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Nach - stahl von deringer

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Politik<br />

exkluSiV<br />

»ich<br />

schlafe<br />

jetzt<br />

ruhiger«<br />

<strong>Nach</strong> ihrer Festnahme unterschrieb<br />

sie das Vernehmungsprotokoll<br />

in Druckbuchstaben:<br />

BEATE ZSCHÄPE. Es sei<br />

„seit langer Zeit das erste Mal“, dass sie<br />

ihren korrekten Namen benutze, erklärte<br />

die 37-Jährige den Polizeibeamten. Auf<br />

ihren Rufnamen würde sie schon ewig<br />

„nicht mehr reagieren“.<br />

Mehr als 13 Jahre lang lebte sie an<br />

der Seite zweier Serienmörder im Untergrund.<br />

Dabei benutzte sie mindestens<br />

neun Deck- und Aliasnamen. Sie nannte<br />

sich „Susann Dienelt“, „Lisa Dienelt“,<br />

„Lisa Pohl“, „Liese Pohl“, „Sylvia Pohl“,<br />

„Mandy Struck“, „Silvia Rossberg“ und<br />

„Susann Eminger“. Auch ein Personalausweis,<br />

ausgestellt auf Bärbel B. aus Braunschweig,<br />

befand sich in ihrem Besitz.<br />

Unter dem einen Namen beantragte<br />

sie ihre Bahncard, unter dem zweiten<br />

Jahrelang lebte sie an der Seite zweier<br />

rechtsradikaler killer. Nun haben die Ermittler<br />

die unheimliche Biografie der mutmaßlichen<br />

terroristin Beate Zschäpe rekonstruiert<br />

die Ausweise für ihre Katzen, unter dem<br />

dritten den Brillenpass, unter dem vierten<br />

die Servicekarte ihres Fahrradhändlers.<br />

Unter dem fünften überwies sie die<br />

monatliche Miete <strong>von</strong> 740 Euro.<br />

Es muss anstrengend sein, bei jeder<br />

Gelegenheit eine andere Rolle zu spielen.<br />

Es braucht einige Konzentration und<br />

ziemliche Disziplin: bloß nicht den Überblick<br />

verlieren, nur kein Wort, das einen<br />

enttarnen könnte. Einer solchen Tortur<br />

setzen sich nur Menschen aus, die sich<br />

»Sie iSt der Bildung<br />

einer terroriStiSchen<br />

Vereinigung<br />

dringend Verdächtig«<br />

Die Bundesanwaltschaft über Zschäpe<br />

aus irgendwelchen Gründen in eine für<br />

sie gefährliche Lage manövriert haben.<br />

Beate Zschäpe, die Frau mit den vielen<br />

Gesichtern, hatte genau dies getan. Sie<br />

baute Bomben und hortete Sprengstoff.<br />

Gejagt <strong>von</strong> Zielfahndern der Polizei<br />

und Verfassungsschützern, flüchtete die<br />

Rechtsextremistin 1998 aus Jena und<br />

tauchte zusammen mit ihren Freunden<br />

Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt ab.<br />

Zschäpe, die zu ihrer Mutter nie das beste<br />

Verhältnis hatte, betrachtete die beiden<br />

Männer als ihre neue „Familie“. Ein<br />

seltsames Bild, wenn man bedenkt, wie<br />

die Bundesanwaltschaft das Trio nennt:<br />

„eine terroristische Vereinigung“.<br />

Die Karlsruher Anklagebehörde ist<br />

überzeugt, dass Mundlos, Böhnhardt<br />

und Zschäpe die Killer-Organisation<br />

Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)<br />

bildeten. Die rechtsradikale Zelle soll<br />

22 Focus 4/2012<br />

Müde und ausgelaugt<br />

Zschäpe am 8.11.2011<br />

in der Polizeiinspektion<br />

Jena. Es ist das erste<br />

Foto der Rechtsradikalen<br />

seit ihrer Flucht 1998<br />

zwischen 2000 und 2007 neun Einwanderer<br />

aus der Türkei und Griechenland<br />

sowie eine deutsche Polizistin ermordet<br />

haben. Außerdem werden ihr zwei<br />

Sprengstoffanschläge und etliche Banküberfälle<br />

zur Last gelegt.<br />

Dass die größte Verbrechensserie<br />

seit den Anschlägen der Roten Armee<br />

Fraktion (RAF) auf das Konto des NSU<br />

geht, halten die Ermittler für erwiesen.<br />

Als sicher gilt auch, dass Mundlos und<br />

Böhnhardt den Kern der Bande bildeten.<br />

Welche Rolle aber spielte Beate Zschäpe,<br />

die einzige Überlebende der schrecklichen<br />

„Familie“?<br />

War sie Mittäterin, Mitwisserin oder<br />

doch nur eine unbedeutende Mitläuferin?<br />

Wie verlief ihre Kindheit? Wie verbrachte<br />

sie ihre Jugend? Wie schaffte sie<br />

es, mit zwei Männern zusammenzuleben,<br />

denen es nur darum ging, Unschuldige<br />

und Wehrlose zu ermorden?<br />

Auf all diese Fragen gab es bislang<br />

nur bruchstückhafte Antworten. Zschäpe<br />

sitzt in der Justizvollzugsanstalt (JVA)<br />

Köln, Gefangenennummer 4876/11/3,<br />

und schweigt. Zumindest offiziell.<br />

Schon als Kind hatte sie drei<br />

<strong>Nach</strong>namen, viermal zog sie um<br />

In Wahrheit hat die Beschuldigte mehrfach<br />

mit Polizisten gesprochen. Dabei<br />

gewährte sie tiefe Einblicke in ihre Seele<br />

und die Struktur der Zwickauer Zelle.<br />

Die entsprechenden Protokolle finden<br />

sich in den als „vertraulich“ eingestuften<br />

Ermittlungsakten. Neben den Äußerungen<br />

<strong>von</strong> Beate Zschäpe enthält das<br />

mehrere tausend Seiten starke Dossier<br />

aufschlussreiche Einschätzungen ihrer<br />

Mutter sowie bislang unbekannte Beobachtungen<br />

des Verfassungsschutzes.<br />

Mit Hilfe der Dokumente und dem Wissen<br />

der Fahnder lässt sich die unheimliche<br />

Biografie der Beate Zschäpe erstmals<br />

rekonstruieren.<br />

Sie kam am 2. Januar 1975 als Beate<br />

Apel zur Welt. Apel, so hieß ihre Mutter.<br />

Ihren rumänischen Vater hat sie nie gesehen.<br />

Im Lauf der nächsten Jahre heiratete<br />

die Mutter zweimal, die Tochter nahm<br />

jeweils den Namen des neuen Partners<br />

an. Erst hieß sie Trepte, ab 1982 Zschäpe.<br />

Ihre Kindheits- und Jugendjahre in<br />

Jena verliefen nicht gerade harmonisch.<br />

Innerhalb kurzer Zeit zog die Familie<br />

viermal um, die Tochter vermisste<br />

23


Politik<br />

Geborgenheit und Wärme. Die wichtigste<br />

Bezugsperson war ihre Großmutter.<br />

Beate Zschäpe fühlte sich als typisches<br />

„Omakind“.<br />

Höchstwahrscheinlich hat Zschäpe,<br />

wie in der DDR üblich, Kinderkrippe und<br />

Kindergarten besucht. Belege existieren<br />

nicht mehr. Unklar bleibt auch, wo sie als<br />

Sechsjährige eingeschult wurde. Ab der<br />

vierten Klasse lernte sie in der Goetheschule<br />

in Jena-Winzerla. 1991 schloss sie<br />

die 10. Klasse mit dem Prädikat „gut“ ab.<br />

Was Zschäpe unmittelbar danach<br />

machte, konnten die Fahnder bislang<br />

nicht herausfinden. Laut ihrer Mutter<br />

wollte sie eine Lehre als Kindergärtnerin<br />

beginnen, doch das habe nicht geklappt.<br />

Im Juni 1992 vermittelte ihr die Stadtverwaltung<br />

Jena eine Arbeitsbeschaffungs-Maßnahme<br />

(ABM) als Malergehilfin,<br />

1480 D-Mark brutto. Der Job sagte<br />

ihr nicht zu. Mehrmals fehlte sie unentschuldigt,<br />

schließlich schmiss sie hin.<br />

Obwohl es nicht ihr Traumberuf war,<br />

begann Zschäpe im Herbst 1992 eine<br />

dreijährige Ausbildung zur Gärtnerin,<br />

Fachrichtung Gemüsebau. Die Lehre<br />

beendete sie mit der Note „befriedigend“.<br />

<strong>Nach</strong> einem Jahr Arbeitslosigkeit<br />

erhielt sie im September 1996 erneut<br />

eine ABM-Stelle, wieder als Malergehilfin,<br />

in der städtischen Jugendwerkstatt.<br />

Dem damaligen Leiter blieb sie als<br />

„intelligent und engagiert“ in Erinnerung.<br />

Im August 1997 lief die Maßnahme<br />

aus. Zschäpe meldete sich wochenlang<br />

krank und dann arbeitslos.<br />

Zschäpes Mutter: »Irgendwann in<br />

das rechte Milieu abgeglitten«<br />

Zu dieser Zeit verkehrte sie längst mit<br />

zwei stadtbekannten Neonazi-Größen:<br />

Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. In<br />

Mundlos, den Professorensohn, verliebte<br />

sie sich. Zschäpes Mutter schwärmt<br />

noch heute <strong>von</strong> dem „kommunikativen,<br />

sehr freundlichen und zuvorkommenden“<br />

Mann. Böhnhardt, mit dem ihre<br />

Tochter später liiert war, sei ihr „nicht<br />

so sympathisch“ gewesen. Irgendwann<br />

sei ihre Tochter – wahrscheinlich unter<br />

damit kam<br />

sie überall<br />

durch . . .<br />

Falsche Papiere<br />

Beate Zschäpe lebte<br />

unter neun Alias- und<br />

Decknamen, die sie<br />

wahlweise beim Zahnarzt,<br />

beim Optiker,<br />

in der Bahn und im<br />

Baumarkt benutzte<br />

dem Einfluss der beiden Freunde – „in<br />

das rechte Milieu abgeglitten“.<br />

Dies blieb auch dem Thüringer Verfassungsschutz<br />

nicht verborgen. In den<br />

Akten spielt Zschäpe erstmals im August<br />

1995 eine Rolle: Zusammen mit Mundlos<br />

besuchte sie ein Treffen der Anti-Antifa<br />

Ostthüringen. Danach kreuzte die<br />

junge Frau immer wieder bei rechtsradikalen<br />

Treffen und Konzerten auf. Im<br />

September 1995 bewarfen Zschäpe und<br />

Böhnhardt das Mahnmal der Opfer des<br />

Faschismus in Rudolstadt mit Eiern. Zwei<br />

Monate später wurden Zschäpe, Mundlos<br />

und Böhnhardt festgenommen. In<br />

Böhnhardts Auto fand die Polizei Faustkampfmesser,<br />

Sturmhauben, Schlagstöcke<br />

und Propagandamaterial.<br />

1996 und 1997 machten Jenaer Neonazis<br />

mit Sprengstoff- und Briefbombenattrappen<br />

auf sich aufmerksam. Das<br />

militante Trio zählte schnell zu den Verdächtigen<br />

und blieb unter Beobachtung.<br />

Anfang 1998 entdeckte die Polizei in<br />

einer <strong>von</strong> Zschäpe angemieteten Garage<br />

vier funktionsfähige Rohrbomben und<br />

1,4 Kilogramm Sprengstoff. Zudem stellten<br />

Ermittler eine Diskette sicher, deren<br />

Text sich liest wie eine Ankündigung der<br />

späteren Verbrechen. Wörtlich heißt es:<br />

„ALIDRECKSAU WIR HASSEN DICH“.<br />

Einem „Türkenschwein“ müsse man das<br />

„Gesicht zertreten“.<br />

Die Gewaltdrohung, der Sprengstoff,<br />

das gespenstische Weltbild des Trios –<br />

den Sicherheitsbehörden hätte durchaus<br />

auffallen können, dass man es nicht mit<br />

irgendwelchen Maulhelden zu tun hatte.<br />

Spätestens nach dem ersten Mord<br />

an einem türkischen Einwanderer im<br />

Herbst 2000 lag nahe, die Bande aus<br />

Jena in den Kreis der potenziellen Täter<br />

aufzunehmen. Zumal der Verfassungsschutz<br />

laut Aktenlage wusste, dass sich<br />

Zschäpe und Konsorten mit Waffen eingedeckt<br />

hatten. Doch selbst nach dem<br />

neunten Mord 2006 hatte niemand die<br />

radikalen Thüringer auf der Rechnung.<br />

<strong>Nach</strong> der Flucht aus Jena gaben sich<br />

Zschäpe & Co. größte Mühe, für die<br />

Strafverfolger unsichtbar zu bleiben.<br />

Zwischen 1998 und 2011 lebten sie in<br />

Jurist mit schwerem Stand<br />

Wolfgang Stahl aus Koblenz verteidigt<br />

Beate Zschäpe zusammen mit seinem<br />

Kölner Kollegen Wolfgang Heer.<br />

Derzeit raten sie ihrer Mandantin<br />

dringend, die Aussage zu verweigern<br />

mindestens fünf konspirativen Wohnungen<br />

in Chemnitz und Zwickau. Sie zogen<br />

Schallschutzdecken ein, ließen spezielle<br />

Türen einbauen und klemmten Minikameras<br />

in die Blumenkästen, um unliebsame<br />

Besucher rechtzeitig zu erkennen.<br />

Von Szene-Freunden erhielten sie<br />

Mobiltelefone, Ausweise und Geld. Die<br />

Miete beglichen sie per Bareinzahlung,<br />

zum Arzt gingen sie nur, wenn es unbedingt<br />

sein musste – selbstverständlich<br />

mit falschen Papieren. Am 2. Mai 2006<br />

ließ sich Beate Zschäpe bei einer Zahnärztin<br />

in Halle (Saale) behandeln. Am<br />

Schalter zeigte sie eine auf „Silvia Rossberg“<br />

ausgestellte AOK-Karte vor.<br />

So beschwerlich und risikoreich diese<br />

Art zu leben war, mit der Zeit gewöhnte<br />

sich Zschäpe daran. Sie ging zum Friseur<br />

24 Focus 4/2012<br />

Focus 4/2012 25<br />

Foto: T. Wegner/FOCUS-Magazin<br />

und kaufte in Klamottenläden ein, etwa<br />

in den Zwickau Arcaden. In einer Videothek<br />

war sie ab 2007 Stammkunde (sie<br />

lieh 280 Filme und sechs Computerspiele<br />

aus), den <strong>Nach</strong>barn spendierte sie Familienpizza<br />

und Schaumwein, ihre Katzen<br />

brachte sie regelmäßig zur Tierärztin.<br />

Vermutlich wäre alles so weitergelaufen,<br />

so unnormal normal, wäre nicht ein<br />

aufmerksamer Zeuge zur richtigen Zeit<br />

am richtigen Ort gewesen. Er beobachtete<br />

am 4. November 2011 in Eisenach<br />

zwei Männer, die ihre Fahrräder in ein<br />

Wohnmobil schmissen und da<strong>von</strong>rasten.<br />

Es waren Mundlos und Böhnhardt, die<br />

bei einem Bankraub gerade 75 000 Euro<br />

erbeutet hatten. Polizisten konnten den<br />

Caravan kurz darauf ausfindig machen,<br />

die beiden Insassen brachten sich um.<br />

Für die Dritte im Bunde ging es nunmehr<br />

um alles oder nichts.<br />

Bevor sich Zschäpe in Jena stellte,<br />

wollte sie zu ihrer Großmutter<br />

Um Beweise zu vernichten, schüttete<br />

Beate Zschäpe in der Zwickauer Wohnung<br />

des Trios Benzin aus. Sie legte Feuer,<br />

dann rannte sie aus dem Haus. In den<br />

nächsten fünf Tagen fuhr die meistgesuchte<br />

Frau Deutschlands mit der Bahn<br />

kreuz und quer durch die Republik<br />

(siehe S. 27). Vermutlich wollte sie Zeit<br />

gewinnen, um eine Entscheidung über<br />

ihre Zukunft zu treffen. Sie hatte drei<br />

Möglichkeiten: im Untergrund bleiben,<br />

sich das Leben nehmen – oder aufgeben.<br />

<strong>Nach</strong>dem sie 1996 erstmals in Polizeigewahrsam<br />

gekommen war, sagte Beate<br />

Zschäpe zu ihrer Mutter, sie werde sich<br />

„nie wieder“ festnehmen lassen. Jetzt<br />

hatte sie nur noch einen Wunsch: dass<br />

alles vorbei sein möge, endlich.<br />

Sie war müde und schmutzig, ihre Kleider<br />

stanken. Die Zigaretten der Marke<br />

Power Gold waren fast aufgebraucht. Sie<br />

wusste, dass die Zeit der Flucht abgelaufen<br />

war und eine neue beginnen würde<br />

– im Gefängnis. Zuvor wollte sie noch<br />

einmal ihre Familie sehen.<br />

Am Morgen des 8. November streifte<br />

Zschäpe, braune Jacke, schwarze Hose,<br />

rote Freizeitschuhe, durch den Jenaer<br />

Stadtteil Löbstedt. Hier teilen sich ihre<br />

Mutter und ihre geliebte Großmutter<br />

eine Wohnung in der ersten Etage eines<br />

Plattenbaus. Doch Zschäpe kam nicht<br />

durch. Überall standen Polizisten. Bis


Politik<br />

auf 200 Meter konnte sie sich dem Haus<br />

nähern, dann war Schluss.<br />

Vor einem Supermarkt sprach Zschäpe<br />

eine Frau an und bat um deren<br />

Mobiltelefon. Um 8.49 Uhr wählte sie<br />

die 110. „Guten Tag, hier ist Beate<br />

Zschäpe“, sprach sie in den Hörer. In<br />

den folgenden zwei Minuten versuchte<br />

die zur Fahndung ausgeschriebene Frau,<br />

sich zu stellen – doch der Beamte der<br />

Polizeiinspektion Jena erkannte sie nicht.<br />

Vergebens bedeutete Zschäpe, dass<br />

sie jene Person sei, nach der „schon<br />

seit Tagen“ gesucht werde. Der irritierte<br />

Polizist fragte die Anruferin, „<strong>von</strong> welcher<br />

Behörde“ sie sei. Zschäpe reagierte<br />

gereizt: „Wollen sie mich veräppeln?“<br />

Die ganze Stadt werde abgesperrt, überall<br />

stünden Polizeiautos. <strong>Nach</strong>dem der<br />

Beamte erklärte, dass er <strong>von</strong> Absperrungen<br />

nichts wisse, legte Zschäpe auf.<br />

Sie gab das Handy zurück und fuhr<br />

mit der Straßenbahn stadteinwärts. In<br />

der Nähe der Polizeiinspektion stieg<br />

sie aus. Zschäpe irrte durch die Straßen<br />

und suchte nach einem Rechtsanwalt.<br />

Schließlich klingelte sie bei der erstbesten<br />

Kanzlei, zahlte mehrere hundert<br />

Euro Vorschuss und bat den Juristen, sie<br />

zur Polizei zu begleiten. Sie wolle sich<br />

„wegen einer Brandstiftung“ stellen.<br />

Auf der Wache musste Zschäpe sich<br />

entkleiden. Die Sachen wurden luftdicht<br />

in Tüten verpackt, um später mögliche<br />

Rückstände <strong>von</strong> Brandbeschleunigern<br />

finden zu können. Den Inhalt ihrer<br />

Handtasche kippten Beamte auf einen<br />

Tisch: vier Feuerzeuge, Pfefferspray,<br />

drei Packungen verschreibungspflichtige<br />

Schmerzmittel, Taschentücher, Kaugummis,<br />

ein Deospray, eine Geldbörse<br />

mit 12,23 Euro in Münzen, eine Fossil-<br />

Armbanduhr, eine Strumpfhose.<br />

Zschäpe: im Untergrund keine<br />

»echten Freundschaften« möglich<br />

Noch am selben Tag brachten Polizisten<br />

Zschäpe nach Zwickau, später<br />

kam sie ins Frauengefängnis Chemnitz-<br />

Reichenhain. Am 13. November wurde<br />

die 37-Jährige zum Bundesgerichtshof<br />

(BGH) nach Karlsruhe geflogen.<br />

Bevor der Richter den Haftbefehl verlas<br />

und die Kronzeugenregelung erklärte,<br />

unterhielt sich Zschäpe mit zwei Polizisten.<br />

Sie zeigte sich erleichtert, dass nun<br />

alles vorbei war. Ihr sei immer klar gewe-<br />

Erste Meldung nach 13 Jahren<br />

Zschäpe rief am 5.11. aus zwei<br />

Telefonzellen in Chemnitz die<br />

Eltern ihrer Kameraden an und<br />

überbrachte die Todesnachricht<br />

sen, dass sie und ihre Freunde irgendwann<br />

„auffallen“ würden – trotz aller<br />

Vorsichtsmaßnahmen.<br />

Einmal hätten sie sich einen Hund<br />

anschaffen wollen, erzählte Zschäpe.<br />

Dafür hätten sie jedoch bei der Stadtverwaltung<br />

eine Steuermarke beantragen<br />

müssen. Das sei ihnen zu riskant gewesen.<br />

Einen Hund ohne offizielle Marke<br />

zu halten, sei nicht in Frage gekommen.<br />

„Wir wollten nicht durch ein Steuervergehen<br />

auffallen“, so Zschäpe.<br />

Das Leben im Untergrund hat der<br />

Radikalen zugesetzt. Es sei ihr unmöglich<br />

gewesen, „echte Freundschaften“ zu<br />

schließen, klagte Zschäpe. Die Sehnsucht<br />

nach ihrer Mutter und der Großmutter sei<br />

groß gewesen. Über all die Jahre habe sie<br />

immer wieder die Auskunft angerufen,<br />

um zu erfahren, wo die beiden wohnen.<br />

Jetzt, da die Flucht beendet sei, könne<br />

sie wieder „ruhiger schlafen“.<br />

<strong>Nach</strong> Verkündung des Haftbefehls<br />

erklärte Zschäpe dem BGH-Richter, dass<br />

sie mit ihrem Anwalt über die Vorwürfe<br />

sprechen müsse. Sie sei „ein Faktenmensch“<br />

und brauche Informationen.<br />

Danach werde sie sich überlegen, ob sie<br />

aussage. In Karlsruhe bekam Zschäpe<br />

noch ein Abendessen, dann fuhren Polizisten<br />

sie nach Köln. Gegen 23.30 Uhr<br />

traf sie in der JVA Köln-Ossendorf ein.<br />

Zwei Wochen nach ihrer Einlieferung<br />

sprach Zschäpe erneut mit einem Poli-<br />

zisten, diesmal durch eine Trennscheibe<br />

im Besucherraum. Über die Frage<br />

des Beamten, was mit den unversehrten<br />

Sachen aus dem Brandhaus in Zwickau<br />

werden solle, zeigte sie sich verwundert:<br />

Soweit sie wisse, dürfe man über<br />

Gegenstände, die „mit Geld aus Straftaten<br />

erworben wurden“, nicht verfügen.<br />

Zschäpes Reaktion werten die Fahnder<br />

als Beleg, dass die Frau tief in die<br />

Machenschaften des Terrortrios verstrickt<br />

ist. Bei ihren Raubzügen erbeutete<br />

die Bande knapp 600 000 Euro. Von<br />

dem Geld finanzierten sie immer neue<br />

Verbrechen, auch die Mordattentate.<br />

Dass die Beschuldigte an den Hinrichtungen<br />

beteiligt war, schließt die Polizei<br />

aus, zumindest vorerst. „Bislang gibt es<br />

keine Hinweise darauf, dass Zschäpe<br />

geschossen hat oder sich während der<br />

Anschläge an Tatorten aufhielt“, so ein<br />

Ermittler. Sicher sei man hingegen, dass<br />

die 37-Jährige „<strong>von</strong> den Bluttaten wusste<br />

und zusammen mit ihren Partnern<br />

eine Terrorvereinigung bildete“.<br />

Die Bundesanwaltschaft stützt den<br />

dringenden Tatverdacht unter anderem<br />

auf den Umstand, dass Zschäpe mit<br />

Mundlos und Böhnhardt zusammenlebte<br />

und dabei ihre wahre Identität<br />

aufgab. Zudem habe sie Kopien einer<br />

DVD verschickt, auf der sich die NSU-<br />

Mörder ihrer Verbrechen rühmen. „Das<br />

war Zschäpe ganz wichtig“, glaubt ein<br />

Fahnder. „Sie wollte ein Fanal setzen,<br />

auch im Namen ihrer toten Freunde.“<br />

Wolfgang Stahl hält die Argumente<br />

größtenteils für „nicht treffend“. Der<br />

40 Jahre alte Rechtsanwalt aus Koblenz<br />

verteidigt Beate Zschäpe zusammen mit<br />

seinem Kollegen Wolfgang Heer aus<br />

Köln. Die beiden Juristen gelten als akribisch<br />

und, wenn es sein muss, unerbittlich.<br />

Gemeinsam haben sie etliche Fälle<br />

erfolgreich durchgefochten.<br />

Stahl, 1,89 Meter groß, schlank, klassische<br />

Hornbrille, ist verheiratet und hat<br />

einen Sohn. Seine Kanzlei genießt einen<br />

guten Ruf, Rechtsextremisten gehören<br />

eher nicht zur Kundschaft. All das musste<br />

bedacht werden, bevor er die heikle<br />

Aufgabe übernahm. Anfangs fürchtete<br />

er, dass man ihn, den Liberalen,<br />

der auch Mitglied im Kreisvorstand der<br />

FDP ist, als Gesinnungsverteidiger oder<br />

„Neonazi-Anwalt“ verunglimpfen könnte.<br />

Bestärkt fühlte er sich durch einen<br />

Freund. Er sagte: „Es ist dein Beruf.<br />

26 Focus 4/2012 Focus 4/2012 27<br />

Fotos: M. Jehnichen/FOCUS-Magazin, dapd (2), dpa<br />

Fast <strong>von</strong> einer Straßenbahn überfahren<br />

Bevor sie sich der Polizei stellte, irrte Beate Zschäpe fünf Tage zu Fuß und mit dem Zug durch Deutschland.<br />

Anhand <strong>von</strong> Telefondaten, Bahntickets und Zeugenaussagen zeichneten Ermittler den Fluchtweg nach.<br />

4. november<br />

Vermutlich über das Internet<br />

erfährt Zschäpe, dass ihre<br />

Komplizen in Eisenach ums<br />

Leben gekommen sind. Sie<br />

zündet die gemeinsame Wohnung<br />

in Zwickau an und rennt<br />

um 15.08 Uhr aus dem Haus.<br />

Mehrfach versucht sie, ihren<br />

Zwickauer Kumpel André E.,<br />

der später als mutmaßlicher<br />

Terrorhelfer verhaftet wurde,<br />

auf dem Handy zu erreichen.<br />

Um 15.27 Uhr kommt ein<br />

Gespräch mit ihm zu Stande.<br />

Zu der Zeit befindet sich<br />

Zschäpe, die sich mit Suizidgedanken<br />

trägt, 2,3 Kilometer<br />

<strong>von</strong> ihrer Wohnung entfernt.<br />

Offenbar gelangt sie mit dem<br />

Zug nach Chemnitz.<br />

5. november<br />

Um 7.09 Uhr und 7.54 Uhr<br />

ruft Zschäpe <strong>von</strong> zwei Telefonzellen<br />

am Chemnitzer Rathaus<br />

die Eltern ihrer Kameraden an<br />

und überbringt die Todesnachricht.<br />

Mit dem Zug fährt sie<br />

nach Leipzig. Dort surft sie<br />

ab 10.40 Uhr im Internet und<br />

wirft Kuverts mit Bekennerfilmen<br />

der Terrorgruppe NSU<br />

in Postkästen. Ihr nächstes<br />

Ziel ist Eisenach. Eine Zeugin<br />

sieht sie im Ortsteil Stregda,<br />

wo am Vortag Uwe Böhnhardt<br />

und Uwe Mundlos ums Leben<br />

gekommen waren. An der<br />

Stelle schlagen später auch<br />

Mantrailer-Hunde der Polizei<br />

an. Von Eisenach aus flüchtet<br />

Zschäpe nach Bremen.<br />

6. november<br />

Um 3.48 Uhr löst Zschäpe im<br />

Bremer Bahnhof für 39 Euro<br />

ein Schönes-Wochenende-<br />

Ticket. Über Hannover, Uelzen,<br />

Magdeburg und Halle<br />

(Saale) fährt sie erneut nach<br />

Eisenach (Ankunft 21.46 Uhr).<br />

Aktion Spurenvernichtung Kurz vor ihrer Flucht zündete Zschäpe<br />

die Wohnung des Terrortrios im Zwickauer Stadtteil Weißenborn an<br />

Bremen<br />

50 km<br />

Hannover<br />

Halle (Saale)<br />

Eisenach Weimar<br />

Magdeburg<br />

Jena<br />

Ende der Flucht<br />

Zwickau<br />

Beginn der Flucht<br />

Leipzig<br />

Chemnitz<br />

BERLIN<br />

Dresden<br />

Ende einer Verbrecherkarriere In Begleitung eines Rechtsanwalts<br />

stellte sich Zschäpe am 8. November der Polizei in Jena<br />

7. november<br />

Zschäpe macht sich auf den<br />

Weg nach Weimar. Dort löst<br />

sie um 3.51 Uhr ein Ticket<br />

nach Halle (Saale), wo sie<br />

um 5.50 Uhr ankommt. Die<br />

Flüchtende, die verwirrt und<br />

mit ihren Kräften am Ende ist,<br />

verbringt den ganzen Tag in<br />

der Stadt. Um ein Haar wird<br />

sie – vermutlich aus Unachtsamkeit<br />

– <strong>von</strong> einer Straßenbahn<br />

erfasst, eine Frau reißt<br />

sie im letzten Moment zurück.<br />

Zschäpe setzt sich mit ihrer<br />

Retterin in ein Café und läuft<br />

dann zum Bahnhof.<br />

Irrational Zschäpe fuhr zweimal<br />

nach Eisenach, wo ihre Kameraden<br />

ums Leben gekommen waren<br />

8. november<br />

Von Halle (Saale) aus fährt<br />

Zschäpe nach Dresden. Auf<br />

dem Bahnhof druckt sie um<br />

2.12 Uhr einen Fahrplan aus,<br />

am frühen Morgen erreicht<br />

sie Jena. Zunächst steuert<br />

sie die gemeinsame Wohnung<br />

ihrer Mutter und ihrer Oma<br />

an, doch Polizisten bewachen<br />

die Straße. Um 8.49 Uhr will<br />

sich Zschäpe über den Notruf<br />

110 stellen, aber der Polizist<br />

am Telefon erkennt sie nicht.<br />

Zschäpe klingelt spontan bei<br />

einem Rechtsanwalt und erbittet<br />

Beistand. Gemeinsam<br />

melden sie sich um 13.05<br />

Uhr in der Polizeiinspektion.


Wichtigste Waffe der Neonazis<br />

Die Ceska 83 mit aufgeschraubtem<br />

Schalldämpfer. Sie lag in einer Tüte,<br />

die im Feuer teilweise schmolz<br />

Schleifen und ätzen<br />

Kriminaltechniker spielen bei der Aufklärung der NSU-Morde eine wichtige Rolle.<br />

Sie machen zerstörte Waffennummern und verkohlte Schriften wieder lesbar.<br />

Wie einen Schatz präsentierten<br />

Fahnder des Bundeskriminalamts<br />

(BKA) im Dezember 2011 ihre<br />

Trophäen der Öffentlichkeit. Auf einem<br />

weißen Tischtuch breiteten sie jene<br />

Schusswaffen aus, die sich im <strong>Nach</strong>lass<br />

der Zwickauer Terrorzelle fanden.<br />

Eine da<strong>von</strong> hielt ein Beamter gesondert<br />

in die Kameras: eine tschechische<br />

Ceska, Typ 83, Kaliber 7,65 Browning.<br />

Durch Kugeln aus dieser Waffe starben<br />

zwischen 2000 und 2006 neun Einwanderer<br />

aus der Türkei und Griechenland.<br />

Lange Zeit war die Ceska – neben<br />

der Herkunft der Opfer – das Einzige,<br />

was die Mordanschläge in mehreren<br />

Städten miteinander verband. Heute<br />

weiß man: Sie war das wichtigste Werkzeug<br />

der Neonazi-Killer. Lediglich die<br />

Polizistin Michéle Kiesewetter erschossen<br />

sie 2007 mit einer anderen Waffe.<br />

Bei genauer Betrachtung der Ceska<br />

fiel auf, dass die Stellen, an denen sich<br />

normalerweise die Waffennummern befinden,<br />

blank waren. Offenbar hatten<br />

die Täter den Code abgeschliffen, um<br />

die Herkunft der Pistole zu verschleiern.<br />

Wie aus einem FOCUS vorliegen-<br />

Spurensucher<br />

Das Bundeskriminalamt<br />

(hier Waffen-<br />

experte Ruprecht<br />

Nennstiel) untersucht<br />

die <strong>von</strong> den<br />

Terroristen benutzten<br />

Schusswaffen<br />

den Gutachten des BKA hervorgeht,<br />

konnte die sechsstellige Ziffernfolge<br />

mit Hilfe modernster Analysetechnik<br />

wieder sichtbar gemacht werden.<br />

Unter dem Stereomikroskop ließen<br />

sich zunächst keinerlei Zeichen erkennen.<br />

Dann zerlegten Kriminaltechniker<br />

die Waffe und behandelten die manipulierten<br />

Stellen – erst mechanisch durch<br />

Schleifen, dann chemisch durch Ätzen.<br />

Schließlich erschien sowohl auf dem<br />

Verschlussstück als auch auf dem Lauf<br />

die Nummer 034678.<br />

Anhand der neuen Information lässt<br />

sich die Herkunft der Ceska zweifelsfrei<br />

bestimmen. Womöglich gelingt es<br />

den Ermittlern sogar zu klären, wie die<br />

Waffe in die Hände der Mörder kam.<br />

Laut Bundesanwaltschaft lieferte der<br />

Hersteller die Ceska 1996 an einen<br />

Schweizer Waffenhändler. Der verkaufte<br />

sie kurz darauf legal. Fest steht, dass<br />

die Pistole vom Händler ausgeliefert<br />

wurde. Ob sie den Käufer je erreicht<br />

hat, wird noch ermittelt. Die Bundesanwaltschaft<br />

bereitet gerade ein Rechtshilfeersuchen<br />

an die Schweiz vor.<br />

Die Ceska-Pistole ist nur eines <strong>von</strong><br />

7300 Asservaten im Komplex der NSU-<br />

Morde. Auch bei anderen Stücken landeten<br />

die BKA-Techniker Volltreffer. So<br />

konnten sie ein durch Feuer und Löschwasser<br />

fast vollständig zerstörtes Adressbruch<br />

des Terrortrios wieder lesbar<br />

machen. Man darf gespannt sein, welche<br />

Namen es enthält. �<br />

GÖRAN SCHATTAUER<br />

Du bist Strafverteidiger. Also mach es!“<br />

Seit Wochen arbeitet sich Stahl durch<br />

Aktenkonvolute, verfasst lange Schriftsätze,<br />

führt Telefonate, besucht die Mandantin.<br />

Da er, anders als sein Mitstreiter,<br />

noch nicht zum Pflichtverteidiger bestellt<br />

wurde, erhält er für seine Arbeit vorerst<br />

kein Geld. Vermutlich kann er sich diesen<br />

Luxus nur leisten, weil er normalerweise<br />

gut zahlende Mandanten in Wirtschaftsstrafsachen<br />

vertritt.<br />

„Für mich liegt der Reiz darin, eine<br />

Beschuldigte zu verteidigen, gegen die<br />

Hunderte Polizisten und mehrere Staatsanwälte<br />

ermitteln“, sagt Stahl. „Ich will<br />

die Interessen meiner Mandantin, die für<br />

viele schon jetzt als mordende Rechtsterroristin<br />

feststeht, mit aller Vehemenz<br />

verteidigen.“ Dabei vertraut der Anwalt<br />

weder der angeblich objektiven Anklagebehörde<br />

noch dem überparteilichen<br />

Gericht: „Nur ein Verteidiger hat den<br />

Antrieb, Dinge zu finden, die einen<br />

Beschuldigten entlasten.“<br />

Terrortrio hatte Urlaub für 2012<br />

gebucht und wollte nach Disneyland<br />

Die Fahnder sind indes bislang kaum<br />

auf Indizien gestoßen, die Zschäpes<br />

Lage verbessern könnten. Und solange<br />

die Beschuldigte selbst keine Klarheit<br />

schafft, müssen die Ermittler ihre<br />

Schlüsse aus dem ziehen, was sie in den<br />

Brandtrümmern entdeckt haben.<br />

Eine Erkenntnis lautet: Die drei waren<br />

sich ihrer Sache sicher. So sicher, dass<br />

sie kurz vor dem letzten Banküberfall in<br />

Eisenach den nächsten Sommerurlaub<br />

buchten. Unter ihrem Aliasnamen<br />

„Susann Eminger“ orderte Zschäpe am<br />

9. Oktober 2011 einen Campingwagen-<br />

Stellplatz auf der Insel Fehmarn. Die<br />

Stammgäste aus Sachsen, seit Jahren<br />

begeisterte Ostsee-Urlauber, kündigten<br />

sich für die Zeit vom 5. bis 29. Juli 2012 an.<br />

Fehmarn blieb nicht das einzige Ziel<br />

der Radikalen. Zschäpe schaute sich im<br />

Internet auffallend oft Seiten über Disneyland<br />

Paris an. Im Schutt des Zwickauer<br />

Hauses lagen vier Seiten eines großen<br />

Reiseveranstalters – die Buchungsbestätigung<br />

für einen Disneyland-Trip.<br />

Ob Zschäpe und ihre Mörder-Freunde<br />

tatsächlich in Paris waren, wissen die<br />

Ermittler nicht. Noch nicht. �<br />

GöRAN SCHATTAUER<br />

28 Focus 4/2012<br />

Fotos: P. Granser/FOCUS-Magazin, Getty Images

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