todesanzeigen - Wengia Solodorensis
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36<br />
nekrologe<br />
Jörg<br />
röthlisberger<br />
v/o Quart<br />
16.5.1930<br />
bis 11.1.2008<br />
«Quart» als Cerevis bedarf keiner<br />
besonderen Erklärung, denken<br />
wohl die meisten <strong>Wengia</strong>ner. Indes:<br />
laut Duden nennt sich «Quart» der<br />
Fechthieb, durch den die linke Körperseite<br />
des Gegners getroffen wird.<br />
Im Fechtkurs unserer Aktivitas in der<br />
Turnhalle beim Baseltor beherrschte<br />
Quart diese Kunst besser als wir alle.<br />
Schnelligkeit und Präzision waren<br />
Qualitäten, mit denen er sich später<br />
auch bei der Führung des Skalpells<br />
auszeichnete. Wobei Quart auch der<br />
landläufigen Bedeutung des Wortes<br />
durchaus nicht abhold gewesen ist.<br />
Sein Vater betrieb in Montreux eine<br />
Bäckerei. So kam der Sohn denn<br />
auch in Lausanne zur Welt. Er wäre<br />
ein echter Vaudois geworden, hätte<br />
sein Grossvater in Derendingen nicht<br />
krankheitshalber die Bäckerei dem<br />
Sohn übergeben müssen. So wurde<br />
der Bäckersohn Quart zu einem<br />
echten Derendinger. Er war bei den<br />
Pfadfindern und dann im Gymnasium<br />
bei den <strong>Wengia</strong>nern des Jahrgangs<br />
1949/1950.<br />
Nach der Matur entschloss er sich<br />
zum Medizinstudium, obwohl da-<br />
mals jedes Jahr 150 Studenten mehr<br />
das medizinische Staatsexamen absolvierten,<br />
als nötig gewesen wären,<br />
um die Lücken zu schliessen. «Noch<br />
so ein brotloser Akademiker» musste<br />
man sich bei der Immatrikulation<br />
vorhalten lassen.<br />
Quart hat an der Universität Bern<br />
studiert, mit einem Auslandsemester<br />
in Wien. Dem Staatsexamen 1956<br />
folgten für das nächste halbe Jahr<br />
Sanitätsoffiziersschule und Abverdienen.<br />
Doch wie weiter, da bezahlte<br />
Assistentenstellen kaum zu haben<br />
waren?<br />
Ein Jahr zuvor ist es dem Verfasser<br />
dieser Zeilen gleich ergangen.<br />
Ein Türchen stand offen: Etwa ein<br />
Viertel der Medizinstundenten waren<br />
Amerikaner. Die meisten waren<br />
New Yorker Juden, denen der Zugang<br />
zu einheimischen Universitäten<br />
verwehrt blieb. Die medizinischen<br />
Fakultäten in der vom Krieg verschonten<br />
Schweiz bot ihnen Gastrecht<br />
an. Ihr Schweizer Arztdiplom<br />
wurde in den USA ohne Vorbehalte<br />
anerkannt. Mit einigen Amerikanern<br />
schlossen wir Freundschaft, die bis<br />
heute andauert. Im Gegenzug hatten<br />
Schweizer Ärzte die Möglichkeit, an<br />
amerikanischen Spitälern ohne jedes<br />
Examen eine Assistentenstelle<br />
anzutreten. Der Lohn war umgekehrt<br />
proportional zur Qualität der Ausbildung:<br />
20 $ im Monat betrug er bei<br />
den renommiertesten Kliniken, 250 $<br />
bei den weniger angesehenen. Kost<br />
und Logis waren gratis, der Dollar jedoch<br />
4.30 Franken wert.