Katharina Serafimova - Lusenti Partners
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auf Rendite verzichten zu müssen. Die Strategien lassen<br />
sich auch beliebig kombinieren. Da ist es jedem Investor<br />
selbst überlassen, welche nachhaltige Strategie<br />
am besten zu seiner Anlagephilosophie passt.<br />
Bresch: Ich will ebenfalls eine Lanze brechen für den<br />
integrierten Ansatz. Das passt auch zu unserem Modell,<br />
weil wir die Risiken ja nicht nur im Anlagebereich<br />
beurteilen, sondern auch in unserem Kerngeschäft,<br />
der Rückversicherung. Da ergeben sich Synergien und<br />
der Aufwand lohnt sich – man stelle sich nur mal vor,<br />
was ein Reputationsschaden kosten kann. Diese Kosten<br />
wären für uns viel höher als der personelle Aufwand<br />
für unser integriertes System. Und wenn wir berücksichtigen,<br />
was wir risikoadjustiert an Sicherheit gewinnen,<br />
weil wir nicht in längerfristig problematische Bereiche<br />
investiert sind oder diese versichern, dann sind<br />
wir allemal im positiven Bereich.<br />
nicolodi: Wenn sich Pensionskassen für einen integrierten<br />
Ansatz entscheiden, steht die Risikosicht im<br />
Vordergrund. Dies ist sinnvoll, denn sie haben eine<br />
langfristige treuhänderische Verantwortung gegenüber<br />
ihren Versicherten, die gesetzlich hauptsächlich<br />
finanzieller Natur ist. Sollte eine Pensionskasse in diesem<br />
Rahmen beachten, dass für die Versicherten die<br />
Gesellschaft auch in 20 und 30 Jahren noch lebenswert<br />
ist? Diese Frage beantworten wir klar mit Ja. So gesehen<br />
kann Nachhaltigkeit bei Pensionskassen einen mehrfachen<br />
Nutzen bringen, wenn sie in der Anlagestrategie<br />
richtig verankert ist.<br />
spn: Frau <strong>Serafimova</strong>, will der WWF aktiv mitreden<br />
in Unternehmen?<br />
<strong>Serafimova</strong>: Der WWF arbeitet mit Unternehmen aus<br />
unterschiedlichen Branchen. Bei nachhaltigen Investments<br />
ist das sogenannte Engagement ein wichtiger<br />
Ansatz unter mehreren. Es hat beispielsweise zu mehr<br />
Transparenz von Unternehmen gegenüber Investoren<br />
geführt. Das ist zentral, um qualifizierte Entscheide zu<br />
treffen. Letztlich zählt aber nicht nur der Dialog mit<br />
dem Unternehmen, sondern welche Investitionen oder<br />
Finanzierungen effektiv getätigt wurden.<br />
nicolodi: Engagement ist für institutionelle Anleger<br />
und Pensionskassen eines der wesentlichsten Instrumente,<br />
um überhaupt etwas zu bewegen. Aufgrund der<br />
vorgegebenen Asset Allocation sind grosskapitalisierte<br />
Indextitel im Portfolio der meisten Pensionskassen. Engagement<br />
bedeutet da die Wahrnehmung der Stimmrechte<br />
oder das Einbringen von Traktanden an Generalversammlungen.<br />
Am wichtigsten ist aber der Dialog<br />
mit den Unternehmen über wesentliche strategische<br />
Ausrichtungen zum Thema Nachhaltigkeit. Wir versuchen<br />
das bei der Zürcher Kantonalbank systematisch<br />
umzusetzen. Mit allen Firmen, die in unseren nachhaltigen<br />
Anlageuniversen enthalten sind, führen wir Gespräche.<br />
Das ist ein wesentlicher Hebel, um Nachhaltigkeit<br />
voranzutreiben. Ein gutes Beispiel ist die Berichterstattung,<br />
da man nur Unternehmen bewerten<br />
kann, von denen man gute Informationen hat. Vor<br />
zehn bis 15 Jahren hatte man kaum Infos zu relevanten<br />
Nachhaltigkeitsthemen, so beispielsweise zur Corporate<br />
Governance. Das hat sich in den letzten Jahren<br />
„wir schliessen firmen aus, die sich<br />
bezüglich nachhaltigkeitsbewertung<br />
nicht gut entwickelt haben.” Dr. René nicolodi<br />
deutlich verbessert. Heute bestehen Standards zur<br />
Nachhaltigkeitsberichterstattung an zahlreichen Börsen.<br />
Diesen Prozess haben auch die Anleger im Dialog<br />
mit den Unternehmen vorangetrieben.<br />
Bruderer: Match-entscheidend ist der Dialog mit Unternehmen.<br />
Es gibt aber viele Investoren, die nehmen<br />
zwar die Daten, führen aber keinen Dialog. Das finde<br />
ich fahrlässig. Andererseits gibt es Firmen, die von sich<br />
aus uns gegenüber darlegen, wie sie ihre gesellschaftliche<br />
Verantwortung wahrnehmen. Das ist auch ein<br />
Wettbewerbsvorteil für die Firma: Nehmen Sie zwei Firmen<br />
mit dem gleichen Angebot und die eine ist nachhaltiger<br />
– die kriegt die Aufträge.<br />
spn: Wie erkennen Sie, dass es sich<br />
bei den Fimenpräsentationen nicht<br />
bloss um einen cleveren Marketing<br />
Gag handelt?<br />
Bruderer: Wir führen einen aktiven Dialog<br />
mit Unternehmen und verlassen uns<br />
nicht auf öffentlich zugängliche Daten.<br />
Wir verifizieren die Unterlagen und führen<br />
eigene Recherchen zum Unternehmen<br />
durch. Natürlich gibt es keine<br />
100-prozentige Garantie. Es ist unser Anspruch,<br />
eine solide Finanz- und Nachhaltigkeitsanalyse<br />
durchzuführen.<br />
spn: Haben Sie auch schon Firmen<br />
ausgeschlossen?<br />
nicolodi: Die Firmen werden regelmässig<br />
überprüft, insbesondere hinsichtlich<br />
aktueller Reputationsrisiken.<br />
Wir schliessen Firmen aus, die sich bezüglich<br />
Nachhaltigkeitsbewertung<br />
nicht gut entwickelt haben, ein gravierendes<br />
Problem aufweisen oder wiederholt<br />
enttäuscht haben.<br />
Bresch: Wir schliessen auch Unternehmen<br />
aus, doch wir müssen dies konsistent<br />
tun. Dazu haben wir ein Rahmenwerk<br />
für die verschiedenen Bereiche<br />
vom Bergbau über Rüstungsgüter bis zu<br />
Öl- und Gasförderung. Da gibt es jeweils<br />
Ausschlusskriterien und auch eine Ausschlussliste.<br />
So versichern wir beispielsweise<br />
keine Firmen, die Personenminen<br />
herstellen. Wir versuchen transparent<br />
zu sein und engagieren uns wo möglich<br />
und nötig in einem Dialog auf klarer Basis.<br />
Gibt es keine messbare Entwicklung,<br />
setzen wir einen Haltepunkt, drohen<br />
mit Ausschluss – und vollziehen diesen<br />
bei mangelndem Fortschritt durchaus.<br />
Dr. Graziano <strong>Lusenti</strong> ist Managing<br />
Partner bei der Beratungsfirma<br />
<strong>Lusenti</strong> <strong>Partners</strong>. Was bei<br />
seinen Kunden stark im Vordergrund<br />
stehe, sei der umweltfreundliche,<br />
aber auch der soziale<br />
Aspekt. Im Fokus stünden dabei<br />
Menschenrechte und Ethik,<br />
aber auch die Corporate Governance.<br />
Die Stiftungsorgane der<br />
Kassen wollen nach <strong>Lusenti</strong>s Erfahrungen<br />
mitbestimmen, was<br />
in den Firmen passiert, in denen<br />
sie investiert sind. Immobilien<br />
eignen sich für ihn besonders,<br />
um praktisch und effektiv einen<br />
positiven Beitrag in der Schweiz<br />
zu leisten. Insgesamt hielten<br />
sich Schweizer Pensionskassen<br />
bei nachhaltigen Anlagen aber<br />
noch zurück, insbesondere in<br />
der Deutschschweiz.<br />
Dezember 2011 / Januar 2012 spn 21