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Neue DIN-Norm für Holzschutz in Aufenthaltsräumen - UMG-Verlag

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HOLZSCHUTZ<br />

Baulicher <strong>Holzschutz</strong> hat Vorrang:<br />

D<strong>in</strong>-<strong>Norm</strong> 68800 beendet 50 Jahre "chemischen <strong>Holzschutz</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>Aufenthaltsräumen</strong>"<br />

Das Präsidium des Deutschen Institutes <strong>für</strong> <strong>Norm</strong>ung - <strong>DIN</strong> hat im April 2012 das von<br />

der Deutschen Bauchemie beantragte Schiedsgerichtsverfahren zur Aufweichung des<br />

Vorranges des baulichen <strong>Holzschutz</strong>es vor dem chemischen <strong>Holzschutz</strong> endgültig<br />

abgewiesen. Damit s<strong>in</strong>d alle Rechtsmittel der Deutschen Bauchemie ausgeschöpft.<br />

Die <strong>Norm</strong>änderung berücksichtigt damit e<strong>in</strong>en gesellschaftlichen Wertewandel weg vom<br />

dom<strong>in</strong>ierenden chemischen Materialschutz der Nachkriegszeit h<strong>in</strong> zum Gesundheits- und<br />

Umweltschutz, der toxische Belastungen im Wohnbereich vermeidet, Grundwasser-<br />

belastungen durch Auswaschungen im Außenbereich verm<strong>in</strong>dert, den Anfall von Sondermüll<br />

von chemisch behandeltem Holz verr<strong>in</strong>gert und die Bauhandwerker im Holzbau bei Ihrer<br />

Arbeit wirksam schützt.<br />

Nach fast 50 Jahren „chemischer <strong>Holzschutz</strong>“ haben neue Allianzen zu diesem<br />

Paradigmenwechsel geführt. Bis auf die Deutsche Bauchemie haben alle an der <strong>Norm</strong>ung<br />

beteiligten <strong>in</strong>teressierten Kreise wie z.B. die zuständigen Baubehörden, das<br />

Umweltbundesamt, der Bund Deutscher Zimmermeister, die Deutsche Fertighaus<strong>in</strong>dustrie,<br />

die Universitäten und Holzforschungs<strong>in</strong>stitute geme<strong>in</strong>sam mit den Umweltverbänden dieses<br />

Ziel erreicht.<br />

Damit treten alle 4 Teile der neuen <strong>DIN</strong> 68800<br />

• Allgeme<strong>in</strong>er Teil – Teil 1<br />

• Vorbeugende bauliche Maßnahmen im Hochbau – Teil 2<br />

• Vorbeugender chemischer <strong>Holzschutz</strong> – Teil 3 und<br />

• Bekämpfender <strong>Holzschutz</strong> Teil - 4<br />

rechtsverb<strong>in</strong>dlich <strong>in</strong> Kraft.<br />

Gesundheits- und Umweltpolitisch s<strong>in</strong>d die nachfolgenden Änderungen von hoher Relevanz:<br />

• Neu geschaffen wurde der allgeme<strong>in</strong>e Teil – Teil 1 der <strong>Norm</strong>, der übergeordnet die<br />

Teile 2 bis 4 regelt.<br />

• Im Teil 1 der <strong>Norm</strong> wurde der Vorrang des Baulichen <strong>Holzschutz</strong>es vor dem<br />

chemischen <strong>Holzschutz</strong> erfasst.<br />

Die entscheidende Änderung bedeutet, dass <strong>in</strong> der Vergangenheit auf chemischen<br />

<strong>Holzschutz</strong> verzichtet werden konnte, jetzt aber zukünftig auf chemischen <strong>Holzschutz</strong><br />

„ verzichtet werden soll“. In Räumen, die als Aufenthaltsräume genutzt werden sollen,<br />

ist auf die Verwendung von vorbeugend wirkenden <strong>Holzschutz</strong>mitteln oder von mit<br />

vorbeugenden <strong>Holzschutz</strong>mitteln behandelten Bauteilen zu verzichten.<br />

Für Arbeitsstätten und Ähnliches gilt dies nur, soweit dies technisch möglich ist.<br />

Bereits seit 1954 gibt es e<strong>in</strong>e "Kann-Bestimmung" <strong>für</strong> bauliche Maßnahmen vor<br />

chemischen <strong>Holzschutz</strong>maßnahmen. In der Realität hat diese Möglichkeit bei den<br />

Architekten jedoch kaum Anwendung gefunden. Durch strategisch gezielte<br />

Werbemaßnahmen wurde von der chemischen Industrie e<strong>in</strong> Fe<strong>in</strong>dbild gegen den<br />

Hausbock aufgebaut. Bei Bauherren und auch Hauseigentümern hat dieses Geschäft<br />

mit der Angst vor Insektenbefall gut funktioniert. Aus Haftungsgründen haben sich die<br />

Architekten dann <strong>für</strong> die Variante „Nummer sicher, also Verwendung von<br />

chemischem <strong>Holzschutz</strong>“ entschieden.<br />

• Die neue E<strong>in</strong>führung der Gebrauchsklasse 0 beschreibt Zustände, <strong>in</strong> denen Holz<br />

ke<strong>in</strong>er Befeuchtung – Holzfeuchte ≤ 20 - ausgesetzt ist und die Gefahr von<br />

Bauschäden durch Insekten ausgeschlossen ist. In den Vorgängernormen wurden<br />

umg 2012; 25(3): Magaz<strong>in</strong>: Onl<strong>in</strong>e-Version, www.umwelt-mediz<strong>in</strong>-gesellschaft.de, <strong>UMG</strong> <strong>Verlag</strong>.


HOLZSCHUTZ<br />

jeweils Gefährdungsklassen beschrieben, z.B. Gefährdung durch Insekten und/oder<br />

Pilze. In der Vergangenheit gab es bisher ke<strong>in</strong>en gefährdungsfreien Zustand.<br />

Per Def<strong>in</strong>ition wurde das Holz aus begehbaren, unbeheizten Dachstühlen der GK 0<br />

zugeordnet. Damit ist sichergestellt, dass zukünftig bei e<strong>in</strong>em nachträglichen Ausbau<br />

des Dachstuhles zu K<strong>in</strong>der- und Schlafzimmern ke<strong>in</strong>e Belastungen mehr mit<br />

<strong>Holzschutz</strong>mitteln auftreten können.<br />

Die E<strong>in</strong>führung der GK 0, deren E<strong>in</strong>führung auf extremen Widerstand bei der<br />

Deutschen Bauchemie gestoßen ist, wurde im Wesentlichen durch die<br />

Bauaufsichtsbehörden durchgesetzt.<br />

• Baulicher <strong>Holzschutz</strong> be<strong>in</strong>haltet alle planerischen, konstruktiven, bauphysikalischen<br />

und organisatorischen Maßnahmen zur Vermeidung von Schäden durch Holz<br />

zerstörende Organismen und übermäßiges Quellen und Schw<strong>in</strong>den des Holzes.<br />

Schutz des Holzes vor Feuchtigkeit z.B. mit ausreichenden Dachüberständen und<br />

regelmäßiger Kontrolle der Dichtheit des Daches, um Pilzwachstum zu vermeiden.<br />

Verwendung von technisch getrockneten, dauerhaften Holzarten wie Kiefernkernholz,<br />

Douglasien- oder Lärchenkernholz. Durch den technischen Trocknungsprozess bei<br />

Temperaturen über 46 ° im Inneren des Kernes werden jegliche Eiweißmoleküle von<br />

tierischen Schädl<strong>in</strong>gen abgetötet und die Harze des Holzes <strong>in</strong>soweit verändert, dass<br />

sie <strong>für</strong> tierische Schädl<strong>in</strong>ge nicht mehr empfänglich s<strong>in</strong>d.<br />

In der Vergangenheit wurde die <strong>DIN</strong> 68800 <strong>in</strong> die Landesbauordnungen übernommen.<br />

Damit hatte sie de facto Gesetzescharakter.<br />

Die Fachkommission Bautechnik des Deutschen Institutes <strong>für</strong> Bautechnik hat bereits der<br />

neuen <strong>DIN</strong> 68800 zugestimmt und gefordert, sie <strong>in</strong> die Landesbauordnungen zu<br />

übernehmen. Dieser Vollzug steht aber noch aus.<br />

Die Bundesländer Bayern und Baden Württemberg haben im Vorfeld e<strong>in</strong>e rasche Umsetzung<br />

empfohlen.<br />

http://www.baden-wuerttemberg.de/de/Meldungen/272435.html<br />

http://www.bmelv.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/2012/162-<strong>Holzschutz</strong>norm.html<br />

Nicht geklärt werden konnte <strong>in</strong> der neuen <strong>DIN</strong> 68800, was „Innen und Außen“ vom Gebäude<br />

ist. In der neuen <strong>Norm</strong> wird Bezug genommen auf e<strong>in</strong>e Holzfeuchte von mehr oder weniger<br />

als 20 % Holzfeuchte. Weniger als 20 % Holzfeuchte werden als trocken und nicht<br />

behandlungsbedürftig def<strong>in</strong>iert.<br />

Dieses bedeutet, dass auch zukünftig die Innenseiten von Außentüren und Außenfenstern<br />

als Außen def<strong>in</strong>iert werden. Die Begründung liegt <strong>in</strong> der technischen Produktion der Bauteile.<br />

Sie werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Tauchbad chemisch behandelt. In Skand<strong>in</strong>avien dagegen werden<br />

beispielsweise Türen und Fenster <strong>in</strong> zwei Teilen gefertigt, der Außenteil chemisch behandelt,<br />

der Innenteil unbehandelt und dann zusammengefügt.<br />

Die Relevanz der fehlenden Klärung „ Innen und Außen“ erklärt sich folgendermaßen:<br />

Seit der letzten <strong>Norm</strong>änderung im Jahre 1986 wurde z.B. <strong>in</strong> der <strong>Norm</strong> festgelegt, dass der<br />

Dachstuhl e<strong>in</strong>es Gebäudes nicht “Innen vom Gebäude ist, sondern Außen“.<br />

Nach dieser Def<strong>in</strong>ition konnten <strong>für</strong> „Außen“ zugelassene <strong>Holzschutz</strong>mittel im Dachstuhl<br />

verwendet werden.<br />

Die toxikologischen Prüfungen und Zulassungen von <strong>Holzschutz</strong>mitteln unterschieden bei<br />

der Verwendung von Bioziden (lebensabtötende Substanzen) zwischen „Außen“ und „Innen“<br />

mit unterschiedlichen E<strong>in</strong>schränkungen <strong>in</strong> der Anwendung. Das der Dachstuhl per <strong>Norm</strong> seit<br />

1986 als außerhalb des Gebäudes angesehen wurde, wussten die prüfenden Toxikologen<br />

nicht.<br />

Insofern hatte die <strong>Norm</strong> 68800 de facto E<strong>in</strong>fluss auf die Umdef<strong>in</strong>ierung des Sachverhaltes<br />

„Innen und Außen“ und damit auf die Zulassungskriterien der <strong>Holzschutz</strong>mittel genommen.<br />

umg 2012; 25(3): Magaz<strong>in</strong>: Onl<strong>in</strong>e-Version, www.umwelt-mediz<strong>in</strong>-gesellschaft.de, <strong>UMG</strong> <strong>Verlag</strong>.


HOLZSCHUTZ<br />

Somit gelangten <strong>in</strong> der ganzen Republik Biozide, die nur <strong>für</strong> „Außen“ zugelassen waren,<br />

spätestens nach dem nachträglichen Ausbau der Dachstühle zu Wohnzwecken <strong>in</strong> die<br />

Innenräume von Gebäuden.<br />

Quelle: 9.7.2012, NaturFreundeDeutschlands, Bundesfachbeirat Umweltschutz und<br />

<strong>Norm</strong>ung, Karl-Jürgen Prull, Horst 5, 27313 Dörverden, Tel: 05165-913940, Fax: 05165-<br />

913941, prull@naturfreunde.de.<br />

umg 2012; 25(3): Magaz<strong>in</strong>: Onl<strong>in</strong>e-Version, www.umwelt-mediz<strong>in</strong>-gesellschaft.de, <strong>UMG</strong> <strong>Verlag</strong>.

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