeitraum wurden die RT vorwiegend<br />
von den Nachsorgemitarbeitern einberufen, teilgenommen haben im Mittel sieben<br />
Personen. Die Einrichtungen, die auf Runde Tische zurückgegriffen hatten, bewerteten<br />
sie sehr positiv. Insgesamt hat sich gezeigt, dass Runde Tische ein geeignetes Instrument<br />
zur fallbezogenen Kooperation verschiedener Stellen und zur Absprache relevanter<br />
Maßnahmen sind - nicht nur in Krisenfällen.<br />
105
Das Instrument Gesamthilfeplanung nach Entlassung wurde im Projektzeitraum in<br />
einem eher geringem Maß umgesetzt: Etwas mehr als ein Viertel aller Einrichtungen,<br />
die entlassene PatientInnen betreuten, haben Gesamthilfeplanungen nach Entlassung<br />
durchgeführt - von diesen Einrichtungen wurde die Gesamthilfeplanung als hilfreich<br />
bewertet.<br />
Im Zusammenhang mit der fallbezogenen Kooperation stellt sich v.a. auf Seiten der<br />
Einrichtungen und Stellen der Justiz die Frage der Zuständigkeit bzw. Fallverantwortlichkeit<br />
<strong>für</strong> die PatientInnen. Einem Viertel der Befragten aus Führungsaufsicht und<br />
Bewährungshilfe ist die Fallverantwortlichkeit <strong>für</strong> die PatientInnen nach einer Entlassung<br />
eher unklar. Rund 38 % der Befragten votierten <strong>für</strong> die Übernahme der Fallverantwortlichkeit<br />
nach der Entlassung durch die FA/BWH, 29 % waren der Meinung, die<br />
Nachsorgeeinrichtungen sollten die Fallverantwortlichkeit übernehmen. Die Befragung<br />
der FA/BWH weist darauf hin, dass aus Sicht dieser Stellen der wechselseitige Austausch<br />
noch nicht ausreichend institutionalisiert ist; auch bei der Abstimmung der<br />
Beteiligten beim Krisenmanagement lässt sich weiterer Verbesserungsbedarf erkennen.<br />
Aus Sicht der Nachsorgeeinrichtungen sind die Verantwortlichkeiten während der Beurlaubung<br />
klarer als nach der Entlassung einer/s PatientIn. Während der Beurlaubung<br />
sorgt die eindeutige Zuständigkeit eines Nachsorgemitarbeiters und <strong>des</strong>sen hohe Kontaktfrequenz<br />
zu PatientIn und Nachsorgeeinrichtung <strong>für</strong> Transparenz und Sicherheit -<br />
dies wird von den Einrichtungen positiv bewertet. Die Ergebnisse der Befragungen<br />
weisen darauf hin, dass die Situation nach der Entlassung weniger klar und nicht ausreichend<br />
geregelt ist, v.a. in Bezug auf die Einberufung Runder Tische. Auch wenn<br />
nach einer Entlassung alle Beteiligten <strong>für</strong> eine enge Kooperation und einen regelmäßigen<br />
Informationsaustausch verantwortlich sind, sollte die Federführung bei einer Stelle<br />
liegen, um Kontinuität in der Begleitung der/s PatientIn sicherzustellen. Durch eine<br />
enge fallbezogene Kooperation können Krisen verhindert oder angemessen bewältigt<br />
werden.<br />
Schlussfolgerungen zur fallbezogenen Kooperation<br />
� Die verbindliche Klärung, wer nach der Entlassung <strong>für</strong> die PatientInnen zuständig<br />
ist, ist unbedingt erforderlich - insbesondere <strong>für</strong> die Einberufung Runder Tische.<br />
Auch wenn eine Institution die Fallverantwortlichkeit übernimmt, sind alle weiteren<br />
Institutionen mitverantwortlich und sollten die anderen Stellen - insbesondere<br />
in Krisen - über wichtige Veränderungen und Planungen informieren.<br />
� Die unterschiedlichen Sichtweisen der verschiedenen Helfergruppen sollten respektiert<br />
werden und sich ergänzen, trotzdem sollte versucht werden, eine „gemeinsame<br />
Sprache“ zu sprechen und ein gewisses Maß an Fachwissen über die zu<br />
betreuende Klientel sicherzustellen - insbesondere bei der Betreuung von Sexualstraftätern<br />
und PatientInnen mit Persönlichkeitsstörungen.<br />
� Wenn Führungsaufsicht und Bewährungshilfe bereits während einer Beurlaubung<br />
in der Betreuung der PatientInnen aktiv werden wollen - was als sinnvoll erachtet<br />
wird -, muss da<strong>für</strong> eine rechtliche Grundlage geschaffen werden. Führungsaufsicht<br />
und Bewährungshilfe sollten bis dahin - auf freiwilliger Basis - möglichst frühzeitig<br />
in die Betreuung der PatientInnen eingebunden werden oder zumin<strong>des</strong>t rechtzeitig<br />
darüber informiert werden.<br />
� Es ist eine eindeutige Definition <strong>des</strong> Begriffs Runder Tisch i.S.e. Abgrenzung zu<br />
anderen fallbezogenen und einrichtungsübergreifenden Gremien erforderlich; diese<br />
Begrifflichkeit sollte sowohl innerhalb der Klinik als auch in der Kooperation<br />
mit externen Stellen verdeutlicht werden.<br />
106
� Die Teilnahme der PatientInnen am Runden Tisch sollte gefördert werden, um<br />
getroffenen Absprachen zuzustimmen. Neben MitarbeiterInnen der betreuenden<br />
Einrichtung sollte nach der Entlassung die/der betreuende BewährungshelferIn<br />
immer am Runden Tisch anwesend sein; ggf. kann auch der Einbezug von Angehörigen<br />
sinnvoll sein.<br />
� Der erste Runde Tisch sollte deutlich früher als zehn Monate nach einer Entlassung<br />
einberufen werden, v.a. wenn sich die beteiligten Helfer nicht bereits im<br />
Rahmen einer Gesamthilfeplanung nach Entlassung abgestimmt haben. Ein rechtzeitiges<br />
Kennenlernen der Beteiligten und eine frühzeitige Abstimmung über die<br />
Kommunikationswege und das Vorgehen in Krisensituationen ist unabdingbar.<br />
� Es sollte geklärt werden, welche Rolle Gesamthilfeplanungen nach Entlassung<br />
neben den Runden Tischen einnehmen, eventuell ist eine Kombination beider Instrumente<br />
möglich; auch hier sollte geklärt werden, wer die Federführung besitzt.<br />
Die Durchführung von Gesamthilfeplanung nach Entlassung könnte insgesamt<br />
verstärkt angeboten werden.<br />
Flankierende Maßnahmen<br />
Im Projektzeitraum wurden vom WZFP zehn Kostenübernahmen <strong>für</strong> acht Patienten in<br />
acht Einrichtungen bewilligt, in denen ein spezifischer Bedarf aufgrund von Schwierigkeiten<br />
im Betreuungsverlauf vorlag. Das Supervisionsangebot wurde damit von jeder<br />
fünften Einrichtung in Anspruch genommen, die im Projektzeitraum eine/n entlassene/n<br />
oder beurlaubte/n PatientIn betreute. Rund die Hälfte der im Projektzeitraum<br />
kooperierenden Einrichtungen war - in den meisten Fällen durch die Nachsorgemitarbeiter<br />
- über das Supervisionsangebot informiert. Die Supervisionssitzungen wurden<br />
von den Nachsorgeeinrichtungen als sehr hilfreich eingeschätzt und von zahlreichen<br />
Einrichtungen ausdrücklich gewünscht. Supervisionsmaßnahmen können zur Erschließung<br />
von Behandlungsangeboten im Rahmen der Beurlaubung/Entlassung dienen<br />
und vorhandene Ängste und Unsicherheiten im Umgang mit forensischen PatientInnen<br />
abbauen. Dieser Effekt ist vor dem Hintergrund, dass in der Mehrheit der Einrichtungen<br />
anfängliche Bedenken bzgl. der Betreuung forensischer PatientInnen bestanden,<br />
besonders hoch zu bewerten. Nach einer Aufnahme der/s PatientIn, trägt Supervision<br />
zur Unterstützung der MitarbeiterInnen bei der Durchführung einer fachgerechten<br />
Betreuung bei. Entgegen der ursprünglichen Planungen wurde im Rahmen <strong>des</strong><br />
Projekts keine Kostenübernahme von Supervisionssitzungen <strong>für</strong> niedergelassene PsychotherapeutInnen<br />
oder BewährungshelferInnen angeboten.<br />
Das WZFP führte im Projektzeitraum 68 (dokumentierte) Fortbildungs- oder Informationsveranstaltungen<br />
durch. Die Veranstaltungen wurden nur zum Teil vom WZFP<br />
selbst initiiert, zum Teil handelte es sich um Treffen externer Institutionen oder Gremien,<br />
an denen ReferentInnen <strong>des</strong> WZFP beteiligt waren. Etwa ein Drittel der kooperierenden<br />
Einrichtungen und knapp ein Fünftel der Befragten von Führungsaufsicht<br />
und Bewährungshilfe hat an Fortbildungs- oder Informationsveranstaltungen teilgenommen<br />
- dementsprechend konnten die Veranstaltungen nur von einer begrenzten<br />
Zahl von Kooperationspartnern beurteilt werden. Die Ergebnisse weisen damit auf einen<br />
relativ geringen Bekanntheitsgrad der verschiedenen Veranstaltungen und Informationsangebote<br />
hin.<br />
Die zu den Fortbildungs- und Informationsveranstaltungen befragten TeilnehmerInnen<br />
waren mit den besuchten Veranstaltungen im Ganzen zufrieden, besonders die Veranstaltungsreihe<br />
„Frauen und Forensik“ erzielte eine sehr gute Resonanz und sehr positive<br />
Bewertungen. Weniger Zufriedenheit bestand aus Sicht der Einrichtungen sowie der<br />
107
Führungsaufsicht und Bewährungshilfe mit der Vermittlung von speziellem forensischen<br />
Wissen durch das WZFP insgesamt. Aus Sicht der kooperierenden Einrichtungen<br />
besteht diesbezüglich ein Entwicklungsbedarf, der mit Sicherheit auch auf die zum<br />
Teil mangelhafte Informationsvermittlung insgesamt zurückgeführt werden kann.<br />
Nach Ansicht der Nachsorgeeinrichtungen erhöhen flankierende Maßnahmen der<br />
Fortbildung, Information und vor allem Supervision die Mitversorgungsbereitschaft,<br />
darüber hinaus könnten intensive(re) Kontakte, Besuche und Hospitationen auch zur<br />
Verbesserung der Kooperation mit dem WZFP insgesamt beitragen. Es besteht eindeutig<br />
ein weiterer Fortbildungsbedarf bzw. eine Fortbildungsbereitschaft, zwei Drittel der<br />
Personen, die an einer Veranstaltung teilgenommen hatten, wünschen sich weitere<br />
Veranstaltungen.<br />
Aufgrund der sehr geringen Resonanz niedergelassener PsychotherapeutInnen auf das<br />
Fortbildungsangebot sollte überdacht werden, ob dies vor dem Hintergrund einer generell<br />
geringen Kooperationsbereitschaft tatsächlich einen geeigneten Weg darstellt, diese<br />
Personengruppe anzusprechen. In der vom WZFP durchgeführten Befragung gaben<br />
große Teile niedergelassener PsychotherapeutInnen an, keine Bereitschaft zur Mitarbeit<br />
zu besitzen. Eventuell könnte die gezielte Kontaktaufnahme zu einzelnen prinzipiell<br />
kooperationsbereiten PsychotherapeutInnen im Rahmen der Akquisition von Behandlungsangeboten<br />
das Mittel der Wahl sein; zusätzlich sollten bestehende Kooperationen<br />
gefördert und unterstützt werden, erfahrene PsychotherapeutInnen könnten<br />
darüber hinaus als Multiplikatoren fungieren. Wie ursprünglich geplant, hätten auch<br />
niedergelassene PsychotherapeutInnen über das Supervisionsangebot informiert werden<br />
sollen; Supervision bei der Behandlung forensischer PatientInnen wurde von dieser<br />
Berufsgruppe in der Befragung <strong>des</strong> WZFP ausdrücklich gewünscht. Der Fonds Psychotherapie,<br />
der zur Vorfinanzierung von Psychotherapien mit ausstehender Kostenklärung<br />
eingerichtet wurde, wurde im gesamten Projektzeitraum nur einmal in Anspruch<br />
genommen. Der Fonds erwies sich - entgegen der Vorannahmen der Projektsteuerung<br />
- nicht als geeignetes Mittel zur verstärkten Durchführung ambulanter<br />
Psychotherapien <strong>für</strong> forensische PatientInnen durch niedergelassene Psychotherapeuten.<br />
Schlussfolgerungen zu flankierenden Maßnahmen<br />
� Supervision sollte <strong>für</strong> alle Nachsorgeeinrichtungen, die beurlaubte oder entlassene<br />
forensische PatientInnen betreuen, Standard sein.<br />
� Fortbildungs- und Informationsveranstaltungen müssen bedarfs- und adressatengerecht<br />
gestaltet werden. Dabei ist zu beachten, ob der Veranstaltungsschwerpunkt<br />
auf Akquisition und Information oder auf der Qualifizierung von MitarbeiterInnen<br />
liegt. Unterschiede zwischen Personen mit und ohne Erfahrung in der Betreuung<br />
forensischer PatientInnen müssen berücksichtigt werden, da sie andere Bedarfe<br />
haben.<br />
� Folgende Fortbildungsthemen haben aus Sicht der befragten externen Kooperationspartner<br />
einen hohen Stellenwert: Umgang mit forensischen PatientInnen (unterschiedlicher<br />
Störungsgruppen), Behandlungsverfahren, Störungsbilder - insbesondere<br />
Persönlichkeitsstörungen - und Sexualstraftäter.<br />
� Vor allem bei Veranstaltungen mit dem Schwerpunkt Akquisition könnten mit der<br />
Betreuung forensischer PatientInnen erfahrene Einrichtungen als Multiplikatoren<br />
eingebunden werden.<br />
108
� Es sollten mehr - ggf. einrichtungsübergreifende - Fortbildungsangebote <strong>für</strong> Nachsorgeeinrichtungen<br />
durchgeführt werden, die bereits PatientInnen aus dem WZFP<br />
betreuen; diese Angebote sollten über Besuchergruppen hinausgehen bzw. diese<br />
ergänzen. Die Veranstaltungsreihe „Frauen und Forensik“ sollte fortgesetzt werden.<br />
Bei den Veranstaltungen sollte auf ausreichend Raum zum Erfahrungsaustausch<br />
geachtet und evtl. zusätzliches Informationsmaterial angeboten werden.<br />
� Über Fortbildungs- und Informationsveranstaltungen sollte gezielt und rechtzeitig<br />
informiert werden - zumin<strong>des</strong>t sollten alle kooperierenden Einrichtungen eingeladen<br />
werden.<br />
� Bei der Ermittlung von Fortbildungsbedarfen sollte auf eine kurze, standardisierte<br />
schriftliche Erhebung geachtet werden; um den Rücklauf zu erhöhen, sollte auf offene<br />
Fragen weitgehend verzichtet werden, evtl. könnten bereits Themenvorschläge<br />
zur Auswahl stehen.<br />
� Die praktische Umsetzung <strong>des</strong> Wissens in der Betreuung forensischer PatientInnen<br />
sollte unterstützt werden, evtl. durch fallbezogene Besprechung von Schwierigkeiten<br />
im Rahmen von mehrteiligen Veranstaltungsreihen.<br />
� Der Bedarf an ambulanter Psychotherapie <strong>für</strong> beurlaubte und entlassene Patienten<br />
- außerhalb der psychotherapeutischen Nachsorge durch die forensischpsychiatrische<br />
Kontaktstelle in Bochum - blieb unklar, im Modellprojekt wurden<br />
keine Bemühungen zur Erschließung ambulanter psychotherapeutischer Behandlungsplätze<br />
deutlich.<br />
109
LITERATUR<br />
LITERATUR<br />
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Bargfrede, H. (1999). Enthospitalisierung forensisch-psychiatrischer Langzeitpatienten<br />
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