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denschaften wird Annemarie Jost nun<br />
mehr Zeit haben.<br />
Dorfnachrichten erhebt das Glas auf<br />
die beiden langjährigen Stützen der<br />
Schule <strong>Brügg</strong>, wünscht ihnen für die<br />
Zeit danach gute Gesundheit, viele<br />
glückliche Momente und dankt ihnen<br />
im Name der Schule für ihren Einsatz<br />
zugunsten unserer wichtigsten<br />
Ressource: den Kindern!<br />
Bericht und Fotos: Marc Bilat<br />
20<br />
Walter Leiser von <strong>Brügg</strong> erzählt ...<br />
Wie ich Amerika,<br />
das Land der Träume,<br />
vor 50 Jahren antraf<br />
Mein Vater, Walter Leiser, geb. 1905,<br />
gest. 1978, hat 1971 seine Auswanderung<br />
in die USA, in den Bundesstaat<br />
Ohio handschriftlich geschildert. Ich<br />
finde diese einmalige Geschichte es<br />
wert, veröffentlicht zu werden, wird<br />
uns doch ein etwas anderes Bild von<br />
einer Auswanderung zu jener Zeit ins<br />
«Land, wo Milch und Honig fliessen»<br />
veranschaulicht, als gemeinhin bekannt.<br />
Zudem hat mein Vater Einzelheiten<br />
erwähnt, die uns zum Schmunzeln,<br />
aber auch zum Traurigsein und<br />
Kopfschütteln stimmen.<br />
Leider kann ich das Original nicht abdrucken<br />
lassen, da es in einer Schrift<br />
verfasst ist, die darauf hindeutet, dass<br />
mein Vater nicht alle Tage die Feder<br />
geführt hat. Zudem sind nicht wenige<br />
Wörter mit Buchstaben in Spitzschrift<br />
geschmückt, die heute nicht mehr allgemein<br />
lesbar sind.<br />
Hingegen bemühe ich mich, das Dokument<br />
so wahrheitsgetreu wie möglich<br />
wiederzugeben.<br />
Es war im April 1921 kurz nach meiner<br />
Konfirmation. Da wurde täglich<br />
von Amerika gesprochen. Wir verkauften,<br />
was es zu verkaufen gab, um das<br />
Reisegeld zusammenzubringen. Die<br />
Überfahrt für Vater, Mutter und meine<br />
Geschwister Werni und Rösy wurde von<br />
Onkel Alexander, dem Bruder meiner<br />
Mutter, aufgebracht. Onkel Alexander<br />
lebte mit seiner Familie schon über<br />
dreissig Jahre im goldenen Land Amerika.<br />
Gemäss Fotos und Schreiben besass<br />
er eine grosse Farm. Die Reise für<br />
mich bezahlte mein Schwager Jakob,<br />
das machte damals etwa 800 Franken.<br />
Mitte April 1921 war es endlich so weit,<br />
Abfahrt in Biel abends um 8.30 Uhr.<br />
Die Stimmung war gross, eine ganze<br />
Familie ging nach Amerika; mit Küssen<br />
und Händedrücken, Tränen in den Augen,<br />
verliessen wir im Zug unsere Heimatstadt.<br />
In Delle bekamen wir noch<br />
eine Tasse warme Milch. Vater sagte<br />
uns: «Trinkt noch die letzte Schweizer<br />
Milch». Das höre ich heute noch in<br />
meinen Ohren. Dann ging unsere Reise<br />
weiter nach Paris. Ankunft in Paris ca.<br />
9 Uhr morgens. Wir wurden per Kutsche<br />
abgeholt, organisiert durch unsere<br />
Reiseagentur. Nachmittags am gleichen<br />
Tag ging es mit der Bahn weiter<br />
Richtung Cherbourg.<br />
Mit aufgesperrtem Mund und grossen<br />
Augen sahen wir zum ersten Mal<br />
das weite Meer vor uns. In Cherbourg<br />
wurden wir im Auffanglager (alte Militärkaserne)<br />
untergebracht. Wir trafen<br />
dort fast mit sämtlichen Nationen<br />
Europas zusammen, Leute mit Koffern<br />
in den Händen, Säcken am Buckel,<br />
Tüchern über dem Kopf. Es war das<br />
reinste Karawanentreffen. Menschen<br />
jeder Hautfarbe, in fremdländischer<br />
und bunter Bekleidung, standen oder<br />
sassen herum. Sie hatten bereits ihre<br />
Heimat verlassen und waren in Gedanken<br />
schon im Lande wo Gold und<br />
Honig fliessen. Nun kam für uns die<br />
letzte ärztliche Untersuchung vor dem<br />
Einschiffen. Bei uns hatte fast alles geklappt,<br />
bis auf die Jüngste «Rösu». Bei<br />
ihr hatte man Rückstände von Läusen<br />
gefunden (Nissen). Das war ein Tag vor<br />
der Überreise mit dem vorgesehenen<br />
Ozeandampfer «Adriatic». Der ging halt