Download - Zirngibl Langwieser
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Hauptversammlungssaison 2011<br />
Briefwahl und Online-Teilnahme: 2011 ist das Jahr, in dem sich die im Zuge des ARUG<br />
in die Satzung aufgenommenen Regelungen zur Briefwahl und zur Online-Teilnahme<br />
bewähren müssen.<br />
Vergütungssysteme: Zu den Schwerpunktthemen der diesjährigen Saison werden<br />
abermals die Vergütungssysteme für den Vorstand und den Aufsichtsrat zählen.<br />
Corporate Governance-Erklärung nach § 161 AktG: Anfechtungsklagen werden zunehmend<br />
auf (häufig versehentliche oder unreflektierte) Abweichungen der Unternehmenspraxis<br />
von den in der CG-Erklärung dargestellten Grundsätzen gestützt.<br />
I. Briefwahl<br />
Das AktG hat mit dem Inkrafttreten des ARUG die Abkehr vom Konzept der Hauptversammlung<br />
als reiner Präsenzversammlung eingeleitet und den Unternehmen die Möglichkeit<br />
eröffnet, Aktionäre per Briefwahl an den Abstimmungen zu beteiligen. Die meisten<br />
Gesellschaften haben daraufhin ihre Satzungen angepasst und Regelungen geschaffen,<br />
die es ihnen gestatten, ihren Aktionären die Briefwahl zu ermöglichen, ohne sich jedoch<br />
hierzu zu verpflichten.<br />
Die ersten Erfahrungen mit der Briefwahl liegen zwischenzeitlich vor. Die Beurteilung fällt<br />
überwiegend positiv aus. Die meisten HV-Dienstleister haben sich auf die neuen<br />
Möglichkeiten eingestellt und ihre technischen Systeme um entsprechende Module<br />
ausgebaut. Gründe, von der Briefwahl in der Form der schriftlichen Briefwahl oder als<br />
Online-Briefwahl abzuraten, gibt es grundsätzlich nicht. Im Gegenteil: Der DCGK empfiehlt<br />
die Briefwahl ganz ausdrücklich. Börsennotierte Unternehmen, die sich gegen die<br />
Briefwahl entscheiden, müssen nach herrschender Meinung auf die Abweichung von<br />
Ziffer 2.3.3 DCGK hinweisen.<br />
Wichtigstes Detail bei der Briefwahl ist die Frage, bis wann der Aktionär seine Stimme<br />
mittels Briefwahl abgeben kann. Begrenzendes Element ist hier vor allem die Technik, die<br />
das Unternehmen zum Einsatz bringt.<br />
Der Briefwahlschluss kann zeitlich mit dem Ende des Abstimmungsvorgangs im Versammlungsraum<br />
zusammengelegt werden. Verbunden mit einer Online-Übertragung der HV<br />
über das Internet hat der Aktionär so die Möglichkeit, die Reden und die Generaldebatte<br />
zu verfolgen und seine Stimme auf der Basis der so gewonnenen Eindrücke abzugeben.<br />
Zwingend ist das allerdings nicht. So kann die Gesellschaft den Briefwahlschluss auch auf<br />
einen früheren Zeitpunkt legen, etwa das Ende der Generaldebatte oder noch früher, etwa<br />
einen oder mehrere Tage vor der Hauptversammlung.<br />
Wird den Aktionären die Möglichkeit der Briefwahl eröffnet, so muss dies (bei börsennotierten<br />
Gesellschaften) in der Einladung bzw. den Teilnahmehinweisen dargestellt<br />
werden. Darüber hinaus ist bei der Ergebnisverkündung auf die Briefwahlstimmen zu<br />
achten. Der Leitfaden für den Versammlungsleiter muss hier entsprechend angepasst und<br />
vorbereitet sein.<br />
II. Online-Teilnahme<br />
Während sich die Briefwahl aller Voraussicht nach sehr schnell als Standard etablieren<br />
wird, ist bei der Online-Teilnahme mit Zurückhaltung zu rechnen. Zwar gibt es auch hier<br />
bereits technische Lösungen, die ihren Praxistest erfolgreich absolviert haben. Die<br />
Akzeptanz scheint bei den Aktionären bisher jedoch wenig ausgeprägt (im Fall der<br />
Münchener Rückversicherungsgesellschaft AG waren es deutlich weniger als 50 (!) Aktionäre,<br />
die das Angebot zur Online-Teilnahme nutzten). Zumindest derzeit fällt es also<br />
schwer, den Zusatzaufwand für ein Angebot zur Online-Teilnahme zu rechtfertigen.<br />
Und noch eines ist zu bedenken: Aktionäre, die von der Möglichkeit der Online-Teilnahme<br />
Gebrauch machen, sind - im Gegensatz zum Aktionär, der die Möglichkeit der Briefwahl<br />
nutzt – in vollem Umfang anfechtungsberechtigt!<br />
Rundbrief<br />
Gesellschafts- ,<br />
Bank- und Kapitalmarkt<br />
Ausgabe 02/2011<br />
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Der vorliegende Informationsbrief richtet<br />
sich an Geschäftsfreunde und Bekannte der<br />
ZIRNGIBL LANGWIESER<br />
Rechtsanwälte Partnerschaft (AG München<br />
PR 579). Sein Inhalt ist nicht als Rechtsrat<br />
zu verstehen und ohne vorherige Beratung<br />
auch nicht als Entscheidungsgrundlage<br />
geeignet. Eine Haftung für den Inhalt der<br />
Beiträge kann trotz gewissenhafter<br />
Bearbeitung nicht übernommen werden.<br />
III. Vergütungssysteme für den Vorstand und den Aufsichtsrat<br />
Die Vergütung von Vorstand und Aufsichtsrat zählt zu den Klassikern jeder<br />
Hauptversammlung, wobei sich die Schwerpunkte von Jahr zu Jahr etwas verlagern. In<br />
der Hauptversammlungssaison 2011 ist mit folgenden Schwerpunkten zurechnen:<br />
1. Viele Gesellschaften haben im abgelaufenen Geschäftsjahr 2010 ihre Vergütungssysteme<br />
für den Vorstand an die Vorgaben des durch das VorstAG neu gefassten<br />
§ 87 AktG angepasst. Nun stellt sich die Frage, ob zu ihnen ein Hauptversammlungsvotum<br />
eingeholt werden soll. Viele große Aktiengesellschaften entscheiden<br />
sich für dieses Votum, um das Konfliktpotenzial gering zu halten. Andere beschränken<br />
sich auf eine ausführliche Darstellung im Vergütungsbericht und die nach dem<br />
DCGK empfohlenen Ausführungen des Aufsichtsratsvorsitzenden in der HV.<br />
2. Bei Gesellschaften, deren Vergütungssysteme unverändert geblieben sind, kann<br />
zwar ein erneutes Hauptversammlungsvotum einholt werden, doch dürfte diese<br />
Vorgehensweise zumindest dann eher fernliegen, wenn sich die grundlegenden<br />
Rahmenbedingungen der Vorstandstätigkeit nicht verändert haben.<br />
3. Gesellschaften, die sich für ein Opting-Out nach § 286 Abs. 5 S. 1 AktG entschieden<br />
haben und die die Vergütungen der Vorstände nicht individualisiert ausweisen,<br />
sollten überprüfen, ob die auf maximal fünf Jahre begrenzte Ermächtigung ausläuft.<br />
Gegebenenfalls ist ein Erneuerungsbeschluss zu fassen.<br />
4. Im Bereich der Aufsichtsratsvergütung zeichnet sich ein Paradigmenwechsel ab.<br />
Während der DCGK für den Aufsichtsrat feste und erfolgsabhängige Vergütungsbestandteile<br />
empfiehlt, mehren sich in Literatur und Praxis die Stimmen, nach<br />
denen eine feste Vergütung besser geeignet ist, um den Bedingungen und Notwendigkeiten<br />
der Aufsichtsratstätigkeit gerecht zu werden. Die Siemens AG hat das<br />
Vergütungssystem für den Aufsichtsrat in diesem Jahr bereits umgestellt. Ob und<br />
wie andere Gesellschaften und die ohnehin vermehrt in der Kritik stehende CG-<br />
Kommission reagieren, darf mit Spannung erwartet werden.<br />
IV. Anfechtungsrisiko Corporate Governance-Erklärung<br />
Das Verhältnis zwischen DCGK, Entsprechenserklärung nach § 161 AktG und Hauptversammlungsbeschlüssen<br />
hat die Gerichte erreicht. Dabei zeigt die Anzahl der bisher<br />
zur Entscheidung gelangten Fälle, dass sich fehlerhafte CG-Erklärungen zunehmend<br />
zum Anfechtungsrisiko entwickelt haben. Dies gibt Anlass, Eckpunkte der bisherigen<br />
Rechtsprechung vorzustellen:<br />
1. Bei der Vorbereitung der Hauptversammlung muss darauf geachtet werden, dass<br />
eine Entsprechenserklärung nach § 161 AkG überhaupt vorliegt. Das klingt selbstverständlich,<br />
ist es aber offenbar nicht, wie ein vom OLG München am 19.11.2008<br />
entschiedener Fall zeigt. Fehlt die Entsprechenserklärung nach § 161 AktG vollständig,<br />
so sind nach der hierzu ergangenen Rechtsprechung zumindest die<br />
Entlastungsbeschlüsse für Vorstand und Aufsichtsrat anfechtbar.<br />
2. Bei der Vorbereitung der Hauptversammlung ist zu prüfen, ob Beschlussvorschläge<br />
im Widerspruch zu den Erklärungen aus der letzten Entsprechenserklärung nach<br />
§ 161 AktG stehen oder ein sonstiges Verhalten der Organe bekannt ist, das im<br />
Widerspruch zur letzten Entsprechenserklärung steht. Nach der Rechtsprechung<br />
des BGH können bereits solche Verstöße gegen die eigene Entsprechenserklärung<br />
zur Anfechtbarkeit von Hauptversammlungs- und hier insbesondere der<br />
Entlastungsbeschlüsse führen. Die Anfechtbarkeit soll lediglich dann entfallen,<br />
wenn der Verstoß unwesentlich, d.h. für einen objektiv urteilenden Aktionär nicht<br />
relevant ist. Nicht offengelegte Interessenkonflikte in der Person von Aufsichtsratskandidaten<br />
können zur Anfechtbarkeit des Wahlbeschlusses führen.<br />
3. Wird der Verstoß gegen die Entsprechenserklärung erst nach der Veröffentlichung<br />
der Einladung zur Hauptversammlung entdeckt, dann ist es für Heilungsmaßnahmen<br />
bereits zu spät. Der BGH hat in einer Entscheidung vom 26.02.2009<br />
ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Hinweis auf den Verstoß und die<br />
Unrichtigkeit der Entsprechenserklärung nach § 161 AktG in der Hauptversammlung<br />
die Anfechtbarkeit nicht entfallen lässt. Abhilfe kann also nur eine neue,<br />
korrigierte Entsprechenserklärung nach § 161 AktG schaffen, die vor der Einladung<br />
zur Hauptversammlung veröffentlicht wird.<br />
Die Empfehlung zum Themenkreis CG-Erklärung liegt auf der Hand: Alle Beschlussvorschläge<br />
an die Hauptversammlung sollten routinemäßig mit der Entsprechenserklärung<br />
nach § 161 AktG abgeglichen werden. Nur so kann das mit einer fehlerhaften<br />
Erklärung einhergehende Anfechtungsrisiko eingeschränkt werden.<br />
Dr. Thomas Zwissler, Dr. Hans-Jörg Krämer, München