Cellophane House - Schüco
Cellophane House - Schüco
Cellophane House - Schüco
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
MoMA Special<br />
<strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong> – KieranTimberlake Associates LLP, Philadelphia/USA<br />
Ein Projekt der MoMA Ausstellung „ : Fabricating the Modern Dwelling“<br />
20. Juli – 20. Oktober 2008, Museum of Modern Art, New York/USA
MoMA: Internationaler Wettbewerb<br />
„Home Delivery: Fabricating the Modern Dwelling“<br />
Für den Architekturwettbewerb des Museum<br />
of Modern Art (MoMA) in New York bewarben<br />
sich rund 400 internationale Architekturbüros.<br />
Gefragt waren die besten<br />
Konzepte eines Bausystems für vorgefertigte<br />
Wohngebäude mit neuen zukunftsorien<br />
tierten Technologien. Fünf Entwürfe<br />
wurden aus gewählt und im Maßstab 1:1<br />
auf dem Grundstück des MoMA gebaut. Im<br />
Rahmen der Ausstellung „Home Delivery:<br />
Fabricating the Modern Dwelling“ werden<br />
sie bis Oktober 2008 gezeigt. <strong>Schüco</strong> unterstützte<br />
die Architekten KieranTimberlake<br />
Associates LLP, die dort ihr <strong>Cellophane</strong><br />
<strong>House</strong> präsentieren.<br />
Inhalt<br />
01 Editorial<br />
02 „Home Delivery: Fabricating the Modern Dwelling“<br />
03 „Wir sehen die Ausstellung als Prozess”<br />
Interview mit Barry Bergdoll, Chef-Kurator Architektur<br />
und Design, MoMA New York/USA<br />
06 Das <strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong><br />
KieranTimberlake Associates LLP, Philadelphia/USA<br />
16 Vier Ideen, vier Bauweisen<br />
Die weiteren vier Projekte der Ausstellung<br />
20 Home Delivery: vorgefertigte Architektur<br />
von 1833–2008<br />
Impressum profile<br />
Ausgabe MoMA Special<br />
Herausgeber <strong>Schüco</strong> International KG<br />
Konzept und Marketing Jochen Wilms, Tanja Brinks<br />
Copyright <strong>Schüco</strong> International KG, alle Rechte vorbehalten<br />
<strong>Schüco</strong> International KG · Karolinenstraße 1–15 · 33609 Bielefeld<br />
Tel. +49 521 783-0 · Fax +49 521 783-451 · www.schueco.com<br />
<strong>Schüco</strong> International KG, Bielefeld/D
Dirk U. Hindrichs<br />
Geschäftsführender und persönlich<br />
haftender Gesellschafter<br />
<strong>Schüco</strong> International KG, Bielefeld/D<br />
Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
sparsame, energieeffiziente und zugleich<br />
architektonisch attraktive vorgefertigte<br />
Häuser sind kein Widerspruch. Gerade beim<br />
Klimaschutz sind neue und unkonventionelle<br />
Lösungen gefragt, um den Folgen des Klimawandels<br />
langfristig zu begegnen. Dass<br />
ein weltbekanntes Museum wie das MoMA<br />
dieses Thema aufgreift und Architekten<br />
um neue, zukunftsfähige Konzepte für die<br />
Verbindung von Ästhetik und Technik bittet,<br />
zeigt den mittlerweile erreichten breiten<br />
gesellschaftlichen Konsens zur Lösung einer<br />
der größten Zukunftsaufgaben.<br />
Die Architekten Stephen Kieran und James<br />
Timberlake beweisen mit ihrem „<strong>Cellophane</strong><br />
<strong>House</strong>“, wie sich Technik und Architektur<br />
zu etwas ganz Neuem verbinden: Das <strong>Cellophane</strong><br />
<strong>House</strong> ist ein von Licht durchflutetes,<br />
transparentes Gebäude aus Aluminium<br />
und Glas mit einem besonders nachhaltigen<br />
Energiehaushalt. Seine kosten- und zeiteffiziente<br />
Vorfertigung ermöglicht eine extrem<br />
sparsame Bauweise. Das zugrunde liegende<br />
Konzept entspricht exakt dem Unternehmensleitbild<br />
von <strong>Schüco</strong>: Energy 2 – Energie<br />
sparen und Energie gewinnen. Dahinter stehen<br />
Gebäude, die im Ideal fall mehr Energie<br />
erzeugen als sie selbst verbrauchen: sie<br />
sind bereits Realität und haben eine große<br />
Zukunft.<br />
Die im <strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong> eingesetzten<br />
Lösun gen von <strong>Schüco</strong> sparen Energie durch<br />
hoch wärmegedämmte Fenster, Türen und<br />
Fassaden. Zugleich gewinnt die gemeinsam<br />
mit <strong>Schüco</strong> konzi pier te, modular aufgebaute<br />
Photovoltaik-Fassade nachhaltigen<br />
Solar strom. Dazu kommen Leichtigkeit und<br />
ele gante Ausstrahlung des Gebäudes, das<br />
zeit lose Design der Oberflächen und die<br />
hohe Quali tät der Bauelemente für eine<br />
über zeu gende Gesamtlösung.<br />
Lassen Sie sich von den zukunftsweisenden<br />
Technikideen des <strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong> begeistern<br />
und freuen Sie sich auf die Berichte und<br />
Interviews in diesem Magazin.<br />
Herzlichst Ihr<br />
Mehr zu diesem Thema finden Sie unter www.schueco-profile.de/cellophanehouse.<br />
Die englische Version dieser Broschüre können Sie bestellen unter www.schueco-profile.de/bestellung.<br />
<strong>Schüco</strong> International KG, Bielefeld/D<br />
MoMA Special<br />
1
Die Ausstellung des MoMA<br />
„Home Delivery: Fabricating the Modern Dwelling“<br />
Das Museum of Modern Art (MoMA) in New<br />
York zeigt seit dem 20. Juli in der aktuellen<br />
Architekturausstellung „Home Delivery:<br />
Fabricating the Modern Dwelling“ die Entwicklung<br />
des vorgefertigten Bauens von<br />
1833 bis heute.<br />
Damit setzt das MoMA erneut ein zukunftsweisendes<br />
Zeichen in seiner jahrzehntelangen<br />
Geschichte von herausragenden<br />
Archi tektur ausstellungen.<br />
Dieses Mal geht es um die Entwicklung vom<br />
CAD (computer-aided design) zum CAM (computer-aided<br />
manufacturing) – dem Beginn<br />
einer Revolution in der Architektur und im<br />
Bauwesen, sowohl in ökonomischer als auch<br />
ökologischer Sicht. Hinzu kommt die immerwährende<br />
Diskussion über den ästhetischfunktionalen<br />
Anspruch in der Architektur.<br />
Im Museum selbst sind fast zwei Jahrhunderte<br />
vorgefertigter Architektur zu sehen.<br />
Die Galerie-Ausstellung umfasst rund 60<br />
Projekte mit Filmen, Modellen, Originalzeichnungen,<br />
Fotos, Patenten, Spielen und<br />
Teilrekonstruktionen. Mit dabei sind Werke<br />
der Vorreiter der Vorfertigung in der Architektur:<br />
Frank Lloyd Wright, Jean Prouvé,<br />
Konrad Wachsmann, Marcel Breuer und<br />
Richard Rogers.<br />
Auf dem Grundstück des MoMA sind fünf<br />
Prototypen im Maßstab 1:1 aufgebaut, die<br />
live besichtigt werden können. Hier nehmen<br />
die Architekten die Zukunft vorweg. Glenn<br />
D. Lowry, Direktor des MoMA: „an interactive<br />
experience with cutting-edge housing<br />
design”.<br />
Die fünf Architekten der Objekte wurden<br />
aus rund 400 Bewerbern von einer Jury aus<br />
Kuratoren und Architekten ausgewählt, um<br />
ihre Entwürfe zu erstellen – KieranTimberlake<br />
Associates LLP (Philadelphia/USA); Jeremy<br />
Edmiston und Douglas Gauthier (New York/<br />
USA); Horden Cherry Lee Architects (London/UK)<br />
mit Haack + Höpfner Architekten<br />
(München/D); Professor Lawrence Sass,<br />
Massachusetts Institute of Technology<br />
School of Architecture and Planning (Cambridge/USA)<br />
und Oskar Leo Kaufmann und<br />
Albert Rüf (Dornbirn/A).<br />
Herausragendes Objekt hier ist das<br />
<strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong> von KieranTimberlake<br />
Asso ciates LLP, das mit modularer Bau weise<br />
eine Vielzahl von Nutzungen ermöglicht<br />
und gleichzeitig die transparente Fassade<br />
zur Energiegewinnung nutzt. Viele Produkte<br />
sind „made in Germany“ vom Fenster-,<br />
Fassaden- und Solarspezialisten <strong>Schüco</strong>.<br />
„Prefabs“, also vorgefertigte Architektur, war<br />
die Vision des Bauhaus-Architekten Walter<br />
Gropius, die jetzt, 75 Jahre später in New York<br />
sowie in den aufstrebenden und in den etablierten<br />
Ländern dieser Welt Realität wird.<br />
<strong>Schüco</strong> International KG, Bielefeld/D
Eileen Barroso, courtesy of Columbia University/USA<br />
Aus welchem Grund haben Sie sich<br />
für diese Ausstellung entschieden?<br />
Welches Hauptziel haben Sie verfolgt?<br />
Ist die Ausstellung Teil des „Traums<br />
der Moderne“, den sie einem breiten<br />
Publikum nahebringen wollen?<br />
Ja, aber das war nicht das Hauptziel. Vor<br />
allem ging es darum, eine Ausstellung zu<br />
konzipieren, die einem sehr breiten Publikum<br />
den Zugang zu der fast unvorstellbaren<br />
Revolution verschafft, die sich in der Art<br />
und Weise zeigt, wie Architekten Objekte<br />
herstellen – wir wollten einige Aspekte des<br />
„Quantensprungs“ vom computergestützten<br />
Design zur computerbasierten Fertigung<br />
erfassen. Hier gab es für mich einige Beweggründe<br />
für die Entscheidung, dass das vorgefertigte<br />
Bauen hervorragend für eine<br />
genauere Betrachtung dieses revolutionären<br />
Wandels geeignet ist. Da Architekturausstellungen<br />
in der Regel Modelle und technische<br />
Zeichnungen präsentieren, die sich eher an<br />
ein Fachpublikum als an die breite Öffentlichkeit<br />
wenden, haben wir eine größere<br />
Bandbreite an Medien verwendet, so beispielsweise<br />
Filme und Gebäude im Maßstab<br />
1:1. Die auf dem Außengelände des MoMA<br />
errichteten Häuser sind Ausstellungsobjekte.<br />
Die Ausstellung zeigt neue Perspektiven<br />
– sowohl in Bezug auf die Herstellung von<br />
Objekten als auch unsere mögliche Lebensweise<br />
in der Zukunft. Sie ist jedoch auch<br />
darauf ausgerichtet, dem breiten Publikum<br />
neue Denkansätze in der Fertigung nahezubringen.<br />
Ich würde das als „Revolution in<br />
der Fertigung“ bezeichnen.<br />
Sie haben sich unter anderem für das<br />
„<strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong>“ entschieden.<br />
Barry Bergdoll,<br />
Chef-Kurator Architektur und Design,<br />
MoMA New York/USA<br />
„Wir sehen die Ausstellung als Prozess“<br />
Interview Barry Bergdoll<br />
Was macht es für Sie zu einem<br />
so besonderen Projekt?<br />
Jedes der fünf Häuser, die wir letztlich ausgewählt<br />
haben, steht für einen individuellen<br />
Ansatz neuer Möglichkeiten der Werksfertigung.<br />
Da stellt sich natürlich die Frage, weshalb<br />
sich diese Gebäude so grundlegend<br />
voneinander unterscheiden. Genau hier liegt<br />
für uns aber die Chance, das Vorurteil zu<br />
widerlegen, dass Vorfertigung zur Eintönigkeit<br />
führe.<br />
Ein zweiter Grund ist, dass KieranTimberlake<br />
eine führende Rolle in der Erarbeitung pragmatischer<br />
Konzepte dafür einnimmt, wie<br />
Architekten auf grundlegend andere Weise<br />
mit computergestützten Fertigungssystemen<br />
wie Building Information Modelling (BIM),<br />
„Just-in-time“-Belieferung oder dem Einsatz<br />
der in der Luft- und Raumfahrt industrie<br />
sehr verbreiteten großen modularen Bauteile<br />
umgehen können. Dieser Denkansatz<br />
zeigt sich im <strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong> als eines der<br />
vielleicht ausgereiftesten Projekte.<br />
Darüber hinaus ist das <strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong> –<br />
wie viele andere der von uns ausgewählten<br />
Gebäude – kein Entwurf eines einzeln stehenden<br />
Hauses. Es handelt sich hier vielmehr<br />
um ein System, das an eine beliebige Zahl<br />
von Hauskonfigurationen angepasst werden<br />
kann. Und es muss ja gar nicht unbedingt<br />
ein Haus als solches sein. Das Konzept ist<br />
darauf ausgelegt, ständig neu überarbeitet<br />
und angepasst zu werden. Es kann nicht nur<br />
an einen anderen Ort transportiert werden<br />
– es bietet die Möglichkeit des Wandels im<br />
zeitlichen Verlauf. Und die anderen Hauptkriterien<br />
für unser Interesse am <strong>Cellophane</strong><br />
<strong>House</strong> sind natürlich der Einsatz intelligenter<br />
Baustoffe und Nachhaltigkeit.<br />
MoMA Special<br />
3
Interview Barry Bergdoll<br />
Eines der ausgewählten fünf<br />
Projekte ist das <strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong><br />
von KieranTimberlake<br />
Associates LLP, Philadelphia/USA<br />
<strong>Schüco</strong> International KG, Bielefeld/D<br />
Das Thema der „wandlungsfähigen“,<br />
„maßgeschneiderten“ Architektur erinnert<br />
mich an das „Generator“-Haus von<br />
Cedric Price oder die „Organics“ von<br />
William Katavolos. Wie können solche<br />
intelligenten Gebäude eine nachhaltige<br />
Architektur unterstützen?<br />
Besonders erfreut war ich darüber, dass wir<br />
in der Ausstellung die Archigram-Gruppe und<br />
die Metabolisten erneut zeigen konnten –<br />
Architekturforschung der 1960er- und 1970er-<br />
Jahre, die in diesen wenigen Jahren mit<br />
Pop-Art-Fantasien einer anderen Periode verbunden<br />
war. Die Rückschau auf diese Dinge<br />
ist noch immer von Erfindergeist und Einfallsreichtum<br />
geprägt, jedoch vielleicht jetzt – im<br />
21. Jahrhundert – ein wenig realis tischer als<br />
in den 1960er-Jahren. Das heißt, die Entwicklung<br />
der Gegenwart verändert die Art und<br />
Weise der Betrachtung der Vergangenheit –<br />
dies war für uns einer der Gründe, weshalb<br />
wir in der Ausstellung historische Beispiele<br />
und moderne Experimente zusammenführen<br />
wollten. Die nachhaltige Architektur befindet<br />
sich noch in einer sehr frühen Phase. Sie ist<br />
geprägt von Widersprüchen, und wir müssen<br />
uns gelegentlich noch immer dafür rechtfertigen,<br />
dass wir Bauteile und Bauwerke auf<br />
nachhaltige Weise konstruieren. Vielleicht ist<br />
das vergleichbar mit der wachsenden Verbreitung<br />
des Computers vor 15 Jahren.<br />
Welche Rolle wird hier die Gebäudehülle<br />
spielen – zum Beispiel in Verbindung<br />
mit der Nutzung der Solarenergie?<br />
Welche Herausforderungen sehen Sie<br />
hier für die Zukunft?<br />
Es gibt eine sehr große Zahl von Herausforderungen.<br />
In den Projekten der ganz frühen<br />
1920er-Jahren wurde ja in gewisser Weise<br />
versucht, sich der Fassade zu entledigen.<br />
Eine der wesentlichen Veränderungen der<br />
letzten 30 Jahre ist aber der Ansatz, dass<br />
die Fassade eine ganze Reihe verschiedener<br />
Funktionen erfüllen muss. Die neueste Generation<br />
von Fassaden stellt nun faktisch eine<br />
vorgehängte Wand ohne Tragfunktion dar.<br />
Fassaden sind zu Bauteilen mit einer schier<br />
unglaublichen Vielfalt und Komplexität<br />
geworden. Das eigentlich Unvorstellbare am<br />
<strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong> ist, das es noch immer<br />
den von der Moderne gelebten Traum der<br />
Transparenz verkörpert. Diese Transparenz
kommt jedoch durch diese sehr komplexe,<br />
funktionale Fassade zustande.<br />
Welche zukünftigen Entwicklungen<br />
faszinieren Sie am meisten?<br />
Ich denke, die Zusammenführung aller Herausforderungen,<br />
denen wir uns heute unter<br />
Umweltgesichtspunkten und in Bezug auf<br />
die Nachhaltigkeit stellen müssen. Die<br />
wahre Herausforderung besteht darin, all<br />
das – von der globalen Erwärmung bis zur<br />
Bevölkerungsexplosion – zu einem Thema<br />
der Architektur zu machen. Ein großer Teil<br />
dieser Entwicklungen gründet sich auch auf<br />
die Materialforschung. Es gibt neue Baustoffe,<br />
die Anlass zu der Hoffnung geben, dass<br />
die Architektur auch künftig in gewissem<br />
Umfang zu einer Steigerung der Lebensqualität<br />
beitragen kann. Die Ausstellung<br />
beinhaltet einen wunderbaren Aspekt der<br />
Moderne, der die besten Augenblicke dieses<br />
Zeitalters für uns erneut erfahrbar macht –<br />
geradezu utopische Pläne und Visionen der<br />
1920er- oder 1960er-Jahren. Dies zeigt sich<br />
in einigen Projekten, die sich allen damit<br />
verbundenen Themen widmen – von intelligenten<br />
Baustoffen bis zur Nutzung der Technologie<br />
auf eine Weise, die den Menschen<br />
mehr in den Mittelpunkt stellt.<br />
Die Ausstellung hat nun seit einiger<br />
Zeit ihre Türen geöffnet. Haben Sie<br />
schon Meinungen und Kommentare von<br />
Besuchern oder Architekten erhalten?<br />
In der Presse gab es ein unglaublich positives<br />
Echo, und die Resonanz in der Öffentlichkeit<br />
war enorm. Die Menschen sind fasziniert<br />
von der Ausstellung. In Manhattan ist das<br />
ein absolut spektakuläres Ereignis. Aber es<br />
geht uns ja nicht nur um die Ausstellung<br />
an sich. Wir wollen damit auch eine Debatte<br />
initiieren. Bei der Fertigung der Häuser<br />
standen wir vor zahlreichen Herausforderungen.<br />
Diese Herausforderungen und Aufgaben<br />
werden wir im Oktober – zum Ende<br />
der Ausstellung – auf einem Fachsymposium<br />
thematisieren. Zu dieser Veranstaltung<br />
kommen die fünf Architektenteams in New<br />
York zusammen, sodass wir die unerwarteten<br />
Dinge, mit denen sie konfrontiert waren,<br />
genauer beleuchten können. Es geht uns<br />
auch darum, einige der Herausforderungen<br />
und die nächsten Schritte darzustellen.<br />
Was erwarten Sie vom weiteren<br />
Verlauf der Ausstellung?<br />
Wir sehen die Ausstellung als Prozess. Die<br />
hier gezeigten fünf Häuser stehen nicht<br />
für das Ende dieses Prozesses. Jede Ausstellung<br />
ist in gewisser Weise eine Zusammenfassung<br />
des aktuellen Standes im<br />
Hinblick auf eine bestimmte Fragestellung<br />
oder einen Trend, aber auch eine Anregung<br />
zur Diskussion. Begonnen haben wir<br />
mit der Website, auf der die interessierte<br />
Öffentlichkeit den Prozess verfolgen konnte<br />
(www.momahomedelivery.org). Nun ist die<br />
Ausstellung vollständig und dient als Diskussionsgrundlage<br />
für die Menschen. Zum<br />
Abschluss müssen wir die nächsten Schritte<br />
festlegen und herausfinden, was die Besucher<br />
aus dieser provisorischen, temporären<br />
Sammlung von Informationen und Experimenten<br />
mitgenommen haben.<br />
Barry Bergdoll sprach mit<br />
Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Höhl, München/D<br />
Ausblick auf drei der ausgewählten Projekte:<br />
Micro Compact Home, System3 und burst*008<br />
(von vorne nach hinten)<br />
MoMA Special<br />
5<br />
<strong>Schüco</strong> International KG, Bielefeld/D
<strong>Schüco</strong> International KG, Bielefeld/D
Die gesamte Konstruktion<br />
des Gebäudes basiert auf einem<br />
reversiblen Stecksystem<br />
– die Stützen und Träger aus<br />
Aluminium werden ineinandergesteckt<br />
und dann verschraubt<br />
<strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong>: das Konzept<br />
Schillernde, transparente Ebenen schichten<br />
sich hintereinander, bilden Farbüberlagerungen,<br />
hier und dort eine Fensterlai bung,<br />
die die Hülle durchbricht. Nur auf den<br />
zweiten Blick erkennt das Betrachterauge<br />
die raumumgrenzende Hülle, die namensgebende<br />
Folie des <strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong>.<br />
Wie in einem Regal schieben sich Gitterroste<br />
unterschiedlich weit aus dem vom<br />
Stützenraster definierten Raum, sodass sich<br />
Wohn- und Terrassenbereiche herausbilden.<br />
Eine Schichtung aus Materialebenen bildet<br />
die Hülle, welche die Begrenzung des inneren<br />
Raumes definiert. Im Inneren finden sich<br />
dagegen kaum Begrenzungen.<br />
Der Grundriss ist offen als weitläufige Wohnfläche<br />
geplant, stützenfrei und variabel für<br />
mögliche Einbauten. Dabei fokussieren die<br />
Architekten nicht den verschwenderischen<br />
Luxus an Wohnfläche, sondern im Gegenteil,<br />
die optimale Nutzung der Wohnfläche.<br />
Ausbau oder Rückbau, die nachhaltige Nutzung<br />
des Wohnraumes verlangt eine ständige<br />
Metamorphose des Hauses mit variablen<br />
Grundrissen, um Kosten und Fläche der<br />
Lebenssituation der Bewohner anzupassen.<br />
Ein Bauwerk, das sich stetig wandelt, sich<br />
Das <strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong><br />
eines Tages auflöst und keine Erinnerung<br />
an die Nutzer und den Architekten erwirkt,<br />
verlangt die Überwindung der eigenen Eitelkeit.<br />
„Das <strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong> erhebt keinen<br />
Anspruch auf Ewigkeit“, kommentieren<br />
die Architekten gelassen. Es ist ihre Überzeugung<br />
vom ökologischen Handeln, keine<br />
Baudenkmäler zu erschaffen, sondern das,<br />
was nicht benötigt wird, aufzulösen, um es<br />
einem neuen Zweck zuzuführen.<br />
Die Konstruktion des Hauses basiert auf<br />
einem reversiblen Stecksystem, in dem<br />
Stüt zen und Träger aus Aluminium ineinandergesteckt<br />
und verschraubt sind. Die Träger<br />
haben mehrere parallele Nuten, in die<br />
Profilschienen für Fassadenpaneele hintereinander<br />
eingeschoben werden. So ergibt<br />
sich die Gebäudehaut aus einer Schichtung<br />
verschiedener Paneele aus Glas, PET-Folien<br />
und Propylenplatten. Alle Materialien sind<br />
lösbar miteinander kombiniert und gehen<br />
keine dauerhafte Verbindung durch Kleben<br />
oder Schweißen ein. In ihrem Rohzustand<br />
belassen, können die Materialien jederzeit<br />
ausgetauscht und wiederverwertet werden.<br />
Stephen Kieran und James Timberlake erklären<br />
dies: „Das <strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong> wurde ent-<br />
MoMA Special<br />
7
Das <strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong><br />
Die Doppelfassade des <strong>Cellophane</strong><br />
<strong>House</strong> reguliert im Sommer und auch<br />
im Winter die Temperatur im Gebäude<br />
worfen, um zusammengefügt statt gebaut zu<br />
werden. Wird es nicht mehr gebraucht, wird<br />
es ‚auseinandergefügt‘ statt ab gerissen.“<br />
Wird also eines Tages das <strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong><br />
abgebaut, so ermöglicht diese Bauweise die<br />
Wiederverwertung des Materials an neuen<br />
Gebäuden. Gleichzeitig verändert sich die<br />
ökologische Bewertung eines Baustoffs mit<br />
der Betrachtung seines Lebenszyklus. Das<br />
wertvolle Aluminium der Träger und Stützen<br />
ist wiederverwertbar.<br />
Stephen Kieran und James Timberlake ergänzen<br />
diese Konstruktions- und Material aspekte<br />
mit aktiven Klima- und Energie systemen. Sie<br />
hüllen das <strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong> in eine zweischichtige<br />
Fassade mit <strong>Schüco</strong> Systemen<br />
und setzen als äußere Fassadenschicht eine<br />
PET-Dünnschichtfolie ein. An der Süd fassade<br />
integrieren sie die <strong>Schüco</strong> Fassade, die eine<br />
autarke Energiever sorgung des <strong>Cellophane</strong><br />
<strong>House</strong> ermöglicht.<br />
Im Sommer steigt die im Fassadenzwischenraum<br />
befindliche Luft aufgrund thermischer<br />
Luftbewegung und durch Unterdruck erzeugende<br />
Ventilatoren auf und tritt im oberen<br />
Luftdurchlass<br />
zum Dachventilator<br />
PET Dünnschichtfolie<br />
als Gebäudehülle<br />
Polypropylen-Paneel<br />
mit transluzenter<br />
Aerogel-Isolierung<br />
360 mm Stütze<br />
bewegliche Luftklappen<br />
auf jeder Ebene<br />
Luftraum (nach<br />
unten offen)<br />
Sommer: Die Luftklappen<br />
sind geöffnet, der Ventilator<br />
an. Die warme Luft entweicht<br />
über das Dach<br />
Bereich der Fassade durch Öffnungen aus.<br />
Frische Außenluft strömt durch Öffnungen<br />
im unteren Fassadenbereich nach. Diese<br />
Luft bewegung erzeugt einen Kühleffekt, den<br />
verstellbare Klappen im Fassadenzwischenraum<br />
lenken. Im Winter schließen die<br />
Klappen die einströmende Außenluft im<br />
Fassaden zwischenraum ein, damit diese,<br />
durch solare Einstrahlung, den dahinter<br />
liegen den Innenraum erwärmt.<br />
Die schimmernde äußere Hülle ist eine<br />
PET-Folie mit klimaregulierenden Materialeigenschaften.<br />
In das Material der Folie<br />
sind wärmespeichernde Mikrokapseln<br />
ein gearbeitet, die einstrahlende Wärme<br />
absorbie ren und bei kühleren Außentemperaturen<br />
wieder an ihre Umgebung abgeben.<br />
Die Folie dient aber auch als Medienfassade,<br />
deren OLED-Technik (organic light-emitting<br />
diode) über auf die Folie gedampfte Photovoltaik<br />
zellen mit Strom gespeist wird. So<br />
ist die Folie Klimahülle, Stromerzeuger und<br />
Gestaltungselement.<br />
Winter: Die Luftklappen<br />
sind geschlossen, die durch<br />
Sonneneinstrahlung erwärmte<br />
Luft beheizt den Innenraum<br />
Die Klima- und Luftregelung<br />
im <strong>Cellophane</strong><br />
<strong>House</strong> erfolgt weit gehend<br />
automatisch.<br />
Parallel-Ausstellfenster von<br />
<strong>Schüco</strong> ermöglichen<br />
individuelle Anpassungen
<strong>Schüco</strong> International KG, Bielefeld/D<br />
MoMA Special<br />
9
Individuelle Massenfertigung, hybride<br />
<strong>Schüco</strong> International KG, Bielefeld/D
Architekt James Timberlake (links),<br />
Architekt Stephen Kieran, Philadelphia/USA<br />
Konstruktion – das <strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong><br />
Unter 400 Bewerbern wurden Sie<br />
als eines von fünf Architekturbüros<br />
für die Planung eines vor gefertigten<br />
Hauses im Maßstab 1:1 für das<br />
MoMA ausgewählt. Verfügen Sie über<br />
besondere Erfahrungen im Entwurf<br />
von vorgefertigten Häusern?<br />
In unserer Tätigkeit hat die Auseinandersetzung<br />
mit der Vorfertigung – oder Ferti gung<br />
im Werk – stets eine große Rolle gespielt. In<br />
unserem Buch „Refabricating Architecture“<br />
(2004) wird eine Zukunfts vision entworfen,<br />
in der die Gebäude durch die Werksfertigung<br />
verbessert werden – nicht nur im<br />
Wohnungsbau, sondern für alle Arten von<br />
Bauwerken. Wir verwenden vorzugs weise<br />
den Begriff der Werksfertigung, da die Architektur<br />
Lösungen für jeweils kon krete Anforderungen<br />
auf der Baustelle finden muss,<br />
indem sie bei der Montage Hybridbauweisen<br />
nutzt, statt auf herkömmliche Weise vorgefertigte,<br />
„leere“ Module auf die Baustelle zu<br />
transportieren. Für Projekte an den Universitäten<br />
Duke, Cornell und Yale haben wir<br />
werksgefertigte Bauteilmodule entwickelt.<br />
Das Loblolly <strong>House</strong> (2007) ist unser erstes<br />
vollständig im Werk gefertigtes Wohngebäude.<br />
Alle Bauteile wurden im Werk hergestellt<br />
und anschließend in weniger als sechs<br />
Wochen auf der Baustelle auf eine Aluminium-Rahmenkonstruktion<br />
montiert. Ausgehend<br />
vom Loblolly <strong>House</strong> haben wir dann<br />
mit LivingHomes in Santa Monica (Kalifornien)<br />
ein serientaugliches, werks gefertigtes<br />
Wohnhaus konzipiert. Unser Entwurf für die<br />
Make It Right Foundation von Brad Pitt wird<br />
gegenwärtig im Viertel Lower Ninth Ward<br />
von New Orleans realisiert.<br />
Das <strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong><br />
Was ist für Sie am <strong>Cellophane</strong><br />
<strong>House</strong> das Besondere?<br />
Es ist ein massentaugliches Gebäude in Hybridbauweise,<br />
das für den Wohnungsbau in der<br />
Stadt, am Stadtrand und in länd lichen Gebieten<br />
sowie für den Geschoss wohnungsbau<br />
in den USA und im Ausland neue Chancen<br />
eröffnet. Ein weiteres besonderes Merk mal<br />
dieses Projekts ist nach unserer Auf fassung<br />
seine Umweltverträglichkeit und hohe Nachhaltigkeit.<br />
Es bietet auch die Grundlage für<br />
ein gesundes Wohnumfeld.<br />
Das <strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong> hat vier Geschosse.<br />
Können Sie uns etwas mehr zu den technischen<br />
Merkmalen des Hauses sagen?<br />
Die Höhe des Bauwerks bildet sozusagen<br />
einen Kamin, in dem die Wärme der Sonne<br />
gespeichert und wieder freigesetzt werden<br />
kann. Darüber hinaus ist reichlich Fläche<br />
für die Gewinnung von Solarstrom über die<br />
Gebäudehülle vorhanden. Die Außen wände<br />
bestehen aus einer transparenten PET-Folie<br />
und sind mit Dünnschicht-Solarzellen versehen.<br />
Durch die Transparenz kann das<br />
Sonnen licht durch das Haus geleitet werden,<br />
während über die <strong>Schüco</strong> Fassade Solarstrom<br />
gewonnen wird, sodass das Haus über eine<br />
autarke Stromversorgung verfügt. Eine Innenschicht<br />
aus einer die Sonnenwärme und die<br />
UV-Strahlung blockierenden Folie lässt das<br />
Tageslicht passieren und reflektiert die solare<br />
Strahlung wieder nach außen. Ein belüfteter<br />
Hohlraum zwischen diesen beiden Schichten<br />
speichert im Winter Wärme und setzt sie<br />
im Sommer frei, sodass der Energiebedarf<br />
reduziert wird. Auf der Südseite befindet<br />
sich eine <strong>Schüco</strong> Fassade mit integrierten<br />
MoMA Special<br />
11<br />
KieranTimberlake Associates LLP, Philadelphia/USA
Das <strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong><br />
Der Aufbau des <strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong> in einzelnen Schritten<br />
PV-Modulen, sodass eine noch größere Unabhängigkeit<br />
bei der Energieversorgung entsteht.<br />
Für die Tragkonstruktion verwendeten wir Standard-Aluminiumprofile,<br />
da wir diese genau in<br />
den erforderlichen Längen bestellen konnten.<br />
Die Elemente sind miteinander verschraubt. So<br />
kann das Haus auf einfache Weise umgebaut,<br />
demontiert und umgesetzt oder zerlegt und die<br />
verwendeten Materialien erneut genutzt werden.<br />
Decken, Fußböden und Wände bestehen<br />
aus tragfähigem Kunststoff, wodurch zusätzliche<br />
Rahmenkonstruktionen nur in beschränktem<br />
Umfang erforderlich waren. So werden<br />
die Kosten für das Fundament wesentlich<br />
reduziert. Das Bauwerk wird vom Tageslicht<br />
durch flutet, welches einen Hauptbestandteil<br />
der räum lichen Wahrnehmung ausmacht.<br />
Wenn man sich das spezielle<br />
Stecksystem anschaut: Wie wurden<br />
die <strong>Schüco</strong> Fassadensysteme, Fenster,<br />
Türen und Falttüren eingebaut? Was<br />
mussten Sie zum Beispiel beim Einsatz<br />
von Standardsystemen beachten?<br />
Das Aluminiumgerüst ermöglicht sowohl Präzision<br />
bei der Errichtung als auch eine einfache<br />
Montage. Dieses System bietet verschiedene<br />
Möglichkeiten zur Befestigung anderer Bauteile<br />
wie der <strong>Schüco</strong> Fassaden. Der Einbau<br />
der Fassaden war relativ einfach. Das BIM<br />
(Building Information Model) unterstützte uns<br />
bei der Abstimmung und Integration der Einzelsysteme.<br />
Bei der Befestigung der <strong>Schüco</strong> Fassade an<br />
der Aluminium-Rahmenkonstruktion des<br />
<strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong> ergab sich für uns kein<br />
Unterschied. Auch hier mussten wir tragfähige<br />
Fensterstürze und Laibungen einplanen.<br />
Was wird den zukünftigen Bewohnern<br />
nach Ihrer Einschätzung am <strong>Cellophane</strong><br />
<strong>House</strong> am besten gefallen?<br />
Das Haus ist nach unserer Auffassung in<br />
hohem Maße anpassungsfähig. Die Möglichkeit<br />
der Demontage und des Transports an<br />
einen anderen Ort oder das Recycling und<br />
die Wiederverwendung verschiedener Bauteile<br />
tragen zur künftigen Werterhaltung und<br />
-steigerung bei. Das Haus bietet die Chance<br />
des Wohnens im Einklang mit der Natur, und<br />
die vom Tageslicht durchfluteten Räume wirken<br />
sich ebenfalls vorteilhaft auf das Wohlbefinden<br />
der Bewohner aus.<br />
KieranTimberlake sprachen mit der Redaktion
Das <strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong> kann fast vollständig<br />
geöffnet werden, sodass der Außen- und Innenraum<br />
ineinander übergehen<br />
MoMA Special<br />
<strong>Schüco</strong> International KG, Bielefeld/D<br />
13
Das <strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong><br />
David S. Williams,<br />
Senior Vice President<br />
<strong>Schüco</strong> USA L.P.<br />
„Direkter Ausdruck unserer technischen Kompetenz“<br />
Wie kam es zu Ihrer Zusammenarbeit<br />
mit KieranTimberlake Associates LLP<br />
beim Projekt <strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong>?<br />
Die Geschäftsbeziehung zwischen <strong>Schüco</strong><br />
und KieranTimberlake Associates LLP<br />
begann mit dem Projekt Yale Sculpture Building,<br />
bei dem wir erfolgreich zum Entwurf,<br />
zur Konstruktion und zur Fertigung beitrugen.<br />
Dieses Projekt wurde mit dem LEED<br />
Platinum Award ausgezeichnet. Der architektonische<br />
Entwurf erhielt darüber hinaus<br />
zahlreiche Branchenpreise.<br />
KieranTimberlake bat <strong>Schüco</strong> dann, beim<br />
Wettbewerb zum <strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong> Partner<br />
für die Fassade zu werden.<br />
Welche Rolle haben Sie dabei<br />
gespielt? War Ihr Unternehmen in<br />
den Planungsprozess eingebunden?<br />
<strong>Schüco</strong> wurde zu einer der ersten Besprechungen<br />
des Entwurfsteams für das<br />
<strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong> eingeladen. Für die Planung<br />
nutzte KieranTimberlake ein Building<br />
Information Model (BIM). Der dreidimensionale<br />
Entwurf des <strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong> stellte<br />
das Ausgangsmodell dar, auf dessen Grundlage<br />
die endgültige Planung jedes Bauteils<br />
erstellt wurde.<br />
Das Entwurfsteam von <strong>Schüco</strong> verwendete<br />
dieses BIM zur Planung aller Produkte,<br />
die für die Fassade des Gebäudes eingesetzt<br />
wurden. Das Entwurfsziel des Architekten<br />
wurde in das Planungskonzept von <strong>Schüco</strong><br />
integriert. Es wurden alle Details der Fassade<br />
erarbeitet. Im Entwurf wurden konstruktive<br />
Parameter, Wärmedämmeigenschaften, Verankerungen<br />
und Befestigungen, Betätigung<br />
von Fenstern und Türen und das Erscheinungsbild<br />
berücksichtigt. <strong>Schüco</strong> bearbeitete<br />
dieses Vorhaben wie ein eigenes Projekt.<br />
Das Endergebnis ist direkter Ausdruck unserer<br />
technischen Kompetenz.<br />
Welche Systeme haben Sie<br />
empfohlen, um den Anforderungen<br />
des Energiekonzeptes<br />
der Architekten zu genügen?<br />
Die von uns entwickelte Fassade, die sowohl<br />
Energie spart als auch Energie gewinnt,<br />
erfüllt alle praktischen Entwurfsvorgaben<br />
und ebenso die mit dem <strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong><br />
verfolgte Philosophie. Also das Konzept<br />
einer Hochleistungsfassade, die Energie<br />
spart, aber auch die Energiegewinnung mittels<br />
Photovoltaik ermöglicht.<br />
Zu den anderen im <strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong> verwendeten<br />
Produkten gehören die <strong>Schüco</strong><br />
Falttüren. Diese stellen im geschlossenen<br />
Zustand ein System mit hervorragenden<br />
Wärmedämmeigenschaften dar, ermöglichen<br />
aber auch eine Öffnung der gesamten<br />
Südfassade nach außen. Rechts und links<br />
von den Falttüren befinden sich die <strong>Schüco</strong><br />
Parallel-Ausstellfenster. Diese Fenster verfügen<br />
über einen einzigartigen Funktionsmechanismus<br />
– beim Öffnen schieben sie sich<br />
parallel zur Fassade nach vorn. Sie ermöglichen<br />
damit einen optimalen Luftstrom.<br />
Bei diesem Projekt wurden darüber hinaus<br />
unsere wärmegedämmten Terrassentüren<br />
eingesetzt.<br />
Nach Auffassung der Architekten erhebt<br />
das <strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong> keinen Anspruch<br />
auf Ewigkeit. Ist es wenigstens so entworfen,<br />
um die natürliche Lebensdauer<br />
der Bewohner zu begleiten?<br />
Das <strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong> ist auf den natürlichen<br />
Lebenszyklus abgestimmt, aber auch<br />
auf einen gewissen Zeitraum der „Unvergänglichkeit“.<br />
Dieses neuartige Konzept führt<br />
nicht zu einer Verkürzung der Nutzungsdauer<br />
des Gebäudes, sondern gewährleistet Flexibilität<br />
für den Eigentümer. Er kann sich<br />
dafür entscheiden, dieses Haus während<br />
Marvin Klostermeier, Gütersloh/D
seines ganzen Lebens zu bewohnen. Sollte<br />
er aber einen Umbau oder Umzug an einen<br />
anderen Ort planen, so ist das Gebäudekonzept<br />
auch dafür geeignet.<br />
Bedeutet die Zusammenarbeit mit<br />
KieranTimberlake für <strong>Schüco</strong> auch, dass<br />
das Unternehmen neue Solarsysteme<br />
entwickeln wird, die noch besser auf<br />
die Anforderungen eines vorgefertigten<br />
Gebäudes abgestimmt sind?<br />
<strong>Schüco</strong> ist weltweiter Marktführer bei<br />
der Entwicklung neuer Solarsysteme.<br />
KieranTimberlake verfügt über Erfahrungen<br />
im Bereich der technisch anspruchs vollen<br />
Entwurfsplanung. Durch die Bündelung<br />
dieser Kompetenzen verbessern sich die<br />
Chancen der Entwicklung innovativer Fassaden,<br />
die uns zu leistungsfähigeren,<br />
energie sparenden Gebäuden verhelfen, die<br />
gleich zeitig die Energiegewinnung über die<br />
Fassade ermöglichen.<br />
Stellen vorgefertigte Gebäude dieses<br />
Typs einen neuen Markt für <strong>Schüco</strong> dar?<br />
Die Vorfertigung im Wohnbau ist der erste<br />
Schritt zur Einführung neuer, bahnbrechender<br />
Technologien im Bauwesen. Die<br />
Übertragung dieses Konzepts auf den Wirtschaftsbau<br />
ist beabsichtigt.<br />
<strong>Schüco</strong> arbeitet am Entwurf von Produkten,<br />
die diese neue Technologie nutzen. Mit<br />
elemen tierten Doppelfassaden und Komplettfassaden<br />
mit Wänden und Fenstern<br />
wird die Vorfertigung auf eine neue Ebene<br />
gehoben.<br />
David S. Williams sprach mit der Redaktion<br />
Objekt <strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong> Standort Ausstellung „Home Delivery: Fabricating the Modern Dwelling“,<br />
MoMA, New York/USA Bauherr The Museum of Modern Art (MoMA), New York/USA<br />
Architekt KieranTimberlake Associates LLP, Philadelphia/USA Grundfläche 1.800 m²<br />
Bauzeit März – Juli 2008 Bauleitung F.J. Sciame Construction Co., Inc., New York/USA<br />
Statik CVM Engineers, Wayne, PA/USA Lichtdesign Arup Lighting, New York/USA <strong>Schüco</strong><br />
Produkte FW 60 + SG Vorhangfassade mit fassadenintegrierten ProSol Photovoltaik-Modulen,<br />
Royal S 102 PAF Fenster, Royal S 65 Türen, Royal S 70 FF Falttüren, FW 60 + Vorhangfassade für<br />
Balkon brüstungs-Verglasung<br />
MoMA Special<br />
<strong>Schüco</strong> International KG, Bielefeld/D<br />
15
Richard Barnes, New York/USA<br />
Die weiteren vier Projekte der Ausstellung<br />
Vier Ideen, vier Bauweisen<br />
Wie vorgefertigte Bauten sich individualisieren<br />
Mal schneller, mal günstiger, mal kompatibler, mal individueller: Unterschiedliche Ansätze<br />
zeigen die vier weiteren Projekte, die das MoMA neben dem <strong>Cellophane</strong> <strong>House</strong> ausstellt.<br />
Keines gleicht dem Nächsten. Gestalt, Materialien, Kosten und Produktionsweisen<br />
reagieren auf die individuellen Bedürfnisse unterschiedlicher Nutzergruppen und widerlegen<br />
das Vorurteil, Vorfertigung sei monotone Massenware. Die Projekte lassen ahnen,<br />
welche Entwicklungen im Bauprozess eines Tages möglich werden könnten.<br />
burst*008, systemarchitects,<br />
Jeremy Edmiston und Dóuglas<br />
Gauthier, New York/USA<br />
Auf der Terrasse des burst*008 stehend,<br />
will der Blick in die Ferne schweifen, doch<br />
im engen Manhattan geht der Blick zu den<br />
hohen Brandwänden der benachbarten Häuser.<br />
Man ahnt, dieses Haus ist für andere<br />
Orte gemacht. Kein urbaner Entwurf, kein<br />
Entwurf, der sich als modulares System in<br />
sich geschlossen in jeden Ort und in jeder<br />
Stückzahl einfügt, sondern einer, der mit<br />
dem Umfeld korrespondiert, der individuell<br />
stehen möchte und von dem der Blick auf<br />
eine spektakuläre Kulisse gehen soll. Der<br />
Ursprungsort des burst ist der australische<br />
Strand, angelehnt an die Idee einer Strandhütte.<br />
Für diesen Ort haben die Architekten<br />
das Haus als burst*003 kon struiert. Dort, wo<br />
sich Strandhütten im Laufe der Zeit zu Villen<br />
verwandelt haben, besinnt sich das burst auf<br />
die Konstruk tionsprinzipien und Materialien<br />
der einfachen Hütte. Die Bauherren hatten<br />
burst*008<br />
ein schmales Budget und wollten sich dennoch<br />
ein atmosphärisches Wochenendhaus<br />
am Strand ermöglichen. Dem haben die<br />
Architekten mit Material, Kubatur und Produktionsweise<br />
Rechnung getragen, und es<br />
entstand ein Haus, das sich mit ca. 1.000 €/m²<br />
Baukosten als sehr günstiger Prototyp<br />
erwies.<br />
Schiefwinkelig aneinander stoßende Hüllflächen<br />
bilden eine straßenseitig geschlossene,<br />
einfache Fassade. Der besondere<br />
Luxus des Hauses offenbart sich strandseitig<br />
durch das Meerpanorama und das Licht,<br />
das durch eine Glasfassade gerahmt wird<br />
und von einer großzügigen Aussichtstreppe<br />
aus genossen werden kann.<br />
Der Hüllkörper steht auf 150 cm hohen Stelzen,<br />
um Schutz vor Flut zu gewährleisten<br />
und den schattigen Außenraum unter dem<br />
Haus nutzbar zu machen. Kreuzförmig verlaufende<br />
Sperrholzscheiben tragen Decken,<br />
Wände und Boden. Gleichzeitig dienen sie<br />
als Stau- und Regalfläche an den Innenwänden<br />
des Hauses sowie auch unter dem<br />
Haus. Dort finden Surfbretter, Sonnenschirme<br />
und Taucherausrüstungen Platz.<br />
Um die Baukosten nicht nur durch die Materialien,<br />
sondern auch durch die Produktion<br />
zusätzlich zu senken, planten die Architekten<br />
die Vorfertigung der einzelnen Bauteile, zerlegten<br />
den Entwurf in 1.100 Einzelteile und<br />
ließen die Teile mit einer CNC-Fräse zuschneiden.<br />
Allein dadurch konnte der Abfall von<br />
Baumaterial auf 5 % gesenkt werden.<br />
Individuelle Änderungen des Entwurfes<br />
können die Architekten durch CAD schnell<br />
berechnen und produzieren lassen. Könnten<br />
so eines Tages Baukastensysteme für individuelle<br />
Einfamilienhäuser aussehen?
System3<br />
Zwei Container stehen auf dem Nachbargrundstück<br />
des MoMA. Aus einem zieht ein<br />
Kran einen schmalen Riegel von oben heraus.<br />
Seine Längsseiten sind offen, zu sehen<br />
ist die Schnittstelle der ca. 4" schmalen<br />
Massivholzwände der Breitseite. Im Innern<br />
des Riegels steckt die technische Infrastruktur<br />
eines Hauses, eine Kücheneinheit und<br />
ein Sanitärbereich. Wieder langt der Kran in<br />
den Container und hebt dünne Holzplatten<br />
heraus. Um den hölzernen Riegel gruppieren<br />
sich nach und nach die flächigen Holzbauteile<br />
und funktionieren als Bodenplatte,<br />
als Wände und als Decke des an den Riegel<br />
angrenzenden Raumes. In nur wenigen<br />
Stunden steht das Haus, voll funktionstüchtig,<br />
abnahmebereit.<br />
Es ist das System3, dessen Aufbau durch<br />
Schnelligkeit und dessen Transport durch<br />
Platzeffizienz überzeugt. Das liegt vor allem<br />
an der Kombination der beiden herkömmlichen<br />
Produktionsweisen in der Vorfertigung<br />
und an der klaren Funktionsaufteilung<br />
der Räume. Die Architekten Oskar Leo<br />
Kaufmann und Albert Rüf teilen diese, in<br />
Anlehnung an Louis Kahn, in dienende und<br />
bediente Räume, genannt serving unit und<br />
naked space. Eine Aufteilung, die nicht nur<br />
eine funktionale Trennung macht, sondern<br />
auch Konsequenzen auf Gestaltung, Atmosphäre<br />
und Produktion hat. So wird der riegelförmige<br />
Körper, die serving unit, bereits<br />
im Vorfeld zusammengebaut und komplett<br />
eingerichtet auf die Baustelle geliefert, was<br />
Zeit und Kosten spart. Er bildet das mittige<br />
Rückgrat des Gebäudes, ist in seinen<br />
Maßen fix und enthält die dienenden Funktionen,<br />
Wasser und Strom. Die bedienten<br />
Räume, die naked spaces, hingegen, die an<br />
die serving unit andocken, werden erst vor<br />
Ort aus einzeln vorgefertigten Holzplatten<br />
zusammengefügt und sind in ihrer Größe<br />
variabel. Wo Flächen leeren Raum umhüllen,<br />
so der Gedanke der Architekten, muss<br />
man diesen leeren Raum nicht transportieren.<br />
Denn jeder gesparte Kubikmeter Transportraum<br />
spart Geld.<br />
So klar das Haus in seiner Kubatur und<br />
Raumaufteilung ist, so kompatibel ist es als<br />
Modul mit weiteren Hauseinheiten. Das System<br />
erlaubt daher schnelle Erweiterungen,<br />
so kann das Grundmodul von 53 m² Fläche<br />
Adolf Bereuter, Lauterach/A<br />
um weitere Module wachsen. Häuser können<br />
sich zu dichten Nachbarschaften zusammenfügen.<br />
Es entstehen vertikale Strukturen<br />
auf kleinen Bauplätzen der Städte oder horizontale<br />
Strukturen auf flächigen Ebenen.<br />
Das Konstrukt erinnert an die Stadtvisionen<br />
der Metabolisten, doch das System hat vor<br />
allem energetische Vorteile gegenüber seinen<br />
modularen Vorbildern der 1960er-Jahre.<br />
Die dünnen Holzwände des MoMA-Prototyps<br />
beinhalten noch keine Dämmung, doch<br />
für die Serie ist eine Schichtung aus einer<br />
stärkeren Holzplatte mit außenliegender<br />
Dämmung und einer hölzernen Außenhülle<br />
geplant. Einzig die durch Fensterflächen einfallende<br />
Solarstrahlung wärmt die Raumluft.<br />
So soll sich das Modul als Null-Energie-Haus<br />
beweisen. Ein Treppenaufgang und vertikale<br />
Durchlässe ermöglichen die Erweiterung<br />
des Hauses in die Vertikale, während die tragende<br />
Holzschale des Moduls eine externe<br />
Tragkonstruktion erspart. Jahrelang haben<br />
die Architekten geforscht, um die modulare<br />
Bauweise in einen vermarktungsfähigen<br />
Prototypen weiterzuentwickeln, ihre größte<br />
Herausforderung dabei ist die Reduzierung<br />
des Baupreises. Dieser hängt nicht nur vom<br />
Ausbaustandard, sondern auch von einem<br />
zukünftigen Produktionspartner ab.<br />
MoMA Special<br />
System3, Oskar<br />
Leo Kaufmann<br />
und Albert Rüf,<br />
Dornbirn/A<br />
17
Die weiteren vier Projekte der Ausstellung<br />
Housing for New Orleans,<br />
Lawrence Sass, Cambridge/USA<br />
Eine meilenlange Reihung gleichförmiger<br />
Blechtrailer, dazwischen zugeparkte Freiräume,<br />
mit direktem Blick auf die Schnellstraßen.<br />
Welch Kontrast für all jene, deren<br />
ornamental geschmücktes und bunt gestrichenes<br />
Holzhaus mit Veranda und Balkon der<br />
Katastrophe von New Orleans zum Opfer fiel.<br />
Besitzlosigkeit und Not gehen dort einher mit<br />
der Gleichförmigkeit schnell errichteter Notstädte,<br />
die kein Heimatgefühl zulassen.<br />
Der Architekt Lawrence Sass wusste bei<br />
einem Besuch der Katastrophenregion,<br />
dass er ein Haus entwerfen wollte, das eine<br />
neue Heimat für die Opfer von Sturm und<br />
Flut werden kann. Günstig muss es sein,<br />
schnell zu errichten und allem voran muss<br />
es den Bedürfnissen der Menschen nach<br />
Vertrautem, Geborgenem und nach Individualität<br />
gerecht werden. Als Professor für<br />
Digital Design Fabrication am Massachusetts<br />
Institute of Technology sieht er die Lösung<br />
für kostengünstige und schnelle Baufertigung<br />
in einem CAD gesteuerten und mit<br />
CNC- Fräse vorgefertigten Baukastensystem.<br />
So entwarf er einen Holzrahmenbau mit<br />
quadratischen Fassadenplatten, das alleine<br />
über ein Stecksystem, einem Puzzle ähnlich,<br />
zusammenhält. Die Steckverbindung<br />
erweist sich als wesentlich robuster als herkömmliche<br />
mechanische Verbindungen. Sie<br />
kann Stürmen bis 230 km/h Stand halten.<br />
Die Bau teile schneidet eine mobile Fräse<br />
noch auf der Baustelle.<br />
Die Kubatur des Modells entspricht der eines<br />
traditionellen Wohnhauses mit Satteldach und<br />
rund 182 m² Wohnfläche. Zwar ist das Modell<br />
zeit- und kostensparend, doch ein individuelles<br />
Zuhause stellt es alleine nicht dar.<br />
Dafür reiht Lawrence Sass einen zweiten<br />
Baukörper vor das Modell, eine Veranda,<br />
die kleinteilig in Bau- und Zierelemente<br />
aufgeteilt ist. Er untersuchte die Typologie<br />
der Ornamente an vielen Hausfassaden in<br />
New Orleans und entwickelte ein weiteres<br />
Baukastensystem, diesmal für die Fassa-<br />
Housing for New Orleans<br />
de. Der Nutzer des Hauses kann nun aus<br />
einer Reihe an verschiedenen Verzierungen<br />
wählen. Sass weiß um die Bedeutung der<br />
Veranda – sie ist Kommunikationsort und<br />
Ausdruck der Individualität. Sie bildet den<br />
Übergang von Privatraum in den öffentlichen<br />
Straßenraum, prägt das soziale Miteinander,<br />
spendet im feucht-heißen Klima New<br />
Orleans kühlen Schatten und ist ein luftiger<br />
Aufenthaltsort, in den die Bewohner ihren<br />
Wohnraum ausweiten. Die Reduzierung der<br />
identitätsstiftenden Elemente des Hauses<br />
auf das prägendste Bauelement der traditionellen<br />
Häuser, die Veranda, senkt Baukosten<br />
und Bauzeit, ohne der Gesichtslosigkeit<br />
einer typischen Massenproduktion nachzugeben.<br />
Bei allen Fragen der Ausgestaltung<br />
ist es letztendlich jedoch der extrem niedrige<br />
Baupreis, der dieses Haus für eine große<br />
Bevölkerung attraktiv macht. Gerade einmal<br />
26.000 Euro (143 €/m²) plant Lawrence Sass<br />
für jedes Haus, das er noch dieses Jahr in<br />
großer Serie nach New Orleans liefern und<br />
damit das Gesicht ganzer Vorstädte verändern<br />
möchte.<br />
Richard Barnes, New York/USA
Micro Compact Home,<br />
Horden Cherry Lee, London/UK und<br />
Haack + Höpfner Architekten,<br />
München/D<br />
Micro Compact Home<br />
Richard Barnes, New York/USA<br />
Geradezu asketisch lebt eine Person im<br />
Micro Compact Home der Architekten<br />
Horden Cherry Lee sowie Haack + Höpfner.<br />
Der Bewohner verzichtet auf persönliches<br />
Mobiliar und unnötige Quadratmeter und<br />
verpflichtet sich zu penibler Ordnung. Und<br />
doch ist das Micro Compact Home ein<br />
Erfolg. Es hat seine Feuertaufe 2005 in<br />
München bereits bestanden und ist seit her<br />
beliebter Wohnort für Studenten, die auf<br />
dem angespannten Münchener Immo bilienmarkt<br />
keine Wohnung gefunden haben.<br />
Die Nutzergruppe erklärt den Erfolg: Als<br />
temporäre Zweitwohnung für ein designinteressiertes<br />
Klientel bietet das Micro<br />
Compact Home ein Gefühl von Individualität,<br />
Freiheit und Stil. Ein Kampieren am englischen<br />
Garten, am Strand von Barcelona<br />
oder neben dem MoMA in Manhattan, nicht<br />
nur aufgrund der Assoziationen, die dieses<br />
Haus erzeugt, vergleichen die Architekten<br />
ihr Haus eher mit einem Auto als mit einer<br />
herkömmlichen Wohnung.<br />
Im Gegensatz zu anderen vorgefertigten<br />
Häusern ordert der Kunde ein vorgefertigtes<br />
und komplett ausgestattetes Domizil, das<br />
via LKW angeliefert und nur noch an die<br />
örtliche Infrastruktur angeschlossen werden<br />
muss. Das Baustellengefühl bleibt aus, der<br />
Produktionsprozess bleibt dem Bauherren<br />
weitestgehend verborgen. Auch Preis und<br />
Lieferzeit entsprechen einem Mittelklassewagen.<br />
Zwischen 25.000 und 34.000 Euro kostet<br />
das Haus bei einer Grundfläche von 7 m².<br />
3.571 €/m² sind nicht günstig, aber der<br />
Ehrgeiz des Projektes liegt nicht in einem<br />
besonders niedrigen Preis, sondern darin,<br />
Wohnraum in begehrten Metropolen zu<br />
schaffen, der genauso flexibel ist wie seine<br />
Bewohner.<br />
Dabei folgt auch dieses Projekt der Vision<br />
gestapelter und gereihter Nachbarschaften.<br />
Doch wie bringt man sein Hab und Gut auf<br />
7 m² (2,6 m je Länge und Breite) zusammen?<br />
Dafür haben sich die Architekten durch die<br />
Flugzeugindustrie inspirieren lassen. Die eingesetzten<br />
Materialien Aluminium, Polyurethan<br />
und eine Unterkonstruktion aus Holz<br />
sparen Platz und Gewicht. Viele Flächen und<br />
Bereiche des Hauses erfahren eine Doppelnutzung,<br />
auch das spart Platz. So dienen<br />
Matratzenmatten als Sitzflächen um einen<br />
Tisch ebenso wie als Schlafstätte, der Flurboden<br />
ist gleichzeitig Sitzbank. Wo andere<br />
vorgefertigte Häuser möglichst wenig<br />
Innenraum vorgeben, um Kosten zu sparen,<br />
liegt hier die Idee in der stetigen Verwandlung<br />
des genau durchgeplanten Mobiliars.<br />
Dass dabei kein überfrachteter Innenraum<br />
entstand, ist wohl den japanischen Einflüssen<br />
auf den Entwurf zu verdanken. Der erste<br />
Entwurf zu diesem Haus entstand in einer<br />
Kooperation der TU München, wo Richard<br />
Horden unterrichtet, und dem Tokyo Institute<br />
of Technology. Die Tradition japanischer<br />
Teehäuser mit ihren multifunktionalen<br />
Räumen, mit reduzierter Materialität und<br />
besonderer Beziehung zum Außenraum<br />
stand dabei Pate. Die Idee japanischer Askese<br />
ist es wohl auch, die das Micro Compact<br />
Home bei rastlosen Stadtnomaden so<br />
beliebt macht.<br />
MoMA Special<br />
19
Home Delivery: vorgefertigte Architektur von 1833–2008<br />
1911<br />
American System-<br />
Built <strong>House</strong>s, Frank<br />
Lloyd Wright<br />
Zwischen 1911 und<br />
1917 fertigte Wright<br />
eine Serie von über<br />
900 Zeich nungen für<br />
eine systemgefertigte<br />
Wohnbaulinie an, die<br />
American System-Built<br />
<strong>House</strong>s genannt<br />
wurden. (Foto: © 2008<br />
Frank Lloyd Wright<br />
Foundation)<br />
1936<br />
Jacobs <strong>House</strong>,<br />
Frank Lloyd Wright<br />
Das Jacobs <strong>House</strong> ist<br />
ein L-förmiges einstöckiges<br />
Bauwerk, das einen privaten<br />
Hof umspannt. (Foto: © Frank<br />
Lloyd Wright Foundation)<br />
1945<br />
Case Study <strong>House</strong><br />
No. 8, Charles und<br />
Ray Eames<br />
Das Case Study <strong>House</strong><br />
wurde als Reaktion<br />
auf John Entenzas<br />
modernes Wohnbauexperiment<br />
in<br />
Südkalifornien 1945<br />
entworfen.<br />
(Foto: © Eames Office<br />
LLC)
1948<br />
1957<br />
1962<br />
1964<br />
1965<br />
1972<br />
1983<br />
1998<br />
2000<br />
2005<br />
2007<br />
1972<br />
Ramot Housing, Zvi Hecker<br />
Der Komplex wurde für eine streng orthodoxe<br />
jüdische Gemeinde entworfen und in fünf<br />
einzelnen Phasen gebaut. (Foto: Zvi Hecker)<br />
2008<br />
1964<br />
Asbestos Cement Housing<br />
Module, Hugo D‘Acosta<br />
und Mercedes Álvarez<br />
Das Modulo Experimental ist<br />
nur ein Beispiel der Unruhe<br />
architektonischer Versuche des<br />
postrevolutionären Kuba.<br />
(Foto: © Eduardo Luis<br />
Rodriguez’s Collection)<br />
MoMA Special<br />
21
<strong>Schüco</strong> – Nachhaltige Lösungen<br />
für die Gebäudehülle<br />
Mit zukunftsorientierten Projekten weltweit<br />
steht <strong>Schüco</strong> für höchste Qualität im<br />
Bereich der Gebäudehülle. Das Unternehmen<br />
ist bekannt für intelligente Systeme<br />
und ein breites Spektrum an technologischen<br />
Lösungen und Werkstoffen. Mit<br />
seiner markt- und kundenorientierten Ausrichtung<br />
war <strong>Schüco</strong> schon immer führend<br />
in der Entwicklung konkreter Lösungen zu<br />
den größten Herausforderungen unserer<br />
Zeit – der Klimaerwärmung und dem steigenden<br />
Energiebedarf. <strong>Schüco</strong> arbeitet mit<br />
den attraktivsten Energiesparkonzepten<br />
und den vielversprechendsten Anwendungen<br />
erneuerbarer Energien. Für alle Bereiche<br />
hat <strong>Schüco</strong> hochwertige Systeme, die<br />
höchsten Ansprüchen an Energieeffizienz,<br />
Sicherheit, Komfort und Design entsprechen.<br />
<strong>Schüco</strong> baut seine Wettbewerbsvorteile<br />
durch eine globale System- und<br />
Produktstrategie gezielt aus. Dabei schonen<br />
<strong>Schüco</strong> Systeme die natürlichen Ressourcen,<br />
optimieren die Energiebilanzen von<br />
www.schueco.com<br />
Gebäuden und ermöglichen gleichzeitig<br />
die Umsetzung innovativer Design- und<br />
Architekturideen. Das Leitbild „Energy 2 –<br />
Energie sparen und Energie gewinnen“ ist<br />
dafür zentraler Ausgangspunkt. Die Integration<br />
von Photovoltaik, Solarthermie und<br />
Technik zur Wärmerückgewinnung macht<br />
die Fassade zum echten Kraftwerk, das<br />
Strom, Wärme und Kälte erzeugt. So sind<br />
energieautarke Gebäude von <strong>Schüco</strong> bereits<br />
heute Realität. Neben technologischer<br />
Kompetenz steht für <strong>Schüco</strong> insbesondere<br />
die effiziente Planung und Durchführung<br />
von Bauprojekten im Vordergrund. Der<br />
umfassenden Beratung aller Baubeteiligten<br />
in allen technischen und ästhetischen Fragen<br />
kommt höchste Bedeutung zu. <strong>Schüco</strong><br />
bietet spezielle Software-Lösungen für<br />
Kon struk teure, Architekten, Partner und<br />
Verarbeiter. Mit dem Know-how und der<br />
Zuverlässigkeit deutscher Ingenieurskunst<br />
garantiert <strong>Schüco</strong> weltweit die reibungslose<br />
Umsetzung anspruchsvoller Projekte.