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ein entscheidendes Kriterium unseres Erfolges Druckerei Tiemann

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Der Club für exotische<br />

Erlebnisse<br />

Satirischer Einwurf von Lutz von Rosenberg Lipinsky<br />

Man kommt ja nicht viel rum als Armine. Ich m<strong>ein</strong>e so richtig. Richtig weit. Wir sind<br />

mobil, klar. Wir benutzen verschiedene Verkehrsmittel, sicher – vor allem solche, in<br />

denen man trinken darf. Aber sind wir schon mal zum Spiel... geflogen? Eher nicht.<br />

Wir müssen eben auch nicht Mittwoch abends nach Mailand. Zum Spiel. Das ist was<br />

für die Reichen. Und unser Club wird ja in vielen Tabellen geführt als „Arm. Bielefeld“.<br />

Das ist k<strong>ein</strong> Zufall.<br />

Dafür haben wir Deutschland mittlerweile<br />

ganz gut kennen gelernt. Ich rede jetzt<br />

nicht von Stuttgart und Hannover. Dorthin<br />

wird der <strong>ein</strong>e oder andere ja auch schonmal<br />

beruflich gezwungen. Durch s<strong>ein</strong>e niedere<br />

Leidenschaft für Musicals. Oder durch <strong>ein</strong>en<br />

Zug der Deutschen Bahn, der sich aus<br />

unerfindlichen Gründen dazu entscheidet,<br />

ausgerechnet dort liegen zu bleiben. Diese<br />

Orte haben aber wenigstens <strong>ein</strong>e Qualität:<br />

Die vorhandene Infrastruktur ermöglicht es<br />

in aller Regel, sie noch nachts wieder zu verlassen.<br />

N<strong>ein</strong>, ich rede jetzt nicht von unseren<br />

Städten, sondern von unserem Land. Darin<br />

kennen wir uns fast zu gut aus. Von Pfullendorf<br />

bis Zwickau haben wir <strong>ein</strong>iges gesehen.<br />

Das fiel aufgrund der Spielverläufe allerdings<br />

nicht gerade unter Naherholung.<br />

Das war Abenteuer-Urlaub. Wir haben<br />

überflüssige Hausanordnungen entdeckt,<br />

interessante Speisen und folkloristisch anmutende<br />

Fußballrituale. Da fühlte man sich<br />

manches Mal wie <strong>ein</strong>e Mischung aus Otto<br />

Pfister und H<strong>ein</strong>z Sielmann. Aber wer als Armine<br />

nicht in den Achtzigern schon alt und<br />

betucht genug war („Wir hatten ja nichts!“),<br />

um die Intertoto – Reisen <strong>unseres</strong> Clubs<br />

zu begleiten, kam doch nicht wirklich raus.<br />

Also, so pflichtspielmäßig. Und mittlerweile<br />

lohnen sich ja auch Reisen ins Trainingslager<br />

nicht mehr. Nichtmal die Türkei ist für<br />

Arminia noch drin. Ernst Middendorp fliegt<br />

mit s<strong>ein</strong>er Abfindung in der Weltgeschichte<br />

herum. Ghang Jong, Bukarest, Rh<strong>ein</strong>e – das<br />

volle Programm. Unsere Mannschaft dagegen<br />

kann sich nur noch Österreich leisten.<br />

Da geht es abends ohne Essen ins Bett.<br />

Oder man muß die Mannschaftskasse plündern...<br />

M<strong>ein</strong> Gott: Ausgerechnet Tirol! Na,<br />

wahrsch<strong>ein</strong>lich wollten die Jungs mal <strong>ein</strong><br />

wenig ausspannen in <strong>ein</strong>er Umgebung, die<br />

k<strong>ein</strong>en Bezug hat zu Fußball.<br />

Denn die dortige Situation ist wirklich<br />

erschütternd. Ich weiß, wovon ich rede: Ich<br />

war nämlich auch da. Ich hatte den Plan<br />

gefasst, dieser Europameisterschaft vor Ort<br />

beizuwohnen. Urlaub, ohne mit der Familie<br />

an den Strand oder mit der Frau in „diese<br />

süße Boutique“ am Marktplatz gehen zu<br />

müssen! Mit Fan-Auftrag! Super!<br />

Allerdings war das Vergnügen doch mehr<br />

als zweifelhaft, wie sich herausstellen sollte.<br />

Insbesondere Klagenfurt trägt s<strong>ein</strong>en Namen<br />

zurecht. Jammernde deutsche Fans<br />

vor geschlossenen österreichischen Kneipen.<br />

Wir tranken unsere eigenen Tränen...<br />

Wer es noch nicht wusste: Sommermärchen<br />

war in Deutschland. In unseren beiden südlichen<br />

Schwellenländern aber war sowas<br />

von tote Hose während der EURO. Das war<br />

k<strong>ein</strong> Fußballturnier, das war Entwicklungshilfe.<br />

Das müssen wir festhalten: Unser<br />

Lieblingssport geht denen dort vorbei, wo<br />

sie wohnen. Schönerweise haben sie ja wenigstens<br />

ihre Mannschaften schnellstmög-<br />

lich aus dem Verkehr gezogen, um uns echten<br />

Fußballfans nicht auch noch den Rest<br />

des Turniers zu versauen. Nach diesen Erfahrungen<br />

sollten die Gastgeber in Zukunft<br />

nicht mehr automatisch qualifiziert s<strong>ein</strong>, finde<br />

ich. Sportlich. Touristisch ist das natürlich<br />

alles schon interessant. Die Schweizer z. B.<br />

hielten wir ja bisher für neutral. Aber dann<br />

mussten wir feststellen: Die haben jemanden<br />

geschlagen! Die werden langsam frech.<br />

Haben in Berlin ihre Botschaft direkt neben<br />

unserem Kanzleramt errichtet. Riesenbau<br />

mit Mordsfahne. Finde ich schon dreist:<br />

Stellen unserer Regierung da so <strong>ein</strong>en<br />

Erste-Hilfe-Kasten vor die Tür!<br />

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