Körper.Kontext.Kunst - ISTKuGe
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einen neue, moderne Themen für ihre Werke auf, eine<br />
Ikonografie, die der sozialen Wirklichkeit entsprungen ist.<br />
Zum anderen treffen sie formale Entscheidungen, – wie<br />
etwa die Gestaltung des <strong>Körper</strong>s – um ein „glaubhaftes“ 4<br />
Bild zu präsentieren. Kann etwa die Modellierung des<br />
<strong>Körper</strong>s Kennzeichen „verlogene[r] <strong>Kunst</strong>“ 5 sein? Ein<br />
zeitgenössischer Kritiker bemerkt zu Constantin<br />
Meunier, der zentralen Bildhauerfigur für die Arbeiterplastik:<br />
„Meunier beschäftigt lebhaft die junge Generation.<br />
Die über das Individuelle hinausgehobene Typik<br />
seiner Figuren, das unter Schurzfell, Arbeiterhose versteckte<br />
Klassische, das Imposante der Gesichtsbildung,<br />
kurz die Adelung des Arbeiters taten das Nötige. Das<br />
Romanische stellte das heroische Pathos, […] die Steigerung<br />
des Nurcharakteristischen ins Klassischideelle, wie<br />
überhaupt für den ganzen antiken Apparatus, der unter<br />
den Bergmannskleidern immer sichtbar wird. Nur wenn<br />
man sich dies klar macht, kann man begreifen, daß diese<br />
im Grunde doch verlogenen <strong>Kunst</strong> […] auf die Gebildeten<br />
einen solchen Eindruck machen konnte.“ 6 Die Aussagekraft<br />
eines <strong>Kunst</strong>werkes wird bestimmt durch die inhärente<br />
mediale Bedingtheit, dem Verhältnis von Form zu<br />
Inhalt, aber auch durch <strong>Kontext</strong> und Rezeption. Es gilt zu<br />
ergründen, welche Strukturen die Wahrnehmung von<br />
Künstler und Rezipienten prägen, um so die entstandene<br />
Konstruktion von Wirklichkeit 7 zu verstehen.<br />
1 Natürlich muss man in diesem Zusammenhang den Entfremdungsbegriff<br />
von Karl Marx berücksichtigen.<br />
2 Die Frage nach sozialer Wirklichkeit kann und will an dieser Stelle<br />
keine philosophische sein, die sich damit beschäftigt, ob es überhaupt<br />
eine Wirklichkeit gibt. „Wirklichkeit“ kann mit Berger und Luckmann<br />
als Qualität von Phänomenen definiert werden, die ungeachtet<br />
unseres Wollens vorhanden sind. Vgl. Berger, Peter L./Luckmann,<br />
Thomas, Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit, Frankfurt<br />
a. M. 19775, S. 1 f.<br />
3 Türk, Klaus, Vorbemerkungen des Herausgebers, in: Türk, Klaus<br />
(Hg.), Arbeit und Industrie in der bildenden <strong>Kunst</strong>. Beiträge eines<br />
interdisziplinären Symposiums, Stuttgart 1997, S. 7-12, hier S. 10.<br />
4 „Glaubhaft“ entspricht eher dem Begriff der „Wahrhaftigkeit“ und<br />
meint nicht „wahr“ im Sinne von „real“.<br />
5 Kuhn, Alfred, Die neuere Plastik von 1800 bis zur Gegenwart, München<br />
19222, S. 75.<br />
6 Ebd.<br />
7 Letztlich kann es nur um ein approximatives Wirklichkeitsverständnis<br />
gehen, so auch Hans-Jürgen Goertz in seiner Einschätzung der historischen<br />
Sozialwissenschaften. Vgl. Goertz, Hans-Jürgen, Abschied von<br />
„historischer Wirklichkeit“. Das Realismusproblem in der Geschichtswissenschaft,<br />
in: Schröter, Jens/Eddelbüttel, Antje (Hg.), Konstruktion<br />
von Wirklichkeit. Beiträge aus geschichtstheoretischer, philosophischer<br />
und theologischer Perspektive, Berlin u. a. 2004, S. 2.<br />
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nisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen, 1998-1999. Wechsel zum Studium der <strong>Kunst</strong>geschichte,<br />
Neueren Deutschen Philologie und Philosophie an der HHU Düsseldorf mit Abschluss M.A. Seit<br />
2006 Promotionsstudiengang im Fach <strong>Kunst</strong>geschichte an der Heinrich-Heine-Universität (HHU) Düsseldorf<br />
mit dem Arbeitstitel der Dissertation: „Künstlerische Aneignung von Wirklichkeit. Aspekte des Sozialen<br />
in der Plastik von 1871 bis 1918 in Deutschland.“