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Darstellung und Charakterisierung von Kofaktoren des<br />
Elektronentransfers in artifizieller und nativer Proteinumgebung<br />
Vom Fachbereich Chemie<br />
der Universität Duisburg-Essen<br />
Zur Erlangung des akademischen Grades eines<br />
Doktors der Naturwissenschaften<br />
genehmigte Dissertation<br />
von<br />
Christoph Breitenstein<br />
aus Oberhausen<br />
Referent: Prof. Dr. W. Gärtner<br />
Korreferent: Prof. Dr. W. S. Veeman<br />
Tag der mündlichen Prüfung: 31.05.2006
Diese Ar<strong>bei</strong>t wurde im Zeitraum vom März 2002 bis März 2006 am Max-Planck Institut für<br />
Bioanorganische Chemie in Mülheim an der Ruhr unter Anleitung von Herrn Prof. W. Lubitz<br />
und Herrn Prof. Dr. W. Gärtner angefertigt.
Danksagung<br />
Herrn Prof. Wolfgang Lubitz danke ich für die Überlassung der interessanten Themen,<br />
sowie die Möglichkeit am Max-Planck-Institut für Bioanorganische Chemie unter seiner<br />
Anleitung ar<strong>bei</strong>ten zu dürfen. Außerdem möchte ich mich für die konstruktiven<br />
Diskussionen, die zum Erfolg dieser Ar<strong>bei</strong>t <strong>bei</strong>getragen haben und für seine Flexibilität<br />
bedanken, mich in Zusammenar<strong>bei</strong>t mit Herrn Prof. Wolfgang Gärtner zu betreuen.<br />
Herrn Prof. Wolfgang Gärtner möchte ich für die Betreuung danken und die Möglichkeit,<br />
diese Ar<strong>bei</strong>t unter seiner Anleitung durchführen zu dürfen. Er war während dieser Zeit<br />
stets ein zuverlässiger Ansprechpartner mit konstruktiven Ideen.<br />
Für die Zusammenar<strong>bei</strong>t und die nutzbringenden Diskussionen im Rahmen des Projektes<br />
Eisen-Schwefel-Zentren möchte ich Herrn Dr. Mikhail L. Antonkine danken. Außerdem<br />
waren seine Kontakte zu Herrn Prof. John H. Golbeck und Prof. Donald A. Bryant von der<br />
Pennsylvania State University, Pennsylvania, USA, maßgeblich für den Fortschritt dieses<br />
Projektes verantwortlich.<br />
Prof. John H. Golbeck stellte die Proben des Photosystems I zur Verfügung und ließ die<br />
optischen Messungen am PS I in seinem Labor durchführen. Prof. Donald A. Bryant stellte<br />
die Mutanten der Untereinheit PsaC zur Verfügung.<br />
Herrn Dr. Maurice van Gastel und Dipl.-Biol. Jens Niklas danke ich für die Unterstützung<br />
<strong>bei</strong> den Triplett-EPR- und ENDOR-Messungen. Frau Gudrun Klihm und Herrn Frank<br />
Reikowski danke ich für die technische Betreuung der EPR-Spektrometer und Laser. Herr<br />
Dr. Boris Epel hat die meisten Messungen an den Eisen-Schwefel-Peptiden durchgeführt<br />
und sich auf diese Weise meinen Dank verdient.<br />
Herrn Dr. Hideaki Ogata möchte ich für die Anzucht der E. coli Bakterien danken und die<br />
Isolierung des rekombinanten Pottwal-Myoglobins. Außerdem für die unermüdlichen<br />
Versuche, Myoglobinkristalle zu züchten.<br />
Herr Dr. Sebastian Sinnecker führte die quantenchemischen Berechnungen der<br />
Hyperfeinkopplungen durch und trug damit maßgeblich zur Interpretation der erhaltenen<br />
Daten <strong>bei</strong>.<br />
Für ihren Einsatz <strong>bei</strong> den NMR-Messungen möchte ich Herrn Jörg Bitter und Frau Kerstin<br />
Sand danken. Sie etablierten in kürzester Zeit das Verfahren, Messungen an wässrigen<br />
Lösungen im Institut durchzuführen.<br />
Für die Mössbauer Messungen bin ich Herrn Dr. Eckhard Bill und Herrn Bernd Minert zu<br />
Dank verpflichtet.
Das CD-Spektrometer wurde von Herrn Dr. Frank Neese und Herrn Andreas Göbels zur<br />
Verfügung gestellt.<br />
Frau Inge Heise möchte ich für die Durchführung der Peptidsynthese und die Wahrung der<br />
Ordnung im Labor danken. Ihr Ar<strong>bei</strong>tseinsatz war für mich jederzeit ein Vorbild.<br />
Herrn Norbert Dickmann danke ich für die MALDI-TOF Messungen.<br />
Herrn Dr. Eberhard Bothe und Herrn Christoph Laurich danke ich für die vielen<br />
Hilfestellungen und die gute Zusammenar<strong>bei</strong>t im Rahmen der elektrochemischen<br />
Messungen.<br />
Mein Dank gilt ebenfalls Herrn Prof. Jens Ulstrup und Herrn Dr. Tim Albrecht für die<br />
Möglichkeit, elektrochemische Messungen in der Bio-Inorganic Group an der Technical<br />
University of Denmark, in Kopenhagen durchführen zu dürfen.<br />
Frau Manuela Trinoga danke ich für die ausgezeichnete HPLC-Chromatographie.<br />
Frau Dipl.-Biol. Petra Kellers danke ich für das Korrekturlesen dieser Ar<strong>bei</strong>t und die<br />
Diskussion verschiedener biologischer Sachverhalte.<br />
Sämtlichen Mitar<strong>bei</strong>tern der MS-Abteilung des MPI für Kohlenforschung danke ich für die<br />
Unterstützung meiner Ar<strong>bei</strong>t.<br />
Frau Helene Steffen und Frau Tanja Berndsen danke ich für die Hilfestellungen <strong>bei</strong><br />
biologischen Ar<strong>bei</strong>tsmethoden.<br />
Frau Tina Buteweg möchte ich für die Durchführung verschiedener Synthesen im<br />
Anschluss an ihre Ausbildung danken.<br />
Frau Birgit Deckers danke ich für die Hilfe <strong>bei</strong> der Erstellung einiger Abbildungen.<br />
Den Auszubildenden Patricia Malkowski und Melanie Denißen möchte ich für ihren<br />
Ar<strong>bei</strong>tseinsatz und die allzeit gute Laune im Labor danken.<br />
Besonderer Dank gilt Herrn Dr. Karsten Koppe und Herrn Dr. Hermann Kamperman für<br />
die Freundschaft und die gute gemeinsame Zeit während des Studiums.<br />
Dem Team der BAC-Dragons unter Leitung von Herrn Bernd Mienert danke ich für die<br />
Möglichkeit, Teil dieses Teams zu sein und die schönen Drachenboot-Festivals, die wir im<br />
Namen des Institutes bestritten und teilweise gewonnen haben.<br />
Allen Mitar<strong>bei</strong>tern des Institutes, die hier nicht namentlich aufgeführt werden, möchte ich<br />
für die freundliche Aufnahme im Haus und das stets gute und freundliche Ar<strong>bei</strong>tsklima<br />
danken.<br />
Für die finanzielle Unterstützung der Ar<strong>bei</strong>t waren die Deutsch Forschungsgemeinschaft<br />
(DFG) und die Max-Planck Gesellschaft (MPG) verantwortlich, auch ihnen gilt mein<br />
Dank.
Abkürzungsverzeichnis<br />
ADP Adenosindiphosphat<br />
Apo-Mb Apo-Myoglobin aus Pferdemuskel<br />
ATP Adenosintriphosphat<br />
Boc tert-Butyloxycarbonyl<br />
Da Dalton<br />
DCPIP Dichlorphenolindophenol<br />
DIPEA Diisopropylethylamin<br />
DMF Dimethylformamid<br />
DMSO Dimethylsulfoxid<br />
DNA (DNS) Desoxyribonukleinsäure<br />
FePPIX Eisen-Protoporphyrin (Hämin)<br />
ε Extinktionskoeffizient<br />
EDTA Ethylendiamintetraacetat<br />
EPR Electron Paramagnetic Resonance<br />
ENDOR Electron Nuclear Double Resonance<br />
ESEEM Electron Spin Echo Envelope Modulation<br />
FA<br />
Zentrum A in der Untereinheit C des PS I, gleichzeitig<br />
Abkürzung des Modellpeptides für dieses Zentrum<br />
FB<br />
Zentrum B in der Untereinheit C des PS I, gleichzeitig<br />
Abkürzung des Modellpeptides für dieses Zentrum<br />
Fmoc 9-Fluorenylmethoxycarbonyl<br />
FX<br />
Zentrum X des Photosystems I zwischen den Untereinheiten<br />
PsaA und PsaB<br />
HATU N-[(dimethylamino)-1H-1,2,3-triazolo[4,5-b]pyridin-1ylmethylen]-N-methylmethanaminium<br />
N-oxid<br />
hexafluorophosphat<br />
HBTU N-[(1H-benzotriazol-1-yl)(dimethylamino)methylen]-Nmethylmethanaminium<br />
hexafluorophosphat N-oxid<br />
HiPIP High Potential Iron-Sulfur Protein<br />
HOMO Highest Occupied Molecular Orbital<br />
HPLC High Performace Liquid Chromatography<br />
LUMO Lowest Unoccupied Molecular Orbital
MALDI-TOF-MS Matrix Assisted Laser Desoption Ionization – Time of Flight<br />
Mass Spectrometry<br />
Mb Myoglobin aus Pferdemuskel<br />
MePPheid a Pyrophäophorbid a Methylester<br />
MePPheid d Pyrophäophorbid d Methylester<br />
MO Molekülorbital<br />
NAD Nikotinamid-adenin-dinukleotid<br />
NADP Nikotinamid-adenin-dinukleotidphosphat<br />
n.d. nicht detektiert<br />
NMP N-Methylpyrrilidon<br />
NOE Nuclear Overhauser Effect<br />
ODMR optical detected magnetic resonance<br />
P680 Primärer Elektronendonor des Photosystems II<br />
P700 special pair des Photosystems I<br />
PAL-PEG-PS 5-(4-aminomethyl-3,5-dimethoxyphenoxy)valeryl<br />
funktionalisierter Polyethylenglykol-Polystyrol Harz<br />
Pheid a Phäophorbid a<br />
PPheid a Pyrophäophorbid a<br />
PPIX Protoporphyrin<br />
PS I Photosystem I<br />
PS II Photosystem II<br />
PyBOP Benzotriazol-1-yloxytris(pyrrolidino)phosphonium<br />
hexafluorophophat<br />
RNA (RNS) Ribonukleinsäure<br />
SwMb rekombinantes Pottwal-Myoglobin<br />
SPPS Solid Phase Peptide Synthesis<br />
TBTU N-[(1H-benzotriazol-1-yl)(dimethylamino)methylen]-Nmethylmethanaminium<br />
tetrafluoroborat N-oxid<br />
TFA Trifluoressigsäure<br />
ZnMePPheid a Zink-Pyrophäophorbid a Methylester<br />
ZnMePPheid d Zink-Pyrophäophorbid d Methylester<br />
ZnPheid a Zink-Phäophorbid a<br />
ZnPPheid a Zink-Pyrophäophorbid a<br />
ZnPPIX Zink-Protoporphyrin
Inhaltsverzeichnis<br />
1. GRUNDLAGEN ........................................................................................1<br />
1.1. Die Struktur von Proteinen ....................................................................................... 1<br />
1.2. Die Struktur der Photoreaktionszentren in der Photosynthese............................. 8<br />
1.2.1. Elektronentransportprozesse in der Photosynthese........................................ 8<br />
1.2.2. Das Photosystem I.......................................................................................... 9<br />
1.3. Die Struktur von Myoglobin ................................................................................... 12<br />
1.4. Die Struktur von Porphyrinen................................................................................ 17<br />
1.4.1. Nomenklatur der Porphyrine........................................................................ 18<br />
1.4.2. Elektronische Struktur der Porphyrine......................................................... 20<br />
1.5. Eisen-Schwefel-Zentren in der Natur..................................................................... 24<br />
1.6. Die Stabilität von Proteinen .................................................................................... 26<br />
1.7. Die Festphasen Peptidsynthese (SPPS) .................................................................. 29<br />
1.8. Grundlagen der EPR- und ENDOR-Spektroskopie ............................................. 34<br />
1.8.1. Grundlagen der EPR-Spektroskopie ............................................................ 34<br />
1.8.2. Grundlagen der ENDOR-Spektroskopie...................................................... 43<br />
1.9. Mössbauer-Spektroskopie ....................................................................................... 48<br />
2. AUFGABENSTELLUNG.......................................................................50<br />
2.1. Metall-Phäophorbide in Myoglobin ....................................................................... 50<br />
2.2. Modelle für [4Fe-4S]-Zentren des Photosystems I................................................ 51<br />
i
3. ERGEBNISSE UND DISKUSSION ..................................................... 53<br />
3.1. Metall-Phäophorbide in Myoglobin-Matrix...........................................................53<br />
3.1.1. Natives Myoglobin und Apo-Myoglobin .....................................................53<br />
3.1.2. Darstellung der Kofaktoren ..........................................................................56<br />
3.1.3. Komplexbildung und Charakterisierung der Kofaktoren mit<br />
Apo-Myoglobin ............................................................................................59<br />
3.1.3.1. Zink-Protoporphyrin Apo-Myoglobin (ZnPPIX Mb) ..................................60<br />
3.1.3.1.1. UV-Vis-Spektroskopie und Stabilitätsmessung ........................60<br />
3.1.3.1.2. NMR-Spektroskopie..................................................................62<br />
3.1.3.1.3. EPR-Spektroskopie....................................................................64<br />
3.1.3.1.4. ENDOR-Spektroskopie von ZnPPIX in Glycerin/DMSO ........68<br />
3.1.3.1.5. ENDOR-Spektroskopie von ZnPPIX Mb in Puffer/DMSO......75<br />
3.1.3.2. Zink-Phäophorbid a Apo-Myoglobin (ZnPheid a Mb) und Zink-<br />
Pyrophäophorbid a Apo-Myoglobin (ZnPPheid a Mb) ...............................80<br />
3.1.3.2.1. UV-Vis-Spektroskopie und Stabilität........................................80<br />
3.1.3.2.2. NMR-Spektroskopie..................................................................84<br />
3.1.3.2.3. EPR-Spektroskopie....................................................................87<br />
3.1.3.2.4. ENDOR-Spektroskopie von ZnPPheid a in Pyridin/Glycerin ..90<br />
3.1.3.2.5. ENDOR-Spektroskopie von ZnPPheid a SwMb in<br />
Puffer/Glycerin ..........................................................................94<br />
3.1.3.2.6. Vergleich der ENDOR-Daten von ZnPPheid a SwMb mit<br />
nativen Systemen.......................................................................96<br />
3.1.3.3. Die Komplexe der Zink-Methylpyrophäophorbide mit Apo-Myoglobin.....98<br />
3.1.4. Zusammenfassung ......................................................................................103<br />
3.1.5. Ausblick......................................................................................................105<br />
3.2. Modellpeptide für [4Fe4S]-Zentren ......................................................................106<br />
3.2.1. Literaturübersicht .......................................................................................106<br />
3.2.2. Design der Peptidsequenzen.......................................................................108<br />
3.2.3. Charakterisierung der Modellpeptide .........................................................111<br />
3.2.4. UV-Vis-Spektroskopie von FA und FB .......................................................112<br />
ii
3.2.5. EPR-Spektroskopie der Modellpeptide...................................................... 114<br />
3.2.5.1. Temperaturabhängigkeit des EPR-Signals................................................. 117<br />
3.2.5.2. Leistungsabhängigkeit des EPR-Signals.................................................... 118<br />
3.2.5.3. ESEEM- und ENDOR-Spektroskopie der Modellpeptide FA und FB........ 119<br />
3.2.6. Mössbauer-Spektroskopie.......................................................................... 123<br />
3.2.7. Bestimmung des Redoxpotentials der Modellpeptide FA und FB .............. 126<br />
3.2.8. NMR-Spektroskopie .................................................................................. 129<br />
3.2.9. Bindung an das Photosystem I................................................................... 130<br />
3.2.9.1. Optische Experimente................................................................................ 130<br />
3.2.9.2. EPR-Experimente....................................................................................... 132<br />
3.2.10. Zusammenfassung...................................................................................... 134<br />
3.2.11. Ausblick ................................................................................................. 135<br />
4. ZUSAMMENFASSUNG.......................................................................137<br />
5. EXPERIMENTELLER TEIL..............................................................143<br />
5.1. Geräte und Methoden ............................................................................................ 143<br />
5.1.1. NMR-Spektroskopie .................................................................................. 143<br />
5.1.2. UV-Vis-Spektroskopie............................................................................... 143<br />
5.1.3. Infrarot-Spektroskopie ............................................................................... 144<br />
5.1.4. Massenspektrometrie ................................................................................. 144<br />
5.1.5. Säulenchromatographie.............................................................................. 144<br />
5.1.6. Hochdruck-Flüssigkeitschromatographie (HPLC) .................................... 145<br />
5.1.7. Fluoreszenzspektroskopie .......................................................................... 145<br />
5.1.8. Circular Dichroismus- (CD) Spektroskopie............................................... 145<br />
5.1.9. Anaerobe Ar<strong>bei</strong>ten und elektrochemische Titration .................................. 146<br />
5.1.10. Elektron-Paramagnetische Resonanz Spektroskopie (EPR)...................... 146<br />
5.1.11. Optische Spektroskopie am Photosystem I zur Untersuchung der<br />
Elektronentransferkinetik........................................................................... 148<br />
5.1.12. Durchführung der theoretischen Untersuchungen ..................................... 149<br />
iii
5.2. Synthese und Chemikalien.....................................................................................149<br />
5.2.1. Festphasen-Peptidsynthese (SPPS) ............................................................150<br />
5.2.2. Rekombinantes Pottwal-Myoglobin aus E. coli .........................................151<br />
5.2.3. Darstellung von Apo-Myoglobin ...............................................................152<br />
5.2.4. Darstellung von Zink-Protoporphyrin (ZnPPIX) .......................................153<br />
5.3. Darstellung der (Metall-)Phäophorbide ...............................................................154<br />
5.3.1. Allgemeine Ar<strong>bei</strong>tsvorschriften .................................................................154<br />
5.3.1.1. Standardaufar<strong>bei</strong>tung..................................................................................154<br />
5.3.1.2. Abspaltung des Phytylesters.......................................................................154<br />
5.3.1.3. Metallierung der Phäophorbide ..................................................................154<br />
5.3.2. Gewinnung von Chlorophyll a aus getrockneten Cyanobakterien.............155<br />
5.3.3. Umsetzung von Chlorophyll a zu Phäophorbid a ......................................155<br />
5.3.4. Darstellung von Pyrophäophytin a aus getrockneten Cyanobakterien.......156<br />
5.3.5. Darstellung von Methylpyrophäophorbid a (13 2 -Decarboxymethylphäophorbid<br />
a Methylester) .......................................................................157<br />
5.3.6. Darstellung von Methylpyrophäophorbid d ...............................................158<br />
5.4. Rekonstitution von Apo-Myoglobin mit verschiedenen Kofaktoren .................160<br />
5.4.1. Einbau von Zink-Protoporphyrin ...............................................................160<br />
5.4.2. Einbau der Zink-Phäophorbid-Kofaktoren.................................................160<br />
5.5. Darstellung der [4Fe4S]-Modellpeptide ...............................................................161<br />
5.5.1. Die Peptide FA, FB, FX1 und FX2 .................................................................161<br />
5.5.2. Rekonstitution der Peptide .........................................................................162<br />
5.5.3. Herstellung der PS I Proben .......................................................................163<br />
6. LITERATUR......................................................................................... 164<br />
iv
1. Grundlagen<br />
1.1. Die Struktur von Proteinen<br />
1<br />
Grundlagen<br />
Proteine sind komplexe Moleküle, die in der Natur sehr spezifische Aufgaben erfüllen und<br />
anhand ihrer biologischen Funktion klassifiziert werden können [1] :<br />
Enzyme sind hochspezialisierte Proteine, die eine katalytische Aktivität aufweisen.<br />
Praktisch alle zellulären chemischen Reaktionen werden durch Enzyme katalysiert.<br />
Transportproteine binden bestimmte Moleküle oder Ionen, um sie innerhalb eines<br />
Organismus zu transportieren. Das Hämoglobin in den Erythrocyten bindet Sauerstoff und<br />
transportiert ihn von der Lunge zum peripheren Gewebe der Organe.<br />
Nährstoff- und Speicherproteine dienen der Lagerung von Nährstoffen oder anderer<br />
Moleküle und Ionen, die wichtig für die Entwicklung eines Organismus sind. Ferritin, das<br />
in einigen Bakterien, sowie Pflanzen und Tieren vorkommt, speichert z. B. Eisen. Casein<br />
ist das Hauptprotein der Milch und damit ein wichtiges Nährstoffprotein von Säugetieren.<br />
Kontraktile oder motile Proteine sind fähig, ihre Form zu ändern und dienen in vielen<br />
Fällen der Fortbewegung. Actin, Myosin und Titin sind die Hauptbestandteile der<br />
Skelettmuskulatur.<br />
Strukturproteine sind gerüstbildende Filamente, die den Aufbau biologischer Strukturen<br />
stabilisieren. Keratin ist der Hauptbestandteil von Haaren, Fingernägeln und Federn.<br />
Sehnen und Knorpel werden durch das Faserprotein Kollagen gebildet.<br />
Abwehrproteine dienen dem Schutz eines Organismus vor Verletzungen oder<br />
eindringenden Organismen. Die Antikörper sind spezialisierte Proteine, die in den<br />
Lymphocyten von Wirbeltieren gebildet werden. Sie erkennen eindringende Bakterien,<br />
Viren oder artfremde Proteine und neutralisieren diese.<br />
Regulatorische Proteine steuern zelluläre und physiologische Vorgänge. Viele Hormone,<br />
wie z. B. das Insulin, das den Zuckermetabolismus reguliert, gehören zu dieser Gruppe.<br />
Zusätzlich gibt es noch eine Reihe anderer Proteine, die nicht durch diese einfache
Grundlagen<br />
Klassifizierung beschrieben werden können. Das Blutplasma einiger Fische in der<br />
Antarktis enthält z. B. Frostschutzproteine, die ihr Blut vor dem Gefrieren schützen.<br />
So unterschiedlich die Funktionen von Proteinen sind, so verschieden sind ihre<br />
Molekülstrukturen und –größen. Das bisher größte bekannte menschliche Protein ist das<br />
Titin mit einer Größe von etwa 3600 kDa. Es ist neben Myosin und Aktin das wichtigste<br />
Muskelprotein. Das Blutzucker-senkende Hormon Insulin ist dagegen ein kleines Protein<br />
mit einem Molekulargewicht von lediglich 5,7 kDa.<br />
Abbildung 1: Illustration der Winkel Ψ und Φ, durch die die Amidebenen zweier aufeinanderfolgender<br />
Aminosäuren gegeneinander verdreht werden können (links). Abhängig von den Winkeln Ψ und Φ werden<br />
unterschiedliche Sekundärstrukturelemente gebildet. Neben dem β-Faltblatt (β, roter Bereich) kommen<br />
hauptsächlich die rechtshändige α-Helix (α, blauer Bereich) und die linkshändige α-Helix (L, grüner Bereich)<br />
in der Natur vor [2] .<br />
Die Struktur eines Proteins wird durch seine Zusammensetzung aus den 20 verschiedenen<br />
natürlichen Aminosäuren bestimmt. Die lineare Abfolge der Aminosäuren in einem<br />
Polypeptid vom N- zum C-Terminus wird als Primärstruktur bezeichnet. Innerhalb einer<br />
solchen Kette besitzt eine Aminosäure zwei Bindungen, die mehr oder weniger frei<br />
drehbar sind, während die Amidbindung aufgrund ihres partiellen<br />
Doppelbindungscharakters nicht frei drehbar ist (Abbildung 1). Die Drehwinkel der<br />
Bindungen zwischen Cα und dem Carbonylkohlenstoff und der Bindung zwischen Cα und<br />
der Aminogruppe werden durch Ψ und Φ beschrieben.<br />
2
3<br />
Grundlagen<br />
Einige Aminosäuren (z. B. Tryptophan) sind aufgrund ihrer sterisch anspruchsvollen<br />
Seitenketten in den Winkeln Ψ und Φ stark eingeschränkt, während Aminosäuren mit<br />
kleinen Seitenketten (z. B. Glycin) praktisch jeden Winkel für Ψ und Φ annehmen können.<br />
Folgen in einem Polypeptid mehrere Aminosäuren aufeinander, die ähnliche Winkel für Ψ<br />
und Φ annehmen, bildet sich ein Sekundärstrukturelement. Abhängig von den<br />
Diederwinkeln handelt es sich da<strong>bei</strong> in den häufigsten Fällen entweder um eine α-Helix<br />
oder ein β-Faltblatt. Diese Strukturen werden durch ein Netzwerk von<br />
Wasserstoffbrückenbindungen zwischen der Carbonylgruppe einer Aminosäure und der<br />
Aminogruppe einer zweiten Aminosäure stabilisiert. Neben der rechtsgängigen α-Helix ist<br />
auch die deutlich seltenere linksgängige α-Helix bekannt. Für β-Faltblattstrukturen ist die<br />
parallele und die antiparallele Ausrichtung in natürlichen Systemen bekannt.<br />
Aufgrund ihrer Struktur besitzt eine α-Helix ein Dipolmoment entlang der Längsachse der<br />
Helix, welches vom N-Terminus zum C-terminalen Ende gerichtet ist. Dieses<br />
Dipolmoment wirkt in rein α-helicalen Domänen stabilisierend auf die antiparallele<br />
Ausrichtung von Helices zueinander und destabilisierend auf eine parallele Ausrichtung.<br />
Die Anordnung von mehreren sekundären Strukturelementen räumlich zueinander wird als<br />
Tertiärstruktur bezeichnet. Proteine können anhand ihrer Tertiärstruktur in drei Bereiche<br />
unterteilt werden, rein α-helikale Strukturen, reine β-Faltblatt-Strukturen und gemischte<br />
Strukturen, die sowohl α-Helices als auch β-Faltblätter besitzen. Cytochrom b562, ein<br />
Elektronentransferprotein, ist ein Beispiel für ein Protein mit rein α-helikaler<br />
Sekundärstruktur. Die Superoxid-Dismutase besitzt dagegen nur β-Faltblätter als<br />
Sekundärstrukturelemente. Dieses Enzym katalysiert die Disproportionierung des<br />
Superoxid-Radikals (O2· - ) in Wasserstoffperoxid und Sauerstoff. Ein Beispiel für ein<br />
Enzym, das sowohl α-Helices als auch β-Faltblattstrukturen besitzt, ist die Tryptophan-<br />
Synthase, die die Reaktion von Indol und Serin zur Aminosäure Tryptophan katalysiert [3] .<br />
Viele Proteine bestehen aus mehreren nicht-kovalent verknüpften Polypeptidketten, die<br />
sich als Untereinheiten eines Proteinkomplexes zusammenlagern. Die Anordnung<br />
verschiedener Untereinheiten zueinander wird als Quartärstruktur bezeichnet. Ein<br />
bekanntes Beispiel für ein Protein mit Quartärstruktur ist das Hämoglobin, das aus zwei<br />
identischen α-Untereinheiten und zwei identischen β-Untereinheiten besteht und<br />
Luftsauerstoff im menschlichen Blut transportiert.
Grundlagen<br />
Kofaktoren<br />
Neben der eigentlichen dreidimensionalen Struktur eines Proteins ist in vielen Fällen<br />
entscheidend, wie Kofaktoren im Protein gebunden werden. Unter einem Kofaktor versteht<br />
man einen Bestandteil eines Proteins, der nicht aus Aminosäuren besteht. Da<strong>bei</strong> kann es<br />
sich um anorganische Ionen oder ein komplexes organisches oder metallorganisches<br />
Molekül handeln. Wird der Kofaktor kovalent an das Protein gebunden, wird er als<br />
prosthetische Gruppe bezeichnet.<br />
Verschiedene Parameter bestimmen wesentlich die spektralen und funktionellen<br />
Eigenschaften eines Kofaktors, wie z. B. das Redoxpotential. Die direkte Umgebung<br />
(hydrophil oder hydrophob), die Art der Bindung an das Protein (kovalent, koordinativ<br />
oder mittels van-der-Waals Wechselwirkung) sowie zusätzliche Kontakte zur<br />
Proteinumgebung (z.B. Wasserstoffbrücken) nehmen Einfluss auf die physikalischen<br />
Eigenschaften des Kofaktors. Sofern mehrere Kofaktoren vorhanden sind, ist die relative<br />
Ausrichtung der Kofaktoren zueinander entscheidend für die Effizienz eines Energie- oder<br />
Elektronentransfers.<br />
Faltung<br />
Welche Faktoren die Faltung beeinflussen, die für die Funktion eines Proteins nötig ist, ist<br />
bis heute weitgehend unverstanden, weil die Faltung eines Proteins ein höchst komplexer<br />
Vorgang ist. Ausgehend vom vollständig entfalteten Zustand gibt es eine Vielzahl<br />
konformeller Möglichkeiten, die lokale Minima der Energiehyperfläche darstellen, um zu<br />
einer „stabilen“ Struktur zu gelangen. Jedoch ist ein Protein einzig in der nativen Struktur<br />
in der Lage, die Aufgaben mit der nötigen Effizienz durchzuführen. Bei vielen Proteinen<br />
sind spezielle Hilfsstoffe, die sogenannten Chaperone, für die korrekte Faltung eines<br />
Proteins nötig. Chaperone sind ebenfalls in vielen Fällen Proteine.<br />
Um den Prozess der Faltung besser zu verstehen, bietet es sich an, an kleinen, einfachen<br />
Modellen zu ermitteln, welche Primärsequenz besonders gut für ein bestimmtes<br />
strukturelles Motiv (z.B. α-Helix) geeignet ist. Als Grundlage dient die rapide wachsende<br />
Menge an Kristallstrukturen von nativen Proteinen. Die Zahl der veröffentlichten<br />
4
5<br />
Grundlagen<br />
Strukturen in der seit 1974 bestehenden weltweiten Proteindatenbank a ist von etwa 21000<br />
Strukturen im Juli 2003 auf über 32000 Strukturen im August 2005 angestiegen. Durch<br />
Analyse der unterschiedlichen Sekundärstrukturtypen (Helix, Faltblatt) wird versucht,<br />
Parameter festzulegen, die diese sekundären Strukturelemente stabilisieren.<br />
Abbildung 2: Modell einer Energiehyperfläche für die Proteinfaltung [4] . Ausgehend vom komplett<br />
entfalteten Zustand müssen viele lokale Minima durchlaufen werden, bevor der funktionelle, native Zustand<br />
erreicht wird. Bei vielen Proteinen sind kleine Moleküle und Proteine, die sogenannten Chaperone, für die<br />
native Faltung notwendig.<br />
Die Aminosäuren Lysin, Glutamat und Leucin sind zum Beispiel bevorzugte Bausteine<br />
von amphiphilen α-Helices, da diese durch die intramolekulare Wasserstoffbrücken<br />
zwischen den Seitenketten der <strong>bei</strong>den polaren Aminosäuren zusätzlich stabilisiert werden.<br />
Die hydrophobe Seite wird durch Leucin gebildet. Die in β-Position verzweigten<br />
Aminosäuren Valin und Isoleucin, sowie die zyklische Aminosäure Prolin stören die<br />
helikale Struktur und werden daher häufig eingesetzt, um dieses Sekundärstrukturelement<br />
a RCSB Protein Data Bank, www.pdb.org
Grundlagen<br />
zu terminieren. Aus amphiphilen Helices wird ein wichtiges Tertiärstrukturelement, das<br />
vier-Helix-Bündel, aufgebaut. Da<strong>bei</strong> lagern sich vier amphiphile Helices in antiparalleler<br />
Ausrichtung zusammen. Die Triebkraft ist die hydrophobe Wechselwirkung der Helices<br />
untereinander. Daher besitzt ein vier-Helix-Bündel einen stark hydrophoben Kern, wo<strong>bei</strong><br />
es selbst in der Regel gut wasserlöslich ist.<br />
Methoden zur Faltungs- und Funktionsaufklärung<br />
Für die Funktion eines Enzyms ist die Zugänglichkeit eines aktiven Zentrums für ein<br />
Substrat sowie die Polarität und Geometrie der Bindungstasche von essentieller<br />
Bedeutung.<br />
Im wesentlichen können drei unterschiedliche Wege zur Erforschung von Proteinfaltung<br />
und –funktion beschritten werden.<br />
a) Molekularbiologisch werden durch ortsspezifische Mutagenese einzelne oder<br />
mehrere Aminosäuren eines Proteins verändert und die Änderung der<br />
Eigenschaften (z.B. Turn-over Rate, die Substratspezifität eines Enzyms oder<br />
spektroskopische Parameter etc.) untersucht und abhängig von der Modifikation am<br />
Protein interpretiert.<br />
b) In einem Protein mit bekannter Struktur werden neue aktive Zentren konstruiert,<br />
wo<strong>bei</strong> das Verständnis der Funktion eines Proteins bzw. der Struktur eines aktiven<br />
Zentrums <strong>bei</strong> dieser Untersuchung im Vordergrund steht. Da<strong>bei</strong> dient das Protein<br />
selbst im Prinzip nur noch als vorgeformte, stabile Abschirmung des neuen aktiven<br />
Zentrums. Dieses Verfahren kann nur <strong>bei</strong> Proteinen durchgeführt werden, die in<br />
einem anderen Organismus, z. B. Escherichia coli, durch Einschleusen eines<br />
Plasmids überexprimiert werden können (Transformation und heterologe/homologe<br />
Expression). Die ursprüngliche Funktion des Proteins geht da<strong>bei</strong> in der Regel<br />
vollständig verloren.<br />
c) Alternativ dazu versucht der Ansatz der de novo Synthese, Fragmente eines<br />
bestimmten Strukturmotivs (z. B. α-Helices, wie sie in einem vier-Helix-Bündel<br />
vorhanden sind) ohne direkten Bezug zu einer natürlich vorkommenden<br />
Aminosäuresequenz herzustellen. Diese Methode ist daher auf theoretische<br />
Modelle angewiesen. Dieser Ansatz geht besonders stark auf das Verständnis von<br />
Faltung und Funktion von Proteinen ein und nutzt da<strong>bei</strong> native Aminosäuren<br />
6
7<br />
Grundlagen<br />
ebenso wie nicht-native (z.B. α- und β-) Aminosäuren. Bei der de novo Synthese ist<br />
zwischen dem rationalen und dem kombinatorischen Design zu unterscheiden.<br />
Beim rationalen Design wird die zu synthetisierende Sequenz mit Hilfe<br />
theoretischer Modelle entworfen, wo<strong>bei</strong> bestimmte strukturelle Motive<br />
berücksichtigt werden. Beim kombinatorischen Design wird eine Bibliothek<br />
ähnlicher Modelle synthetisiert. Die einzelnen Modelle werden anschließend<br />
anhand von vorher festgelegten Eigenschaften selektiert. Die Selektion stellt häufig<br />
ein Problem dar, da eine große Anzahl unterschiedlicher Sequenzen in kurzer Zeit<br />
mit eindeutigem Ergebnis bezüglich mindestens einer Eigenschaft untersucht<br />
werden muss. Der Syntheseaufwand eines kombinatorischen Ansatzes ist zu<br />
Beginn sehr hoch, allerdings ist auch mit sehr guten Ergebnissen zu rechnen, wenn<br />
das Problem des „screenings“ zufriedenstellend gelöst werden kann. Die <strong>bei</strong>den<br />
größten Nachteile der de novo Synthese sind der enorme finanzielle Aufwand und<br />
die Einschränkung, nur kurze Aminosäureketten bis 60 Aminosäuren mit guter<br />
Ausbeute herstellen zu können.<br />
Das Ziel der vorgestellten methodischen Ansätze ist es, die Strukturbildung und die<br />
Funktion von Proteinen in ihrer Gesamtheit und die Wechselwirkung verschiedener<br />
Proteine untereinander zu verstehen. Sollte dies gelingen, so kann entsprechend den<br />
Anforderungen eines beliebigen Prozesses ein Protein in silico entworfen und synthetisiert<br />
werden. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es unabdingbar, einerseits Proteinmodelle zu<br />
studieren und andererseits den Einfluss einer bekannten und definierten Proteinumgebung<br />
auf einen Kofaktor zu untersuchen. Beide Ansätze werden in dieser Ar<strong>bei</strong>t verfolgt.
Grundlagen<br />
1.2. Die Struktur der Photoreaktionszentren in<br />
der Photosynthese<br />
1.2.1. Elektronentransportprozesse in der Photosynthese<br />
Die pflanzliche Photosynthese ermöglicht durch eine komplexe Reaktion unter<br />
Verwendung von Lichtenergie die Umwandlung von Kohlendioxid und Wasser in<br />
Kohlenhydrate und liefert damit die chemisch gebundene Energie für das Leben auf der<br />
Erde. In grünen Pflanzen findet die Photosynthese in den Chloroplasten statt. Mit Hilfe der<br />
Lichtsammelkomplexe werden die Photonen von Chlorophyllen absorbiert und zu zwei<br />
Reaktionszentren weitergeleitet. Die Reaktionszentren, in diesem Fall die Photosysteme I<br />
und II (Abbildung 3), fungieren als Energieumwandler in den Zellen. Sie absorbieren die<br />
Lichtenergie und übertragen diese direkt auf Elektronen, die zum Aufbau energiereicher<br />
Stoffe, z. B. NADPH, genutzt werden.<br />
Das Photosystem II transferiert die absorbierte Lichtenergie vom P680 über ein Phäophytin<br />
auf zwei Plastochinone QA und QB. Durch die Reduktion zum Hydrochinon kann das QB<br />
aus dem Protein durch die Membran diffundieren und zwei Elektronen und zwei Protonen<br />
an den Cytochrom b6f-Komplex übertragen. Die unbesetzte Bindungstasche im<br />
Photosystem II wird durch ein Chinon aus dem Chinonpool besetzt. Während die Protonen<br />
in das Thylakoidlumen abgegeben werden und dadurch einen Protonengradienten über die<br />
Membran aufbauen, transferiert das Plastocyanin die Elektronen weiter zum PS I. Die<br />
Elektronenlöcher, die durch den Abtransport der Elektronen im Photosystem II entstehen,<br />
werden durch Oxidation von Wasser wieder gefüllt. Als Koppelprodukte entstehen<br />
Sauerstoff, der als Gas die Zelle verlässt und Protonen, die in Form eines<br />
Protonengradienten über die Membran <strong>bei</strong>spielsweise von der ATP-Synthase genutzt<br />
werden, um Adenosintriphosphat (ATP) aus Adenosindiphosphat (ADP) aufzubauen.<br />
Das Photosystem I überträgt nach der Lichtanregung Elektronen an Ferredoxin, das diese<br />
an die NADP-Reduktase weitergibt. Die NADP-Reduktase wiederum reduziert mit Hilfe<br />
8
9<br />
Grundlagen<br />
dieser energiereichen Elektronen NADP zu NADPH, das als Reduktionsäquivalent in der<br />
Zelle zur Verfügung steht.<br />
Abbildung 3: Querschnitt durch eine Thylakoidmembran. Die Lichtsammelkomplexe sind aus Gründen der<br />
Übersichtlichkeit nicht gezeigt.<br />
1.2.2. Das Photosystem I<br />
Das Photosystem I wird an dieser Stelle detaillierter besprochen, da es als Vorbild für die<br />
Modelle der Eisen-Schwefel-Zentren dient, die in dieser Ar<strong>bei</strong>t untersucht werden. Es<br />
besteht aus mehr als zehn Untereinheiten (PsaA bis PsaL), von denen A und B ein<br />
Homodimer mit jeweils 83 kDa Molekülmasse bilden (Abbildung 4). Sie bestehen aus<br />
jeweils elf transmembranen Helices und vier Helices in der Nähe der stromalen<br />
Membranoberfläche. Die Untereinheiten C, D und E befinden sich ebenfalls auf der<br />
stromalen Seite der Membran. Diese drei Untereinheiten besitzen wenige<br />
Sekundärstrukturelemente, die meist durch β-Faltblätter gebildet werden. Die<br />
Untereinheiten C und D weisen zusätzlich kurze Helices mit bis zu 15 Aminosäuren auf.<br />
In einem Photosystem I sind - abhängig von der Spezies - bis zu 100 Chlorophylle, etwa 22<br />
Carotinoide, zwei Phyllochinone und drei [4Fe4S]-Zentren gebunden. Von dieser Vielzahl<br />
an Kofaktoren sind nur elf direkt an der Funktion des Photosystems I, der lichtinduzierten<br />
Ladungstrennung, beteiligt. Die restlichen Kofaktoren dienen dem Sammeln von<br />
Lichtenergie (Chlorophylle) und der Unterdrückung der reaktiven lichtangeregten<br />
Triplettzustände (Carotinoide). Ausgehend von einem Chlorophyll a/a´ Dimer, dem
Grundlagen<br />
sogenannten special pair P700, existieren in den <strong>bei</strong>den Untereinheiten PsaA und PsaB zwei<br />
symmetrische Elektronentransferwege, der sogenannte A- und der B-Zweig. Sie bestehen<br />
aus zwei monomeren Chlorophyll a Molekülen, dem „accessory“ Chlorophyll und dem<br />
Akzeptor A0, sowie einem Phyllochinon, dem Akzeptor A1. Die <strong>bei</strong>den Zweige münden in<br />
das erste [4Fe4S]-Zentrum, FX, welches von den Untereinheiten A und B durch eine<br />
flexible Region in der Peptidkette gebunden wird [5] . Von FX werden die Elektronen in die<br />
Untereinheit PsaC zu den Eisen-Schwefel-Zentren FA und FB übertragen und von<br />
Ferredoxin, das an der Oberfläche der Untereinheiten PsaD und PsaE bindet,<br />
aufgenommen.<br />
A1<br />
A0<br />
Abbildung 4: Schematische Darstellung von sechs Untereinheiten des Photosystems I, sowie der Abfolge<br />
der Kofaktoren (links). Kristallstruktur (PDB 1JB0) des oberen Teils des Photosystems I mit den stromalen<br />
Untereinheiten C, D und E, sowie den drei [4Fe4S]-Zentren FX, FA und FB (rechts).<br />
Die lichtinduzierte Ladungstrennung findet zwischen dem primären Elektronendonor, dem<br />
P700, und dem primären Elektronenakzeptor, A0, in etwa 1 ps statt [6] . Anschließend wird<br />
das Elektron in 30 ps auf ein Phyllochinon, A1, übertragen und zum FX-Zentrum in 30 ns<br />
weitergeleitet. In weniger als 500 ns gelangt das Elektron von dort aus zu den <strong>bei</strong>den<br />
[4Fe4S]-Zentren FA und FB. Der gesamte Elektronentransfer erfolgt von einem<br />
Anfangspotential von etwa –1,3 V für den lichtangeregten Singulettzustand des P700<br />
energetisch begünstigt (downhill) über –700 mV für das FX-Zentrum bis zu einem<br />
Potential von –590 mV für das Zentrum FB [6] . Einzig der letzte Schritt des<br />
10
11<br />
Grundlagen<br />
Elektronentransfers von FA nach FB ist ein energetisch ungünstiger Transfer (uphill), da FA<br />
ein Redoxpotential von –540 mV aufweist.<br />
Das Redoxpotential der Eisen-Schwefel-Zentren FX, FA und FB soll hier ausführlicher<br />
behandelt werden, da es eine wesentliche Eigenschaft dieser Zentren ist. Das FX-Zentrum<br />
ist eines der wenigen Beispiele für ein „interpolypeptid“ Eisen-Schwefel-Zentrum. Im<br />
Gegensatz zu den meisten FeS-Zentren wird es von zwei unabhängigen Untereinheiten<br />
ligandiert. Es besitzt zudem mit –705 ± 15 mV [7] bzw. –670 mV [8] eines der negativsten<br />
Redoxpotentiale. Der negativere Wert wurde durch eine Reduktion an einer<br />
Goldoberfläche und Detektion durch EPR <strong>bei</strong> tiefer Temperatur ermittelt, der positivere<br />
Wert ist mit Hilfe transienter optischer Spektroskopie bestimmt worden. Das<br />
Redoxpotential für FA liegt im Bereich von –465 mV [9] bis –540 mV [10] , dasjenige von FB<br />
im Bereich von –440 mV [9] bis –590 mV [10] . Der Grund für diese signifikanten<br />
Unterschiede der ermittelten Redoxpotentiale liegt in der verwendeten Messmethode. Die<br />
negativeren Redoxpotentiale wurden über eine Redoxtitration mit Dithionit <strong>bei</strong> pH 10 <strong>bei</strong><br />
Raumtemperatur durchgeführt. Die Detektion des Titrationsverlaufs erfolgte durch<br />
EPR-Spektroskopie <strong>bei</strong> 20 K. Die positiveren Redoxpotentiale wurden durch die<br />
Auswertung der Ladungsrekombinationskinetik nach Anregung durch Blitzlicht ermittelt.<br />
Diese Messungen wurden potentialabhängig durchgeführt, wo<strong>bei</strong> das Potential ebenfalls<br />
über die Zugabe von Dithionit eingestellt wurde.<br />
Bei der Bewertung der <strong>bei</strong>den Ergebnisse ist zu berücksichtigen, dass die Detektion des<br />
Oxidationszustandes von FA und FB durch EPR <strong>bei</strong> tiefer Temperatur nicht unstrittig ist,<br />
weil die Potentiale <strong>bei</strong>der Zentren temperaturabhängig sein können und das Einfrieren eine<br />
Änderung des Gleichgewichts bewirken kann. In <strong>bei</strong>den Studien wurde das Potential von<br />
FB in Gegenwart eines reduzierten FA-Zentrums bestimmt, wo<strong>bei</strong> eine gegenseitige<br />
Beeinflussung (Kooperativität) <strong>bei</strong>der Zentren untereinander nicht ausgeschlossen werden<br />
kann. Außerdem wird <strong>bei</strong> der Auswertung der Ladungsrekombinationskinetik ein<br />
vereinfachtes Modell der möglichen Redoxzustände im PS I angenommen, wo<strong>bei</strong> lediglich<br />
die <strong>bei</strong>den terminalen Elektronenakzeptoren FA und FB, sowie das P700 berücksichtigt<br />
werden. Die anderen Kofaktoren, die am Elektronentransfer beteiligt sind, werden <strong>bei</strong> der<br />
Auswertung der Kinetik nicht berücksichtigt.<br />
Zusätzlich sind für Photosysteme verschiedener Organismen unterschiedliche Werte für<br />
die Redoxpotentiale der einzelnen Eisen-Schwefel Zentren bestimmt worden [11; 12] .
Grundlagen<br />
Wie durch die Proteinumgebung ein derart negatives Redoxpotential, wie <strong>bei</strong>spielsweise<br />
für das Zentrum FX, erzeugt wird, ist weitgehend unverstanden. Eine Wechselwirkung des<br />
geladenen [4Fe4S]-Zentrums mit ebenfalls geladenen Aminosäuren in der Umgebung,<br />
sowie die Polarisierbarkeit des gesamten Proteins werden zur Erklärung herangezogen. Ein<br />
wichtiger Parameter für die Kontrolle des Redoxpotentials ist vermutlich die<br />
Zugänglichkeit des Zentrums für das Lösemittel (vgl. Abschnitt 1.5).<br />
1.3. Die Struktur von Myoglobin<br />
Myoglobin ist, ebenso wie Hämoglobin, seit Jahrzehnten Ziel intensiver Forschung. Mit<br />
einer Sauerstoffaffinität, die zwischen der von Hämoglobin und der von Cytochrom a bzw.<br />
a3 (Hauptbestandteil der Cytochrom c-Oxidase) liegt [13] , dient Myoglobin in der Zelle als<br />
Sauerstoffakzeptor und -speicher aus dem Blut. Weil das Protein in seiner Apo-Form in<br />
dieser Ar<strong>bei</strong>t als Matrix für nicht-native Kofaktoren verwendet wird und dadurch seine<br />
biologische Funktion verliert, werden im folgenden Abschnitt kurz einige grundsätzliche<br />
Eigenschaften und strukturelle Merkmale aufgeführt. Weiterführende Details über die<br />
biologische Funktion von Myoglobin sind in verschiedenen Übersichtsartikeln<br />
zusammengefasst worden [14-16] .<br />
Myoglobin besteht aus 153 Aminosäuren (für Pferdemuskel- und Pottwal-Myoglobin) und<br />
ist ein Vertreter der Globin-Proteine. Es ist gut löslich in Wasser (>60 mg/ml) und in seiner<br />
nativen Form sehr stabil gegen Denaturierung. In dieser Form liegt der Kofaktor Hämin als<br />
Eisen(II)-Spezies vor. Kommerziell ist die inaktive Eisen(III)-Form erhältlich, das<br />
sogenannte met-Myoglobin.<br />
Myoglobin wurde als erstes Protein vollständig kristallographisch charakterisiert [17] . Im<br />
gefalteten Zustand besteht es aus acht α-Helices (A bis H), die von etwa 75 % der<br />
Aminosäuren des Proteins gebildet werden. Diese Helices bilden die sogenannte Globin-<br />
Faltung, die <strong>bei</strong> Vertebraten, aber auch <strong>bei</strong> Pflanzen und Bakterien weit verbreitet ist.<br />
Charakteristisches Merkmal der Globin-Faltung ist die Verbindung der Helices über kurze<br />
„loops“. Die dreidimensionale Anordnung der Helices bildet eine Tasche, die im<br />
Myoglobin durch Hämin besetzt ist. Myoglobin besitzt im nativen Zustand eine hohe<br />
Stabilität gegenüber der Entfaltung, die von einer starken Wechselwirkung durch eine<br />
12
13<br />
Grundlagen<br />
dichte Packung der Aminosäurenseitenketten herrührt. Ein typisches Merkmal für die<br />
Globin-Faltung ist, dass diese Wechselwirkung nur <strong>bei</strong> Helices zu beobachten ist, die in<br />
der Sequenz nicht direkt aufeinanderfolgen. Eine Ausnahme hiervon stellen die Helices G<br />
und H dar, die eine antiparallele Anordnung aufweisen und deshalb durch eine starke<br />
Packungswechselwirkung stabilisiert werden.<br />
Abbildung 5: Darstellung der Kristallstruktur von Myoglobin (PDB 1A6M). Die Helices A bis F sind durch<br />
blaue Zylinder dargestellt. Die Kohlenstoffatome des Kofaktors Hämin, sowie der <strong>bei</strong>den ligandierenden<br />
Histidine sind in türkis, Stickstoffatome in blau und das zentrale Eisenion in gelb gefärbt. Das ursprünglich in<br />
der Kristallstruktur enthaltene Sauerstoffmolekül ist zur besseren Übersichtlichkeit nicht abgebildet.<br />
Die Aminosäuren des Myoglobins können auf zwei unterschiedliche Arten bezeichnet<br />
werden. Entweder wird ihre Position allein durch eine Zahl gekennzeichnet, z. B. Val 68,<br />
oder durch einen Buchstaben und eine Zahl, z. B. Val E 11. Bei der ersten Konvention<br />
werden die Aminosäuren <strong>bei</strong>m N-Terminus beginnend fortlaufend durchnummeriert.<br />
Damit ist die Bezeichnung spezifisch für das Myoglobin einer Spezies, da die Gesamtzahl<br />
der Aminosäuren von Spezies zu Spezies variieren kann. Die zweite Möglichkeit
Grundlagen<br />
bezeichnet die Position der Aminosäure innerhalb einer Helix. Die Bezeichnung E 11<br />
beschreibt die elfte Aminosäure in der Helix E, während CD 1 die erste Aminosäure im<br />
„loop“ zwischen den Helices C und D bezeichnet. Diese Art der Positionsangabe ist<br />
unabhängig von der Spezies, aus der das Myoglobin isoliert wurde, allerdings erfordert<br />
diese Nomenklatur eine präzise Definition der Länge der jeweiligen „loops“ und Helices.<br />
In dieser Ar<strong>bei</strong>t werden <strong>bei</strong>de Möglichkeiten der Bezeichnung parallel verwendet, um die<br />
Vergleichbarkeit mit älteren Publikationen zu erleichtern.<br />
Abbildung 6: Darstellung der Häminbindungstasche im Myoglobin (PDB 1A6M). Neben dem Kofaktor<br />
Hämin (grün) mit dem zentralen Eisenion (pink) sind die unmittelbar angrenzenden Aminosäuren dargestellt.<br />
Die γ-CH3-Gruppen der Aminosäure Val 68 (E 11) liegen dicht am Ringsystem und stehen in Kontakt mit<br />
der π-Elektronenwolke des Kofaktors.<br />
Bei Myoglobinen aller Spezies ist die Aminosäure Histidin F 8 konserviert [15] . Dieses<br />
proximale Histidin ligandiert das zentrale Eisen(II)ion des Hämins und ist daher essentiell<br />
für die Funktion des Proteins. Fast ausschließlich über diese Aminosäure wird die Funktion<br />
und Bindungsaffinität des zentralen Eisenions und somit die Funktion des gesamten<br />
Proteins gesteuert. Auf der distalen Seite des Hämins sind die Aminosäuren Phenylalanin<br />
CD 1, Valin E 11, Leucin B 10 und Histidin E 7 hochkonserviert. Valin E 11, Leucin B 10<br />
und Phenylalanin CD 1 bilden hydrophobe Wechselwirkungen mit dem Kofaktor aus und<br />
tragen damit wesentlich zur Stabilisierung des Hämins in der Bindungstasche <strong>bei</strong>. Die<br />
14
15<br />
Grundlagen<br />
Hauptfunktion des distalen Histidins E 7 ist die Bildung einer Wasserstoffbrückenbindung<br />
zum Eisen-koordinierten Sauerstoffmolekül, um dieses zu stabilisieren. In der<br />
sauerstofffreien deoxy-Form ist diese Bindungsstelle durch ein Wassermolekül besetzt [18] .<br />
Neben dem nativen Kofaktor Hämin ist Myoglobin in der Lage, auch nicht-native<br />
Kofaktoren anstelle des Hämins zu binden. Es wurden bereits verschiedene<br />
Kobaltporphyrine [19] und Magnesiumporphyrine [20] , Zinn(IV)protoprophyrin [21] , sowie<br />
offenkettige Tetrapyrrole wie Bilinchromophore [22] und verschiedene Chlorophyll- und<br />
Bakteriochlorophyllderivate erfolgreich in Myoglobin gebunden [23; 24] . Verschiedene<br />
NMR-spektroskopische Untersuchungen zeigen, dass der Einbau des nativen Kofaktors im<br />
ersten Schritt maßgeblich durch zwei intermolekulare Salzbrücken zwischen den<br />
Propionaten des Hämins und zwei Aminosäuren auf der Oberfläche beeinflusst wird. Da<strong>bei</strong><br />
handelt es sich um Histidin FG3 und Arginin CD3 <strong>bei</strong> Pottwal-Myoglobin bzw. Histidin<br />
FG3 und Lysin CD3 <strong>bei</strong> Pferde-Myoglobin [25; 26] . Da das Hämin bezüglich dieser<br />
Wechselwirkung symmetrisch ist, kann es <strong>bei</strong> Rekonstitutionen in vitro in zwei<br />
unterschiedlichen Einbaurichtungen im Myoglobin im Verhältnis 1:1 binden. Die eine<br />
Einbaurichtung entspricht derjenigen, die in der Kristallstruktur von nativem Myoglobin<br />
gefunden wird, während im anderen Fall der Kofaktor 180° um die Achse der α,γ-Methinprotonen<br />
gedreht ist (Abbildung 7). Zwar stellt sich in vitro ein Gleichgewicht zwischen<br />
<strong>bei</strong>den Formen ein, wo<strong>bei</strong> die hydrophobe Interaktion der Vinylseitenketten mit der<br />
Proteinumgebung die treibende Kraft ist, jedoch wird dieses Gleichgewicht erst nach<br />
Tagen oder Monaten erreicht. Für die Umwandlung des einen Isomers in das andere muss<br />
der Kofaktor um 180° gedreht werden. Für diesen Vorgang werden zwei unterschiedliche<br />
Mechanismen diskutiert [27] . Eine Möglichkeit ist ein unimolekularer Mechanismus, <strong>bei</strong><br />
dem der Kofaktor die Bindungstasche des Proteins nicht verlässt, sondern sich die Struktur<br />
des Proteins derart aufweitet, dass eine Drehung des Kofaktors innerhalb der<br />
Bindungstasche möglich ist. Um dies zu erreichen, muss die Eisen-Histidin Bindung<br />
gebrochen werden. Der zweite mechanistische Vorschlag ist eine bimolekulare Reaktion,<br />
<strong>bei</strong> der der Kofaktor die Bindungstasche vollständig verlässt, die 180° Drehung ausführt,<br />
und anschließend wieder im Protein bindet.<br />
Obwohl <strong>bei</strong>de Mechanismen ausführlich in der Literatur diskutiert werden [28] , ist die<br />
unimolekulare Reaktion wahrscheinlicher. Das Gleichgewicht zwischen <strong>bei</strong>den Isomeren<br />
stellt sich deutlich schneller ein als man unter Berücksichtigung der Dissoziationskonstante
Grundlagen<br />
von Proteinen und Kofaktor erwartet. Daher kann die Dissoziation des Kofaktors vom<br />
Protein <strong>bei</strong> der Gleichgewichtseinstellung zwischen <strong>bei</strong>den Isomeren bestenfalls eine<br />
untergeordnete Rolle spielen.<br />
20<br />
5<br />
15<br />
10<br />
Abbildung 7: Illustration der <strong>bei</strong>den Einbauisomere am Beispiel von Eisen-Protoporphyrin (FePPIX). Die<br />
Isomere können durch eine Rotation um die Achse durch C5 und C15 ineinander überführt werden. Da die<br />
Seitenkette der Aminosäure Val 68 <strong>bei</strong> einem Isomer über dem Ring I zu liegen kommt und <strong>bei</strong> dem anderen<br />
Isomer über dem Ring II, können die <strong>bei</strong>den Isomere anhand der NMR-Spektren voneinander unterschieden<br />
werden.<br />
16<br />
5<br />
10 20<br />
15
1.4. Die Struktur von Porphyrinen<br />
17<br />
Grundlagen<br />
Die grundlegende Struktur von Chlorophyllen und Protoporphyrin ist das Porphyrin, auch<br />
Porphin genannt (Abbildung 8). Es besteht aus vier Pyrrolringen, die durch vier<br />
Methinbrücken zu einem Makrozyklus verknüpft sind. Durch teilweise oder vollständige<br />
Substitution der acht Protonen in β-Position durch Alkylketten wird die Gruppe der freebase-Porphyrine<br />
gebildet. Werden die <strong>bei</strong>den zentralen Protonen durch ein zweiwertiges<br />
Metallion ersetzt, ergibt sich die Klasse der Metalloporphyrine. Der wichtigste Vertreter<br />
dieser Gruppe ist das Eisen-Protoporphyrin, welches zu der Klasse der Häm-Proteine<br />
gehört. Zu den Häm-Proteinen gehören neben den Sauerstofftransport-Proteinen<br />
Hämoglobin und Myoglobin auch die Gruppe der Cytochrome. Die Cytochrome sind<br />
sowohl in der Photosynthese als auch in der oxidativen Phosphorylierung wichtige<br />
Elektronentransportproteine. Reaktive Sauerstoff-Verbindungen wie Peroxide und<br />
Superoxide sind für Organismen schädlich [29] und werden über Katalasen und Peroxydasen<br />
beseitigt, die ebenfalls ein Hämgruppen als Kofaktor enthalten.<br />
A B<br />
NH N<br />
D<br />
N<br />
HN<br />
C<br />
2<br />
1<br />
3 4<br />
20<br />
18<br />
17<br />
16<br />
19<br />
D<br />
5<br />
NH N<br />
N<br />
15<br />
13 2<br />
HN<br />
6 7<br />
8<br />
9<br />
13 1<br />
10<br />
11<br />
14 12<br />
13<br />
E<br />
D<br />
NH N B<br />
A B C<br />
Abbildung 8: Oxidationsstufen des Porphins: A) Porphyrin oder Porphin, Grundstruktur aller Porphyrine mit<br />
der Bezeichnung der einzelnen Ringe. B) Durch Absättigen einer Doppelbindung entsteht das sogenannte<br />
Chlorin (17,18 Dihydroporphyrin), das Grundgerüst der Chlorophylle. C) Das Absättigen einer weiteren<br />
Doppelbindung führt zu Bakteriochlorin (7,8,17,18-Tetrahydroporphyrin) von dem die Bakteriochlorophylle<br />
abgeleitet sind. Der für diese Pigmente charakteristische isozyklische Ring E ist gestrichelt gezeichnet.<br />
N<br />
HN
Grundlagen<br />
Durch Absättigung einer Doppelbindung eines Pyrrolringes wird die Struktur der Chlorine<br />
oder dihydro-Porphine gebildet. Die bekanntesten Vertreter dieser Gruppe sind die<br />
Chlorophylle, die zentral ein Magnesium(II)ion enthalten. Bei diesen Pigmenten schließt<br />
sich am Ring C ein isozyklischer Ring E an. Wird gegenüberliegend der ersten gesättigten<br />
Doppelbindung eine zweite Doppelbindung vollständig gesättigt, entsteht das Grundgerüst<br />
der Bakteriochlorine oder o(pposite)-tetra-hydro-Porphine. Die wichtigsten Vertreter dieser<br />
Klasse sind die Bakteriochlorophylle, die wie die Chlorophylle Magnesium(II)komplexe<br />
der freien Base sind.<br />
1.4.1. Nomenklatur der Porphyrine<br />
Die Nomenklatur der Porphyrine nach den Regeln der International Union of Pure and<br />
Applied Chemsitry (IUPAC) ist aus historischen Gründen unübersichtlich. Die<br />
Nomenklatur nach Fischer, <strong>bei</strong> der nur die β-Positionen der Pyrrolringe nummeriert<br />
wurden, führte <strong>bei</strong> modifizierten Porphyrinen zu widersprüchlichen Namen und soll daher<br />
nicht mehr verwendet werden. Die systematische IUPAC Nomenklatur verursacht <strong>bei</strong> den<br />
verwendeten Ringsystemen jedoch häufig lange und unübersichtliche Namen und wird<br />
daher in der Praxis nur in Ausnahmefällen verwendet. Allerdings können die Porphyrine<br />
auch semisystematisch nach IUPAC benannt werden. Da<strong>bei</strong> kommen einige ausgewählte<br />
Trivialnamen der Fischer-Nomenklatur zum Einsatz, die von der IUPAC mit einem<br />
festgelegten Substitutionsmuster teilweise neu definiert wurden.<br />
Zu beachten ist, dass das Nummerierungssystem der systematischen und der<br />
semisystematischen Nomenklatur unterschiedlich sind (Abbildung 9). Protoporphyrin trägt<br />
in der semisystematischen Nomenklatur die Propionsäuren in den Positionen 13 und 17,<br />
während die gleichen Reste in der systematischen Nomenklatur durch die Ziffern 2 und 18<br />
gekennzeichnet sind.<br />
Die in Abbildung 9 gezeigte Verbindung wurde nach Fischer Protoporphyrin IX genannt<br />
und ist heute nach der semisystematischen Nomenklatur der IUPAC als Protoporphyrin –<br />
ohne Nummerierung – zu bezeichnen. In dieser Ar<strong>bei</strong>t wird diese Verbindung mit PPIX<br />
bzw. die daraus hergestellten Zinkkomplexe als ZnPPIX abgekürzt, um eine Verwechslung<br />
mit anderen Kofaktoren zu vermeiden.<br />
18
H 3C<br />
H<br />
H3C<br />
H 2C<br />
H 2C<br />
5<br />
3 4<br />
CH 2<br />
O OH<br />
CH<br />
8<br />
9<br />
7<br />
6<br />
2<br />
NH N<br />
N<br />
1<br />
H<br />
10<br />
20<br />
H<br />
HN<br />
CH3<br />
11 12<br />
13<br />
14<br />
15<br />
16<br />
19 17<br />
18<br />
H<br />
CH3<br />
H2C CH2<br />
HO<br />
CH2<br />
CH<br />
O<br />
19<br />
H 3C<br />
H<br />
H3C<br />
H 2C<br />
H 2C<br />
CH 2<br />
O OH<br />
CH<br />
2<br />
1<br />
3 4<br />
20<br />
NH N<br />
N<br />
18<br />
1716<br />
19<br />
H<br />
5<br />
15<br />
H<br />
HN<br />
CH3<br />
6 7<br />
8<br />
9<br />
10<br />
11<br />
14 12<br />
13<br />
H<br />
Grundlagen<br />
CH3<br />
H2C CH2<br />
HO<br />
CH2<br />
CH<br />
Abbildung 9: Vergleich der systematischen (links) und der semisystematischen (rechts) Nomenklatur von<br />
Protoporphyrin (ehemals Protoporphyrin IX). Die Nummerierungen sind in <strong>bei</strong>den Systemen unterschiedlich.<br />
H3C<br />
H 3C<br />
17 2<br />
3 2<br />
H 2C<br />
H<br />
H 2C<br />
3<br />
4<br />
2<br />
1<br />
20<br />
3 1<br />
CH<br />
N<br />
19<br />
18<br />
16<br />
17<br />
17 1<br />
CH2 H<br />
H<br />
5<br />
NH N<br />
15<br />
HN<br />
6 7<br />
8<br />
9<br />
10<br />
11<br />
14 12<br />
13<br />
13 1<br />
13 2<br />
O OPhytyl<br />
O O<br />
CH3<br />
CH 3<br />
O<br />
8 1<br />
CH2<br />
H<br />
CH3<br />
8 2<br />
CH3 Abbildung 10: Struktur von Phäophytin a. Der Magnesiumkomplex von Phäophytin a ist das Chlorophyll a.<br />
Die Chlorophylle werden ebenfalls nicht nach der systematischen Nomenklatur, sondern<br />
der semisystematische Nomenklatur nach IUPAC bezeichnet. Die in Abbildung 10<br />
dargestellte Verbindung wird als Phäophytin a bezeichnet. Sie wird durch Demetallierung<br />
von Chlorophyll a erhalten und stellt somit die freie Base des Chlorophylls dar. Das<br />
Phäophytin a kann seinerseits als Phäophorbid a-Phytylester bezeichnet werden. Die freie<br />
Säure trägt daher den Namen Phäophorbid a, wo<strong>bei</strong> der Buchstabe a das<br />
O
Grundlagen<br />
Substitutionsmuster beschreibt. Die Metallkomplexe können semisystematisch als<br />
Koordinationskomplexe der freien Base benannt werden. Dementsprechend wird der Name<br />
Zink-Phäophorbid a (ZnPheid a) für den Komplex von Zink(II) und Phäophorbid a<br />
verwendet.<br />
Wird die Estergruppe in Position 13 2 entfernt, sind die Verbindungen als 13 2 -demethoxycarbonyl-Verbindungen<br />
zu bezeichnen. In vielen Fällen werden diese Verbindungen Pyro-<br />
Verbindungen genannt, da sie durch eine Esterpyrolyse dargestellt werden. In dieser Ar<strong>bei</strong>t<br />
trägt das Molekül, das in der 13 2 -Position keine Esterfunktion mehr besitzt, daher den<br />
Namen Pyrophäophorbid a (PPheid a) und der korrespondierende Zinkkomplex den<br />
Namen Zink-Pyrophäophorbid a (ZnPPheid a). Wird die Säurefunktion in Position 17<br />
verestert, z. B. als Methylester, wird die Verbindung als Methyl-Pyrophäophorbid a<br />
(MePPheid a) bezeichnet.<br />
1.4.2. Elektronische Struktur der Porphyrine<br />
Das absorptionsspektroskopische Verhalten der Porphyrine, Chlorophylle und<br />
Bakteriochlorophylle lässt sich qualitativ gut mit der 4-Orbital-Modell von Gouterman [30]<br />
beschreiben. Dieses Modell wurde zunächst für hochsymmetrische Metalloporphyrine<br />
(D4h-Symmetrie) entwickelt und später für Chlorophyll- und Bakteriochlorophyllgerüste<br />
mit geringerer Symmetrie modifiziert.<br />
Man erhält zwei vollständig besetzte Orbitale a2u(π) und a1u(π) (HOMO und HOMO–1)<br />
und zwei unbesetzte Orbitale egx(π*) und egy(π*) (LUMO und LUMO+1). Die<br />
Absorptionsbanden im UV-Vis- und NIR-Bereich entstehen durch Übergänge zwischen<br />
diesen Orbitalen. Es kommt zu vier möglichen Übergängen. Zwei dieser Übergänge sind in<br />
x-Richtung (a1u(π) → egy(π*), a2u(π) → egx(π*)) polarisiert und die <strong>bei</strong>den anderen sind in<br />
y-Richtung (a1u(π) → egx(π*), a2u(π) → egy(π*)) polarisiert.<br />
Die hochenergetischen Übergänge a2u(π ) → egy(π*) (By) und a1u(π) → egy(π*) (Bx) werden<br />
aus historischen Gründen mit B gekennzeichnet, die niederenergetischen Übergänge<br />
werden dagegen mit Q bezeichnet [a2u(π) → egx(π*) (Qx) und a1u(π) → egx(π*) (Qy)]. Die<br />
vier Molekülorbitale (MO) für Porphyrin sind in Abbildung 11 dargestellt. In der<br />
D4h-Symmetrie liegen die HOMOs nah <strong>bei</strong>einander und die LUMOs sind entartet. Daher<br />
20
21<br />
Grundlagen<br />
sind die Übergänge der Bx- und der By-Bande erlaubt, die Übergänge der Qx- und der<br />
Qy-Bande jedoch verboten. Das Resultat ist eine intensive Soret-Bande und zwei schwache<br />
Banden, die durch Schwingungsverzerrung des Moleküls teilweise erlaubt sind.<br />
Abbildung 11: Elektronendichteverteilung der einzelnen Orbitale von Porphyrin (links) und<br />
Bakteriochlorophyll (rechts) nach dem 4-Orbital-Modell [31] .<br />
Wird eine Doppelbindung des Makrozyklus abgesättigt, so sind die MOs betroffen, die an<br />
dieser Position Elektronendichte aufweisen. Bei den Chlorophyllen sind dies die MOs a1u<br />
und egy, die in Folge dessen energetisch höher liegen. Dies bedeutet, dass die Übergänge<br />
mit einem Übergangsdipolmoment entlang der x-Achse eine starke Bx-, aber eine<br />
schwache Qx-Bande erzeugen. Die Übergänge mit einem Übergangsdipolmoment entlang<br />
der y-Achse erzeugen dagegen eine By- und eine Qy-Bande mit vergleichbarer Intensität.<br />
Die Bx- und die By-Bande überlagern sich und bilden gemeinsam die intensive Soret-<br />
Bande. Der Übergang für die Qx-Bande ist verboten, daher ist sie schwach.<br />
Wird zusätzlich eine zweite Bindung hydriert, wird dieser Effekt verstärkt. Dadurch kann<br />
die Verschiebung der B-Bande (Soret) ins Blaue und der Qy-Bande ins Rote mit<br />
zunehmender Zahl an reduzierten Doppelbindungen erklärt werden.
Grundlagen<br />
Abbildung 12: Die Energie der Molekülorbitale ändert sich abhängig von der Zahl der Doppelbindungen im<br />
Porphyrin, Chlorophyll und Bakteriochlorophyll. Durch die aufgehobene Entartung (eg) wird der Übergang<br />
der Qy-Bande erlaubt wodurch im UV-Vis-Spektrum eine intensive Bande auftritt.<br />
Die freien Basen der Porphyrine sind vierzähnige Chelatliganden, die nach ihrer<br />
Deprotonierung zum zweifach negativ geladenen Anion Metallionen binden können.<br />
Wesentlich für die Bindung eines Metallions ist der Ionenradius, da das planare Porphyrin<br />
Ionen mit einem Radius von 60 bis 70 pm optimal binden kann. Ist das Metallion kleiner,<br />
wird es lediglich schwach koordiniert. Ist es größer als 70 pm kann das Metallion nicht in<br />
der Ringebene gebunden werden, wodurch eine sogenannte out-of-plane-Koordination<br />
verursacht wird. Durch diese asymmetrische Koordination wird das Ringsystem verzerrt,<br />
wo<strong>bei</strong> drei Formen zu unterscheiden sind. Eine Wölbung des gesamten Ringsystems in<br />
einer Richtung („doming“), ein sattelförmiger Makrozyklus, <strong>bei</strong> dem die Stickstoffe zweier<br />
Fünfringe nach oben und zwei Stickstoffe nach unten aus der Ebene gedreht werden, und<br />
eine Verdrehung („ruffling“) des Makrozyklus [32] . Weil die biologische Funktion eines<br />
Prophyrins maßgeblich durch das zentrale Metallatom bestimmt wird, werden im<br />
folgenden die Eigenschaften der Metalle Eisen, Magnesium und Zink und die daraus<br />
resultierenden Unterschiede in der Funktion exemplarisch vorgestellt.<br />
Eisen ist eines der wichtigsten Metalle, die durch den Prophyrin-Makrozyklus gebunden<br />
werden. Eisenporphyrine kommen außer in Myoglobin und Hämoglobin auch in<br />
Cytochromen, Katalasen und Peroxidasen vor. Im gebundenen Zustand existiert es in vier<br />
22
23<br />
Grundlagen<br />
unterschiedlichen Formen. In den <strong>bei</strong>den Oxidationszuständen +2 und +3 treten abhängig<br />
von den Liganden jeweils der high-spin und der low-spin Zustand auf [33] . Der Vergleich<br />
der Ionenradien zeigt, dass die Oxidationszahl +2 in der high-spin Form mit 78 pm<br />
deutlich größer als die „Lücke“ im Porphyrinsystem ist und daher nur in der out-of-plane-<br />
Struktur gebunden werden kann, wie es in nativem desoxy-Myoglobin der Fall ist. Durch<br />
Bindung von Sauerstoff geht das Eisen in die low-spin Form über, wo<strong>bei</strong> allerdings bis<br />
heute nicht genau bekannt ist, ob es im Oxidationszustand +2 oder +3 vorliegt [34; 35] . In<br />
<strong>bei</strong>den Oxidationszuständen ist der Ionenradius mit 61 pm (Fe(II) low-spin) und 55 pm<br />
(Fe(III) low spin) deutlich kleiner als in der desoxy-Form, wodurch das Metallion in die<br />
Ringebene wandert und die Bindung des Sauerstoffmoleküls durch eine elektrostatische<br />
Wechselwirkung mit dem distalen Histidin des Proteins stabilisiert wird.<br />
Für ein Elektronentransport-Protein wie das Cytochrom c wäre eine unbesetzte<br />
Bindungsstelle am zentralen Eisen nachteilig. Für eine schnelle Redoxreaktion ist eine<br />
Änderung der Struktur ungünstig, da hierfür eine Reorganisationsenergie aufgewendet<br />
werden muss, die die Effizienz des Elektronentransfers reduziert. Daher findet man <strong>bei</strong> den<br />
meisten redox-aktiven Häm-Proteinen ein koordinativ gesättigtes Eisen im low-spin-<br />
Zustand vor und das Eisen ist aufgrund seines kleinen Ionenradius in der Ringebene<br />
gebunden. Durch eine ein-Elektronen-Übertragung ändert sich der Ionenradius nur um<br />
etwa 6 pm von 55 pm (Fe 3+ ) auf 61 pm (Fe 2+ ), dadurch tritt keine Strukturänderung bzw.<br />
keine Reorganisationsenergie <strong>bei</strong> einer Elektronenübertragung auf. Entsprechend ist eine<br />
hohe Effizienz für den Elektronentransfer die Folge.<br />
In der pflanzlichen Photosynthese kann Eisen kein Ersatz für Magnesium sein, weil es<br />
nicht redox-inert ist und daher die Energieweiterleitung bzw. die Ladungstrennung in den<br />
Photoreaktionszentren durch einen intramolekularen Elektronentransfer verhindert würde.<br />
Das ideale Metallion für ein Porphyrinsystem, das an photosynthetischen Prozessen<br />
beteiligt ist, muss also redox-inert und passend für das Porphyrin sein. Von den<br />
Hauptgruppenelementen besitzt einzig Mg 2+ eine entsprechende Größe von 72 pm. Es<br />
unterscheidet sich von Zn 2+ (74 pm) nur geringfügig bezüglich des Ionenradius, besitzt<br />
aber eine geringere Atommasse. Aufgrund der daraus resultierenden geringeren Spin-<br />
Bahn-Kopplung für das Mg 2+ -Ion tritt die Bildung eines Triplettzustandes nach<br />
Lichtanregung durch „inter-system crossing“ (ISC) deutlich seltener auf als für das Zn 2+ -<br />
Ion. Der langlebige Triplettzustand verlangsamt die notwendigerweise sehr schnellen
Grundlagen<br />
Primärereignisse der Photosynthese (Lichtsammlung und Ladungstrennung) und erzeugt<br />
damit eine Konkurrenzreaktion von unerwünschter Licht- bzw. Wärmeabgabe. Ist<br />
umgekehrt eine möglichst hohe Triplettausbeute das Ziel der Lichtanregung, wie es in<br />
dieser Ar<strong>bei</strong>t der Fall ist, ist die Verwendung von Zink als zentrales Metallion vorteilhaft.<br />
1.5. Eisen-Schwefel-Zentren in der Natur<br />
Eisen-Schwefel Proteine kommen in allen Lebewesen vor [36] . Am häufigsten sind sie an<br />
Elektronentransferprozessen beteiligt wie z. B. in den Ferredoxinen. Es sind allerdings<br />
auch die katalytische Aktivität in der Aconitase und Sensorfunktionen für NO, Sauerstoff<br />
und Eisen bekannt [37] . In der Endonuklease III besitzt das Eisen-Schwefel-Zentrum<br />
ausschließlich eine strukturelle Funktion. Die Eisen-Schwefel Komplexe bestehen aus<br />
Eisen und anorganischem Schwefel in Form von Sulfidionen. Diese Strukturen werden<br />
durch Cysteine an das Protein gebunden. Von den einfachsten Eisen-Schwefel Komplexen<br />
sind gegenwärtig vier Formen bekannt. Die Rubredoxine enthalten einen einkernigen<br />
[FeCys4] Komplex. Zweikernige [2Fe2SCys4]-Zentren kommen in den pflanzlichen<br />
Ferredoxinen vor, zu denen auch der sogenannte Rieske-Typ der Eisen-Schwefel-Zentren<br />
zu zählen ist, <strong>bei</strong> dem zwei der Cysteinliganden durch Histidin ersetzt sind<br />
[2Fe2SCys2His2]. Ein Eisen-Schwefel-Zentrum vom Rieske-Typ liegt zum Beispiel im<br />
Cytochrom b6f-Komplex vor. Außerdem sind noch drei- und vierkernige Komplexe mit der<br />
Struktur [3Fe4SCys4] und [4Fe4SCys4] bekannt, die einzeln oder gemeinsam in<br />
Ferredoxinen und katalytisch aktiven Proteinen als redox-aktive Kofaktoren vorkommen.<br />
Die Hydrogenase, sowie die Nitrogenase, besitzen sowohl [3Fe4S] als auch [4Fe4S]-<br />
Zentren.<br />
In allen Komplexen ist das Eisen tetraedrisch durch Schwefel koordiniert, die<br />
zweikernigen Komplexe besitzen die Struktur von kantenverknüpften Tetraedern, während<br />
die drei- und vierkernigen Komplexe eine kubische Struktur besitzen (Abbildung 13),<br />
wo<strong>bei</strong> <strong>bei</strong> den dreikernigen Komplexen eine Ecke des Kubus nicht besetzt ist. Neben der<br />
eigentlichen Ligandierung des Kubus und seiner dreidimensionalen Struktur, sind<br />
Wasserstoffbrückenbindungen zwischen dem Amidproton einer Peptidbindung und einem<br />
24
25<br />
Grundlagen<br />
Schwefelatom des Kubus ein wichtiges Merkmal dieser Kofaktoren [38] . Die Zahl und<br />
Länge dieser Bindungen ist ausschlaggebend für die Art des Eisen-Schwefel-Zentrums, das<br />
vom Protein gebunden wird, und dafür, welches Redoxpaar der [4Fe4S]-Zentren im<br />
nativen Zustand zugänglich ist. In der Regel werden Abstände von 2,3 Å bis 2,8 Å in<br />
unterschiedlichen Ferredoxinen gefunden.<br />
Fe2+<br />
Fe3+ Fe3+ Fe2+ Fe3+ Fe2+ Fe3+ 2+ +<br />
+ 1e- + 1e- -1e- Fe2+ -1e- Fe2+ Fe2.5+ Fe2.5+ S = 0 S = 1/2<br />
Fe2.5+ Fe2.5+ Fe2+ Fe2+ Abbildung 13: Die Struktur eines [4Fe4S]-Zentrums im oxidierten und reduzierten Zustand zeigt die<br />
Positionen der gemischt-valenten Eisenpaare. Die Eisenatome (schwarze Kugeln) und Sulfidatome (graue<br />
Kugeln), sowie die β-Kohlenstoffe der Cysteinliganden (kleine schwarze Kugeln) sind gezeigt.<br />
Mit Ausnahme der [4Fe4S]-Zentren besitzen die Eisen-Schwefel-Zentren zwei<br />
Redoxzustände, <strong>bei</strong> denen im oxidierten Zustand alle Eisenatome formal in der<br />
Oxidationsstufe +3 vorliegen und durch die Reduktion des Komplexes ein Eisenatom in<br />
die Oxidationsstufe +2 übergeht. Die [4Fe4S]-Zentren können drei unterschiedliche<br />
Redoxzustände annehmen, wo<strong>bei</strong> in nativen Proteinen grundsätzlich nur zwei<br />
Oxidationsstufen zugänglich sind. In oxidierter Form besitzt der Komplex formal die<br />
Ladung [4Fe4S] 3+ . Da<strong>bei</strong> liegen drei Eisenatome in der Oxidationsstufe +3 und eins in der<br />
Stufe +2 vor. Durch eine Ein-Elektronen-Reduktion geht der Komplex in die<br />
Oxidationsstufe [4Fe4S] 2+ über, in der zwei Eisenatome die Ladung +2 und zwei die<br />
Ladung +3 tragen. Durch eine weitere Reduktion kann der Komplex in seine niedrigste<br />
Oxidationsstufe überführt werden, in der formal drei Kerne die Ladung +2 und einer die<br />
Ladung +3 tragen. Anhand von Mössbauer- und EPR-Studien konnte jedoch gezeigt<br />
werden, dass die Zentren besser durch zwei Kerne in der Oxidationsstufe +2 und zwei<br />
Kerne in der Oxidationsstufe +2,5 beschrieben werden können (Abbildung 13).
Grundlagen<br />
Welches der <strong>bei</strong>den Redoxpaare - 3+/ 2+ oder 2+/ 1+ - in nativen Proteinen zugänglich ist,<br />
wird maßgeblich von der Proteinstruktur bestimmt [39] . Die Redoxpotentiale werden durch<br />
eine Kombination aus Coulomb-Wechselwirkung des geladenen Komplexes und geladener<br />
Aminosäuren in unmittelbarer Nähe, der Polarisierbarkeit des Proteins und der<br />
Wechselwirkung des Komplexes sowie des Proteins mit dem Lösemittel bestimmt [40-42] .<br />
Die Redoxpotentiale von Eisen-Schwefel-Zentren decken einen Bereich von +400 mV bis<br />
–700 mV ab [7; 42] . Die Proteine, deren Eisen-Schwefel-Zentren im Redoxpaar 3+/ 2+<br />
zugänglich vorliegen, besitzen in der Regel ein positives Redoxpotential, weshalb sie als<br />
High Potential Iron-Sulfur Proteins, HiPIP´s, bezeichnet werden.<br />
Der Grundzustand eines [4Fe4S] 2+ -Zentrums ist diamagnetisch durch eine<br />
antiferromagnetische Kopplung der Eisenatome untereinander, woraus ein effektiver<br />
Gesamtspin von S=0 resultiert. Im reduzierten Zustand ergibt sich aus dieser Kopplung ein<br />
effektiver Gesamtspin von S=1/2 [43] . Obwohl formal drei Fe 3+ und ein Fe 2+ vorliegen, ist<br />
das ungepaarte Elektron über zwei Eisenatome in einem gemischt-valenten<br />
Oxidationszustand +2,5 delokalisiert [44] . In gefrorenen Lösungen ist ein rhombisches EPR-<br />
Spektrum typisch für ein [4Fe4S] 1+ -Zentrum.<br />
1.6. Die Stabilität von Proteinen<br />
Die Stabilität von Proteinen gegenüber der Denaturierung liefert wichtige Hinweise über<br />
deren strukturelle Eigenschaften, insbesondere <strong>bei</strong> Veränderungen gegenüber dem nativen<br />
Zustand, wie zum Beispiel dem Einbau eines nicht-nativen Kofaktors. Erhält man nach<br />
einer Modifikation identische Stabilitäten, kann von einer ähnlichen Faltung ausgegangen<br />
werden. Ändert sich die Stabilität eines Proteins jedoch, muss von einer signifikanten<br />
Änderung in der Struktur des Proteins ausgegangen werden.<br />
Die Änderung der Freien Gibbs-Enthalpie während der Entfaltung gibt den<br />
Energieunterschied (∆G) zwischen dem gefalteten und dem entfalteten Zustand wieder,<br />
während die Änderung von ∆G mit der Konzentration des Denaturierungsreagenzes ein<br />
Maß für die Kooperativität des Entfaltungsprozesses ist. In dieser Ar<strong>bei</strong>t wird das chaotrop<br />
wirkende Guanidiniumhydrochlorid als Denaturierungsreagenz verwendet, das die<br />
Wasserstoffbrückenbindungen der sekundären Strukturelemente zerstört. Die<br />
26
27<br />
Grundlagen<br />
Entfaltungskurven werden durch ein Zwei-Zustandsmodell beschrieben. Es wird das<br />
Gleichgewicht zwischen gefaltetem Protein und entfaltetem Protein betrachtet. Die Freie<br />
Entfaltungsenthalpie ist dann gegeben durch Gleichung (1).<br />
[entfaltet]<br />
1−<br />
f<br />
∆G<br />
= −RT<br />
ln K mit K = =<br />
(1)<br />
[gefaltet] f<br />
Zur Auswertung muss der Anteil an gefaltetem Protein f den gemessenen Spektren<br />
entnommen werden. Da<strong>bei</strong> sind zwei Bedingungen zu beachten. a) Im Ausgangszustand<br />
muss das Protein in einem vollständig gefalteten Zustand vorliegen und b) am Ende der<br />
Entfaltung muss das Protein tatsächlich vollständig entfaltet sein. Während die zweite<br />
Bedingung überprüft werden kann, indem die Konzentration an Denaturierungsreagenz<br />
kontinuierlich erhöht wird, bis konstante Messwerte erhalten werden, ist die erste<br />
Bedingung eine nicht überprüfbare Annahme. Weiterhin muss angenommen werden, dass<br />
die Freie Entfaltungsenthalpie linear von der Konzentration an Denaturierungsreagenz<br />
abhängt [45; 46] .<br />
∆ G = ∆G<br />
− m ⋅[<br />
GdnHCl]<br />
(2)<br />
0<br />
In Gleichung 2 entspricht ∆G0 der Energie, die aufgebracht werden muss, um das Protein<br />
in wässriger Lösung ohne Zusatz von Denaturierungsreagenz zu entfalten. Die<br />
Kooperativität m gibt an, wie stark die Stabilität eines Proteins im Verlauf der<br />
Denaturierung von der bereits vorliegenden Entfaltung beeinflusst wird. Bei einer stark<br />
kooperativen Entfaltung (mit großen Werten für m) führen bereits kleine Störungen der<br />
Struktur zu einer vollständigen Entfaltung. Durch Kombination von Gleichung 1 und 2<br />
ergibt sich Gleichung 3 wie folgt.<br />
G<br />
ln K<br />
∆ −<br />
=<br />
−<br />
f<br />
0 +<br />
m[<br />
GdnHCl]<br />
RT<br />
f ⎛ − ∆G<br />
+ m[<br />
GdnHCl]<br />
⎞<br />
= exp⎜<br />
⎟<br />
⎝ RT ⎠<br />
1 0
Grundlagen<br />
1<br />
f =<br />
(3)<br />
⎛ − ∆G0<br />
+ m[<br />
GdnHCl ⎞<br />
exp⎜<br />
⎟ + 1<br />
⎝ RT ⎠<br />
Der Anteil an gefaltetem Protein f im Gleichgewichtszustand kann nach Gleichung 4<br />
berechnet werden.<br />
xobs<br />
− xentf<br />
f = (4)<br />
x − x<br />
gef<br />
entf<br />
Da<strong>bei</strong> stehen xentf und xgef für die Messgröße im vollständig entfalteten bzw. gefalteten<br />
Zustand und xobs für den Messwert <strong>bei</strong> einer bestimmten Konzentration an<br />
Denaturierungsreagenz. Die beobachtete Messgröße richtet sich nach der verwendeten<br />
Methode. Bei Detektion durch Fluoreszenzspektroskopie wird häufig die Verschiebung der<br />
Fluoreszenzbande der Aminosäure Tryptophan beobachtet, die <strong>bei</strong> nativen Proteinen in<br />
einem Bereich von 330 nm im gefalteten Zustand bis 360 nm im entfalteten Zustand<br />
variiert. Allerdings sind auch kleinere Verschiebungen von 8 nm ausreichend, um<br />
aussagekräftige Werte für eine Entfaltungsstudie zu erhalten. Bei der Circular-<br />
Dichroismus- (CD) Spektroskopie wird das Signal eines Sekundärstrukturelements, z. B.<br />
einer α-Helix <strong>bei</strong> 208 und 222 nm, detektiert. Entfaltet sich die Sekundärstruktur des<br />
Proteins, nimmt das CD-Signal auf Null ab. Mit Hilfe der UV-Vis-Spektroskopie kann eine<br />
beliebige Absorptionsbande, die ausreichend sensibel auf eine Umgebungsänderung des<br />
Kofaktors reagiert, gewählt werden. Bei Tetrapyrrolen ist dies <strong>bei</strong>spielsweise die Soret-<br />
Bande.<br />
Die ermittelten Messpunkte werden nach Gleichung 3 interpoliert, wodurch Werte für ∆G0<br />
und m bestimmt werden können.<br />
28
1.7. Die Festphasen Peptidsynthese (SPPS)<br />
29<br />
Grundlagen<br />
Die SPPS (solid phase peptide synthesis) wird in dieser Ar<strong>bei</strong>t verwendet, um die Modelle<br />
der Eisen-Schwefel-Zentren zu synthetisieren. Mit ihr können auf einer funktionalisierten,<br />
polymeren festen Phase Polypeptide bis zu einer Länge von 60 Aminosäuren mit guten<br />
Ausbeuten synthetisiert werden. Sie wurde ursprünglich von Merrifield entwickelt [47] und<br />
ist seitdem in vielerlei Hinsicht optimiert worden.<br />
Im wesentlichen werden zwei verschiedene Verfahren angewendet. Die Fmoc-Strategie<br />
(Fmoc steht für 9-Fluorenylmethoxycarbonyl), <strong>bei</strong> der N-terminale Aminogruppen durch<br />
die Fmoc-Gruppe geschützt werden und die Boc (tert-Butoxycarbonyl) Strategie, <strong>bei</strong> der<br />
die Säure-labile Boc-Gruppe zum Schutz der N-terminalen Aminogruppen verwendet wird.<br />
Obwohl die Boc-basierte Synthese häufig bessere Ausbeuten liefert und auch mehr<br />
Möglichkeiten zur Modifikation der Peptide bietet, ist die Fmoc-Synthese in den letzten<br />
Jahren häufiger eingesetzt worden. Dies liegt vor allem darin begründet, dass für die<br />
Peptidsynthese im Rahmen der Fmoc-Strategie keine Flusssäure (HF) zur Gewinnung der<br />
entschützten Peptide verwendet werden muss, wie dies in der Boc-Synthese der Fall ist.<br />
Durch den verstärkten Einsatz der Fmoc-Synthese und dem daraus resultierenden<br />
ökonomischen Zwang, ein vergleichbares Methodenregister zur Verfügung zu haben, sind<br />
die meisten Nachteile der Fmoc-Synthese in den letzten Jahren gelöst worden.<br />
Eine gute Übersicht über die gesamte Fmoc-Synthese bieten W.C. Chan et al. [48] . P. Lloyd-<br />
Williams et al. [49] zeigen Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Fmoc- und Boc-<br />
Strategie auf. Im Folgenden soll ausschließlich auf die in dieser Ar<strong>bei</strong>t verwendete Fmoc-<br />
Strategie näher eingegangen werden.<br />
Zu Beginn der Synthese wird zunächst die polymere feste Phase, das sogenannte Harz, im<br />
Lösemittel gequollen, um eine optimale Zugänglichkeit der funktionellen Gruppen zu<br />
erreichen. Anschließend erfolgt die Abspaltung der Fmoc-Gruppe durch die Base Piperidin<br />
(Abbildung 14), die die Schutzgruppe an der Position 9 deprotoniert, wo<strong>bei</strong> ein anionisches<br />
System mit aromatischem Charakter entsteht, welches durch Umlagerung zum<br />
Dibenzofulven stabilisiert wird. Als zweites Spaltprodukt bildet sich eine Carbaminsäure,<br />
welche durch Decarboxylierung die Aminogruppe freisetzt. Diese Reaktion verläuft<br />
innerhalb von 15 Minuten quantitativ.
Grundlagen<br />
H<br />
H<br />
N<br />
O<br />
O<br />
NH<br />
30<br />
H 2<br />
N<br />
O NH<br />
O<br />
O NH<br />
Abbildung 14: Entschützen des N-Terminus während der Peptidsynthese. Durch die Base Piperidin wird die<br />
Fmoc-Gruppe deprotoniert und die Aminogruppe freigesetzt.<br />
Die Kopplung der nächsten Aminosäure mit dem freien N-Terminus erfordert eine<br />
Aktivierung, da sonst aufgrund der pKS-Werte der Amino- und der Carboxylgruppe<br />
lediglich ein Carboxylatanion und eine protonierte Aminogruppe gebildet werden. Die<br />
Aktivierung erfolgt durch Aminiumbenzotriazol-Derivate (vgl. Abbildung 16), wie in<br />
Abbildung 15 gezeigt. Zunächst greift die Aminosäure nukleophil das<br />
Aminiumbenzotriazolderivat an und bildet das Addukt, welches durch die Base<br />
Diisopropylethylamin (DIPEA) deprotoniert wird und anschließend in das Aminosäure-<br />
Harnstoff-Addukt und Benzotriazol-N-oxid zerfällt [50] . Das Benzotriazol-N-oxid ist ein<br />
starkes Nukleophil und verdrängt den Harnstoff, der eine gute Abgangsgruppe darstellt.<br />
Der Ester der Aminosäure und des Benzotriazol-N-oxids ist reaktiv genug, so dass er<br />
nukleophil durcheine freie Aminogruppe angegriffen werden kann, wodurch letztendlich<br />
die Peptidbindung gebildet wird. Das resultierende Amid ist relativ unreaktiv und wird<br />
dadurch dem Gleichgewicht entzogen. Die Ausbeute pro Kopplungsschritt liegt über 98 %.<br />
Im nächsten Synthesezyklus wird erneut der N-Terminus entschützt und mit einer weiteren<br />
Aminosäure gekoppelt. Nach der kompletten Synthese wird das Peptid mit<br />
Trifluoressigsäure (TFA) vom Harz gespalten, wo<strong>bei</strong> zeitgleich die Seitenketten der<br />
O<br />
N<br />
H2<br />
N<br />
H2N<br />
+<br />
CO2
31<br />
Grundlagen<br />
Aminosäuren entschützt werden. Die <strong>bei</strong> dieser Reaktion entstehenden Carbeniumionen<br />
und Radikale werden durch verschiedene schwefelhaltige Reagenzien abgefangen (z.B.<br />
Thioanisol, Ethandithiol).<br />
FmocHN<br />
Abbildung 15: Reaktionsmechanismus von des Kopplungsreagenz HBTU mit einer Aminosäure zur Bildung<br />
eines aktivierten Esters und Kopplung an einen freien Peptid N-Terminus.<br />
O<br />
R<br />
O<br />
OH<br />
R<br />
PF6 -<br />
(CH 3) 2N<br />
N<br />
OH<br />
O<br />
N<br />
N<br />
N<br />
P N<br />
N<br />
N<br />
N<br />
O<br />
NHFmoc<br />
O<br />
N(CH 3) 2<br />
+<br />
3<br />
O<br />
OH<br />
N<br />
N<br />
N<br />
(CH 3) 2N<br />
OMe<br />
OMe<br />
N<br />
N<br />
N<br />
O -<br />
NH2<br />
Wang Resin Trialkoxybenzylamine<br />
(PAL) Resin<br />
(H3C)2N N(CH3)2<br />
BF4 -<br />
(H3C)2N<br />
PyBOP TBTU HATU<br />
N<br />
Cl<br />
Cl<br />
4-Chlorotrityl chloride Resin<br />
N<br />
N<br />
N<br />
O -<br />
N(CH3)2<br />
Abbildung 16: Strukturen einiger gebräuchlicher Harze (oben) und eine Auswahl häufig verwendeter<br />
Kopplungsreagenzien (unten) mit ihren üblichen Abkürzungen (vgl. Abkürzungsverzeichnis).<br />
R<br />
H<br />
+H2N<br />
O<br />
N<br />
N<br />
N<br />
O<br />
NHFmoc<br />
O<br />
N(CH 3) 2<br />
+DIPEA<br />
- DIPEAH +<br />
R<br />
O<br />
N<br />
N<br />
N<br />
NHFmoc<br />
O<br />
+<br />
R<br />
(CH3)2N<br />
O<br />
+<br />
O<br />
NHFmoc<br />
N<br />
N<br />
N<br />
O<br />
O<br />
N(CH3)2<br />
(CH 3) 2N N(CH 3) 2<br />
PF6 -
Grundlagen<br />
Der N-Terminus des Peptides liegt nach der Synthese als freie Aminogruppe vor. Die<br />
Aminogruppe kann durch Acetanhydrid acetyliert werden, um die Ausbildung einer<br />
positiven Ladung an dieser Position zu vermeiden, wodurch in synthetischen Peptiden<br />
häufig eine Stabilisierung der gewünschten Tertiärstruktur erreicht wird. Der C-Terminus<br />
kann durch die Wahl des Harzes modifiziert werden. Zur Zeit ist eine große Auswahl<br />
unterschiedlicher Harze kommerziell erhältlich, die verschiedene Modifikationen<br />
ermöglichen (Abbildung 16). Auf diese Weise kann der C-Terminus des Peptides als<br />
Carbonsäure, Carbamid, Ester oder Thioester dargestellt werden.<br />
In dieser Ar<strong>bei</strong>t wurde ein PAL-PEG-PS Harz verwendet, weshalb der C-Terminus nach<br />
der Abspaltung des Peptides amidiert vorliegt.<br />
Die Seitenketten der Aminosäuren, die Heteroatome oder funktionelle Gruppen enthalten,<br />
müssen mit Schutzgruppen versehen werden, um Nebenreaktionen und Verzweigungen der<br />
Peptide während der Synthese zu vermeiden. Dazu stehen eine Vielzahl orthogonaler und<br />
nicht orthogonaler Schutzgruppen zur Verfügung. Die in dieser Ar<strong>bei</strong>t verwendeten<br />
Schutzgruppen sind alle labil gegen TFA und daher nicht orthogonal (Tabelle 1).<br />
32
33<br />
Grundlagen<br />
Tabelle 1: Übersicht über die in dieser Ar<strong>bei</strong>t verwendeten Schutzgruppen für die Seitenketten der<br />
Aminosäuren. Aminosäuren, die nicht in dieser Liste enthalten sind, wurden ungeschützt eingesetzt. Alle<br />
Schutzgruppen sind gegen TFA labil.<br />
Aminosäure Abkürzung der<br />
Schutzgruppe<br />
Arginin Pbf<br />
Asparagin Trityl<br />
Cystein Trityl<br />
Histidin Trityl<br />
Lysin Boc<br />
Tryptophan Boc<br />
Tyrosin tert-Butyl<br />
Aspartat tert-Butyl<br />
Serin tert-Butyl<br />
Threonin tert-Butyl<br />
Schutzgruppe<br />
2,2,4,6,7-pentamethyldihydrobenzofuran-5sulfonyl<br />
O<br />
R<br />
S<br />
O<br />
Triphenylmethyl<br />
R<br />
tert-Butoxycarbonyl<br />
R<br />
O<br />
tert-Butyl<br />
R<br />
O<br />
O
Grundlagen<br />
1.8. Grundlagen der EPR- und ENDOR-<br />
Spektroskopie<br />
Eine kurze Einführung in die Grundlagen der Elektronenspinresonanz (EPR)- und die<br />
Electron Nuclear Double Resonance (ENDOR)-Spektroskopie soll die wesentlichen<br />
Merkmale dieser spektroskopischen Methoden darlegen. Ausführliche theoretische<br />
Grundlagen sind in verschiedenen Lehrbüchern detailliert beschrieben [51; 52] .<br />
Die EPR-Spektroskopie setzt voraus, dass ungepaarte Elektronen in der zu untersuchenden<br />
Verbindung vorliegen. Die EPR wird zur Untersuchung und Charakterisierung von<br />
Radikalen oder paramagnetischen Übergangsmetallkomplexen verwendet. Bei der<br />
Untersuchung von Triplettzuständen ist die EPR-Spektoskopie und die eng verwandte<br />
ENDOR-Spektroskopie äußerst nützlich, da <strong>bei</strong>de Methoden unmittelbar Informationen<br />
über die Verteilung der ungepaarten Elektronen auf dem Molekülgerüst geben.<br />
Zunächst wird der einfachste Fall, ein System mit nur einem ungepaarten Elektron<br />
(Elektronenspinquantenzahl S=1/2), betrachtet. In erster Näherung liegt dieser Fall <strong>bei</strong> den<br />
Eisen-Schwefel-Peptiden vor, die in dieser Ar<strong>bei</strong>t untersucht wurden. Im weiteren Verlauf<br />
soll auf die wesentlichen Unterschiede zum Triplettzustand, wie er in den untersuchten<br />
Myoglobin-Modellsystemen auftritt, kurz eingegangen werden. Insbesondere werden die<br />
Besonderheiten eines Triplettzustandes für die ENDOR-Messungen kurz<br />
zusammengefasst.<br />
1.8.1. Grundlagen der EPR-Spektroskopie<br />
Ein freies Elektron besitzt in einem äußeren Magnetfeld genau zwei<br />
Ausrichtungsmöglichkeiten, entweder parallel oder antiparallel, zu einem Magnetfeld. Die<br />
Energie E der <strong>bei</strong>den unterschiedlichen Ausrichtungen sowie ihre Energiedifferenz ∆E<br />
wird durch Gleichung (5) beschrieben.<br />
1<br />
2<br />
E± = ± gβ<br />
eB0<br />
⇒ ∆E<br />
= gβ<br />
eB0<br />
(5)<br />
34
35<br />
Grundlagen<br />
Da<strong>bei</strong> steht βe für das Bohrsche Magneton, B0 für das externe Magnetfeld und g für eine<br />
Proportionalitätskonstante, den g-Wert. Für ein freies Elektron liegt der g-Wert <strong>bei</strong><br />
ge = 2,0023. Definitionsgemäß ist die antiparallele Ausrichtung des Elektronenspins<br />
energetisch günstiger. Der Besetzungsunterschied <strong>bei</strong>der Energieniveaus wird durch die<br />
Boltzmann-Verteilung (Gleichung 6) beschrieben.<br />
n<br />
n<br />
1 gβeB + −<br />
2 kT<br />
1<br />
−<br />
2<br />
0<br />
= e<br />
(6)<br />
Die energetische Aufspaltung zwischen diesen <strong>bei</strong>den Energieniveaus wird als Elektron-<br />
Zeeman-Aufspaltung bezeichnet. In einem EPR-Experiment induziert die Einstrahlung<br />
elektromagnetischer Wellen Übergänge zwischen den Spinniveaus, wenn die<br />
Resonanzbedingung entsprechend Gleichung (7) erfüllt ist.<br />
∆ = hν<br />
= gβ<br />
B<br />
(7)<br />
E e<br />
0<br />
Bei einem externen Magnetfeld von 350 mT und einem g-Wert, der dem des freien<br />
Elektrons entspricht (g = ge) liegt die Resonanzfrequenz <strong>bei</strong> etwa 9,5 GHz, also im X-Band<br />
des Mikrowellenbereichs (Wellenlänge λ ≈ 3 cm).<br />
Die experimentellen Ergebnisse einer EPR-spektroskopischen Charakterisierung werden<br />
häufig durch den Formalismus des Spin-Hamilton-Operators beschrieben, der alle<br />
Wechselwirkungen, die zu einem EPR Spektrum <strong>bei</strong>tragen, zusammenfasst. Die einzelnen<br />
Terme des Spin-Hamilton-Operators werden im Folgenden kurz vorgestellt.<br />
Elektron-Zeeman-Wechselwirkung<br />
In den EPR-Spektren von Übergangsmetallkomplexen findet man in der Regel deutliche<br />
Abweichungen vom g-Wert des freien Elektrons. Zusätzlich wird beobachtet, dass die<br />
Elektron-Zeeman-Aufspaltung von der Orientierung der Probe im Magnetfeld abhängig ist.<br />
Dies ist durch das Bahnmoment L eines Elektrons begründet, welches ein eigenes<br />
magnetisches Moment besitzt. Dessen Beitrag zur Elektron-Zeeman-Aufspaltung hängt
Grundlagen<br />
von der Spin-Bahn-Kopplung und der energetischen Lage der Orbitale ab. Der Term für<br />
die Elektron-Zeeman-Wechselwirkung im Spin-Hamilton-Operator lautet<br />
r r<br />
= β B g Sˆ<br />
. (8)<br />
H EZ e<br />
0<br />
Wo<strong>bei</strong> S ˆ der Operator des effektiven Spins ist. Der g-Tensor kennzeichnet die Symmetrie<br />
und die elektronische Struktur eines Übergangsmetallkomplexes.<br />
Abbildung 17: Elektron-Zeeman-Aufspaltung eines ungepaarten Elektronenspins S=1/2 in einem statischen<br />
Magnetfeld B0. Bei der Einstrahlung elektromagnetischer Wellen der Energie ∆E erfolgt eine Absorption, da<br />
das energetisch tiefere Niveau nach der Boltzmann-Gleichung stärker populiert ist.<br />
Nullfeldaufspaltung<br />
Liegen mehrere ungepaarte Elektronen vor, so kommt es bereits ohne externes Magnetfeld<br />
zu einer Aufspaltung der Energieniveaus des elektronischen Grundzustandes. In diesem<br />
Fall spricht man von einer Nullfeldaufspaltung (zero field splitting, zfs). Der entsprechende<br />
Term im Hamilton-Operator wird durch Gleichung (9) wiedergegeben.<br />
H ZFS<br />
r r<br />
= Sˆ<br />
DSˆ<br />
(9)<br />
36
37<br />
Grundlagen<br />
Der Nullfeldtensor D kann auch in Form der Nullfeldparameter D und E ausgedrückt<br />
werden.<br />
r<br />
ˆ 2 1 ˆ 2<br />
( ) ( ˆ 2<br />
H ˆ<br />
ZFS = D S z − S + E S y − S<br />
3<br />
2<br />
x<br />
)<br />
Bei Triplettzuständen von organischen Molekülen wird die Nullfeldaufspaltung in erster<br />
Linie durch die dipolare Wechselwirkung der ungepaarten Elektronen bestimmt. Die<br />
Nullfeldparameter D und E können deswegen zur Charakterisierung der<br />
Elektronenspinverteilung in der Triplettwellenfunktion herangezogen werden.<br />
Hyperfeinwechselwirkung<br />
Liegen in der zu untersuchenden Verbindung Kerne mit einem Kernspin von I ≠ 0 vor, so<br />
kann eine Wechselwirkung zwischen Elektronenspins und Kernspins auftreten, die als<br />
Hyperfeinwechselwirkung bezeichnet werden. Der Term des Spin-Hamilton-Operator für<br />
die Hyperfeinwechselwirkung ist durch Gleichung (11) beschrieben.<br />
H HFC<br />
r r<br />
= SˆA<br />
Iˆ<br />
. (11)<br />
In dieser Gleichung steht Î für den Vektoroperator des Kernspins und A für den<br />
Hyperfeintensor. Der Hyperfeintensor kann formal in einen isotropen Anteil aiso und einen<br />
anisotropen Anteil A´ zerlegt werden. Die isotrope Kopplungskonstante aiso wird durch die<br />
Fermi-Kontakt-Wechselwirkung hervorgerufen und ist proportional zur Spindichte des<br />
ungepaarten Elektrons am Kern |ψns(0)|.<br />
8π<br />
2<br />
E Kontakt = − ψ ns ( 0)<br />
µ eµ<br />
N<br />
(12)<br />
3<br />
bzw.<br />
r r r r<br />
8π<br />
2<br />
H Kontakt = ( ) g eβ<br />
e g N β N ψ ns ( 0)<br />
Sˆ<br />
Iˆ<br />
= aisoSˆ<br />
Iˆ<br />
3<br />
(10)<br />
(13)
Grundlagen<br />
Der Term für die isotrope Hyperfeinwechselwirkung ist nicht winkelabhängig und seine<br />
absolute Größe hängt maßgeblich von der Größe des s-Charakters der jeweiligen<br />
Wellenfunktion ab. Für reine p- und d-Orbitale ist die Aufenthaltswahrscheinlichkeit am<br />
Kern gleich Null, so dass keine isotrope Hyperfeinwechselwirkung auftreten kann. In der<br />
Praxis wird jedoch auch für viele Verbindungen ein isotroper Anteil der<br />
Hyperfeinwechselwirkung gefunden, die diese nicht aufweisen sollten. Dies kann durch<br />
eine Konfigurationswechselwirkung oder eine Spinpolarisation hervorgerufen werden.<br />
Beide Mechanismen bewirken eine endliche Aufenthaltswahrscheinlichkeit des<br />
ungepaarten Elektrons am Kernort.<br />
Die anisotrope Hyperfeinwechselwirkung liegt in der Wechselwirkung zwischen den<br />
magnetischen Momenten der Elektronen und der Kerne begründet. Sie kann daher analog<br />
zur klassischen Dipol-Dipol-Wechselwirkung hergeleitet werden (vgl. Gleichung 14).<br />
E<br />
Dipol<br />
r r r r r r<br />
µ eµ<br />
N 3(<br />
µ er<br />
)( µ N r )<br />
= −<br />
(14)<br />
3<br />
5<br />
r r<br />
wo<strong>bei</strong> r der Radiusvektor von µe zu µN ist und r der Abstand zwischen Kern und Elektron<br />
ist. In Operatorschreibweise ergibt sich daraus Gleichung (15).<br />
rr<br />
r r<br />
⎡ ˆ ˆ ˆr<br />
ˆr<br />
IS<br />
3(<br />
Ir<br />
)( Sr<br />
)<br />
⎤<br />
= −g<br />
⎢ − ⎥<br />
eβ<br />
e g N β<br />
(15)<br />
3<br />
5<br />
⎢ r r ⎥<br />
⎣<br />
⎦<br />
H Dipol<br />
N<br />
Dieser Term ist abhängig vom Winkel des äußeren Magnetfeldes relativ zum untersuchten<br />
Molekül.<br />
Kern-Zeeman-Wechselwirkung<br />
Der Kern-Zeeman-Term des Spin-Hamilton-Operators wird analog zum Elektron-Zeeman-<br />
Term gebildet.<br />
r r<br />
= −β<br />
g B Iˆ<br />
(16)<br />
H NZ N N<br />
0<br />
38
39<br />
Grundlagen<br />
Der g-Faktor des Kernspins gN kann in erster Näherung immer als isotrope Konstante<br />
angesehen werden. Lediglich, wenn Effekte höherer Ordnung auftreten, muss ein g-Tensor<br />
für den Kernspin berücksichtigt werden.<br />
Kern-Quadrupol-Wechselwirkung<br />
Die Kern-Quadrupol-Wechselwirkung ist auf Kerne mit einem Spin I ≥ 1 beschränkt.<br />
Da<strong>bei</strong> handelt es sich um einen elektrischen Feldgradienten am Ort des Kerns, der mit dem<br />
elektrischen Quadrupolmoment des Kerns wechselwirkt. Der entsprechende Term im Spin-<br />
Hamilton-Operator lautet<br />
H Q<br />
r r<br />
= IˆQ<br />
Iˆ<br />
(17)<br />
Der Quadrupoltensor Q enthält das skalare Quadrupolmoment und die erste Ableitung des<br />
Feldgradienten des jeweiligen Kerns.<br />
Fasst man die Gleichungen 8, 9, 11, 16 und 17 zusammen, so erhält man Gleichung (18),<br />
die den kompletten Spin-Hamilton-Operator darstellt, der ein EPR-Spektrum beschreibt.<br />
r r r r r r r r r r<br />
= H + H + H + H + H = β B g Sˆ<br />
+ Sˆ<br />
DSˆ<br />
+ Sˆ<br />
AIˆ<br />
− β g B Iˆ<br />
+ IˆQ<br />
Iˆ<br />
(18)<br />
H EZ ZFS HFC NZ Q e 0<br />
N N<br />
Der Triplettzustand<br />
Bei der Betrachtung von Triplettzuständen muss zwischen organischen Molekülen mit<br />
einem Elektronenspin von S = 1 und Metallkomplexen (S = 1) unterschieden werden. In<br />
<strong>bei</strong>den Fällen tritt bereits ohne äußeres Magnetfeld eine Aufspaltung der drei<br />
Energieniveaus auf, die sogenannte Nullfeldaufspaltung (Abbildung 18). Bei<br />
Metallkomplexen ist die Spin-Bahn-Kopplung der bestimmende Term für die<br />
Nullfeldaufspaltung, während <strong>bei</strong> organischen Molekülen die dipolare Wechselwirkung<br />
(Gleichung 9) überwiegt. Die Spin-Bahn-Kopplung wird durch den Hamiltonoperator<br />
gemäß Gleichung (19) mit der Spin-Bahn-Kopplungskonstante λ beschrieben.<br />
H SP<br />
r r<br />
= λLˆ<br />
Sˆ<br />
(19)<br />
0
Grundlagen<br />
Abbildung 18: Darstellung der Nullfeldaufspaltung für Nullfeldparameter D>E>0. Die Nullfeldsublevel Tx,<br />
Ty und Tz sind im lichtangeregten Triplettzustand nicht nach der Boltzmann-Gleichung besetzt.<br />
Bei Porphyrinen sind zwei unterschiedliche Wege, der „inter-system-crossing“-<br />
Mechanismus (ISC) und der Radikalpaar-Mechanismus (RP), zu unterscheiden, über die<br />
der angeregte Triplettzustand gebildet werden kann.<br />
Der RP-Mechanismus erfordert nach der Bildung des ersten angeregten Singulettzustands<br />
(S1) eine temporäre Ladungstrennung [53] in je ein Kation- (D ·+ ) und ein Anionradikal (A ·- )<br />
und wird daher bevorzugt in den nativen Reaktionszentren beobachtet. Aufgrund der<br />
Trennung der <strong>bei</strong>den Elektronenspins auf zwei unterschiedlichen Molekülen mit<br />
unterschiedlichen magnetischen Umgebungen wird ein Triplettradikalpaar gebildet<br />
( 1 [D ·+ A ·- ] → 3 [D ·+ A ·- ]), welches durch Rekombination zu einem Triplettzustand, der auf<br />
einem Molekül lokalisiert ist, führen kann. Weil die Lebensdauer des Radikalpaares im<br />
Verhältnis zur Elektronenspindynamik kurz ist, wird <strong>bei</strong> der Rekombination ausschließlich<br />
das Sublevel ms = 0 besetzt [54] . Der Triplettzustand ist spinpolarisiert und befindet sich<br />
nicht im thermischen Gleichgewicht nach der Boltzmann-Verteilung.<br />
Im Gegensatz zum RP-Mechanismus findet der Übergang in den Triplettzustand nach dem<br />
ISC-Mechanismus auf einem einzigen Molekül statt [55] . Nach der Anregung in den<br />
Singulettzustand S1 findet aufgrund der Spin-Bahn-Kopplung ein Übergang in den<br />
Triplettzustand statt. Weil die Spin-Bahn-Kopplung von der Richtung des resultierenden<br />
Elektronenspins der <strong>bei</strong>den ungepaarten Elektronen abhängig ist, werden die<br />
40
41<br />
Grundlagen<br />
Triplettsublevel auch in diesem Fall nicht nach der Boltzmann-Verteilung besetzt. Dieser<br />
Mechanismus tritt <strong>bei</strong> den in dieser Ar<strong>bei</strong>t untersuchten Modellverbindungen auf.<br />
Aufgrund der Spinpolarisation treten im Spektrum absorptive und emissive Linien auf.<br />
Weil jeweils ein Übergang zwischen den Energieniveaus |0> und |1> bzw. |0> und |-1><br />
auftritt, werden jeweils zwei Linien pro kanonische Orientierung im Spektrum beobachtet<br />
(vgl. Abbildung 19). Anhand der absorptiven und emissiven Linien kann auf die<br />
Besetzungsunterschiede der einzelnen Sublevel |-1>, |0> und |+1> geschlossen werden,<br />
indirekt können damit auch die Besetzungsunterschiede der Nullfeldsublevel berechnet<br />
werden.<br />
Aus dem EPR-Spektrum eines Triplettzustandes können direkt die Nullfeldparameter, die<br />
die Geometrie der Triplettwellenfunktion beschreiben, abgelesen werden (Abbildung 20).<br />
Jedoch kann durch dieses Verfahren nur der Betrag der Nullfeldparameter ohne ihr<br />
absolutes Vorzeichen bestimmt werden.<br />
Abbildung 19: Darstellung der Energieniveaus eines Triplettzustandes (D>0, E>0). Die Sublevel Tx, Ty und<br />
Tz sind durch die Nullfeldaufspaltung nicht mehr energetisch entartet. Ihr Besetzungsgrad richtet sich<br />
aufgrund der Spin-Bahn Kopplung nicht nach der Boltzmannverteilung. Wird ein externes Magnetfeld<br />
angelegt, werden die Sublevel |+1> und |-1> durch Mischung zweier Nullfeldsublevel gebildet und besetzt.<br />
So kommt es abhängig von der Orientierung des Moleküls im Magnetfeld zu jeweils einer absorptiven (a)<br />
und einer emissiven (e) Linie im EPR-Spektrum. Die detektierten Linien sind durch die farbigen Pfeile<br />
angedeutet. Ein Spektrum, das aus einer solchen Besetzung der Nullfeldsublevel resultiert, hat die<br />
Polarisation aaa eee, wie es für das ZnPPIX der Fall ist.
Grundlagen<br />
Abbildung 20: Beispiel für das Spektrum eines lichtangeregten Triplettzustandes. Aus dem Linienabstand<br />
können direkt die Nullfeldparameter abgelesen werden.<br />
Die aus einem EPR-Spektrum erhaltenen Werte für D und E in Gauss können durch<br />
Umformen von Gleichung (7) in Wellenzahlen ausgedrückt werden. Aus dem abgebildeten<br />
Spektrum (Abbildung 20) wird für 2D ein Wert von 825 G erhalten, was 82,5 mT<br />
entspricht. Durch Einsetzen in Gleichung (7) ergibt sich die folgende Gleichung (20)<br />
wo<strong>bei</strong> ein g-Wert von ge = 2,0023 für die Berechnung verwendet wird.<br />
−24<br />
−1<br />
2,<br />
0023⋅<br />
82,<br />
5mT<br />
⋅ 9,<br />
27408 ⋅10<br />
JT<br />
ν = = 1156MHz<br />
(20)<br />
−34<br />
2 ⋅ 6,<br />
62618 ⋅10<br />
Js<br />
Aus dieser Gleichung wird ein Wert für D in der Einheit Hertz erhalten, der nach<br />
Gleichung (21) in Wellenzahlen umgerechnet werden kann, wo<strong>bei</strong> c der<br />
Lichtgeschwindigkeit in cm s -1 entspricht.<br />
1<br />
λ<br />
ν<br />
c<br />
1156 ⋅10<br />
s<br />
3⋅10<br />
s cm<br />
6 −1<br />
~ −4<br />
−1<br />
ν = = =<br />
= 385⋅10<br />
cm<br />
(21)<br />
10 −1<br />
42
1.8.2. Grundlagen der ENDOR-Spektroskopie<br />
43<br />
Grundlagen<br />
Die ENDOR-Spektroskopie ist eine Doppelresonanzmethode, in der die Übergänge der<br />
Kernspins über die EPR-Spektroskopie detektiert werden. Das Prinzip der ENDOR-<br />
Spektroskopie soll hier am einfachsten System mit einem Elektronenspin S = 1/2 und<br />
einem Kernspin I = 1/2 kurz erläutert werden. Wenn sowohl die Elektron-Zeeman-<br />
Wechselwirkung als auch die Hyperfeinwechselwirkung als isotrop angenommen werden,<br />
so vereinfacht sich der Spin-Hamilton-Operator dieses Systems aus Gleichung (18)<br />
folgendermaßen.<br />
r r r r r r<br />
= β B gSˆ<br />
+ a Sˆ<br />
Iˆ<br />
− β g B Iˆ<br />
(22)<br />
H e 0 iso<br />
N N<br />
0<br />
In der Hochfeldnäherung 1 ergibt sich für die Energie-Niveaus folgende Gleichung.<br />
E<br />
( ms<br />
, mI<br />
) = ν ems<br />
−ν<br />
N mI<br />
+ aisoms<br />
mI<br />
(23)<br />
h<br />
mit<br />
geβ eB0<br />
ν e = und<br />
h<br />
g N β N B0<br />
ν N =<br />
h<br />
(24)<br />
B<br />
r<br />
= B ). Für die erlaubten EPR- und NMR-<br />
Hier<strong>bei</strong> steht B0 für den Betrag des Vektors ( 0 0<br />
Übergänge ergeben sich im einfachsten Fall jeweils zwei Linien.<br />
e ± aiso<br />
EPR =<br />
2<br />
ν<br />
ν und<br />
N ± aiso<br />
NMR =<br />
2<br />
ν<br />
ν (25)<br />
1 In der Hochfeldnäherung überwiegt der Term der Elektron-Zeeman-Aufspaltung deutlich gegenüber den<br />
anderen Termen des Spin-Hamilton-Operators (HEZ>>HZFS, HHFC).
Grundlagen<br />
Um die Hyperfeinkopplungskonstanten zu messen, sind sowohl cw- als auch Puls-<br />
ENDOR-Verfahren entwickelt worden. In dieser Ar<strong>bei</strong>t wurde eine Puls-ENDOR-Sequenz<br />
nach Davies [56] eingesetzt. Dieses Verfahren beruht auf dem Transfer und der Detektion<br />
von Spinpolarisation. Die Spinpolarisation resultiert aus den Besetzungsunterschieden<br />
zwischen verschiedenen Energieniveaus von EPR- und NMR-Übergängen.<br />
EZ EZ+NZ EZ+NZ+<br />
HFC<br />
Abbildung 21: Schema der Energieniveaus für ein System mit S=1/2 und I=1/2. Gezeigt sind Elektron-<br />
Zeeman-Aufspaltung (EZ), die Kern-Zeeman-Aufspaltung (NZ) und die Hyperfeinwechselwirkung (HFC).<br />
Die erlaubten EPR-Übergänge (schwarz) und die erlaubten NMR-Übergänge (rot) sind durch die Pfeile<br />
eingezeichnet.<br />
Die Davies-Puls-ENDOR-Sequenz ist in drei Phasen aufgeteilt (vgl. Abbildung 22). Die<br />
Detektion der Spinpolarisation erfolgt in diesem Experiment mit einer Hahn-Echo-<br />
Sequenz. Durch einen 180°-Puls in der Präparationsphase wird das Besetzungsverhältnis<br />
eines EPR-Überganges invertiert. Ohne zusätzlichen Puls wird auf Grund der Inversion der<br />
Spinpolarisation ein emissives Spin-Echo-Signal detektiert. Wird jedoch zwischen<br />
Präparations- und Detektionsphase ein Radiofrequenzpuls eingestrahlt, erfolgt ein<br />
Übergang innerhalb der Kernspinniveaus. Dadurch kommt es zu einem Ausgleich der<br />
Polarisation der EPR-Übergänge. In der Detektionsphase wird nun kein Echo beobachtet.<br />
44
45<br />
Grundlagen<br />
In einem Puls-ENDOR-Experiment wird die Amplitude des invertierten Echo-Signals in<br />
Abhängigkeit von der Frequenz des Radiofrequenzpulses aufgezeichnet.<br />
In der hier vorliegenden Ar<strong>bei</strong>t wurde die Puls-ENDOR-Spektroskopie eingesetzt, um die<br />
Hyperfeinwechselwirkung des Elektronenspins in Modellen für [4Fe4S]-Zentren und des<br />
lichtangeregten Triplettzustandes verschiedener Zink-Porphyrine zu detektieren.<br />
Abbildung 22: Darstellung der Davies-Puls-ENDOR Sequenz. In der Präparation wird das<br />
Besetzungsverhältnis eines EPR-Übergangs durch einen 180° Puls invertiert (schwarze Rechtecke => hohe<br />
Besetzung, weiße Rechtecke => geringe Besetzung). Wird <strong>bei</strong> der Einstrahlung eines 180° RF-Pulses keiner<br />
der <strong>bei</strong>den NMR-Übergänge invertiert (νRF ≠ νNMR), wird in der Detektionsphase mit der Hahn-Echo Sequenz<br />
das invertierte EPR-Signal beobachtet. Wird jedoch einer der <strong>bei</strong>den NMR-Übergänge durch den RF-Puls<br />
invertiert (νRF = νNMR), wird der Besetzungsunterschied des EPR-Übergangs ausgeglichen und das Spin-Echo<br />
verschwindet.
Grundlagen<br />
Für einen Triplettzustand (S = 1) liegen in der ENDOR-Spektroskopie einige<br />
Besonderheiten vor, auf die im folgenden kurz eingegangen werden soll. Das ENDOR-<br />
Spektrum eines Triplettzustandes zeigt keine symmetrische Verteilung der einzelnen<br />
Signale um die Larmor-Frequenz νH der ungekoppelten Protonen, sondern die Signale mit<br />
gleichem Vorzeichen der Kopplungskonstante liegen auf einer Seite des Spektrums,<br />
während die Signale mit dem entgegengesetzten Vorzeichen auf der anderen Seite zu<br />
liegen kommen.<br />
m S<br />
+1<br />
0<br />
-1<br />
Az>0 Az0<br />
+1<br />
0<br />
ZI νH<br />
-1/2<br />
+1/2<br />
-1/2<br />
ZII +1/2<br />
νH + Az<br />
+1/2<br />
-1<br />
-1/2<br />
νH + Az<br />
+1/2<br />
Abbildung 23: Diagramm der Hyperfeinaufspaltung der drei Triplettsublevel in Abhängigkeit vom<br />
Vorzeichen der Hyperfeinkopplungskonstante.<br />
Die ENDOR-Messung wird <strong>bei</strong> einem festen Wert des Magnetfeldes durchgeführt und die<br />
RF-Frequenz variiert. Für die erlaubten NMR-Übergänge gilt die Auswahlregel ∆mI = ±1<br />
und für die erlaubten EPR-Übergänge ∆mS = ±1. Findet kein EPR-Übergang statt, wird ein<br />
Signal <strong>bei</strong> der Larmor-Frequenz der Protonen entsprechend dem angelegten äußeren<br />
Magnetfeld detektiert (blauer Pfeil in Abbildung 23,Abbildung 24). Wird das ENDOR-<br />
Spektrum in der ZI-Position aufgenommen (schwarzer Pfeil in Abbildung 23, vgl.<br />
Abbildung 20), werden nur EPR-Übergänge zwischen den Triplettleveln |0> und |+1><br />
detektiert. Im Spektrum treten die Kopplungen jeweils <strong>bei</strong><br />
νRF = νH-AZ (26)<br />
46<br />
m S<br />
ν H - A z νH - Az<br />
m I
47<br />
Grundlagen<br />
auf, wo<strong>bei</strong> die Kopplungskonstante AZ ein negatives oder ein positives Vorzeichen<br />
besitzen kann. Besitzt die Kopplungskonstante ein negatives Vorzeichen, werden die<br />
Kopplungen <strong>bei</strong> einer RF-Frequenz beobachtet, die größer ist als die Larmor-Frequenz der<br />
ungekoppelten Protonen, während <strong>bei</strong> einem positiven Vorzeichen der<br />
Kopplungskonstante die Signale <strong>bei</strong> kleineren Frequenzen als νH beobachtet werden<br />
(Abbildung 24). Wird das ENDOR-Spektrum in der ZII-Position aufgenommen, werden die<br />
EPR-Übergänge zwischen den Triplettleveln |0> und |-1> detektiert. In diesem Fall treten<br />
die Signale der mit dem Elektronenspin wechselwirkenden Protonen <strong>bei</strong> Frequenzen von<br />
νRF = νH+AZ (27)<br />
auf. Entsprechend Gleichung 27 werden Kopplungen mit positivem Vorzeichen <strong>bei</strong><br />
RF-Frequenzen beobachtet, die größer sind als νH und Kopplungen mit negativem<br />
Vorzeichen <strong>bei</strong> Frequenzen kleiner als νH (vgl. Abbildung 24).<br />
Abbildung 24: ENDOR-Spektren von ZnPPIX Mb in der ZI- und der ZII-Position. Aufgrund des<br />
unterschiedlichen Magnetfeldes <strong>bei</strong> den <strong>bei</strong>den unterschiedlichen Positionen liegt die Larmor-Frequenz der<br />
ungekoppelten Protonen νH (blauer Pfeil) <strong>bei</strong> unterschiedlichen Frequenzen. Die Kopplungskonstanten der<br />
gekoppelten Protonen behalten in <strong>bei</strong>den Spektren ihre Position relativ zu νH <strong>bei</strong>.
Grundlagen<br />
Beide Spektren enthalten in erster Näherung die gleiche Information und sind lediglich um<br />
die Larmor-Frequenz invertiert. Für die Kopplung der Stickstoffatome gilt die gleiche<br />
Betrachtungsweise, allerdings liegt die Larmor-Frequenz von 14 N-Atomen <strong>bei</strong> den<br />
verwendeten Magnetfeldern <strong>bei</strong> etwa 1,5 MHz, so dass die Inversion der Signale um die<br />
Larmor-Frequenz der ungekoppelten Stickstoffatome in den <strong>bei</strong>den Spektren nicht so<br />
offensichtlich ist, wie <strong>bei</strong> den Signalen der Protonen.<br />
1.9. Mössbauer-Spektroskopie<br />
Die Mössbauer-Spektroskopie ist eine Kernabsorptions−/Kernemissions−Spektroskopie<br />
mit γ−Quanten [57; 58] . Die geringe relative Linienbreite von γ−Quanten ermöglicht den<br />
Nachweis sehr kleiner Effekte in der chemischen Umgebung (Elektronenhülle) des<br />
absorbierenden Kerns. Über die Dopplerverschiebung von relativ zueinander bewegten<br />
γ−Emitter und Absorber wird die Isomerieverschiebung (δ) relativ zu einem Standard<br />
gemessen. Die Isomerieverschiebungn entspricht der Verschiebung des<br />
Signalschwerpunktes zum Nullpunkt des Spektrums, der wiederum durch das Signal eines<br />
Standards definiert wird (Abbildung 25). Die Ursache für die Isomerieverschiebung ist die<br />
elektrische Wechselwirkung zwischen dem Atomkern und dem s-Elektron am Kernort, so<br />
dass aus der Isomerieverschiebung vor allem Rückschlüsse auf den Oxidationszustand<br />
gezogen werden können [59] .<br />
Durch die Wechselwirkung zwischen dem elektrischen Quadrupolmoment des Kerns und<br />
einem inhomogenen elektrischen Feld kommt es zur Quadrupolaufspaltung (∆EQ) der<br />
Resonanzlinien, woraus Daten über die Symmetrie und die Koordination des Atoms<br />
gewonnen werden können. Die Quadrupolaufspaltung entspricht dem Abstand der Linien<br />
im Spektrum. Die magnetische Dipolwechselwirkung zwischen dem magnetischen<br />
Dipolmoment des Kerns und einem magnetischen Feld am Kernort führt zur<br />
Hyperfeinaufspaltung des Mössbauer-Spektrums und liefert Informationen über den<br />
magnetischen Zustand (z.B. Ferromagnetismus). Um die Verbreitung der Spektrallinien<br />
durch den Rückstoß der Atomkerne <strong>bei</strong> Emission und Absorption zu vermeiden, müssen<br />
Emitter− und Absorberatome in einen Festkörper eingebaut werden. Ein Nachteil dieser<br />
Methode besteht darin, dass sie nur für Elemente mit geeigneten Isotopen zugänglich ist.<br />
48
49<br />
Grundlagen<br />
Am weitesten verbreitet ist die 57 Fe−Mössbauer-Spektroskopie, die auch in dieser Ar<strong>bei</strong>t<br />
verwendet wurde.<br />
Abbildung 25: Beispiel eines Mössbauer-Spektrums mit der Isomerenverschiebung (δ) und der<br />
Quadrupolaufspaltung (∆EQ).
Aufgabenstellung<br />
2. Aufgabenstellung<br />
2.1. Metall-Phäophorbide in Myoglobin<br />
Chlorophylle und ihre Derivate sind die wesentlichen funktionellen Bestandteile der<br />
Photosynthese. Ihre physikalischen Eigenschaften werden in den nativen Systemen durch<br />
die Proteinumgebung stark beeinflusst, wodurch gleiche Moleküle verschiedene Aufgaben<br />
erfüllen können. Chlorophyll a fungiert in den Lichtsammelkomplexen einzig als<br />
Lichtabsorber, während es in den Reaktionszentren der Photosysteme I und II die Rolle des<br />
Elektronendonors und –akzeptors nach der Lichtanregung übernimmt. Allerdings sind die<br />
natürlichen Systeme aufgrund ihrer Komplexität nur schwer vollständig zu<br />
charakterisieren. Werden Chlorophylle aus einem Protein herausgelöst, neigen sie zur<br />
Aggregation. Durch die enge Wechselwirkung innerhalb der Aggregate („π-stacking“)<br />
werden die Eigenschaften, insbesondere nach Lichtanregung, drastisch verändert. Der<br />
lichtangeregte Zustand eines monomeren Chlorophylls ist derzeit nur unzureichend<br />
charakterisiert, obwohl dieser essentiell für das Verständnis des Zusammenspiels mehrerer<br />
dieser Moleküle ist. Daher ist es von besonderem Interesse, ein monomeres<br />
Chlorophyllmolekül, das keine Wechselwirkungen zu anderen photoaktiven Verbindungen<br />
aufweist, möglichst vollständig zu charakterisieren. Der lichtangeregte Triplettzustand ist<br />
aufgrund seiner Reaktivität und seiner langen Lebensdauer schädlich für photosynthetisch<br />
aktive Organismen und muss daher effizient durch Carotinoide gelöscht werden (Triplett<br />
quenching). In vitro bietet er die Möglichkeit, das Molekülorbital, in dem sich das<br />
angeregte Elektron befindet (LUMO), mit Hilfe der EPR- und ENDOR-Spektroskopie zu<br />
untersuchen. Dieses Molekülorbital wird auch im lichtangeregten Singulettzustand,<br />
welcher die entscheidende Rolle in den Energiesammel- und Ladungstrennungsprozessen<br />
der Photosynthese spielt, durch ein ungepaartes Elektron besetzt. Aufgrund der kurzen<br />
Lebensdauer des Singulettzustandes und seines inhärenten Diamagnetismus ist er jedoch<br />
für die Spektroskopie nur schwer zugänglich.<br />
50
51<br />
Aufgabenstellung<br />
Ein Ziel dieser Ar<strong>bei</strong>t ist, die in der Literatur beschriebenen Rekonstitutionsverfahren für<br />
Porphyrine in Apo-Myoglobin zu etablieren und die auf diese Weise dargestellten<br />
Komplexe umfassend zu charakterisieren. Insbesondere sollen die Unterschiede des<br />
lichtangeregten Triplettzustandes des Kofaktors in der Proteinmatrix und in einem<br />
Lösemittel unter Verwendung der EPR- und ENDOR-Spektroskopie untersucht werden.<br />
Zu diesem Zweck soll zunächst kommerziell erhältliches Myoglobin aus Pferdemuskel mit<br />
dem diamagnetischen Zink-Komplex des nativen Kofaktors rekonstituiert und<br />
charakterisiert werden. Darauf aufbauend werden Zink-Komplexe von Chlorophyll a-<br />
Derivaten, die eine möglichst geringe Änderung zu den Ausgangsverbindungen<br />
durchlaufen haben, untersucht. Der Phytylester des Chlorophyll a muss für den Einbau<br />
entfernt werden. Änderungen im Substitutionsmuster ermöglichen den Zugang zu<br />
verschiedenen Chlorophyll-Derivaten, z. B. Chlorophyll d.<br />
Sobald das Rekonstitutionsverfahren etabliert ist, sollen die gleichen Komplexe mit<br />
Myoglobin vom Pottwal (SwMb) dargestellt werden. Da die Bindungstasche<br />
hochkonserviert ist, wird eine ähnliche Wechselwirkung zwischen Kofaktor und Protein,<br />
wie im Fall des Myoglobins aus Pferdemuskel, erwartet. Der Vorteil des Pottwal-<br />
Myoglobins ist die Möglichkeit, Einkristalle von ausreichender Größe für eine EPR- und<br />
ENDOR-spektroskopische Analyse züchten zu können.<br />
2.2. Modelle für [4Fe-4S]-Zentren des<br />
Photosystems I<br />
Eisen-Schwefel-Zentren sind in der Natur weit verbreitet und dienen als redox-aktive<br />
Kofaktoren des Elektronentransfers. Zwischen den verschiedenen Arten der FeS-Zentren<br />
variiert nicht nur die Zahl an Eisen- und Sulfidionen des Systems, sondern auch das<br />
Redoxpotential. Dies ist die wesentliche physikalische Eigenschaft eines redox-aktiven<br />
Kofaktors und die FeS-Zentren umfassen einen Potentialbereich von +400 mV bis –700<br />
mV. Bisher sind nur wenige Peptid-basierte Modelle für FeS-Zentren entwickelt worden,<br />
um den Einfluss der Proteinumgebung auf die physikalischen Eigenschaften, wie das<br />
Redoxpotential und die magnetischen Eigenschaften, zu untersuchen. Die meisten der
Aufgabenstellung<br />
bereits existierenden Modelle waren auf die Modellierung von bakteriellen [4Fe4S]-<br />
Ferredoxinen ausgerichtet, die einen Potentialbereich von –100 mV bis –500 mV<br />
abdecken. Um die Mechanismen der Kontrolle des Redoxpotentials zu verstehen, werden<br />
zusätzlich Modelle benötigt, die möglichst dicht an die Extremwerte bezüglich des<br />
Redoxpotentials gelangen. Die FeS-Zentren des Photosystems I bieten einen guten<br />
Ansatzpunkt für derartige Modelle, da ihre Redoxaktivität einen Potentialbereich von –500<br />
mV bis –700 mV umfasst. Zusätzlich ist das native System durch Kristallstrukturanalyse<br />
charakterisiert und von der Untereinheit PsaC existiert eine NMR-Struktur in Lösung.<br />
Außer dem Einfluss der Proteinumgebung auf das Redoxpotential ist die Kontrolle über die<br />
magnetischen Eigenschaften von FeS-Zentren, insbesondere der [4Fe4S]-Zentren, noch<br />
nicht vollständig verstanden. Abhängig vom Redoxzustand können in verschiedenen<br />
[4Fe4S]-Zentren jeweils zwei lokalisierte Paare aus je zwei Eisenkernen gleicher<br />
Oxidationsstufe auftreten. Inwieweit die Position der Paare im kubischen [4Fe4S]-Zentrum<br />
durch das Protein kontrolliert wird, und ob auf diese Weise Einfluss auf andere<br />
physikalische Eigenschaften ausgeübt wird, ist weitgehend unbekannt. Wahrscheinlich ist<br />
die Geometrie des kubischen FeS-Zentrums der entscheidende Faktor für die Position der<br />
Paare mit unterschiedlicher Oxidationsstufe. Modelle, die einfach darzustellen und zu<br />
variieren sind, können detaillierte Einsicht in diese Problematik geben.<br />
Ein weiteres strukturelles Merkmal von kubischen FeS-Zentren ist die Ausbildung von<br />
Wasserstoffbrücken zwischen den Sulfidionen des Zentrums und Amidprotonen der<br />
Polypeptidkette. Über die Anzahl der Wasserstoffbrückenbindungen werden die<br />
zugänglichen Oxidationsstufen (3+/2+ oder 2+/1+) des FeS-Zentrums festgelegt.<br />
Die Entwicklung von Peptid-basierten Modellsystemen, die in der Lage sind, kubische<br />
[4Fe4S]-Zentren zu binden, ist daher eine wesentliche Grundlage für die Aufklärung dieser<br />
Fragestellungen. Aus diesem Grund sollen in einem zweiten Teil dieser Ar<strong>bei</strong>t synthetische<br />
Modelle für [4Fe4S]-Zentren dargestellt werden, um den Einfluss der Proteinumgebung<br />
auf die Eigenschaften dieser wichtigen Kofaktoren des Elektronentransfers zu untersuchen.<br />
Als Vorbilder sollen die Eisen-Schwefel-Zentren des Photosystems I, FA, FB und FX,<br />
dienen, weil sie stark negative Redoxpotentiale aufweisen und bereits gut charakterisiert<br />
sind. Nach der Herstellung und vollständigen Charakterisierung wird untersucht, inwieweit<br />
die synthetischen Modelle in der Lage sind, die Funktion ihrer nativen Vorbilder im<br />
Elektronentransfer zu übernehmen.<br />
52
3. Ergebnisse und Diskussion<br />
53<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
3.1. Metall-Phäophorbide in Myoglobin-Matrix<br />
3.1.1. Natives Myoglobin und Apo-Myoglobin<br />
Myoglobin aus Pferdemuskeln ist kommerziell (Sigma) in der biologisch inaktiven met-<br />
Form (Fe 3+ ) des Hämins erhältlich. Um nicht-native Kofaktoren in das Protein Myoglobin<br />
einbauen zu können, muss zunächst der native Kofaktor, das Hämin, entfernt werden. Zu<br />
diesem Zweck wurde das Protein zunächst denaturiert, indem der pH-Wert der<br />
Proteinlösung durch Zugabe von Salzsäure auf einen Wert kleiner als zwei gesenkt wurde.<br />
Abbildung 26: UV-Vis-Spektren von met-Myoglobin (schwarz), denaturiertem met-Myoglobin <strong>bei</strong> pH = 1,5<br />
(rot) und Apo-Mb (grün). Während das Spektrum von met-Myoglobin von der Soret-Bande dominiert wird,<br />
liegt der Kofaktor Hämin <strong>bei</strong> einem pH-Wert von 1,5 im ungebundenen Zustand vor. Nach der Extraktion<br />
kann kein Kofaktor mehr nachgewiesen werden. Die Konzentrationen der Proben sind unterschiedlich.
Ergebnisse und Diskussion<br />
Liegt das Protein schließlich in denaturierter Form vor, ist der native Kofaktor nicht mehr<br />
stabil gebunden und kann durch ein organisches Lösemittel, in diesem Fall 2-Butanon,<br />
extrahiert werden [60] . Die saure Lösung des Apo-Proteins (Protein ohne Kofaktor) wurde<br />
durch Dialyse gegen Natriumhydrogencarbonat (50 mg/L) neutralisiert, wodurch eine<br />
Rückfaltung des Proteins erreicht wurde. Anschließend wurde gegen 0,1 mM EDTA-<br />
Lösung dialysiert, um gelöste Metallionen zu komplexieren, die andernfalls im Apo-<br />
Protein gebunden werden könnten. Abschließend wurde gegen destilliertes Wasser<br />
dialysiert, um die niedermolekularen Bestandteile der Lösung zu entfernen. Nach<br />
vollständiger Extraktion des Kofaktors dominierte die Soret-Bande <strong>bei</strong> 408 nm das<br />
Spektrum nicht mehr, allerdings blieb die Absorptionsbande der aromatischen<br />
Aminosäuren <strong>bei</strong> 280 nm erhalten. Für die weiteren Untersuchungen wurden<br />
ausschließlich Proben verwendet, <strong>bei</strong> denen der Restgehalt an Hämin unter 1 % lag.<br />
Die Entfernung des Kofaktors wirkt sich deutlich auf die Stabilität des Proteins aus. Liegt<br />
die Stabilität des nativen Myoglobins <strong>bei</strong> einem Wert von 30 kJ mol -1 , so geht der Wert<br />
nach Entfernung des Kofaktors auf 10 kJ mol -1 zurück. Die Kooperativität sinkt bedingt<br />
durch die Extraktion des Kofaktors ebenfalls von 20 kJ mol -1 M -1 auf 10 kJ mol -1 M -1 .<br />
Abbildung 27: Stabilitätsmessung von Apo-Myoglobin (●) und met-Myoglobin (▲). Die Entfaltung von<br />
Apo-Mb wurde durch Fluoreszenz-, die Entfaltung des met-Myoglobins durch CD-Spektroskopie verfolgt.<br />
Der Übergang von vollständig gefaltetem zum entfalteten Zustand ist <strong>bei</strong> met-Myoglobin steiler und findet<br />
<strong>bei</strong> einer höheren Konzentration von Guanidiniumhydrochlorid statt.<br />
54
55<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
Für alle dargestellten Komplexe wurde die Entfaltung durch CD-, UV-Vis-, und<br />
Fluoreszenz-Spektroskopie verfolgt. Die UV-Vis-Spektroskopie lieferte in allen Fällen die<br />
schlechtesten Ergebnisse, da sie im Vergleich zu den <strong>bei</strong>den anderen Methoden deutlich zu<br />
große Werte lieferte. Diese Tatsache kann darauf zurückgeführt werden, dass diese<br />
Methode direkt die spektralen Eigenschaften des Kofaktors wiedergibt, die wesentlich<br />
durch die Ligandierung bestimmt werden und erst in zweiter Linie durch die<br />
Proteinumgebung. Die CD- und die Fluoreszenz-Spektroskopie sind dagegen Methoden,<br />
die im untersuchten Messbereich ausschließlich die Struktur der Polypeptidkette<br />
wiedergeben können. Bei der CD-Spektroskopie wurde das Signal der α-helikalen<br />
Sekundärstrukturelemente <strong>bei</strong> 222 nm untersucht, während die Fluoreszenz-Spektroskopie<br />
verwendet wurde, um die Verschiebung des Fluoreszenzmaximums der Aminosäure<br />
Tryptophan abhängig vom Entfaltungszustand zu untersuchen. Die Daten dieser Methoden<br />
waren im Rahmen des experimentellen Fehlers identisch. Lediglich das paramagnetische<br />
met-Myoglobin zeigte eine zu schwache Fluoreszenz, weshalb keine Auswertung der<br />
Daten möglich war. Die Schlussfolgerung aus dieser Beobachtung ist, dass der Kofaktor<br />
zumindest teilweise noch durch das Protein koordiniert wird, wenn die Tertiär- und<br />
Sekundärstrukturelemente bereits entfaltet sind.<br />
Das auf die oben beschriebene Weise dargestellte Apo-Myoglobin befindet sich in einem<br />
nicht vollständig gefalteten Zustand und weist daher eine geringere Stabilität auf. Durch<br />
Zugabe von Hämin zu einer Apo-Myoglobin-Lösung kann das Myoglobin derart<br />
rekonstituiert werden, dass es von kommerziell erhältlichem Protein nicht zu unterscheiden<br />
ist. Sowohl das UV-Vis-Spektrum als auch die Stabilität des so hergestellten Myoglobins<br />
sind identisch mit met-Myoglobin. Deshalb kann davon ausgegangen werden, dass die<br />
Aminosäurekette während der Extraktion des Kofaktors nicht beschädigt wurde. Außerdem<br />
ist das auf diese Weise hergestellte Apo-Myoglobin in der Lage, einen Kofaktor zu binden.
Ergebnisse und Diskussion<br />
3.1.2. Darstellung der Kofaktoren<br />
In dieser Ar<strong>bei</strong>t wurden die Kofaktoren Zink-Protoporphyrin, Zink-Phäophorbid a, Zink-<br />
Pyrophäophorbid a, Zink-Pyrophäophorbid a Methylester, Zink-Pyrophäophorbid d<br />
Methylester und 3-Devinyl-3-hydroxymethyl-13 2 -demethoxycarbonylphäophorbid a<br />
Methylester verwendet. Das Zink-Protoporphyrin wird durch Umsetzen der kommerziell<br />
erhältlichen freien Base Protoporphyrin mit Zinkacetat in Essigsäure erhalten. Die<br />
restlichen Kofaktoren stellen Derivate des Chlorophyll a dar und können über kurze<br />
Synthesewege ausgehend von Chlorophyll a beziehungsweise von einem ungereinigten<br />
Algenrohextrakt dargestellt werden. In allen Fällen wurde der Phytylester verseift, da diese<br />
C20-Einheit die Bindung des Kofaktors in der Proteinbindungstasche erschweren würde.<br />
An Stelle des Phytylesters lag entweder die freie Carbonsäure oder der korrespondierende<br />
Methyl-Ester vor.<br />
Als zentrales Metallion wurde grundsätzlich Zink verwendet, da das in Chlorophyll a<br />
natürlich vorkommende Magnesiumion während der Synthese verloren geht. Das Zink(II)-<br />
Ion hat vergleichbare Eigenschaften wie das Magnesium(II)-Ion in Bezug auf den<br />
Ionenradius. Er liegt <strong>bei</strong> 72 pm für Mg 2+ und 74 pm für Zn 2+ <strong>bei</strong> Koordinationszahl sechs.<br />
Damit sind <strong>bei</strong>de Ionen etwas zu groß für die Bindungsstelle im Porphyrin, die einen<br />
diagonalen Kern-Kern Abstand der Stickstoffatome von 200 pm aufweist (Stickstoff<br />
VDW-Radius 74 pm). Als Konsequenz daraus zeigen die Porphyrinkomplexe <strong>bei</strong>der<br />
Metallionen eine starke Präferenz für eine verzerrte quadratisch-pyramidale Struktur, in<br />
der die vier äquatorialen Ligandenstellen durch den Ring besetzt sind und das Metallion<br />
außerhalb der Ringebene liegt [61] . Gleichzeitig weisen die Zinkkomplexe eine höhere<br />
Stabilität aufgrund der größeren Elektronegativität des Zinkions auf. Die elektronischen<br />
Strukturen der Zink- und Magnesiumkomplexe haben sich als ähnlich erwiesen [62] ,<br />
wodurch der Einsatz von Zink als zentrales Metallion für die durchgeführten EPR- und<br />
ENDOR-Messungen unproblematisch ist. Da die Zinkkomplexe leichter zu synthetisieren<br />
sind, werden sie in dieser Ar<strong>bei</strong>t verwendet [63] .<br />
56
H3C<br />
3 1 32<br />
H2C<br />
CH<br />
H<br />
3<br />
2<br />
4<br />
5<br />
1 NH N<br />
8<br />
9<br />
10<br />
11<br />
18<br />
14 12<br />
17<br />
16<br />
15 13<br />
19<br />
20<br />
13 1<br />
13 2<br />
171<br />
17 2<br />
N HN<br />
H3C<br />
CH2 H2C<br />
O<br />
O OPhytyl<br />
O H<br />
H<br />
Phäophytin a<br />
O<br />
CH3 im Algenrohextrakt<br />
H3C<br />
3 1 32<br />
H2C<br />
CH<br />
H<br />
TFA<br />
3<br />
2<br />
4<br />
5<br />
1 NH N<br />
6 7 8 1<br />
8 2 CH3<br />
CH3<br />
CH2<br />
8<br />
9<br />
10<br />
11<br />
18<br />
14 12<br />
17<br />
16<br />
15 13<br />
19<br />
20<br />
13 1<br />
13 2<br />
171<br />
17 2<br />
N HN<br />
H3C<br />
CH2 H2C O<br />
O OH O H<br />
H<br />
O<br />
H<br />
CH3<br />
6 7 8 1<br />
8 2 CH3<br />
CH3<br />
CH2<br />
CH3<br />
Phäophorbid a<br />
HO<br />
H<br />
CH3<br />
180°C<br />
Collidin<br />
H3C<br />
3 1 32<br />
H2C<br />
CH<br />
H<br />
3<br />
2<br />
4<br />
5<br />
1 NH N<br />
57<br />
8<br />
9<br />
10<br />
11<br />
18<br />
14 12<br />
17<br />
16<br />
15 13<br />
19<br />
20<br />
13 1<br />
13 2<br />
171<br />
17 2<br />
H<br />
N HN<br />
H3C<br />
CH2 H2C H<br />
H O<br />
O OPhytyl<br />
H3C<br />
3 1 32<br />
H2C<br />
CH<br />
6 7 8 1<br />
8 2 CH3<br />
CH3<br />
CH2<br />
H<br />
CH3<br />
MeOH<br />
H2SO4<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
H3C<br />
3 1 32<br />
H2C<br />
CH<br />
H<br />
3<br />
2<br />
4<br />
5<br />
1 NH N<br />
8<br />
9<br />
10<br />
11<br />
18<br />
14 12<br />
17<br />
16<br />
15 13<br />
19<br />
20<br />
13 1<br />
13 2<br />
171<br />
17 2<br />
H<br />
N HN<br />
H3C<br />
CH2 H2C H<br />
H O<br />
O OMe<br />
H3C<br />
3 1<br />
O<br />
CH<br />
H<br />
3<br />
2<br />
4<br />
5<br />
1 NH N<br />
6 7 8 1<br />
8 2 CH3<br />
CH3<br />
CH2<br />
Pyrophäophytin a Methylpyrophäophorbid a<br />
TFA<br />
3<br />
2<br />
4<br />
5<br />
1 NH N<br />
8<br />
9<br />
10<br />
11<br />
18<br />
14 12<br />
17<br />
16<br />
15 13<br />
19<br />
20<br />
13 1<br />
13 2<br />
171<br />
17 2<br />
H<br />
N HN<br />
H3C<br />
CH2 H2C H<br />
H O<br />
O OH<br />
CH3 CH3 Phytol<br />
CH3 CH3 H<br />
Pyrophäophorbid<br />
CH 3<br />
6 7 8 1<br />
8 2 CH3<br />
CH3<br />
CH2<br />
H<br />
CH3<br />
OsO 4<br />
NaIO 4<br />
8<br />
9<br />
10<br />
11<br />
18<br />
14 12<br />
17<br />
16<br />
15 13<br />
19<br />
20<br />
13 1<br />
13 2<br />
171<br />
17 2<br />
H<br />
N HN<br />
H3C<br />
CH2 H2C H<br />
H O<br />
O OMe<br />
H3C<br />
3 1<br />
HO<br />
CH2 H<br />
3<br />
2<br />
4<br />
5<br />
1 NH N<br />
H<br />
CH3<br />
6 7 8 1<br />
8 2 CH3<br />
CH3<br />
CH2<br />
tert-<br />
Butylamin<br />
boran<br />
8<br />
9<br />
10<br />
11<br />
18<br />
14 12<br />
17<br />
16<br />
15 13<br />
19<br />
20<br />
13 1<br />
13 2<br />
171<br />
17 2<br />
H<br />
N HN<br />
H3C<br />
CH2 H2C H<br />
H O<br />
O OMe<br />
H<br />
CH3<br />
Methylpyrophäophorbid d<br />
6 7 8 1<br />
8 2 CH3<br />
CH3<br />
CH2<br />
H<br />
CH3<br />
Methyl 3-devinyl-3-hydroxymethyl-<br />
13 2 -demethoxycarbonylphäophorbid a<br />
Abbildung 28: Darstellung des Syntheseweges der in dieser Ar<strong>bei</strong>t untersuchten Kofaktoren und<br />
vollständige Struktur des Phytols, das in Chlorophyllen in Form eines Esters an der Propionsäure gebunden<br />
ist.
Ergebnisse und Diskussion<br />
Setzt man Chlorophyll a mit Trifluoressigsäure (TFA) um, so erhält man aus dem<br />
Phytylester nahezu quantitativ die freie Carbonsäure [64] (Abbildung 28). Der Methylester in<br />
Position 13 2 wird jedoch nicht hydrolysiert. Diese Tatsache ist auf die Molekülstruktur<br />
zurückzuführen. Die Trifluoressigsäure greift die Carbonylgruppe der Esterfunktion an und<br />
induziert dadurch eine Vinyl-Umlagerung, die letztendlich zur Esterspaltung führt. Ein<br />
vergleichbarer Angriff auf den Methylester ist nicht möglich. Bei der kurz gewählten<br />
Reaktionszeit von etwa 10 Minuten wird die Hydrolyse des Methylesters fast völlig<br />
unterdrückt. Da durch die aciden Bedingungen der Komplex das Magnesiumion verliert,<br />
erhält man Phäophorbid a.<br />
Die Synthese des Pyrophäophorbids geht vom Algenrohextrakt aus. Zunächst wird der<br />
Methylester in der 13 2 -Position durch Kochen am Rückfluss in Collidin <strong>bei</strong> 180 °C unter<br />
Argon pyrolysiert [65] . Durch Spaltung des Methylesters wird eine β-Ketocarbonsäure<br />
erzeugt, die daraufhin decarboxyliert wird. Nach der säulenchromatographischen<br />
Reinigung der Reaktionsmischung erhält man Pyrophäophytin. Der Phytylester wird wie<br />
<strong>bei</strong> Chlorophyll a durch Reaktion mit Trifluoressigsäure in die freie Carbonsäure<br />
umgewandelt. Der Vorteil dieses Kofaktors liegt darin, dass das Stereozentrum in der<br />
13 2 -Position zerstört wird und dadurch das Epimeren-Gleichgewicht a/a´ aufgehoben wird.<br />
Der Pyrophäophorbid a Methylester wird analog dargestellt, jedoch wird zur Spaltung des<br />
Phytylesters nicht Trifluoressigsäure verwendet, sondern es wird mit<br />
Schwefelsäure/Methanol umgeestert. Der Methylester kann durch Kristallisation aus<br />
CH2Cl2/Hexan gereinigt werden.<br />
Der Methylester des Pyrophäophorbids d wird aus Pyrophäophorbid a Methylester<br />
dargestellt. Dazu wird die Vinylgruppe in der 3 1 -Position durch<br />
Osmiumtetraoxid/Natriumperjodat zum entsprechenden Aldehyd gespalten [66] . Alle auf<br />
diesem Weg dargestellten Kofaktoren liegen zunächst als freie Base vor, können aber mit<br />
einem Überschuss an Zinkacetat in Eisessig metalliert werden.<br />
Der Aldehyd Pyrophäophorbid d kann unter Verwendung von tert-Butylaminboran<br />
selektiv zum Alkohol reduziert werden. Hier<strong>bei</strong> wird die Ketogruppe in Position 13 1<br />
aufgrund ihrer geringeren Reaktivität nur zu einem kleinen Teil reduziert. Die Metallierung<br />
in Essigsäure ist nicht möglich, sondern erfolgt in Dichlormethan mit 3-4 % Methanol.<br />
Alle analytischen Daten stimmen mit den Literaturdaten überein. Die analytischen Daten<br />
sind im experimentellen Teil <strong>bei</strong> der jeweiligen Verbindung aufgelistet.<br />
58
3.1.3. Komplexbildung und Charakterisierung der<br />
Kofaktoren mit Apo-Myoglobin<br />
59<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
Nachdem nachgewiesen wurde (vgl. Abschnitt 3.1.1), dass das Apo-Myoglobin intakt und<br />
in der Lage ist, Kofaktoren verschiedener Art einzubauen, wurden die dargestellten<br />
Kofaktoren einer Einbauuntersuchung unterzogen. Der ideale Kofaktor sollte a) einen<br />
1:1-Komplex mit dem Protein bilden können, b) eine eindeutige Einbaurichtung in der<br />
Bindungstasche des Proteins aufweisen und c) diamagnetisch sein. Die letzte Bedingung<br />
wird von allen dargestellten Kofaktoren erfüllt.<br />
Insgesamt wurde in dieser Ar<strong>bei</strong>t der Einbau von sechs verschiedenen Kofaktoren<br />
untersucht. Als Beispiel für den nativen Kofaktor wurde das diamagnetische Derivat des<br />
Hämins, Zinkprotoporphyrin, verwendet. Außerdem wurde der Einbau von fünf<br />
Chlorophyll-Derivaten in das Apo-Myoglobin untersucht.<br />
In den spektroskopischen Untersuchungen wird der Kofaktor-Myoglobinkomplex mit dem<br />
Kofaktor ohne Proteinkomplexierung verglichen. Letzterer wird als freier bzw.<br />
unkomplexierter Kofaktor bezeichnet, wo<strong>bei</strong> die Wortwahl „frei“ nicht suggerieren soll,<br />
dass die vakanten Koordinationsstellen am Zink nicht besetzt sind. Der freie Kofaktor ist<br />
entweder symmetrisch und/oder schwach durch das Lösemittel komplexiert. Eine<br />
Ausnahme stellt das Zink-Pyrophäophorbid a dar, welches in Pyridin als Lösemittel<br />
fünffach koordiniert vorliegt. Im Protein werden alle Kofaktoren lediglich durch ein<br />
Histidin koordiniert. Das Zink ist daher fünffach koordiniert (ggf. sechsfach durch ein<br />
Wassermolekül) und der Kofaktor unterliegt einer Verzerrung, weil das zentrale<br />
Metallatom aus der Ringebene herausgezogen wird. Aufgrund dieser Wechselwirkung<br />
wird die ursprünglich planare Struktur des Porphyrins zu einer gewölbten Anordnung,<br />
ähnlich dem Ausschnitt aus einer Kreisoberfläche, verformt.
Ergebnisse und Diskussion<br />
3.1.3.1. Zink-Protoporphyrin Apo-Myoglobin (ZnPPIX Mb)<br />
3.1.3.1.1. UV-Vis-Spektroskopie und Stabilitätsmessung<br />
Zink-Protoporphyrin ist gut löslich in DMSO und besitzt in diesem Lösemittel ein<br />
Absorptionsspektrum, das durch vier Absorptionsbanden <strong>bei</strong> 586 nm (α-Bande), 547 nm<br />
(β-Bande), 417 nm (Soret-Bande) und 347 nm (Hyper-Bande) gekennzeichnet ist<br />
(Abbildung 29). Wird dieser Kofaktor in das Apo-Myoglobin eingebaut, so verschieben<br />
diese Absorptionsbanden nach 595 nm, 555 nm, 428 nm und 350 nm. Die Analyse der<br />
UV-Vis-Daten des Zink-Protoporphyrin (ZnPPIX) erfolgte anhand von Literaturdaten [67] .<br />
Weiterhin ist zu beobachten, dass die Soret-Bande deutlich schmaler wird und an Intensität<br />
gewinnt. Der Extinktionskoeffizient für Myoglobin, isoliert aus Pferdemuskel, <strong>bei</strong> 280 nm<br />
beträgt 15,2 mM -1 cm -1 , während der Extinktionskoeffizient der Soret-Bande des<br />
gebundenen Zink-Protoporphyrins mit einem Wert von 152,6 mM -1 cm -1 angegeben<br />
wird [67] . Daraus ergibt sich ein Bandenverhältnis von 10 für einen 1:1 Komplex. In dieser<br />
Ar<strong>bei</strong>t wurden für die weiteren Messungen nur solche Proben verwendet, die ein<br />
Bandenverhältnis von ≥ 9 aufwiesen.<br />
Abbildung 29: UV-Vis-Spektren von ZnPPIX in DMSO (schwarz) und vom ZnPPIX Mb Komplex (rot) in<br />
unterschiedlichen Konzentrationen. Durch den Einbau in das Protein werden alle Banden ins Langwellige<br />
(bathochrom) verschoben.<br />
60
61<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
Abbildung 30: Stabilitätsmessung von ZnPPIX Mb detektiert durch CD-Spektroskopie (■) im Vergleich zu<br />
Apo-Mb (■). Die Interpolation der Messpunkte liefert für die freie Entfaltungsenthalpie einen Wert von<br />
31,2 kJ mol -1 und für die Kooperativität einen Wert von 16,1 kJ mol -1 M -1 .<br />
Apo-Myoglobin weist im Vergleich zu met-Myoglobin durch den fehlenden Kofaktor eine<br />
deutlich geringere Stabilität auf (vgl. Abschnitt 3.1.1). Der Einbau eines Kofaktors sollte<br />
zu einer teilweisen Wiederherstellung der ursprünglichen Stabilität führen. In welchem<br />
Ausmaß dies geschieht, hängt von der Struktur des Kofaktors ab. Für ZnPPIX ist die freie<br />
Base des Kofaktors Protoporphyrin (PPIX) und damit identisch mit der freien Base des<br />
nativen Kofaktors. Lediglich das zentrale Eisen-Metallion wurde durch ein Zink(II)ion<br />
ersetzt. Daher wird eine vollständige bzw. nahezu vollständige Wiederherstellung der<br />
ursprünglichen Stabilität erwartet.<br />
Diese Erwartung konnte experimentell nachgewiesen werden (Abbildung 30). Für die<br />
Stabilität wurde ein Wert von 31,2 ± 6,6 kJ mol -1 ermittelt, der damit im Rahmen des<br />
Fehlers mit der Stabilität von met-Myoglobin übereinstimmt (30,6 ± 4,5 kJ mol -1 ). Für die<br />
Kooperativität wurde ein etwas kleinerer Wert von 16,1 ± 3,3 kJ mol -1 M -1 gemessen<br />
(met-Myoglobin 19,8 ± 2,9 kJ mol -1 M -1 , siehe Abschnitt 3.1.1). Diese Abweichung der<br />
Kooperativität könnte auf die unterschiedlichen Bindungseigenschaften von Hämin und<br />
ZnPPIX im Bezug auf die hier vorliegende Histidinkomplexierung zurückgeführt werden.<br />
Die Histidin-Eisen Bindung ist deutlich stärker als die Histidin-Zink Bindung. Im Rahmen<br />
der Fehler wurden für die Entfaltungsenthalpie identische Werte erhalten.
Ergebnisse und Diskussion<br />
3.1.3.1.2. NMR-Spektroskopie<br />
Nachdem gezeigt wurde, dass ein stabiler und stöchiometrischer Komplex von ZnPPIX<br />
und Apo-Myoglobin gebildet wurde, muss nun festgestellt werden, ob eine einheitliche<br />
Einbau-Orientierung des Kofaktors im Protein vorliegt (vgl. Abschnitt 1.3). Aufgrund der<br />
strukturellen Ähnlichkeit mit nativem Hämin wird auch ein ähnliches Verhalten für<br />
ZnPPIX erwartet, d. h., zwei Einbauisomere, die im Gleichgewicht miteinander stehen. Die<br />
Protonen der γ-CH3-Gruppen der Aminosäure Valin 68 liegen in der π-Elektronenwolke<br />
des Kofaktors und werden daher durch den Ringstromeffekt in der NMR-Spektroskopie<br />
<strong>bei</strong> negativen ppm-Werten detektiert [68] . Daher sind sie leicht von den anderen Protonen<br />
innerhalb des Proteins zu unterscheiden und können einfach zugeordnet werden.<br />
Innerhalb von 24 Stunden nach erfolgter Rekonstitution werden zwei Einbauisomere im<br />
Verhältnis 1:1 gefunden, die miteinander im Gleichgewicht stehen. Die Signale der<br />
γ-CH3-Gruppen der Aminosäure Valin 68 liegen <strong>bei</strong> einer Messtemperatur von 8°C <strong>bei</strong><br />
–3,9 ppm (Peak I) und –1,1 bzw. –1,0 ppm (Peak II) (Abbildung 31). Diese Werte<br />
unterscheiden sich signifikant von den publizierten Werten von –3,6 ppm (Peak I) und<br />
–0,9 ppm (Peak II) [69] . Diese Abweichung kommt durch die unterschiedliche<br />
Messtemperatur zustande, die in diesem Experiment <strong>bei</strong> 8°C und für die Vergleichswerte<br />
aus der Literatur <strong>bei</strong> 25°C lag. Wird die gleiche Probe nach 13 Monaten Lagerzeit <strong>bei</strong> 4°C<br />
erneut <strong>bei</strong> einer Messtemperatur von 25°C gemessen, so werden Werte von –3,5 ppm<br />
(Peak I) und –0,9 ppm bzw. –0,7 ppm (Peak II) erhalten (Abbildung 31), wo<strong>bei</strong> zu<br />
berücksichtigen ist, dass sich die Signale der <strong>bei</strong>den Einbauisomere <strong>bei</strong> –3,5 ppm<br />
überlagern. Das Peakverhältnis liegt im Gleichgewichtszustand etwa <strong>bei</strong> 1:3.<br />
Ähnlich wie <strong>bei</strong>m nativen Kofaktor Hämin werden zwei unterschiedliche Einbauisomere<br />
beobachtet, die miteinander im Gleichgewicht stehen. Während jedoch das Verhältnis der<br />
Isomere im Gleichgewicht für das Hämin <strong>bei</strong> 9:1 liegt [28] , wird für das ZnPPIX lediglich<br />
ein Verhältnis von 3:1 gefunden. Die Triebkraft der Gleichgewichtseinstellung ist die<br />
hydrophobe Wechselwirkung der Vinyl-Substituenten des Kofaktors mit den unpolaren<br />
Aminosäuren der Bindungstasche. Sowohl <strong>bei</strong> Hämin, als auch <strong>bei</strong> ZnPPIX sollte diese<br />
Wechselwirkung identisch sein. Demzufolge sollte im Gleichgewichtszustand auch ein<br />
ähnliches Verhältnis der <strong>bei</strong>den Isomere vorliegen. Nach 13 Monaten wird aber lediglich<br />
ein Verhältnis der <strong>bei</strong>den Isomere von 1:3 im NMR-Spektrum nachgewiesen. Daher kann<br />
62
63<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
man davon ausgehen, dass der Gleichgewichtszustand auch nach 13 Monaten noch nicht<br />
erreicht wurde.<br />
ppm (t1)<br />
-0.50<br />
ppm (t1)<br />
-0.50<br />
-0.71<br />
-0.88<br />
-0.95<br />
-1.12<br />
-1.00<br />
-1.00<br />
-1.50<br />
-1.50<br />
-2.00<br />
-2.00<br />
-2.50<br />
-2.50<br />
-3.00<br />
-3.00<br />
-3.50<br />
-3.51<br />
-3.50<br />
-3.90<br />
-3.94<br />
Abbildung 31: Ausschnitt aus dem 1 H-NMR-Spektrum (400 MHz) vom ZnPPIX Apo-Mb Komplex <strong>bei</strong> 8°C<br />
direkt nach der Rekonstitution (oben) und <strong>bei</strong> 25°C nach 13 Monaten Lagerzeit (unten). Unmittelbar nach der<br />
Rekonstitution werden zwei Einbauisomere im Verhältnis 1:1 gefunden, die miteinander im Gleichgewicht<br />
stehen. Nach 13 Monaten Lagerzeit liegen die Isomere im Verhältnis 1:3 vor. Die unterschiedlichen<br />
Signalpositionen liegen in der unterschiedlichen Messtemperatur begründet (siehe Text).<br />
Tabelle 2: Zusammenfassung der NMR-Daten des Komplexes ZnPPIX Mb.<br />
-4.00<br />
-4.00<br />
Messtemperatur Peak I Peak II<br />
-4.50<br />
-4.50<br />
ZnPPIX Mb 8°C -3,90, -3,94 ppm -1,12 ppm / -0,95 ppm<br />
ZnPPIX Mb 25°C -3,51 ppm -0,88 ppm / -0,71 ppm<br />
Literaturangabe [69] 25°C -3,6 ppm -0,9 ppm
Ergebnisse und Diskussion<br />
Aus den Signallagen <strong>bei</strong> unterschiedlichen Messtemperaturen kann die<br />
temperaturabhängige Verschiebung der Signale berechnet werden. Diese Abhängigkeit gilt<br />
nur in einem relativ kleinen Temperaturbereich, aber es bietet sich die Möglichkeit, die<br />
Signalpositionen <strong>bei</strong> verschiedenen Messtemperaturen miteinander zu vergleichen. Die<br />
Änderung der Signallage liegt <strong>bei</strong> 0,02 ppm/°C für Peak I bzw. <strong>bei</strong> 0,012 ppm/°C für<br />
Peak II.<br />
3.1.3.1.3. EPR-Spektroskopie<br />
Die transiente EPR-Spektroskopie am lichtangeregten Triplettzustand von ZnPPIX in Apo-<br />
Myoglobin wurde bereits von Hoffman et al. [70] durchgeführt und bietet daher die<br />
Möglichkeit, die hier erhaltenen Ergebnisse zu überprüfen.<br />
Aus den transienten Messungen können die Nullfeldparameter des Triplettzustandes<br />
unmittelbar abgelesen werden. Die Nullfeldparameter D und E sind ein Maß für die<br />
Geometrie der Wellenfunktion des Triplettzustandes. Ist D = E = 0 liegt eine kubische<br />
Symmetrie vor, <strong>bei</strong> D ≠ 0, aber E = 0 liegt axiale Symmetrie vor und <strong>bei</strong> D ≠ 0 und E ≠ 0<br />
liegt eine Symmetrie vor, die niedriger als axial ist. Der Vergleich der Messergebnisse des<br />
ungebundenen Kofaktors mit dem Proteinkomplex gibt also unmittelbar Aufschluss<br />
darüber, in wie weit die elektronische Struktur des Triplettzustands durch die<br />
Proteinumgebung beeinflusst wird. Für <strong>bei</strong>de Nullfeldparameter ist bekannt, dass sie im<br />
Fall des Protoporphyrins positive Vorzeichen besitzen, so dass die Werte im Folgenden mit<br />
absoluten Vorzeichen angegeben werden können.<br />
Die transienten Spektren von ZnPPIX Mb und dem freien Kofaktor (Abbildung 32) zeigen<br />
mit zunehmendem Magnetfeld drei absorptive Linien, gefolgt von drei emissiven Linien.<br />
Im Spektrum des freien Kofaktors tritt zusätzlich bereits zu Beginn der Messungen das<br />
Signal eines Radikals auf. Die Simulation der Spektren liefert Werte für die<br />
Nullfeldparameter D und E von 357 ± 4·10 -4 cm –1 bzw. 67 ± 4·10 -4 cm –1 für den<br />
Proteinkomplex und 350 ± 4·10 -4 cm –1 bzw. 63 ± 4·10 -4 cm –1 für den freien Kofaktor<br />
(Tabelle 3).<br />
Im Rahmen des Fehlers stimmen die ermittelten Nullfeldparameter mit den Literaturwerten<br />
überein. Der Fehler der experimentellen Werte ist mit ± 4·10 -4 cm –1 groß. Dieser Wert ist<br />
64
65<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
auf das derzeitige Entwicklungsstadium des Simulationsprogramms zurückzuführen.<br />
Gegenwärtig muss jeder Parameter vollständig manuell an das experimentelle Spektrum<br />
angepasst werden. Eine halbautomatische Anpassung der Simulation an das experimentelle<br />
Spektrum befindet sich in der Entwicklung und wird die Präzision der Simulationen<br />
erhöhen.<br />
A B<br />
Abbildung 32: Transiente EPR Spektren (X-Band, 9,5 GHz) von ZnPPIX Mb (A) und ZnPPIX in DMSO<br />
(B) <strong>bei</strong> 50 K. Die aufgenommenen Spektren sind in schwarz und die entsprechende Simulation in rot<br />
dargestellt. Beide Spektren weisen drei absorptive Linien, gefolgt von drei emissiven Linien auf (aaa eee).<br />
Das EPR-Signal eines Radikals im Spektrum von ZnPPIX ist durch * gekennzeichnet.<br />
Tabelle 3: Zusammenfassung der experimentellen Nullfeldparameter D und E von ZnPPIX Mb und freiem<br />
ZnPPIX und Vergleich mit den Literaturwerten. Die Literaturwerte für den freien Kofaktor beziehen sich auf<br />
das Lösemittel Pyridin (*), während in dieser Ar<strong>bei</strong>t ein Gemisch aus DMSO und Glycerin 40/60 verwendet<br />
wurde.<br />
Nullfeldparameter<br />
ZnPPIX Mb<br />
(50 mM Phosphat, pH 7,0, 60 %<br />
Glycerin)<br />
ZnPPIX (DMSO/Glycerin)<br />
D (experimentell) 357 ± 4·10 -4 cm –1 350 ± 4·10 -4 cm –1<br />
E (experimentell) 67 ± 4·10 -4 cm –1 63 ± 4·10 -4 cm –1<br />
D (Literatur) [70] 349·10 -4 cm –1 350·10 -4 cm –1 *<br />
E (Literatur) [70] 69·10 -4 cm –1 66·10 -4 cm –1 *<br />
*
Ergebnisse und Diskussion<br />
Im Vergleich zum simulierten Spektrum wird die Asymmetrie des experimentellen<br />
Spektrums, das vom Proteinkomplex gemessen wurde, besonders deutlich. Die Intensität<br />
der emissiven Linien ist deutlich größer als die der absorptiven Linien. Dies kann nicht auf<br />
eine apparative Ursache zurückgeführt werden, sondern ist ein Merkmal des untersuchten<br />
Komplexes. Obwohl dieses Resultat schon <strong>bei</strong> anderen Verbindungen beobachtet wurde,<br />
ist bis heute unverstanden. Eine weitere in diesem System bisher nicht verstandene<br />
Beobachtung ist die g-Faktor Anisotropie, die in den meisten Fällen erst <strong>bei</strong> sehr hohen<br />
Magnetfeldern bzw. Mikrowellenfrequenzen (z.B. im W-Band <strong>bei</strong> 95 GHz) detektiert<br />
werden kann. Alle in dieser Ar<strong>bei</strong>t untersuchten Systeme zeigten jedoch bereits im Q-Band<br />
<strong>bei</strong> 35 GHz eine deutliche g-Faktor-Anisotropie.<br />
Um sicherzustellen, dass nur der energetisch niedrigste Triplettzustand während der<br />
Messungen besetzt wird, wurde die Wellenlängenabhängigkeit des transienten EPR-<br />
Spektrums des ZnPPIX Mb Komplexes untersucht. Obwohl man <strong>bei</strong> einer<br />
Anregungswellenlänge von 585 nm, also in der β-Bande des UV-Vis-Spektrums, davon<br />
ausgehen muss, dass nur der S1-Zustand und damit auch nur der T1-Zustand zugänglich ist,<br />
wurden auch Spektren <strong>bei</strong> kürzeren Wellenlängen aufgenommen. Sollte der zweite<br />
angeregte Triplettzustand ebenfalls besetzt sein, müsste dies einen Effekt auf die<br />
Nullfeldparameter des EPR-Spektrums haben, da der T2-Zustand eine andere elektronische<br />
Struktur hat und zusätzlich schneller relaxiert. Im Bereich der α- und der β-Bande wurden<br />
in Intervallen von 10 nm transiente EPR-Spektren aufgenommen. Da die Soret-Bande eine<br />
Anregung in den S2-Zustand ermöglicht, wurde zusätzlich ein weiteres Spektrum <strong>bei</strong> einer<br />
Anregungswellenlänge von 440 nm aufgenommen. Bei diesen Messungen konnte keine<br />
Wellenlängenabhängigkeit der Nullfeldparameter festgestellt werden. Diese Ergebnisse<br />
zeigen eindeutig, dass nur der erste angeregte Triplettzustand unter den verwendeten<br />
Messbedingungen besetzt wird.<br />
Da die durchgeführten ENDOR-Messungen (s. Abschnitt 3.1.3.1.4) nicht auf cw-EPR,<br />
sondern auf Puls-EPR beruhen, wurden ebenfalls Puls-EPR-Spektren des Komplexes in<br />
einem Puffer/Glycerin-Gemisch (50 mM Phosphatpuffer, pH 7,0), sowie des freien<br />
Kofaktors in einem DMSO/Glycerin-Gemisch aufgenommen. Anhand dieser Spektren<br />
wurden die Feldpositionen für die ENDOR-Messungen gewählt, wo<strong>bei</strong> zwei Kriterien die<br />
Auswahl bestimmten. Das EPR-Signal an der zu untersuchenden Feldposition muss<br />
möglichst intensiv sein, um ein gutes Signal zu Rausch-Verhältnis zu erreichen und es<br />
66
67<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
muss nach Möglichkeit nur eine Orientierung des Moleküls zum Magnetfeld selektiert<br />
werden können. Beide Spektren lassen keine Selektion einer einzigen Molekülorientierung<br />
durch eine bestimmte Magnetfeldstärke zu, wie es für das Spektrum einer gefrorenen<br />
Lösung typisch ist. Daher wurden die ENDOR-Spektren an den Feldpositionen der Z-, Y-<br />
und X-Orientierung aufgenommen.<br />
A B<br />
Abbildung 33: Puls EPR-Spektren des ZnPPIX Apo-Mb Komplexes im X-Band Spektrometer (A) und des<br />
freien Kofaktors in DMSO/Glycerin im Q-Band Spektrometer (B) <strong>bei</strong> 10 K. Im Spektrum des Komplexes<br />
sind die induzierten Übergänge zwischen den Subleveln gekennzeichnet (für D>0 und E>0). Im Spektrum<br />
des freien Kofaktors ist deutlich das scharfe Radikalsignal <strong>bei</strong> 12000 G zu erkennen.<br />
Aus diesen experimentellen Puls-EPR-Spektren wurden die gleichen Nullfeldparameter<br />
erhalten wie aus den transienten Spektren. Auch hier ist der deutliche<br />
Intensitätsunterschied zwischen emissiven und absorptiven Linien des Proteinkomplexes<br />
sichtbar. Ebenso wie <strong>bei</strong> den transienten Spektren ist der Intensitätsunterschied der Linien<br />
im Spektrum des freien Kofaktors nicht so groß wie im Spektrum des Proteinkomplexes.<br />
Das Puls-EPR-Spektrum von ZnPPIX Mb (X-Band) wird durch Modulationen der Pyrrol-<br />
Stickstoffatome beeinflusst, wodurch die Intensität der einzelnen Übergänge stark von den<br />
Pulsabständen des 90°- und 180°-Pulses abhängt. Die Modulationen sind deshalb im X-<br />
Band-Spektrum stark, weil die Kern-Zeeman-Aufspaltung und die<br />
Hyperfeinwechselwirkung für 14 N-Kerne <strong>bei</strong> einer Magnetfeldstärke von 3500 G (0,35 T)<br />
ungefähr die gleiche Größe besitzen, wodurch die drei Hyperfeinsublevel geringe<br />
Energieunterschiede aufweisen. Auf diese Weise werden alle Kernübergänge teilweise
Ergebnisse und Diskussion<br />
erlaubt, weil alle teilweise mI = 0 Charakter enthalten. Während der Zeit zwischen den<br />
Mikrowellenpulsen evolviert das System in jedem Triplettlevel (l) mit der Phase der<br />
Kernspinns (e -ie(l)t2π/h ), wodurch die Modulation hervorgerufen wird.<br />
Bei einer Magnetfeldstärke von etwa 1,2 T (Q-Band) ist die Kern-Zeeman-Aufspaltung der<br />
14<br />
N-Kerne etwa dreimal größer als <strong>bei</strong> 0,35 T, da sie proportional mit der Magnetfeldstärke<br />
zunimmt. Die Größe der Hyperfeinkopplungen dagegen ist unabhängig vom Magnetfeld<br />
und ändert seine Größe nicht. Daher treten in einem Puls-EPR-Spektrum im Q-Band keine<br />
Modulationen durch die Pyrrol-Stickstoffatome auf.<br />
3.1.3.1.4. ENDOR-Spektroskopie von ZnPPIX in Glycerin/DMSO<br />
Die ENDOR-Spektroskopie dient dazu, die Hyperfeinkopplungskonstanten von Kernen<br />
mit einem Kernspin von I ≠ 0 zu bestimmen. Die Größe der Hyperfeinkopplungen ist ein<br />
Maß für die Elektronenspindichte am Kernort, mit dem er wechselwirkt. In den<br />
untersuchten Porphyrinsystemen werden die Kopplungen der Elektronenspins mit den<br />
Methinprotonen (α-Protonen) und den an das Ringsystem angrenzenden Methyl- und<br />
Methylengruppen (β-Protonen) beobachtet. Da<strong>bei</strong> gilt für die Kopplungen der α-Protonen<br />
die folgende Näherung, die von einem isolierten sp 2 -C-H Fragment abgeleitet werden<br />
kann. Liegt die z-Achse des Systems parallel zum pz-Orbital des Kohlenstoffs, die x-Achse<br />
entlang der C-H-Bindungsachse und die y-Achse senkrecht zu dieser und zur z-Achse,<br />
können die beobachteten Kopplungen durch die isotrope Hyperfeinkopplungskonstante<br />
Aiso folgendermaßen angenähert werden: AZ ≈ 1·Aiso, AY ≈ 1,5·Aiso, AX ≈ 0,5·Aiso [71; 72] ,<br />
wo<strong>bei</strong> eine die isotrope Hyperfeinkopplungskonstante Aiso mit einem Wert von –60 MHz<br />
als eine Spindichte von 1 am Kern eines α-Protons interpretiert wird. Für β-Protonen,<br />
insbesondere die Methylgruppen, wird eine geringe Anisotropie von etwa 10 % von Aiso<br />
erwartet, da sie zwei Bindungen vom ungepaarten Elektronenspin entfernt sind.<br />
Die Analyse, welche Kernspins mit dem Elektronenspin des angeregten Triplettzustands in<br />
welchem Ausmaß wechselwirken, gibt wertvolle Informationen über die Verteilung des<br />
Tripletts auf dem Molekülgerüst. Damit steht mit der ENDOR-Spektroskopie eine<br />
Methode zur Verfügung, die direkt Aufschluss über die Ausdehnung der<br />
Triplettwellenfunktion gibt.<br />
68
69<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
Anhand des Puls-EPR-Spektrums des ZnPPIX Mb Komplexes (X-Band, Abbildung 33)<br />
kann eine gute Orientierungsselektion erreicht werden. Bei dem Magnetfeldwert der<br />
maximalen Mikrowellenabsorption einer Orientierung liegen nur geringe<br />
Absorptions<strong>bei</strong>träge der <strong>bei</strong>den anderen Orientierungen vor. Dadurch sind die Signale der<br />
jeweils nicht selektierten Orientierungen in den ENDOR-Spektren aufgrund der geringen<br />
Absorption wahrscheinlich nicht detektierbar. Für den freien Kofaktor ist dies nicht der<br />
Fall. Die EPR-Absorptionen überlagern sich stark, daher ist die Orientierungsselektion<br />
insbesondere <strong>bei</strong> der Feldposition des YII-Überganges unmöglich. Dies erschwert die<br />
Interpretation der erhaltenen ENDOR-Spektren deutlich, da nicht erkennbar ist, auf<br />
welchen EPR-Übergang die Hyperfeinkopplung zurückzuführen ist.<br />
Die aussagekräftigsten ENDOR-Spektren werden <strong>bei</strong> einer Orientierungsselektion entlang<br />
der Z-Achse erhalten, da in diesem Fall praktisch keine Beiträge der anderen EPR-<br />
Übergänge zu erwarten sind. Dennoch liefern die Spektren in der X- und Y-Position<br />
ebenfalls Hinweise, die zur Interpretation wichtig sind. Anhand dieser Spektren kann<br />
untersucht werden, ob ein Signal anisotrop ist oder nur eine geringe Richtungsabhängigkeit<br />
zeigt. Daraus ergibt sich eine zuverlässige Zuordnung der Signale.<br />
Zusätzlich wird die Zuordnung der Signale durch quantenchemische Rechnungen an<br />
unterschiedlichen Modellsystemen unterstützt. Die verwendete Methode zur Berechnung<br />
der Hyperfeinkopplungen (vgl. Abschnitt 5.1.12) lieferte bereits <strong>bei</strong> der Analyse der<br />
ENDOR-Spektren von Chlorophyllradikalen gute Ergebnisse und wird in dieser Ar<strong>bei</strong>t<br />
erstmals mit den ENDOR-Spektren der Triplettzustände von Chlorophyllderivaten<br />
verglichen werden. Die berechneten Hyperfeinkopplungen des nicht-ligandierten<br />
Kofaktors wurden mit den Ergebnissen des freien Kofaktors verglichen. In der Rechnung<br />
für den Proteinkomplex wurde ein fünfter Ligand in Form von Imidazol zum Kofaktor<br />
hinzugefügt. Obwohl dieser Ligand keinen direkten Kontakt zum delokalisierten Triplett<br />
auf dem Molekülgerüst hat, weil das zentrale Metallatom keine nennenswerte Spindichte<br />
trägt, ändert er die Geometrie des Kofaktors. Die ursprünglich planare Struktur von<br />
ZnPPIX wird zu einer gewölbten Struktur verzerrt (Abbildung 34), ähnlich dem Ausschnitt<br />
aus einer Kugeloberfläche. Dadurch wird eine Änderung der Hyperfeinkopplungen<br />
beobachtet.
Ergebnisse und Diskussion<br />
Abbildung 34: Darstellung des ZnPPIX mit Imidazol als fünftem Liganden. Deutlich zu erkennen ist die<br />
Verzerrung der ursprünglich planaren Struktur des Kofaktors zu einer gewölbten Struktur. Die Vinylgruppe<br />
in Position 3 ist leicht aus der Ebene gedreht (ca. 20°), während die Vinylgruppe in Position 8 in der Ebene<br />
liegt. Die Rotationsbarrieren <strong>bei</strong>der Gruppen sind sehr gering.<br />
Die ENDOR-Spektren des freien Kofaktors (Abbildung 35) weisen in der Z-Orientierung<br />
fünf eindeutig definierte Signale auf, von denen zwei zu kleinen Kopplungen gehören<br />
(Signal 3 und 4). Ferner werden eine große Kopplung mit negativem Vorzeichen (Signal 1)<br />
und zwei mittlere Kopplungen detektiert, von denen eine ein negatives Vorzeichen<br />
(Signal 2) und die andere positives Vorzeichen aufweist (Signal 5).<br />
In der Y- und der X-Orientierung tritt ein weiteres Signal auf, welches sich durch eine sehr<br />
große Kopplung mit positivem Vorzeichen auszeichnet.<br />
Anhand der quantenchemischen Rechnung (Tabelle 4) kann das breite Signal 1 um<br />
–9 MHz den vier Methinprotonen des Ringsystems zugeordnet werden. Alle vier Protonen<br />
weisen berechnete Kopplungen von –7,9 MHz bis –9,7 MHz auf. Die Methinprotonen<br />
erzeugen durch ihre Anisotropie häufig breite und schwache Signale, wodurch die<br />
Detektion erschwert wird. Beim Übergang zur Y-Orientierung tritt das Signal 1 <strong>bei</strong><br />
–6,9 MHz auf. Diese starke Verschiebung bestätigt die Zuordnung der Signale zu den<br />
Methinprotonen. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass <strong>bei</strong> der Y-Orientierung das<br />
Signal noch immer von allen vier Protonen verursacht wird. Wahrscheinlich tragen hier<br />
nur die Signale der Protonen 5 und 15 zum Signal <strong>bei</strong>, weil <strong>bei</strong> diesen Protonen die<br />
70
71<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
Komponente AY der Hyperfeintensors entlang der Bindungsachse liegt und daher<br />
theoretisch den kleinsten Kopplungswert erreichen. Für die Protonen 10 und 20 liegt die<br />
Komponente AY innerhalb der Ringebene senkrecht zur Bindungsachse. Die Kopplung<br />
müsste daher ihren maximalen Wert annehmen. Ein solches Signal konnte nicht gemessen<br />
werden. Dies ist wahrscheinlich auf die oben erwähnte Signalverbreiterung<br />
zurückzuführen. In der X-Orientierung ist das Gegenteil der Fall. Hier liegt das äußere<br />
Magnetfeld entlang der Bindungsachsen der Protonen 10 und 20, während es senkrecht zur<br />
Bindungsachse der Protonen 5 und 15 steht. Bei X-Orientierung wird das Signal <strong>bei</strong><br />
–6,9 MHz daher von den Protonen 10 und 20 hervorgerufen, während für die Protonen 5<br />
und 15 keine Kopplung nachgewiesen werden kann.<br />
Abbildung 35: ENDOR-Spektren (Q-Band) des Kofaktors ZnPPIX in Glycerin/DMSO <strong>bei</strong> 10 K. Es wurden<br />
Spektren <strong>bei</strong> drei unterschiedlichen Feldpositionen aufgenommen (ZII – grün, YII – rot, XII – schwarz). Die<br />
Verschiebung der einzelnen Signale ist durch gestrichelte Linien angedeutet.<br />
Das Signal 2 <strong>bei</strong> –2,9 MHz wurde der Methylengruppe in Position 8 2 zugeordnet, da nur<br />
für diese Gruppe eine ausreichend negative Kopplungskonstante berechnet wurde. Dieses<br />
Signal wurde nur in der Z-Orientierung detektiert. Obwohl die Gruppe 8 2 -CH2 weit vom<br />
Ringsystem entfernt ist, ist aufgrund der Konjugation eine Wechselwirkung mit dem<br />
Elektronenspin des Triplettzustandes naheliegend. Die isotrope Hyperfeinkopplungs-
Ergebnisse und Diskussion<br />
konstante ist mit –5,3 MHz berechnet worden und weicht stark vom experimentellen<br />
Ergebnis ab. Allerdings ist hier<strong>bei</strong> zu berücksichtigen, dass die Energiebarriere für die<br />
Rotation dieser Gruppe aus der Ebene heraus klein ist. Schon <strong>bei</strong> kleinen Winkeln können<br />
dadurch relativ große Abweichungen in der berechneten Kopplungskonstante entstehen.<br />
Tabelle 4: ENDOR-Kopplungen des Kofaktors ZnPPIX in Glycerin/DMSO. Alle Angaben in MHz mit<br />
Vorzeichen relativ zu D (D>0).<br />
Signalnr. Position im<br />
Molekül<br />
1 5-H, 10-H, 15-H,<br />
20-H<br />
Exp.<br />
Kopplung<br />
in Z<br />
Exp.<br />
Kopplung<br />
in Y<br />
72<br />
Exp.<br />
Kopplung<br />
in X<br />
Berechnete Kopplung<br />
(Aiso)<br />
-9 (br) -6,9 -6,9 -9,4; -9,7; -7,9; -8,9<br />
2 8 2 -CH2 -2,9 n.d. n.d. -5,3<br />
3 2-CH3, 12-CH3,<br />
3 2 -CH2<br />
-0,5 -0,4 n.d. -1,2; -0,4; -0,3<br />
4 17 1 -CH2, 3 1 -CH +0,6 +0,6 n.d. +0,4; +0,3<br />
5 7-CH3, 18-CH3,<br />
8 1 -CH<br />
+2,9 +2,4 +2,5 +2,2; +4,7; +1,7<br />
6 - n.d. +9,5 +14,4 -<br />
Das Signal 3 <strong>bei</strong> –0,5 MHz wird den Methylgruppen in Position 2 und 12 zugeordnet. In<br />
der Y-Orientierung liegt das Signal <strong>bei</strong> –0,4 MHz. Es ist daher eindeutig isotrop und muss<br />
durch β-Protonen verursacht werden. In der X-Orientierung ist eine eindeutige Zuordnung<br />
schwierig, weil die EPR-Signalintensität deutlich geringer ist als <strong>bei</strong> den anderen<br />
Orientierungen. Daraus resultieren erheblich längere Messzeiten zur Aufnahme der<br />
ENDOR-Spektren, um ein ausreichendes Signal zu Rausch Verhältnis zu erzielen. Der für<br />
die Kopplung der 2-CH3 Gruppe berechnete Wert (-1,2 MHz) ist größer als der<br />
experimentell ermittelte Wert (-0,5 MHz). Da<strong>bei</strong> darf nicht außer acht gelassen werden,<br />
dass die verwendete Rechenmethode bisher in der Vorhersage der Hyperfeinkopplungen<br />
von Chlorophyllradikalen sehr gute Übereinstimmungen mit den experimentellen Daten<br />
gezeigt hat [73] , jedoch wurde das Potential der Rechnung bisher nicht zur Interpretation von
73<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
Protoporphyrin verwendet [74] . Möglicherweise ist die Präzision der Rechnung im Fall des<br />
Protoporphyrins etwas geringer. Die 3 2 -CH2 Gruppe weist eine berechnete Kopplung von<br />
–0,4 MHz auf und wird zunächst ebenfalls diesem Signal zugeordnet. Um präzisere<br />
Aussagen über die Zuordnung aller drei Gruppen zu diesem Signal machen zu können,<br />
sind zusätzliche Messungen nötig, die idealerweise an einem Einkristall durchgeführt<br />
werden müssten. Die Zuordnung von Kopplungen mit geringer Größe ist <strong>bei</strong> Messungen in<br />
gefrorenen Lösungen generell schwierig.<br />
Dem Signal 4 <strong>bei</strong> +0,6 MHz wurden die 17 1 -CH2 Gruppe und die 3 1 -CH Gruppe<br />
zugeordnet. Für diese <strong>bei</strong>den Gruppen wurden Kopplungen von +0,4 MHz und +0,3 MHz<br />
berechnet. In der Y-Orientierung liegt dieses Signal ebenfalls <strong>bei</strong> +0,6 MHz und es kann,<br />
ähnlich wie das Signal 3, in der X-Orientierung nicht beobachtet werden. Die<br />
Methylengruppe in Position 17 1 ist zwar nicht mehr mit dem π-System konjugiert, aber<br />
durch Hyperkonjugation kann ein geringer Anteil an Spindichte auf diese Position<br />
übertragen werden, woraus eine kleine Kopplung resultiert, die zudem stark vom Winkel<br />
der Methylengruppe zur Ringebene abhängt. Für die konjugierte 3 1 -Vinylposition ist der<br />
gleiche Effekt wie für die 8 2 -Position zu berücksichtigen. Zwar kann nicht die gesamte<br />
CH-Einheit aus der Ebene gedreht werden, aber die Ausrichtung der CH-Bindungsachse<br />
relativ zum Molekül ändert sich abhängig vom Drehwinkel der Vinylgruppe. Die Richtung<br />
dieser Achse ist entscheidend dafür, welcher Wert des Hyperfeintensors für die Kopplung<br />
maßgeblich ist. Ebenso wie <strong>bei</strong> Signal 3 wurden die Gruppen, die diesem Signal<br />
zugeordnet wurden, ausschließlich nach den berechneten Kopplungen ausgewählt und die<br />
Zuordnung ist in <strong>bei</strong>den Fällen als vorläufig anzusehen.<br />
Das Signal 5 liegt in der Z-Orientierung <strong>bei</strong> +2,9 MHz und verändert seine Position über<br />
+2,4 MHz in der Y-Orientierung zu +2,5 MHz in der X-Orientierung. Eine eindeutige<br />
Zuordnung dieses Signals ist schwierig, jedoch kommen die Gruppen 7-CH3, 18-CH3 und<br />
8 1 -CH als Möglichkeiten in Frage. Aufgrund der relativ geringen Anisotropie ist die<br />
Zuordnung zu β-Protonen naheliegend. Für die Gruppe 7-CH3 wurde eine Kopplung von<br />
+2,2 MHz und für die Gruppe 18-CH3 eine Kopplung von +4,7 MHz berechnet. Die<br />
Gruppe 8 1 -CH weist eine berechnete Kopplung von +1,7 MHz auf. Die berechneten<br />
Kopplungen der Methylgruppe in Position 7 zeigt die geringste Abweichung mit den<br />
experimentellen Werten. Dennoch werden die anderen Gruppen zunächst ebenfalls diesem
Ergebnisse und Diskussion<br />
Signal zugeordnet, weil das Signal breit und unstrukturiert ist und daher eine Überlagerung<br />
verschiedener Signale nicht ausgeschlossen werden kann.<br />
Das Signal 6, das in X- und Y-Orientierung auftritt, handelt es sich um ein intensives und<br />
stark anisotropes Signal mit einer sehr großen Kopplungskonstante (14,4 MHz), dem<br />
keine Gruppe des Ringsystems zugeordnet werden konnte. Diese Kopplung muss also von<br />
einer Gruppe verursacht werden, die nicht zum Ringsystem gehört und doch einen starken<br />
Kontakt zum angeregten Triplettzustand besitzt. Möglicherweise findet hier eine<br />
Wechselwirkung des Elektronenspins mit einem an das zentrale Metall koordinierten<br />
Lösemittelmolekül statt. Ist dies der Fall, sollte das Signal <strong>bei</strong> Verwendung von<br />
deuteriertem Lösemittel nicht mehr auftreten, wodurch diese Hypothese bestätigt werden<br />
könnte.<br />
Bis auf die Gruppen 13 1 -CH2, 13 2 -CH2 und 17 2 -CH2 konnten alle erwarteten Signale<br />
unterschiedlicher Genauigkeit zugeordnet werden. Die verbliebenen Gruppen besitzen<br />
berechnete Kopplungskonstanten, die im Bereich von 0 bis 0,1 MHz liegen. Diese<br />
Kopplungen sind zu klein, sodass sie nicht in einem experimentellen Spektrum zu<br />
beobachten sind. Die Zuordnung der Methinprotonen ist eindeutig, da ihre Signale im<br />
erwarteten Bereich auftreten. Außerdem kann die Zuordnung der Methylgruppen in<br />
Position 12 und 7 als gesichert angesehen werden. Die berechneten Kopplungen der<br />
anderen zugeordneten Gruppen zeigen eine unterschiedlich große Abweichung von den<br />
experimentell nachgewiesenen Signalen und ihre Zuordnung ist daher als vorläufig<br />
anzusehen bis diese Ergebnisse durch weiterführende Messungen bestätigt oder widerlegt<br />
werden können.<br />
74
75<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
3.1.3.1.5. ENDOR-Spektroskopie von ZnPPIX Mb in Puffer/DMSO<br />
Der ZnPPIX Apo-Mb Komplex wurde in einem 40/60-Gemisch von 50 mM<br />
Phosphatpuffer, pH 7,0, und Glycerin auf gleiche Weise ENDOR-spektroskopisch<br />
untersucht. Jedoch kam hier kein Q-Band Spektrometer, sondern ein X-Band Spektrometer<br />
zum Einsatz. Dies hat zwar auf die Position der Kopplungssignale keinen Einfluss,<br />
allerdings ist durch das geringere Magnetfeld die Separation der einzelnen Kerne mit<br />
unterschiedlichen gyromagnetischen Momenten geringer. Deshalb können in den ENDOR-<br />
Spektren des Komplexes (X-Band) auch 15 N-Kopplungen beobachtet werden, in den<br />
Spektren des freien Kofaktors (Q-Band) jedoch nicht.<br />
Abbildung 36: ENDOR-Spektren (X-Band) von ZnPPIX Apo-Mb <strong>bei</strong> 10 K. Die Spektren wurden <strong>bei</strong> drei<br />
unterschiedlichen Feldern aufgenommen (ZI – grün, YI – rot, XI – schwarz). Hyperfeinkopplungen mit<br />
negativem Vorzeichen erscheinen rechts von der Larmor-Frequenz der ungekoppelten Protonen. Die<br />
Verschiebung der einzelnen Signale ist durch gestrichelte Linien angedeutet. Die mit * gekennzeichneten<br />
Signale stammen von Stickstoffkopplungen des Rings und von Histidin.<br />
Das Spektrum des Proteinkomplexes (Abbildung 36, Tabelle 5, Tabelle 6) weist insgesamt<br />
mehr Signale auf, die über einen größeren Bereich verteilt sind. Im ENDOR-Spektrum der<br />
Z-Orientierung treten neben der Stickstoffkopplung sechs weitere Signale auf. Die
Ergebnisse und Diskussion<br />
Kopplung der Ringstickstoffatome und des Histidinstickstoffs, der an das Zink koordiniert<br />
ist, treten gemeinsam mit einer Kopplungskonstante von etwa 0,4 MHz auf. Sie werden<br />
sowohl <strong>bei</strong> Z-Orientierung als auch <strong>bei</strong> Y-Orientierung detektiert, fehlen aber im Spektrum<br />
der X-Orientierung. Möglicherweise sind die Signale zu schwach oder das Signal zu<br />
Rausch Verhältnis nicht ausreichend, um die Wechselwirkung der 15 N-Kerne in der<br />
X-Orientierung zu beobachten.<br />
Dominierend im Spektrum der Z-Orientierung ist das Signal der Kopplung der<br />
Methinprotonen (Signal 1), das im Proteinkomplex aus zwei, teilweise separierten, Banden<br />
<strong>bei</strong> –10,6 und –9,2 MHz besteht. Die Kopplung ist damit um etwa 1 MHz größer als für<br />
den freien Kofaktor. In der Y-Orientierung liegt das Signal der Methinprotonen 5 und 15<br />
<strong>bei</strong> –9,4 MHz, während die Signale der Protonen 10 und 20 nicht detektiert werden. Die<br />
Kopplungen der Protonen 10 und 20 liegen in der X-Orientierung <strong>bei</strong> –8,4 MHz. Insgesamt<br />
hat die Spindichte in diesen Positionen des Moleküls durch die Proteinkomplexierung also<br />
geringfügig zugenommen. Die berechneten Werte für die Kopplungen der Methinprotonen<br />
am ZnPPIX mit Imidazol als fünftem Liganden sind mit –11,3 MHz bis –12,6 MHz zu<br />
groß, während die Ergebnisse für den freien Kofaktor geringfügig zu klein sind.<br />
Offensichtlich wird in der Rechnung die Geometrie stärker verzerrt als durch das Protein<br />
bzw. der daraus resultierende Effekt wird in der Rechnung überbewertet. Insgesamt zeigen<br />
die berechneten Werte der Methinprotonen allerdings eine überraschend hohe<br />
Übereinstimmung mit den experimentellen Kopplungskonstanten.<br />
Die Kopplung der 8 2 -CH2 Gruppe (Signal 2) liegt im Proteinkomplex nahezu unverändert<br />
<strong>bei</strong> –2,6 MHz (-2,9 MHz ohne Protein), das Signal ist aber vergleichsweise schärfer und in<br />
allen drei Spektren sichtbar. In der Y-Orientierung liegt das Signal <strong>bei</strong> –4,7 MHz und in<br />
der Z-Orientierung wieder <strong>bei</strong> –2,7 MHz. Die Zuordnung dieses Signals zu der 8 2 -CH2<br />
Gruppe erfolgte, weil keine andere Gruppe des Moleküls eine berechnete Kopplung mit<br />
einem derart negativen Wert aufweist.<br />
In Übereinstimmung mit der Messung am unkomplexierten ZnPPIX und den berechneten<br />
Werten (vgl. Abschnitt 5.1.12) wird das Signal 3 <strong>bei</strong> –0,7 MHz den Methylgruppen in<br />
Position 2 und 12 zugeordnet. Auch dieses Signal ist in den Spektren des<br />
Proteinkomplexes besser aufgelöst und intensiver. Es liegt in der Y-Orientierung <strong>bei</strong><br />
–2,0 MHz und in der X-Orientierung <strong>bei</strong> –1,7 MHz. Die Verlagerung des Signals abhängig<br />
von der Richtung des äußeren Magnetfeldes ist qualitativ gut von den Rechnungen<br />
76
77<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
vorhergesagt worden, wie in Tabelle 6 zu sehen ist. Die experimentelle Kopplung in<br />
Z-Orientierung ist auf Grund der Komplexierung des Kofaktors durch das Protein<br />
praktisch unverändert. Allerdings ist das Signal im Komplex stärker anisotrop. Dies könnte<br />
auf die räumlich stark geordnete Struktur des Proteins zurückzuführen sein. Während der<br />
unkomplexierte Kofaktor in jeder Richtung von Lösemittelmolekülen umgeben ist, die alle<br />
identisch sind und innerhalb der Hydrathülle auch ähnlich ausgerichtet sind, befindet sich<br />
der komplexierte Kofaktor im Gegensatz dazu in einer Umgebung, die per se stark<br />
anisotrop ist.<br />
Tabelle 5: ENDOR-Kopplungen des Komplexes ZnPPIX Mb in Puffer/DMSO. Alle Angaben in MHz mit<br />
Vorzeichen relativ zu D. a ) Die Kopplungen des Histidinstickstoffs beziehen sich auf die Larmor-Frequenz<br />
von 15 N.<br />
Nummer Position im<br />
Molekül<br />
Exp.<br />
Kopplung<br />
in Z<br />
Exp.<br />
Kopplung<br />
in Y<br />
Exp.<br />
Kopplung<br />
in X<br />
Berechnete<br />
Kopplung (Aiso)<br />
1 5-H, 10-H, 15-H, -10,6; -9,4 -8,4 -11,8; -12,6; -11,3;<br />
20-H -9,2<br />
-11,5<br />
2 8 2 -CH2 -2,6 -4,7 -2,7 -2,9<br />
3 2-CH3; 12-CH3 -0,7 -2,0 -1,7 -1,0; -0,7<br />
4 3 2 -CH2 +0,5 n.d. n.d. +0,4<br />
5 18-CH3 +2,1 +2,5 +3,2 +2,9<br />
6 7-CH3 +4,3 +4,8 +5,9 +3,3<br />
7 - n.d. +9,0 +9,7 -<br />
*<br />
15<br />
N<br />
a<br />
|0,4|<br />
a<br />
|0,4| n.d. -<br />
Dem Signal 4 <strong>bei</strong> +0,5 MHz wurde die 3 2 -CH2 Gruppe zugeordnet, weil aus der Rechnung<br />
hervorgeht, dass die Kopplung dieser Gruppe durch den fünften Liganden das Vorzeichen<br />
wechselt. Während im freien Kofaktor diese Gruppe ein Signal <strong>bei</strong> –0,5 MHz (Signal 3)<br />
erzeugte, wird sie in der Rechnung des asymmetrischen Komplexes mit positiver<br />
Kopplung aufgeführt. Da jedoch in der Y- und X-Orientierung dieser Gruppe keine
Ergebnisse und Diskussion<br />
weiteren Kopplungen zugeordnet werden konnten, ist diese Interpretation als unsicher<br />
anzusehen.<br />
Während die Kopplung der Methylgruppen in Position 7 und 18 für den freien Kofaktor in<br />
einem überlagerten Signal auftraten, liegen sie im Komplex getrennt voneinander vor<br />
(Signale 5 und 6). Die berechneten Kopplungen liegen sehr eng zusammen (+2,9 MHz<br />
bzw. +3,3 MHz) und <strong>bei</strong>de Signale weisen eine relativ geringe Verschiebung <strong>bei</strong> Variation<br />
der Molekülorientierung im Magnetfeld auf. Die Entscheidung Signal 5 zu Position 18 und<br />
Signal 6 zu Position 7 zuzuordnen, wurde letztendlich aufgrund der Tatsache gefällt, dass<br />
die berechneten Werte für den vollständigen Hyperfeintensor der Gruppe 7-CH3 Werte<br />
größer 4 MHz aufweist, während für den vollständigen Hyperfeintensor der Gruppe<br />
18-CH3 ausschließlich Werte kleiner als 4 MHz berechnet wurden.<br />
Auch in den Spektren des Proteinkomplexes wurde je ein Signal in der Y- und der<br />
X-Orientierung detektiert, das nicht mit dem Kofaktor in Verbindung gebracht werden<br />
konnte (Signal 7). Die Kopplung ist mit +9,7 bzw. +9,0 MHz allerdings bedeutend kleiner<br />
als in den Spektren des freien Kofaktors (+14,4 MHz). Es könnte sich daher um die γ-CH3<br />
Gruppen der Aminosäure Valin 68 handeln, die in die π-Elektronenwolke des Kofaktors<br />
eintauchen (s.a. 3.1.3.1.2 und 3.1.3.2.2).<br />
Die Spektren des Proteinkomplexes ließen keine Signalzuordnung der Gruppen 17 1 , 17 2 ,<br />
3 1 , 8 1 , 13 1 und 13 2 zu. Die Positionen 17 1 , 17 2 , 13 1 und 13 2 sind nicht konjugiert und<br />
sollten daher nur in sehr geringem Maß Spindichte des Triplettzustandes tragen. Die<br />
CH-Gruppen 3 1 und 8 1 zeigen wahrscheinlich nur schwache ENDOR Kopplungen, da sie<br />
durch das Protein in einer aus der Ringebene herausgedrehten Stellung fixiert sind und<br />
dadurch die Konjugation teilweise aufgehoben wird.<br />
Die Kopplungen der Methinprotonen und der Methylgruppe in Position 7 sind im<br />
Proteinkomplex um etwa 1 MHz größer als für den freien Kofaktor. Dagegen haben die<br />
experimentell ermittelten Kopplungen der Gruppen 8 2 -CH2 und 18-CH3 geringfügig<br />
abgenommen und die Kopplungen der Methylgruppen 2 und 12 sind praktisch unverändert.<br />
Diese Beobachtung kann dahingehend interpretiert werden, dass der Triplettzustand im<br />
Proteinkomplex stärker auf die einzelnen Gruppen verteilt ist, also stärker delokalisiert ist,<br />
als im Fall des freien Kofaktors. Insbesondere ist eine Zunahme der Kopplungskonstante<br />
der Methinprotonen und der Methylgruppe in Position 7 zu beobachten, während die<br />
Kopplungskonstanten der anderen Gruppen, die anhand der experimentellen Spektren<br />
78
79<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
identifiziert werden konnten, sich nur geringfügig änderten. Diese Beobachtung wurde<br />
durch die quantenchemischen Rechnungen vorhergesagt und ist im wesentlichen auf die<br />
geometrische Verzerrung des Kofaktors durch die asymmetrische Ligandierung<br />
zurückzuführen.<br />
Tabelle 6: Auflistung aller berechneten Hyperfeinkopplungen für den Triplettzustand des ZnPPIX-Imidazol<br />
Modellsystems inklusive ihrer vollständigen Hyperfeintensoren. a Komponente des Hyperfeintensors entlang<br />
der C-H Bindungsachse (Y-Richtung für Protonen 5 und 15, X-Richtung für Protonen 10 und 20), b „out of<br />
plane“- Komponente (Z).<br />
Position ZnPPIX + Imidazol<br />
Aiso A1 A2 A3<br />
CH3 2 -1,00 -0,24 -1,42 -1,34<br />
12 -0,65 +0,13 -0,99 -1,09<br />
7 +3,31 +4,36 +2,98 +2,60<br />
18 +2,87 +3,88 +2,48 +2,24<br />
Methinprotonen 5 -11,79 -4,49 a -12,73 b -18,15<br />
10 -12,56 -4,87 a -13,40 b -19,40<br />
15 -11,27 -4,27 a -12,20 b -17,35<br />
20 -11,48 -4,45 a -12,27 b -17,72<br />
andere 3-1 -0,35 +0,79 -0,86 -0,98<br />
3-2a +0,35 +0,01 +0,16 +0,89<br />
3-2b +0,39 +0,20 +0,21 +0,76<br />
8-1 +0,91 +0,12 -0,14 +2,74<br />
8-2a -2,87 -1,49 -3,31 -3,79<br />
8-2b -2,99 -1,11 -3,25 -4,60<br />
13-1a -0,64 -0,17 -0,33 -1,20<br />
13-1b -0,02 -0,17 -0,33 +0,43<br />
17-1a +1,25 +0,68 +0,91 +2,18<br />
17-1b +0,42 -0,09 -0,39 +1,73
Ergebnisse und Diskussion<br />
3.1.3.2. Zink-Phäophorbid a Apo-Myoglobin (ZnPheid a Mb) und Zink-<br />
Pyrophäophorbid a Apo-Myoglobin (ZnPPheid a Mb)<br />
3.1.3.2.1. UV-Vis-Spektroskopie und Stabilität<br />
Erste Versuche Porphyrin-Derivate in Apo-Myoglobin zu binden wurden von Davies und<br />
Pearlstein durchgeführt [75] . Der Komplex aus Zink-Pyrophäophorbid a und Apo-<br />
Myoglobin wurden bereits von Boxer et al. dargestellt und beschrieben [24] , während der<br />
ZnPheid a Komplex mit Apo-Myoglobin noch nicht beschrieben wurde. Die UV-Vis-<br />
Spektren <strong>bei</strong>der Kofaktoren werden durch die Qy-Bande im Bereich von 660 nm und die<br />
Soret-Bande im Bereich von 430 nm dominiert. Ist der Kofaktor ZnPheid a in Ether gelöst,<br />
aber durch Pyridin koordiniert, so liegt die Qy-Bande <strong>bei</strong> 656 nm und die Soret-Bande <strong>bei</strong><br />
427 nm. Zusätzlich werden drei kleinere Banden <strong>bei</strong> 610 nm, 567 nm und 525 nm<br />
beobachtet (Abbildung 37).<br />
A B<br />
Abbildung 37: UV-Vis-Spektren der freien Kofaktoren in Pyridin/Ether (schwarz) und der entsprechenden<br />
Myoglobinkomplexe (rot) von Zink-Phäophorbid a (A) und Zink-Pyrophäophorbid a (B). Durch den Einbau<br />
in die Proteinumgebung werden alle Banden in den langwelligen Bereich verschoben.<br />
Wird dieser Kofaktor im Myoglobin gebunden, so verschieben die Banden zu 661 nm (Qy)<br />
und 436 nm (Soret). Zusätzlich werden <strong>bei</strong>de Banden breiter. Dies spricht nicht für die<br />
80
81<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
Koordination in einer geordneten Umgebung. Die <strong>bei</strong>den Banden <strong>bei</strong> 525 nm und 567 nm<br />
sind stark rot verschoben und überlagern mit der dritten Bande, die jetzt <strong>bei</strong> 622 nm liegt.<br />
Beim Zink-Pyrophäophorbid a tritt eine vergleichbare Verschiebung der Banden auf. Die<br />
Qy-Bande ist durch den Einbau in das Apo-Myoglobin von 655 nm zu 661 nm verschoben,<br />
die Soret-Bande verschiebt von 427 nm zu 437 nm. Im ungebundenen Zustand werden für<br />
diesen Kofaktor drei zusätzliche Banden <strong>bei</strong> 610 nm, 573 nm und 529 nm gemessen, die,<br />
ähnlich wie <strong>bei</strong>m Zink-Phäophorbid a, durch den Einbau in das Apo-Myoglobin zu einer<br />
ins Rote verschobenen Bande <strong>bei</strong> 619 nm verschmelzen. Die Absorptionsbande <strong>bei</strong> 320 nm<br />
im ungebundenen Zustand liegt nach dem Einbau in das Protein <strong>bei</strong> 336 nm. Das ZnPPheid<br />
a weist im Vergleich zu ZnPheid a schmalere und strukturiertere Absorptionsbanden auf.<br />
Durch den Einbau in das Protein zeigt sich eine Verbreiterung der Qy-Bande, während die<br />
Soret-Bande unverändert bleibt.<br />
Für den ZnPPheid a Mb Komplex wird ein Extinktionskoeffizient <strong>bei</strong> 661 nm von<br />
57 mM -1 cm -1 angegeben [24] . Theoretisch ist ein Bandenverhältnis der Qy-Bande zur<br />
Proteinbande <strong>bei</strong> 280 nm von 3,75 zu erwarten (εMyoglobin (Pferdemuskel) = 15,2 mM -1 cm -1 ).<br />
Experimentell konnte dieses Verhältnis nicht gefunden werden, stattdessen wurde ein<br />
Verhältnis von 2 bis 2,3 ermittelt. Da diese Ergebnisse nicht auf die Bildung eines<br />
stöchiometrischen Komplexes hindeutet, war es notwendig, die Stöchiometrie<br />
experimentell nachzuweisen. Zu diesem Zweck wurde eine bekannte Stoffmenge Apo-<br />
Myoglobin mit einer Lösung bekannter Konzentration des Kofaktors in Pyridin titriert.<br />
Dies erforderte zunächst die Bestimmung des Extinktionskoeffizienten für den Kofaktor in<br />
Pyridinlösung, in der ein Einbau in das Apo-Protein erfolgreich war. Zur Bestimmung des<br />
Extinktionskoeffizienten wurde ein NMR-Spektrum einer unbekannten Menge Kofaktor in<br />
einem bekannten Volumen d5-Pyridin aufgenommen. Zusätzlich befand sich ein bekanntes<br />
Volumen undeuteriertes Dimethylformamid (DMF) in der NMR-Probe. Anhand des<br />
Spektrums konnte das Verhältnis der Stoffmengen von DMF und Kofaktor bestimmt<br />
werden, um anschließend die Konzentration des Kofaktors zu berechnen. Anhand eines<br />
quantitativen UV-Vis-Spektrums wurde ein Extinktionskoeffizient von 61,5 mM -1 cm -1 für<br />
ZnPheid a in Pyridin <strong>bei</strong> 661 nm bestimmt.<br />
Um das Titrationsexperiment auszuwerten, wird die Absorption der Qy-Bande und der<br />
Soret-Bande gegen das Stoffmengenverhältnis von Kofaktor zu Apo-Myoglobin<br />
(nKofaktor/nApo-Myoglobin) aufgetragen. Idealerweise nimmt die Absorption <strong>bei</strong>der Banden bis
Ergebnisse und Diskussion<br />
zu einem Stoffmengenverhältnis von 1 linear zu und bleibt <strong>bei</strong> einer weiteren Erhöhung<br />
des Stoffmengenverhältnisses konstant. Experimentell wird eine lineare Zunahme der<br />
Absorption bis zu einem Wert von etwa 1,2 beobachtet. Im weiteren Verlauf der Titration<br />
nimmt die Absorption weiterhin linear, aber mit einer deutlich geringeren Steigung, zu<br />
(Abbildung 38).<br />
A B<br />
Abbildung 38: Titration von Apo-Mb mit den Kofaktoren ZnPheid a (A) und ZnPPheid a (B). Es wurde das<br />
Stoffmengenverhältnis n(Kofaktor)/n(Apo-Mb) gegen die Absorption der Soret-Bande (■) und der Qy-Bande<br />
(●) aufgetragen.<br />
Der lineare Anstieg der Absorption nach dem Äquivalenzpunkt ist dadurch zu erklären,<br />
dass die Absorptionsbanden des freien Kofaktors und des im Protein gebundenen<br />
Kofaktors nahezu an der gleichen Stelle liegen. Daher muss die Absorption <strong>bei</strong><br />
kontinuierlicher Erhöhung der Konzentration des Kofaktors weiter ansteigen. Die<br />
geringere Steigung der Geraden hinter dem Schnittpunkt kommt durch die geringe<br />
Löslichkeit der Kofaktoren in Wasser zustande. Ein Teil des Kofaktors aggregiert und fällt<br />
aus. Auf diese Weise kommt auch die Abweichung vom linearen Verlauf in der<br />
Titrationskurve von ZnPheid a zustande. Die Absorption der Qy-Bande nimmt <strong>bei</strong> einer<br />
hohen Konzentration von gelöstem Kofaktor nicht weiter zu, da sich im UV-Vis-Spektrum<br />
eine zweite Bande <strong>bei</strong> 689 nm ausbildet. Auffällig ist, dass der Schnittpunkt der <strong>bei</strong>den<br />
Geraden nicht wie erwartet <strong>bei</strong> 1, sondern <strong>bei</strong> 1,2 liegt. Diese Abweichung hat<br />
verschiedene Ursachen. Zum einen liegt ein Teil des ungebundenen Kofaktors frei in<br />
Lösung vor und trägt zur Gesamtabsorption der Lösung <strong>bei</strong>. Zum anderen ist der<br />
82
83<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
experimentell ermittelte Extinktionskoeffizient mit einem gewissen Fehler behaftet.<br />
Insbesondere durch das Vorliegen des ungebundenen Kofaktors in der Lösung kann die<br />
Abweichung von etwa 20 % begründet werden. Weiterhin wurde durch<br />
Anionenaustauscher-Chromatographie gezeigt, dass nach der Reinigung der Probe kein<br />
unspezifisch gebundener Kofaktor vorhanden war. Das in der Literatur beschriebene<br />
Resultat, dass etwa 20 % des Kofaktors unspezifisch an der Oberfläche des Proteins<br />
bindet [24] , konnte in dieser Ar<strong>bei</strong>t nicht bestätigt werden.<br />
Die Ergebnisse der durchgeführten Titrationen zeigen, dass ein 1:1 Komplex von Kofaktor<br />
und Protein gebildet wurde. In den UV-Vis-Spektren wurde nicht das erwartete Verhältnis<br />
von Qy-Bande zur Proteinbande gefunden, weil die Kofaktoren auch im Bereich um<br />
280 nm zur Gesamtabsorption der Probe <strong>bei</strong>tragen.<br />
Die hier beschriebenen, erfolgreich eingebauten Phäophorbide weisen strukturelle<br />
Unterschiede zum nativen Kofaktor auf. In Position 8 1 liegt eine Ethyl- statt einer<br />
Vinylgruppe vor und Ring D ist ungesättigt, wodurch die Methylgruppe in Position 18 aus<br />
der Ringebene herausragt. Außerdem besitzen die Phäophorbide einen fünften Ring, der im<br />
Fall des Zink-Phäophorbid a eine Methoxycarbonylgruppe besitzt. Dennoch sollte im<br />
Vergleich zu Apo-Myoglobin eine signifikante Stabilisierung der Proteinstruktur durch den<br />
Einbau der Kofaktoren auftreten.<br />
Abbildung 39: Stabilitätsmessung von ZnPPheid a Mb (■), detektiert durch Fluoreszenz, im Vergleich zu<br />
Apo-Mb (■) und rekonstituiertem met-Mb (■). Die Stabilität des Proteins liegt <strong>bei</strong> 19,4 ± 1,4 kJ mol -1 und die<br />
Kooperativität liegt <strong>bei</strong> 15,9 ± 1,1 kJ mol -1 M -1 . Damit ist der ZnPPheid a Mb Komplex deutlich stabiler als<br />
das Apo-Protein.
Ergebnisse und Diskussion<br />
Für den ZnPPheid a Mb Komplex konnte eine Stabilisierung des Proteinkomplexes<br />
gemessen werden (Abbildung 39). Die freie Entfaltungsenthalpie liegt für diesen Komplex<br />
<strong>bei</strong> 19,4 ± 1,4 kJ mol -1 , gegenüber 10 kJ mol –1 für das Apo-Protein. Die Kooperativität<br />
nimmt ebenfalls gegenüber dem Apo-Protein (10 kJ mol -1 M -1 ) zu und liegt für den<br />
Komplex <strong>bei</strong> 15,9 ± 1,1 kJ mol -1 M -1 . Dies ist ein Zuwachs um etwa 60 % gegenüber dem<br />
Apo-Protein.<br />
Für den ZnPheid a Mb Komplex kann dagegen keine signifikante Stabilisierung gemessen<br />
werden. Da dieses Resultat nicht durch die UV-Vis-spektroskopischen Messungen erklärt<br />
werden kann, soll mit Hilfe der NMR-Spektroskopie zum Verständnis der fehlenden<br />
Stabilisierung des ZnPheid a Mb Komplexes <strong>bei</strong>getragen werden.<br />
3.1.3.2.2. NMR-Spektroskopie<br />
Das NMR-Spektrum von ZnPPheid a Mb wurde bereits von Boxer et al. publiziert [24] . Für<br />
den Komplex von ZnPheid a Mb sind bisher keine NMR-spektroskopischen Daten in der<br />
Literatur bekannt.<br />
Das 1 H-NMR-Spektrum (Abbildung 40) von ZnPPheid a Mb zeigt <strong>bei</strong> einer<br />
Messtemperatur von 25°C zwei Peaks <strong>bei</strong> –0,8 ppm und –2,5 ppm mit gleich großem<br />
Integral, die den γ-CH3-Gruppen der Aminosäure Valin 68 zugeordnet werden können. Im<br />
Gegensatz zu allen anderen Myoglobinkomplexen, die in dieser Ar<strong>bei</strong>t untersucht wurden,<br />
zeigt dieses Spektrum keine Aufspaltung der einzelnen Peaks. Es konnte keine<br />
Veränderung des Signals in einem Zeitraum von 13 Monaten beobachtet werden, die auf<br />
einen Gleichgewichtsprozess hindeutet, wie er für das ZnPPIX Mb beobachtet wurde (vgl.<br />
Abschnitt 3.1.3.1.2).<br />
Neben dem Komplex von ZnPPheid a und Apo-Myoglobin (Pferdemuskel) wurde auch<br />
ZnPPheid a in rekombinantem Pottwal-Myoglobin (ZnPPheid a SwMb) <strong>bei</strong> 8°C<br />
untersucht. Es werden zwei Peaks <strong>bei</strong> –1,0 ppm und –2,8 ppm beobachtet. Die Signale<br />
liegen <strong>bei</strong> fast identischen Werten im Vergleich zum ZnPPheid a Mb Komplex (Tabelle 7).<br />
Bei Messungen am ZnPPheid a Mb konnte für <strong>bei</strong>de Peaks eine Änderung der Signallage<br />
von 0,015 ppm/ °C bestimmt werden. Daher kann die Lage der Signale für ZnPPheid a<br />
SwMb <strong>bei</strong> 25°C berechnet werden.<br />
84
ppm (t1)<br />
-0.50<br />
-0.78<br />
-1.00<br />
-1.50<br />
-2.00<br />
85<br />
-2.47<br />
-2.50<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
Abbildung 40: Ausschnitt aus dem 1 H-NMR-Spektrum (400 MHz) von ZnPPheid a Mb <strong>bei</strong> 25°C. Zwei<br />
einzelne Signale der γ-CH3-Gruppen der Aminosäure Valin 68 deuten auf einen homogenen Komplex hin.<br />
ppm (t1)<br />
-0.50<br />
-0.97<br />
-1.00<br />
-1.50<br />
-2.00<br />
Abbildung 41: Ausschnitt aus dem 1 H-NMR-Spektrum (400 MHz) von ZnPPheid a SwMb <strong>bei</strong> 8°C. Ähnlich<br />
wie <strong>bei</strong> dem Komplex mit Myoglobin vom Pferdemuskel werden nur zwei Signale beobachtet. Die<br />
Signalverbreiterung ist im wesentlichen auf die geringere Messtemperatur zurückzuführen.<br />
ppm (t1)<br />
-0.50<br />
-1.00<br />
-1.20<br />
-1.38<br />
-1.50<br />
-2.00<br />
-2.50<br />
-2.50<br />
-2.83<br />
-2.67<br />
-2.79<br />
-2.91<br />
Abbildung 42: Ausschnitt aus dem 1 H-NMR-Spektrum (400 MHz) von ZnPheid a Mb <strong>bei</strong> 8°C.<br />
-3.00<br />
-3.00<br />
-3.00<br />
-3.50<br />
-3.50<br />
-3.50
Ergebnisse und Diskussion<br />
Durch diese Vorgehensweise ergeben sich Werte von –2,47 ppm für Peak I und –0,78 ppm<br />
für Peak II. Die Signalpositionen stimmen mit den bereits publizierten Werten von<br />
–2,45 ppm und –0,70 ppm gut überein. Die Abweichung zwischen den Messwerten kann<br />
auf das Lösemittel Wasser zurückgeführt werden, das eine ausgeprägte<br />
Temperaturabhängigkeit der Signalposition verursacht, sodass bereits kleine<br />
Temperaturschwankungen eine sichtbare Auswirkung auf das Spektrum haben.<br />
Im Gegensatz dazu zeigt das NMR-Spektrum von ZnPheid a Mb eine deutliche<br />
Signalaufspaltung. Während <strong>bei</strong> Peak II zwei Signale <strong>bei</strong> –1,20 ppm und –1,38 ppm<br />
beobachtet werden, zeigt der Bereich um Peak I drei Signale <strong>bei</strong> –2,67 ppm, -2,79 ppm und<br />
–2,91 ppm. Eine Signalverdopplung kann durch das Auftreten von zwei Einbauisomeren<br />
des Kofaktors erklärt werden, jedoch ist das dritte Signal auf diese Weise nicht zu erklären.<br />
Offensichtlich ist der Komplex von ZnPheid a Mb inhomogen. Er zeigt nahezu ein<br />
Verhältnis von 1:1 der <strong>bei</strong>den Einbauisomere und zusätzlich ein weiteres Signal, dass nicht<br />
näher charakterisiert werden konnte. In früheren Rekonstitutionsexperimenten mit Hämin<br />
wurde die Existenz mindestens einer weiteren Einbauorientierung des Kofaktors<br />
vorgeschlagen [26] . Diese Komponente konnte in der Literatur jedoch wegen ihrer geringen<br />
Menge relativ zu den anderen Isomeren nicht analysiert werden.<br />
Tabelle 7: 1 H-NMR-Daten (400 MHz) der γ-CH3-Gruppen der Aminosäure Valin 68 in den Komplexen von<br />
ZnPPheid a SwMb, ZnPPheid a Mb und ZnPheid a Mb.<br />
ZnPPheid a<br />
Mb<br />
ZnPPheid a<br />
SwMb<br />
Peak I Peak II<br />
-2,90 b<br />
-2,47 a<br />
-2,83 b<br />
-2,40 c<br />
-1,08 b<br />
-0,78 a<br />
-0,97 b<br />
-0,77 c<br />
ZnPheid a Mb -2,91, -2,79, -2,67 b -1,38, -1,20 b<br />
86<br />
Referenz [23]<br />
Peak I Peak II<br />
-2,45, -2,59 a -0,70 a<br />
a Messtemperatur 25°C, b Messtemperatur 8°C, c Berechnete Werte für 25°C Messtemperatur unter der<br />
Annahme eines identischen Temperatureffektes <strong>bei</strong> ZnPPheid a Mb und ZnPPheid a SwMb<br />
Die NMR-Daten der verschiedenen Zn(P)Pheid a Mb Komplexe sind in Tabelle 7<br />
zusammengefasst. Die Komplexe von ZnPPheid a mit Apo-Mb und derjenige von
87<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
ZnPPheid a Apo-SwMb zeigen keine Inhomogenität in den NMR-Spektren, während der<br />
Komplex von ZnPheid a und Apo-Mb eine deutliche Inhomogenität zeigt. Deshalb wurde<br />
dieser Komplex von weiteren Untersuchungen ausgeschlossen. Da die Rekonstitution von<br />
ZnPPheid a in Apo-Mb und Apo-SwMb zu identischen Ergebnissen führte, wurden die<br />
EPR- und ENDOR-Untersuchungen auf den Komplex des Kofaktors mit Apo-SwMb<br />
beschränkt.<br />
3.1.3.2.3. EPR-Spektroskopie<br />
Im Rahmen der EPR-Experimente werden die Spektren des freien Kofaktors ZnPPheid a<br />
mit denen des ZnPPheid a SwMb verglichen. Beide Spektren (Abbildung 43) zeigen ein<br />
Polarisationsmuster aus alternierenden emissiven und absorptiven Linien (eaeaea). Für<br />
Chlorophylle und deren Derivate wird angenommen, dass die Nullfeldparameter D > 0 und<br />
E < 0 sind [76; 77] .<br />
Durch die Simulation der Spektren wurden für den Proteinkomplex Nullfeldparameter von<br />
303·± 4 10 -4 cm -1 und –33 ± 4·10 -4 cm -1 erhalten, für den freien Kofaktor wurden durch die<br />
Simulation nahezu identische Werte von 302 ± 4·10 -4 cm -1 und -35 ± 4·10 -4 cm -1 ermittelt.<br />
In der Simulation musste ein Besetzungsgrad von 70 % der gesamten Spins im<br />
Nullfeldsublevel TY angenommen werden, während die restlichen 30 % der Spins das<br />
TZ-Sublevel populieren, um eine gute Übereinstimmung den Linienintensitäten zu erzielen.<br />
Um die Breite der Banden in guter Näherung zu simulieren, musste ein anisotroper<br />
g-Faktor in der Simulation verwendet werden. Im Proteinkomplex wurden die Werte für<br />
gx=2,0042, gy=2,0040 und gz=2,0023 eingesetzt, während für die Simulation des freien<br />
Kofaktors der Wert für gx auf 2,0038 angepasst werden musste. Die restlichen g-Werte<br />
blieben unverändert. Mit diesen Parametern ist es möglich, die Messdaten mit guter<br />
Übereinstimmung zu simulieren.<br />
Ein Vergleich mit den Nullfeldparametern des MgPPheid a SwMb [78] (297·10 -4 cm -1 ,<br />
37·10 -4 cm -1 ), die durch ODMR (=Optical Detected Magnetic Resonance) detektiert<br />
wurden, zeigt eine gute Übereinstimmung. Die Abweichungen liegen innerhalb des<br />
Messfehlers. Die Nullfeldparameter von Zink-Chlorophyll a in n-Oktan liegen <strong>bei</strong><br />
306·10 -4 cm -1 bzw. -42·10 -4 cm -1[79] , diejenigen für Chlorophyll a in Polymethylmethacrylat
Ergebnisse und Diskussion<br />
(PMMA) sind mit 306·10 -4 cm -1 und -43·10 -4 cm -1 angegeben [80] . Damit unterscheiden sich<br />
die in früheren Ar<strong>bei</strong>ten berichteten Werte für D kaum von denen in dieser Ar<strong>bei</strong>t. Die<br />
Messwerte für E weichen jedoch deutlich von den Angaben für Chlorophyll a ab. Diese<br />
Abweichung ist wahrscheinlich auf die fehlende Methylester-Funktion in Position 13 2<br />
zurückzuführen, die offensichtlich eine unsymmetrischere Verteilung des Elektrons in der<br />
x,y-Ebene des Moleküls bewirkt. Möglicherweise könnten die Abweichenden Werte für E<br />
aber auch darauf zurückzuführen sein, dass im Gegensatz zu allen früheren Studien keine<br />
Wechselwirkung der Chlorophylle untereinander möglich sind.<br />
A B<br />
Abbildung 43: Transiente EPR Spektren (Q-Band) von ZnPPheid a in Glycerin/Pyridin (A) und ZnPPheid a<br />
SwMb in Wasser/Glycerin (B) <strong>bei</strong> 10 K. Die aufgenommenen Spektren sind in schwarz und die<br />
entsprechende Simulation in rot gezeigt. Beide Spektren zeigen alternierend emissive und absorptive Linien<br />
(eae aea).<br />
In der Simulation der Spektren von 3 Chlorophyll a und 3 P700 [81] im D-Band (130 GHz)<br />
wird für Chlorophyll a eine Umkehr der Reihenfolge gx > gy > gz zu gy > gx > gz<br />
beobachtet. Eine ähnliche Beobachtung wird für das ZnPPheid a und das ZnPPheid a<br />
SwMb gemacht. Der beschriebene Effekt wird durch eine unterschiedliche Lage der<br />
Nullfeld-Hauptachsen relativ zu den g-Tensorhauptachsen in <strong>bei</strong>den Systemen erklärt.<br />
Während die Nullfeldparameter nahezu identisch sind, ist die Verteilung der Spindichte auf<br />
<strong>bei</strong>den Molekülen unterschiedlich. Wie klar bereits <strong>bei</strong> geringen Magnetfeldstärken (Q-<br />
Band, 1,2 T, 35 GHz) der Effekt der g-Faktor Anisotropie hervorsticht, wird an den Puls-<br />
EPR-Spektren von ZnPPheid a SwMb und ZnPPheid a erkennbar (Abbildung 44). Der<br />
88
89<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
Abstand zwischen den Übergängen Z und X unterscheidet sich um 20 G bzw. 27 G auf<br />
<strong>bei</strong>den Seiten der Spektren. Dieser Effekt ist <strong>bei</strong> höheren Frequenzen wesentlich stärker zu<br />
beobachten, wodurch eine bessere Interpretation ermöglicht wird.<br />
Tabelle 8: EPR-Parameter der simulierten Spektren von ZnPPheid a und ZnPPheid a SwMb im Vergleich zu<br />
den Parametern von P700 und Chlorophyll a [81] und P680 [80] .<br />
Probe gx gy gz |D|·10 -4 cm -1 |E|·10 -4 cm -1<br />
3 ZnPPheid a 2,0038 2,0040 2,0023 302 ± 4 35 ± 4<br />
3 ZnPPheid a SwMb 2,0042 2,0040 2,0023 303 ± 4 33 ± 4<br />
3 P700 2,00369 2,00323 2,00252 280 39<br />
3 Chl a 2,00344 2,00382 2,00265 284 41<br />
3 P680 - - - 287 42<br />
3 ZnChl a (n-Oktan) - - - 306 42<br />
3 Chl a (PMMA) - - - 306 43<br />
A B<br />
Abbildung 44: Das Puls-EPR-Spektrum (Q-Band) von 3 ZnPPheid a SwMb (A) und ZnPPheid a in<br />
Pyridin/Glycerin (B) <strong>bei</strong> 10 K zeigt deutlich die g-Faktor Anisotropie. Wäre der g-Faktor isotrop, müssten<br />
<strong>bei</strong>de eingezeichneten Abstände gleich groß sein. X, Y und Z stehen für die Hauptrichtungen des<br />
Nullfeldtensors.<br />
Aufgrund der geringeren Feldstärken <strong>bei</strong> den hier durchgeführten Messungen ist die<br />
Präzision der in dieser Ar<strong>bei</strong>t durchgeführten Simulationen geringer als für die publizierten
Ergebnisse und Diskussion<br />
Daten. Die Unterscheidung der gx- von den gy-Werten ist unter Berücksichtigung der<br />
Ungenauigkeit der Simulation nicht eindeutig, wodurch eine Interpretation erschwert wird.<br />
Jedoch könnte der Kofaktor ZnPPheid a mit und ohne Protein ein wertvolles System sein,<br />
um einen Beitrag zum besseren Verständnis der g-Faktor Anisotropie zu leisten. Zu diesem<br />
Zweck sind jedoch weiterführende Studien <strong>bei</strong> höheren Frequenzen nötig, um die Präzision<br />
der Simulationen zu verbessern.<br />
3.1.3.2.4. ENDOR-Spektroskopie von ZnPPheid a in Pyridin/Glycerin<br />
Da die EPR-Spektren des freien Kofaktors und des Proteinkomplexes ein alternierendes<br />
Polarisationsmuster aufweisen (eaeaea), können in den ENDOR-Spektren Signale mit<br />
negativer Amplitude auftreten. Dies impliziert, dass diese Signale nicht aus der<br />
untersuchten Orientierung (z. B. XII-Orientierung), sondern aus einer anderen Orientierung<br />
(z. B. ZI oder YII) stammen. Ist ein Signal mit positiver Amplitude mit einem Signal mit<br />
negativer Amplitude überlagert, kann das Signal teilweise oder vollständig aus dem<br />
Spektrum verschwinden, abhängig von der Größe der Signalamplituden.<br />
Die ENDOR-Spektren werden wie schon <strong>bei</strong>m ZnPPIX (Mb) anhand von<br />
quantenchemischen Rechnungen analysiert, wo<strong>bei</strong> grundsätzlich <strong>bei</strong> der Z-Orientierung<br />
begonnen wird, da die Kopplungen in dieser Orientierung im Idealfall dem Wert für Aiso<br />
entsprechen.<br />
Das Spektrum des freien Kofaktors zeigt in der ZII-Orientierung fünf deutliche Signale<br />
(Abbildung 45). Das Signal 1 <strong>bei</strong> –10,3 MHz kann den <strong>bei</strong>den Methinprotonen in Position<br />
10 und 20 zugeordnet werden. Die berechneten Kopplungen für Aiso liegen <strong>bei</strong> –8,2 MHz<br />
und –7,4 MHz und weichen damit von den experimentellen Ergebnissen ab. Allerdings<br />
wurde auch in den Berechnungen der Hyperfeinkopplungen der Chlorophyllradikale für<br />
die Methinprotonen ausschließlich zu kleine Werte berechnet. Auf der anderen Seite ist<br />
dieses Signal ein gutes Beispiel, warum die Methinprotonen im Idealfall als isolierte C-H<br />
Fragmente betrachtet werden können. Entspricht die Kopplungskonstante in Z-Orientierung<br />
etwa 1·Aiso, so müssten diese Signale in X-Orientierung <strong>bei</strong> etwa 0,5·Aiso liegen. In<br />
dieser Orientierung liegt das Magnetfeld in Richtung der C-H Bindung. In der Tat wird das<br />
Signal in der X-Orientierung <strong>bei</strong> –4,9 MHz gefunden. In der Y-Orientierung ist das<br />
90
91<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
Magnetfeld in der Ringebene, aber senkrecht zur C-H Bindung orientiert. Theoretisch<br />
sollte ein Wert von 1,5·Aiso auftreten was sich auch in den experimentellen Spektren<br />
nachweisen lässt. Die Signale liegen in Y-Orientierung <strong>bei</strong> –13,6 MHz.<br />
Abbildung 45: ENDOR Spektren (Q-Band) von ZnPPheid a in Pyridin/Glycerin an den Feldpositionen<br />
ZII (grün), XII (schwarz) und YII (rot). Alle Spektren sind so dargestellt, dass Kopplungen mit einem positiven<br />
Vorzeichen <strong>bei</strong> Werten größer als Null erscheinen. Kopplungen aus der selektierten Mannigfaltigkeit werden<br />
mit positiver Amplitude dargestellt, Kopplungen aus einer anderen Mannigfaltigkeit sind mit negativer<br />
Amplitude dargestellt. Die gestrichelten Linien deuten die Verschiebung der Signale abhängig von der<br />
Feldposition an. Blaue Linien werden verwendet, wenn ein Signal <strong>bei</strong> einer Orientierung nicht zugeordnet<br />
werden konnte. Blaue Sterne bezeichnen zugeordnete Signale mit negativer Amplitude, blaue Kreise<br />
bezeichnen nicht zugeordnete Signale mit negativer Amplitude.<br />
Das Signal 2 zeigt eine ähnliche Abhängigkeit von der Magnetfeldorientierung. In der<br />
Z-Orientierung liegt es <strong>bei</strong> –5,6 MHz (1·Aiso) und in der Y-Orientierung liegt es <strong>bei</strong><br />
–2,4 MHz (0,5·Aiso). In der X-Orientierung wird das Signal <strong>bei</strong> –6,0 MHz beobachtet,<br />
wo<strong>bei</strong> dieser Wert nicht mehr der Erwartung von 1,5·Aiso entspricht. Allerdings wird das<br />
Signal des Protons an dieser Position von den Signalen der <strong>bei</strong>den anderen Methinprotonen<br />
überlagert. Trotzdem kann die Kopplung von –5,6 MHz in der Z-Orientierung dem 5-H<br />
Methinproton zugeordnet werden, da die experimentellen Kopplungen mit dem erwarteten<br />
Trend - mit Ausnahme der X-Orientierung - übereinstimmen. Außerdem wurde für dieses
Ergebnisse und Diskussion<br />
Proton eine Hyperfeinkopplungskonstante von –6,3 MHz berechnet, die gut mit dem<br />
experimentellen Ergebnis übereinstimmt.<br />
Das Signal 3 <strong>bei</strong>nhaltet zwei Kopplungen von +0,4 MHz und +0,8 MHz mit scharfen<br />
Signalen. Beide Signale treten <strong>bei</strong> X-orientiertem Magnetfeld mit negativer Amplitude<br />
(blaue Sterne) mit einer Kopplungsgröße von +0,5 MHz und +1,4 MHz auf und müssen<br />
daher aus einer anderen Mannigfaltigkeit stammen. Die entsprechenden Signale mit<br />
positiver Amplitude, die aus der X-Orientierung des Moleküls stammen, sind dagegen<br />
nicht identifizierbar. Möglicherweise liegen sie gemeinsam mit anderen Gruppen <strong>bei</strong><br />
+3,7 MHz. In Y-Orientierung haben die Kopplungen eine Größe von +0,8 MHz und<br />
+1,7 MHz und <strong>bei</strong>de Signale treten wieder scharf mit positiver Amplitude aus dem<br />
Spektrum hervor. Beide Signale sind isotrop und können den berechneten Kopplungen der<br />
Methylgruppen 18-CH3 (+0,4 MHz) und 7-CH3 (+0,6 MHz) zugeordnet werden.<br />
Das Signal 4 <strong>bei</strong> +4,1 MHz wird der 2-CH3 Gruppe zugeordnet. Das Signal liegt in der<br />
X-Orientierung <strong>bei</strong> +6,0 MHz und in der Y-Orientierung <strong>bei</strong> +4,4 MHz. Obwohl die<br />
berechnete Kopplungskonstante (+5,4 MHz) größer ist als die experimentell ermittelte<br />
Kopplung in der Z-Orientierung, ist die Zuordnung durch die Messungen am<br />
Proteinkomplex sicher (vgl. Abschnitt 3.1.3.2.5). Im Proteinkomplex wird dieses Signal<br />
nur schwach und stark verbreitert detektiert. Dies wird durch eine eingeschränkte<br />
Drehbarkeit der Gruppe durch die Proteinumgebung und die 3-Vinylgruppe verursacht. Für<br />
eine derartige Wechselwirkung kommt kein anderer der Substituenten in Frage.<br />
Die Methylgruppe in Position 12 wird dem Signal 5 <strong>bei</strong> +9,3 MHz zugeordnet. Sie weist<br />
als einzige in den Berechnungen eine ausreichend große positive Kopplungskonstante auf<br />
(+9,4 MHz). Die Signalposition ändert sich auf +11,0 MHz in der X-Orientierung und<br />
+9,2 MHz in der Y-Orientierung. Das Signal ist in den unterschiedlichen Orientierungen<br />
nahezu parallel zum Signal der 2-CH3 Gruppe verschoben.<br />
Das mit der Ziffer 6 bezeichnete Signal <strong>bei</strong> +3,7 MHz könnte von der 13 2 -CH2 Gruppe<br />
verursacht werden, die nur in Pyrophäophorbiden vorkommt, da in dieser Position die<br />
Methoxycarbonlyfunktion entfernt worden ist. Allerdings ist diese Zuordnung nicht sicher,<br />
da nur ein Signal in der X-Orientierung detektiert werden konnte. In den <strong>bei</strong>den anderen<br />
Spektren fehlt das entsprechende Signal.<br />
92
93<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
Tabelle 9: Auflistung der zugeordneten ENDOR-Kopplungen für ZnPPheid a in Pyridin/Glycerin in MHz.<br />
Orientierung Signal 1 Signal 2 Signal 3 Signal 4 Signal 5 Signal 6<br />
ZII -10,3 -5,6 +0,4; +0,8 +4,1 +9,3 n.d.<br />
XII -4,9 -6,0 n.d. +6,0 +11,0 +3,7<br />
YII -13,6 -2,4 +0,8; +1,7 +4,4 +9,2 n.d.<br />
Zuordnung 10-H, 20-H 5-H 18-CH3; 7-CH3 2-CH3 12-CH3 13 2 -CH2<br />
berechnete<br />
Werte für Aiso<br />
-8,2; -7,4 -6,3 +0,4; +0,6 +5,4 +9,4 +3,7<br />
Außer den Methinprotonen und den Methylgruppen konnte keine weitere Gruppe anhand<br />
der aufgenommenen Spektren eindeutig identifiziert werden. Neben der Vinylgruppe in<br />
Position 3 und der Ethylgruppe in Position 8 konnten keine Signale der Protonen in<br />
Position 17 und 18, sowie der CH2-Gruppen der Propionsäure beobachtet werden. Die<br />
Zuordnung der 13 2 -CH2 Gruppe ist unsicher, da nur ein Signal in der X-Orientierung<br />
beobachtet werden konnte und ein entsprechendes Signal in den anderen Orientierung<br />
fehlt.<br />
Die Gruppen, denen keine Signale zugeordnet werden konnten, besitzen berechnete<br />
Kopplungen zwischen 0 und 1,5 MHz. Die große Anzahl kleiner Kopplungen in diesem<br />
Bereich erschwert die Zuordnung der Methylgruppen 7 und 18. Zwar sollten <strong>bei</strong>de<br />
Methylgruppen das intensivste Signal in diesem Bereich aufweisen, jedoch können auch<br />
andere Gruppen diese Signale verursachen und eine Signalüberlagerung von mehreren<br />
Substituenten kann ebenfalls nicht ausgeschlossen werden. Daher ist die Zuordnung dieser<br />
Methylgruppen als wahrscheinlich, aber nicht als sicher anzusehen.
Ergebnisse und Diskussion<br />
3.1.3.2.5. ENDOR-Spektroskopie von ZnPPheid a SwMb in Puffer/Glycerin<br />
Die ENDOR-Messungen des Proteinkomplexes ZnPPheid a SwMb wurden mit einem<br />
Gemisch aus 40/60 Vol% aus 50 mM Phosphatpuffer, pH 7,0, und Glycerin durchgeführt.<br />
Das Glycerin ist ein Glasbildner, der für eine hohe optische Transparenz der Probe und<br />
damit für eine hohe Lichteindringtiefe garantiert.<br />
Abbildung 46: ENDOR Spektren (Q-Band) von ZnPPheid a SwMb in H2O/Glycerin an den Feldpositionen<br />
ZI (grün), XI (schwarz) und YI (rot). Alle Spektren sind so dargestellt, dass Kopplungen mit einem positiven<br />
Vorzeichen <strong>bei</strong> Werten größer als Null erscheinen. Kopplungen aus der selektierten Mannigfaltigkeit werden<br />
mit positiver Amplitude dargestellt, Kopplungen aus einer anderen Mannigfaltigkeit sind mit negativer<br />
Amplitude dargestellt. Die gestrichelten Linien deuten die Verschiebung der Signale abhängig von der<br />
Feldposition an. Blaue Linien werden verwendet, wenn ein Signal <strong>bei</strong> einer Orientierung nicht zugeordnet<br />
werden konnte. Blaue Sterne bezeichnen zugeordnete Signale mit negativer Amplitude, blaue Punkte<br />
bezeichnen nicht zugeordnete Signale mit negativer Amplitude.<br />
Die Spektren des ZnPPheid a SwMb Komplexes (Abbildung 46) sind denen des freien<br />
Kofaktors sehr ähnlich. Es werden nur geringe Änderungen in den Kopplungskonstanten<br />
beobachtet. Entsprechend erfolgt die Zuordnung der Signale in gleicher Weise. Allerdings<br />
gibt es einige entscheidende Unterschiede. Während für den freien Kofaktor lediglich ein<br />
Signal mit negativer Amplitude beobachtet werden konnte, werden in den Spektren des<br />
Proteinkomplexes fünf Signale mit eindeutig negativer Amplitude detektiert. Eine<br />
94
95<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
eindeutige Zuordnung dieser Signale ist nicht möglich. Auffällig ist aber, dass in der<br />
X-Orientierung das Signal <strong>bei</strong> +3,4 MHz im Fall des Proteinkomplexes vollständig negativ<br />
ist. Wenn man die Ähnlichkeit der Spektren von freiem Kofaktor und Proteinkomplex<br />
berücksichtigt, ist an dieser Position ein starkes Signal mit positiver Amplitude zu<br />
erwarten. Offensichtlich wird es von einem Signal mit negativer Amplitude, aber ähnlicher<br />
Kopplungskonstante überlagert. Dies könnte ein Hinweis auf die Methylgruppen der<br />
Aminosäure Valin 68 sein, die ebenfalls mit dem Elektronenspin wechselwirken.<br />
Allerdings kann anhand der zur Verfügung stehenden Daten keine eindeutige Zuordnung<br />
durchgeführt werden.<br />
Tabelle 10: Auflistung der zugeordneten ENDOR-Kopplungen für ZnPPheid a SwMb in MHz.<br />
Orientierung Signal 1 Signal 2 Signal 3 Signal 4 Signal 5<br />
ZI -10,6 -5,9 +0,5; +1,0 +3,9 +9,1<br />
XI -8,2 -9,5 n.d. +6,1 +9,8<br />
YI -15,3 -2,3 +0,8; +1,7 +5,2 +9,5<br />
Zuordnung 10-H, 20-H 5-H 18-CH3; 7-CH3 2-CH3 12-CH3<br />
berechnete<br />
Werte für Aiso<br />
-8,2; -7,4 -6,3 +0,4; +0,6 +5,4 +9,4<br />
Das Signal 4 ist aufgrund der deutlichen Unterschiede im Vergleich zum freien Kofaktor<br />
der Methylgruppe in Position 2 zugeordnet worden. Wie bereits erwähnt liegt im freien<br />
Kofaktor an dieser Position ein scharfes Signal vor, dass in den Spektren des<br />
Proteinkomplexes nur verbreitert detektiert wurde. Wenn diese Beobachtung auf eine<br />
eingeschränkte Drehbarkeit der Methylgruppe aufgrund einer sterischen Wechselwirkung<br />
zwischen der Vinylgruppe in Position 3 und der Proteinumgebung zurückzuführen ist,<br />
kann dies durch eine temperaturabhängige Studie der ENDOR-Signale des<br />
Proteinkomplexes nachgewiesen werden. Mit zunehmender Temperatur sollte die freie<br />
Drehbarkeit der Methylgruppe wieder hergestellt werden und das Signal im<br />
Proteinkomplex als scharfe Bande auftreten. Allerdings nimmt die Spinrelaxation mit<br />
steigender Temperatur schnell zu, wodurch das Temperaturfenster, in dem eine solche<br />
Studie mit Puls-ENDOR-Methoden durchführbar ist, eingeschränkt.
Ergebnisse und Diskussion<br />
Die Unterschiede in den Kopplungskonstanten des Proteinkomplexes im Vergleich zum<br />
freien Kofaktor ist sehr gering, während <strong>bei</strong> dem Kofaktor ZnPPIX ein deutlicher Einfluss<br />
der Proteinumgebung festgestellt werden konnte. Eine mögliche Ursache für diese<br />
Beobachtung liegt wahrscheinlich in der Wahl des Lösemittels für den freien Kofaktor. In<br />
einer Pyridinlösung ist das ZnPPheid a fünffach koordiniert und dementsprechend verzerrt.<br />
Diese Geometrie wird durch den Einbau in das Protein, in dem der Kofaktor ebenfalls<br />
fünffach koordiniert wird, nicht oder nur in geringem Maß verändert. Wie die<br />
quantenchemischen Rechnungen gezeigt haben, hat die Abweichung der Geometrie von<br />
einer planaren Struktur zu einer gewölbten Struktur des Kofaktors, eine Änderung der<br />
Kopplungskonstanten von bis zu 1 MHz zur Folge. Diese Theorie könnte durch Messung<br />
der Kofaktoren ZnPPIX in Pyridinlösung und ZnPPheid a in einem schwach<br />
koordinierenden Lösemittel überprüft werden. Ist die Vermutung zutreffend, sollten für<br />
den Kofaktor ZnPPIX in einer Pyridinlösung ähnliche ENDOR-Spektren wie für den<br />
Proteinkomplex erhalten werden. Umgekehrt müssten die Spektren des Kofaktors<br />
ZnPPheid a in einem schwach koordinierenden Lösemittel insgesamt kleinere Kopplungen<br />
zeigen.<br />
3.1.3.2.6. Vergleich der ENDOR-Daten von ZnPPheid a SwMb mit nativen<br />
Systemen<br />
Die aus den ENDOR-Spektren erhaltenen Daten werden mit den Literaturangaben, die für<br />
P680, dem „special pair“ des Photosystems II, zur Verfügung stehen, sowie mit dem<br />
Mittelwert der isotropen Hyperfeinkopplungskonstanten vom Radikalanion und –kation<br />
des Chlorophyll a verglichen. Für den Vergleich <strong>bei</strong>der Radikale mit dem Triplettzustand<br />
wird die Näherung herangezogen, dass die Spindichte (ρT) am Kern i des Triplettzustandes<br />
gleich dem Mittelwert der Spindichten von Radikalanion (ρAn) und –kation (ρKat) ist<br />
(Gleichung 28) [82; 83] .<br />
[ ρ ( C ) ( C ) ]<br />
ρ T ( Ci ) = 1/<br />
2 Kat i + ρ An i<br />
(28)<br />
96
97<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
Bisher konnten lediglich in den Radikalen des Chlorophylls sämtliche Methylgruppen, die<br />
Methinprotonen und Signale der Vinylgruppe in Position 3 zugeordnet werden. In den<br />
nativen Systemen wurden bislang die Signale der Methinprotonen und der Methylgruppe<br />
in Position 12 zugeordnet. In dieser Ar<strong>bei</strong>t konnten damit zum ersten Mal die<br />
Kopplungskonstanten aller Methylgruppen und der Methinprotonen eines Chlorophyll a-<br />
Derivates in einer Proteinumgebung beobachtet und zugeordnet werden.<br />
Tabelle 11: Vergleich der ENDOR-Daten des Triplettzustandes in Z-Orientierung von P680, dem<br />
berechneten Mittelwert der experimentell ermittelten Kopplungskonstanten von Radikalanion und -kation<br />
von Chl a, ZnPPheid a SwMb und den für diese Ar<strong>bei</strong>t berechneten Kopplungskonstanten Aiso des ZnPPheid<br />
a Imidazol Modellsystems.<br />
Position<br />
3 P680 [80]<br />
AZZ<br />
3 P680 [71]<br />
Exp. in ZI/II<br />
3 Chl a ·± [84]<br />
Mittelwert:<br />
1/2(AC+AA) [80;<br />
85]<br />
ZnPPheid a<br />
SwMb<br />
Exp. in ZI/II<br />
berechnete<br />
Werte für<br />
2-CH3 - - +4,2 +5,4 +5,37<br />
12-CH3 +9,6 +9,5 +8,9 +9,4 +9,44<br />
7-CH3 < +1,0 - +0,8 +1,0 +0,58<br />
18-CH3 - - - +0,5 +0,43<br />
17-H - - +5,0 - +1,03<br />
18-H - - +5,9 - +1,56<br />
13 2 -H - - -1,9 - +3,70<br />
5-H -1,4 -5,5 -2,3 -5,9 -6,33<br />
10-H -5,4 -10,4 -5,8 -10,6 -7,36<br />
20-H -1,4 -8,4 -2,2 -10,6 -8,18<br />
3 1 -CH < +1,0 - +0,6 - -<br />
3 2 -CH2 -1,4 - -2,4 - -<br />
Die Kopplungskonstante der Methylgruppe 12 liegt in allen vier Systemen <strong>bei</strong> etwa<br />
+9,5 MHz (vgl. Tabelle 11). Da es sich <strong>bei</strong> dieser Methylgruppe um die Kopplung von<br />
β-Protonen mit dem Elektronenspin handelt, ist das Signal isotrop und die Abweichung der<br />
Aiso
Ergebnisse und Diskussion<br />
isotropen Kopplungskonstante vom Messwert, der ebenfalls anisotrope Komponenten<br />
enthält, ist sowohl für P680 als auch für den Mittelwert der Radikale gering. Gleiches ist<br />
für die 7-CH3 Gruppe zutreffend, deren Signal <strong>bei</strong> Werten von ≤ 1 MHz in allen Spektren<br />
beobachtet wird. Für <strong>bei</strong>de Gruppen stimmen die berechneten Werte ebenfalls gut mit den<br />
Messdaten überein.<br />
Die Angaben für die Methinprotonen von P680 weichen in den <strong>bei</strong>den publizierten<br />
Untersuchungen deutlich voneinander ab (Tabelle 11, Spalte 2 und 3). In der vorliegenden<br />
Ar<strong>bei</strong>t konnte zwar eine negative Kopplung von –5,5 MHz beobachtet werden, die dem<br />
Methinproton in Position 5 zugeordnet wurde, allerdings konnten keine Kopplungen <strong>bei</strong><br />
–1,4 MHz detektiert werden, weil die ENDOR-Spektren in diesem Bereich eine<br />
Überlagerung von Signalen mit negativer Amplitude aufweisen. Im Vergleich mit den<br />
experimentellen Daten von 3 P680 (Tabelle 11, Spalte 3) tritt eine bemerkenswerte<br />
Abweichung von 2 MHz <strong>bei</strong> dem dritten Methinproton in Position 20 auf. Die Spektren in<br />
der vorliegenden Ar<strong>bei</strong>t zeigen ein Überlagerung der breiten Signale der Methinprotonen<br />
in Position 10 und 20 zu einer unsymmetrischen Bande. Auf der Seite zu kleineren<br />
Kopplungen könnte man durch die Asymmetrie der Bande ein zusätzliches Signal <strong>bei</strong> etwa<br />
–9 MHz vermuten (Abbildung 46), jedoch wurde <strong>bei</strong> der Interpretation dieser Ergebnisse<br />
auf eine Unterscheidung der <strong>bei</strong>den Signale verzichtet. Insgesamt zeigen die Spektren des<br />
hier untersuchten Modellsystems eine gute Übereinstimmung mit den nativen Systemen<br />
und bieten auf Grund ihrer Einfachheit eine gute Grundlage, um die Interpretation<br />
komplexer nativer Systeme voranzutreiben.<br />
3.1.3.3. Die Komplexe der Zink-Methylpyrophäophorbide mit Apo-<br />
Myoglobin<br />
Um die Zahl verschiedener Kofaktoren in Myoglobin aus Pferdemuskel als Proteinmatrix<br />
zu erweitern, wurde der Einbau drei verschiedener Zink-Phäophorbid-Methylester in Apo-<br />
Myoglobin untersucht. Neben Zink-Methylpyrophäophorbid a (ZnMePPheid a) wurde<br />
auch der Einbau von Zink-Methylpyrophäophorbid d (ZnMePPheid d) versucht. Keine der<br />
<strong>bei</strong>den Verbindungen bildet einen stöchiometrischen Komplex mit Apo-Myoglobin. Dies<br />
wurde anhand der UV-Vis-Spektren verifiziert.<br />
98
99<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
Abbildung 47: UV-Vis-Spektrum von ZnMePPheid a in Pyridin (schwarz) und in Apo-Mb komplexiert<br />
(rot).<br />
Das UV-Vis-Spektrum des freien Kofaktors ZnMePPheid a zeigt die typische<br />
Bandenstruktur, die bereits für die anderen Zink-Phäophorbide beobachtet wurde<br />
(Abbildung 47). Die Qy-Bande <strong>bei</strong> 654 nm und die Soret-Bande <strong>bei</strong> 428 nm dominieren<br />
das Spektrum. Außerdem werden die drei typischen Banden für den freien Kofaktor in<br />
Pyridin <strong>bei</strong> 610 nm, 571 nm und 527 nm detektiert. Durch den Einbau des Kofaktors in das<br />
Protein zeigt sich eine Verschiebung aller Banden zu größeren Wellenlängen. Jedoch ist<br />
sie geringer als für den vergleichbaren Kofaktor mit der freien Säure (ZnPPheid a). Die<br />
Qy-Bande wird um 4 nm zu 658 nm verschoben und die Soret-Bande um 8 nm zu 436 nm.<br />
Die drei Banden zwischen 525 nm und 615 nm verschmelzen durch den Einbau zu einer<br />
Bande <strong>bei</strong> 620 nm. Auch diese Tatsache wurde bereits <strong>bei</strong> ZnPPheid a beobachtet.<br />
Zweifelsfrei wird der Kofaktor im Protein gebunden, aber im Gegensatz zu ZnPPheid a ist<br />
das Verhältnis der Qy-Bande zur Proteinbande <strong>bei</strong> 280 nm nicht größer als 2, sondern<br />
deutlich kleiner als 1. Durch die Bildung des Methylesters wird keine Änderung des<br />
Extinktionskoeffizienten erwartet, da die Säurefunktion nicht mit dem delokalisierten<br />
π-System konjugiert ist. Wie in Abschnitt 3.1.3.2.1 gezeigt wurde, wird der Quotient von<br />
E660/E280 von 2,3 als Bildung eines stöchiometrischen Komplexes interpretiert. Weil der<br />
entsprechende Quotient E658/E280 im Fall des ZnMePPheid a Mb nur einen Wert von etwa
Ergebnisse und Diskussion<br />
0,7 annimmt, lassen diese Ergebnisse den Schluss zu, dass nur etwa 25-30 % der vakanten<br />
Bindungsstellen im Myoglobin besetzt sind. Eine erneute Zugabe von freiem Kofaktor<br />
führte zu keiner signifikanten Änderung des Bandenverhältnisses. Die geringe Einbauquote<br />
kann eindeutig auf die Esterfunktion zurückgeführt werden, da ZnMePPheid a und<br />
ZnPPheid a ansonsten identisch sind.<br />
Abbildung 48: UV-Vis-Spektrum von ZnMePPheid d in Pyridin (schwarz) und in Apo-Mb komplexiert<br />
(rot).<br />
Ähnliche Ergebnisse wurden für ZnMePPheid d erhalten (Abbildung 48). Aufgrund der<br />
Aldehydfunktion in Position 3 besitzt der Kofaktor ZnMePPheid d ein um etwa 20 nm ins<br />
Rote verschobene UV-Vis-Spektrum. Die Soret-Bande liegt <strong>bei</strong> 443 nm und die Qy-Bande<br />
<strong>bei</strong> 678 nm. Durch den Einbau in das Apo-Myoglobin werden auch <strong>bei</strong> diesem Kofaktor<br />
sämtliche Banden in den langwelligen Bereich verschoben und liegen für den Komplex <strong>bei</strong><br />
457 nm (Soret) und 669 nm (Qy). Allerdings war es auch für diesen Kofaktor nicht<br />
möglich, einen stöchiometrischen Komplex zu erhalten. Ferner nimmt durch den Einbau in<br />
das Protein die Bandenbreite sowohl der Soret- als auch der Qy-Bande deutlich zu.<br />
Insbesondere die Basis der Qy-Bande ist stark verbreitert. Anhand des UV-Vis-Spektrums<br />
können zwei unterschiedliche Bindungsmöglichkeiten diskutiert werden. Einerseits findet<br />
ein Einbau in die Bindungstasche des Proteins statt, woraus die Absorptionsbanden <strong>bei</strong><br />
100
101<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
689 nm und 457 nm resultieren. Auf der anderen Seite lässt die breite Basis der Qy-Bande<br />
auf eine unspezifische Bindung, die möglicherweise auf eine Aggregation der Kofaktoren<br />
hindeutet, schließen. Diese Interpretation wird durch die Größe der Absorptionsbande <strong>bei</strong><br />
438 nm im Verhältnis zur Soret-Bande <strong>bei</strong> 457 nm unterstützt. Die ähnliche Größe <strong>bei</strong>der<br />
Banden kann als Aufspaltung einer Bande interpretiert werden, die durch Aggregation der<br />
Kofaktoren hervorgerufen wird. Da die Bindungstasche des Proteins nicht genügend Raum<br />
für den Einbau eines Dimers zur Verfügung stellt und das Absorptionsspektrum der Probe<br />
nach einer zusätzlichen Aufreinigung durch Gelfiltation unverändert bleibt, könnte eine<br />
unspezifische Koordinierung des Kofaktors am Protein vorliegen.<br />
Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse wurde auf den Einbau von 3-devinyl-3hydroxymethyl-13<br />
2 -demethoxycarbonylphäophorbid a Methylester verzichtet, da aufgrund<br />
der Esterfunktion erwartet wird, dass kein stöchiometrischer Komplex gebildet werden<br />
kann und der Proteinkomplex daher nicht für weitere Studien geeignet ist.<br />
Zwei wesentliche Faktoren sind <strong>bei</strong> der Bewertung der Ergebnisse zu berücksichtigen.<br />
Zum einen sind die veresterten Kofaktoren nicht in der Lage, durch die Bildung einer<br />
Salzbrücke zur Proteinoberfläche an das Protein zu koordinieren. Als Folge davon sinkt die<br />
Einbauwahrscheinlichkeit in das Protein. Zum anderen sinkt die Löslichkeit der<br />
Kofaktoren durch die Esterbildung noch weiter, da in Form des Esters keine Möglichkeit<br />
besteht, stabile Wasserstoffbrücken mit dem Lösemittel Wasser zu bilden. Dadurch wird<br />
die Verweilzeit der Kofaktoren in der Lösung kürzer, bevor sie aggregieren und als<br />
Niederschlag dem Gleichgewicht entzogen werden. Sind diese <strong>bei</strong>den Gründe zutreffend,<br />
sollte theoretisch durch wiederholte Zugabe des gelösten Kofaktors der Besetzungsgrad der<br />
Proteinbindungstasche erhöht werden können. Jedoch gelingt dies in der Praxis nicht bzw.<br />
nur in sehr geringem Ausmaß, da die Wahrscheinlichkeit des Zusammentreffens eines<br />
gelösten Kofaktors und einer unbesetzten Bindestelle im Protein mit der Anzahl der freien<br />
Bindungsstellen im Protein sinkt. Um das Einbauergebnis zu verbessern müsste die<br />
Verweilzeit des Kofaktors in Lösung erhöht, also die Aggregation unterdrückt werden. Zu<br />
diesem Zweck wäre der Zusatz von organischen Lösemitteln, z. B. Methanol, denkbar.<br />
Allerdings ist <strong>bei</strong> diesen Experimenten zu berücksichtigen, dass bereits geringe Mengen<br />
(>5 Vol%) an organischem Lösemittel zur Denaturierung des Proteins führt.<br />
Wenn das unterschiedliche Verhalten der veresterten Kofaktoren allein auf die<br />
Esterfunktion zurückgeführt werden kann, muss dies auch für die veresterte Form des
Ergebnisse und Diskussion<br />
nativen Kofaktors zutreffen. In der Literatur ist der Komplex von Apo-Myoglobin und<br />
Eisen-Dimethylprotoporphyrin beschrieben [86] . Obwohl alle spektroskopischen Daten<br />
identisch sind mit dem Eisen-Protoporphyrin Apo-Mb Komplex, ist das Verhältnis der<br />
Soret-Bande zur Proteinbande für den Dimethylester um 25 % kleiner als für den<br />
unveresterten Kofaktor. Auch in diesem Fall liegt eine unvollständige Rekonstitution vor.<br />
Zusätzlich ist der Proteinkomplex <strong>bei</strong> pH 8,0 instabil und denaturiert. Diese Beobachtung<br />
wird für den nativen Kofaktor nicht gemacht. Diese Ergebnisse zeigen, dass durch eine<br />
Esterfunktion am Kofaktor die Bindungsfähigkeit an das Protein signifikant reduziert wird.<br />
Die Frage, ob der gebundene Kofaktor tatsächlich stabil gebunden ist und die<br />
Dissoziationskonstante des Komplexes durch die Esterfunktion nicht verändert wird, ist<br />
noch unbeantwortet. Allerdings könnte eine erhöhte Dissoziationskonstante erklären,<br />
warum die Einbaueffizienz nicht durch Zugabe von gelöstem Kofaktor erhöht werden<br />
kann.<br />
102
3.1.4. Zusammenfassung<br />
103<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
Das von Boxer et al. entwickelte Rekonstitutionsverfahren, um Porphyrine in Apo-<br />
Myoglobin einzubauen, konnte erfolgreich etabliert werden. Auf diese Weise wurden die<br />
Komplexe von ZnPPIX, ZnPheid a, ZnPPheid a, ZnMePPheid a und ZnMePPheid d mit<br />
Apo-Myoglobin erfolgreich dargestellt und charakterisiert. Zusätzlich konnte der Komplex<br />
von ZnPPheid a und SwMb dargestellt und charakterisiert werden.<br />
Der Kofaktor ZnPPIX konnte stöchiometrisch in Myoglobin eingebaut werden und durch<br />
UV-Vis-Spektroskopie charakterisiert werden. Die Proteinstabilität wurde durch den<br />
Einbau eines Kofaktors in das Apo-Myoglobin praktisch vollständig wieder hergestellt,<br />
wo<strong>bei</strong> für die Kooperativität im Vergleich zu met-Myoglobin ein etwa 25 % geringerer<br />
Wert für den ZnPPIX-Komplex erhalten wurde. Mit Hilfe der NMR-Spektroskopie<br />
konnten in diesem Komplex zwei Einbauisomere nachgewiesen werden, wie sie bereits für<br />
den nativen Kofaktor, das Hämin, nach in vitro Rekonstitutionen beobachtet worden sind.<br />
Unter Verwendung der EPR-Spektroskopie konnten im lichtangeregten Triplettzustand mit<br />
der Literatur übereinstimmende Werte für die Parameter D und E der Nullfeldaufspaltung<br />
erhalten werden. Der Vergleich von freiem und Protein-komplexiertem Kofaktor zeigt<br />
diesbezüglich keine signifikanten Unterschiede. Im Gegensatz dazu sind in den ENDOR-<br />
Spektren deutliche Unterschiede der Kopplungskonstanten für den freien Kofaktor und den<br />
Proteinkomplex zu beobachten. Insgesamt zeigen die Spektren des Proteinkomplexes<br />
größere Kopplungen und eine deutliche Separation der einzelnen Signale. Diese<br />
Beobachtung wird als eine stärkere Delokalisation des Elektronenspins auf dem<br />
Molekülgerüst des Kofaktors interpretiert. Die Signale der Methinprotonen, sowie der<br />
Methylgruppen konnten für <strong>bei</strong>de Systeme unter Verwendung von quantenchemischen<br />
Rechnungen zugeordnet werden. Die verwendete Methodik hat bereits <strong>bei</strong> der Berechnung<br />
der Hyperfeinkopplungskonstanten von Chlorophyllradikalen gute Übereinstimmungen mit<br />
den experimentellen Daten gezeigt und konnte diese Erwartung auch im Fall der<br />
lichtangeregten Triplettzustände erfüllen.<br />
Die Proteinkomplexe von ZnPheid a und ZnPPheid a konnten ebenfalls dargestellt werden<br />
und zeigten vergleichbare UV-Vis-Spektren. Während der Komplex des ZnPPheid a eine<br />
deutliche Stabilisierung der Proteinhülle zeigte, konnte dies für den ZnPheid a Komplex
Ergebnisse und Diskussion<br />
nicht beobachtet werden. Dies kann auf eine signifikante Inhomogenität dieses Komplexes<br />
zurückgeführt werden, die durch NMR-Spektroskopie nachgewiesen werden konnte.<br />
Aufgrund dieses Ergebnisses wurde der ZnPheid a Komplex nicht weiter untersucht, da er<br />
für weitere Messungen ungeeignet ist. Das ZnPPheid a Mb wurde analog zum ZnPPIX Mb<br />
durch EPR- und ENDOR-Spektroskopie untersucht. Auch in diesem Fall konnten gute<br />
Übereinstimmungen der Nullfeldparameter mit der Literatur beobachtet werden.<br />
Grundsätzlich werden auch in den ENDOR-Spektren dieses Proteinkomplexes, verglichen<br />
mit dem freien Kofaktor, größere Kopplungskonstanten gefunden. Allerdings ist die<br />
Zunahme der Kopplungsgröße nicht so signifikant im Vergleich mit dem Kofaktor<br />
ZnPPIX. Dies kann darauf zurückgeführt werden, dass der freie Kofaktor ohne Protein<br />
bereits fünffach koordiniert ist. Die daraus resultierende Geometrieverzerrung verursacht<br />
ähnliche Kopplungskonstanten wie sie für den Proteinkomplex beobachtet werden. Die<br />
Unterschiede zwischen freiem Kofaktor und dem Proteinkomplex sind auf den<br />
zusätzlichen Einfluss der Proteinumgebung, wie z.B. hydrophobe Wechselwirkungen,<br />
zurückzuführen. Ein Vergleich der erhaltenen ENDOR-Daten mit früheren Studien am<br />
P680, sowie den Chlorophyllradikalen zeigt eine sehr gute Übereinstimmung der<br />
Messwerte.<br />
Die Komplexe von Zink-Methylpyrophäophorbid a und d konnten zwar dargestellt und<br />
durch UV-Vis-Spektroskopie nachgewiesen werden, jedoch sind unter den gewählten<br />
Bedingungen keine stöchiometrischen Komplexe gebildet worden, wie die UV-Vis-<br />
Spektren zeigen. Daher wurde auf eine weitergehende EPR- und ENDORspektroskopische<br />
Charakterisierung verzichtet.<br />
In dieser Ar<strong>bei</strong>t konnte damit der Grundstein für eine vollständige Charakterisierung der<br />
elektronischen Struktur von monomeren Chlorophyll-Derivaten in einer Myoglobin-Matrix<br />
gelegt werden.<br />
104
3.1.5. Ausblick<br />
105<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
Ausgehend von den Ergebnissen dieser Ar<strong>bei</strong>t bietet sich eine Vielzahl an zukünftigen<br />
Möglichkeiten. Um vollständige Daten der elektronischen Struktur der untersuchten<br />
Kofaktoren zu erhalten, ist die winkelabhängige Messung von Myoglobin-Einkristallen<br />
notwendig. Das rekombinante Pottwal-Myoglobin ist gut charakterisiert und die<br />
Kristallisationsbedingungen sind beschrieben [87-89] , daher sollten Einkristalle mit nicht<br />
nativen Kofaktoren dargestellt werden können. Entsprechende Ar<strong>bei</strong>ten wurden bereits<br />
begonnen.<br />
Außerdem können die bereits dargestellten Komplexe zur Aufklärung der g-Faktor<br />
Anisotropie, sowie der asymmetrischen Linien in den EPR-Spektren herangezogen<br />
werden, indem sie <strong>bei</strong> höheren Magnetfeldern untersucht werden.<br />
Die Analyse der Kristallstruktur würde neben der vollständigen elektronischen Struktur des<br />
nicht-nativen Kofaktors auch seine Positionierung in der Bindungstasche des Proteins<br />
aufklären, die bis heute nicht bekannt ist. Möglicherweise können auf diese Weise auch die<br />
Rotationsisomere der Kofaktoren, die durch NMR-Spektroskopie nachgewiesen werden<br />
konnten, detailliert analysiert werden. Anschließend bietet sich die Möglichkeit, entweder<br />
die Proteinumgebung gezielt zu verändern oder weitere Modifikationen an den Kofaktoren<br />
durchzuführen. Die Zahl der zu untersuchenden Kofaktoren kann auf alle<br />
(Bakterio)Chlorophylle ausgedehnt werden, sofern sie in die Bindungstasche einbauen.<br />
Zusätzlich können andere Metalle, z. B. Magnesium, anstatt Zink in den Kofaktoren<br />
gebunden werden. Grundlegende Untersuchungen der Bindungseigenschaften<br />
unterschiedlicher Porphyrine sind in dieser Ar<strong>bei</strong>t unternommen worden und stehen<br />
zusätzlich auch in der Literatur zur Verfügung [19-21; 23; 90] .<br />
Die Aminosäurekette des Proteins Myoglobin kann in verschiedenen Positionen<br />
molekularbiologisch verändert werden, so dass der Einfluss der Proteinumgebung<br />
detailliert studiert werden kann. Die entsprechenden Expressionssysteme für Mutationen<br />
im Bereich der Bindungstasche sind bekannt und basieren auf heterologer Expression des<br />
Proteins in E. coli, einem Bakterium, das für seine Toleranz gegenüber unterschiedlichen<br />
Wachstumsbedingungen und seine hohe Wachstumsgeschwindigkeit bekannt ist. Auf diese<br />
Weise können unterschiedliche Myoglobin-Mutanten in wenigen Tagen erhalten werden.
Ergebnisse und Diskussion<br />
3.2. Modellpeptide für [4Fe4S]-Zentren<br />
3.2.1. Literaturübersicht<br />
Aufgrund der biologischen Relevanz von [4Fe4S]-Zentren sollen hier einige<br />
Übersichtsartikel vorgestellt werden. Einen umfassenden Überblick über alle Formen von<br />
FeS-Zentren gibt Lovenberg [36] . Die optischen und magnetischen Eigenschaften von<br />
[4Fe4S]-Zentren werden von Sweeney und Rabinowitz [91] übersichtlich zusammengefasst.<br />
Die EPR- und ENDOR-Daten von [4Fe4S]-Zentren aus verschiedenen Proteinen werden<br />
ausführlich von Mousca und Lamotte [92] diskutiert. Den Einfluss der Proteinumgebung auf<br />
das Redoxpotential haben Stephens, Jollie und Warshel unter Verwendung von<br />
quantenchemischen Methoden untersucht [42] , während speziell die Eigenschaften der<br />
FeS-Zentren des Photosystems I von Golbeck et al. zusammengefasst wurden [93] .<br />
Aufgrund der biologischen Relevanz von [4Fe4S]-Zentren gab es bereits mehrere<br />
Versuche, Modellsysteme für diese Systeme zu entwickeln. Diese synthetischen Peptide<br />
wurden in Länge und Sequenz der Aminosäurenkette variiert, um die minimalen<br />
Voraussetzungen zu bestimmen, die für die Bindung eines [4Fe4S]-Zentrums nötig sind.<br />
Außerdem wurde versucht, das Redoxpotential dieser Kofaktoren gezielt zu beeinflussen.<br />
In der Ar<strong>bei</strong>tsgruppe um Dutton et al. [94-96] wurde eine Serie verschiedener Peptide mit<br />
einer Länge zwischen vier und 16 Aminosäuren synthetisch hergestellt, um die nötigen<br />
Grundvoraussetzungen der Primärsequenz für den Einbau eines [4Fe4S]-Zentrums zu<br />
studieren. Die Peptide, die erfolgreich ein [4Fe4S]-Zentrum binden konnten, besaßen das<br />
allgemeine Bindungsmotiv von Eisen-Schwefel-Proteinen. Es besteht aus mindestens<br />
sieben Aminosäuren, von denen drei Cysteine sind, die durch jeweils zwei Aminosäuren<br />
separiert werden (CxxCxxC). Diese Primärsequenz stellt drei der insgesamt vier<br />
Thiolatliganden, die die vier Eisenionen des kubischen [4Fe4S]-Zentrums ligandieren, zur<br />
Verfügung. Die vierte Position wird, sofern kein vierter Ligand durch das Peptid zur<br />
Verfügung gestellt wird, <strong>bei</strong> in vitro rekonstituierten Peptiden wahrscheinlich durch<br />
β-Mercaptoethanol eingenommen. Zusätzlich konnte nachgewiesen werden, dass eine<br />
106
107<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
Aminosäure mit sterisch anspruchsvoller Seitenkette hinter dem ersten Cysteinliganden zu<br />
einer deutlichen Verbesserung der Bindungsfähigkeit führt. In natürlichen Proteinen ist<br />
diese Position in den meisten Fällen durch Isoleucin oder Valin besetzt. Wahrscheinlich<br />
reduziert diese Aminosäure die Zugänglichkeit des Lösemittels Wasser zum Zentrum<br />
durch eine hydrophobe Abschirmung, wodurch die Stabilität des Zentrums erhöht wird.<br />
Trotz der Variation der Primärsequenz zeigten alle rekonstituierbaren synthetischen<br />
Peptide dieser Studie identische EPR Spektren und ein Redoxpotential von –350 mV<br />
gegenüber der Normal-Wasserstoffelektrode (NHE).<br />
In einem weiteren Ansatz wurde ein Peptid aus 16 Aminosäuren in die „loop“-Region<br />
eines vier-Helix-Bündels mit einer Gesamtlänge von 67 Aminosäuren eingebunden [96] .<br />
Neben einem Eisen-Schwefel-Zentrum war dieses Modell in der Lage einen zweiten<br />
Kofaktor in Form von Hämin zu binden. Damit ist dies das erste Beispiel für die<br />
erfolgreiche Kombination zweier unterschiedlicher redox-aktiver Kofaktoren in einem<br />
synthetischen Peptid. Auch dieses Modell weist ein Redoxpotential des FeS-Kofaktors von<br />
–350 mV auf.<br />
Durch Einführung der Bindungssequenz des Zentrums FX aus dem Photosystem I in die<br />
„loop“-Region eines bestehenden vier-Helix-Bündels (α4), das in der Ar<strong>bei</strong>tsgruppe von<br />
William F. DeGrado entwickelt wurde, konnten Scott et al. [97] ein Peptid-gebundenes<br />
Eisen-Schwefel-Zentrum mit dem bis heute negativsten Redoxpotential von –420 mV<br />
darstellen. Obwohl die Bindungssequenz des FX-Zentrums aus Photosystem I übernommen<br />
wurde, liegt das Redoxpotential näher an dem eines Ferredoxins als an dem des nativen<br />
FX-Zentrums (-705 mV) [7] . Die Autoren schließen daraus, dass die Abschirmung des<br />
FeS-Zentrums gegenüber dem Lösemittel von größerer Bedeutung für das Redoxpotential<br />
ist als die tatsächliche Zusammensetzung der Aminosäuresequenz.
Ergebnisse und Diskussion<br />
3.2.2. Design der Peptidsequenzen<br />
Alle bisher dargestellten Modellpeptide orientierten sich an der Aminosäuresequenz von<br />
Ferredoxinen. Weil die in dieser Ar<strong>bei</strong>t dargestellten synthetischen Peptide Modelle der<br />
Eisen-Schwefel-Zentren des Photosystems I (PS I) darstellen sollen, dient die<br />
Primärsequenz der Untereinheit PsaC (Abbildung 49) als Vorbild für die Modellpeptide FA<br />
und FB.<br />
Abbildung 49: NMR-Struktur der Untereinheit PsaC des Photosystems I (30 Einzelstrukturen) in<br />
ungebundenem Zustand (PDB 1K0T) [98] . Der N-terminale Bereich und der C-Terminus sind in Lösung<br />
unstrukturiert und in rot dargestellt, die Position der Eisenatome ist als rote Kugeln, die der Sulfidionen als<br />
gelbe Kugeln dargestellt.<br />
Im nativen Vorbild folgen die Aminosäuren, die jeweils das Zentrum FA oder FB<br />
ligandieren, nicht direkt aufeinander (Abbildung 50). Stattdessen werden zwei<br />
Bindungsmotive für ein [4Fe4S]-Zentrum (CxxCxxCxxxC) gefunden, in denen die ersten<br />
drei Cysteine das erste Zentrum binden und das vierte Cystein das andere [4Fe4S]-Zentrum<br />
ligandiert. Dieser Umstand musste <strong>bei</strong> der Entwicklung der Peptidsequenzen berücksichtigt<br />
108
109<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
werden, da die native Sequenz für eine gestreckte Sekundärstruktur optimiert ist, um den<br />
Abstand zwischen den <strong>bei</strong>den Eisen-Schwefel-Zentren zu überbrücken. Im Gegensatz dazu<br />
müssen im Peptid alle vier Cysteine ein und dasselbe [4Fe4S]-Zentrum ligandieren. Daher<br />
wurde zwischen dem dritten und vierten Cystein ein Mini-„loop“ aus drei Aminosäuren<br />
eingeführt. Diese Methode zeigte bereits <strong>bei</strong> früheren Studien [94; 95] , dass alle vier Cysteine<br />
dasselbe Zentrum ligandieren.<br />
...-xxxC10xxC13xxC16xxxC20Px-...-xxxC47xxC50xxC53xxxC57Px-...<br />
Abbildung 50: Bindungsmotiv der Eisen-Schwefel-Zentren in der Untereinheit PsaC des Photosystems I.<br />
Die Liganden des Zentrums FB sind in rot, die Liganden des Zentrums FA sind in blau dargestellt. Jedes<br />
Bindungsmotiv wird durch die Aminosäure Prolin terminiert.<br />
Für das Peptid FB wurde die Sequenz der Untereinheit PsaC von Tyrosin 7 bis Cystein 16<br />
übernommen, die bereits drei Cysteine als Liganden enthält. Darauf folgt ein „loop“<br />
bestehend aus den Aminosäuren Lysin, Prolin und Glutamat und anschließend das vierte<br />
Cystein, gefolgt von einem Prolin. Für das Peptid FA wurden die Aminosäuren Threonin 44<br />
bis Cystein 53 ebenfalls mit dem Loop und dem vierten Cystein versehen. Beide<br />
Sequenzen werden durch ein Prolin, gefolgt von einem Tryptophan als spektroskopische<br />
Sonde terminiert. Das Modellpeptid FA enthält drei Aminosäuren, die an der Bindung der<br />
Untereinheit PsaC an die Untereinheiten PsaA und PsaB beteiligt sind. Dies sind Valin 48,<br />
Lysin 51 und Arginin 52. Die Anbindung der Untereinheit erfolgt über ein ausgedehntes<br />
Netzwerk von Wasserstoffbrückenbindungen und hydrophoben Wechselwirkungen<br />
verschiedener Aminosäuren.<br />
Modellpeptid FA: TEDCVGCKRCKPECPW<br />
Native Sequenz FA: TEDCVGCKRC<br />
Modellpeptid FB: YDTCIGCTQCKPECPW<br />
Native Sequenz FB: YDTCIGCTQC<br />
Abbildung 51: Sequenzen der <strong>bei</strong>den Peptidmodelle für die Eisen-Schwefel-Zentren FA und FB, sowie die<br />
Teile der nativen Proteinsequenz, die <strong>bei</strong>m Entwurf der Peptide übernommen wurden.
Ergebnisse und Diskussion<br />
FX1: RFPCDGPGRGGTCQVS<br />
FX2: AFPCDGPGRGGTCDIS<br />
Abbildung 52: Sequenzen der <strong>bei</strong>den Peptidmodelle für das Eisen-Schwefel Zentrum FX. Für <strong>bei</strong>de Modelle<br />
wurde die Primärsequenz der Loops übernommen, die das Zentrum FX im Photosystem I ligandieren.<br />
Das Eisen-Schwefel-Zentrum FX im PS I wird durch zwei flexible Loops aus den<br />
Untereinheiten PsaA und PsaB gebunden, die jeweils zwei der insgesamt vier<br />
Cysteinliganden zur Verfügung stellen (Abbildung 53). Zwischen den zwei Cysteinresten,<br />
die in jedem „loop“ auftreten, liegen acht Aminosäuren, von denen jeweils vier Glycin<br />
sind. Diese Anordnung stellt eine große Herausforderung für ein möglichst kurzes<br />
synthetisches Peptid dar, da <strong>bei</strong>de Loops ohne die restliche Kette der Untereinheit sehr<br />
flexibel sind. Da sich die <strong>bei</strong>den Loops nicht in einem Peptid von weniger als 20<br />
Aminosäuren vereinen lassen, wurde jeweils ein Fragment, bestehend aus 16 Aminosäuren<br />
jedes Loops, synthetisiert. Von der Untereinheit PsaA wurde die Sequenz von Arginin 575<br />
bis Serin 590 gewählt und von Untereinheit PsaB Alanin 562 bis Serin 577. Da jedes<br />
Peptid lediglich zwei Cysteinreste enthält, müssen sich für den erfolgreichen Einbau eines<br />
[4Fe4S]-Zentrums zwei Peptide zu einem Dimer zusammenlagern.<br />
Abbildung 53: Ausschnitt aus der Kristallstruktur von PS I (1JB0), der die Bindung des Eisen-Schwefel-<br />
Zentrums FX zeigt. Die Untereinheiten A und B bringen jeweils zwei der insgesamt vier Cysteinliganden ein.<br />
Rund um das FeS-Zentrum besitzt die Polypeptidkette keine ausgedehnten Sekundärstrukturelemente.<br />
110
3.2.3. Charakterisierung der Modellpeptide<br />
111<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
Die unter Verwendung der Festphasenpeptidsynthese (SPPS) dargestellten Peptide wurden<br />
durch HPLC-Chromatographie und MALDI-TOF-Massenspektrometrie charakterisiert. Da<br />
in der SPPS die Sequenz der Aminosäuren vorgegeben wird, beschränkt sich die<br />
Charakterisierung auf Analyse der Homogenität und Identität der Peptide. Die Identität<br />
erfolgt durch Vergleich der berechneten mit der experimentell bestimmten Molekülmasse.<br />
Das Ziel hier<strong>bei</strong> ist es, Fehlsequenzen, Nebenreaktionen und verbliebene Schutzgruppen zu<br />
identifizieren. Die Homogenität wird durch Verwendung der HPLC-Chromatographie<br />
sichergestellt.<br />
FX1<br />
FA<br />
Abbildung 54: MALDI-TOF-MS Spektren der vier synthetischen Peptide FA, FB, FX1 und FX2. Alle<br />
gefundenen Massen entsprechen den berechneten Werten und die Substanzen sind rein (>98 % HPLC).<br />
FX2<br />
FB
Ergebnisse und Diskussion<br />
Die Massenspektren der einzelnen Peptide (Abbildung 54) zeigen jeweils das berechnete<br />
Molekülgewicht. Im Spektrum von FA konnte auch das Dimer des Peptides nachgewiesen<br />
werden. In Verbindung mit Luftsauerstoff können die Aminosäuren Cystein<br />
Disulfidbrücken untereinander ausbilden, die zur Dimerisierung der Peptide führen. Die<br />
Disulfidbrücken behindern die Rekonstitution der Peptide mit einem [4Fe4S]-Zentrum<br />
jedoch nicht, da sie unter den reduzierenden Rekonstitutionsbedingungen gespalten<br />
werden. Anhand der MS-Spektren konnte die Identität aller Peptide bestätigt werden. Die<br />
Reinheit betrug basierend auf analytischer HPLC-Chromatographie mindestens 98 %.<br />
3.2.4. UV-Vis-Spektroskopie von FA und FB<br />
Beide Peptide zeigen nach Rekonstitution mit [4Fe4S]-Zentren eine breite<br />
Absorptionsbande im sichtbaren Bereich des Spektrums. Nach Reduktion mit Dithionit<br />
nimmt die Absorption im gesamten Bereich deutlich ab. Der größte Unterschied liegt <strong>bei</strong><br />
420 nm, die Abnahme beträgt dort über 50 % der ursprünglichen Absorption. Im oxidierten<br />
[4Fe4S] 2+ -Zustand ist die Absorptionsbande auf eine charge-transfer-Bande zwischen<br />
Eisen- und Schwefelkernen zurückzuführen. Die Spektren der oxidierten Verbindung und<br />
der reduzierten Spezies sind typisch für ein [4Fe4S] 2+/1+ -Zentrum [91] .<br />
A B<br />
Abbildung 55: UV-Vis-Spektren der Modellpeptide FA (A) und FB (B) im oxidierten (schwarz) und<br />
Dithionit reduzierten (rot) Zustand in 50 mM TrisHCl-Puffer, pH 8,3.<br />
112
113<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
Die Extinktionskoeffizienten <strong>bei</strong> 280 nm der Modellpeptide wurden nach Gleichung (29)<br />
berechnet.<br />
−1<br />
−1<br />
ε ( cm M ) = ( Trp)<br />
⋅5500<br />
+ ( Tyr)<br />
⋅1490<br />
+ ( Cys)<br />
⋅125<br />
(29)<br />
280<br />
In dieser Gleichung stehen (Trp), (Tyr) und (Cys) für die Anzahl der Aminosäuren<br />
Tryptophan, Tyrosin und Cystein in dem Peptid, dessen Extinktionskoeffizient <strong>bei</strong> 280 nm<br />
berechnet werden soll. Die Anzahl der Aminosäure wird mit ihrem molaren<br />
Extinktionskoeffizienten multipliziert und die erhaltenen Werte für die einzelnen<br />
Aminosäuren addiert [99; 100] . Auf diese Weise erhält man zuverlässige Ergebnisse für den<br />
Extinktionskoeffizienten einer beliebigen Aminosäuresequenz, sofern die mindestens ein<br />
Tryptophan enthalten ist. Für die Modellpeptide FA und FB werden auf diese Weise Werte<br />
von 6000 cm -1 M -1 (FA) und 7500 cm -1 M -1 (FB) für den Extinktionskoeffizienten <strong>bei</strong><br />
280 nm ermittelt. Für [4Fe4S]-Zentren wird ein Extinktionskoeffizient <strong>bei</strong> 400 nm von<br />
ε400 = 15000 cm -1 M -1 angenommen [101; 102] . Mit Hilfe dieser Werte wird der Peptidanteil<br />
bestimmt, der erfolgreich ein [4Fe4S]-Zentrum gebunden hat, indem die Konzentration des<br />
Modellpeptides und des [4Fe4S]-Zentrums in der Lösung berechnet wird. Das Verhältnis<br />
der Konzentrationen liefert den Anteil an Peptid in der Lösung, der ein [4Fe4S]-Zentrum<br />
gebunden hat. Für FA liegt der Anteil an Modellpeptid, das erfolgreich ein<br />
[4Fe4S]-Zentrum eingebaut hat, <strong>bei</strong> 10 % und für FB <strong>bei</strong> 20 %. Die Effizienz der<br />
Rekonstitution ist für <strong>bei</strong>de Peptide gering, konnte aber auch durch Modifikation der<br />
Rekonstitutionsbedingungen nicht erhöht werden (vgl. Abschnitt 5.5.2). Der Grund für den<br />
geringen Einbau von [4Fe4S]-Zentren konnte nicht festgestellt werden, jedoch sind<br />
unterschiedliche Möglichkeiten denkbar. Die Konformation der Peptide könnte derart<br />
flexibel sein, dass nur ein geringer Teil die korrekte Konformation zur Bindung des<br />
Kofaktors annimmt. Auf der anderen Seite kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass<br />
zwei oder mehr Peptide ein einziges [4Fe4S]-Zentrum ligandiert. Eine Gelfiltration unter<br />
anaeroben Bedingungen könnte über die Größe der rekonstituierten Peptide Aufschluss<br />
geben und Rückschlüsse auf die Zahl der Peptide pro FeS-Zentrum zulassen. Bisher konnte<br />
dieser Versuch nicht durchgeführt werden, da zum Ein- und Ausbau der Gelfiltrationssäule<br />
die Glove-Box demontiert werden müsste, und daher keine konstante Nutzung dieses
Ergebnisse und Diskussion<br />
Gerätes gewährleistet werden konnte. Der Versuch einer Gelelektrophorese unter<br />
anaeroben Bedingungen zur Bestimmung der Molekülgröße der rekonstituierten Peptide<br />
schlug fehl, da durch die angelegte Spannung das Wasser in der Elektrophoresezelle<br />
elektrolytisch zersetzt wird und der gebildete Sauerstoff zur vollständigen Zerstörung der<br />
FeS-Zentren führte.<br />
3.2.5. EPR-Spektroskopie der Modellpeptide<br />
Um zu überprüfen, ob ein [4Fe4S]-Zentrum von den Peptiden gebunden wurde und in<br />
welchem Oxidationszustand es vorliegt, wurde die EPR-Spektroskopie verwendet. Obwohl<br />
ein [4Fe4S]-Zentrum im Oxidationszustand +2 aufgrund einer starken Kopplung der<br />
Elektronen nicht EPR-aktiv ist, gibt das Spektrum Aufschluss darüber, ob paramagnetische<br />
Verunreinigungen vorliegen. Nur in den Oxidationszuständen +1 oder +3 wird für ein<br />
[4Fe4S]-Zentrum ein intensives EPR-Signal erwartet.<br />
Die EPR-Spektren der Modellpeptide FA und FB zeigen im oxidierten Zustand ein<br />
schwaches, isotropes Signal, welches auf eine Verunreinigung durch ein [3Fe4S]-Zentrum<br />
zurückgeführt wurde. Die Bildung von geringen Mengen eines [3Fe4S]-Zentrums <strong>bei</strong> der<br />
in vitro Rekonstitution von Eisen-Schwefel-Proteinen ist praktisch unvermeidlich und wird<br />
auch <strong>bei</strong> nativen Proteinen beobachtet.<br />
Nach Reduktion der Probe mit Dithionit wird ein rhombisches EPR-Signal mit den<br />
g-Werten 2,04, 1,93 und 1,90 für das Peptid FA beobachtet, während für FB die g-Werte<br />
2,05, 1,93 und 1,92 aus dem Spektrum erhalten werden. Identische Spektren werden für<br />
native [4Fe4S]-Zentren beobachtet [103] .<br />
Die gemessenen EPR-Spektren der Modellpeptide werden mit den Spektren von zwei<br />
Mutanten der Untereinheit PsaC des PS I verglichen. Die Mutante C14G C34S der<br />
Untereinheit PsaC (vgl. Abschnitt 5.5.3) besitzt ein intaktes FA-Zentrum und ein teilweise<br />
zerstörtes FB-Zentrum, dessen Signal nicht im EPR-Spektrum <strong>bei</strong> g = 2 auftritt. Eine<br />
zweite Mutante von PsaC, C51G C34S, ist komplementär dazu und besitzt ein intaktes<br />
FB-Zentrum, während der FA-Komplex nicht <strong>bei</strong> Werten um g = 2 zu detektieren ist. Diese<br />
Mutanten bieten die Möglichkeit, die Spektren der Zentren FA und FB getrennt voneinander<br />
zu detektieren.<br />
114
115<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
Beide Mutanten zeigen EPR-Spektren, die vollständig identische g-Werte, die genau mit<br />
den Werten, die für das Modellpeptid FA erhalten wurden, übereinstimmen. Die g-Werte<br />
des Modellpeptides FB zeigen eine geringe Abweichung bezüglich gx und gz. Jedoch ist die<br />
Variation gering und die g-Werte liegen in einem für [4Fe4S]-Zentren typischen<br />
Bereich [104] .<br />
Das Ergebnis der EPR-Spektroskopie zeigt, dass die Peptide ein [4Fe4S]-Zentrum in den<br />
Oxidationszuständen +2/+1 binden. Im Vergleich mit den Mutanten der Untereinheit PsaC<br />
wird eine gute Übereinstimmung der EPR-spektroskopischen Daten gefunden.<br />
A B<br />
Abbildung 56: CW-EPR Spektren (X-Band) der Modellpeptide FA (A) und FB (B) im reduzierten Zustand<br />
<strong>bei</strong> 10 K. Die g-Werte sind in den Spektren angegeben (gx > gy > gz)<br />
Tabelle 12: Zusammenfassung der erhaltenen g-Werte der Modellpeptide FA und FB, sowie die nativen<br />
Vorbilder, die Zentren FA und FB in der Untereinheit PsaC des PS I.<br />
Modellpeptid FA Modellpeptid FB FA in C14G C34S PsaC FB in C51G C34S PsaC<br />
gx 2,04 2,05 2,04 2,04<br />
gy 1,93 1,93 1,93 1,93<br />
gz 1,90 1,92 1,90 1,90
Ergebnisse und Diskussion<br />
In das Modellpeptid FX2 konnte ebenfalls erfolgreich ein [4Fe4S]-Zentrum inkorporiert<br />
werden (Abbildung 57), allerdings ist <strong>bei</strong> der Rekonstitution eine weitere EPR-aktive<br />
Verbindung gebildet worden, die nicht eindeutig charakterisiert werden konnte.<br />
Offensichtlich ist das Peptid nicht ausreichend spezifisch für den Einbau eines<br />
[4Fe4S]-Zentrums. Ein Grund dafür ist wahrscheinlich die Flexibilität der Primärsequenz,<br />
die im nativen PS I nötig ist, um das Eisen-Schwefel-Zentrum FX zu binden, allerdings für<br />
die kurze Peptidsequenz der Modelle negative Auswirkungen hat. Aufgrund dieses<br />
Ergebnisses wurden weitere Ar<strong>bei</strong>ten am Modell FX2 zunächst zurückgestellt. Für das<br />
Modell FX1 konnte kein Einbau eines Eisen-Schwefel-Zentrums nachgewiesen werden.<br />
Hier liegen ähnliche Merkmale wie <strong>bei</strong> FX2 vor. Da sich die <strong>bei</strong>den Peptide allerdings nur<br />
um drei Aminosäuren unterscheiden, ist die Ursache für das unterschiedliche Verhalten<br />
offensichtlich durch diesen Unterschied begründet. Eine detaillierte Analyse konnte jedoch<br />
anhand der vorliegenden Daten nicht durchgeführt werden.<br />
Abbildung 57: CW-EPR Spektrum (X-Band) des Modellpeptides FX2 im reduzierten Zustand <strong>bei</strong> 15 K. Das<br />
Spektrum eines [4Fe4S]-Zentrums ist mit dem Spektrum einer anderen Spezies überlagert.<br />
116
3.2.5.1. Temperaturabhängigkeit des EPR-Signals<br />
117<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
Im Oxidationszustand +1 sind [4Fe4S]-Zentren in einem Temperaturbereich unter 40 K<br />
durch EPR-Spektroskopie beobachtbar. Bei höheren Temperaturen sind die Linien<br />
aufgrund von Relaxationsprozessen stark verbreitert und sind nicht oder nur schwer zu<br />
detektieren.<br />
Um die bisherigen Daten zu bestätigen, wurde die Temperaturabhängigkeit der EPR-<br />
Signale der <strong>bei</strong>den Modellpeptide zwischen 5 K und 40 K untersucht und mit den Daten<br />
der Mutante C14G C34S PsaC verglichen (Abbildung 58). Beide Modelle zeigen eine<br />
ausgeprägte Temperaturabhängigkeit des EPR-Signals im untersuchten Bereich. Bei einer<br />
Temperatur von 15 K wird sowohl für FB als auch die Mutante der Untereinheit PsaC die<br />
maximale Signalamplitude beobachtet. Das Modellpeptid FA besitzt dagegen eine<br />
maximale Signalamplitude <strong>bei</strong> 12,5 K. Außerdem ist das Signal <strong>bei</strong> 5 K bereits deutlich<br />
größer als für FB und die Mutante von PsaC. Bei höherer Temperatur wird das EPR-Signal<br />
durch Relaxationsprozesse verbreitert, die zu einer Abnahme der Signalamplitude führen.<br />
Offensichtlich sind die Relaxationsprozesse im Modell FA schneller als die von FB und<br />
PsaC <strong>bei</strong> gleicher Temperatur.<br />
Abbildung 58: Temperaturabhängigkeit der EPR-Signale der Modellpeptide FA (■) und FB (●) im Vergleich<br />
zu der Mutante C14G C34S PsaC (▲)von PS I <strong>bei</strong> 10 mW Mikrowellenleistung.
Ergebnisse und Diskussion<br />
3.2.5.2. Leistungsabhängigkeit des EPR-Signals<br />
Die Abhängigkeit eines EPR-Signals von der eingestrahlten Mikrowellenleistung,<br />
insbesondere die Mikrowellenleistung <strong>bei</strong> halber Sättigung, ist eine charakteristische<br />
Größe für jedes System (vgl. Abschnitt 5.1.10). Die [4Fe4S]-Zentren sind im Bereich der<br />
konventionellen EPR-Spektroskopie bis zu einer Leistung von 200 mW nicht vollständig<br />
zu sättigen. Da die Sättigung mit zunehmender Mikrowellenleistung direkt von der<br />
longitudinalen (T1) und der transversalen (T2) Relaxationszeit abhängt, bietet dieses<br />
Verfahren Einblicke in die Relaxationsprozesse im Vergleich zu den nativen Vorbildern.<br />
Das EPR-Signal der Mutante C51G C34S zeigt im untersuchten Leistungsbereich die<br />
geringste Änderung der Signalintensität (Abbildung 59) und ist am schwierigsten zu<br />
sättigen. Das Modell FB und die Mutante C14G C34S sind auch in dieser Untersuchung am<br />
ähnlichsten und das Modell FA geht <strong>bei</strong> der geringsten Leistung in die Sättigung über.<br />
Da die exakte Leistung innerhalb des verwendeten Resonators nicht bestimmt wurde,<br />
wurde zum Vergleich der Modellpeptide mit den Mutanten von PsaC die am Gerät<br />
eingestellte Leistung für die Auswertung verwendet. Daher kann aus dieser Abbildung kein<br />
absoluter Wert für die Mikrowellenleistung <strong>bei</strong> halber Sättigung bestimmt werden. Auf den<br />
direkten Vergleich der einzelnen Proben hat dies allerdings keine Auswirkung.<br />
Abbildung 59: Leistungsabhängigkeit der EPR-Signale von FA (■), FB (■) und den Mutanten C14G C34S<br />
PsaC (■) und C51G C34S PsaC (■) <strong>bei</strong> 15 K.<br />
118
119<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
Ebenso wie die Analyse der Temperaturabhängigkeit der EPR-Signale deutet auch die<br />
Abhängigkeit der Signale von der Mikrowellenleistung auf deutlich kleinere<br />
Relaxationszeiten des Modellpeptides FA hin. Ein derartiger Unterschied <strong>bei</strong> im Prinzip<br />
identischen Systemen könnte durch Aggregation des Modellpeptides FA erklärt werden.<br />
Die gegenseitige Beeinflussung der FeS-Zentren mehrerer Modellpeptide durch ihre<br />
fluktuierenden Magnetfelder wäre ein möglicher Grund für die Abnahme der<br />
Relaxationszeiten.<br />
Die kürzeren Relaxationszeiten des Modells FA wirken sich negativ auf die Signalintensität<br />
der Puls-EPR-Spektren aus. Bei vergleichbaren Konzentrationen konnte lediglich etwa 20<br />
% der Signalintensität im Vergleich zu FB in der Puls-EPR-Spektroskopie erhalten werden.<br />
Weil die Puls-EPR-Spektroskopie eine Grundvoraussetzung für ENDOR- und ESEEM-<br />
Spektroskopie darstellt, wurde eine weitere Charakterisierung des Modellpeptides FA<br />
dadurch erschwert.<br />
3.2.5.3. ESEEM- und ENDOR-Spektroskopie der Modellpeptide FA und FB<br />
Nachdem die Identität der [4Fe4S]-Zentren eindeutig nachgewiesen werden konnte<br />
(Abschnitt 3.2.6), wurde ihre Wechselwirkung mit der Peptidumgebung untersucht. Wie<br />
bereits erwähnt (vgl. Abschnitt 1.5) besitzen alle Eisen-Schwefel-Zentren<br />
Wasserstoffbrückenbindungen zwischen den Sulfidionen innerhalb des Zentrums und<br />
mindestens einem Amidproton der Polypeptidkette [38] . Sowohl in ENDOR-Spektren, als<br />
auch in ESEEM- (Electron Spin Echo Envelope Modulation) Spektren sollte diese<br />
Wechselwirkung sichtbar sein. Außerdem können anhand der ENDOR-Spektren<br />
Rückschlüsse auf die Spindichteverteilung innerhalb des Eisen-Schwefel-Zentrums<br />
gezogen werden.<br />
Die ENDOR-Spektren der Modellpeptide FA und FB in wässriger Lösung zeigen zwei<br />
unstrukturierte Banden mit einer Hyperfeinkopplungskonstante von 1,7 MHz<br />
(Abbildung 60 und Abbildung 61). Diese Banden können entweder Wasserstoffbrücken<br />
eines Amidprotons zu einem Sulfidion des Eisen-Schwefel-Zentrums oder den<br />
β-CH2-Protonen der Cysteinliganden zugeordnet werden. Um diese <strong>bei</strong>den Möglichkeiten<br />
eindeutig unterscheiden zu können, wurde das Lösemittel Wasser gegen D2O ausgetauscht.
Ergebnisse und Diskussion<br />
Alle austauschbaren Protonen, inklusive der Amidprotonen, sind dadurch im 1 H-Davies-<br />
ENDOR nicht mehr sichtbar und lediglich nicht-austauschbare Protonen, wie z. B.<br />
CH2-Protonen, verbleiben. Wie in Abbildung 60 gezeigt, hat der Austausch des<br />
Lösemittels gegen D2O keinen signifikanten Einfluss auf die Hyperfeinkopplungskonstante.<br />
Daher kann dieses Signal den β-CH2-Protonen der ligandierenden Cysteinreste<br />
zugeordnet werden.<br />
Abbildung 60: ENDOR-Spektren (Q-Band) des Peptides FB <strong>bei</strong> 4 K. 1 H-Davies-ENDOR in H2O (schwarz)<br />
<strong>bei</strong> 12550 G, 1 H-Davies ENDOR in D2O (rot) <strong>bei</strong> 12651 G und 2 H-Mims-ENDOR in D2O (grün) <strong>bei</strong><br />
12651 G. Die Achse für das letzte Spektrum wurde durch das Verhältnis von gH/gD = 6,514 skaliert, um eine<br />
bessere Vergleichbarkeit zu ermöglichen.<br />
Das ENDOR-Signal zeigt allerdings keine Struktur, die für eine genauere Analyse<br />
herangezogen werden könnte. Die isotropen Kopplungskonstanten der β-CH2-Protonen<br />
hängen vom Diederwinkel zwischen den Ebenen Fe-S-C und S-C-H und der Spindichte<br />
des ungepaarten Elektrons auf dem Schwefelatom des Cysteins ab. Sie können nach einer<br />
erweiterten Heller-McConnel-Gleichung beschrieben werden [92; 105-107] . Auf Grundlage<br />
dieser Gleichung könnte eine Struktur des ENDOR-Spektrums im Sinne von<br />
Bindungswinkeln und Spindichteverteilung interpretiert werden, wodurch Einsichten in die<br />
elektronische und dreidimensionale Struktur gewonnen würden. Durch das Fehlen einer<br />
Struktur der ENDOR-Signale ist eine Interpretation in dieser Richtung nicht möglich.<br />
120<br />
2 H<br />
1 H<br />
1 H
121<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
Im Vergleich zum entsprechenden Spektrum von C14G C34S PsaC fällt auf, dass dieses<br />
mit 10 MHz deutlich breiter ist als die Spektren der Modellpeptide, die lediglich 4 MHz<br />
Breite <strong>bei</strong> halber Signalhöhe aufweisen (Abbildung 61). Wenn man davon ausgeht, dass<br />
die Modellpeptide ähnliche Diederwinkel aufweisen, wie sie in den meisten<br />
[4Fe4S] 2+/1+ -Proteinen auftreten [106; 108] , kann diese Beobachtung mit einer geringeren<br />
Spindichte des ungepaarten Elektrons auf den Schwefelatomen der ligandierenden<br />
Cysteine erklärt werden.<br />
A B<br />
Abbildung 61: 1 H-Davies-ENDOR-Spektrum des Modellpeptides FA <strong>bei</strong> 4 K (A) und der Mutante<br />
C14G C34S PsaC <strong>bei</strong> 4 K (B).<br />
Neben dem 1 H-ENDOR-Spektrum wurde von FB zusätzlich ein 2 H-ENDOR-Spektrum<br />
nach Austausch des Lösemittels gegen D2O aufgenommen (Abbildung 60). Es zeigt eine<br />
signifikante Kopplung eines Deuterium-Kerns mit dem Elektronenspin des Eisen-<br />
Schwefel-Zentrums. Dieses Ergebnis kann als Hinweis auf eine Wasserstoffbrücke<br />
interpretiert werden, da die Kopplung durch ein austauschbares Proton verursacht werden<br />
muss. Allerdings kann <strong>bei</strong> der geringen Größe des Peptids nicht ausgeschlossen werden,<br />
dass auch das Lösemittel direkt mit dem Elektronenspin wechselwirkt. Eine eindeutige<br />
Unterscheidung dieser <strong>bei</strong>den Möglichkeiten ist mit Hilfe der ESEEM-Spektroskopie an<br />
Proben ohne Deuterium Anreicherung möglich.<br />
Daher wurden von den Modellpeptiden und der Untereinheit PsaC ESEEM-Spektren<br />
(X-Band) <strong>bei</strong> 4 K aufgenommen (Abbildung 62). Diese Spektren sind für alle drei
Ergebnisse und Diskussion<br />
untersuchten Verbindungen identisch. Sie zeigen zwei Signale <strong>bei</strong> 15,4 MHz und 3,5 MHz,<br />
die einem Proton und einem Stickstoffatom zugeordnet werden können. Die Detektion des<br />
Stickstoffatoms ist aber nur dann möglich, wenn es mit dem Elektronenspin wechselwirkt.<br />
Daher handelt es sich <strong>bei</strong> der beobachteten 2 H-ENDOR-Kopplung mit hoher<br />
Wahrscheinlichkeit um eine Wasserstoffbrückenbindung zu einem Amidproton, da sonst<br />
keine Stickstoffverbindungen in Frage kommen. Obwohl theoretisch auch eine Kopplung<br />
zu den vorhandenen Aminosäuren Lysin in den Modellen FA und FB für diese<br />
Wasserstoffbrücke in Frage kommen könnte, ist dies unwahrscheinlich, da bisher in<br />
keinem nativen FeS-Protein eine solche Bindung beobachtet werden konnte.<br />
A B<br />
C<br />
Abbildung 62: 3-Puls-ESEEM-Spektren (X-Band) der Modelle FA (A) und FB (B) im Vergleich zu einem<br />
3-Puls-ESEEM-Spektrum von C14G C34S PsaC (C) in H2O <strong>bei</strong> 4 K.<br />
122
3.2.6. Mössbauer-Spektroskopie<br />
123<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
Die Mössbauer-Spektroskopie bietet die Möglichkeit, ein Eisen-Schwefel-Zentrum sowohl<br />
im oxidierten, als auch im reduzierten Zustand zu charakterisieren. Anhand der<br />
Quadrupolaufspaltung ∆EQ und der Isomerenverschiebung δ können die verschiedenen<br />
Arten von Eisen-Schwefel-Zentren unterschieden werden [109] . Um die dargestellten<br />
Mössbauer-Spektren verstehen zu können, ist eine kurze Übersicht über die Redoxzustände<br />
und deren Verteilung innerhalb des FeS-Zentrums nötig, allerdings werden nachfolgend<br />
nur die relevanten Oxidationszustände [4Fe4S] 2+/1+ beschrieben.<br />
Im oxidierten [4Fe4S] 2+ -Zustand liegen formal zwei Fe 3+ und zwei Fe 2+ im FeS-Zentrum<br />
vor. Aufgrund der antiferromagnetischen Kopplung der Ionen untereinander liegt ein<br />
System mit dem Gesamtspin S = 0 vor. Im Mössbauer-Spektrum werden jedoch nicht die<br />
Signale von zwei unterschiedlichen Paaren (2 x Fe 3+ , 2 x Fe 2+ ) beobachtet, sondern ein<br />
Signal, dass auf zwei identische Paare zurückgeführt werden muss [110-112] . Die Eisenionen<br />
liegen daher alle identisch als Fe 2,5+ vor. Wird das FeS-Zentrum reduziert und liegt<br />
anschließend im [4Fe4S] 2+ -Zustand vor, wird die formale Betrachtung komplizierter. Im<br />
einfachsten Fall liegen jetzt drei Fe 2+ - und ein Fe 3+ -Ion im FeS-Zentrum vor. Aus der<br />
antiferromagnetischen Kopplung ergibt sich ein Gesamtspin von S = ½. In diesem Zustand<br />
liegen ebenfalls zwei Paare vor, die aus 2 x Fe 2,5+ und 2 x Fe 2+ bestehen. Sind die <strong>bei</strong>den<br />
Paare jeweils lokalisiert, werden im Mössbauer-Spektrum zwei Signale mit<br />
Isomerenverschiebungen von δ = 0,49 mm/s (Fe 2,5+ ) und δ = 0,62 mm/s (Fe 2+ ) gefunden.<br />
Jedoch müssen diese <strong>bei</strong>den Paare nicht notwendigerweise lokalisiert vorliegen. Wenn die<br />
kubische Struktur des [4Fe4S]-Zentrums unverzerrt vorliegt, können sie ebenfalls über den<br />
Kubus delokalisiert sein und verursachen auf diese Weise ein Signal, welches dem<br />
Mittelwert der <strong>bei</strong>den Einzelsignale entspricht, in diesem Fall wäre eine<br />
Isomerenverschiebung von etwa δ = 0,55 mm/s zu erwarten.<br />
Die Mössbauer-Daten der Modellpeptide FA (Abbildung 63) und FB (Abbildung 64) im<br />
oxidierten Zustand zeigen das charakteristische Spektrum für ein kubisches<br />
[4Fe4S]-Zentrum mit vier identischen Fe 2,5+ Kernen [109] . Im [4Fe4S] 2+ -Zustand weisen die<br />
Modelle für das Zentrum FA und FB eine Isomerenverschiebung von 0,43 mm/s bzw.<br />
0,46 mm/s auf. Die Quadrupolaufspaltung liegt mit einem Wert von 0,99 mm/s für das
Ergebnisse und Diskussion<br />
Peptid FA und 0,97 mm/s für das Peptid FB ebenfalls <strong>bei</strong> charakteristischen Wert für<br />
[4Fe4S] 2+ -Zentren.<br />
A B<br />
Abbildung 63: Mössbauer-Spektren des Modellpeptides FA in oxidiertem (A) und reduziertem (B) Zustand<br />
<strong>bei</strong> 80 K. Die gemessenen Daten sind als schwarze Punkte dargestellt. Die Interpolation der Hauptspezies ist<br />
als rote Linie, die Interpolation der Nebenspezies als grüne Linie und die Summe der interpolierten Kurven<br />
als schwarze Linie (schwarz) dargestellt.<br />
A B<br />
Abbildung 64: Mössbauer-Spektren des Modellpeptides FB in oxidiertem (A) und reduziertem (B) Zustand<br />
<strong>bei</strong> 80 K. Die gemessenen Daten sind als schwarze Punkte dargestellt. Die Interpolation der Hauptspezies ist<br />
als rote Linie, die Interpolation der Nebenspezies als grüne Linie und die Summe der interpolierten Kurven<br />
als schwarze Linie (schwarz) dargestellt. Im oxidierten Zustand wurde keine Verunreinigung durch Fe(II)<br />
gefunden.<br />
Im reduzierten Zustand wird für die Modelle eine Isomerenverschiebung von 0,51 mm/s<br />
(FA) und 0,52 mm/s (FB) beobachtet. Diese Werte können – wie oben beschrieben- als ein<br />
delokalisiertes Fe 2,5+ Fe 2,5+ und ein delokalisiertes Fe 2+ Fe 2+ Paar interpretiert werden. Die<br />
124
125<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
experimentell ermittelten Werte sind geringfügig kleiner als der Mittelwert der <strong>bei</strong>den<br />
lokalisierten Paare und können durch Delokalisation erklärt werden. Die Quadrupolaufspaltung<br />
liegt <strong>bei</strong> 1,03 mm/s und 0,69 mm/s für FA und FB. Die Abnahme der<br />
Quadrupolaufspaltung für FB durch die Reduktion ist ungewöhnlich. Diese Beobachtung<br />
kann durch die Überlagerung der einzelnen Feldgradienten der Eisenkerne erklärt werden.<br />
Jeder Feldgradient besitzt ein Vorzeichen, das allerdings nicht aus den Mössbauer-<br />
Spektren ermittelt werden kann. Wenn der Feldgradient des durch die Reduktion<br />
entstandenen (formalen) Fe 2+ innerhalb des Kubus ein entgegengesetztes Vorzeichen zu<br />
den anderen Eisenkernen hat, kollabiert die Quadrupolaufspaltung des Spektrums, da sie<br />
die Summe aller Feldgradienten darstellt.<br />
Tabelle 13: Zusammenfassung der Mössbauer-Parameter der Modellpeptide im oxidierten und reduzierten<br />
Zustand im Vergleich zu den Mutanten der Untereinheit PsaC von PS I.<br />
Probe δ [mm/s] ∆EQ [mm/s] Linienbreite<br />
FA Modellpeptid (ox) 0,43 0,99 0,56<br />
FA Modellpeptid (red) 0,51 1,03 0,63<br />
FB Modellpeptid (ox) 0,46 0,97 0,56<br />
FB Modellpeptid (red) 0,52 0,69 0,61<br />
C14G C34S PsaC (ox), FA 0,44 0,95 0,44<br />
C14G C34S PsaC (red), FA 0,50 0,97 0,55<br />
C51G C34S PsaC (ox), FB 0,44 0,88 0,58<br />
C51G C34S PsaC (red), FB 0,50 0,97 0,55<br />
In den Spektren des Modells FA und der reduzierten Form des Modells FB tritt zusätzlich<br />
eine zweite Spezies mit einer Isomerenverschiebung von 1,28 mm/s und einer<br />
Quadrupolaufspaltung von 2,99 mm/s auf. Diese Verunreinigung konnte als Fe(II)-Spezies<br />
identifiziert werden, die fünf- oder sechsfach durch Oxoliganden gebunden ist. Bei dieser<br />
Verbindung handelt es sich um Eisenoxide bzw. –hydroxide, die aufgrund ihrer kolloidalen<br />
Struktur über eine Gelfiltration nicht abzutrennen sind. Obwohl diese Verunreinigung <strong>bei</strong><br />
den Mössbauer-Messungen ohne externes Magnetfeld keine negativen Auswirkungen<br />
zeigt, verhindert sie eine Analyse der Proben in Abhängigkeit vom externen Magnetfeld.
Ergebnisse und Diskussion<br />
Die Eisen(III)kerne sind durch Oxo- und Hydroxobrücken derart magnetisch gekoppelt,<br />
dass sie sich wie ein Spin verhalten, der durch seine Relaxation am Kernort der zu<br />
untersuchenden Spezies ein fluktuierendes Magnetfeld erzeugt. Durch diesen<br />
„superparamagnetische Relaxation“ genannten Prozess tritt im Mössbauer-Spektrum <strong>bei</strong><br />
externem Magnetfeld eine große Zahl unterschiedlicher Linien auf, die eine Interpretation<br />
erschweren oder, wie in diesem Fall, unmöglich machen.<br />
Die Peptidmodelle besitzen im Vergleich zu den <strong>bei</strong>den Mutanten von PsaC sehr ähnliche<br />
Mössbauer-Parameter. Unabhängig von der EPR- und der UV-Vis-Spektroskopie konnte<br />
durch die Mössbauer-Spektroskopie gezeigt werden, dass die <strong>bei</strong>den Modellpeptide ein<br />
[4Fe4S] 2+/1+ -Zentrum binden.<br />
3.2.7. Bestimmung des Redoxpotentials der Modellpeptide<br />
FA und FB<br />
Das Redoxpotential ist der wesentliche Parameter, der die Funktion eines redox-aktiven<br />
Kofaktors bestimmt. Daher ist ein Vergleich dieses Wertes mit den nativen FeS-Zentren<br />
des PS I ein wesentliches Kriterium für die Qualität der Modellpeptide.<br />
Das Redoxpotential der Eisen-Schwefel-Zentren wurde durch eine Redoxtitration unter<br />
anaeroben Bedingungen bestimmt und durch UV-Vis-Spektroskopie der Lösung in einer<br />
gasdichten Küvette (d = 1cm) kontrolliert. Da<strong>bei</strong> wurde die Abnahme der Absorption <strong>bei</strong><br />
420 nm in Abhängigkeit vom Potential verfolgt und die erhaltenen Daten nach der Nernst-<br />
Gleichung interpoliert (Abbildung 65). Die EPR-Proben der Lösung werden in der<br />
Glovebox in flüssigem Stickstoff eingefroren und nach Beendigung der Titration <strong>bei</strong> 15 K<br />
und 10 mW Mikrowellenleistung vermessen. Die EPR-Spektren wurden qualitativ<br />
ausgewertet, wo<strong>bei</strong> lediglich Proben berücksichtigt wurden, die kein Signal des reduzierten<br />
[4Fe4S]-Zentrums aufwiesen bzw. <strong>bei</strong>m negativsten Potential der Titration ein starkes<br />
Signal im EPR-Spektrum zeigten. Auf diese Weise wurde der Bereich des Redoxübergangs<br />
eingegrenzt. Zusätzlich wurde eine Titration mit den Mediatoren Methylviologen<br />
(-680 mV), Phenosafranin (-515 mV) und Indigotetrasulfonat (-280 mV) durchgeführt, um<br />
einen optimalen elektrischen Kontakt zwischen Lösung und Elektrode zu garantieren. Die<br />
126
127<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
Konzentration der Mediatoren betrug jeweils 0,5 mM in der Lösung. Diese Titration wurde<br />
wie oben beschrieben durch die EPR-Spektroskopie ausgewertet, um den<br />
Übergangsbereich des Redoxpotentials eingrenzen zu können. Eine Auswertung dieser<br />
Titration durch die UV-Vis-Spektroskopie war nicht möglich, da die Mediatoren deutlich<br />
größere Extinktionskoeffizienten aufweisen als die Modellpeptide, die sich zudem für die<br />
oxidierte und die reduzierte Form der Mediatoren unterscheiden. Unabhängig von der<br />
Verwendung der Mediatoren wurde in allen Messungen ein nahezu identisches Potential<br />
für die Modellpeptide ermittelt.<br />
A B<br />
Abbildung 65: Redoxtitration der Peptidmodelle FA (A) und FB (B) mit Dithionit. Durch UV-Vis-<br />
Spektroskopie bestimmte Messpunkte sind in schwarz dargestellt, EPR-Messpunkte in rot.<br />
Bei der Interpolation der Messpunkte wurde die Zahl der Elektronen (n) in der<br />
Nernstgleichung als n = 1 definiert, da es sich um eine ein-Elektronen-Reduktion handelt,<br />
während das Gleichgewichtspotential angepasst wurde. Aus den Messwerten für FA ließ<br />
sich ein Redoxpotential von –491 ± 30 mV ermitteln, während für FB ein kleinerer Wert<br />
von –471 ± 30 mV bestimmt wurde. Im Rahmen des Fehlers sind <strong>bei</strong>de Werte identisch.<br />
Allerdings können die Datenpunkte für FB deutlich besser interpoliert werden. Bei der<br />
Titration von FA werden vollständig oxidierte und vollständig reduzierte Probe <strong>bei</strong> sehr<br />
geringen Potentialunterschieden beobachtet. Dieses Ergebnis lässt den Schluss zu, dass<br />
keine vollständige Gleichgewichtseinstellung zwischen oxidierter und reduzierter Form des<br />
[4Fe4S]-Zentrums vorliegt, wodurch die Potentialmessung ungenau wird. Außerdem findet<br />
die Titration an der unteren Grenze der Reduktionskraft von Dithionit statt, so dass keine
Ergebnisse und Diskussion<br />
Messdaten <strong>bei</strong> negativeren Potentialen aufgenommen werden konnten. Die Titration des<br />
Modellpeptids FB liefert bessere Ergebnisse, da die Messwerte den interpolierten Verlauf<br />
der Nernst-Kurve besser widerspiegeln. Bei dieser Titration können zwei Übergänge<br />
identifiziert werden. Die Reduktion der Hauptspezies <strong>bei</strong> –470 mV und die Reduktion<br />
einer zweiten Spezies, die etwa 10 % der Abnahme der UV-Vis-Absorption <strong>bei</strong> 420 nm<br />
verursacht. Das Redoxpotential dieser Verunreinigung liegt <strong>bei</strong> etwa –200 ± 30 mV und<br />
damit im typischen Bereich eines [3Fe4S]-Zentrums [42] , das bereits in der EPR-spektroskopischen<br />
Charakterisierung als Verunreinigung auftrat. Auf die durch Interpolation der<br />
Messpunkte ermittelte Lage des Redoxpotentials der Hauptspezies hat diese<br />
Verunreinigung keinen Einfluss. Um die erhaltenen Daten abzusichern, wurde versucht,<br />
das Reduktionsmittel Dithionit durch Natriumborhydrid (NaBH4) oder Titan(III)citrat zu<br />
ersetzen. Beide Verbindungen weisen ein deutlich negativeres Redoxpotential als Dithionit<br />
auf. Allerdings konnte <strong>bei</strong> der Verwendung dieser Reduktionsmittel kein EPR-Signal eines<br />
reduzierten [4Fe4S]-Zentrums beobachtet werden. Aus welchem Grund die Modellpeptide<br />
mit Dithionit, aber nicht mit NaBH4 oder Titancitrat reduziert werden können, konnte nicht<br />
geklärt werden. Möglicherweise wird das FeS-Zentrum reduktiv zerstört.<br />
Die Redoxpotentiale der Eisen-Schwefel-Zentren in der Untereinheit PsaC liegen <strong>bei</strong><br />
–530 mV für FA und –580 mV für FB [10] bzw. <strong>bei</strong> –465 mV für FA und –440 mV für FB [9]<br />
(vgl. Abschnitt 1.2.2).<br />
Die Bestimmung der Redoxpotentiale <strong>bei</strong> Raumtemperatur, die zu den positiveren<br />
Literaturwerten führen, stimmen gut mit den Werten überein, die für die Modellpeptide <strong>bei</strong><br />
Raumtemperatur erhalten wurden. Für die Modellpeptide sollten diese Werte unabhängig<br />
von der Temperatur sein, weil eine Verschiebung des Gleichgewichtes mit der Temperatur,<br />
wie sie für die nativen Systeme diskutiert wird, aufgrund der Abwesenheit eines<br />
reversiblen Elektronenakzeptors oder –donors, nicht möglich ist. Im nativen PS I kann das<br />
Elektron dagegen abhängig von der Temperatur auf den Zentren FA und FB delokalisiert<br />
vorliegen, wodurch die Messergebnisse beeinflusst werden könnten.<br />
Das negative Redoxpotential wird möglicherweise durch zwei der 16 Aminosäuren<br />
entscheidend beeinflusst. Die Modellpeptide FA und FB unterschieden sich in den<br />
Positionen 8 und 9 von der Mehrheit der natürlichen Proteine mit [4Fe4S]-Zentren. Bei<br />
Ferredoxinen unterschiedlicher Spezies wird in diesen Positionen ein Glycin bzw. ein<br />
Alanin gefunden, also unpolare Aminosäuren mit kleinen Seitenketten. Im Modellpeptid<br />
128
129<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
FA sind diese Positionen durch Lysin bzw. Arginin und im Modellpeptid FB durch<br />
Threonin bzw. Glutamin besetzt. Der Austausch einer unpolaren Aminosäure gegen eine<br />
polare oder geladene Aminosäure sollte einen drastischen Einfluss auf das Redoxpotential<br />
des FeS-Zentrums haben. In synthetischen Modellen, die an diesen Positionen die<br />
unpolaren Aminosäuren aufwiesen, wurden Redoxpotentiale von –350 mV gefunden [94] .<br />
Das Ergebnis der Redoxtitration zeigt, dass die kurze Aminosäuresequenz mit 16 Resten<br />
effektiv in der Lage ist, die eingebauten [4Fe4S]-Zentren gegen das Lösemittel<br />
abzuschirmen und eine ausreichend hydrophobe Umgebung zu bilden. Trotz ihrer geringen<br />
Größe weisen die <strong>bei</strong>den Peptide FA und FB die negativsten Reduktionspotentiale aller<br />
künstlichen [4Fe4S]-Zentren auf.<br />
3.2.8. NMR-Spektroskopie<br />
Bei einem Polypeptid von 16 Aminosäuren bietet sich zur Bestimmung der Struktur die<br />
NMR-Spektroskopie an, da die Seitenketten der Cysteinreste durch den engen Kontakt zu<br />
den paramagnetischen Zentren direkt identifiziert werden können. Durch Verwendung von<br />
eindimensionalen und zweidimensionalen NOE-Spektren können die restlichen<br />
Aminosäuren identifiziert und eine Struktur in Lösung bestimmt werden, die für die<br />
weitere Analyse der EPR- und ENDOR-Daten in Bezug auf die Spindichteverteilung des<br />
ungepaarten Elektrons in dem FeS-Zentrum hilfreich wäre.<br />
Die 1 H-NMR-Spektren der Modellpeptide FA und FB zeigen die Protonen der Aminosäuren<br />
im erwarteten Bereich zwischen 0 ppm und 9 ppm. Aufgrund der paramagnetischen<br />
Eigenschaften der Probe ist die Auflösung der individuellen Linien jedoch gering. Es<br />
konnten weder für das Modell FA noch für das Modell FB paramagnetisch verschobene<br />
Signale nachgewiesen werden, wo<strong>bei</strong> ein Messbereich bis 70 ppm untersucht wurde. Das<br />
vollständige Fehlen der Signale in der näheren Umgebung der paramagnetischen Zentren<br />
führte zu der Annahme, dass die Signale zu stark verbreitert werden und daher nicht mehr<br />
detektiert werden können. Die NMR-Spektroskopie wird ebenfalls durch das Auftreten der<br />
kolloidalen Eisenpartikel erschwert, die bereits die Mössbauer-Spektroskopie <strong>bei</strong><br />
angelegtem Magnetfeld verhindert haben und durch die Tatsache, dass die Peptide mit<br />
[4Fe4S]-Zentrum lediglich eine Minderheit der gesamten Probe darstellen. Bevor diese
Ergebnisse und Diskussion<br />
Methode zu dem gewünschten Ergebnis führen kann, muss zunächst der Einbau der<br />
FeS-Zentren optimiert und anschließend die unspezifisch gebundenen Eisenionen aus der<br />
Probe entfernt werden.<br />
3.2.9. Bindung an das Photosystem I<br />
Beide Modellpeptide sollten auch bezüglich ihrer Fähigkeit untersucht werden, an das<br />
Photosystem I, nach Entfernung der Untereinheiten C, D und E, zu binden. Zusammen mit<br />
den Untereinheiten werden die FeS-Zentren FA und FB des PS I entfernt, während das<br />
Zentrum FX, das von den Untereinheiten PsaA und PsaB gebunden wird, im PS I verbleibt.<br />
Während das Peptid FA drei Aminosäuren enthält, die direkt an der Bindung der<br />
Untereinheit C beteiligt sind, besitzt das Peptid FB keine Aminosäure, die an dieser<br />
Wechselwirkung teilnimmt. Daher wird für FA eine höhere Wahrscheinlichkeit der<br />
Bindung an das PS I erwartet.<br />
3.2.9.1. Optische Experimente<br />
Die Kinetik der Ladungsrekombination nach Anregung durch einen Laserblitz ist für das<br />
Photosystem I bereits in früheren Studien untersucht worden [113] (vgl. Abschnitt<br />
5.1.11) [114] . Da<strong>bei</strong> zeigte sich ein deutlicher Unterschied in der Kinetik der Rückreaktion<br />
zwischen nativem PS I und modifiziertem PS I, <strong>bei</strong> dem die Untereinheiten C, D und E<br />
entfernt wurden, weil ohne diese Untereinheiten die terminalen Elektronenakzeptoren<br />
fehlen (Abbildung 66). Wenn eines der Modellpeptide in der Nähe des FX-Zentrums bindet<br />
und dadurch am Elektronentransfer beteiligt ist, ist eine Änderung der Rückreaktionskinetik<br />
zu erwarten. In diesem Fall läge im Anschluss an das Zentrum FX ein weiterer<br />
Elektronenakzeptor vor, der in der Kinetik der Ladungsrekombination eine Änderung<br />
verursachen würde.<br />
Die Experimente zur Bestimmung der Kinetik der Ladungsrekombination wurden zunächst<br />
in Gegenwart eines Überschusses je eines der Peptidmodelle durchgeführt. Nachdem eine<br />
Änderung der Kinetik beobachtet werden konnte, wurde das überschüssige Peptide durch<br />
wiederholte Verdünnung und Konzentration der Probe über einen Mikrokonzentrator<br />
130
131<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
(Membrangröße 100 kDa) entfernt. Bei der anschließenden erneuten Messung wurde eine<br />
identische Kinetik beobachtet.<br />
Abbildung 66: Ar<strong>bei</strong>tsmodell zum Verständnis der Ladungsrekombinationskinetik im PS I in Gegenwart der<br />
Modellpeptide (Mp) basierend auf den Daten des nativen PS I (modifiziert nach Golbeck et al. [93] ). Die Wege<br />
der Ladungsrekombination im PS I ohne seine stromalen Untereinheiten C, D und E sind in schwarz<br />
dargestellt und diejenigen im nativen PS I in rot. Der ideale Fall der Beteiligung der Modellpeptide am<br />
Elektronentransfer ist in grün dargestellt. Da vom PS I in Gegenwart der Peptidmodelle keine Kristallstruktur<br />
untersucht wurde, wurde das Energieniveau (Mp) an einem logisch sinnvollen Punkt entlang der Abszisse<br />
positioniert.<br />
Die Kinetik der Rückreaktion im PS I zeigt eine Verlangsamung in Gegenwart eines<br />
Überschusses von jeweils einem Modellpeptid im Vergleich zur Referenz (Abbildung 67).<br />
Dieses Ergebnis kann dahingehend interpretiert werden, dass die Modelle am<br />
Elektronentransfer beteiligt sind. Zusätzlich bleibt der Einfluss der Modellpeptide trotz<br />
Aufreinigung durch wiederholtes verdünnen und aufkonzentrieren der Probe
Ergebnisse und Diskussion<br />
(100 kDa Membrangröße) erhalten. Diese Beobachtung weist auf eine stabile Bindung<br />
bzw. einen irreversiblen Einfluss der Modellpeptide hin. Die einzige Position für eine<br />
solche Beteiligung am Elektronentransfer ist die Bindungsstelle der Untereinheit PsaC, da<br />
die restlichen Kofaktoren der Elektronentransportkette im Inneren des Proteins liegen und<br />
daher nicht für die Modellpeptide zugänglich sind.<br />
Abbildung 67: Blitzlicht-induzierte transiente Absorptionsänderung von P700 in PS I zur Bestimmung der<br />
Kinetik der Ladungsrekombination. Das Photosystem I ohne die Untereinheiten C, D und E (schwarz) zeigt<br />
eine schnellere Kinetik im Vergleich zu Messungen in Gegenwart der Modellpeptide FA (blau) und FB (grün).<br />
3.2.9.2. EPR-Experimente<br />
Wie die optische Untersuchung der Elektronentransferkinetik gezeigt hat, sind <strong>bei</strong>de<br />
Peptide in der Lage, mit dem Photosystem I, dem die Untereinheiten C, D und E fehlen, zu<br />
interagieren und dadurch den Elektronentransfer zu beeinflussen Wenn die Modelle am<br />
Elektronentransfer beteiligt sind, müsste im EPR-Spektrum <strong>bei</strong> Belichtung der Probe das<br />
Signal des reduzierten [4Fe4S] 1+ -Zentrums auftreten.<br />
Wird das modifizierte Photosystem I in Gegenwart eines der Modellpeptide <strong>bei</strong> 10 K<br />
belichtet, wird kein Signal eines reduzierten FeS-Zentrums beobachtet. Das<br />
Kontrollexperiment mit nativem Photosystem I inklusive der Untereinheiten C, D und E<br />
zeigt nach der Belichtung <strong>bei</strong> 10 K das erwartete Interaktionsspektrum der <strong>bei</strong>den<br />
132
133<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
reduzierten Eisen-Schwefel-Zentren mit g-Werten von 2,056, 1,949 und 1,899 für das<br />
Zentrum FA und 2,056, 1,934 und 1,899 für das Zentrum FB [115] . Da die im<br />
vorangegangenen Kapitel beschriebenen optischen Messungen <strong>bei</strong> Raumtemperatur<br />
durchgeführt wurden, konnte zu diesem Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden, dass der<br />
Elektronentransfer zu den Modellpeptiden durch die tiefe Temperatur beeinflusst wird. Um<br />
diese Möglichkeit auszuschließen, wurde das Experiment wiederholt und die Proben unter<br />
kontinuierlicher Belichtung eingefroren, so dass der Elektronentransfer <strong>bei</strong><br />
Raumtemperatur stattfinden konnte, aber eine Ladungsrekombination durch die tiefe<br />
Temperatur verhindert wird. Auch in diesem Fall konnte für das vollständige Photosystem<br />
I das erwartete Spektrum beobachtet werden, während die Proben, die die Modellpeptide<br />
enthielten, keine Signale eines reduzierten [4Fe4S]-Zentrums aufwiesen.<br />
Mit Hilfe der EPR-Spektroskopie konnte kein Nachweis für eine Bindung der Peptide an<br />
das Photosystem I ohne seine stromalen Untereinheiten C, D und E erbracht werden.<br />
Allerdings stellt diese Beobachtung nicht unbedingt einen Widerspruch zu den optischen<br />
Messungen dar. Der Einfluss der Ladungsrekombination, der durch die optischen<br />
Messungen detektiert wurde, muss nicht unbedingt durch eine direkte Beteiligung des<br />
Modellpeptides im Rahmen einer Reduktion stattfinden. Durch eine Bindung an das<br />
Photosystem könnte die Geometrie in der Umgebung des FX-Zentrums verändert werden,<br />
sodass eine veränderte Kinetik der Ladungsrekombination resultiert. Allerdings gibt es im<br />
Augenblick keine Daten, die die Wechselwirkung der Modellpeptide mit dem Photosystem<br />
näher beschreiben oder eine fundierte Interpretation zulassen.
Ergebnisse und Diskussion<br />
3.2.10. Zusammenfassung<br />
In diesem Teil der Ar<strong>bei</strong>t konnten vier unterschiedliche Peptide mit jeweils 16<br />
Aminosäuren Länge unter Verwendung der Fmoc-basierten SPPS dargestellt und<br />
charakterisiert werden, mit denen ein [4Fe4S]-Zentrum gebunden werden sollte. Als<br />
Vorbild für diese Modelle dienten die drei Eisen-Schwefel-Zentren FA, FB und FX des<br />
Photosystems I. Eines der Peptide (FX1) war nicht in der Lage den gewünschten Kofaktor<br />
einzubauen, während ein weiteres Peptid (FX2) den gewünschten Kofaktor nicht spezifisch<br />
genug eingebaut hat. Hier<strong>bei</strong> wurde mindestens eine weitere paramagnetische Spezies<br />
gebildet, die nicht detailliert charakterisiert werden konnte. Die <strong>bei</strong>den synthetischen<br />
Peptide FA und FB binden den gewünschten Kofaktor. Durch EPR- und Mössbauer-<br />
Spektroskopie konnte die Identität der Kofaktoren in <strong>bei</strong>den Redoxzuständen [4Fe4S] 2+/1+<br />
zweifelsfrei nachgewiesen werden. Die für native FeS-Proteine charakteristische<br />
Merkmale, wie Wasserstoffbrückenbindungen und Elektronenspindichte auf den<br />
Sulfidionen des FeS-Zentrums, wurden durch ENDOR- und ESEEM-Spektroskopie<br />
nachgewiesen. Obwohl eine detaillierte Analyse der ENDOR-Spektren bezüglich der<br />
Bindungswinkel der Cystein β-CH2-Gruppen und der Spindichte auf den Sulfidionen des<br />
FeS-Zentrums nicht möglich war, zeigen sie bereits deutliche Unterschiede der Modelle<br />
zum nativen Vorbild auf. Die Spindichte des ungepaarten Elektrons auf den Sulfidionen ist<br />
in den Modellen wahrscheinlich deutlich geringer als in den Zentren des nativen<br />
Photosystems I. Die Modelle besitzen Redoxpotentiale von –490 mV (FA) und –470 mV<br />
(FB), die im Rahmen des Fehlers identisch sind. Trotz ihrer geringen Größe weisen die<br />
<strong>bei</strong>den Peptide FA und FB damit das negativste Redoxpotential aller bisher dargestellten<br />
Peptid-basierten Modelle auf und liegen verhältnismäßig dicht an den Werten ihrer nativen<br />
Vorbilder. Im Vergleich zu den Zentren FA und FB in der Untereinheit PsaC des<br />
Photosystems I zeigen die experimentell ermittelten Daten des Peptidmodells FB generell<br />
eine bessere Übereinstimmung. Sowohl im Redoxpotential, als auch <strong>bei</strong> den magnetischen<br />
Eigenschaften zeigt es eine deutlich bessere Übereinstimmung mit dem nativen Vorbild als<br />
das Peptidmodell FA. Letzteres weist deutlich kürzere Relaxationszeiten in der EPRspektroskopischen<br />
Untersuchung auf, die möglicherweise auf die Bildung von Aggregaten<br />
zurückzuführen ist.<br />
134
3.2.11. Ausblick<br />
135<br />
Ergebnisse und Diskussion<br />
Bei der Fortführung dieses Projektes steht die Analyse, wie das Peptid die Eigenschaften,<br />
insbesondere das Redoxpotential, des Kofaktors beeinflusst, klar im Vordergrund.<br />
Basierend auf der Analyse von 510 natürlichen Eisen-Schwefel Proteinen [95] kann der<br />
Einfluss der einzelnen Aminosäuren auf das Redoxpotential untersucht werden. Da<strong>bei</strong> sind<br />
die Aminosäuren zwischen dem ersten und dritten Cystein der Bindungssequenz von<br />
besonderem Interesse. Die in dieser Ar<strong>bei</strong>t ausführlich charakterisierten Peptidmodelle FA<br />
und FB unterscheiden sich in den Positionen 8 und 9 ihrer Aminosäuresequenz direkt nach<br />
dem zweiten konservierten Cystein deutlich von der Mehrheit der natürlichen Proteine. In<br />
den nativen Sequenzen wird in der Position 8 zu 47 % ein Glycin und in der Position 9 zu<br />
18 % ein Alanin gefunden. Während dies die häufigsten Aminosäuren in diesen Positionen<br />
sind, werden an diesen Stellen im Modell FA die Aminosäuren Lysin und Arginin bzw. in<br />
FB Threonin und Glutamin eingesetzt, weil sie in der nativen Bindungssequenz der<br />
jeweiligen Zentren auftreten. Der Einfluss dieser polaren bzw. geladenen (Arg)<br />
Aminosäuren auf das Redoxpotential des FeS-Zentrums müsste nachweisbar sein,<br />
insbesondere, weil ein recht ähnliches Modell, das FdM-Pa, welches ebenfalls aus 16<br />
Aminosäuren besteht, ein Redoxpotential von –350 mV aufweist [94] . Die Änderung des<br />
Redoxpotentials von etwa 100 mV durch den Austausch einer einzelnen polaren gegen<br />
eine unpolare Aminosäure würde eindeutig die bisher gängigen Modelle des Einflusses der<br />
Peptidkette auf diese Klasse der Kofaktoren unterstützen.<br />
In einem zweiten Ansatz kann die Sequenz insgesamt überar<strong>bei</strong>tet werden, um die geringe<br />
Effizienz der Rekonstitution zu verbessern. Da von den Modellpeptiden keine strukturellen<br />
Informationen erhalten werden konnten und eine Kristallisation von synthetischen<br />
Peptiden häufig schwieriger ist als im Fall von nativen Proteinen, wäre aufgrund der<br />
geringen Länge des Peptides ein kombinatorischer Ansatz denkbar. Von den 16<br />
Aminosäuren sind die vier Positionen der Cysteinliganden festgelegt. Außerdem haben<br />
frühere Studien ergeben, dass hinter dem ersten Cystein eine Aminosäure mit sterisch<br />
aufwändiger Seitenkette positioniert sein sollte, z. B. Isoleucin oder Valin, und das<br />
gesamte Bindungsmotiv durch ein Prolin terminiert wird. Die Aminosäure Tryptophan in<br />
Position 16 dient als spektroskopische Sonde und ist daher ebenfalls von Veränderungen<br />
der Peptidkette ausgenommen. Von den restlichen 9 Positionen könnte zunächst der
Ergebnisse und Diskussion<br />
künstlich entworfene Mini-„loop“ <strong>bei</strong>behalten werden, wodurch nur noch sechs variable<br />
Positionen bleiben. Als „screening“-Parameter wäre in diesem Fall das durch<br />
UV-Vis-Spektroskopie bestimmte Bandenverhältnis der Absorptionen <strong>bei</strong> 280 nm und<br />
400 nm.<br />
Auf diese Weise kann in kurzer Zeit eine optimale Effizienz der Rekonstitution erreicht<br />
werden, allerdings würden die in dieser Ar<strong>bei</strong>t beschriebenen Eigenschaften der Modelle<br />
<strong>bei</strong> dieser Vorgehensweise verloren gehen.<br />
136
4. Zusammenfassung<br />
137<br />
Zusammenfassung<br />
Die Charakterisierung der nativen Photosysteme ist aufgrund der Zahl der in ihnen<br />
enthaltenen Kofaktoren äußerst schwierig. Jeder einzelne Kofaktor wird durch seine<br />
direkte Proteinumgebung derart beeinflusst, dass er seine Aufgabe im Gesamtkonzept<br />
optimal ausführen kann. Um ein derart komplexes System untersuchen und verstehen zu<br />
können, müssen zunächst die Bausteine, aus denen es besteht, charakterisiert und<br />
verstanden werden. Dies ist nur möglich, wenn kleine und einfach strukturierte<br />
Modellsysteme zur Verfügung stehen, die vollständig charakterisiert und umfassend<br />
variiert werden können.<br />
Der lichtangeregte Triplettzustand von Chlorophyllen und Phäophytinen senkt durch seine<br />
lange Lebensdauer und seine hohe Reaktivität die Effizienz der photosynthetischen<br />
Lichtreaktion und kann zu irreparablen Schäden in den Reaktionszentren führen. Aus<br />
diesem Grund muss er in nativen Systemen effizient und schnell gelöscht werden, was<br />
durch die Carotinoide in den Photoreaktionszentren erreicht wird. Als spektroskopische<br />
Sonde ist er dagegen unverzichtbar, da er die Möglichkeit bietet, direkt die Molekülorbitale<br />
des lichtangeregten Singulettzustands (HOMO und LUMO) zu untersuchen. Die wichtigste<br />
spektroskopische Methode, um lichtangeregte Triplettzustände zu charakterisieren, ist die<br />
EPR-Spektroskopie und die darauf aufbauende ENDOR-Spektroskopie.<br />
Ein Ziel dieser Ar<strong>bei</strong>t war die EPR- und ENDOR-spektroskopische Charakterisierung von<br />
monomeren Chlorophyll a Derivaten und Zink-Protoporphyrin. Metall-Protoporphyrine<br />
sind in nativen Systemen zwar nicht an Photoreaktionen beteiligt, zeichnen sich jedoch<br />
durch eine hohe Triplettausbeute nach Lichtanregung aus und dienen in dieser Ar<strong>bei</strong>t<br />
stellvertretend für Porphyrine als Testmoleküle.<br />
Weil Chlorophylle und deren Derivate in organischen Lösemitteln zur Aggregation neigen<br />
und in wässrigen Lösungen nahezu vollständig unlöslich sind, wurde auf eine Proteinbasierte<br />
Matrix zur Erzeugung von monomeren Chlorophyllderivaten in Lösung<br />
zurückgegriffen. Auf diese Weise konnten die Komplexe von ZnPPIX, ZnPheid a,<br />
ZnPPheid a, ZnMePPheid a und ZnMePPheid a mit Apo-Myoglobin dargestellt werden.
Zusammenfassung<br />
Die Komplexe wurden durch die UV-Vis-Spektroskopie charakterisiert, wo<strong>bei</strong> alle<br />
Kofaktoren nach Einbau in die Proteinmatrix eine Verschiebung der Absorptionsbanden in<br />
den langwelligen Bereich zeigten. Um die Integrität der Proteinkomplexe zu überprüfen,<br />
wurde ihre Stabilität gegenüber der Entfaltung untersucht. Die Tatsache, dass eine<br />
Stabilisierung der Proteinstruktur gegenüber der Apo-Form nur <strong>bei</strong> einigen Kofaktoren<br />
gefunden werden konnte, wurde als ein Homogenitäts- bzw. Heterogenitätskriterium<br />
verwendet. Diese Interpretation wurde durch die NMR-Spektroskopie unterstützt, mit der<br />
die Homogenität der Proteinkomplexe anhand von zwei Signalen untersucht werden<br />
konnte, die <strong>bei</strong> negativen ppm-Werten im Spektrum auftraten und der Aminosäure Valin<br />
68 zugeordnet wurden. Nach der vollständigen Charakterisierung der Proteinkomplexe<br />
wurden die Triplettzustände nach Lichtanregung durch die EPR- und ENDOR-<br />
Spektroskopie untersucht. Die Nullfeldparameter, die durch die EPR-spektroskopischen<br />
Messungen erhalten wurden, zeigten eine gute Übereinstimmung mit nativen Systemen.<br />
Die ENDOR-Spektren konnten durch die Ergebnisse quantenchemischer Rechnungen<br />
interpretiert werden. Hier<strong>bei</strong> konnten erstmals die vier Methinprotonen und alle<br />
Methylgruppen des Ringsystems zugeordnet werden. Der Vergleich der freien Kofaktoren<br />
und denjenigen, die durch das Protein komplexiert vorlagen, zeigte, dass die<br />
Hyperfeinkopplungskonstanten der Methinprotonen und einiger Methylgruppen durch die<br />
Komplexierung zunahmen, während die Kopplungskonstanten der restlichen Substituenten<br />
nahezu unverändert blieben.<br />
Durch die Verwendung unterschiedlicher Kofaktoren konnte ebenfalls festgestellt werden,<br />
dass eine unveresterte Propionsäure als Substituent des Kofaktors das Bindungsverhalten<br />
verbessert, während ein Methylester negative Auswirkungen hat. Mit den veresterten<br />
Kofaktoren konnten keine stöchiometrischen Komplexe dargestellt werden.<br />
Die in dieser Ar<strong>bei</strong>t vorgestellten Ergebnisse zeigen das Potential der dargestellten<br />
Modellkomplexe, monomere Kofaktoren abhängig von der Proteinumgebung vollständig<br />
zu charakterisieren. Durch Variationen in der Proteinumgebung kann der Einfluss des<br />
Proteins auf die Eigenschaften des Kofaktors untersucht werden. Insbesondere die<br />
Verteilung der Elektronenspindichte nach Lichtanregung auf dem Molekülgerüst kann auf<br />
diese Weise detailliert untersucht werden. Ferner besteht die Möglichkeit, die hier<br />
durchgeführten Untersuchungen auf eine Vielzahl photoaktiver, biologisch relevanter<br />
138
139<br />
Zusammenfassung<br />
Kofaktoren auszudehnen und eine wichtige Interpretationshilfe für die Prozesse in den<br />
photosynthetisch aktiven Proteinen bereitzustellen.<br />
Neben den Chlorophyllen und ihren metallfreien Basen, den Phäophytinen, sind<br />
[4Fe4S]-Zentren als terminale Elektronenakzeptoren ein wichtiger Bestandteil des<br />
Photosystems I. Daher wurden in einem zweiten Teil dieser Ar<strong>bei</strong>t Modellpeptide für diese<br />
Zentren entworfen.<br />
Die Modellpeptide wurden unter Verwendung der Fmoc-Peptidsynthese mit 16 %<br />
Ausbeute dargestellt und durch HPLC-Chromatographie und MALDI-TOF-<br />
Massenspektrometrie charakterisiert. In den wichtigsten spektroskopischen Eigenschaften<br />
entsprechen die Modelle von FA und FB ihren Vorbildern aus der Untereinheit PsaC des<br />
Photosystems I. Nach dem Einbau der FeS-Zentren zeigen die Modellpeptide ein für<br />
[4Fe4S]-Zentren charakteristisches UV-Vis-Spektrum mit einer Absorption <strong>bei</strong> 400 nm,<br />
die durch einen charge-transfer von den Sulfid- zu den Eisenionen verursacht wird. Diese<br />
Absorptionsbande nimmt durch Reduktion des durch das jeweilige Modellpeptid<br />
gebundene FeS-Zentrum um etwa 50 % ab, wie es für ein solches System erwartet wird.<br />
Bei der EPR-spektroskopischen Charakterisierung im reduzierten Zustand weisen die<br />
Modellpeptide nur geringe Abweichungen von den FeS-Zentren FA und FB des PS I auf.<br />
Die g-Werte von 2,04, 1,93, und 1,90 stimmen mit den Daten des nativen Systems überein.<br />
Im oxidierten Zustand sind die [4Fe4S] 2+ -Zentren EPR-inaktiv und können durch diese<br />
Methode nicht charakterisiert werden. Diese Lücke konnte durch Verwendung der<br />
Mössbauer-Spektroskopie geschlossen werden. Sie bietet die Möglichkeit, verschiedene<br />
FeS-Zentren in ihren unterschiedlichen Redoxzuständen zu unterscheiden, wodurch die<br />
Peptid-gebundenen [4Fe4S]-Zentren unabhängig von anderen Methoden in <strong>bei</strong>den<br />
Redoxzuständen charakterisiert werden konnten. Durch die ENDOR-Spektroskopie konnte<br />
gezeigt werden, dass die Spindichteverteilung innerhalb des FeS-Zentrums von derjenigen<br />
der nativen Systeme abweicht, wodurch kleinere Hyperfeinkopplungskonstanten<br />
resultierten. Durch die gleiche Methode konnten erste Hinweise auf<br />
Wasserstoffbrückenbindungen zwischen dem FeS-Zentrum und Amidprotonen der<br />
Polypeptidkette erhalten werden. Diese Ergebnisse konnten durch den Vergleich der<br />
ESEEM-Spektren des nativen Systems mit denen der <strong>bei</strong>den Modellpeptide bestätigt<br />
werden. Das Redoxpotential, die wichtigste Eigenschaft für einen Kofaktor des<br />
Elektronentransfers, liegt in einem vergleichbaren Bereich, wie er für das native System
Zusammenfassung<br />
beschrieben ist. Damit wurden in dieser Ar<strong>bei</strong>t Modellpeptide mit dem bisher negativsten<br />
Redoxpotential (-470 mV) hergestellt. Trotz ihrer geringen Größe von lediglich 16<br />
Aminosäuren sind die Modellpeptide in der Lage, das FeS-Zentrum gut gegen das<br />
umgebende Lösemittel abzuschirmen, so dass ein derart negatives Redoxpotential<br />
ermöglicht wird. Da andere Modellsysteme mit ähnlichen Peptidlängen ein Redoxpotential<br />
etwa 100 mV positiver aufwiesen, muss dieser Parameter signifikant durch die<br />
Polypeptidkette beeinflusst werden. Ein kurzes synthetisches Peptid bietet die beste<br />
Möglichkeit, diesen Einfluss zu studieren. Der wesentliche Unterschied der hier<br />
dargestellten Modelle zu früheren Ansätzen liegt in den Positionen 8 und 9 der<br />
Peptidsequenz. In dieser Ar<strong>bei</strong>t treten polare bzw. geladene Aminosäuren an diesen<br />
Positionen in der Sequenz auf, während in früheren Studien unpolare Aminosäuren mit<br />
kleinen Seitenketten verwendet wurden.<br />
Neben Modellen für die FeS-Zentren FA und FB wurden auch Modellpeptide für das<br />
Zentrum FX dargestellt. Sie waren jedoch nicht in der Lage, ausschließlich das gewünschte<br />
[4Fe4S]-Zentrum zu binden. Das FX-Zentrum, das durch die Untereinheiten PsaA und<br />
PsaB im Photosystem I gebunden wird, ist äußerst schwierig zu modellieren, da zwei<br />
flexible „loops“ ohne Sekundärstrukturelemente im PS I die Liganden bereitstellen. Eine<br />
solche Struktur kann ohne externe Vorgabe der Konformation wahrscheinlich nicht durch<br />
ein kurzes Peptid modelliert werden. Die dargestellten Strukturen sind zu flexibel,<br />
wodurch der Entropieverlust des Systems, der durch Bindung eines FeS-Zentrums entsteht,<br />
nicht durch die Bindungsenthalpie des Zentrums aufgewogen werden kann.<br />
Ein weiteres Ziel der Ar<strong>bei</strong>t war es, zu untersuchen, inwieweit eine Wechselwirkung der<br />
Modellpeptide mit dem PS I zu beobachten ist, bzw. ob die Modelle in der Lage sind, die<br />
Funktion der natürlichen FeS-Zentren zu übernehmen.<br />
Die absorptionsspektroskopische Analyse der Ladungsrekombinationskinetik nach<br />
Lichtanregung im PS I zeigt eine Verlangsamung der Kinetik in Gegenwart der<br />
Modellpeptide. Überraschenderweise zeigen <strong>bei</strong>de Modellpeptide einen ähnlich starken<br />
Einfluss auf die Kinetik, was als Wechselwirkung mit dem PS I interpretiert werden muss.<br />
Allerdings weist nur das Modellpeptid FA drei Aminosäuren auf, die an der Bindung der<br />
nativen Untereinheit PsaC zum PS I-Kern, bestehend aus den Untereinheiten PsaA und<br />
PsaB, beteiligt sind. Eine Wechselwirkung dieses Peptides mit dem PS I-Kern wurde<br />
erwartet und experimentell gefunden. Das Modell FB besitzt keine Aminosäure, die im<br />
140
141<br />
Zusammenfassung<br />
natürlichen PS I an der Bindung der Untereinheit PsaC beteiligt ist. Trotzdem zeigt dieses<br />
Modell den gleichen Effekt wie das Modell FA. Welche Ursache der Einfluss der<br />
Modellpeptide auf die Kinetik der Ladungsrekombination hat, konnte nicht abschließend<br />
geklärt werden. Eine Reduktion der Modelle durch Aufnahme eines Elektrons vom FX-<br />
Zentrum aus dem PS I-Kern ist die wahrscheinlichste Art der Interaktion. Diese konnte<br />
jedoch durch die EPR-Spektroskopie nicht nachgewiesen werden. Eine rein statische<br />
Wechselwirkung, die die Eigenschaften des Zentrums FX ändert, ist zwar ebenfalls<br />
möglich, ist aber experimentell äußerst schwer nachzuweisen.<br />
Die Untersuchung der Modellpeptide durch die NMR-Spektroskopie, um strukturelle<br />
Informationen zu erhalten, erbrachte keine auswertbaren Ergebnisse. In keinem Spektrum<br />
konnten paramagnetisch verschobene Signale von Aminosäuren beobachtet werden. Die<br />
Untereinheit PsaC dagegen konnte in früheren Ar<strong>bei</strong>ten im isolierten Zustand und<br />
gebunden an das PS I vollständig durch die NMR-Spektroskopie charakterisiert werden.<br />
Um durch die NMR-Spektroskopie Aufschluss über die Struktur der Modellpeptide in<br />
Lösung zu erhalten, muss daher zunächst die Einbaueffizienz der FeS-Zentren in die<br />
Modellpeptide erhöht werden.<br />
Die in dieser Ar<strong>bei</strong>t dargestellten Modellpeptide bieten das Potential zu einem besseren<br />
Verständnis, wie die physikalischen Eigenschaften eines Eisen-Schwefel-Zentrums durch<br />
die Proteinumgebung beeinflusst werden, <strong>bei</strong>zutragen. Die Peptidsequenzen können<br />
schnell dargestellt und einfach in einer beliebigen Position variiert werden. Nach der<br />
Rekonstitution können sie durch verschiedene spektroskopische Methoden bezüglich der<br />
Einbaueffizienz und ihrer magnetischen Eigenschaften charakterisiert werden, wodurch<br />
Rückschlüsse auf den Einfluss der veränderten Peptidsequenz gezogen werden können.
Zusammenfassung<br />
142
5. Experimenteller Teil<br />
5.1. Geräte und Methoden<br />
5.1.1. NMR-Spektroskopie<br />
143<br />
Experimenteller Teil<br />
Die NMR-Spektren wurden nach dem Fast-Fourier-Transform (FFT)-Verfahren mit den<br />
Spektrometern DRX-500 und DRX-400 der Firma Bruker aufgenommen. Die chemischen<br />
Verschiebungen werden in Bezug auf das verwendete deuterierte Lösemittel angegeben.<br />
Bei in Wasser gelösten Proben erfolgte die Lösemittelunterdrückung durch das Verfahren<br />
der „Presaturation“, <strong>bei</strong> dem die Resonanzlinie des Lösemittels Wasser vor jedem<br />
Messzyklus gesättigt wird. Die Signalmultiplizitäten werden durch die Abkürzungen<br />
s (Singulett), d (Dublett), t (Triplett), q (Quartett) und m (Multiplett) angegeben. Die<br />
Kopplungskonstanten J werden in Hertz (Hz) angegeben. Die Zuordnung der Signale<br />
erfolgt durch Vergleich mit Literaturdaten.<br />
5.1.2. UV-Vis-Spektroskopie<br />
Die UV-Vis-Absorptionsspektren wurden entweder mit einem ATI Unicam UV2-300<br />
Spektrometer oder einem Shimadzu UV-2401PC Spektrometer aufgenommen. Es werden<br />
die Wellenlängen der Absorptionsmaxima, sowie deren relative Intensität angegeben. Alle<br />
Spektren wurden in Quarzküvetten mit einer Schichtdicke von 1 cm gegen eine<br />
Referenzküvette mit Referenzlösemittel gemessen. Banden, die aufgrund von<br />
Überlagerungen mit anderen Absorptionsbanden kein ausgeprägtes Maximum aufweisen,<br />
werden mit sh (shoulder) gekennzeichnet.
Experimenteller Teil<br />
5.1.3. Infrarot-Spektroskopie<br />
Die Infrarot-Spektren wurden in einem Bruker IFS 66 FT-IR-Spektrometer oder einem<br />
Perkin-Elmer 1600 Spektrometer in KBr als Matrix gemessen. Die Position der Banden<br />
wird in Wellenzahlen (cm -1 ) angegeben. Die Angabe beschränkt sich auf die stärksten<br />
Banden der jeweiligen funktionellen Gruppen.<br />
5.1.4. Massenspektrometrie<br />
Die Massenspektren der Peptide und Proteine wurden durch Matrix-Assisted Laser<br />
Desorption Ionization Time of Flight (MALDI-TOF) Spektroskopie mit einer Voyager DE<br />
Pro Workstation in Verbindung mit einem Hochgeschwindigkeits-Digitalisierer der Firma<br />
LeCroy gemessen. Die Messgenauigkeit lag <strong>bei</strong> ±0,1 % des Molekulargewichtes. Für die<br />
synthetischen Peptide wurden 2,5-Dihydroxybenzoesäure, 3,5-Dimethoxy-4-hydroxyzimtsäure<br />
und α-cyano-4-hydroxyzimtsäure, für Myoglobin wurden zusätzlich<br />
2,6-Dihydroxyacetophenon und 6-Aza-2-thiothymin als Matrices verwendet. Die<br />
Aufnahme der Spektren erfolgte <strong>bei</strong> einer Beschleunigungsspannung von 20000 V und<br />
einer Verzögerungszeit von 300 nsec.<br />
Die Elektronenionisationsspektren der dargestellten Phäophorbide wurden mit einem MAT<br />
311A oder 8230 Spektrometer der Firma Finnigan mit einer Ionisierungsenergie von 70 eV<br />
aufgenommen. Zur Ionisierung kam die Elektrosprayionisation (ESI) zum Einsatz. Als<br />
Probenmatrix diente Dimethyloxybenzylalkohol oder m-Nitrobenzylalkohol.<br />
5.1.5. Säulenchromatographie<br />
Die präparative Säulenchromatographie wurde in selbstgefüllten Schwerkraftsäulen<br />
verschiedener Größe auf Silikagel 60 der Firma Merck (Korngröße 63 – 40 µm) als<br />
stationäre Phase durchgeführt. Des weiteren kamen Sepakron-FPGC Säulen der Firma<br />
Kronlab mit den Lösemittelpumpen Büchi 688 oder Besta E-100 zum Einsatz. Diese<br />
Säulen wurden mit einem Druck von 1 bis 10 bar betrieben.<br />
144
145<br />
Experimenteller Teil<br />
5.1.6. Hochdruck-Flüssigkeitschromatographie (HPLC)<br />
Die HPLC der synthetischen Peptide wurde auf einem HPLC-System der Firma Gilson-<br />
Abimed durchgeführt unter Verwendung von zwei gekoppelten Gradientenpumpen (Typ<br />
331 und 332) mit einem Detektor vom Typ UV/Vis-156. Da<strong>bei</strong> wurde eine Säule der<br />
Firma Vydac vom Typ 218TP1002 Protein & Peptide C18 (200 x 20 mm, 300 Å)<br />
verwendet. Es wurde ein Gradient mit 45 Minuten Länge eines Wasser/Acetonitril-<br />
Gemisches verwendet, der Anteil an Acetonitril wurde während dieser Zeit von 20 % auf<br />
70 % erhöht. Alle Lösemittel enthielten 0,1 % TFA und wurden entgast.<br />
Präparative HPLC Trennungen der Phäophorbide wurden mit einer Pumpe der Firma<br />
Gilson-Abimed an einer Nucleosil C-18 Umkehrphasensäule der Firma Macherey & Nagel<br />
(250 x 20 mm) als stationärer Phase unter Verwendung eines Detektors der Firma<br />
Shimadzu SPD10 AV (VP) durchgeführt. Die mobilen Phasen sind jeweils <strong>bei</strong> den<br />
Verbindungen angegeben.<br />
5.1.7. Fluoreszenzspektroskopie<br />
Die Fluoreszenzspektroskopie für die Entfaltungsstudien wurde auf einem Cary Eclipse<br />
Fluoreszenzspektrometer der Firma Varian durchgeführt. Typischerweise wurde <strong>bei</strong><br />
290 nm die Fluoreszenz der Aminosäure Tryptophan angeregt und diese im Bereich von<br />
300 nm bis 450 nm detektiert. Zur Ermittlung der Wellenlänge des Fluoreszenzmaximums<br />
wurden die Messkurven durch ein Polynom 9. Grades interpoliert. Die Probenkonzentration<br />
lag zwischen 30µM und 300 µM.<br />
5.1.8. Circular Dichroismus- (CD) Spektroskopie<br />
Für die CD-Spektroskopie kam ein Jasco J-715 Spektrometer zum Einsatz. Das<br />
Spektrometer wurde vor jeder Messung mit 60 mg (1R)-(-)-Campher-10-sulfonsäure<br />
Ammoniumsalz in 100 ml H20 auf einen Wert von θ291=-181,6 mdeg (d=10 mm) kalibriert.
Experimenteller Teil<br />
Die Spektren wurden im Bereich von 180 nm bis 240 nm in Quarzküvetten mit einer<br />
Schichtdicke von 0,1 mm aufgenommen.<br />
5.1.9. Anaerobe Ar<strong>bei</strong>ten und elektrochemische Titration<br />
Alle anaeroben Ar<strong>bei</strong>ten wurden in einer Glovebox der Firma Coy Laboratory Products<br />
Inc. (Modell A) mit einer Stickstoff- / Wasserstoffatmosphäre 95/5 (Vol-%) durchgeführt.<br />
Noch vorhandener Rest-Sauerstoff wurde auf zwei Palladiumkatalysatoren mit Wasserstoff<br />
zu Wasser umgesetzt. Der Sauerstoffgehalt wurde kontinuierlich über einen Gasanalyse-<br />
Gerät der Firma Coy, Modell 10, kontrolliert und lag unter 1 ppm.<br />
Die elektrochemische Titration wurde in einer Quarzküvette mit einer Referenzelektrode<br />
(Ag/AgCl, 1 M AgCl) und einer Ar<strong>bei</strong>tselektrode (Glascarbon) durchgeführt. Das Potential<br />
der Referenzelektrode wurde nach jeder Anwendung durch ein Zyklovoltammogramm mit<br />
Methylviologen (-449 mV gegen NHE) in 50 mM Phosphatpuffer, pH 7,0, kontrolliert.<br />
Ein pH-Meter wurde als Anzeigegerät verwendet. Das Potential wurde durch Zugabe einer<br />
Dithionitlösung in kleinen Mengen (< 5µL) eingestellt.<br />
5.1.10. Elektron-Paramagnetische Resonanz Spektroskopie<br />
(EPR)<br />
Die X-Band Triplett-EPR-Spektren der untersuchten Phäophorbide wurden auf einem<br />
Bruker Elexsys 580 Super XFT Spektrometer oder einem ESP 380-E FT-EPR<br />
Spektrometer mit einem dielektrischen Saphirring-Resonator ER4118X-MD-5W1 (EPR)<br />
oder einem EN4118X-MD5-W1 (ENDOR) Resonator aufgenommen. Die Probe wurde<br />
durch einen Heliumkryostat Model CF935 mit einer Temperatursteuerung ITC4 der Firma<br />
Oxford gekühlt. Für die ENDOR Spektroskopie kam ein RF-Verstärker Typ ENI A 500<br />
zum Einsatz. Die Proben wurden mit einem OPO VisIR 100 Laser von GWU belichtet, der<br />
seinerseits von einem Nd:YAG Laser Typ GCR 130 der Firma Spectra Physics betrieben<br />
wurde.<br />
146
147<br />
Experimenteller Teil<br />
Die Q-Band Triplett-EPR Spektren wurden auf einem Bruker Elexsys 580 Super QFT<br />
Spektrometer mit zylindrischem Eigenbau-Resonator TE011 durchgeführt. Um die Probe<br />
belichten zu können war der Resonator mit Schlitzen versehen. Die Probe wurde durch<br />
einen Heliumkryostat Model CF935 mit einer Temperatursteuerung ITC4 der Firma<br />
Oxford gekühlt.<br />
Die Aufzeichnung der transienten EPR-Spektren erfolgte durch das SpecJet-Modul<br />
(Oszilloskop) des EPR-Spektrometers. Entlang der Zeitachse wurden 2048 Punkte mit 4 ns<br />
Abstand aufgenommen, während entlang der Magnetfeldachse 512 Punkte <strong>bei</strong> einer Breite<br />
des Spektrums von 1200 Gauss aufgezeichnet wurden. Für jeden Wert des Magnetfeldes<br />
wurden zehn "Decay"-Kurven addiert. Typische Messbedingungen für die transienten<br />
EPR-Spektren: Laserleistung 10 mJ, Wellenlänge 585 nm, Blitzdauer 5 ns, Blitzfrequenz<br />
10 Hz, Temperatur 10 K, Mikrowellenfrequenz 9,436 GHz, Mikrowellenleistung 100 µW<br />
bis 1 mW.<br />
Die X-Band CW-EPR Spektren der FeS-Peptide wurden auf einem Bruker E 500<br />
Spektrometer mit einem Oxford ESR continuus flow Kryostaten, Model 910, mit einer<br />
Temperatursteuerung ITC 503 der Firma Oxford gemessen. Für die Belichtung der Proben<br />
des Photosystems I wurde das Licht eines Leica Pradovit Diaprojektors vom Typ P2002<br />
mit einer 250 W Lampe auf die Probe innerhalb des Resonators fokussiert. Um thermische<br />
Einflüsse durch die Belichtung zu vermeiden kam ein Wasserfilter mit 3 cm Schichtdicke<br />
zum Einsatz. Die Proben wurden <strong>bei</strong> 15 K insgesamt 10 Minuten belichtet und da<strong>bei</strong> im<br />
Abstand von zwei Minuten um 90 Grad gedreht, um eine optimale Durchdringung der<br />
Probe zu erreichen.<br />
Typische Bedingungen für X-Band CW-EPR Spektren: Temperatur 10 K, Mikrowellenfrequenz<br />
9,436 GHz, Mikrowellenleistung 10 mW, Modulationsfrequenz 100 kHz,<br />
Modulationsamplitude 10,0 G und Zeitkonstante 40 ms.<br />
Die Temperaturabhängigkeit der Signale wurde zwischen 5 K und 40 K <strong>bei</strong> 10 mW<br />
Mikrowellenleistung bestimmt. Die Sättigungskurven wurden <strong>bei</strong> 15 K mit<br />
Mikrowellenleistungen zwischen 25 µW und 200 mW aufgenommen.<br />
Die Leistungsabhängigkeit der EPR-Signale wurde nach Hales et al. [116] ausgewertet.<br />
Da<strong>bei</strong> kam Gleichung (30) zum Einsatz.
Experimenteller Teil<br />
SI<br />
P<br />
b<br />
⎛ P 2<br />
1/<br />
2 ⎞<br />
= K ⋅<br />
⎜<br />
P P ⎟<br />
+ 1/<br />
2<br />
⎛ SI ⎞<br />
mit K = ⎜ ⎟<br />
⎝ P ⎠ max<br />
1<br />
und P1<br />
/ 2 = 2<br />
g T1T2<br />
(30)<br />
⎝<br />
⎠<br />
In dieser Gleichung stehen SI für die Amplitude der ersten Ableitung des EPR-Signals, P<br />
für die <strong>bei</strong> diesem Spektrum verwendete Leistung und P1/2 für die Leistung <strong>bei</strong> halber<br />
Sättigung. Der Exponent b nimmt für inhomogen verbreiterte Linien, wie sie in<br />
Metalloproteinen beobachtet werden, einen Wert von b = 1 und für homogen verbreiterte<br />
Linien einen Wert von b = 3 an. Die Proportionalitätskonstante K wird zur Normierung der<br />
Messdaten als Maximalwert des Quotienten der Signalamplitude durch die Wurzel der<br />
Mikrowellenleistung definiert. Zur Auswertung wird die normierte Signalintensität<br />
(SI·P -1/2 ·K -1 ) gegen den Logarithmus der Mikrowellenleistung aufgetragen und ein Wert<br />
für b = 1 angenommen.<br />
5.1.11. Optische Spektroskopie am Photosystem I zur<br />
Untersuchung der Elektronentransferkinetik<br />
Die Messungen der Elektronentransferkinetik wurden in der Ar<strong>bei</strong>tsgruppe von Prof. John<br />
H. Golbeck an der Pennsylvania State University durchgeführt. Der Aufbau der Geräte ist<br />
in der Literatur detailliert beschrieben [113] . Das Verfahren wird an dieser Stelle kurz<br />
beschrieben.<br />
Die transienten Absorptionsänderungen des Radikalkations P700 + <strong>bei</strong> 820 nm wurden im<br />
Bereich von Mikrosekunden bis zu einer Minute nach der Anregung aufgenommen. Der<br />
Messstrahl von 820 nm wurde durch einen DC 25 F Halbleiter Diodenlaser von Spindler<br />
und Hoyer mit einer Ausgangsleistung von 50 mW erzeugt. Um Unregelmäßigkeiten in der<br />
Laserleistung zu korrigieren, wurde der Laserstrahl in Proben- und Referenzstrahl geteilt<br />
und die Intensität <strong>bei</strong>der Strahlen über Photodiodendetektoren in Echtzeit miteinander<br />
verglichen. Die Anregung der Proben erfolgte durch einen Nd-YAG Laser vom Modell<br />
DCR-11 der Firma Spectra-Physics <strong>bei</strong> 532 nm mit einer Leistung von 135 mJ pro Puls<br />
und einer Pulslänge von 10 ns. Die Datenaufzeichnung wurde durch eine Photodiode<br />
gestartet, die durch das Streulicht des Anregungslasers aktiviert wurde. Die beobachtete<br />
148
149<br />
Experimenteller Teil<br />
Absorptionsänderung jeder Probe wurde durch Bestimmung der Chlorophyllkonzentration<br />
jeder Probe nach der Messung normiert.<br />
5.1.12. Durchführung der theoretischen Untersuchungen<br />
Die theoretischen Untersuchungen wurden von Dr. Sebastian Sinnecker durchgeführt. Das<br />
Verfahren wird im folgenden kurz beschrieben.<br />
Die Dichtefunktionaltheorie (DFT) wurde benutzt, um die experimentellen Studien durch<br />
quantenchemische Rechnungen zu begleiten [117] . Für die Studien wurden vereinfachte<br />
Modellsysteme gewählt, in denen der Phytylester an Position 17 durch die freie Säure<br />
ersetzt wurde. Alle Modellsysteme wurden vollständig geometrieoptimiert. Hierzu wurden<br />
das BP Dichtefunktional [118-120] und der SV(P) Basissatz eingesetzt [121] . Diese Rechnungen<br />
wurden mit Turbomole durchgeführt [122] .<br />
Die Hyperfeinkopplungen wurden mit dem Programm ORCA berechnet [123] . Hier<strong>bei</strong> wurde<br />
das B3LYP Hybridfunktional [124; 125] mit der EPR-II Basis kombiniert [126] . Da für<br />
Magnesium oder Zink keine EPR-II Basisfunktionen entwickelt wurden, wurde die TZVP<br />
Basis für diese Modelle verwendet [127] . Dieses Verfahren lieferte bereits in vergangenen<br />
Studien zu Hyperfeinkopplungen von Chlorophyllradikalen zuverlässige Ergebnisse [73; 74] .<br />
Da<strong>bei</strong> handelte es sich jedoch ausschließlich um Systeme mit einem einzelnen ungepaarten<br />
Elektron. Daher ergibt sich in dieser Ar<strong>bei</strong>t die interessante Möglichkeit, etwas über die<br />
Genauigkeit der eingesetzten Methoden für organische Triplettradikale zu erfahren.<br />
5.2. Synthese und Chemikalien<br />
Alle Chemikalien für die Peptidsynthese wurden von Iris Biotech bezogen und besaßen<br />
mindestens den Reinheitsgrad „zur Peptidsynthese“. Das PAL-PEG-PS Harz für die<br />
Peptidsynthese wurde von Applied Biosystems bezogen. Alle anderen Chemikalien (Roth,<br />
Fluka, Merck, Acros, Aldrich) lagen als „p.a.“ Ware vor. Eine Ausnahme ist<br />
Natriumdithionit (Aldrich), welches lediglich in der Reinheit „technisch“ bezogen wurde.<br />
Alle Lösemittel wurden vor Gebrauch destilliert, sofern sie in der Reinheit technisch
Experimenteller Teil<br />
geliefert wurden. Wasser wurde ausschließlich aus einer Millipore<br />
Wasseraufbereitungsanlage bezogen. Typische Werte für die Leitfähigkeit lagen <strong>bei</strong><br />
18,2 MΩ -1 cm -1 .<br />
5.2.1. Festphasen-Peptidsynthese (SPPS)<br />
Die Synthese der einzelnen Peptide wurde nach der Fmoc/t-Bu Methode mit einem<br />
Syntheseautomaten der Firma Advanced Chemtech Model 348Ω durchgeführt. In allen<br />
Synthesen wurde ein PAL-PEG-PS Harz als feste Phase verwendet, so dass der<br />
C-Terminus jedes Peptides als Carbonsäureamid vorlag. Der N-Terminus der FeS-Peptide<br />
war eine freie Aminofunktion, <strong>bei</strong> allen anderen dargestellten Peptiden wurde die<br />
N-terminale Aminogruppe acetyliert. Die Aminosäuren wurden mit folgenden<br />
Schutzgruppen eingesetzt. Thr, Asp, Glu, Tyr: tert-butyl; Gln, Cys: Trityl; Trp, Lys: Boc<br />
und Arginin wurde durch 2,2,4,6,7-pentamethyl-dihydrobenzofuran-5-sulfonyl (Pbf)<br />
geschützt. Die Aminosäuren Gly, Ile, Pro und Val wurden ohne Schutzgruppe eingesetzt.<br />
Alle Reagenzien wurden in N-Methyl-2-pyrrolidon (NMP) gelöst, außer Piperidin, das<br />
zum Entschützen des N-Terminus verwendet wurde und in DMF gelöst wurde. Die<br />
Reagenzien wurden im Verhältnis 1:5:5:10 (Harz:Aminosäure:Kopplungsreagenz:DIPEA)<br />
eingesetzt. Als Kopplungsreagenzien kamen sowohl TCTU, TBTU und PyBOP, sowohl<br />
einzeln wie auch in Kombination <strong>bei</strong> Doppelkopplungen, zum Einsatz. Nach jeder<br />
Kopplung und jeder Schutzgruppenabspaltung wurde das Harz sechs Mal mit DMF<br />
gewaschen.<br />
In einer typischen Synthese wurde zunächst das Harz (258 mg, 0,17 mmol/g) für 30<br />
Minuten mit DMF benetzt und anschließend zwei Mal je 15 Minuten mit 25 % Piperidin<br />
versetzt, um die N-terminalen Schutzgruppen zu entfernen. In allen Kopplungszyklen<br />
wurden Doppelkopplungen mit einer Reaktionszeit von 30 Minuten pro Kopplung<br />
durchgeführt. Nach Beendigung der Synthese wurde das Harz vier Mal mit Dichlormethan,<br />
zwei Mal mit Methanol und wieder vier Mal mit Dichlormethan gewaschen. Das Harz<br />
wurde für 90 Minuten im Argonstrom getrocknet und die synthetisierten Peptide wurden<br />
mit einer Mischung aus TFA (36 ml), Thioanisol (2,1 ml) Ethandithiol (1,2 ml) und Anisol<br />
(0,9 ml) vom Harz abgespalten und entschützt. Die erhaltene Lösung wurde über Nacht <strong>bei</strong><br />
150
151<br />
Experimenteller Teil<br />
–20°C gelagert, um eine vollständige Abspaltung der Schutzgruppen zu garantieren.<br />
Anschließend wurde die Abspaltlösung im Vakuum entfernt und die Peptide mit<br />
Ether/Pentan im Verhältnis 1:1 gefällt und sedimentiert. Der erhaltene Feststoff wurde<br />
viermal in Ether/Pentan resuspendiert und anschließend in Essigsäure/Wasser gelöst,<br />
lyophylisiert und mittels HPLC aufgereinigt.<br />
5.2.2. Rekombinantes Pottwal-Myoglobin aus E. coli<br />
Das Plasmid für die Überexpression von rekombinantem Pottwal-Myoglobin wurde von<br />
Prof. Dr. S. Hirota von der Kyoto Pharmaceutical University, Kyoto, Japan, zur Verfügung<br />
gestellt.<br />
Die Anzucht der E. coli Zellen, die Isolierung und Aufreinigung des rekombinanten<br />
Pottwal-Myoglobins und verschiedene Versuche zur Kristallisation wurden von Herrn Dr.<br />
Hideaki Ogata durchgeführt. Der Einbau des Plasmids erfolgte durch die<br />
Transformationsmethode unter Verwendung des „BL21(DE3) Competent Cells“ Kits der<br />
Firma Merck.<br />
Für die Anzucht der Zellen [88; 89; 128; 129] wurde der E. coli-Stamm BL21DE3 mit dem<br />
wtMb/pET29b-Vektor verwendet. Das Medium bestand aus Trypton (16 g/L), Hefe<br />
Extrakt (10 g/L) und Kochsalz (5 g/L) mit einem pH-Wert von 7,3. Nach der Sterilisation<br />
wurden pro Liter Medium 1 mL des Antibiotikums Kanamycinmonosulfat (25mg/mL)<br />
zugegeben. Die Zellen wurden zunächst in einer Vorkultur (80 mL) über Nacht <strong>bei</strong> 37°C<br />
kultiviert. Um eine mögliche Kontamination des Mediums auszuschließen, wurde es<br />
während der Wachstumsphase der Vorkultur <strong>bei</strong> 37°C über Nacht gelagert. Es wurde nur<br />
Medium verwendet, dass keinerlei Anzeichen einer Kontamination (z.B. Trübung etc.)<br />
zeigte. Für die Hauptkultur wurden je 10 mL der Vorkultur auf jeweils 1,6 L Medium in<br />
einer Sterilbank überimpft und über Nacht <strong>bei</strong> 37°C geschüttelt. Der Rest der Vorkultur<br />
wurde auf Aga-Platten ausgestrichen.<br />
Nach vier bis fünf Stunden erreichte die Hauptkultur einen OD660-Wert zwischen 0,6 und<br />
0,7 relativ zum Medium und die IPTG Induktion mit 320 µL einer 0,5 M IPTG-<br />
Stammlösung pro 1,6 L Medium wurde durchgeführt. Die Zellkultur wurde über Nacht <strong>bei</strong>
Experimenteller Teil<br />
30°C inkubiert und anschließend sedimentiert. Aus acht Liter Medium wurden 30 g<br />
Nassgewicht Zellen erhalten.<br />
Zum Aufschließen wurden je 10 g Zellen 30 mL eines 20 mM TrisHCl-Puffers, pH 8,0,<br />
mit 80 mg Lysozym, 2,65 mg Dithiothreitol, 7,2 mg Protease Inhibitor (Pefabloc SC Plus<br />
Roche, ehem. BioMol), 0,25 mg DNase, 0,4 µL einer Stammlösung mit der Konzentration<br />
1 mg/mL RNase A und 14,9 mg EDTA verwendet. Die Zellen wurden für 30 Minuten auf<br />
Eis in diesem Puffer resuspendiert, <strong>bei</strong> –80°C eingefroren und nach dem Auftauen erneut<br />
für 30 Minuten gerührt. Anschließend wurde die Suspension <strong>bei</strong> 40000 g für 20 Minuten in<br />
der Zentrifuge sedimentiert. Bei 4°C wurde der klare Überstand bis zu einer<br />
Endkonzentration von 55 % mit Ammoniumsulfat versetzt (14 g (NH4)2SO4 in 40 mL) und<br />
für 30 Minuten inkubiert. Die denaturierten Proteine wurden <strong>bei</strong> 40000 g innerhalb von 20<br />
Minuten sedimentiert und der klare, rotbraune Überstand über Nacht gegen vier Liter<br />
20 mM TrisHCl Puffer, pH 8,0, dialysiert.<br />
Die Aufreinigung des Myoglobins erfolgte über eine DEAE Sephacel Anionenaustauscher-<br />
Säule, die mit 20 mM TrisHCl Puffer äquilibriert war. Auf dieser Säule bindet das<br />
Myoglobin im Gegensatz zu einigen Verunreinigungen nicht und eluiert als rotbraune<br />
Bande. Die erhaltene Fraktion wurde mit einer Spatelspitze Kaliumhexacyanoferrat(III),<br />
gelöst in 20 mM TrisHCl Puffer, pH 8,0, oxidiert und mit 10 %iger Essigsäure auf einen<br />
pH-Wert von 6,0 eingestellt. Die Lösung wurde auf eine CM Sephadex C25 Säule, die mit<br />
20 mM Phosphatpuffer pH 6,0 äquilibriert war, aufgetragen und durch einen manuellen<br />
Stufengradienten mit 50 mM Phosphatpuffer, pH 8,0, eluiert. Abschließen wird die<br />
Proteinlösung über Ultrafiltrationsmembranen mit 10 kDa Ausschlussgröße<br />
aufkonzentriert.<br />
5.2.3. Darstellung von Apo-Myoglobin<br />
Das kommerziell bezogene polykristalline Myoglobin wird in destilliertem Wasser gelöst<br />
(10 mg/mL) und unter Eiskühlung mit 1 M Salzsäure (66 µL/mL) auf pH 1-2 eingestellt,<br />
wo<strong>bei</strong> eine Farbänderung von rot-braun nach braun zu beobachten war. Diese Lösung<br />
wurde drei Mal mit eiskaltem 2-Butanon extrahiert. Die farblose wässrige Phase wird<br />
zunächst für vier Stunden gegen NaHCO3 (50 mg/L) und 0,1 mM EDTA und anschließend<br />
152
153<br />
Experimenteller Teil<br />
über Nacht gegen destilliertes Wasser dialysiert. Die Proteinkonzentration wird durch<br />
UV/Vis Spektroskopie bestimmt (ε280=15,2 mM -1 cm -1 ).<br />
5.2.4. Darstellung von Zink-Protoporphyrin (ZnPPIX)<br />
Unter Lichtausschluss werden 35 mg Protoporphyrin (PPIX) in 4 ml DMSO gelöst, mit<br />
2 ml einer gesättigten Zinkacetatlösung in DMSO versetzt und über Nacht <strong>bei</strong><br />
Raumtemperatur gerührt. Der Reaktionsfortschritt kann durch UV-Vis-Spektroskopie<br />
verfolgt werden, da das Edukt zwei Banden <strong>bei</strong> 629 nm und 509 nm aufweist, die <strong>bei</strong><br />
vollständiger Metallierung nicht mehr auftreten. Nach beendeter Reaktion wird die<br />
Reaktionsmischung mit Ether und Wasser ausgeschüttelt. Die organische Phase wird über<br />
Natriumsulfat getrocknet und im Vakuum entfernt. Man erhält 35,5 mg (92 %) ZnPPIX als<br />
rotbraunen Feststoff.<br />
UV/Vis (DMSO): 586 nm (0,19), 547 nm (0,20), 423 nm (1,00)<br />
1<br />
H-NMR (400MHz, DMSO): 10,26, 10,18, 10,16, 10,12 (je s, 1H, 5-, 10-, 15-, 20-H),<br />
8,53, 8,50 (je dd, 1H, J=11,6Hz, J=17,8Hz, X von ABX 3 1 -CH, 8 1 -CH), 6,41, 6,40 (je dd,<br />
1H, J=1,7Hz, J=17,9Hz, A von ABX 3 1 -CH, 8 1 -CH), 6,15, 6,14 (je dd, 1H, J=1,7Hz,<br />
J=11,4Hz, B von ABX 3 1 -CH, 8 1 -CH), 3,75, 3,74, 3,63, 3,60 (je s, 3H, 2-, 7-, 12-, 18-<br />
CH3), 2,7-2,3 (m, 8H, 13 1 -, 13 2 -, 17 1 -, 17 2 -CH2)<br />
MS (ESI): berechnet: 667 g/mol, gefunden: 668 [667+H], 690 [667+Na], 706 [667+K]
Experimenteller Teil<br />
5.3. Darstellung der (Metall-)Phäophorbide<br />
Alle Ar<strong>bei</strong>ten mit Chlorophyllen und deren Derivaten wurden unter Grünlicht<br />
durchgeführt. Die Lagerung der Produkte erfolgte ohne Lösemittel <strong>bei</strong> –80 °C.<br />
5.3.1. Allgemeine Ar<strong>bei</strong>tsvorschriften<br />
5.3.1.1. Standardaufar<strong>bei</strong>tung<br />
Das Reaktionsgemisch wurde mit Ether und Wasser versetzt, bis eine klare Lösung<br />
entstand. Die Phasen wurden separiert und die organische Phase dreimal mit Wasser<br />
gewaschen. Nach Trocknung über Natriumsulfat wurde das Lösemittel unter Vakuum<br />
entfernt.<br />
5.3.1.2. Abspaltung des Phytylesters<br />
Das entsprechende Phäophytin wurde mit TFA versetzt (1 ml/ 10 mg Pigment) und 10 bis<br />
15 Minuten <strong>bei</strong> Raumtemperatur gerührt. Nach Entfernung der TFA im Vakuum konnte<br />
der Rückstand ohne Reinigung für die Metallierungsreaktion eingesetzt werden.<br />
5.3.1.3. Metallierung der Phäophorbide<br />
Zu dem zu metallierenden Phäophorbid wurde je ein 200facher Überschuss an Zinkacetat<br />
und an Natriumacetat gegeben. Bei Pigmenten, die in der 13 2 -Position die Methoxycarbonylgruppe<br />
besitzen, wird außerdem eine Spatelspitze Natriumascorbat zugegeben, um<br />
die Racemisierung der 13 2 -Postion zu reduzieren. Als Lösemittel wurde Eisessig<br />
(10 ml/ 15 mg Pigment) verwendet und die Reaktionsmischung wurde für eine Stunde <strong>bei</strong><br />
Raumtemperatur gerührt. Der Fortschritt der Reaktion konnte durch UV-Vis-<br />
Spektroskopie verfolgt werden. Nach beendeter Reaktion wurde das Reaktionsgemisch mit<br />
der doppelten Menge an Toluol versetzt und das Azeotrop Toluol/Essigsäure am<br />
Rotationsverdampfer abgezogen. Der verbliebene Rückstand wird nach der<br />
Standardaufar<strong>bei</strong>tung (5.3.1.1) isoliert.<br />
154
155<br />
Experimenteller Teil<br />
5.3.2. Gewinnung von Chlorophyll a aus getrockneten<br />
Cyanobakterien<br />
Es wurden 2 g Bakterien mit einem Gemisch aus Aceton und gesättigter Na2CO3 Lösung<br />
(80/20) versetzt und unter Eiskühlung für 15 min mit Ultraschall aufgeschlossen. Die<br />
ungelösten Zellrückstände wurden sedimentiert und die organische Phase wurde mit<br />
Wasser und anschließend mit gesättigter Kochsalzlösung gewaschen, über Natriumsulfat<br />
getrocknet und einrotiert. Der Rückstand wurde durch HPLC-chromatographisch getrennt<br />
und man erhält 6,5 mg Chlorophyll a.<br />
UV/Vis (Diethylether): 660 nm (0,77), 613 nm (0,12), 576 nm (0,06), 530 nm (0,04), 428<br />
nm (1,00), 409 nm (0,75)<br />
HPLC: - stationäre Phase: Nucleosil-5-C18<br />
- mobile Phase: Methanol, 0,8 ml/min<br />
- Retentionszeit: 7,14 min Chl a<br />
8,15 min Chl a´<br />
MS (ESI): berechnet: 892 g/mol, gefunden: 915 [892+Na], 931 [892+K]<br />
5.3.3. Umsetzung von Chlorophyll a zu Phäophorbid a<br />
Der Phytylester wurde nach 5.3.1.2 hydrolysiert.<br />
UV/Vis (Diethylether): 667 nm (0,58), 609 nm (0,08), 561 nm (0,03), 533 nm (0,10), 504<br />
nm (0,12), 466 nm (0,04), 407 nm (1,00)<br />
HPLC: - stationäre Phase: Nucleosil-5-C18<br />
- mobile Phase: Methanol / 2 M Ammoniumacetat: 8 / 1<br />
- Retentionszeit: 5,02 min Phäophorbid a<br />
6,38 min Phäophorbid a´<br />
MS (ESI): berechnet: 592 g/mol, gefunden: 593 [592+H], 615 [592+Na]
Experimenteller Teil<br />
5.3.4. Darstellung von Pyrophäophytin a aus getrockneten<br />
Cyanobakterien<br />
Es wurden 500 g Bakterien vier Mal mit je 500 ml Methanol extrahiert. Nach dem<br />
Abfiltrieren der unlöslichen Rückstände wurde das Methanol im Vakuum entfernt. Der<br />
zähflüssige Rückstand wurde mit 150 ml Collidin (2,4,6-Trimethylpyridin) versetzt und für<br />
sechs Stunden unter Argon am Rückfluss gekocht. Anschließend wurde das Collidin im<br />
Ölpumpenvakuum abdestilliert (p < 2 mbar, Kp 30 °C) und der verbliebene Rückstand<br />
durch MPLC gereinigt. Dazu wurde die Probe in Pentan : Diethylether (3:1) gelöst und<br />
zunächst mit Pentan eluiert. Im Verlauf der Trennung wurde das Lösemittel sukzessiv auf<br />
reinen Ether umgestellt. Es werden 2,5 g Pyrophäophytin a erhalten.<br />
UV/Vis (Diethylether): 667 nm (0,50), 609 nm (0,07), 534 nm (0,09), 505 nm (0,11), 409<br />
nm (1,00)<br />
IR (KBr): 1731 cm -1 (CO2Phytyl), 1637, 1618 cm -1 (13 1 -CO)<br />
1<br />
H-NMR (400MHz, CDCl3): 9,49 (s, 1H, 10-H), 9,38 (s, 1H, 5H), 8,57 (s, 1H, 20-H),<br />
8,00 (dd, 1H, J=11,5 Hz, J=17,8 Hz, 3 1 -CH), 6,28, 6,17 (je d, 1H, J=17,8 Hz, 1H, J=11,5<br />
Hz AB von ABX 3 2 -CH2), 5,25, 5,09 (je d, 1H, je J=19,9 Hz, 13 2 -CH2), 4,53 (m, 1H, 18-<br />
H), 4,29 (m, 1H, 17-H), 3,67 q, 2H, J=7,6 Hz, 8 1 -CH2), 3,65 (s, 3H, 12 1 -CH3), 3,41 (s, 3H,<br />
2 1 -CH3), 3,21 (s, 3H, 7 1 -CH3), 2,76 (m, 1H, 17 1 a-CH2), 2,56 (m, 1H, 17 2 a-CH2), 2,33 (m,<br />
2H, 17 1 b-CH2, 17 2 b-CH2), 1,79 (d, 3H, 18 1 -CH3), 1,67 (t, 3H, J=7,6 Hz, 8 2 -CH3), 0,32, -<br />
1,02 (je br s, 1H, NH), 0,7 bis 2,0 (mehrere breite m, Phytylester)<br />
MS (ESI): berechnet: 812 g/mol, gefunden: 813 [812+H], 835 [812+Na]<br />
300 mg (0,369 mmol) Pyrophäophytin a wurden nach der Standardvorschrift 5.3.1.2 zu<br />
Pyrophäophorbid a mit der entsprechenden Carbonsäuregruppe hydrolysiert. Ohne<br />
Analyse oder Aufreinigung wird diese Verbindung direkt metalliert (5.3.1.3). Man erhält<br />
170 mg (0,285 mmol, 77% ) ZnPPheid a.<br />
156
157<br />
Experimenteller Teil<br />
UV/Vis (Diethylether): 653 nm (0,58), 608 nm (0,12), 568 (0,07), 424 nm (1,00)<br />
HPLC: - stationäre Phase: Nucleosil-5-C18<br />
- mobile Phase: Methanol / 0,5 M Ammoniumacetat: 8 / 1<br />
- Retentionszeit: 8,14 min ZnPPheid a<br />
1<br />
H-NMR (400MHz, Pyridin): 10,05 (s, 1H, 10-H), 9,82 (s, 1H, 5-H), 8,80 (s, 1 H, 20-H),<br />
8.37 (dd, 1H, J=11,5 Hz, J=18,0 Hz, X von ABX 3 1 -CH), 6,40, 6,16 (je d, 1H, J=17,8 Hz,<br />
J=11,5 Hz AB von ABX 3 2 -CH2), 5,58, 5,31 (d, 1H, J=19,5 Hz, d, 1H, J=19,5 Hz 13 2 -<br />
CH2), 4,68 (dq, 1H, J17,18=2,4 Hz, J18,18 1 =7,5 Hz, 18-H), 4,51 (m, 1H, 17-H), 3,90 (q, 2H,<br />
8 1 -CH2, J=7,7 Hz), 3,88 (s, 3H, 12 1 -CH3), 3,48 (s, 3H, 2 1 -CH3), 3,36 (s, 3H, 7 1 -CH3), 2,98<br />
(m, 1H, 17 1 a-CH2), 2,91 (m, 1H, 17 2 a-CH2), 2,60 (m, 2H, 17 1 b-CH2, 17 2 b-CH2), 1,88 (d,<br />
3H, J8, 18 1 =7,4 Hz,18 1 -CH3), 1.79 (t, 1H, J=7,7 Hz, 8 2 -CH3)<br />
MS (ESI): berechnet: 596 g/mol, gefunden: 595 [596-H]<br />
5.3.5. Darstellung von Methylpyrophäophorbid a<br />
(13 2 -Decarboxymethylphäophorbid a Methylester)<br />
Es wurden 731 mg (0,9 mmol) Pyrophäophytin a in einem Gemisch aus 80 ml Methanol<br />
und 20 ml Schwefelsäure gelöst und für 48 Stunden <strong>bei</strong> Raumtemperatur gerührt. Der<br />
Reaktionsansatz wurde mit gesättigter Natriumhydrogencarbonatlösung neutralisiert und<br />
mit Diethylether extrahiert. Die vereinten organischen Phasen wurden mit Wasser<br />
ausgeschüttelt, über Natriumsulfat getrocknet und am Rotationsverdampfer eingeengt. Der<br />
schwarze Rückstand wird in Pentan aufgenommen und über Nacht <strong>bei</strong> –20 °C gelagert. Die<br />
schwarzen Kristalle wurden abfiltriert und man erhält Methylpyrophäophorbid a (336 mg,<br />
74 %).<br />
UV/Vis (CH2Cl2): 667 nm (0,45), 609 nm (0,08), 539 nm (0,09), 508 nm (0,10), 413 nm<br />
(1,00)<br />
IR (KBr): 1743 cm -1 (CO2Me), 1636 cm -1 , 1618 cm -1 (13 1 -CO)<br />
Schmelzpunkt: 215 – 219°C (Lit.: 217 – 219°C) [130]
Experimenteller Teil<br />
1<br />
H-NMR (400MHz, CDCl3): 9,88 (s, 1H, 10-H), 9,72 (s, 1H, 5H), 8,90 (s, 1H, 20-H),<br />
8.03 (dd, 1H, J=11.5Hz, J=17.8Hz 3 1 -CH), 6.30 (dd, 1H, J=17.8Hz, J=11.5Hz, 3 2 -CH2),<br />
5.38, 5.19 (2d, je 1H, J=19.9Hz, 13 2 -CH2), 4,64 (dq, 1H, J18,17=2,0 Hz, J18, 18 1 =7,3 Hz, 18-<br />
H), 4,42 (m, 1H, 17-H), 3,81 (q, 2H, J=7,7 Hz, 8 1 -CH2), 3,75 (s, 3H , 12 1 -CH3) , 3,66 (s,<br />
3H, OCH3), 3,46 (s, 3H, 2 1 -CH3), 3,33 (s, 3H, 7 1 -CH3), 2,81 (m, 1H, 17 1 a-H) , 2,64 (m,<br />
1H, 17 2 a-H), 2,4 (m, 2H, 17 1 b, 17 2 b-H), 1,90 (d, 3H, J=7,3 Hz, 18 1 -CH3), 1,72 (t, 3H,<br />
J=7,6 Hz, 8 2 -CH3), -0,44, -1,73 (je br s, 1H, NH)<br />
MS (ESI): berechnet: 548 g/mol, gefunden: 549 [548+H], 571 [548+Na]<br />
Die Verbindung wurde nach der Standardmethode 5.3.1.3 zu Zink-MePPheid a metalliert.<br />
UV/Vis (CH2Cl2): 654 nm (0,67), 608 nm (0,13), 568 nm (0,07), 426 nm (1,00)<br />
IR (KBr) : 1742 cm -1 (CO2Me), 1637 cm -1 , 1618 cm -1 (13 1 -CO)<br />
HPLC: - stationäre Phase: Nucleosil-5-C18<br />
- mobile Phase: Methanol / 0,5 M Ammoniumacetat: 8 / 1<br />
- Retentionszeit: 13,75 min ZnMePPheid a<br />
1<br />
H-NMR (400MHz, CDCl3): 10,00 (s, 1H, 10-H), 9,76 (s, 1H, 5-H), 8,74 (s, 1H, 20-H),<br />
8,31 (dd, 1H, J=11,5 Hz, J=18 Hz, X von ABX 3 1 -CH), 6,33, 6,10 (je d, 1H, J=11,5 Hz,<br />
J=18Hz, AB von ABX 3 2 -CH2), 5,42, 5,20 (je d, 1H, J=20 Hz, 13 2 -CH2), 4,53 (dq, 1H,<br />
J17,18=2,4 Hz, J18,18 1 =7,3 Hz, 18-H), 4,35 (m, 1H, 17-H), 3,84 (q, J=7,4 Hz, 2H, 8 1 -CH2),<br />
3,83 3,62, 3,59, 3,43 (je s, 3H, 12 1 -CH3, 7 1 -CH3, OCH3, 2 1 -CH3), 2,8-2,45 (m, 4H, 17 1 -<br />
CH2, 17 2 -CH2), 1,80 (d, J=7,3 Hz, 3H, 18 1 -CH3), 1,73 (t, J=7,5 Hz, 3H, 8 2 -CH3)<br />
MS (ESI): berechnet: 610 g/mol, gefunden: 611 [610+H], 633 [610+Na]<br />
5.3.6. Darstellung von Methylpyrophäophorbid d<br />
380 mg (0,7 mmol) Methylpyrophäophorbid a wurden in 70 ml THF mit 10 mg<br />
(0,04 mmol) OsO4 gelöst. In fünf Minuten wurde eine Lösung von 0,8 g (3,7 mmol) NaIO4<br />
und 300 µL Eisessig in 5 ml Wasser zugetropft. Nach 24 Stunden Rühren <strong>bei</strong><br />
Raumtemperatur wurde die Mischung mit Dichlormethan versetzt und mit Wasser<br />
ausgeschüttelt. Die organische Phase wurde über Natriumsulfat getrocknet und einrotiert.<br />
Man erhält 182 mg (47 %) Methylpyrophäophorbid d (3-devinyl-3-formyl-13 2 -<br />
158
159<br />
Experimenteller Teil<br />
demethoxycarbonylphäophorbid a Methylester) als schwarze Kristalle in ausreichender<br />
Reinheit zur Metallierung oder weiteren Umsetzung.<br />
UV/Vis (CH2Cl2): 689 nm (0,72), 629 nm (0,08), 549 nm (0,14), 517 nm (0,15), 422 nm<br />
(1,00)<br />
IR (KBr): 1739 (CO2Me), 1690 (13 1 CO), 1673 (3 1 -CHO)<br />
1<br />
H-NMR (500MHz, CDCl3): 11,54 (s, 1H, 3 1 -CHO), 10,44 (s, 1H, 5-H), 9,72 (s, 1H, 10-<br />
H), 8,96 (s, 1H, 20-H), 5,38, 5,21 (d, je1H, J=19,7 Hz, 13 2 -CH2), 4,63 (dq, 1H, J18,17=1,5<br />
Hz, J18,18 1 =7,4 Hz, 18-H), 4,42 (m, 1H, 17-H), 3,79 (s, 3H, 12 1 -CH3), 3,73 (s, 3H, OCH3),<br />
3,64 (s, 3H, 2 1 -CH3), 3,33 (s, 3H, 7 1 -CH3), 2,78 (m, 1H, 17 1 a-H), 2,64 (m, 1H, 17 2 a-H),<br />
2,35 (m, 2H, 17 1 b-H, 17 2 b-H), 1,88 (d, 3H, J=7,4 Hz, 18 1 -CH3), 1,71 (t, 3H, J=7,7 Hz, 8 2 -<br />
CH3)<br />
MS (ESI): berechnet: 550 g/mol, gefunden: 551 [550+H], 573 [550+Na]<br />
Das Methylpyrophäophorbid d wird analog zu 5.3.1.3 metalliert, jedoch wird als<br />
Lösemittel statt Eisessig ein Gemisch aus Dichlormethan-Methanol (50:1) verwendet.<br />
UV/Vis (CH2Cl2): 681 nm (0,99), 630 nm (0,13), 574 nm (0,08), 532 nm (0,06), 441 nm<br />
(1,00)<br />
HPLC: - stationäre Phase: Nucleosil-5-C18<br />
- mobile Phase: Methanol / Wasser: 8 / 1<br />
- Retentionszeit: 9,34 min ZnMePPheid d<br />
1 1<br />
H-NMR (500MHz, Pyridin): 11,72 (s, 1H, 3 -CHO), 10,80 (s, 1H, 10-H), 10,05 (s, 1H,<br />
5-H), 8,94 (s, 1H, 20-H), 5,46, 5,26 (je d, 1H, J= 20 Hz, 13 2 -CH2), 4,60 (m, 1H, 18-H),<br />
4,41 (m, 1H, 17-H), 3,86, (q, 2H, J=7,6 Hz, 8 1 -CH2), 3,83, 3,75, 3,60, 3,36 (je s, 3H, 12 1 -,<br />
2 1 -, 7 1 -CH3, O-CH3), 2,9-2,3 (m, 4H, 17 1 -CH2, 17 2 -CH2), 1,83 (d, 3H, 18 1 -CH3), 1,73 (t,<br />
3H, J=7,6 Hz, 8 2 CH3)<br />
MS (ESI): berechnet: 612 g/mol, gefunden: 613 [612+H], 635 [612+Na]
Experimenteller Teil<br />
5.4. Rekonstitution von Apo-Myoglobin mit<br />
verschiedenen Kofaktoren<br />
5.4.1. Einbau von Zink-Protoporphyrin<br />
Zu einer eisgekühlten Apo-Mb Lösung in 50 mM Phosphatpuffer pH 8,0 wurde unter<br />
Lichtausschluss eine ZnPPIX Lösung in DMSO zugetropft (1,5 eq). Der Anteil an DMSO<br />
am Gesamtvolumen sollte 5 % nicht übersteigen, um eine Denaturierung des Proteins zu<br />
vermeiden. Die Probe wurde auf Eis für zwei Stunden gerührt und anschließend filtriert,<br />
um den Überschuss an wasserunlöslichem Kofaktor zu entfernen. Die Aufreinigung<br />
erfolgte über zwei aufeinanderfolgende Sephadex G 25 Säulen (PD 10), die zuvor mit<br />
50 mM Phosphatpuffer pH 7,0 äquilibriert wurden. Ein vollständiger Einbau kann durch<br />
UV/Vis Spektroskopie nachgewiesen werden, wenn das Verhältnis der Soret-Bande und<br />
der Proteinbande 10 beträgt (E428/E280 ≈ 10). Alle Proben, die ein Verhältnis E428/E280 > 9<br />
aufwiesen, wurden für weitere Messungen verwendet.<br />
UV/Vis (H2O): 596 nm (0,05), 554 nm (0,07), 428 nm (1,00), 280 nm (0,10)<br />
5.4.2. Einbau der Zink-Phäophorbid-Kofaktoren<br />
Zu einer Eisgekühlten Apo-Mb Lösung in 20 mM MES Puffer pH 6,2 wurden 2 eq des<br />
entsprechenden Zink-Phäophorbids in Pyridin langsam und unter Rühren zugetropft. Nach<br />
einer Stunde wird die Lösung zunächst filtriert und anschließend über zwei PD10 Säulen<br />
von ungebundenem Kofaktor und Pyridin befreit.<br />
UV/Vis (H2O): für ZnPPheid a Mb 660 nm (0,64), 620 nm (0,13), 437 nm (1,00),<br />
415 nm (0,55), 392 nm (0,33), 333 nm (0,28)<br />
für ZnPheid a Mb 661 nm (0,76), 622 nm (0,15), 437 nm (1,00),<br />
418 nm (0,64), 388 nm (0,37), 337 nm (0,32)<br />
160
161<br />
Experimenteller Teil<br />
für ZnMePPheid a Mb 658 nm (0,61), 622 nm (0,13), 436 nm (1,00),<br />
417 nm (0,64), sh 390 nm, 335 nm (0,31)<br />
für ZnMePPheid d Mb 688 nm (0,85), 458 nm (1,00), 437 nm (0,87),<br />
403 nm (0,61)<br />
für ZnPPheid a SwMb 660 nm (0,57), 623 nm (0,13), 437 nm (1,00),<br />
416 nm (0,61), sh 392 nm, 335 nm (0,31)<br />
5.5. Darstellung der [4Fe4S]-Modellpeptide<br />
5.5.1. Die Peptide FA, FB, FX1 und FX2<br />
Alle Peptide wurden wie unter 5.2.1 beschrieben synthetisiert. Die Sequenzen der<br />
einzelnen Peptide sind in Tabelle 14 zusammengefasst. Die Ausbeute für FA und FB lag <strong>bei</strong><br />
17 % nach der Aufreinigung. Die Reinheit wurde durch analytische HPLC und MALDI-<br />
TOF Massenspektrometrie überprüft.<br />
Tabelle 14: Sequenzen der Peptide, die als Modelle für die [4Fe4S]-Zentren im Photosystem I verwendet<br />
wurden.<br />
Bezeichnung des Peptids Sequenz (von N- zum C-Terminus)<br />
FA<br />
FB<br />
FX1<br />
FX2<br />
TEDCVGCKRCKPECPW<br />
YDTCIGCTQCKPECPW<br />
RFPCDGPGRGGTCQVS<br />
AFPCDGPGRGGTCDIS<br />
MS: FA berechnet: 1852,8 gefunden: 1850,5<br />
FB berechnet: 1845,7 gefunden: 1845,6<br />
FX1 berechnet: 1636,9 gefunden: 1636,3<br />
FX2 berechnet: 1552,7 gefunden: 1552,1
Experimenteller Teil<br />
5.5.2. Rekonstitution der Peptide<br />
Die synthetisierten Peptide wurden anhand von Literaturvorschriften mit [4Fe4S]-Zentren<br />
rekonstituiert [131; 132] . Außerdem kam ein abgeändertes Verfahren zum Einsatz. Beide<br />
Rekonstitutionsmethoden werden nachfolgend detailliert beschrieben. Sämtliche Ar<strong>bei</strong>ten<br />
wurden in einer Glovebox unter Schutzgasatmosphäre durchgeführt. Alle Lösungen und<br />
Puffer wurden vor dem Einschleusen in die Glovebox mindestens 30 Minuten mittels<br />
Durchleitung von Argon entgast.<br />
Zu 50 mL eines 50 mM Tris-HCl Puffers, pH 8,3, wurden 400 µL β-Mercaptoethanol<br />
gegeben, gefolgt von 1 mg Peptidlösung in 0,1 mL des gleichen Puffers. Anschließend<br />
tropft man nacheinander langsam 150 µL einer 60 mM Eisen(III)chloridlösung in Puffer<br />
und 150 µL einer frischen 60 mM Natriumsulfidlösung, ebenfalls in Puffer gelöst, zu.<br />
Zwischen der Zugabe der Eisenchloridlösung und der Natriumsulfidlösung lagen 20<br />
Minuten. Die Rekonstitutionsmischung wurde mit einem Septum und Parafilm<br />
verschlossen und über Nacht <strong>bei</strong> +4 °C in einem Kühlschrank außerhalb der Glovebox<br />
inkubiert.<br />
Die Lösungen von sechs bis 12 dieser Ansätze wurden vereint und durch Ultrafiltration auf<br />
ein Volumen von 2 mL aufkonzentriert. Der Überschuss an nicht gebundenem Eisen(III)<br />
und Natriumsulfid wurde durch zwei aufeinanderfolgende mit Sephadex G-25 Material<br />
gefüllte Säulen (PD 10-Säulen), die mit 50 mM Tris-HCl Puffer, pH 8,3, äquilibriert<br />
waren, entfernt. Es wurde eine braune Fraktion erhalten.<br />
In einem abgewandelten Verfahren wurden 10 mg Peptid in 1 mL Puffer, 1,5 mL<br />
Eisen(III)chloridlösung und 1,5 mL Natriumsulfidlösung in 50 mL Puffer nach dem obigen<br />
Schema vereint. Insbesondere <strong>bei</strong> diesem Verfahren musste die schwarze Lösung nach der<br />
Eisen(III)-Zugabe solange inkubiert werden, bis eine klare, <strong>bei</strong>nahe farblose Lösung<br />
entstand, um die Bildung von Eisensulfid zu vermeiden. Die Aufreinigung erfolgt wie oben<br />
beschrieben.<br />
57<br />
Zur Isotopenmarkierung mit Fe wurde elementares, isotopenreines Eisen in<br />
konzentrierter Salzsäure gelöst. Um die Überspannung, die <strong>bei</strong> der Bildung von<br />
Wasserstoff an einer Eisenoberfläche auftritt, zu verhindern, wurde ein Platinblech in den<br />
Kolben gegeben. Die entstandene Lösung wurde im Vakuum zur Trockne eingeengt. Der<br />
zurückbleibende braun-gelbe Feststoff wurde in Puffer aufgenommen. Zur Herstellung von<br />
162
163<br />
Experimenteller Teil<br />
Proben in D2O wurde die gesamte Prozedur in Deuteriumoxid durchgeführt. Der<br />
Isotopeneffekt von Deuterium wurde <strong>bei</strong> der Angabe der pH-Werte nicht berücksichtigt.<br />
Zum Einsatz für EPR- und Mössbauer-Proben wurden die [4Fe4S]-Zentren mit Dithionit<br />
oder NaBH4 reduziert. Dazu wurde die Konzentration an Peptid in der Lösung bestimmt<br />
und eine stöchiometrische Menge an Dithionit oder NaBH4 in 0,5 M Tris-HCl Puffer,<br />
pH 8,3, zu der Lösung gegeben.<br />
5.5.3. Herstellung der PS I Proben<br />
Das Photosystem I von Synechocystis 6803 sp. PCC 6803 und die Mutanten C14G C34S<br />
und C51G C34S der Untereinheit C wurden freundlicherweise von Donald A. Bryant und<br />
John H. Golbeck von der Pennsylvania State University, USA, zur Verfügung gestellt.<br />
Um die stromalen Untereinheiten C, D und E zu entfernen, wurde die Lösung der PS I<br />
Komplexe mit 6,8 M Harnstoff in 50 mM TrisHCl Puffer, pH 8,3, für 70 Minuten <strong>bei</strong><br />
Raumtemperatur inkubiert. Anschließend wurde die Lösung über zwei Gelfiltrationssäulen<br />
mit Sephadex G-25 als fester Phase gereinigt, die zuvor mit 50 mM TrisHCl Puffer,<br />
pH 8,3, mit 0,04 % β-Dodecylmaltosid äquilibriert wurden. Die eluierte grüne Bande<br />
wurde durch Zentrifugation in Mikrokonzentratoren (Membrangröße 100 kDa) auf eine<br />
Konzentration von 150 µg/mL Chl a aufkonzentriert und mit einer 1 M Stammlösung<br />
Natriumascorbat versetzt, so dass eine Endkonzentration von 1 mM Ascorbat vorlag.<br />
Zusätzlich wurde DCPIP bis zu einer Endkonzentration von 10 mM zugegeben.<br />
Für die EPR-Experimente zum Nachweis der Bindung der Peptide an das PS I wurde ein<br />
mindestens 100facher Überschuss an Peptid relativ zum PS I verwendet, wodurch je nach<br />
Modellpeptid ein 10-20facher Überschuss an [4Fe4S]-Zentren im Verhältnis zur<br />
potentiellen Bindungsstelle vorlag. Für die optische Analyse der<br />
Ladungsrekombinationskinetik wurde ein 10facher Überschuss an Peptid verwendet. Nach<br />
der Zugabe der Peptide wurde die Probe über Nacht auf Eis inkubiert. Anschließend wurde<br />
diese Lösung 10 Minuten unter Eiskühlung im dunkeln inkubiert, um das Photosystem I zu<br />
reduzieren und anschließend im EPR-Probengefäß eingefroren.
Literatur<br />
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Lebenslauf<br />
Name: Christoph Breitenstein<br />
Geburtsdatum: 27. März 1976<br />
Geburtsort: Oberhausen<br />
Ausbildung<br />
1982-1986 Gemeinschaftsgrundschule an der Schlägelstrasse<br />
1986-1995 Otto-Pankok-Gymnasium Mülheim<br />
Juni 1995 Abitur<br />
1996-2002 Hochschulstudium Chemie an der Gerhard-Mercator-Universität<br />
Gesamthochschule Duisburg<br />
Februar 2002 Diplom in Chemie mit dem Thema „Synthese 13 C markierter Retinale“<br />
März 2002 Beginn der Promotion am Max-Planck-Institut für Bioanorganische<br />
Chemie in Mülheim<br />
Wehrdienst<br />
1995-1996 3. U-Flottille, Kiel, Versorger Meersburg