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Kriegsende am Sumpfweg in Niederdollendorf - Kreises der ...

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<strong>Kriegsende</strong> <strong>am</strong> <strong>Sumpfweg</strong> <strong>in</strong> <strong>Nie<strong>der</strong>dollendorf</strong> Se ite 8<br />

Es verhakte sich aber an e<strong>in</strong>em Kabel, das <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> siebten Kribbe über den Rhe<strong>in</strong> gespannt<br />

war, rutschte daran <strong>in</strong> den Strom, und me<strong>in</strong>en „Kiek-<strong>in</strong>-die-Welt“ war ich für immer los.<br />

Zu diesem Zeitpunkt hatten die Amerikaner begonnen, e<strong>in</strong>e Pipel<strong>in</strong>e über den Rhe<strong>in</strong> zu<br />

bauen, zu <strong>der</strong> auch das Kabel gehörte, an dem sich me<strong>in</strong> Boot verfangen hatte. Die Pipel<strong>in</strong>e<br />

querte den Rhe<strong>in</strong> oberhalb des Hotels Dreesen und mündete rechtsrhe<strong>in</strong>isch auf dem Gleiskörper<br />

<strong>der</strong> Siebengebirgsbahn, dort, wo diese das Rhe<strong>in</strong>ufer verlässt und die Hauptstraße an <strong>der</strong><br />

Station Longenburg unterquert. Am Freitag, dem 30., musste <strong>der</strong> ganze Ort bis zur Eisenbahn<br />

von <strong>der</strong> Zivilbevölkerung geräumt werden. Wir halfen, die Garage herzurichten. F<strong>am</strong>ilie Schiffer -<br />

Verwandte von Frau Werner - würde sie e<strong>in</strong>e Zeitlang als Notquartier dienen. Betten und<br />

Schränke wurden aufgestellt Gott sei Dank war das Wetter weiter herrlich. Am 8. Mai konnten<br />

Schiffers dann wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> ihr Haus zurück.<br />

Die Räumung e<strong>in</strong>es Teiles des Dorfes stand im Zus<strong>am</strong>menhang mit dem Bau <strong>der</strong> Schiffsbrücke.<br />

E<strong>in</strong>e große Gitterträgerkonstruktion führte über Lastkräne, die im Rhe<strong>in</strong> verankert wurden.<br />

Auf <strong>der</strong> Dollendorfer Seite endete sie <strong>in</strong> Höhe des Fähranlegers. Dies bedeutete das Ende<br />

<strong>der</strong> noch verhältnismäßig unbeschädigt auf Grund liegenden Fähre, die e<strong>in</strong>fach weggesprengt<br />

wurde. An beiden Ufern - beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong> Bad Godesberg - wurden umfangreiche Erdarbeiten vorgenommen.<br />

Die Brücke erhielt den N<strong>am</strong>en „Hodges Bridge“" nach e<strong>in</strong>em verdienten <strong>am</strong>erikanischen<br />

General. Karl Friedrichs Vater hatte es verstanden, e<strong>in</strong> „Off limits“-Zertifikat zu bekommen,<br />

und sie konnten <strong>in</strong> ihrem Hause bleiben. Der genaue Text hieß „Off limits for allied troops“<br />

(„Betreten verboten für alliierte Truppen“). Diese Zertifikate waren natürlich ungeheuer begehrt.<br />

5. April. Der Garten stand jetzt voller schwerer Tanklastwagen. Sie wurden dort abgestellt,<br />

wenn sie nicht gerade Treibstoff von <strong>der</strong> Zapfstelle <strong>der</strong> Pipel<strong>in</strong>e an <strong>der</strong> Longenburg aufnahmen.<br />

Unglücklicherweise g<strong>in</strong>g die Route <strong>der</strong> Trucks über e<strong>in</strong> Beet, <strong>in</strong> dem me<strong>in</strong>e Mutter ihr bestes<br />

Geschirr vergraben hatte. In <strong>der</strong> Spur <strong>der</strong> LKW tauchten nach und nach die Scherben <strong>der</strong> blau<br />

randigen Teller und Schüsseln auf. Am 11. April waren die Tanklastwagen wie<strong>der</strong> fort. Die Pipel<strong>in</strong>e<br />

war <strong>in</strong>zwischen weitergeführt worden und führte jetzt den Heisterberg hoch und dann lande<strong>in</strong>wärts.<br />

Am 14. April wurde die Villa endgültig von den Amerikanern geräumt. Wir g<strong>in</strong>gen erst<br />

e<strong>in</strong>mal durch das Haus auf <strong>der</strong> Suche nach Verwertbarem. Abends im Gärtnerhaus k<strong>am</strong> alles<br />

auf den Tisch und wurde aufgeteilt. Ich erbeutete e<strong>in</strong>en großen Karton. Als wir ihn öffneten, enthielt<br />

er Streichholzschachteln. Zuerst Enttäuschung, später aber waren sie als Tauschobjekt gut<br />

zu brauchen. Ich fand auch e<strong>in</strong>en Stoß <strong>der</strong> <strong>am</strong>erikanischen Militärzeitschrift „Yank“ mit <strong>der</strong> Eroberung<br />

<strong>der</strong> Remagener Brücke als Titelgeschichte.<br />

Des Öfteren streiften jetzt so genannte „displaced persons“ durch den Garten, ehemalige<br />

Fremdarbeiter, die auf ihren Rücktransport warteten. Mit ihnen war nicht gut Kirschen essen.<br />

Allmählich kannte man schon den e<strong>in</strong>en o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en <strong>der</strong> <strong>am</strong>erikanischen Soldaten. Beson<strong>der</strong>s<br />

me<strong>in</strong> Großvater hatte e<strong>in</strong>en, den er mit „Sir“ anredete und <strong>der</strong> regelmäßig <strong>in</strong>s Haus k<strong>am</strong><br />

o<strong>der</strong> mit dem er sich auf e<strong>in</strong>er Bank im Garten unterhielt. Solche Bekanntschaften führten e<strong>in</strong>mal<br />

zu e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en Konzert, welches me<strong>in</strong>e Mutter mit <strong>der</strong> Geige und me<strong>in</strong>e Tante <strong>am</strong> Flügel<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Villa gaben. Anschließend saßen wir noch mit „Frank“ und den an<strong>der</strong>en Amerikanern auf<br />

<strong>der</strong> Veranda. Als e<strong>in</strong> Militärfahrzeug mit schwarzer Besatzung <strong>in</strong> den Garten fuhr, wun<strong>der</strong>ten wir<br />

uns über die abfälligen Bemerkungen „unserer“ Amerikaner über die „Nigger“.<br />

Die folgende Geschichte erzähle ich trotz des pikanten Gegenstandes, um den es dabei<br />

geht. E<strong>in</strong>mal, als ich an den Rhe<strong>in</strong> g<strong>in</strong>g, stand auf <strong>der</strong> Wiese an <strong>der</strong> siebten Kribbe e<strong>in</strong> junger<br />

blon<strong>der</strong> <strong>am</strong>erikanischer Soldat, umr<strong>in</strong>gt von Dollendorfer Jungen und Jüngelchen. Er verteilte<br />

aus se<strong>in</strong>en Hosentaschen kle<strong>in</strong>e goldene D<strong>in</strong>ger. Immer wenn e<strong>in</strong> Junge e<strong>in</strong> solches erhalten<br />

hatte, flitzte er d<strong>am</strong>it ab. Ich erkannte, dass es Präservative waren und wollte natürlich auch e<strong>in</strong>en<br />

haben, k<strong>am</strong> aber zu spät. Der freundliche Amerikaner wühlte dann doch noch e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> sei-

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