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AKV-Berufsgruppen - Altkalksburger Vereinigung

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„SPOT ON“<br />

In unserer neuen Rubrik „Spot on“ sprechen wir mit <strong>AKV</strong>-Mitgliedern<br />

in bedeutenden Positionen. Dabei interessieren uns private wie berufliche<br />

Motive, und das "Geheimnis ihres Erfolges".<br />

„Ich habe keinen Fernseher. Man glaubt nicht,<br />

wieviel Zeit man sich dadurch spart!“<br />

Interview mit<br />

Hans-Jörg Schmiedmayer<br />

(MJ 78)<br />

Professor für Experimentalphysik an<br />

der TU-Wien. Davor Professor unter<br />

anderem an der Universität Heidelberg<br />

und der Peking Universität in Beijing.<br />

Ausgezeichnet unter anderem mit dem<br />

European Optics Prize 1996 und dem<br />

Wittgenstein-Preis 2006.<br />

Auf welche Deiner Erfolge bist Du besonders<br />

stolz?<br />

Dass ich mit meinem Leben doch sehr<br />

zufrieden sein kann. Erstens, beruflich<br />

habe ich viel erreicht, obwohl ich mich nie<br />

krampfhaft darum gekümmert hab'. Die<br />

Dinge haben sich einfach ergeben. Ich bin<br />

den 'Weg des geringsten Widerstands'<br />

gegangen.<br />

Aber es war doch Arbeit?<br />

Was heißt Arbeit? Wenn etwas interessiert,<br />

dann beschäftigt man sich damit,<br />

dann ist es egal, ob das zwei Stunden in<br />

der Woche sind oder 80 Stunden. Wenn<br />

Arbeit etwas ist, das man dann tut, wenn<br />

es von jemand anderem aufgetragen wird -<br />

dann vielleicht habe ich nie gearbeitet. Ich<br />

habe immer versucht, Dinge zu machen,<br />

die ich mir selbst aufgetragen habe, die ich<br />

selbst machen wollte.<br />

Hast Du Karriere gemacht, oder bist Du in<br />

Deinem Beruf Ihrem Herzen gefolgt?<br />

Ja, ich hab einfach die Dinge gemacht, die<br />

ich für richtig gefunden hab' und habe<br />

mich nie darum gekümmert, ob das jetzt<br />

irgendetwas Positives oder Negatives für<br />

meine Karriere bringt oder so. Das war mir<br />

wurscht. (...) Natürlich muss man sich einsetzen,<br />

das ist vollkommen klar. Ein<br />

Athlet, muss auch trainieren. Aber er<br />

macht das, weil er etwas erreichen will<br />

und nicht, weil es ihm jemand aufträgt. Ich<br />

glaube, das ist das Wichtige: Man muss<br />

einfach zu sich selbst ehrlich sein; genau<br />

die Sachen machen, die man wirklich will.<br />

Glaubst Du, dass man eine gesellschaftliche<br />

Verantwortung hat, wenn man in eine<br />

Führungsposition kommt?<br />

Sicherlich hat man das. Aber die gesellschaftliche<br />

Verantwortung äußert sich<br />

zum Großteil darin, dass man auch dann<br />

immer die Sachen anspricht, die Dinge tut,<br />

die man für richtig hält, und sich nicht<br />

danach richtet, „was will denn eigentlich<br />

ein anderer von mir“.<br />

Welche Rolle spielen ignatianische Werte in<br />

Deinem Leben und inwiefern hast Du diese<br />

an Deine Studenten oder Mitmenschen weitergegeben?<br />

Ich denke, was wir in Kalksburg gelernt<br />

haben, oder einfach was uns die<br />

jüdisch/christliche Kultur lehrt, ist eine<br />

bestimmte Art und Weise, Menschen zu<br />

akzeptieren und zu respektieren. Ob dies<br />

mit irgendeinem Namen verbunden ist -<br />

das sehe ich nicht so eng. Wir haben dies<br />

eben mitgekriegt im „spirit“ der Schule.<br />

Ich denke, das ist etwas sehr Wichtiges:<br />

Man muss Menschen als Menschen akzeptieren<br />

und nicht als Nummern sehen. Und<br />

das ist etwas, was man sicherlich auch mitgeben<br />

soll, ja weitergeben muss.<br />

Und etwas anderes, was ich z.B. meinen<br />

Studenten mitzugeben versuche, ist,<br />

dass man genau zwischen dem trennen<br />

muss, was persönliche Beziehungen sind<br />

und dem, was fachlich ist, mit unserer<br />

intellektuellen Arbeit zu tun hat. Ich habe<br />

immer von den Leuten, mit denen ich mich<br />

persönlich sehr gut verstanden habe, ein<br />

Mehrfaches verlangt, im Vergleich zu<br />

jenen, mit denen ich mich nicht so gut verstanden<br />

hab'.(...) Das Umgekehrte wäre<br />

für mich absolut falsch: Sozusagen jemanden<br />

für irgendetwas zu engagieren, nur<br />

<strong>Altkalksburger</strong> Rundschreiben | Seite 8<br />

weil ich ihn persönlich kenne. Ich glaube<br />

das ist der Weg ins Abseits.<br />

Gibt es in der Gesellschaft eine Entwicklung<br />

zur Definition über den Beruf? Es gibt doch<br />

auch ein Privatleben - wie auch immer man<br />

dies gestalten möchte. Wird das Privatleben<br />

im Vergleich zum Beruf immer mühsamer<br />

gemanaged?<br />

Man muss viel investieren, um irgendwo<br />

hinzukommen. Das ist klar. Aber ich glaube,<br />

man muss auch immer die Balance für<br />

beides finden. Ich denke, dass die Definition<br />

über den Beruf oft auch deswegen<br />

stattfindet, weil es das andere, das Private<br />

nicht so richtig gibt.<br />

Und umgekehrt: Es ist natürlich klar,<br />

dass man sich sein Privatleben, die<br />

Freunde, die private Umgebung auch nach<br />

seinen eigenen Bedürfnissen aussucht, z.B<br />

einen sehr ähnlichen intellektuellen<br />

Lebensstil. Dann ist es viel einfacher, die<br />

Balance zu finden. Ich glaube, es ist ein<br />

großes Problem, wenn ganz verschiedene<br />

Lebensstile aufeinander prallen, und diese<br />

quer durch die Kulturen gehen (...)<br />

Privatleben ist für mich nicht, am Sonntag<br />

zu Hause vor dem Fernseher zu sitzen. Ich<br />

habe gar keinen Fernseher. Man glaubt<br />

nicht, wieviel Zeit man sich dadurch spart!<br />

Es ist der eigene Entschluss eines jeden,<br />

welche Dinge man macht, wo man seine<br />

Zeit investiert. Wenn es jemanden interessiert,<br />

irgendeine Fernsehshow anzuschauen,<br />

dann soll er die Fernsehshow anschauen.<br />

Ich würd's schad' um die Zeit finden.<br />

Um Deine Zeit?<br />

Ja. Für mich ist es eine extrem schlecht<br />

genutzte private Zeit. Es ist eine Zeit, die<br />

man genauso gut in einer Einzelzelle sitzen<br />

könnte. Das sind Lebensentscheidungen,

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