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zum Titelthema<br />
20 <strong>einfach</strong><br />
Foto: Andrea Preuß<br />
Das Recht auf „Depression“<br />
und die Gefahr, dass das F<strong>als</strong>che stirbt<br />
Neben all dem, was Hilfreiches zu Depression<br />
gesagt wird, kamen mir einige Aspekte oft zu kurz,<br />
die mir persönlich aber wesentlich wurden:<br />
Das Recht auf „Depression“, das ich mir selbst und<br />
anderen zusprechen möchte. Depression im Sinne<br />
von ZeitRäumen, in denen ich Dunkelheit, Innen-<br />
oder gar Unterwelt erfahre, in denen nichts mehr<br />
geht <strong>als</strong> Stillhalten (wie in der Endphase der Kornreife<br />
– scheinbar passiert gar nichts mehr, es gibt<br />
nichts zu tun dafür oder dagegen). Zeiten, in denen<br />
es stirbt in mir, Verlust zu betrauern ist, Rückzug<br />
und Alleinsein angesagt sind. Dies wird oft mit<br />
Depression gleichgesetzt – man sollte etwas dagegen<br />
tun und schnellstmöglich wieder „ins Leben“<br />
kommen: sprich leistungsfähig, verfügbar, aktiv<br />
sein. Solche Zeiten/Wege neu wahr-zu-nehmen,<br />
wertzuschätzen, darin bestätigen mich innere Bilder,<br />
Erfahrungen anderer, Mythen (wie der von<br />
Inanna), altes Wissen. Sie bestärken mich, Übergängen<br />
achtsam Raum zu geben, „Sterbekraft“ zu<br />
entwickeln, mich den Leben-Tod-Leben-Rhythmen<br />
hinzugeben, den Schatz aus der Dunkelheit zu<br />
bergen und vollständig zu werden. Ich ahne erst,<br />
wie viel uns da verloren ging, was nun von Angst<br />
und Abwehr besetzt ist. Als wie depressiv würde<br />
ich mich selbst bezeichnen, wenn ich ein Baum<br />
im Winter, ein Samen bei völliger Auflösung, ein<br />
Schwan ohne seine Gefährtin wäre? Wie suizidal<br />
wäre ich <strong>als</strong> Schmetterlingsraupe, eingeschlossen<br />
im Kokon und überhaupt noch nichts spürend von<br />
dem, was übrig bleiben, wachsen und sein wird?<br />
Unendlich gut tat mir in diesen Prozessen das aufmerksame,<br />
vertrauende, kennende Mitgehen von<br />
Therapeuten, die Erlaubnis, dort zu sein und zu forschen,<br />
wo ich gerade bin.<br />
Depression <strong>als</strong> Zeichen, dass etwas sterben, sich<br />
verändern muss – und ich die dafür richtige Ebene<br />
und das Loslassen noch nicht finde. Eine Nachricht<br />
von der Gefahr hängen zu bleiben und „sinnlos“<br />
statt am Rechten zu leiden. Als ich einem Freund<br />
in suizidaler Verzweiflung beizustehen hatte, kam<br />
mir wie ein Schlag: Du, der Impuls zu sterben ist<br />
genau richtig, nur bitte auf ganz anderer Ebene!<br />
Was sollte jetzt wirklich „sterben“, d.h. aus deiner<br />
Seele gehen? (Identifikationen, Bindungen, Besetzungen,<br />
Muster…?)<br />
Es ist wichtig, den Körper mitzunehmen bei diesem<br />
Prozess: lösen und in Fluss bringen, ausdehnen,<br />
kräftigen, Neues einüben, entgiften … Der<br />
Körper speichert in Haltung und Stoffwechsel die<br />
Muster von Unterdrückung, Enge, Rückzug … und<br />
zieht die Seele wieder zurück, wenn er im Prozess<br />
nicht mitkommt.<br />
„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“ (Erich<br />
Kästner). Den Schritt über die Schwelle kann nur<br />
ich tun, immer und immer wieder: Erstarrung in<br />
Bewegung bringen, Zorn und Freude tanzen, Ressourcen<br />
wie Wald und Laufen endlich aufsuchen,<br />
mich ins Licht bringen vor meinem Altar … Leib,<br />
Seele und Geist regelmäßig „nähren“. Mir mein<br />
Leben nehmen, im besten Sinne, aggressiv und hingebungsvoll.<br />
Bereit alles zu leben, was in mir ist.<br />
Antara Beyer<br />
Psychotherapeutische Heilpraxis,<br />
Spirituelle Beratung, KreisTanz&Ritual,<br />
T. 0176-78049325, www.heilpraxis-antara.de<br />
Kürzlich hatte ich die Einsicht: Wohin ich auch gehe, immer muss ich mich selbst mitnehmen!<br />
Das kann einem ja den Spaß am Weglaufen verderben. Ron Fischer<br />
Gemälde „Ausgleich“ von Doreen Wolff,<br />
Malerin und Bildhauerin aus Dresden, www.doreen-wolff-art.de<br />
Z w i s c h e n r ä u m e<br />
sind spannend!<br />
Bis vor kurzem habe ich alle meine Bilder voll gefüllt, überall<br />
betupft und mir dafür bewusst sehr viel Zeit genommen. An<br />
einem Bild malte ich oft 2 Monate lang. Vor einiger Zeit setzte<br />
ein Wandel in meinem Schaffensprozess ein: ich entdeckte<br />
die Zwischenräume. Brachten meine bisherigen Bilder schon<br />
Ruhe für den Betrachter, so stellte ich fest, dass Freiräume<br />
dies noch verstärken. Der äußere Wandel ist mit einem inneren<br />
einhergegangen. Die vollen Bilder der letzten Jahre waren<br />
Ausdruck der Verarbeitung einer Totgeburt. Jetzt gibt es wieder<br />
mehr Raum für mich, der sich auch in den Bildern spiegelt.<br />
Gleichzeitig bringt mir das Zulassen der freien Stellen<br />
wiederum mehr innere Klarheit und Reinheit, ich fühle mich<br />
bestimmter und zielgerichteter. Die Bilder entstehen jetzt viel<br />
schneller und trotzdem sind sie nicht schnelllebig, sondern<br />
harmonisch und meditativ. Mitunter fällt es mir noch schwer,<br />
Freiräume zu lassen, aber es ist spannend zu beobachten, wie<br />
die Formen aus eben diesen Zwischenräumen entstehen. Ich<br />
mag den Ausgleich zwischen Fülle und Zwischen-/Freiraum<br />
und habe daran Gefallen gefunden, Pausen zuzulassen.<br />
zum Titelthema<br />
<strong>JA</strong> 02-03/2012 <strong>einfach</strong> <strong>JA</strong> 02-03/2012<br />
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