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Die alte Magistrale - 3-Löwen-Takt

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Bahnstrecken<br />

<strong>Die</strong> <strong>alte</strong><br />

<strong>Magistrale</strong><br />

Unterwegs auf der<br />

Badischen Odenwaldbahn<br />

Von Korbinian Fleischer<br />

<strong>Die</strong> Badische Odenwaldbahn? Wer jetzt ohne weiterzulesen weiß, welche<br />

beiden Städte diese Strecke einst verband, ist in Eisenbahngeschichte<br />

fit. Der Grund: Als Gesamtstrecke existiert die Badische<br />

Odenwaldbahn seit über 50 Jahren nicht mehr. Und<br />

auch zuvor entwickelten sich die einzelnen Abschnitte der<br />

rund 160 Kilometer langen <strong>Magistrale</strong> sehr unterschiedlich.<br />

In den älteren Waggons, die auf der Badischen<br />

Odenwaldbahn zwischen Osterburken und<br />

Würzburg im Einsatz sind, ist die Fahrradverladung<br />

etwas schwieriger.<br />

Alle Fotos: Korbinian Fleischer<br />

Vorweg: Bei den beiden gesuchten<br />

Städten handelt es sich um<br />

Heidelberg und Würzburg. Der<br />

Bahnkenner wird nun einwenden,<br />

dass man zwischen den beiden Städten<br />

auch heute noch ganz hervorragend<br />

pendeln kann. Dass dies so ist,<br />

ist aber der kürzeren Neckartalbahn<br />

zu verdanken, die zwischen Heidelberg<br />

und Mosbach-Neckarelz von<br />

den Regionalzügen nach Heidelberg<br />

beziehungsweise Würzburg befahren<br />

wird. <strong>Die</strong> Badische Odenwaldbahn<br />

führte ursprünglich, um das hessische<br />

Gebiet am Neckar bei Hirschhorn<br />

zu umfahren, über Meckesheim<br />

und Aglasterhausen nach Mosbach-<br />

Neckarelz. In früheren Zeiten war es<br />

nämlich wichtig, dass eine so bedeutende<br />

Hauptbahn das eigene Territorium<br />

nicht verlies und damit unabhängig<br />

blieb.<br />

Es war Mitte des 19. Jahrhunderts, als<br />

die ersten Eisenbahnstrecken im<br />

Großherzogtum Baden gebaut wurden.<br />

Anfangs konzentrierte man sich


Nahe dem Bahnhof Lauda steht „052 908-1“ als Denkmal. Das Besondere an dieser Dampflok ist ihr Kabinentender, in dem das<br />

Rangierpersonal mitfahren konnte. Loks dieser Baureihe waren rund um Lauda bis in die 1970er-Jahre im Einsatz.<br />

dabei auf die Nord-Süd-Strecke<br />

durch die oberrheinische Tiefebene<br />

von Mannheim nach Basel sowie deren<br />

Fortsetzung zum Bodensee. Der<br />

abgeschiedene Teil im Nordosten Badens<br />

blieb lange unberücksichtigt.<br />

Dann meldete aber auch das<br />

Königreich Bayern Interesse<br />

an einer Bahnstrecke zwischen<br />

der bayerischen Kurpfalz<br />

und Unterfranken unter<br />

Umgehung von Württemberg<br />

an. Nach langwierigen Verhandlungen<br />

über die Streckenführung<br />

einigte man sich auf eine Trasse<br />

über Mosbach. In zwei Etappen<br />

wurde die Strecke schließlich 1862<br />

und 1866 eröffnet. Aber bereits 1879<br />

sank die Bedeutung des Abschnitts<br />

Neckargmünd-Neckarelz mit der Eröffnung<br />

der viel direkteren Neckartalbahn<br />

massiv. Als 1945 die Neckar-<br />

brücke bei Neckarelz gesprengt wurde,<br />

war das Ende dieses Streckenabschnitts<br />

vorhersehbar: <strong>Die</strong> Brücke<br />

wurde nicht wieder aufgebaut und<br />

die Strecke Aglasterhausen–Obrigheim<br />

1971 stillgelegt und abgebaut.<br />

Ein Modellfall für die Regionalisierung<br />

von Schienenstrecken<br />

Zwischen Heidelberg und Aglasterhausen<br />

über Meckesheim verkehrt<br />

heute die Rhein-Neckar-S-Bahn. Sie<br />

wurde auf dem Abschnitt zwischen<br />

Meckesheim und Aglasterhausen im<br />

Sommer 2010 neu eröffnet. Damit<br />

einher ging die Modernisierung und<br />

Elektrifizierung der Strecke, die jahrelang<br />

zwischen Meckesheim und<br />

Aglasterhausen von der landeseigenenSüdwestdeutschen-Verkehrsgesellschaft<br />

(SWEG) mit <strong>Die</strong>seltriebwagen<br />

bedient wurde. Bereits 1982 wollte<br />

die damalige Deutsche Bundesbahn<br />

auch diesen Abschnitt der badischen<br />

Odenwaldbahn einstellen.<br />

Glücklicherweise fand sich in<br />

der SWEG damals ein neues<br />

Unternehmen für den Bahnbetrieb.<br />

Damit war diese<br />

Bahnstrecke sozusagen ein<br />

Modellfall für die Regionalisierung<br />

von Schienenstrecken.<br />

Aber in Aglasterhausen ist heute<br />

Schluss. <strong>Die</strong> restlichen zehn Kilometer<br />

bis Mosbach-Neckarelz kann man<br />

nur per pedes und dann mit einem Linienbus<br />

(werktags stündlich, sonntags<br />

alle vier Stunden) überwinden. Es<br />

lohnt sich aber, auf Spurensuche zu<br />

Schönes Schwaben 4/11 23


24<br />

Bahnstrecken<br />

<strong>Die</strong> Odenwaldbahn<br />

Heidelberg<br />

Meckesheim<br />

Hessen<br />

Neckar<br />

Bayern<br />

Mosbach<br />

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Main<br />

Baden<br />

Osterburken<br />

Tauber<br />

Lauda<br />

Kocher<br />

Württemberg<br />

Heilbronn<br />

Schwäbisch-Hall<br />

Würzburg<br />

gehen, denn die Trasse ist noch heute,<br />

zumindest bis Obrigheim, vorhanden.<br />

Ganz leicht gest<strong>alte</strong>t es sich jedoch<br />

nicht, auf der Bahntrasse zu gehen:<br />

Brombeeren und Bäume haben sie für<br />

sich erobert. Drei imposante Tunnelbauten,<br />

die auch teilweise durchquert<br />

werden können, verleihen dieser Er-<br />

Jagst<br />

■ Dunkle Vergangenheit<br />

Mosbach (Baden): Der <strong>alte</strong> denkmalgeschützte<br />

Bahnhof wurde 2002 abgerissen.<br />

kundungstour etwas Geheimnisvolles.<br />

Der erste Tunnel, von Aglasterhausen<br />

kommend, ist der Mörtelsteiner Tunnel<br />

mit 690 Metern, der für Fußgänger<br />

gesperrt ist. Hinter dem Tunnel<br />

beginnt erneut die Wildnis – ein<br />

Trampelpfad führt jedoch auf der<br />

Trasse weiter.<br />

Wer die Geschichte der Badischen Odenwaldbahn erzählt, kommt auch an der<br />

Geschichte der Arbeitslager Neckarelz I und II in Mosbach-Neckarelz nicht<br />

vorbei. <strong>Die</strong> beiden Konzentrationslager entstanden während des Zweiten Weltkriegs<br />

als Außenstellen des KZ Natzweiler-Struthof. Tausende Menschen mussten<br />

dort unter unmenschlichsten Bedingungen eine Flugzeugmotorenproduktionsanlage<br />

von Mercedes-Benz errichten, die von Berlin in die dortigen Gipsstollen<br />

verlegt wurde. <strong>Die</strong> Werke erhielten die Tarnnamen Goldfisch und Brasse<br />

und konnten die Produktion im Oktober 1944 aufnehmen.<br />

Auch im Mörtelsteiner Tunnel war eine Anlage geplant. Zu diesem Zweck wurde<br />

die Strecke stillgelegt, die Züge fuhren jedoch nach Inbetriebnahme des<br />

Flugmotorenwerkes im Gipsstollen Obrigheim weiter. Der Tunnel wurde lediglich<br />

als Materiallager genutzt. Eine Gedenkstätte in Neckarelz und ein Wanderweg<br />

erinnern heute daran.<br />

Schönes Schwaben 4/11


Der Erlesrain-Tunnel ist nur 98 Meter lang und zu Fuß<br />

problemlos zu durchqueren.<br />

Der folgende Erlesrain-Tunnel ist mit nur 98 Metern<br />

problemlos passierbar. Kurz danach weicht die<br />

Schotterwildnis einer Straße, die nun den Bahngrund<br />

bis Neckarelz in Beschlag nimmt. Bis Obrigheim<br />

kann man auf einem geteerten Weg der <strong>alte</strong>n Trasse folgen.<br />

Ab Obrigheim wich die Bahn einer Umgehungsstraße<br />

ohne Randweg, sodass man ab dort besser einen Linienbus<br />

in Richtung Mosbach wählen sollte. Es finden sich dort,<br />

mit Ausnahme der Reste der Neckarbrücke, auch keine<br />

Spuren der einstigen Eisenbahnstrecke zwischen Obrigheim<br />

und Mosbach-Neckarelz.<br />

Bahnstrecken<br />

In Sichtweite zum Bahnhof Osterburken befindet sich ein<br />

ehemaliges römisches Kastell.<br />

Am Besten verlässt man den Bus in Mosbach-West. Dort<br />

kann man direkt in die S-Bahn umsteigen. Nichts deutet<br />

mehr auf den 2002 abgerissenen Hauptbahnhof Mosbach<br />

hin. <strong>Die</strong> Bürgerinitiative „Rettet den Bahnhof“ setzte sich<br />

sechs Jahre vergeblich für den Erhalt der denkmalgeschützten<br />

Bebauung ein. An seiner Stelle führt jetzt<br />

die B 27 vierspurig durch Mosbach. Trotzdem ist das<br />

Städtchen mit seiner gepflegten Innenstadt einen Abstecher<br />

wert: Überregional bekannt ist zum Beispiel das<br />

Palm’sche Haus von 1610, das zu den schönsten Fachwerkhäusern<br />

Süddeutschlands zählt.<br />

<strong>Die</strong> S-Bahn fährt über Seckach nach Osterburken, das vor<br />

allem durch sein römisches Kastell bekannt wurde. Teile davon<br />

erkennt man heute noch auf der in Fahrtrichtung rechten<br />

Seite auf Höhe des Bahnhofs. In Osterburken trifft man<br />

auf die heute als Frankenbahn bezeichnete Strecke von der<br />

Landeshauptstadt Stuttgart nach Würzburg. In Osterburken<br />

endet die S-Bahn Rhein-Neckar. Ab hier verkehren Regionalexpresszüge<br />

regelmäßig im Zwei-Stunden-<strong>Takt</strong> weiter<br />

in Richtung Würzburg. Wer in Osterburken weiterfährt, erreicht<br />

in knapp zwanzig Minuten die Eisenbahnerstadt<br />

Lauda. Kurz zuvor kommt von Süden die Tauberbahn hinzu.<br />

Sie verlässt hinter Lauda die Strecke wieder in Richtung<br />

Wertheim. Für die schnellen RE-Züge ist der nächste Halt<br />

bereits Würzburg-Hauptbahnhof, der Ziel- und Endbahnhof<br />

der einstigen Badischen Odenwaldbahn. ■<br />

Schönes Schwaben 4/11 25

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