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G ermano - S lavistische B eitr ä ge Festschrift für Peter Rehder zum ...

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Arbeit. Zeus selbst hatte sie einst dem alten Dardanos, dem Erbauer Trojas,<br />

<strong>ge</strong><strong>ge</strong>ben - als Pfand der göttlichen Herkunft. Dem Willen des unbekannten<br />

Gottes <strong>ge</strong>m<strong>ä</strong>ß f<strong>ä</strong>llt das uralte Schutzheiligtum dem Thessalier als krie<strong>ge</strong>rische<br />

Beute zu. Ver<strong>ge</strong>bens versuchen 7<br />

die anderen Führer Eurypylos vor den<br />

R<strong>ä</strong>nken der un<strong>ge</strong>stümen Prophetin zu warnen: eher sollt er diese Gabe in die<br />

Fluten des Skamandros werfen. Aber Eurypylos ist vom brennenden Wunsche<br />

erfüllt, das <strong>ge</strong>heimnisvolle Los zu enthüllen. Er ergreift die verh<strong>ä</strong>ngnisvolle<br />

8<br />

Kiste, eröffnet sie mit verwe<strong>ge</strong>ner Hand und sieht bei dem lodernden<br />

Lichte des Brandes: eine unb<strong>ä</strong>rti<strong>ge</strong> 9<br />

M<strong>ä</strong>nner<strong>ge</strong>stalt in dem Sar<strong>ge</strong>, von breiten<br />

Ästen <strong>ge</strong>krönt, - ein hölzernes Bild des Königs Dionysos, in einem uralten<br />

Reliquienkasten. Kaum hat der Held das Gottesbild erblickt, verf<strong>ä</strong>llt er dem<br />

Wahnsinn.<br />

So erscheint uns die heili<strong>ge</strong> Sa<strong>ge</strong> in der kurzen Fassung Pausanias'. Unsere<br />

Einbildungkraft dr<strong>ä</strong>ngt uns Eurypylos auf den brennenden Pfaden seines<br />

dionysischen Wahnsinns zu fol<strong>ge</strong>n. Aber der Mythos, von den Poeten<br />

des Altertums unbeachtet <strong>ge</strong>blieben, bewahrt das Schwei<strong>ge</strong>n. Wir hören<br />

bloß, dass der König von Zeit zu Zeit <strong>zum</strong> Bewusstsein zurückkehrt, dass er<br />

in einem Au<strong>ge</strong>nblicke des klaren Bewusstseins 10<br />

die Ufer des ein<strong>ge</strong><strong>ä</strong>scherten<br />

Ilios verl<strong>ä</strong>sst, aber nicht nach dem heimatlichen Thessalien, sondern nach<br />

Kirrha, der Hafenstadt Delphis se<strong>ge</strong>lt, - um bei dem apollinischen Dreifuss<br />

die Heilung vom dionysischen Wahnsinn zu suchen. Pythia verspricht ihm<br />

Erlösung und eine neue Heimat in dem Lande, wo er einen fremden Opferritus<br />

finden und das heili<strong>ge</strong> Gottesbild aufstellen wird. Der Wind bringt die<br />

Seefahrer zu den Achaischen Ufern. Eurypylos landet in der N<strong>ä</strong>he von<br />

Patrai und erblickt eine Prozession, die ein M<strong>ä</strong>dchen und einen Jüngling, als<br />

j<strong>ä</strong>hrliches Opfer <strong>zum</strong> Altar der Arthemis Triklaria führt. So erkennt er den<br />

ihm verkündeten Ort seines Friedens; und die Einwohner des Landes erkennen<br />

in ihm ihrerseits den verheissenen Erlöser von der Pflicht des Menschenopfers;<br />

- dem Orakelworte <strong>ge</strong>m<strong>ä</strong>ß, erwarten sie ihn als einen fremden<br />

König, der das Bild eines ihnen unbekannten Gottes brin<strong>ge</strong>n und den bluti<strong>ge</strong>n<br />

Dienst der wilden Göttin aufheben wird. Eurypylos <strong>ge</strong>sundet von seiner<br />

heili<strong>ge</strong>n Krankheit; im Namen des von ihm verkündeten Gottes ersetzt er die<br />

grausamen Opfer durch einen milden Ritus, gründet den dionysischen Kultus<br />

und stirbt, als Held und Schutzherr des von ihm erlösten Volkes.<br />

Diese alte Tempelle<strong>ge</strong>nde scheint uns ein mystisches Gleichnis des<br />

Schicksals von Friedrich Nietzsche zu sein. Er setzte die alten Festen in<br />

Brand, eroberte mit den anderen Heroen 11<br />

des Geistes die Schönheit, die Helene<br />

der Hellenen, und erlangte das verh<strong>ä</strong>ngnisvolle Heiligtum. Auch er<br />

7<br />

ver - ver He6jiaro3ByHHo.<br />

8<br />

-voll, -voll noBTopemie; jiyniiie das <strong>ge</strong>heime Loos.<br />

9<br />

b<strong>ä</strong>rti<strong>ge</strong> jap eBHeöiiiHH JJhohhc öopoßaTbifi.<br />

10<br />

MHoro noBTopeHHH (Bewusstsein, Wahnsinn). Ä hx ceöe npHmjHriHajibHo 3anpemaio,<br />

cjießya ochobhomy npaBHJiy cthjihcthkh. IIo3TOMy Hanp. zu Sinnen kommt;<br />

Heilung von der dionysischen Raserei - xoponio, h T.n. cTHJiHCTHHecKHe ycoßepineHCT-<br />

BOBaHHJI peKOMeHßVK).<br />

11<br />

Die „Heroen" waren aber unterirdische Heilsbrin<strong>ge</strong>r resp. R<strong>ä</strong>cher.

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