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Harnwegsinfektion - Kinderarzt DDr. Peter Voitl

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<strong>Harnwegsinfektion</strong><br />

Besiedeln Bakterien die Harnwege, spricht man von einer Harnweginfektion. Dabei koennen sich die Erreger<br />

in der Harnroehre, in der Blase, in den Harnleitern oder in den Nieren befinden. Ein Harnweginfekt kann ohne<br />

Beschwerden ablaufen, ruft aber in vielen Faellen typische Krankheitserscheinungen hervor. Diese sind von<br />

der Hauptlokalisation des Infekts abhaengig. Befallen die Erreger die Nieren, handelt es sich um eine<br />

Nierenbeckenentzuendung. Diese ist wesentlich schwerwiegender, da sie starke Schmerzen sowie bleibende<br />

Nierenschaeden ausloesen kann.<br />

Ursachen<br />

Fuer eine Harnroehren- oder Blasenentzuendung sind in den meisten Faellen aufsteigende Bakterien<br />

verantwortlich. Normalerweise sind Harnblase und Harnroehre nur von wenigen Bakterien besiedelt, da der<br />

staendig durchflieszende Urin die Harnwege auswaescht und der Blasenschlieszmuskel die Barriere fuer<br />

aufsteigende Keime bildet. Bei einem uebermaeszigen Eindringen der Krankheitserreger in die Harnroehre<br />

koennen diese Reinigungsmechanismen jedoch versagen und sich die Bakterien bis in die Harnblase stark<br />

ausbreiten.<br />

Maedchen sind von einer Harnweginfektion viel haeufiger betroffen als Jungen, da die weibliche Harnroehre<br />

von Natur aus viel kuerzer ist. Das vereinfacht den Bakterien den Aufstieg zur Blase. Ueberdies liegt die<br />

Harnroehre, eine Art "Eintrittspforte" fuer Bakterien, in der Naehe der Scheide und des Darmausgangs. Dort<br />

befinden sich ebenfalls potenzielle Krankheitserreger. Die Verunreinigung mit solchen Mikro-Organismen ist<br />

bei Maedchen daher die haeufigste Ursache von Harnweginfektionen.<br />

Bei Buben gilt die Nichtbeschneidung als Risikofaktor, da sich unter der Vorhaut Keime ansammeln koennen.<br />

Bei jungen Frauen koennen Geschlechtsverkehr, Schwangerschaft oder uebertriebene Reinlichkeit eine<br />

ursaechliche Rolle spielen.<br />

Eine aufsteigende Harnweginfektion kann auch zur Nierenbeckenentzuendung fuehren.<br />

Das Risiko eines Harnweginfekts ist bei einer Fehlbildung der Harnwege oder bei funktionellen Stoerungen<br />

erhoeht, z.B. bei einem Reflux (einem Rueckfluss von Urin von der Blase in die aufsteigenden Harnleiter) oder<br />

einer Blasenentleerungsstoerung. Der Infekt kann allerdings auch ohne lokale praedisponierende Faktoren<br />

(z.B. bei Diabetes mellitus) ausgeloest werden.<br />

Symptome<br />

Ein Symptom des Harnweginfekts ist das Brennen beim Wasserlassen (Miktion). Daneben muss das Kind oefter<br />

Wasser lassen als sonst, da der Harndrang verstaerkt ist. Ein weiteres Symptom kann ein unbeabsichtigtes<br />

Einnaessen sein. Tritt das Brennen erst gegen Ende der Miktion auf, handelt es sich eher um einen Blaseninfekt,<br />

brennt es waehrend der gesamten Miktion, so kann vorwiegend die Harnroehre betroffen sein. Fieber tritt<br />

gewoehnlich nicht auf. Bei einer Nierenbeckenentzuendung (Pyelonephritis) kommen Fieber, Schmerzen im<br />

Nierenbereich und Verschlechterung des Allgemeinzustands dazu. Auch Uebelkeit und Erbrechen sind keine<br />

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Seltenheit. Vor allem juengere Kinder sind hiervon betroffen. Die beschriebenen Anzeichen einer<br />

Blasenentzuendung koennen dazu kommen.<br />

Diagnose<br />

Die Diagnose wird durch die Symptome, die Untersuchung des Urins und eventuell durch eine<br />

Blutuntersuchung gestellt. Bei einem Harnweginfekt finden sich im Urin vermehrt Bakterien und weisze<br />

Blutkoerperchen. Bei einer Nierenbeckenentzuendung sind zudem bestimmte Entzuendungswerte im Blut<br />

erhoeht, wie z.B. die weiszen Blutkoerperchen und das CRP, ein spezieller Entzuendungswert. Die Urinprobe<br />

wird unter dem Mikroskop analysiert. Da die Erreger aber auch beim gesunden Kind vorkommen, stufen<br />

Aerzte einen Laborbefund erst bei mehr als 100.000 Keimen pro Milliliter Harn als krankhaft ein. Die Urinprobe<br />

soll so schnell wie moeglich - ohne Aufbewahrung im Kuehlschrank oder bei Zimmertemperatur - in einem<br />

mikrobiologischen Labor geprueft werden.<br />

Bei einem eindeutigen Harnweginfekt sind zur erweiterten Diagnostik ein Ultraschall der Nieren und<br />

ableitenden Harnwege sowie eine Roentgen-Kontrastmittel-Untersuchung (ein so genanntes MCU,<br />

Miktionszystourogramm) sowie eine Kontrastuntersuchung der Niere (ein DMSA-Scan) erforderlich.<br />

Behandlung<br />

Das Ziel einer Behandlung ist die Elimination der Krankheitserreger und die Wiederherstellung oder die<br />

Erhaltung des guten Allgemeinzustands. Die Grundbehandlung erfolgt mit bestimmten Antibiotika, die<br />

bewirken, dass schon nach kurzer Zeit eine deutliche Besserung der Symptome eintritt. Hat das Kind durch<br />

Erbrechen oder Trinkunlust einen Fluessigkeitsmangel erlitten, so wird dieser durch die Gabe von<br />

Elektrolytloesungen - manchmal auch als Infusion - ausgeglichen.<br />

Daneben ist es empfehlenswert, dem Kind reichlich Fluessigkeit anzubieten, darunter auch Blasentee. Dieser<br />

erhoeht die Urinproduktion der Nieren und sorgt so fuer eine bessere Spuelung der ableitenden Harnwege.<br />

Es sollte auf eine regelmaeszige und vollstaendige Blasenentleerung und einen regelmaeszigen Stuhlgang<br />

geachtet werden.<br />

Infektionen der Harnwege sollten auf jeden Fall unter aerztlicher Aufsicht und so frueh wie moeglich, am<br />

besten innerhalb der ersten 24 Stunden, medikamentoes behandelt werden. Ansonsten kann es zu schweren<br />

Schaeden und Funktionseinschraenkungen der Nieren kommen. In manchen Faellen - bei einer anatomischen<br />

Ursache wie z.B. einem Reflux - kann auch eine Operation notwendig sein, um wiederkehrende Infekte zu<br />

verhindern.<br />

Wenn Ihr Kind sehr haeufig unter Blaseninfektionen leidet, liegt moeglicherweise eine Fehlbildung der<br />

Harnwege oder ein Reflux vor. In diesem Fall wird eine Prophylaxe mit einer einmaligen, niedrig dosierten<br />

Antibiotika-Gabe jeweils abends durchgefuehrt. Diese wird individuell und je nach Befund des Arztes gegeben.<br />

Bei Maedchen ab ungefaehr acht Jahren genuegt bei einem Blasen- oder Harnroehreninfekt meistens eine<br />

Behandlungsdauer von drei bis fuenf Tagen, waehrend bei Maedchen bis zum achten Lebensjahr und bei<br />

Jungen oft eine komplizierte Infektion vorliegt. Bei dieser Patientengruppe wird eine<br />

Mindestbehandlungsdauer mit Antibiotika von sieben bis zehn Tagen empfohlen.<br />

Die Therapiedauer einer Nierenbeckenentzuendung betraegt 10 bis 14 Tage, die ersten Gaben intravenoes.<br />

Ein zu fruehes Absetzen der Antibiotika-Therapie kann ein erneutes Aufflammen des Infekts und eine<br />

Resistenzentwicklung der Erreger zur Folge haben.<br />

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Bei einem Harnroehren- oder Blaseninfekt ist eine Bettruhe nicht erforderlich. Das Kind kann normal am<br />

taeglichen Leben teilnehmen und den Kindergarten bzw. die Schule besuchen.<br />

Vorbeugung<br />

Achten Sie nach der Behandlung Ihres Kindes unbedingt darauf, dass es nicht zu einer Neuinfektion kommt.<br />

Wenn der Arzt eine Prophylaxe empfohlen hat, sollte Ihr Kind die Antibiotika-Gabe jeweils abends zu sich<br />

nehmen. Je nach Ursache der Harnweginfektion kann sich die Behandlung ueber einen Zeitraum von<br />

mehreren Wochen bis zu mehreren Jahren erstrecken. Ein bewaehrter und wirksamer Schutz ist eine<br />

ausreichende Fluessigkeitsaufnahme und die damit verbundene regelmaeszige Blasenentleerung.<br />

Preiselbeersaft hat sich in der Harnweginfektionsprophylaxe gut bewaehrt. Ihr Kind sollte zudem in<br />

regelmaeszigen Abstaenden vom <strong>Kinderarzt</strong> zur Harnkontrolle und evtl. Ultraschallkontrolle untersucht<br />

werden.<br />

© <strong>DDr</strong>. <strong>Peter</strong> <strong>Voitl</strong><br />

Inhalt erstellt: 7. Oktober 2003. Letzte Aenderung: 19. Juli 2011.<br />

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