Sprachland» in Sicht - Lehrmittelverlag Zürich
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Fokus<br />
Schule macht GeSchichte<br />
175 Jahre Volksschule im Kanton <strong>Zürich</strong><br />
1832—2007<br />
«SCHULE MACHT GESCHICHTE –<br />
175 Jahre Volksschule im Kanton <strong>Zürich</strong>»,<br />
22,5 x 27 cm, 336 Seiten, reich bebildert<br />
<strong>in</strong>kl. CDROM. <strong>Lehrmittelverlag</strong> des<br />
Kantons <strong>Zürich</strong>. Fr. 55.– zuzüglich<br />
Fr. 6.50 Versandkosten.<br />
Ersche<strong>in</strong>t anlässlich der Jubiläumsfeierlichkeiten<br />
am 28. September 2007.<br />
antwortung der Fabrikbesitzer, Alltagsschüler<strong>in</strong>nen<br />
und -schüler nicht <strong>in</strong><br />
ihren Fabriken zu beschäftigen. Doch<br />
die Mahnungen der Behörden wirkten<br />
kaum.<br />
E<strong>in</strong>e erste Fabrik ordnung<br />
von 1837<br />
Die Fabrikarbeit von K<strong>in</strong>dern stiess <strong>in</strong><br />
bildungsbürgerlichen und reformerischen<br />
Kreisen bereits zu Beg<strong>in</strong>n des<br />
19. Jahrhunderts auf Kritik – im Gegensatz<br />
etwa zur K<strong>in</strong>derarbeit auf Bauernhöfen<br />
oder <strong>in</strong> der Heim<strong>in</strong>dustrie. Die<br />
Kritiker, häufig Ärzte und Pfarrer, die<br />
<strong>in</strong> den geme<strong>in</strong>nützigen Gesellschaften<br />
organisiert waren, versuch ten,<br />
bessere Schutzbestimmungen für die<br />
schulpflichtigen K<strong>in</strong>der durchzusetzen.<br />
Die Klagen von geme<strong>in</strong>nützigen<br />
Kreisen und den Schulbehörden über<br />
die Fabrikarbeit und die Schulversäumnisse<br />
bewegten schliess lich den<br />
Grossen Rat 1834 dazu, die Arbeits-<br />
und Lebensverhältnisse der Fabrikk<strong>in</strong>der<br />
untersuchen zu lassen, um ordnend<br />
e<strong>in</strong>zugreifen. Die Regelung, die<br />
1837 als «Verordnungen über die Beschäftigung<br />
von K<strong>in</strong>dern <strong>in</strong> den Fabriken»<br />
zustande kam, brachte den<br />
Jugendlichen <strong>in</strong> der Fabrik<strong>in</strong>dustrie<br />
m<strong>in</strong>i malen Schutz. Alltagsschüler<strong>in</strong> nen<br />
und -schülern wurde die Arbeit <strong>in</strong><br />
Fabrik betrieben untersagt. Für die älteren<br />
K<strong>in</strong>der auf der Stufe der Repetierschule<br />
galt h<strong>in</strong>gegen ke<strong>in</strong> Ar beitsverbot.<br />
Die K<strong>in</strong>derarbeit war im 19. Jahrhundert<br />
für viele Menschen e<strong>in</strong> unverzichtbarer Teil<br />
der Familienökonomie.<br />
Die Volksschule:<br />
e<strong>in</strong> bildungsbürgerliches<br />
Anliegen<br />
Die obligatorische Volksschule, die e<strong>in</strong><br />
Konzept des liberalen Bildungsbürgertums<br />
war, richtete sich an die neuen<br />
Oberschichten, die f<strong>in</strong>anziell gut situiert<br />
waren und für ihre K<strong>in</strong>der e<strong>in</strong>e<br />
weltliche und praktische Ausbildung<br />
verlangten. Zu den Bedürfnissen der<br />
Landbevölkerung und der lokalen Wirtschaft<br />
stand sie jedoch völlig quer.<br />
E<strong>in</strong>e Wertschätzung der Bildung war<br />
zum Beispiel bei der Bevölkerung im<br />
Zürcher Oberland weitgehend <strong>in</strong>existent:<br />
Lesen, Schreiben und Rechnen<br />
galten nicht als erstrebenswerte Fähigkeiten,<br />
weil sie nicht <strong>in</strong> bare Münze<br />
umzusetzen waren. Die K<strong>in</strong>derarbeit<br />
war im 19. Jahrhun dert für viele Menschen<br />
e<strong>in</strong> unverzichtbarer Teil der Familienökonomie.<br />
Alle<strong>in</strong> schon aus diesem<br />
Grund waren die Eltern überzeugt,<br />
e<strong>in</strong>en Anspruch auf die Erwerbsarbeit<br />
ihrer K<strong>in</strong>der zu haben. An gesichts der<br />
sich widersprechenden Interessen begnügten<br />
sich die Geme<strong>in</strong>deschulpflegen<br />
bei den Ause<strong>in</strong>andersetzungen<br />
um die E<strong>in</strong>haltung der Schulpflicht mit<br />
Verwarnungen. Schwierige Fragen wurden<br />
der Bezirksschulpflege, dem Erziehungsrat<br />
oder gar dem Regie rungsrat<br />
vorgelegt. Diese fällten dann klare Entscheide,<br />
doch deren Durchführung<br />
und die Durchsetzung blieben weiterh<strong>in</strong><br />
den lokalen Behörden vorbehalten.<br />
Diese g<strong>in</strong>gen behutsam vor und liessen<br />
vielen D<strong>in</strong>gen ihren Lauf.<br />
Klassenfotoarchiv.ch<br />
Im Rahmen der Feierlichkeiten<br />
des 175JahrJubiläums<br />
der Volksschule des Kantons<br />
<strong>Zürich</strong> hat der <strong>Lehrmittelverlag</strong><br />
Anfang Juli e<strong>in</strong> Onl<strong>in</strong>e<br />
Klassenfotoarchiv mit rund<br />
51 000 Bildern lanciert.<br />
Zu verdanken ist die Entstehung dieses<br />
Fotoarchivs Walter Haagmans und<br />
se<strong>in</strong>em Vater Hubert Haagmans. Im<br />
Zeitraum von 1927 bis 1995 waren sie<br />
als Schulfotografen unterwegs und<br />
haben während ihrer Tätigkeit zahlreiche<br />
Schul klassen im Kanton und <strong>in</strong><br />
der Region <strong>Zürich</strong> porträtiert.<br />
Der <strong>Lehrmittelverlag</strong> <strong>Zürich</strong> hat die<br />
Sammlung, bestehend aus rund<br />
51000 Orig<strong>in</strong>albildern <strong>in</strong> doppelter<br />
Aus führung, im Dezember 2004 erstanden<br />
und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em aufwändigen<br />
Prozess digitalisiert. Seit Anfang Juli<br />
stehen die Klassenfotos der Öffentlichkeit<br />
<strong>in</strong> ei nem Onl<strong>in</strong>e-Archiv zur An-<br />
Gut D<strong>in</strong>g<br />
will Weile haben<br />
Der Bruch, den die Liberalen mit der<br />
traditionellen, kirchlich-religiös ausgerichteten<br />
Schulordnung des 18. und<br />
frü hen 19. Jahrhunderts vollzogen, war<br />
<strong>in</strong> der Tat radikal. Mit der Schaffung<br />
von weltlichen Lehrmitteln und der<br />
Professionalisierung des Lehrerberufs<br />
beschritt die liberale Führungsschicht<br />
im Kanton <strong>Zürich</strong> <strong>in</strong> der Volksbildung<br />
neue Wege. Die Zürcher Volks schule<br />
wurde <strong>in</strong> e<strong>in</strong> modernes, von den<br />
Ideen der Aufklärung gepräg tes und<br />
1928, Schulhaus Adliswil, Lehrer: Gottfried Stierli<br />
sicht oder zum Kauf zur Verfügung.<br />
Bestellt werden kann <strong>in</strong> den Standardformaten<br />
13 × 18 cm und 20 × 27 cm,<br />
grössere Formate s<strong>in</strong>d auf Anfrage erhältlich.<br />
Die Orig<strong>in</strong>alträger der digitalisierten<br />
Bilder werden seit Frühl<strong>in</strong>g<br />
2007 im Staatsarchiv des Kantons <strong>Zürich</strong><br />
fachgerecht aufbewahrt.<br />
Da die Haagmans vorwiegend im Kanton<br />
<strong>Zürich</strong> als Schulfotografen tätig<br />
waren, s<strong>in</strong>d vor allem Bilder aus dieser<br />
Region im Archiv zu f<strong>in</strong>den. Obwohl<br />
die Klassenfotos grösstenteils<br />
von Walter Haagmans handschriftlich<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Register erfasst wurden,<br />
s<strong>in</strong>d die Angaben über den Ort und<br />
von der Kirche losgelöstes Schulsystem<br />
überführt. Doch die Umsetzung<br />
der neuen Volksschule benötigte Zeit.<br />
Es dauerte noch Jahrzehnte, bis sich<br />
der regelmässige Schul besuch durchsetzte.<br />
Bis <strong>in</strong>s 20. Jahrhundert kam<br />
der Arbeitsschutzgesetzgebung die<br />
Rolle des Schrittmachers für die Ausdehnung<br />
der Schulpflicht zu. 1877<br />
wurde mit dem eidgenössischen Fabrikgesetz<br />
die Fabrikarbeit für K<strong>in</strong>der<br />
vor dem 15. Altersjahr verboten. Die<br />
Ausdehnung der Schulpflicht auf acht<br />
Jahre wurde jedoch erst im neuen<br />
Volksschulgesetz von 1899 umge-<br />
das Jahr der Aufnahme bisweilen unvollständig.<br />
In der elektronischen Datenbank<br />
können folglich nur die Angaben<br />
weiterge geben werden, die Herr<br />
Haagmans h<strong>in</strong>ter lassen hat. Ergänzende<br />
H<strong>in</strong>weise und Angaben zu den<br />
Bildern können dem <strong>Lehrmittelverlag</strong><br />
gemeldet werden.<br />
Der Blick <strong>in</strong> das Klassenfotoarchiv<br />
kommt e<strong>in</strong>er Zeitreise durch die Schulgeschichte<br />
gleich und beg<strong>in</strong>nt <strong>in</strong> den<br />
Jahren, als das Lachen für den Fotografen<br />
noch als unschicklich galt. Der<br />
spannende Fundus ist im Web zu f<strong>in</strong>den<br />
unter www.klassenfotoarchiv.ch<br />
setzt. Noch <strong>in</strong> den 1930er- und 1940er-<br />
Jahren war <strong>in</strong> den bäuerlichen Regionen<br />
im Kanton <strong>Zürich</strong> die Aufteilung<br />
der Schule <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e längere W<strong>in</strong>terschule<br />
und e<strong>in</strong>e kürzere Sommerschule<br />
verbreitet, um <strong>in</strong> den Sommermonaten<br />
die Mitarbeit der K<strong>in</strong>der an<br />
der Ernte zu ermöglichen.<br />
Verena Rothenbühler<br />
Abbildungen und Textauszug aus der Jubiläumsschrift<br />
«SCHULE MACHT GESCHICHTE – 175 Jahre Volks schule<br />
im Kanton <strong>Zürich</strong>», vgl. Seite 8.<br />
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