Timor-Leste
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Grunddaten<br />
<strong>Timor</strong>-<strong>Leste</strong><br />
Lukas Brandau<br />
Wirtschaftshandbuch Asien-Pazifik 2011/2012<br />
Offizielle Staatsbezeichnung Demokratische Republik <strong>Timor</strong>-<strong>Leste</strong><br />
Staatsform Parlamentarische Republik<br />
Staatsoberhaupt Präsident Dr. José Ramos-Horta (seit 2007)<br />
Regierungschef Premierminister Kay Rala Xanana Gusmão<br />
(seit 2007)<br />
Wirtschaftsressorts Emilia Pires (Finanzen), Gil Alves (Handel,<br />
Industrie, Tourismus), João (Joy) Gonçalves<br />
(Minister für Wirtschaft und Entwicklung)<br />
Sprachen Amtssprachen: Tetum, Portugiesisch; Handelssprachen:<br />
Indonesisch, Englisch<br />
Analphabetenrate 49,4% (m: 41,5%; f: 57,5%) (2007, Unesco)<br />
Maße und Gewichte Metrisches System<br />
Währung US-Dollar (USD)<br />
Haushaltsjahr 1. Januar bis 31. Dezember (seit 2008)<br />
Zeitverschiebung MEZ +8 / MESZ +7<br />
Landfläche 15.007 qkm (2011)<br />
Einwohnerzahl 1,07 Mio. (2010, Zensus)<br />
Bevölkerungsdichte 71 Einwohner/qkm (2010, Zensus)<br />
Bevölkerungswachstum 2,0% (2011, Schätzung)<br />
Religionsgruppen Katholiken 90%, Protestanten 1,6%,<br />
Moslems 0,3%, Hindu 0,2% (2009)<br />
Ethnische Zusammensetzung austronesische und melanesische Bevölkerungsgruppen<br />
(größte Gruppen Tetun 25%,<br />
Mambai 10%), chinesische Minderheit (2003)<br />
Hauptstadt Dili (171.449) (Berechnung 2010)<br />
Wichtige Städte Dare (20.134), Baucau (15.420), Los Palos<br />
(17.613) (Berechnung 2010)<br />
Wichtige Feiertage 1. Mai: Tag der Arbeit, 20. Mai: Tag der<br />
Unabhängigkeit, 29. August: Tag der Verfassung,<br />
20. September: Befreiungstag, 28. November:<br />
Unabhängigkeitstag, katholische<br />
Feiertage<br />
Wirtschaftsdaten<br />
Entstehung des BIP Primärsektor 31,2%, Sekundärsektor 15,9%,<br />
Tertiärsektor 52,6% (2007, ADB)<br />
Verwendung des BIP Privater Verbrauch 89,1%, Staatsverbrauch<br />
65,5%, Bruttoanlageninvestitionen 26,0%,<br />
Außenbeitrag -82,7% (2007, ADB)<br />
Wichtige mineralische und<br />
fossile Rohstoffe<br />
Erdöl, Erdgas (in Kooperation mit Australien,<br />
anteilig 18% der Produktion) (2005, USGS)<br />
Wichtige Agrarerzeugnisse Mais: 134.715 t, Reis, ungeschält: 120.447 t,<br />
Wurzeln und Knollen 40.731 t, Cassava<br />
37.302 t, Fisch: 4.677 t (2009, FAO)<br />
Wichtige Industriezweige Seifen, Webarbeiten, Druckgewerbe,<br />
Metallverarbeitung
Elektrizitätserzeugung k.A.<br />
Wirtschaftsabkommen mit<br />
Deutschland<br />
keine<br />
Handelsabkommen in Kraft keine<br />
Internationale Organisationen UN, ADB, FAO, IMF<br />
Sofern nicht spezifiziert, stammen die Daten aus nationalen Quellen.<br />
Wirtschaftliche und politische Lage 2011<br />
+ Konsumverhalten entwickelt sich weiter positiv<br />
+ steigende Einnahmen durch Rohstoffexporte<br />
– weiterer Anstieg der Inflation<br />
Prognose 2012<br />
+ langfristige Investitionen verbessern die Versorgungslage<br />
+ Wahlen führen zu mehr politischer Stabilität<br />
Statistisches Profil <strong>Timor</strong>-<strong>Leste</strong><br />
2008 2009 2010 2011<br />
1. Binnenwirtschaft 1)<br />
BIP Wachstum (real) % 11,0 s 12,9 s 6,1 s 7,3 p<br />
BIP (real) Mio. USD 362 s 368 s 390 s 419 p<br />
BIP (nominal) Mio. USD 444 s 556 s 628 s 709 p<br />
BIP pro Kopf USD 436 s 533 s 588 s 649 p<br />
Inflationsrate % 7,6 0,1 4,9 6,0 p<br />
2. Öffentlicher Sektor 2)<br />
Budgetsaldo Zentralregierung % BIP 405 238 200<br />
3. Außenwirtschaft 2)<br />
Handelsbilanzsaldo Mio. USD -297 -376 -405 -465 p<br />
Leistungsbilanzsaldo Mio. USD 2.023 1.363 1.514 1.708 p<br />
Leistungsbilanzsaldo % BIP 455 244 238 234 p<br />
Euro Wechselkurs Ø<br />
USD Wechselkurs Ø<br />
Offizielle Währung von <strong>Timor</strong>-<strong>Leste</strong> ist der US-Dollar.<br />
4. Außenhandel mit Deutschland 3)<br />
Deutsche Importe Mio. EUR 1,6 2,3 5,9 v<br />
Deutsche Exporte Mio. EUR 3,5 2,2 0,2 v<br />
Dt. Handelssaldo Mio. EUR 1,9 -0,1 -5,7 v<br />
P = Prognose; S = Schätzung; V = Vorläufige Zahl<br />
1) IWF<br />
2) ADB<br />
3) Statistisches Bundesamt<br />
Einen Hinweis zur Erstellung der Statistischen Profile und eventuellen Diskrepanzen zu Angaben im Text finden Sie auf Seite 571.
Politischer Überblick<br />
Aufgrund institutioneller Schwächen, die vor allem auf Fehler der politischen Führung zurückzuführen sind, bleibt die politische<br />
Lage in <strong>Timor</strong>-<strong>Leste</strong> weiterhin angespannt. Reformen bei der Exekutive, dem Militär und der Judikative gehen nur schleppend<br />
voran. Das Justice System Programme (JSP) der UNDP soll noch bis 2013 die Institutionen der Judikative stärken und der<br />
Bevölkerung einen besseren Zugang zur Gesetzgebung ermöglichen. Damit soll auch die weitgehende Straflosigkeit für die<br />
timoresischen Sicherheitsbehörden beschränkt werden, auf welche sich diese in der Regel immer noch verlassen können. Die<br />
schwachen administrativen Strukturen bieten andauernden Konfliktstoff. Vor allem die weitverbreitete Korruption bietet große<br />
Angriffsflächen. Zur Bekämpfung der Korruption wurde Ende 2010 eine Anti-Corruption Commission ins Leben gerufen, die<br />
nach ihrem Aufbau in Kürze die Arbeit aufnehmen soll.<br />
Eine große Herausforderung für die Regierung ist weiterhin die nationale Aussöhnung und die Verbesserung der<br />
Lebensbedingungen für die Bevölkerung. Noch immer leben rund 41 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze und<br />
verfügen nicht mehr als über einen US-Dollar am Tag. Die Analphabetenrate liegt bei etwa 50 Prozent und nur ein Drittel der<br />
Bevölkerung hat Zugang zu Elektrizität. Von dem Umgang mit diesen Herausforderungen wird auch abhängen, wie sich die Regierung<br />
für die 2012 geplanten Wahlen positionieren kann.<br />
Das UN-Mandat für <strong>Timor</strong>-<strong>Leste</strong> (UNMIT), das nach Unruhen 2006 aufgebaut wurde, umfasst derzeit 1.208 Polizisten und 33<br />
Militärberater. Das Mandat wurde im Februar 2011 um ein weiteres Jahr verlängert. Neben der Gewährleistung der Sicherheit,<br />
soll die Mission dazu beitragen den gegenseitigen Dialog zu fördern und beim wirtschaftlichen Wideraufbau zu helfen.<br />
Der Vorstoß Australiens, ein Auffanglager für nach Australien kommende Flüchtlinge in <strong>Timor</strong>-<strong>Leste</strong> zu etablieren, wurde vom<br />
Parlament <strong>Timor</strong>-<strong>Leste</strong>s vorerst abgelehnt. Auch Premierminister Gusmão sprach sich gegen dieses Vorhaben aus, unterstützt<br />
aber ausdrücklich die Bemühungen, den Menschenschmuggel in der Region einzudämmen.<br />
Wirtschaftspolitik und wirtschaftliche Entwicklung<br />
Dank großzügiger Ausgaben und Investitionen der Regierung konnte in den letzten Jahren ein zweistelliges BIP-Wachstum<br />
erwirtschaftet werden. Nach einem Wachstum von 12,9 Prozent im Jahr 2009 sank das BIP, exklusive des Offshore Ölsektors<br />
und der Ausgaben der UMNIT-Mitarbeiter, auf ein moderates Maß von 6,1 Prozent in 2010. Für 2011 wird ein Wachstum von<br />
7,3 Prozent erwartet.<br />
Ein Großteil der Staatsausgaben von rund 960 Millionen US-Dollar zielten 2010 auf die Schaffung kurzfristiger Anreize ab, wie<br />
die Stärkung des lokalen Konsums durch Lohnsteigerungen oder finanzielle Unterstützungsmaßnahmen für ländliche Gebiete.<br />
Die Wirkung der Maßnahmen wurde durch steigende PKW-Registrierungen, einen Anstieg des Elektrizitätskonsums und der<br />
Mobilfunknutzung deutlich. Ebenso stiegen die Ausgaben für ländliche Infrastrukturprojekte sowie für Großprojekte in der<br />
Hauptstadt Dili.<br />
Basis für die steigenden Staatsausgaben ist der rund 6,9 Milliarden US-Dollar umfassende Petroleum Fund aus dem sich das<br />
Staatsbudget zu 90 Prozent generiert. Selbst bei hoher Budgetentnahme ist davon auszugehen, dass der Fond im Jahr 2014<br />
rund 14 Milliarden US-Dollar umfassen wird. Mit jährlichen Zuflüssen von rund zwei Milliarden US-Dollar in den Fond, ist<br />
weiterhin mit einem Haushaltsüberschuss zu rechnen, der sich allerdings durch zusätzliche Ausgaben verringern wird. Für das<br />
Jahr 2011 ist mit steigenden Staatsausgaben von etwa 50 Prozent auf 1,3 Milliarden US-Dollar auszugehen, die sich auch auf<br />
längerfristige Infrastrukturprojekte beziehen werden. Bis 2015 wird mit einer Steigerung der Staatsausgaben auf 1,5 Milliarden<br />
US-Dollar gerechnet.<br />
Weitere finanzielle Investitionen müssen indes nachhaltiger gestaltet werden. Der Auf- und Ausbau der Elektrizitäts-, Wasser-<br />
und Telekommunikationsinfrastruktur wurde zwar vorangetrieben, liegt aber noch weit hinter den Möglichkeiten. Auch müssen<br />
Verbesserungen im Bildungssektor angestoßen werden. Die meisten Investitionen werden durch den Petroleum Fund<br />
finanziert. Dabei ist darauf zu achten, dass der Wert der Investitionen den Wert, der durch Vermögenszinsen erwirtschaftet<br />
werden könnte, übersteigt. Um nachhaltiges Wachstum zu fördern, ist eine weitere Herausforderung der Wandel von<br />
staatlichen zu privaten Investitionen, für den die Privatwirtschaft gestärkt werden muss.<br />
Finanzpolitik und Kapitalmarkt<br />
Die sich im Umlauf befindliche Geldmenge verringerte sich 2010 auf 9,7 Prozent. Im vorangegangenen Jahr betrug die<br />
Geldmenge durch einen Ausgabenstau noch 39,6 Prozent. Getrieben durch einen Anstieg der Nahrungsmittelpreise erreichte<br />
die Inflation im Jahresdurchschnitt einen Wert von 4,9 Prozent 2010 (2009: 0,1%). Der Preisanstieg betrifft vor allem Produkte<br />
des internationalen Marktes und ist daher eher durch steigende Kosten als durch eine steigende Nachfrage getrieben. Auch für<br />
2011 ist mit einem weiteren Anstieg auf etwa sechs Prozent zu rechnen.<br />
Der Finanzsektor wird vor allem von drei ausländischen Banken dominiert (Caixa Geral do Depositos, ANZ, Bank Mandiri).<br />
Zusätzlich bestehen kleine staatseigene Mikrofinanzinstitute. Weiterhin ist der Großteil der Bevölkerung von Finanzdienstleistungen<br />
ausgeschlossen. Aufgrund von ungenauen Landnutzungsrechten wird dessen Besitz in der Regel nicht als<br />
Sicherheit anerkannt, weswegen die Kreditvergabe an den privaten Sektor seit Jahren stagniert. Die Regierung hat 2010 mit<br />
Portugal die Etablierung eines Fonds mit fünf Jahren Laufzeit vereinbart, der <strong>Timor</strong>-<strong>Leste</strong> 100 Millionen US-Dollar jährlich zur<br />
Verfügung stellen soll.<br />
Außenwirtschaft<br />
Exklusive den Ausfuhren von Öl- und Gas ist Kaffee das einzige nennenswerte Exportgut. Aufgrund unzureichender<br />
Weiterverarbeitungsmöglichkeiten und Defiziten bei der Infrastruktur ist die Steigerung des Exportvolumens beschränkt. Die<br />
gesamten Warenexporte <strong>Timor</strong>-<strong>Leste</strong>s machen weniger als zehn Prozent der Importe aus, was zu einem deutlichen<br />
Handelsdefizit führt. Werden die Re-Exporte ausgeklammert, exportierte <strong>Timor</strong>-<strong>Leste</strong> im Jahr 2010 Waren im Wert von rund
16,7 Millionen US-Dollar. 95,8 Prozent entfallen dabei auf Kaffee. Hauptlieferländer sind die USA, Deutschland, Singapur und<br />
Japan.<br />
Die Importe stiegen 2010 um rund drei Millionen US-Dollar im Vergleich zum Vorjahr auf 298,1 Millionen US-Dollar. Wichtigste<br />
Lieferländer sind dabei Indonesien, Singapur und Australien. Einfuhren aus der VR China erlebten 2010 ein deutliches Plus<br />
von etwa 10,7 Millionen US-Dollar. Importiert werden vor allem Fahrzeuge und Zubehör, raffinierte Erdölprodukte sowie<br />
Maschinen, Apparate und mechanische Geräte.<br />
Agrarwirtschaft<br />
Als größter Arbeitgeber – rund 85 Prozent der Bevölkerung sind im Agrarsektor tätig – trägt die Landwirtschaft rund 30 Prozent<br />
zu der nicht erdölgebundenen Wirtschaftsleistung des Landes bei. Etwa 86 Prozent der unter der Armutsgrenze lebenden<br />
Bevölkerung betreibt in hohem Maße Subsistenzwirtschaft. Durch die große Abhängigkeit von Mais, Reis und Holz als<br />
Energiequelle, sind zwischen 70 bis 80 Prozent der Landbevölkerung zwischen Dezember und Januar regelmäßig von Versorgungsengpässen<br />
bedroht.<br />
Nahrungsmittelengpässen wird durch die Einführung von Hochertragssorten und Hybridpflanzen begegnet. Ebenso soll durch<br />
die Errichtung von verbesserten Bewässerungssystemen eine Ertragssteigerung erreicht werden. Hinderlich ist die nur limitiert<br />
zur Verfügung stehende Nutzfläche. Von der gesamten Landfläche von 1,5 Millionen Hektar stehen für die landwirtschaftliche<br />
Nutzung nur etwa 388.000 Hektar zur Verfügung. Die Unterzeichnung eines Memorandums of Understanding der Regierung<br />
mit der indonesischen GT<strong>Leste</strong> Biotech, zur Produktion von Bio-Antriebssttoffen auf rund 100.000 Hektar, führte daher zu<br />
heftiger Kritik.<br />
Wichtigstes landwirtschaftliches Produkt ist der <strong>Timor</strong> Hybrid Kaffee, bei dem es sich um eine äußerst resistente Pflanzenart<br />
handelt. Der Kaffeeanbau wird besonders von der Cooperativa Café <strong>Timor</strong> vorangetrieben, einer Kooperative von rund 22.000<br />
Pflanzern, die es durch zertifizierten Bio Fair-Trade Arabica-Kaffee schaffte, an den internationalen Märkten Höchstpreise zu<br />
erzielen. Zu den größten Kunden zählt die amerikanische Kaffeehauskette Starbucks. Neben dem überwiegenden Anbau von<br />
Grundnahrungsmitteln, wird auch der Anbau von ertragreichen Produkten fokussiert. Zusätzlich zu Kaffee haben sich Cashewnüsse,<br />
Mangos, Guavas, Vanille, Kakao und Erdnüsse etabliert. In Zukunft muss vermehrt in Wertschöpfungsketten<br />
investiert werden. Durch unzureichende Weiterverarbeitungsmöglichkeiten ist <strong>Timor</strong>-<strong>Leste</strong> weiterhin auf den Import von<br />
Agrarprodukten angewiesen.<br />
Bergbau und Energie<br />
2010 erwirtschaftete <strong>Timor</strong>-<strong>Leste</strong> rund 1,5 Milliarden US-Dollar aus der Offshore-Erdölproduktion. Der Ressourcenabbau ist<br />
momentan auf die Joint Petroleum Development Area (JPDA) beschränkt, die gemeinsam mit Australien betrieben wird.<br />
Einnahmen des Staates stammen zurzeit ausschließlich aus dem seit 2004 von ConocoPhillips betriebenen Erdölfeld Bayu-<br />
Udan, aus dem rund 175.000 Barrels täglich gefördert werden. Bei gleichbleibender Fördermenge ist mit einem Ende der<br />
Vorräte ab 2022 auszugehen. In Kürze ist mit der Erschließung des Kitan Feldes in der JPAD auszugehen. Die dort lagernden<br />
rund 34,6 Millionen Barrel werden dem timor-lestischen Staat in den kommenden fünf Jahren bis zu 1,3 Milliarden US-Dollar<br />
einbringen. Vorkommen von etwa 240 Millionen Barrel Öl und 5,4 Billionen Kubikmeter Gas werden im Greater Sunrise Fild<br />
vermutet. Einnahmen aus der Produktion sollen zu gleichen Teilen zwischen Australien und <strong>Timor</strong>-<strong>Leste</strong> aufgeteilt werden.<br />
Insgesamt sind ab 2015 mit Einnahmen von rund 40 Milliarden US-Dollar zu rechnen. Im Juli 2011 unterzeichnete <strong>Timor</strong>-<strong>Leste</strong><br />
ein Abkommen mit dem portugisischen Unternehmen Galp Energia zur umfangreichen Kooperation im Öl- und Gassektor. Die<br />
Regierung verspricht sich dadurch das Interesse anderer portugisisch sprachiger Länder (Angola/Brazilien) an <strong>Timor</strong>-<strong>Leste</strong> zu<br />
wecken und somit dem starken Einfluss Australiens Paroli bieten zu können.<br />
Die Energieproduktion basiert weiterhin vor allem auf Dieselgeneratoren. Rund 26.500 Verbraucher werden durch eine 19<br />
Megawatt Anlage in Dili versorgt. Etwa 60 kleinere Anlagen mit einer Gesamtkapazität von etwa 16 Megawatt versorgen<br />
umliegende Gemeinden. Großkonsumenten verfügen über eigene Dieselgeneratoren mit einer Gesamtkapazität von weiteren<br />
zehn Megawatt. Der Großteil der ländlichen Bevölkerung greift auf Holz als einzige Energiequelle zurück. Bei den Erneuerbaren<br />
Energien wird <strong>Timor</strong>-<strong>Leste</strong> ein großes Potential in der Geothermie prognostiziert. Aber auch Solar-, Wind- und<br />
Wasserkraft gelten als Zukunftssektoren. Bis 2015 plant die Regierung die Errichtung eines nationalen Stromnetzes, das mit<br />
Hilfe der Weltbank und der Asian Development Bank (ADB) fertiggestellt werden soll.<br />
Verarbeitende Industrie<br />
Für die verarbeitende Industrie bestehen in <strong>Timor</strong>-<strong>Leste</strong> nur sehr geringe Entwicklungschancen. Grund ist der immer noch<br />
hohe Fachkräftemangel sowie eine unzureichende Infrastruktur. Die industrielle Fertigung beschränkt sich auf Drucke, gewebte<br />
Textilien, Handarbeiten und Seifen. Im Juli 2010 nahm bei Dili die erste Nahrungsmittelverarbeitungsanlage des Landes den<br />
Betrieb auf. Ebenso werden die Elektrizitätspfeiler und der Zement für den Aufbau der zukünftigen Elektrizitätsinfrastruktur in<br />
<strong>Timor</strong>-<strong>Leste</strong> hergestellt.<br />
Handel, Finanzinstitute, Dienstleistungen<br />
Der Finanzsektor in <strong>Timor</strong>-<strong>Leste</strong> wird durch drei internationale Unternehmen dominiert. Neben der portugiesischen Caixa<br />
General de Depositos besitzen die indonesische Bank Mandiri und die Australian New Zealand Bank (ANZ) Repräsentanzen in<br />
dem Land. Das Instituicao de Micro Financas de <strong>Timor</strong>-<strong>Leste</strong> ist mit Hilfe der ADB und internationaler Spender mit<br />
Kleinkrediten für kleine Unternehmen und die arme Bevölkerung aktiv. Die Regierung versucht durch verschiedene<br />
Maßnahmen die Kredite für private Aktivitäten zu erhöhen. Einer der Zielsektoren ist die Landwirtschaft. In Zukunft sollen<br />
Kredite entsprechend der Saison vergeben werden, um die Beschaffung von Saatgut, Futter oder Dünger zu vereinfachen.
Infrastruktur und Verkehrswesen<br />
Große Teile der Infrastruktur sind weiterhin nicht ausgebaut. Von den rund 6.000 Kilometern Straße, die sich größtenteils in<br />
mangelhaftem Zustand befinden, sind nur rund 1.800 Kilometer asphaltiert. Zusammen mit der ADB arbeitet das Ministry of<br />
Infrastructure an Projekten durch die etliche Infrastrukturvorhaben umgesetzt werden sollen. Die Regierung geht davon aus,<br />
dass im Jahr 2015 die Staatsausgaben für Infrastrukturprojekte auf rund 1,5 Milliarden US-Dollar gestiegen sein werden. Im<br />
Zeitraum 2011 bis 2015 wird von einer Gesamtinvestitionssumme von rund drei Milliarden US-Dollar ausgegangen. Bis 2015<br />
sollen 3.000 Kilometer Straße geteert und ausgebaut werden. Ebenso ist die Einrichtung von Fährverbindungen und der<br />
Neubau von nutzbaren Seehäfen vorgesehen. Der Flughafen in Dili soll in den kommenden Jahren ausgebaut werden.<br />
Telekommunikation und Medien<br />
Im April 2011 meldete <strong>Timor</strong> Telecom, ein Tochterunternehmen der Portugal Telecom, den 500.000 Nutzer. Damit sind<br />
statistisch rund 50 Prozent der Bevölkerung mobil zu erreichen. Die Regierung verfolgt den Plan, den Telekommunikationssektor<br />
ab 2017 liberalisieren zu wollen. Vor allem aus diesem Grund bemüht sich die <strong>Timor</strong> Telecom verstärkt um eine<br />
flächendeckende Versorgung des Landes. Bis Ende 2012 ist das Ziel eine Netzabdeckung von 95 Prozent zu erreichen (2011:<br />
86%). Gleichzeitig soll der Einzelhandel um 20 Prozent gesteigert und die Downloadgeschwindigkeit auf ein Megabit pro<br />
Sekunde erhöht werden. Die Internetpenetration wird Ende 2011 rund 18 Prozent betragen.<br />
Neben internationalen TV-Programmen (RTP Portugal, ABC und BBC) sendet Televizau <strong>Timor</strong> Lorosae das einzige nationale<br />
Programm. Die größte nationale Radiostation, mit Büros in allen 13 Distrikten, sendet in Tetum, auf Portugiesisch und Indonesisch.<br />
Daneben sind noch einige lokale Radiostationen aktiv.<br />
Tourismus<br />
Der Tourismussektor bietet aufgrund der landschaftlichen Schönheit, der kulturellen Vielfalt und der Nähe zu Australien ein<br />
ungeheures Potential, welches bis jetzt noch nicht ausgeschöpft wurde. Die Touristenzahlen steigen seit einigen Jahren<br />
kontinuierlich an. Im Jahr 2009 besuchten rund 26.714 Touristen das Land. Hinderlich für eine weitere Expansion ist nach wie<br />
vor die begrenzte Zimmerkapazität. Um High-End und Ökotourismus zu unterstützen, treibt die Regierung den Bau von Resorts<br />
voran und plant den Bau eines weiteren Flughafens im Osten <strong>Timor</strong>-<strong>Leste</strong>s. Ziel ist es, die Zahl der Touristen bis 2014 auf<br />
50.000, langfristig auf 200.000 zu erhöhen.<br />
Beziehungen zu Deutschland<br />
Die politischen Beziehungen zwischen <strong>Timor</strong>-<strong>Leste</strong> und Deutschland sind gut. Die deutschen Exporte nach <strong>Timor</strong>-<strong>Leste</strong><br />
verzeichneten 2010 ein deutliches Minus auf nur noch 228.000 Euro (2009: 2,2 Mio. Euro). Der Rückgang ist vor allem auf<br />
wegfallende Exporte bei Papierwaren, Maschinen, Pumpen und Kompressoren zurückzuführen. Die Einfuhren nach<br />
Deutschland beschränkten sich ausschließlich auf Kaffee und verzeichneten ebenso ein Minus im Vergleich zum Vorjahr von<br />
über vier Millionen Euro auf 1,8 Millionen Euro im Jahr 2010. Getrieben durch den Export von Büromaschinen und<br />
nachrichtentechnischen Gerätschaften nach <strong>Timor</strong>-<strong>Leste</strong>, konnten die deutschen Exporte im ersten Quartal 2011 im<br />
Jahresvergleich um über 300 Prozent steigen. Auch die Kaffeeimporte stiegen im selben Zeitraum um knapp 320 Prozent . Ein<br />
bilaterales Investitions- und Schutzabkommen, das von deutscher Seite bereits 2005 unterzeichnet wurde, ist von <strong>Timor</strong>-<strong>Leste</strong><br />
noch nicht ratifiziert.<br />
Der Schwerpunkt der deutschen Entwicklungszusammenarbeit liegt in der Krisenprävention und Konfliktvermeidung. Bei den<br />
Regierungskonsultationen im April 2010 wurden <strong>Timor</strong>-<strong>Leste</strong> weitere 6,5 Millionen Euro zugesagt. Damit beträgt das<br />
bereitgestellte Volumen über 50 Millionen Euro. Im März 2011 bewilligte die Bundesrepublik ein Biodiversitätsprojekt mit einem<br />
Volumen von 2,5 Millionen Euro. Rund zwei Millionen Euro wurden für Projekte der technischen Zusammenarbeit veranschlagt.<br />
Restmittel der finanziellen Zusammenarbeit von 355.000 Euro sollen in den Bau von Anlegemöglichkeiten in den Häfen von<br />
Oecussi und Dili fließen.
Tabelle 1: Handelsstruktur Deutschland – <strong>Timor</strong> <strong>Leste</strong><br />
Deutsche Exporte nach <strong>Timor</strong> <strong>Leste</strong><br />
(Angaben in 1.000 Euro)<br />
Nr. Warenklasse 2009 2010 v 1-3 2011 v<br />
1 Lebende Tiere 0 0 0<br />
2 Nahrungsmittel tier. Ursprungs 0 0 33<br />
3 Nahrungsmittel pflanzl. Ursprungs 0 0 0<br />
4 Genussmittel 0 0 0<br />
5 Rohstoffe 0 0 0<br />
6 Halbwaren 84 0 0<br />
7 Vorerzeugnisse 106 2 0<br />
8 Enderzeugnisse 2.050 226 108<br />
9 Rückwaren / Ersatzlieferungen 0 0 0<br />
871 Medizinische Geräte u. orthopädische Vorrichtungen 605 45 9<br />
873 Optische u. fotografische Geräte 29 45 0<br />
834 Pharmazeutische Erzeugnisse 20 32 10<br />
861 Geräte zur Elektrizitätserzeugung u. -verteilung 9 28 0<br />
896 Enderzeugnisse, a.n.g. 16 26 0<br />
863 Nachrichtentechnische Geräte und Einrichtungen 12 17 59<br />
814 Druckerzeugnisse 2 9 0<br />
864 Rundfunk-, Fernsehgeräte, phono- u.videotechn.Ger. 7 8 0<br />
852 Werkzeugmaschinen 135 4 0<br />
832 Waren aus Kunststoffen 66 2 0<br />
872 Mess-, steuerungs- u. regelungstechn. Erzeugnisse 63 2 0<br />
734 Farben, Lacke u. Kitte 5 2 0<br />
889 Fahrzeuge, a.n.g. 2 2 0<br />
803 Bekleidung aus Gewirken aus Baumwolle 0 2 0<br />
839 Chemische Enderzeugnisse, a.n.g. 52 1 0<br />
801 Bekleidung a. Gewirken a. Seide o. Chemiefasern 0 1 0<br />
804 Bekleidung aus Seide o. Chemiefasern, ausgen. Gew. 0 1 0<br />
860 Sportgeräte 0 1 0<br />
813 Papierwaren 238 0 0<br />
859 Maschinen, a.n.g. 220 0 0<br />
842 Pumpen und Kompressoren 204 0 0<br />
829 Eisen-, Blech- und Metallwaren, a.n.g. 92 0 0<br />
604 Garne aus Wolle oder anderen Tierhaaren 79 0 0<br />
853 Büromaschinen u. Datenverarbeitungsmaschinen 72 0 27<br />
708 Papier und Pappe 35 0 0<br />
Gesamtsumme 2.240 228 141<br />
Systematik: Güterverzeichnis EGW-3-Steller, 2002<br />
V = Vorläufige Zahlen<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden; Berechnungen des OAV
Tabelle 2: Handelsstruktur Deutschland – <strong>Timor</strong> <strong>Leste</strong><br />
Deutsche Importe aus <strong>Timor</strong> <strong>Leste</strong><br />
(Angaben in 1.000 Euro)<br />
Nr. Warenklasse 2009 2010 v 1-3 2011 v<br />
1 Lebende Tiere 0 0 0<br />
2 Nahrungsmittel tier. Ursprungs 0 0 0<br />
3 Nahrungsmittel pflanzl. Ursprungs 1 0 0<br />
4 Genussmittel 2.250 5.855 1.818<br />
5 Rohstoffe 0 0 0<br />
6 Halbwaren 0 0 0<br />
7 Vorerzeugnisse 0 0 0<br />
8 Enderzeugnisse 1 14 0<br />
9 Rückwaren / Ersatzlieferungen 0 0 0<br />
402 Kaffee 2.250 5.855 1.818<br />
871 Medizinische Geräte u. orthopädische Vorrichtungen 1 12 0<br />
865 Elektronische Bauelemente 0 1 0<br />
877 Spielwaren 0 1 0<br />
372 Obstzubereitungen u. Obstkonserven 1 0 0<br />
Gesamtsumme 2.252 5.869 1.818<br />
Systematik: Güterverzeichnis EGW-3-Steller, 2002<br />
V = Vorläufige Zahlen<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden; Berechnungen des OAV
Tabelle 3: Außenhandel nach Waren<br />
(Angaben in Mio. USD)<br />
WARENGRUPPE 2008 2009 2010 Anteil 2010<br />
GESAMT-EXPORTE 1) 46,8 34,5 41,7<br />
Kaffee 12,6 N.A. 16,0 38,4%<br />
davon RE-Exporte 34,2 26,0 25,0 60,0%<br />
GESAMT-IMPORTE 258,4 295,1 298,1<br />
Fahrzeuge und Zubehör 43,9 58,5 55,2 18,5%<br />
Erdöl und Erdölprodukte 71,1 38,0 41,2 13,8%<br />
Maschinen, Apparate, mechanische Geräte 17,3 22,8 23,7 7,9%<br />
Elektrische Geräte N.A. 48,0 23,4 7,8%<br />
Eisen und Stahl 4,1 5,0 15,8 5,3%<br />
Getreide 25,5 35,1 14,1 4,7%<br />
Getränke und Essig 6,7 7,8 12,2 4,1%<br />
Zement N.A. 4,9 7,0 2,3%<br />
Verarb. landwirtschaftliche Produkte N.A. N.A. 4,9 1,6%<br />
Optische Geräte 4,8 5,2 4,4 1,5%<br />
1) Die Zahlen schließen Erlöse aus dem Export von Erdöl und Erdgas nicht mit ein.<br />
Der Wert der Re-Exporte geht vor allem auf die Wiederausfuhr von Ausrüstungen der UN und anderer Hilfsorganisationen zurück.<br />
Quelle: Ministério das Financas Republica Democratica de <strong>Timor</strong>-<strong>Leste</strong>, 2011<br />
Tabelle 4: Außenhandel nach Ländern<br />
(Angaben in Mio. USD)<br />
LAND 2008 2009 2010 Anteil 2010<br />
GESAMT-EXPORTE 1) 46,8 34,5 41,7<br />
USA 15,7 N.A. 7,2 17,3%<br />
Deutschland 2) 3,4 N.A. 4,2 10,1%<br />
Singapur 1,5 N.A. 1,5 3,6%<br />
Japan 0,8 N.A. 0,8 1,9%<br />
Portugal 1,3 N.A. 0,7 1,7%<br />
Indonesien 2,1 N.A. 0,7 1,7%<br />
Australien 19,1 N.A. 0,5 1,2%<br />
VR China N.A. N.A. 0,2 0,5%<br />
Korea, Rep. 0,3 N.A. 0,2 0,5%<br />
Thailand N.A. N.A. 0,1 0,2%<br />
GESAMT-IMPORTE 258,4 295,1 298,1<br />
Indonesien 109,8 75,4 96,4 32,3%<br />
Singapur 44,1 53,5 49,6 16,6%<br />
Australien 35,7 47,2 37,2 12,5%<br />
VR China 5,4 9,9 20,6 6,9%<br />
Vietnam 18,1 34,6 14,0 4,7%<br />
Japan 5,8 7,7 10,4 3,5%<br />
Portugal 3,1 7,6 7,1 2,4%<br />
Indien N.A. N.A. 6,1 2,0%<br />
Malaysia 11,7 8,0 5,2 1,7%<br />
Thailand 5,3 3,3 3,0 1,0%<br />
Deutschland N.A. 2,9 0,3 0,1%<br />
1) Die Zahlen schließen Erlöse aus dem Export von Erdöl und -gas nicht ein.<br />
2) Die statistischen Daten der asiatischen Länder weichen beim Handel mit<br />
Deutschland ab. Einen erklärenden Hinweis finden Sie auf Seite 571.<br />
Quelle: Ministério das Financas Republica Democratica de <strong>Timor</strong>-<strong>Leste</strong>, 2011