Leitfaden Haltung.pdf
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<strong>Haltung</strong> der Milchkühe in der Trockenstehphase<br />
und rund um die Geburt<br />
Einen problemlosen Laktationsstart für seine Kühe – welcher Landwirt wünscht sich<br />
das nicht? Den Grundstein dafür legen Sie in der Trockenstehphase und in der Zeit<br />
rund um die Abkalbung.<br />
Das betrifft auch die <strong>Haltung</strong>sbedingungen der Trockensteher und der abkalbenden<br />
Kühe.<br />
Was machen die Spitzenbetriebe in Deutschland?<br />
Aus dem DLG-Spitzenbetriebe-Forum wird deutlich, dass heute mindestens 2 Gruppen<br />
Trockensteher Standard sind. Das sind die Gruppe der Frühtrockensteher bis ca.<br />
zwei Wochen vor der Kalbung und die nachfolgende Vorbereitungsgruppe für den<br />
Zeitraum bis zur Kalbung. Die beiden Gruppen haben unterschiedliche Ansprüche an<br />
die <strong>Haltung</strong>. Färsen sollten so früh wie möglich, mindestens 3 Wochen vor der Kalbung<br />
in die Vorbereitungsgruppe integriert werden.<br />
Hochtragende Kühe sind in ihren Bewegungen wesentlich behäbiger und langsamer<br />
als bereits abgekalbte Kühe. Der Ruhephaseanteil steigt mit zunehmender Trächtigkeit<br />
an. Mit steigendem Körperumfang nimmt der Bedarf an Fressplatzbreite und u.U.<br />
auch an Liegeplatzbreite zu.<br />
Anforderungen an die <strong>Haltung</strong> der Trockensteher<br />
Zu Beginn der Trockenstehphase können die Kühe durchaus im herkömmlichen Boxenlaufstall<br />
gehalten werden. Vermeiden Sie Überbelegung! Jede Kuh benötigt eine<br />
Liegebox, damit sie ihr zunehmendes Liegebedürfnis befriedigen kann. Die Liegebox<br />
sollte ausreichend groß sein und vor allem tiergerecht d.h. weich, trittsicher und frei<br />
von Hindernissen. Eine solche Liegebox erkennen Sie daran, dass Kühe die Box<br />
vollständig betreten und sich ohne langes Zögern hinlegen.
Liegebox: Die Breite der Liegebox sollte > 1,20 m + 5 cm sein.<br />
Nackenrohr<br />
> 1,20 m besser >1,30 m<br />
> Abstand unten (+ ca. 2 cm)<br />
Bugbe-<br />
grenzung<br />
1,70 m – 1,85 m<br />
Wandbox > 2,60m; gegenüberliegende 2,50 m + 10 cm<br />
Tiefbox -Hochgelegte Tiefbox<br />
mit Einstreu<br />
Kotkante<br />
Die Liegebucht sollte als Tiefbox oder wenigstens als hochgelegte Tiefbox ausgebildet<br />
sein. Die Kotkante sollte mindestens eine Höhe von 15 cm haben, damit sich die<br />
weiche Liegefläche entsprechend stabil aufbauen kann. Die Bugbegrenzung sollte in<br />
Abhängigkeit von der Größe der Kühe mit einem Abstand etwa 1,70 – 1,85 m von der<br />
Kotkante angebracht werden. Um Verletzungen zu vermeiden sollten Bugbegrenzung<br />
und Kotkante abgerundete Oberflächen haben. Das Nackenrohr sollte mindestens<br />
die gleiche Entfernung von der Kotkante wie das Bugbrett - besser ca. 2 cm<br />
mehr – aufweisen und zwar gemessen im rechten Winkel zur Kotkante. Die Höhe<br />
des Nackenrohres sollte mindestens eine Höhe von 1,20 m aufweisen. Letztlich ist<br />
das Nackenrohr nur für die Stabilität der Boxenkonstruktion von Bedeutung, denn<br />
das zentrale Steuerungsinstrument für die korrekte Liegeposition der Kuh ist die<br />
Bugbegrenzung. Die Boxenbreite bei Frühtrockenstehern ist in der Regel mit 1,15 m<br />
Breite ausreichend. Schaden würde eine etwas breitere Liegebucht mit 1,20 m<br />
nichts. Entscheidender ist vielmehr, dass die Liegebucht ausreichend lang (> 2,60 m)<br />
ist und vor allem keine Hindernisse im vorderen Liegebereich (Kopfkasten) angebracht<br />
sind. Häufig findet man im Bereich des Kopfkastens ein zusätzliches Rohr in<br />
einer Höhe von 40 – 60 cm Höhe, welches zum einen die Boxenkonstruktion stabilisieren<br />
und zum anderen ein Durchkrabbeln der Kühe verhindern soll. Es behindert<br />
jedoch in dieser Höhe die Kuh beim Aufstehen, und damit wird sich die Kuh auch nur<br />
ungern in dieser Box ablegen. Das Durchkrabbeln der Kühe wird zudem bereits<br />
durch die Bugbegrenzung verhindert. Wenn das Rohr zur Verbesserung der Stabilität<br />
unbedingt notwendig ist, muss es mindestens 85 cm oberhalb Oberkante Liegefläche<br />
angebracht werden.<br />
Die Fressplatzbreite sollte in dieser Phase bei ca. 75 cm pro Kuh liegen. Die Laufflächen<br />
sollten griffig sein.
Vorbereitungsgruppe<br />
Mit Beginn der Vorbereitungsfütterung sind die Kühe im eingestreuten Laufstall am<br />
besten aufgehoben. Kühe versuchen in der hochtragenden Phase eine größere<br />
räumliche Distanz zu ihren Artgenossen einzuhalten. Deshalb sollte mindestens mit<br />
einem Platzangebot von 8m 2 pro Kuh kalkuliert werden. Ein geringeres Platzangebot<br />
hat meistens zur Folge, dass der Strohbedarf erheblich ansteigt oder die Liegefläche<br />
schneller nass wird bzw. die Liegefläche sehr unhygienisch wird. In der Praxis hat<br />
sich am Futtertisch ein abschiebbarer Laufgang je nach System von 1,60 – >3,00 m<br />
Breite bewährt. Eine Standfläche von 1,60 m Länge ist ausreichend, wenn sich zwischen<br />
Standfläche und Liegebereich mindestens eine Stufe befindet. Sollten die<br />
Liegefläche und die Standfläche am Trog auf einem Niveau sein, so ist eine Breite<br />
von mehr als 3,00 m vorteilhaft.<br />
Abkalbebereich<br />
Die Unterbringung der hochträchtigen Tiere in einem gesonderten Bereich entspricht<br />
ihrem natürlichen Verhalten sich zum Zeitpunkt der Kalbung von den anderen Kühen<br />
abzusondern und Ruhe zu suchen. Idealerweise bleibt aber ein Sichtkontakt zu den<br />
Stallgefährtinnen erhalten. Dies minimiert den Stress der Umstallung.<br />
Ein Abkalbeabteil sollte ausreichend groß sein bzw. Unterteilungen zulassen. Nach<br />
Möglichkeit sollten die abzukalbenden Kühe einige Tage vor der Geburt in Einzelbuchten<br />
aufgestallt werden. Die Einzelbucht muss ausreichend groß sein (> 10m 2 ).<br />
Eine saubere und trockene Bucht mit rutschfestem Boden stellt optimalen Kuhkomfort<br />
sicher. Die einzelne Abkalbebucht verfügt über einen eingestreuten Liegebereich,<br />
der durchaus bis an den Fressbereich reichen kann. Pro Tag sind 8-12 kg Stroh zu<br />
kalkulieren. Die Abkalbebucht muss mindestens ein Tränkebecken haben. Ein weiterer<br />
Wasseranschluß ist sinnvoll. Dieser steht während und nach der Geburt (Tränken,<br />
Tierarzt) sowie für die Reinigung und Desinfektion der Box zur Verfügung. Die<br />
Abkalbebuchten sollten mit dem Schlepper gut zu entmisten sein. Nach jeder Kalbung<br />
ist eine Reinigung und Desinfektion durchzuführen. Der Abkalbebereich muss<br />
gut beleuchtet sein und über eine gute Lüftung verfügen, jedoch ohne Zugluft. Eine<br />
Abkalbebucht ist kein Krankenstand.<br />
Grundsätzlich besteht auch die Möglichkeit die Kühe in einer Gruppenbucht abkalben<br />
zu lassen. In einer Gruppenbucht sollten 3 bis maximal 6 Kühe untergebracht sein.<br />
Die Umstallung sollte rechtzeitig erfolgen, damit die Kühe sich aneinander gewöhnen<br />
können. Ausreichend sind etwa 3 Tage. Unruhige Kühe müssen allerdings aus den<br />
Gruppenbuchten entfernt und in einer Einzelbox aufgestallt werden können. Eine ungestörte<br />
Kalbung ist eher in einer Einzelbucht möglich. Dies wird durch Untersuchungen<br />
an der LFA Mecklenburg-Vorpommern belegt. In Gruppenabkalbeboxen war<br />
häufiger menschliches Eingreifen notwendig. Es kommt vermutlich zu einer erhöhten<br />
Adrenalinausschüttung bei der kalbenden Kuh. Die Geburt selbst ist schon belastend<br />
und zusätzlich kommt es noch zu Stress durch andere Kühe in der Gruppe. Adrenalin<br />
behindert im Organismus der Kuh das Hormon Oxytocin, das für die Kontraktion der<br />
Geburtswege verantwortlich ist. Die Folge können Geburtsprobleme sein.
Nachsorge / Frischmelker<br />
Häufig wird heute eine Nachsorgegruppe über einen Zeitraum von bis zu einer Wochen<br />
bzw. oder über eine Frischmelkergruppe von bis zu 3 Wochen diskutiert. Die<br />
Nachsorgegruppe kann in den ersten Tagen nach der Geburt als eigene Gruppe aufgestallt<br />
werden (nach Möglichkeit in einem Zweiraumlaufstall) oder, bei ausreichender<br />
Buchtengröße, in die Vorbereitungsgruppe wieder integriert werden. Dann ist<br />
durch Schwenktore oder Separationstore eine stressfreie Trennung zum Melken zu<br />
gewährleisten. Eine eigene Nachsorgegruppe bietet die Vorteile, dass sich alle Problemtiere<br />
in einer Gruppe befinden. Ein guter Überblick über diese Tiere ist sichergestellt.<br />
Viele Maßnahmen wie Kontrolle der Futteraufnahme, Temperaturmessungen<br />
sind leicht und effizient durchführbar.<br />
Die Abkalbeboxen und die Aufstallung der Nachsorgegruppe bzw. der Frischmelkergruppe<br />
sollten in unmittelbarer Nähe des Melkstandes platziert werden. Dadurch ist<br />
ein Zugang zum Melkstand ohne lange Triebwege gewährleistet.<br />
Wie groß müssen die einzelnen Abteile sein, damit eine ungestörte Funktion<br />
gesichert bleibt?<br />
Dies ist zunächst abhängig davon, ob es sich bei der Betriebskonzeption um kontinuierliche<br />
Abkalbungen oder um Abkalbeschwerpunkte handelt. Bei der kontinuierlichen<br />
Abkalbung über das ganze Jahr kann von den Werten der folgenden Tabelle<br />
ausgegangen werden. Die Tabelle zeigt die Aufenthaltsdauer der Kühe in den verschiedenen<br />
Produktionsschritten, ihren Anteil in dem einzelnen Leistungsabschnitt<br />
und die Empfehlung für das einzelne <strong>Haltung</strong>sverfahren.<br />
Tiergruppe<br />
Empfehlungen für die <strong>Haltung</strong><br />
Dauer Anteil <strong>Haltung</strong>sverfahren<br />
Frühtrockene 4 - 6 Wo. 10% Laufstall, Liegebox, Weide ?<br />
Vorbereitung 2 - 3 Wo. 5% Zweiraumlaufstall; Stroh<br />
Kalbung 3-4 % Einzelbox --> Stroh<br />
(mind. 2) Gruppenbox --> Stroh<br />
Nachsorge / 3 Wo. 5% Zweiraumlaufstall --> Stroh<br />
Frischlaktierer Laufstall --> weiche Liegebox<br />
Hochleistende 35 Wo. 30% Laufstall, weiche Liegebox<br />
Niederleistende 10 Wo. 20% Laufstall, weiche Liegebox<br />
Färsengruppe 45 Wo. 30% Laufstall, weiche Liegebox<br />
Bei kontinuierlicher Abkalbung lässt sich in Abhängigkeit von der Kuhzahl der notwendige<br />
Bedarf an Plätzen in den einzelnen Phasen kalkulieren. Die Anzahl der Abkalbebuchten<br />
kann mit ca. 3-4% der Kuhzahl veranschlagt werden, jedoch mindestens<br />
2 Einzelabkalbebuchten um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten.<br />
Dr. Anja Stumpe /Herbert Rieder