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Info - Schweizerische Fachstelle für behindertengerechtes Bauen

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Nr. 55 – Juni 2012<br />

<strong>Info</strong><br />

hindernisfrei-bauen.ch<br />

Gleichberechtigte<br />

Nutzbarkeit von Bauten


2 <strong>Schweizerische</strong> <strong>Fachstelle</strong> <strong>für</strong> <strong>behindertengerechtes</strong> <strong>Bauen</strong> <strong>Info</strong><br />

Norm SIA 500:<br />

Nutzbarkeit ohne<br />

Benachteiligungen<br />

ma. Wie Bauten und Anlagen gestaltet werden<br />

müssen, damit sie als zugänglich und nutzbar gelten,<br />

wird in der Schweiz mit der Norm SIA 500 «Hindernisfreie<br />

Bauten» definiert. Damit aber auch jederzeit<br />

eine gleichberechtigte Nutzbarkeit <strong>für</strong> alle<br />

gewährleistet wird, ist mehr erforderlich als eine<br />

rein technische Erfüllung der Norm.<br />

In der Bundesverfassung und im Behindertengleichstellungsgesetz<br />

ist verankert, dass Menschen mit Behinderung ein Anrecht<br />

darauf haben, beim Zugang und der Benutzbarkeit von<br />

Bauten und Anlagen nicht benachteiligt zu werden.<br />

Auf diesem Postulat basiert auch die Norm SIA 500, in der<br />

im Vorwort festgehalten wird: «Die vorliegende Norm geht davon<br />

aus, dass der gebaute Lebensraum allen Menschen offen -<br />

stehen soll.» Er soll <strong>für</strong> Personen mit motorischen oder senso -<br />

riellen Einschränkungen, «weitgehend selbständig zugänglich<br />

sein». Der Normtitel «Hindernisfreie Bauten» bringt das Ziel<br />

der Norm gemäss Vorwort zum Ausdruck, «.... allen Menschen<br />

die Nutzung von Bauten zu erleichtern, also auch körperlich<br />

eingeschränkten und alten Personen sowie jenen, die Einkaufs-<br />

und Kinderwagen mitführen oder Gepäckstücke und<br />

unhandliche Gegenstände mittragen.»<br />

Nr. 55 – Juni 2012<br />

Grundlagen<br />

Weil in der Praxis bei vorhandener Bausubstanz oder topogra -<br />

phischen Gegebenheiten eine gleichberechtigte Zugänglichkeit<br />

und Nutzbarkeit nicht immer vollständig realisierbar ist,<br />

räumt die Norm hier<strong>für</strong> Spielräume ein, um zweckmässige Lösungen<br />

zu finden. Sie bezeichnet diese mit den Begriffen «vorzugsweise»<br />

und «bedingt zulässig». Letzteres ist wie folgt definiert:<br />

«Bezeichnet eine Ersatz- oder Behelfsanforderung, die<br />

nur im begründeten Einzelfall an Stelle der Regelvorgabe treten<br />

darf. Die Begründung muss nachweisen, dass bestehende<br />

Gegebenheiten die Erfüllung der Regelvorgabe verunmöglichen<br />

oder einen unverhältnismässigen Aufwand erfordern.<br />

Dies kann insbesondere durch bestehende Bausubstanz oder<br />

Topografie gegeben sein.»<br />

Regelfall vor Speziallösungen<br />

Bei allen Projekten gilt es in erster Linie, den Regelfall zu erfüllen.<br />

Für allfällige spezifische Einrichtungen und Vorkehrungen<br />

werden zwei Typen unterschieden:<br />

• Typ A bezeichnet Einrichtungen, die ausschliesslich <strong>für</strong><br />

Nutzende mit Behinderung bereitgestellt werden müssen, wie<br />

z.B. Rollstuhl-WC, -Parkplätze oder Induktive Höranlagen.<br />

Strenggenommen handelt es sich dabei um Kompromisslösungen,<br />

weil es z.B. nicht verhältnismässig wäre, sämtliche<br />

Parkplätze oder WCs grösser zu dimensionieren.<br />

• Typ B Vorkehrungen sind dahingegen definiert als «Vorkehrungen<br />

und Einrichtungen, welche als bedingt zulässiger<br />

Ersatz oder Behelf an Stelle der in der Norm verlangten Einrichtung<br />

eingesetzt werden. Dazu gehören z.B. die Erschliessung<br />

über separaten Hauseingang, Treppenlifte, stufenlose<br />

Wegführungen über Umwege.»<br />

Beispiele nachteiliger Folgen von separierenden Vorkehrungen<br />

• Separate Zugänge <strong>für</strong> Gebäudenutzer mit Behinderung bedeuten in der Regel: Umwege und erhebliche<br />

logistische zusätzliche Beschwernisse.<br />

• Verschlossene Zugänge oder Einrichtungen erfordern oft Interventionen durch Drittpersonen und sind deshalb<br />

nicht spontan oder zeitlich frei nutzbar.<br />

• Separate Zugänge oder Umwege haben meist zur Folge, dass zusätzlich mehrere Türen (zum Teil mit Türschliesser)<br />

zu passieren sind, welche schwer oder gar nicht bedienbar sind und zusätzliche Hindernisse bilden.<br />

• Die speziellen Plätze in Theater, Kino oder Veranstaltungsräumen führen in der Regel zu einem sehr beschränkten<br />

Angebot im Vergleich zu jenem <strong>für</strong> «normale Besucher».<br />

• Einrichtungen wie Hebebühnen oder Treppenlifte sind <strong>für</strong> die meisten Rollstuhlfahrer, <strong>für</strong> die sie ja gerade<br />

vorgesehen wären, oft nicht selbständig benutzbar.


3 <strong>Schweizerische</strong> <strong>Fachstelle</strong> <strong>für</strong> <strong>behindertengerechtes</strong> <strong>Bauen</strong> <strong>Info</strong><br />

Spezielle Lösungen haben meist Nachteile zur Folge<br />

Die Erfahrung zeigt, dass dort, wo Hindernisfreiheit nicht ein<br />

selbstverständlicher Bestandteil der «normalen» Gestaltung<br />

ist, d.h. nicht dem Prinzip des «design for all» folgt, zusätzliche<br />

Nachteile resultieren. Spezielle, gesonderte Lösungen bedeuten<br />

meist ein beschränktes Angebot, eingeschränkte Verfügbarkeit,<br />

zusätzliche Umwege, umständliche Benutz- oder<br />

Bedienbarkeit, verschlossene Einrichtungen, Angewiesensein<br />

auf Hilfspersonen, also Benachteiligungen, die «normale» Gebäudenutzer<br />

nicht in Kauf nehmen müssen.<br />

• Separate Vorkehrungen und Lösungen haben oft auch keinen<br />

synergetischen Effekt <strong>für</strong> weitere Nutzergruppen. So ist<br />

beispielsweise ein Treppenlift zur Nutzung mit Kinderwagen,<br />

<strong>für</strong> ältere gehbehinderte Personen, Materialtransport usw.<br />

nicht geeignet. Spezielle Lösungen wie Treppenlift, Nebeneingänge<br />

haben nicht nur einen schlechten Wirkungsgrad, sondern<br />

führen sogar noch zu wiederkehrenden, zusätzlichen<br />

Unterhaltskosten.<br />

• Desweiteren führen spezielle Lösungen meistens auch zu<br />

gravierenden quantitativen Einschränkungen. Wenn z.B. die<br />

zwei speziellen Rollstuhlplätze im Kino besetzt sind, hat der<br />

dritte Besucher mit Rollstuhl Pech! Dem dritten «normalen»<br />

Besucher kann das nie passieren.<br />

• Separat gelegene, geräumige Rollstuhl-WCs, die selten genutzt<br />

werden, werden früher oder später zu Abstellkammern<br />

umfunktioniert. Plant man hingegen eine universellere betriebliche<br />

Nutzung, z.B. durch die Kombination mit einen Wikkeltisch,<br />

ist die Gefahr der Abstellkammer und des Abgeschlossenseins<br />

gebannt.<br />

Konzeptionelle und betriebliche Aspekte<br />

Bei spezifischen Vorkehrungen und Einrichtungen gilt es nicht<br />

nur technische Anforderungen zu erfüllen, sonder ebenso konzeptionelle<br />

und betriebliche Faktoren zu berücksichtigen.<br />

In Kap. 7.1 «Konzeption und Disposition» werden entsprechende<br />

Anforderungen vorgegeben, wie z.B. mit den Ziffern<br />

7.1.2 «Spezifische Einrichtungen sind vorzugsweise an denselben<br />

Standorten wie die entsprechenden Einrichtungen <strong>für</strong><br />

die allgemeine Nutzung anzuordnen. Sie müssen zu den gleichen<br />

Betriebszeiten wie die entsprechenden Einrichtungen <strong>für</strong><br />

die allgemeine Nutzung verfügbar und vorzugsweise ohne<br />

Interventionen von Dritten benutzbar sein.»<br />

7.1.6 «Falls verschiedene Varianten von spezifischen Einrichtungen<br />

zur Auswahl stehen, ist jene vorzusehen, welche im<br />

konkreten Einzelfall <strong>für</strong> die Benutzenden am wenigsten nachteilig<br />

wirkt.»<br />

Dementsprechend wird z.B. <strong>für</strong> öffentlich zugängliche Bauten<br />

in Ziff. 3.1.1 festgehalten: «Es ist bedingt zulässig, Bauten<br />

ausschliesslich über einen Nebeneingang hindernisfrei zu erschliessen;<br />

..... .» Oder im Anhang C «Eignungskriterien <strong>für</strong><br />

Nr. 55 – Juni 2012<br />

Grundlagen<br />

Schlecht: Rollstuhlplätze in einem Stadion, ohne Sitze <strong>für</strong> Begleit -<br />

p ersonen. Bedenklich: Die Anlage ist neu!<br />

Einrichtungen zur Höhenüberwindung in Bauten» werden zum<br />

Beispiel die «Benutzbarkeit» und die «Verfügbarkeit» als Kriterien<br />

aufgeführt zur Wahl zwischen Lösungen zur Höhenüberwindung<br />

mit Rampen, Aufzügen oder Hebebühnen.<br />

Oft werden bei der Planung auch die Vorgaben von Ziff. 7.1.5<br />

missachtet oder unterschätzt: «Die Auswirkungen von spezifischen<br />

Einrichtungen auf die Nutzung und den Betrieb einer<br />

Baute müssen der Bauherrschaft und gegebenenfalls der Bewilligungsbehörde<br />

aufgezeigt und dokumentiert werden.»<br />

Dabei gilt es nicht nur, negative Auswirkungen zu erkennen<br />

und aufzuzeigen, vielmehr geht es in allererster Linie darum<br />

– wenn immer möglich – durch die richtigen baulichen<br />

Vorkehrungen nachteilige Auswirkungen zu vermeiden.<br />

Nach Norm SIA 500 müssen Benachteiligungen<br />

vermieden werden<br />

Es sprengt den Rahmen einer Planungsnorm, all die unterschiedlichen<br />

betrieblichen, organisatorischen und objektspezifischen<br />

Konstellationen aufzuführen. Sodann verfügen in der<br />

Praxis oft nur Fachspezialisten mit Erfahrung über das einschlägige<br />

Wissen zu den Auswirkungen von spezifischen Einrichtungen.<br />

Aus diesem Grund wird mit der Ziff. 7.1.7 die Anforderung<br />

gestellt: «Zur Projektierung und Optimierung von<br />

Anordnung und Wahl von spezifischen Einrichtungen, insbesondere<br />

des Typs B, ist vorzugsweise eine spezialisierte Fachberatung<br />

beizuziehen.»<br />

Der Grundauftrag der Norm SIA 500 <strong>für</strong> unvermeidbare<br />

«Spezifische Vorkehrungen» wird gleich am Anfang der Norm<br />

in Kapitel 2 «PROJEKTIERUNG» festgehalten unter Ziff. 2.3<br />

«Spezifische Einrichtungen sind so zu disponieren, dass ihre<br />

Benützung nicht benachteiligend wirkt.»


4 <strong>Schweizerische</strong> <strong>Fachstelle</strong> <strong>für</strong> <strong>behindertengerechtes</strong> <strong>Bauen</strong> <strong>Info</strong><br />

<strong>Fachstelle</strong>n-Kursangebot «Hindernisfreies <strong>Bauen</strong><br />

im Baubewilligungsverfahren»<br />

Zum dritten Mal in Folge richtet unsere <strong>Fachstelle</strong> einen<br />

Weiterbildungskurs <strong>für</strong> Baubehörden-Mitarbeiter aus. Als<br />

Fortsetzung unseres seit einem Jahrzehnt angebotenen Einführungs-Kurses<br />

«Hindernisfreies <strong>Bauen</strong>» richtet sich der Kurs<br />

«Hindernisfreies <strong>Bauen</strong> im Baubewilligungsverfahren» an<br />

Fach p er s onen, die mit dem Vollzug der baugesetzlichen Bestimmungen<br />

<strong>für</strong> das Hindernisfreie <strong>Bauen</strong> beauftragt sind.<br />

Vermittelt werden Kenntnisse über die Mittel und Abläufe im<br />

Bau b e w il ligungsverfahren betreffend die Durchsetzung der<br />

gesetzlichen Bestimmungen zum Hindernisfreien <strong>Bauen</strong>.<br />

Die nächste Möglichkeit der Teilnahme besteht in diesem<br />

Jahr nur noch am<br />

02. November 2012, 09.30 – 17.00 h<br />

Kurslokal ist, wie gewohnt, der Saal des Altersheims Limmat,<br />

Limmatstrasse 186, 8005 Zürich. Er ist in ca. fünf Minuten<br />

Fahrtzeit mit der Tramlinie 4, 13 und 17 ab Hauptbahnhof Zürich<br />

(Tramhaltestelle Quellenstrasse) zu erreichen.<br />

In bewährter Art und Weise wird auch dieser Kurs wieder, geleitet<br />

von Bernhard Rüdisüli und Eric Bertels, unter Beizug weiterer<br />

Experten und Referenten durchgeführt. Die Teilnehmerzahl<br />

ist begrenzt; eine frühzeitige Anmeldung ist erwünscht.<br />

Über info@hindernisfrei-bauen.ch kann das Kursprogramm<br />

bei der <strong>Fachstelle</strong> angefordert werden. Für Fragen betreffend<br />

Inhalt, Durchführung und Unkostenbeitrag steht Ihnen<br />

B. Rüdisüli, Tel. 044 299 97 93, jeweils nachmittags<br />

(ausser Mittwoch) zur Verfügung.<br />

Nr. 55 – Juni 2012<br />

Mitteilungen<br />

Für den Eingangs erwähnten nächsten Einführungskurs «Hindernisfreies<br />

<strong>Bauen</strong>» am 17. und 18. Oktober 2012 stehen nur<br />

noch wenige freie Plätze zur Verfügung.<br />

Age: Wie alte Menschen wohnen (sollten)<br />

Seit zehn Jahren fördert die Age Stiftung das Wohnen im Alter.<br />

Im Jubiläumsjahr 2012 werden dazu, neben einer Vorlesungsreihe,<br />

zahlreiche Führungen, Besichtigungen und Begehungen<br />

angeboten. Die drei halbtägigen Begehungen von je<br />

zwei ausgeführten Alterswohnprojekten sind <strong>für</strong> Bern<br />

(18.09.12), St.Gallen (25.09.12) und Zürich (16.10.12) geplant.<br />

Dabei machen Felix Bohn, <strong>Fachstelle</strong>n-Experte im Bereich<br />

Altersgerechtes <strong>Bauen</strong> und Autor der Planungsrichtlinien<br />

«Altersgerechte Wohnbauten», sowie Regina Walthert, Beraterin<br />

<strong>für</strong> Hindernisfreies <strong>Bauen</strong> des Kantons Zürich, die Teilnehmer<br />

mit entsprechenden Wohnangeboten <strong>für</strong> ältere Menschen<br />

vertraut und orientieren u.a. über Probleme und<br />

Möglichkeiten bei der Umsetzung baulicher Massnahmen. Das<br />

Veranstaltungsmodul «Begehungen» richtet sich an Vertreter<br />

von Bau- und Sozialämtern, Bauträgerschaften, Generalunternehmer,<br />

Investoren, Planer und Fachleute aus der Immobilienbranche.<br />

Die Teilnehmerzahl ist begrenzt. Wir empfehlen<br />

daher eine frühzeitige Anmeldung (clic auf Jubiläumsbanner<br />

unter www.age-stiftung.ch).<br />

Neu: Merkblatt 18/12 «Hindernisfreie Gehflächen»<br />

Der öffentliche Raum wird in zunehmendem Masse durch die<br />

unterschiedlichsten Nutzungen beansprucht. Das zeigt sich<br />

auch darin, dass Gehflächen, z.B. Trottoirs, mit einer Vielzahl<br />

von Objekten «möbliert» werden.<br />

Unser neues Merkblatt 18/12 «Hindernisfreie Gehflächen»<br />

(diesem INFO beiliegend) zeigt, wie Signale, <strong>Info</strong>rmationsund<br />

Werbeträger usw. beschaffen und platziert sein müssen,<br />

damit sie nicht zum Hindernis und zur Gefahr werden <strong>für</strong> Fussgänger<br />

und Fussgängerinnen, vor allem <strong>für</strong> solche mit einer<br />

Sehbehinderung.<br />

Merkblatt 18/12<br />

Januar 2012<br />

Hindernisfreie Gehflächen<br />

Anforderungen an Gestalt und Anordnung von<br />

Ausstattungselementen auf Gehflächen<br />

Ausgangslage<br />

Ziel<br />

Ausstattungs- und Möblierungselemente auf In diesem Merkblatt werden die Anforde-<br />

Gehflächen können, je nach Dimension, Gestalt und rungen an die Gestalt und Anordnung von Aus-<br />

Anordnung, ein Hindernis sein. Für Menschen mit stattungs- und Möblierungselementen aufgeführt,<br />

Behinderung kann dies bedeuten, dass der Zugang welche erfüllt sein müssen, damit Gehflächen<br />

und die Benützbarkeit der Gehflächen durch Hinder- hindernisfrei zugänglich sind und kein Verletzungsnisse<br />

eingeschränkt ist oder dass die Hindernisse risiko besteht.<br />

durch ihre Form zu Verletzungen führen können, Das Vermeiden von Hindernissen gilt dabei als<br />

was insbesondere Menschen mit Sehbehinderung vorrangiges Ziel. Ausstattungselemente, wie Sig-<br />

gefährdet.<br />

nale, <strong>Info</strong>rmations- und Werbeträger, Parkuhren,<br />

Kundenstopper, Veloständer, Sperren, Pfosten und<br />

Grundlagen<br />

Poller zum Verhindern von Falschparkieren usw.<br />

sollen nach Möglichkeit ausserhalb der Gehfläche<br />

Die Norm SIA 500 «Hindernisfreie Bauten» angeordnet werden. Andere Elemente hingegen<br />

definiert die Anforderungen hinsichtlich Ertastbar- haben <strong>für</strong> Fussgängerinnen und Fussgänger und<br />

keit von Elementen im Bewegungsraum und Ab- insbesondere <strong>für</strong> Menschen mit Behinderung einen<br />

schrankung von Hindernissen.<br />

hohen Nutzen, wie z.B. Sitzgelegenheiten, Hand-<br />

Für den Strassenraum werden diese Vorgaben läufe, Geländer und Absperrungen von Gefahren-<br />

in der VSS-Grundnorm SN 640 075 «Hindernisfreier stellen. Sie sollen so angeordnet und gestaltet<br />

Verkehrsraum» aufgeführt. Diese Norm ist in Vorbe- werden, dass sie <strong>für</strong> alle zugänglich und nutzbar<br />

reitung. Die Angaben in diesem Merkblatt beziehen sind. In keinem Fall dürfen Möblierungselemente<br />

sich auf die Norm SIA 500. Für die Dimensionierung durch ihre Form, Gestalt und Materialisierung<br />

der Bewegungsflächen wird zudem auf die Grund- Fussgängerinnen und Fussgänger gefährden.<br />

norm SN 640 070 «Fussgängerverkehr» verwiesen.<br />

C H-8004 Zürich Kernstrasse 57 Telefon 044 299 97 97 Fax 044 299 97 98 www.hindernisfrei-bauen.ch


5 <strong>Schweizerische</strong> <strong>Fachstelle</strong> <strong>für</strong> <strong>behindertengerechtes</strong> <strong>Bauen</strong><br />

Lift<br />

Sitzlift <strong>für</strong> schmale Treppen<br />

Den Sitzlift «Jade» <strong>für</strong> gerade Treppen mit Steigungen zwischen<br />

28° und 56° produziert die Firma Otolift in Rotterdam.<br />

Selbst wenn die Treppe nicht besonders breit sein sollte, bleibt<br />

noch genügend Platz <strong>für</strong> Personen, die die Treppe ohne Hilfsmittel<br />

überwinden möchten. Mit nur 55 Zentimeter ist die<br />

Ausladung des fahrbereiten Lifts (Armlehnen, Sitzfläche und<br />

Fussstütze heruntergeklappt) nämlich vergleichsweise gering,<br />

nicht zuletzt dank einer nur 86 Millimeter von der Wand abstehenden<br />

Fahrschiene. In der Parkstellung beansprucht der<br />

«Jade» sogar nur 28 Zentimeter der Treppenlaufbreite.<br />

Der Benutzer – dessen Körpergewicht 130 Kilogramm<br />

nicht überschreiten sollte – bedient den Lift mittels Totmann-<br />

Steuerung an der Armlehne. Nach einem Softstart bewegt sich<br />

der bequeme Sitz mit 0,15 Meter in der Sekunde und erreicht<br />

sein Ziel mit einem Softstop. Ein Schwenk des drehbaren Sitzes<br />

erleichtert dem Benutzer das Aufstehen. Sollte der «Jade»<br />

einmal nicht an der gewünschten Station sein, kann er per Infrarotsender<br />

gerufen werden. bei zu naher Tür am Antritt ist<br />

eine klappberes Schienenstück im Angebot.<br />

Für einen Betrieb im Aussenbereich ist eine Spezialausführung<br />

des «Jade» erhältlich, bei der bewusst auf eine Sitz- und Rückenpolsterung<br />

verzichtet wird.<br />

Sitzlift «Jade» mit<br />

geschwenktem Sitz<br />

Högg AG<br />

9620 Lichtensteig<br />

071 987 66 89<br />

www.hoegglift.ch<br />

<strong>Info</strong><br />

Nr. 55 – Juni 2012<br />

Produkte<br />

Fast schon so etwas wie ein «Treppen-Rollator»<br />

Der «StairWalker» ermöglicht Personen, auf kontrollierte Art<br />

und Weise und ohne Angst Treppen zu begehen. Denjenigen,<br />

die Treppenstufen selbstständig überwinden wollen oder müssen,<br />

dabei jedoch ein erhöhtes Mass an Sicherheit und Führung<br />

benötigen, kann er ein wertvoller Helfer sein. Ob aufgrund<br />

eingeschränkter Mobilität oder lediglich Bath m o p hobie<br />

(Treppenangst), der «StairWalker» ist das sichere und komfortable<br />

Vehikel zur aktiven Treppennutzung: Aufwärts bietet<br />

er einen speziellen Schiebemechanismus, abwärts eine stabile<br />

Führung. Der «StairWalker» ist der dargebotene Arm zwischen<br />

den Stockwerken, Mobilitätshilfe und Lokomotionstherapie-Gerät<br />

in einem.<br />

ThyssenKrupp Encasa ist das einzige Unternehmen, das ein<br />

Gerät in dieser Form – mit dem auch therapeutische Massnahmen<br />

gezielt fördert werden können – zur Marktreife gebracht<br />

hat: Es entspricht den neusten Erkenntnissen der Neurorehabilitation.<br />

So kann nicht nur die Mobilität insgesamt<br />

verbessert werden, sondern das Treppenlaufen von z.B.<br />

Schlaganfall-Patienten neu erlernt werden.<br />

Die Belastbarkeit der Konstruktion ist abhängig von der<br />

Steilheit der Treppe: 146 kg bei 28° bis 45°, 125 kg bei 28° bis<br />

53° Steigung. Die «Fahrt» ist mittels Bedienelement am Stützbogen,<br />

der auch über eine Nothalt-Taste verfügt, regelbar von<br />

0,05 bis 0,15 Meter in der Sekunde.<br />

Der Lift lässt sich mittels Fernbedienung rufen und parkieren,<br />

auch abschliessen und weist sogar eine Beleuchtung <strong>für</strong><br />

den Fussbereich auf. Voraussetzung <strong>für</strong> den Betrieb ist die Versorgung<br />

mit 230 Volt Wechselstrom.<br />

Da <strong>für</strong> den «StairWalker» der Antrieb der Sitzliftserie «Levant»<br />

verwendet wird, kann der «StairWalker» bei Bedarf in<br />

einen Sitzlift umgewandelt werden. Noch ist das Produkt in<br />

der Schweiz nicht erhältlich.<br />

ThyssenKrupp Encasa GmbH<br />

D-41468 Neuss<br />

0049 2131 366 21 17<br />

www.tk-encasa.de


6 <strong>Schweizerische</strong> <strong>Fachstelle</strong> <strong>für</strong> <strong>behindertengerechtes</strong> <strong>Bauen</strong> <strong>Info</strong><br />

WC / Bad<br />

Handwaschbecken gemäss Norm SIA 500<br />

Seitdem vor dreieinhalb Jahren die Norm SIA 500 «Hindernisfreie<br />

Bauten» in Kraft getreten und damit massgebend ist, fragen<br />

sich bei der Planung von öffentlich zugänglichen Toilettenräumen<br />

immer öfter Architekten und Sanitärplaner, bei<br />

welchen Anbietern denn nun SIA-Norm konforme Lavabos zu<br />

finden seien. Zu Zeiten der SchweizerNorm 521 500 hat unsere<br />

<strong>Fachstelle</strong> auf Anfrage gern auf ein Modell der Keramik<br />

Laufen verwiesen. Mit seiner klar gerundeten Form und seiner<br />

Ausladung von 44 Zentimeter entsprach das kleinste Carina<br />

ziemlich genau der damaligen Vorgabe von höchstens 45 Zentimeter.<br />

In der SIA-Norm wurde jedoch eine geringere Ausladung festgeschrieben,<br />

sodass heutzutage in schweizerischen Behinderten-WCs<br />

ein Lavabo als normenkonform bezeichnet werden<br />

kann, wenn es in der Tiefe zwischen 35 und 40 Zentimeter<br />

misst. Und selbstverständlich muss es unterfahrbar sein. Bei<br />

einer Tiefe von nicht mehr als 15 Zentimeter ist dies sogar bei<br />

geradem Boden der Fall. Im Grundsatz gilt: Je gerundeter die<br />

Form auch in der Frontalansicht, desto besser!<br />

Diverse Wandbecken, die diese Anforderungen erfüllen,<br />

finden sich zum Beispiel im Teamkatalog (Artikelnummer/Ausladung/Hersteller).<br />

Solche sind (Liste nicht vollständig):<br />

1. ProCasa Uno (292123 / 39 cm / RICHNER)<br />

2. Subway 2.0 (221356 / 38,5 cm / VILLEROY & BOCH)<br />

3. Gallery (221028 / 38 cm / KERAMIK LAUFEN)<br />

4. ProCasa Uno (292122 / 36 cm / RICHNER)<br />

5. Cara (221011 / 35 cm / KERAMIK LAUFEN)<br />

6. Arolla New (221006 / 35 cm / KERAMIK LAUFEN)<br />

7. Darling New (212107 / 35 cm / DURAVIT)<br />

8. Vienna (221004 / 35 cm / KERAMIK LAUFEN)<br />

Richner AG<br />

8048 Zürich<br />

044 438 25 25<br />

www.richner.ch<br />

Figur E.1.2<br />

Grundriss<br />

Ausschnitt aus<br />

Norm SIA 500<br />

Seite 49<br />

Nr. 55 – Juni 2012<br />

Produkte<br />

«Duschfläche WALL», deutlich zu erkennen der Ablauf in der Wand<br />

Duschfläche von Schmidlin – Ablauf von Geberit<br />

Als Ergebnis einer Zusammenarbeit mit Geberit bezeichnet<br />

Schmidlin, schweizerischer Marktführer bei Sanitärwannen<br />

aus Stahl-Email, die Entwicklung seines neuen Duschelements,<br />

das in die Wand entwässert und deshalb «WALL» getauft<br />

wurde. So muss es auch nicht erstaunen, dass diese<br />

Crea t ion perfekt zu allen Ausführungen des Geberit Duschelements<br />

mit integriertem Wandablauf passt (wir berichteten<br />

darüber im <strong>Info</strong> 52/10).<br />

Ganz bewusst wird im Marketing nicht von einer Dusch -<br />

wanne (oder Duschentasse) gesprochen, sondern von einer<br />

«Duschfläche», denn bei «WALL» handelt es sich «nur» um<br />

ein mehrfach abgekantetes Stahlblech mit Email-Überzug,<br />

vorgesehen <strong>für</strong> den bodenebenen Einbau in Duschbereichen:<br />

Eine typische Wannenform ist ebenso wenig auszumachen<br />

wie ein Schwallrand. Das dreiseitige, optisch kaum wahrnehmbare<br />

Gefälle ermöglicht auch eine sichere Standfläche.<br />

Mit 0,85 Liter in der Sekunde schickt der Geberit-Wandablauf<br />

sogar grössere Wassermengen in Richtung Kläranlage.<br />

Als kleinstes Format wird 0,70 m x 0,70 m, als grösstes<br />

1,40 m x 1,00 m angeboten, Zwischengrössen nach Belieben<br />

in 1-Zentimeter-Schritten (wer es nachrechnen möchte, erhält<br />

als Ergebnis 2‘201 verschieden grosse Formate!) sind die besonderheit<br />

an diesem Produkt. Passend zu aktuellen Bodenplatten<br />

(z.B. Aquapanel) ist es auch in verschiedenen matten<br />

Emailfarben erhältlich. Bei fachgerechtem Einbau der «WALL»<br />

werden die Anforderungen der Norm SIA 181 «Schallschutz im<br />

Hochbau» problemlos erfüllt. Auf Wunsch ist die Duschfläche<br />

mit Stahl-Zargen <strong>für</strong> jede beliebige Seite erhältlich.<br />

Wilhelm Schmidlin AG<br />

6414 Oberarth<br />

041 859 00 60<br />

www.schmidlin.ch


7 <strong>Schweizerische</strong> <strong>Fachstelle</strong> <strong>für</strong> <strong>behindertengerechtes</strong> <strong>Bauen</strong> <strong>Info</strong><br />

Ein «Tuchlifter» auch <strong>für</strong> weniger «Betuchte»<br />

Als Alternative zum herkömmlichen Badewannenlifter mit<br />

starrem Sitz und Scherenarm-Mechanismus oder zum (wenig<br />

verbreiteten) Pneulifter wird neuerdings der sogenannte Badewannen-Tuchlifter<br />

angepriesen.<br />

Mit dem Badelifter «Relaxa Plus» lässt sich der auf einem<br />

Gurt sitzende Benutzer sanft in die Wanne hinab und am Ende<br />

auch wieder aus Ihr hinaus heben. Der flexible, breite Gurt<br />

aus Polypropylen ist dabei mit einem Ende fest mit der von einem<br />

Elektromotor angetriebenen Wickelwelle im Gehäuse<br />

verbunden. Das andere Ende wird an der Zugangsseite der Badewanne<br />

an einer robusten Bodenschiene fixiert. Ein Rükkrollmechanismus<br />

verhindert ein umgekehrtes Aufrollen des<br />

Gurtes.<br />

«Relaxa Plus» wurde <strong>für</strong> Personen geschaffen, die nicht<br />

(mehr) über die körperlichen Voraussetzungen verfügen, ihre<br />

Badewanne autonom zu benutzen oder denen einfach die Sicherheit<br />

beim Ein- und Aussteigen fehlt. Zusätzliche Sicherheit<br />

bietet der Haltegriff oben am Gehäuse. Der Vorgang wird jeweils<br />

durch Betätigen der entsprechenden Taste am Gehäuse<br />

(55,5 cm breit; 32,5 cm hoch; Ausladung 11,8 cm) ausgelöst<br />

und gesteuert. Zum Standardpacket gehören auch eine wasserdichte<br />

Fernbedienung und eine Wassertemperaturan z eige.<br />

Alle Funktionsteile sind aus Edelstahl gefertigt.<br />

Dem Nachteil, nämlich dass die Sitzposition aufgrund der<br />

flexiblen Unterlage als labil empfunden werden könnte, steht<br />

der Vorteil gegenüber, dass <strong>für</strong> ein Bad die Wanne auch in der<br />

Tiefe vollständig genutzt werden kann. Der «Relaxa Plus» Lifter<br />

ist nicht <strong>für</strong> Personen mit grossem Übergewicht ausgelegt:<br />

Wer die Garantie beanspruchen muss, sollte nicht mehr als<br />

130 Kilogramm wiegen. Den wenig Platz beanspruchenden<br />

Lifter, der praktisch zu jeder rechteckigen Badewanne passt,<br />

bietet das Vertriebsunternehmen Careproduct AG aktuell zu<br />

einem äusserst vorteilhaften Promotions-Preis an.<br />

Die Sitzposition wird eingenommen: Ein Vollbad dank «Relaxa Plus»<br />

Diverses<br />

Nr. 55 – Juni 2012<br />

Produkte<br />

Automatisieren von Drehflügeltüren<br />

Der elektromechanische GEZE ECturn-Antrieb öffnet und<br />

schliesst Drehflügeltüren mit bis zu 1,10 Meter Breite und 125<br />

Kilogramm Gewicht in Innenbereichen komfortabel, sanft und<br />

leise. Falls gewünscht, übernimmt er (bei manueller Öffnung)<br />

auch nur die Funktion eines Türschliessers. Er kann mit Gestänge<br />

oder Gleitschiene betrieben werden im Low-Energy-<br />

Modus (Türbewegung mit reduzierten Geschwindigkeiten, Absicherung<br />

mit Sicherheitssensorik nur im Einzelfall notwendig)<br />

und im Automatik-Modus nach DIN (Grundsätzliche Absicherung<br />

des Drehbereichs der Tür mit Sicherheitssensoren).<br />

Der ECturn-Antrieb verfügt standardmässig über eine<br />

Schnittstelle zum schnellen und einfachen Anschluss zusätzlicher<br />

Sicherheitssensorik <strong>für</strong> besonders schutzbedürftige Nutzer.<br />

Vorteilhaft <strong>für</strong> Personen mit eingeschränkter Mobilität ist<br />

die Ansteuerung mittels zahlreicher, verschiedenartiger Elemente,<br />

u.a. Funkfernbedienungen. Das sichere Funktionieren<br />

bei Stromausfall kann ein (optionaler) Akku garantieren, egal<br />

ob in Hotels, Spitälern, Alters- und Pflegeeinrichtungen, im Betreuten<br />

Wohnen oder im allgemeinen Wohnungsbau.<br />

Careproduct AG<br />

8966 Oberwil-Lieli<br />

056 649 90 00<br />

www.careproduct.ch<br />

GEZE Schweiz AG<br />

4657 Dulliken<br />

062 285 54 00<br />

www.geze.ch


8 <strong>Schweizerische</strong> <strong>Fachstelle</strong> <strong>für</strong> <strong>behindertengerechtes</strong> <strong>Bauen</strong><br />

Tücken des Geschäftsreisens<br />

im E-Rollstuhl<br />

Berufsbedingt reist René Kälin regelmässig ins Ausland.<br />

Unverzichtbar dabei: Sein Elektrorollstuhl. So<br />

muss jede Reise besonders gut geplant sein. Trotzdem<br />

gibt es neben den vorhersehbaren immer auch<br />

noch die nicht erwarteten Hindernisse ...<br />

Als <strong>Info</strong>rmatiker habe ich oft im Ausland zu tun. Dies ist eigent -<br />

lich nichts Besonderes, ausser dass ich als Elektro r oll s tuhl -<br />

fahrer mit Begleitung auf Geschäftsreise gehe und sich jede<br />

Reise als besonders organisationsintensiv und mühsam erweist,<br />

weil man halt auch seine Rechte und Bedürfnisse besonders<br />

gut durchsetzen muss. Das in diesem Sinn Besondere<br />

sind in erster Linie nicht einmal die immer gleichen Helfer von<br />

Bahn oder Flughäfen, denen man wiederholt erklären muss,<br />

dass man nicht schon wieder in den Urlaub fährt oder die meine<br />

Lebenspartnerin schon wieder als Mutti bezeichnen. Diese<br />

«Nebeneffekte» mögen <strong>für</strong> den gemeinen Leser wahrscheinlich<br />

schon schlimm genug sein. Trotzdem zehren sie nicht<br />

d erart an den Kräften und Geduldsreserven von mir und meiner<br />

Partnerin wie die Organisation der Reisen.<br />

Zu Beginn meiner Tätigkeit in Berlin reiste ich meist im<br />

Nachtzug, der ein gut ausgestattetes Rollstuhlabteil mitführte.<br />

Einerseits mag ich das Zug fahren sehr, ein Nachtzug hat<br />

noch einen gewissen romantischen Aspekt. Andererseits denke<br />

ich umweltbewusst – somit war die Reise nachtsüber das<br />

Mittel der Wahl. Doch das auf dem Webauftritt angepriesene<br />

Rollstuhlabteil zeigte im Verlauf der Zeit nicht zuletzt durch<br />

mangelnde Wartung seine Tücken. Oft wurde es als Lagerraum<br />

benutzt und man musste es sich erst frei räumen; dabei überkam<br />

einen zunehmend die Lust, das ganze Gerümpel aus dem<br />

Zug zu schmeissen, brauchte man doch den Platz dringend <strong>für</strong><br />

seine Hilfsmittel. Hin und wieder kam es vor, dass der Wagen<br />

mit dem Rollstuhlabteil defekt war und nicht mitfuhr. Die<br />

Ideen der Schaffner waren teilweise so unrealistisch, dass man<br />

sich an schlechte Comedy erinnert fühlte: «Sie können ja im<br />

Kantonale Beratungsstellen / Bestellungen<br />

Die Liste sämtlicher kantonaler Bauberatungsstellen und Bestellung<br />

von Unterlagen unter www.hindernisfrei-bauen.ch<br />

Titelbild: Nebeneingang zur antiken römischen Stadt<br />

Vaison-la-Romaine, Dept. Vaucluse, Frankreich<br />

Beilage: Merkblatt 18/12 «Hindernisfreie Gehflächen»<br />

<strong>Info</strong><br />

Nr. 55 – Juni 2012<br />

Kolumne<br />

René Kälin beim Umsteigen in Schaffhausen Foto: Markus Haab<br />

Gepäckwagen mitfahren!» Als der Zustand der Waggons immer<br />

schlechter wurde, entschieden meine Partnerin und ich,<br />

auf das Flugzeug umzusteigen.<br />

Nach einigen Flügen mussten wir ernüchtert feststellen,<br />

dass ein Wechsel des Verkehrsmittels einen nicht davor bewahrt,<br />

<strong>für</strong> sein Recht einstehen und kämpfen zu müssen. Am<br />

Flughafen Berlin-Tegel fühlte sich zu Beginn niemand zuständig,<br />

meinen 120 kg schweren Rollstuhl auf die etwa 20 cm<br />

über dem Boden stehende Röntgenanlage zu heben. Es kam<br />

so weit, dass meine Partnerin mit dem Elektrorollstuhl am<br />

Sperrgepäckschalter im Untergeschoss, ich wehrlos und bewegungsunfähig<br />

im Handrollstuhl am Check-In wartete – und<br />

das knappe zwei Stunden, bis die Männer mit der Lizenz zum<br />

Heben gefunden wurden. Der letzte Toilettengang vor dem<br />

Flug wurde gestrichen, weil wir schon zum Boarding ausgerufen<br />

wurden, obwohl wir noch nicht einmal die Sicherheitskontrolle<br />

hinter uns hatten. Da sämtliche Interventionen in<br />

Berlin nicht fruchteten, gelangte ich schliesslich an die Deutsche<br />

Luftaufsichtsbehörde und reichte eine Diskriminierungsbeschwerde<br />

ein. Dieser Schritt brachte den gewünschten Erfolg.<br />

Der Flughafen musste eine Rampe anschaffen, mit deren<br />

Hilfe der schwere Rollstuhl die Röntgenanlage befahren kann.<br />

Nun brauchen wir <strong>für</strong>s Einchecken kaum mehr Zeit als jeder<br />

andere Passagier.<br />

Voraussichtlich im März 2013 wird Tegel geschlossen und<br />

der neue Flughafen Berlin-Brandenburg eröffnet. Ich hoffe, die<br />

Rampe darf mit umziehen ... Denn vielen Menschen mit einer<br />

Behinderung fehlt die «Power», um immer wieder aufs Neue<br />

eine solche Selbstverständlichkeit zu erkämpfen.<br />

Herausgeberin: <strong>Schweizerische</strong> <strong>Fachstelle</strong> <strong>für</strong> <strong>behindertengerechtes</strong><br />

<strong>Bauen</strong>, Kernstrasse 57, 8004 Zürich, T 044 299 97 97, F 044 299 97 98<br />

Auflage: 2000 Ex. deutsch, 400 Ex. französisch, erscheint zweimal<br />

jährlich; Druck: Alder Print und Media AG, 9125 Brunnadern<br />

Fotos/Illustrationen: <strong>Fachstelle</strong>; SIA; ThyssenKrupp Encasa GmbH;<br />

Wilhelm Schmidlin AG; Careproduct AG; GEZE Schweiz AG; Högg AG;<br />

Markus Haab

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