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Körper.Kontext.Kunst - ISTKuGe

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Sophia Kunze<br />

„neutrumque et utrumque“<br />

Objektivität und Pathologisierung bei Riberas bärtiger Frau<br />

José de Riberas profanes Werk „La Mujer Barbuda“ (die<br />

bärtige Frau) hat trotz seines außergewöhnlichen Bildthemas<br />

innerhalb der <strong>Kunst</strong>wissenschaften bisher wenig<br />

Beachtung gefunden. Die lebensgroße Darstellung zeigt<br />

die historisch belegte Magdalen Ventura mit ihrem Ehemann,<br />

der im Alter von 37 Jahren nach der Geburt mehrerer<br />

Kinder plötzlich ein Vollbart wuchs, abgebildet mit entblößter<br />

Brust, an der sie ein Kind zu stillen scheint (s. Abbildung).<br />

Von <strong>Kunst</strong>historikern im Zusammenhang mit dem Gesamtwerk<br />

Riberas erwähnt, dient es in der Regel lediglich als<br />

Beweis für das ausgeprägte naturalistische Interesse des<br />

Künstlers, seiner Einordnung als „wichtigster spanischer<br />

Realist“ folgend.<br />

Die Literatur aller Fachbereiche spricht bei der Bildfindung<br />

von einer Zuwendung des Künstlers zu „pathologischen“<br />

oder „klinischen“ Fällen. Entsprechend verwundert es nicht,<br />

dass besonders die Medizingeschichte in der Darstellung<br />

der „virilisierten“ und damit „kranken“ Magdalena Ventura<br />

einen Aufhänger findet, die historische Determiniertheit<br />

von Krankheiten zu diskutieren. Gern streitet man auch<br />

darüber, welche heute kanonisierte Krankheit mit den<br />

dargestellten „Symptomen“ korrespondiert.<br />

Mit seinem Interesse für die naturalistische Darstellung des<br />

menschlichen <strong>Körper</strong>s steht Ribera, der den Hauptteil seiner<br />

Schaffenszeit in Neapel am Hof des Vize von Alcala verbrachte,<br />

in der Tradition der italienischen Realisten. Die zu<br />

diesem Zeitpunkt noch vergleichsweise junge Wissenschaft<br />

der Anatomie stand in enger Verbindung mit den anatomischen<br />

Studien der Künstler, besonders weil die Illustration<br />

der Traktate künstlerisches Können voraussetzte und<br />

entsprechend von Künstlern ausgeführt wurde. Zusätzlich<br />

beginnt die Medizin sich als wissenschaftliche Disziplin zu<br />

etablieren – der Beginn einer bis in die aktuelle Gegenwart<br />

reichende Kanonisierung und Kategorisierung. Ziel meiner<br />

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