Schloss Drachenburg in Königswinter
Schloss Drachenburg in Königswinter
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SCHLOSS DRACHENBURG April 2012 3<br />
Ste<strong>in</strong>gewordenes Traumschloss<br />
<strong>Schloss</strong> <strong>Drachenburg</strong> hat viele Besitzer kommen und gehen sehen<br />
<strong>Schloss</strong> <strong>Drachenburg</strong>, 1882 bis 1884<br />
erbaut, ist mit se<strong>in</strong>en 128 Jahren noch<br />
nicht besonders alt. Es hat aber bereits<br />
e<strong>in</strong>e sehr bewegte Geschichte h<strong>in</strong>ter sich,<br />
die geprägt ist von <strong>in</strong>tensiver Nutzung<br />
und Wertschätzung, aber leider auch von<br />
Zerstörung und Ger<strong>in</strong>gschätzung.<br />
Der Bauherr Stephan von Sarter war<br />
1833 als Gastwirtssohn <strong>in</strong> Bonn geboren<br />
worden. Nach e<strong>in</strong>er Banklehre <strong>in</strong> Köln<br />
zog es ihn <strong>in</strong>s Ausland. Als F<strong>in</strong>anzanalyst<br />
erlangte er <strong>in</strong> Paris Reichtum und Ehren<br />
und wurde 1881 <strong>in</strong> den Adelsstand erhoben.<br />
Als frischgebackener Baron kaufte er<br />
im selben Jahr e<strong>in</strong> begehrtes Grundstück<br />
auf halber Höhe des Drachenfelses und<br />
legte den Grundste<strong>in</strong> für das großzügige<br />
<strong>Schloss</strong>. Obwohl komplett ausgestattet,<br />
bewohnte Baron Sarter se<strong>in</strong> <strong>Schloss</strong><br />
nie. Er verstarb 1902 als Junggeselle <strong>in</strong><br />
Paris. <strong>Schloss</strong> <strong>Drachenburg</strong> erbten se<strong>in</strong>e<br />
Nichten und Neffen <strong>in</strong> Deutschland.<br />
Der Bauherr von <strong>Schloss</strong> <strong>Drachenburg</strong>,<br />
Baron Stephan von Sarter<br />
Foto: <strong>Schloss</strong> <strong>Drachenburg</strong> gGmbH<br />
E<strong>in</strong>er der Neffen, Jacob Hubert Biesenbach,<br />
der zu der Zeit als Rechtsanwalt <strong>in</strong><br />
Bonn tätig war, kaufte das <strong>Schloss</strong> se<strong>in</strong>en<br />
Miterben ab.<br />
1903 öffnete er die <strong>Drachenburg</strong>, die<br />
schon zu Sarters Zeiten als Hochsitz<br />
deutscher Kunst am Rhe<strong>in</strong> bezeichnet<br />
wurde, zur Besichtigung gegen E<strong>in</strong>tritt.<br />
Als Souvenirs für die Besucher brachte<br />
er Postkartenleporellos und Lithographieserien<br />
heraus. In den <strong>Schloss</strong>park<br />
ließ er Sommerhäuser im nordischen Stil<br />
bauen, die er als Ferienhäuser an wohlhabende<br />
Urlaubsgäste vermietete. 1910<br />
kaufte der Rittmeister a.D. Egbert von<br />
Simon dem Sarter-Neffen das <strong>Schloss</strong><br />
ab. Er hatte große Pläne mit der Anlage,<br />
wollte e<strong>in</strong> Festspieltheater errichten, das<br />
Bayreuth Konkurrenz machen sollte, und<br />
e<strong>in</strong>e Luftschiffhalle bauen lassen, um<br />
Erkundungsfl üge über das Siebengebirge<br />
und den Rhe<strong>in</strong> anzubieten. F<strong>in</strong>anzieren<br />
konnte er allerd<strong>in</strong>gs nur Gartenbau- und<br />
Kunstausstellungen und e<strong>in</strong> Naturtheater.<br />
Hochverschuldet fi el er im Ersten<br />
Weltkrieg. Der Nachlass wurde unter<br />
Zwangsverwaltung gestellt, bis sich<br />
Anfang der 1920er Jahre mit dem Kölner<br />
Fabrikanten Hermann Flohr e<strong>in</strong> neuer<br />
Eigentümer fand. Flohr war u.a. mit der<br />
Herstellung von Militärausrüstungen im<br />
Ersten Weltkrieg zu Wohlstand gelangt<br />
und wählte sich <strong>Schloss</strong> <strong>Drachenburg</strong><br />
als Wochenend- und Feriendomizil. Die<br />
Ferienhäuser im Park stellte er dem<br />
hiesigen Rot-Kreuz-Vere<strong>in</strong> als Frauengenesungsheim<br />
zur Verfügung. Als Flohr<br />
allerd<strong>in</strong>gs 1930 e<strong>in</strong> neues Feriendomizil<br />
auf e<strong>in</strong>em We<strong>in</strong>berg <strong>in</strong> der Nähe von<br />
Halle an der Saale erwarb, verkaufte<br />
er das Ensemble der <strong>Drachenburg</strong> an<br />
den Orden der Christlichen Schulbrüder.<br />
Dieser richtete ab 1931 das katholische<br />
Jungen<strong>in</strong>ternat St. Michael im <strong>Schloss</strong><br />
e<strong>in</strong>. Die <strong>Schloss</strong>räume wurden zu Klassenzimmern,<br />
und die Schüler waren <strong>in</strong><br />
den Blockhäusern untergebracht, die mit<br />
Schlafsälen erweitert wurden. Große<br />
Teile des <strong>Schloss</strong>mobiliars waren zuvor<br />
auf e<strong>in</strong>er Kunstauktion versteigert worden.<br />
Aufgrund der politischen Lage im<br />
Nationalsozialismus mussten die Schulbrüder<br />
ihre Heimschule allerd<strong>in</strong>gs 1938<br />
schließen. E<strong>in</strong>ige Jahre später zog e<strong>in</strong>e<br />
Schule unter anderen Vorzeichen <strong>in</strong> das<br />
<strong>Schloss</strong> e<strong>in</strong>. Die Adolf-Hitler-Schule für<br />
den Gau Köln-Aachen, e<strong>in</strong>e Ausleseschule<br />
der NSDAP, wurde <strong>in</strong> den 1940er<br />
Jahren bis Ende des Zweiten Weltkriegs<br />
Das schwer beschädigte <strong>Schloss</strong> gegen<br />
Ende des zweiten Weltkriegs<br />
Foto: <strong>Schloss</strong> <strong>Drachenburg</strong> gGmbH<br />
auf dem Drachenfels untergebracht. In<br />
den letzten Kriegswochen wurde das<br />
<strong>Schloss</strong> durch Alliiertenbeschuss schwer<br />
beschädigt. Ab 1947 gab es aber wieder<br />
e<strong>in</strong>en längerfristigen Nutzer für das<br />
<strong>Schloss</strong>. Die Eisenbahndirektion Wuppertal<br />
richtete nach notdürftiger Sanierung<br />
des Gebäudes <strong>in</strong> den 1950er Jahren<br />
e<strong>in</strong>e Eisenbahnschule e<strong>in</strong>. In mehrwöchigen<br />
Kursen erhielten die angehenden<br />
Eisenbahnassistenten das theoretische<br />
Rüstzeug für ihre Prüfung. 1959 aber<br />
beschloss die Direktionsleitung, die<br />
Schule wieder <strong>in</strong> den Bezirk Wuppertal<br />
zu verlegen. E<strong>in</strong>e lange Zeit des<br />
Leerstand begann, <strong>in</strong> der nur knapp der<br />
Abriss verh<strong>in</strong>dert werden konnte. Das<br />
Land Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen, <strong>in</strong>zwischen<br />
Eigentümer der <strong>Schloss</strong>anlage, wollte am<br />
gleichen Ort e<strong>in</strong>en modernen Neubau für<br />
e<strong>in</strong>e Landesfi nanzschule errichten, was<br />
e<strong>in</strong>e engagierte regionale Interessenge-<br />
Der exzentrische Textilunternehmer Paul<br />
Sp<strong>in</strong>at, ab 1971 Besitzer des <strong>Schloss</strong>es<br />
Foto: <strong>Schloss</strong> <strong>Drachenburg</strong> gGmbH/<br />
Bett<strong>in</strong>a Secker<br />
me<strong>in</strong>schaft verh<strong>in</strong>dern konnte. Schließlich<br />
fand das Land nach zahlreichen<br />
Versuchen e<strong>in</strong>en neuen Käufer. 1971 zog<br />
Paul Sp<strong>in</strong>at, Textilunternehmer aus Bad<br />
Godesberg, <strong>in</strong>s <strong>Schloss</strong> e<strong>in</strong>. Vielmehr<br />
wohnte er nicht dort, sondern ließ das<br />
<strong>Schloss</strong> nach se<strong>in</strong>en Vorstellungen restaurieren<br />
und e<strong>in</strong>richten, und öffnete<br />
es wieder für Besichtigungsbesucher.<br />
Gleichzeitig nutzte er es als Bühne<br />
für se<strong>in</strong>e schillernden Feste. Mit e<strong>in</strong>er<br />
bunten und zum Teil sehr kitschigen Ausstattung<br />
machte er <strong>Schloss</strong> <strong>Drachenburg</strong><br />
zu se<strong>in</strong>em persönlichen Märchenschloss.<br />
Das e<strong>in</strong>gerüstete <strong>Schloss</strong> 1995<br />
Foto: <strong>Schloss</strong> <strong>Drachenburg</strong> gGmbH<br />
1989, kurz vor dem Tod Sp<strong>in</strong>ats, wurde<br />
<strong>Schloss</strong> <strong>Drachenburg</strong> verkauft. In letzter<br />
„M<strong>in</strong>ute“ machte das Land Nordrhe<strong>in</strong>-<br />
Westfalen von se<strong>in</strong>em Vorkaufsrecht<br />
Gebrauch und übertrug das Ensemble<br />
sogleich der Nordrhe<strong>in</strong> Westfalen-Stiftung.<br />
Diese realisierte <strong>in</strong> enger Kooperation<br />
mit dem Land NRW und der Stadt<br />
Königsw<strong>in</strong>ter <strong>in</strong> den folgenden Jahren<br />
die umfassende Restaurierung, die nach<br />
Gutachtenerstellung zwischen 1995<br />
und 2010 durchgeführt wurde. Seitdem<br />
erstrahlt <strong>Schloss</strong> <strong>Drachenburg</strong> wieder<br />
<strong>in</strong> neuer, alter Pracht und vermittelt den<br />
Besuchern wie e<strong>in</strong>st die Wohnkultur der<br />
Gründerzeit. Damit die Er<strong>in</strong>nerung an<br />
die wechselhafte <strong>Schloss</strong>geschichte, die<br />
das Gebäude prägte, nicht verloren geht,<br />
ist im Untergeschoss des <strong>Schloss</strong>es e<strong>in</strong>e<br />
eigene Ausstellung zur Bau- und Nutzungsgeschichte<br />
e<strong>in</strong>gerichtet worden, die<br />
<strong>in</strong> der Ausstellung zur Restaurierung<br />
<strong>in</strong> der Wagenhalle ihre Weiterführung<br />
fi ndet.<br />
Heute erstrahlt <strong>Schloss</strong> <strong>Drachenburg</strong> <strong>in</strong><br />
neuem Glanz<br />
Foto: Fotostudio Christoph Fe<strong>in</strong>, Essen