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Emden 1943, Errichtung einer wehrhaften Stadt

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“<strong>Emden</strong> <strong>1943</strong>,<br />

<strong>Errichtung</strong> <strong>einer</strong> <strong>wehrhaften</strong> <strong>Stadt</strong>”<br />

(C) Dietrich Janßen, 2008


Vortrag gehalten am 3.12.2008, 19:00 Uhr, in der Kulturbrücke Ems-Delta e.V. in Verbindung mit dem Kulturbunker,<br />

Geibelstraße 30a, <strong>Emden</strong><br />

<strong>Emden</strong> <strong>1943</strong>, <strong>Errichtung</strong> <strong>einer</strong> <strong>wehrhaften</strong> <strong>Stadt</strong>,<br />

© Dietrich Janßen, 26721 <strong>Emden</strong>, eMail: bunkeremd@aol.com, überarbeitet 11.12.2008<br />

Im Rahmen m<strong>einer</strong> Arbeit im <strong>Stadt</strong>planungsamt der <strong>Stadt</strong> <strong>Emden</strong> fiel mir eine isometrische Darstellung unserer <strong>Stadt</strong><br />

in die Hände, die mich in Erstaunen setzte. In den Kartenschränken waren keine weiteren Pläne oder in den Emder<br />

Archiven keine sonstigen Fotografien zu den Planungen vorhanden. In einigen Aktenstücken fand ich Hinweise,<br />

dass neben dem Plan aus dem Jahre 1942/43 von Dr. Hans-Friedrich Eschebach noch ein Modell im Bunker<br />

Emsmauerstraße und Detailpläne vorhanden waren, die Dr. Peter Diedrichs bei Vorträgen beim Gauleiter Paul<br />

Wegener zur <strong>Errichtung</strong> <strong>einer</strong> <strong>wehrhaften</strong> <strong>Stadt</strong> nach Bremen vorführte. Bis auf den einen Plan und der dazugehörende<br />

Schriftverkehr sind alle anderen Detailplanungen sowie das Modell nach dem 2. Weltkrieg vernichtet worden.<br />

Zu diesem Teil komme ich später.<br />

Dieser Vortrag befasst sich mit den Nahtstellen zwischen dem Bauen der 20er Jahre und 30er Jahre und der<br />

Architektur sowie des Städtebaues des NS-Regimes an ausgesuchten Emder Beispielen. Wesentlichen Einfluss hatten<br />

besonders die städtischen Architekten, die die städtebauliche Entwicklung besonders während der Kriegs- und<br />

Nachkriegszeit prägten. Ohne diese wäre die Planung <strong>einer</strong> <strong>wehrhaften</strong> <strong>Stadt</strong> nicht möglich gewesen und auch nicht<br />

die Zeit des Übergangs nach 1945 zum Städtebau der 50er Jahre. Das NS-System verpflichtete die Fachleute aus<br />

allen möglichen Regionen des Reiches und der besiegten Länder, zum größten Teil gegen ihren Willen, zu<br />

Erfüllungsgehilfen in den Büros und auf den Großbaustellen des Bunkerbaues.<br />

Im Jahre 1916 erhielt der freiberufliche Städteplaner Hermann Jansen aus Berlin vom<br />

Magistrat der <strong>Stadt</strong> <strong>Emden</strong> den Auftrag zur Aufstellung eines Generalbebauungsplanes,<br />

den er am 20. September 1916 hier in <strong>Emden</strong> vorstellte. Neben der geplanten<br />

Umgehungsbahn um <strong>Emden</strong>, wurden auch Teilbebauungspläne für den Bereich Herrentor<br />

und Friesland sowie Planungen in Verbindung der Erweiterung der Emder Straßenbahn bis<br />

zur Kaserne und zum Neuen Binnenhafen aufgestellt. Auch beinhaltete der Generalbebauungsplan<br />

von Jansen eine Planung von neuen Straßen und wesentliche<br />

Straßendurchbrüche, auf die später der <strong>Stadt</strong>planer Dr. Eschebach zurückgriff. Der <strong>Stadt</strong>planer<br />

Hermann Jansen wurde am 28. Mai 1869 geboren und er verstarb am 20. Februar<br />

1945. Studiert hat dieser an der Technischen Hochschule in Aachen.<br />

In den zwanziger Jahren waren namhafte Architekten wie Walter Heim und bei der <strong>Stadt</strong><br />

<strong>Emden</strong> Walter Luckau tätig, die noch heute stehende expressionistische Bauten entwarfen<br />

und auch die Bauleitung führten. Walter Heim war unter anderen der Architekt der AOK, der<br />

Norder Bank und des Geschäftshauses Steffens inStädtebauplaner<br />

Architekt Walter Heim<br />

der Straße Zwischen beiden Sielen. Luckau entwarfHermann<br />

Jansen, Berlin<br />

die Brücke an der Boltentorstraße mit dem "Chinesentempel" nebst<br />

Straßenlaterne, die Herrentorschule, den Kiosk an der Nordertorstraße, die<br />

Anlagen Schwanenteich sowie den Burgplatz und war in der Bauberatung<br />

der <strong>Stadt</strong> <strong>Emden</strong> tätig. Als Sachbearbeiter hatte er wesentlichen Einfluss auf<br />

die Architektur im <strong>Stadt</strong>bild, wie viele Korrekturen an Entwurfsplänen in den<br />

Bauakten belegen. Luckau war vom 1. August 1926<br />

- 3. März 1931in <strong>Emden</strong> tätig. Versuche, seinen weiteren<br />

Lebensweg ausfindig zu machen, haben kein<br />

Ergebnis ergeben. Sein letzter Wohnort war 1937<br />

Dortmund. Besonders eindrucksvoll ist ebenfalls die<br />

Umgestaltung der Schalterhalle der Sparkasse <strong>Emden</strong>, die von dem Architekten Karl<br />

Siebrecht aus Hannover entworfen wurde.<br />

Auch im Geschossbau wurden weitere Gebäude südlich der Ringstraße durch den<br />

Beamten-Bau- und Wohnungsverein errichtet, die von eigenen Architekten, wie Diedrich<br />

Janssen, entworfen wurden. Walter Luckau war auch hier korrigierend im Rahmen der<br />

Bauberatung für die <strong>Stadt</strong> <strong>Emden</strong> tätig, so dass sich ein in sich geschlossenes Viertel entwickeln<br />

konnte, das auch heute noch immer eine hohe Wohnqualität besitzt. Der hier aufgeführte<br />

Diedrich Janssen war neben Franz Latta der Architekt des "Neptunhauses", welches<br />

in diesem Jahr abgebrochen wurde.<br />

Unmittelbar nach der "Machtübernahme" erfolgte keine Übernahme der Kompetenzbereiche<br />

der Baubehörden. Die eigentliche Planungshoheit verblieb nach wie vor bei der zustän-<br />

Student Walter Luckau<br />

1921 an der TU Dresden<br />

digen Gemeinde, wie auch die Zuständigkeit der Baupolizei bei Baugenehmigungen vorerst uneingeschränkt beibehalten<br />

wurde. Allein die personelle Besetzung dieser Dienststellen erfuhr - wie überall - einen Austausch, der im<br />

Zuge der Verfolgung und Ausschaltung oppositioneller Kräfte seine Erklärung und politische Motivation fand (juristische<br />

Handhabe: "Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" - Ausschaltung progressiver Architekten,<br />

2


d. h. der Anhänger des "Neuen Bauens"). In <strong>Emden</strong> wurde der <strong>Stadt</strong>baurat Hassis aufgrund des vorgenannten<br />

Gesetzes vom 7. April 1933 aus dem Dienst entlassen, weil er nach s<strong>einer</strong> bisherigen poltischen Betätigung nicht<br />

die Gewähr dafür bot, dass er rückhaltlos für den nationalen Staat eintreten werde.<br />

Das "Dritte Reich" versuchte nach 1933, sich nicht nur der Kleinsiedlungsbewegung zu bemächtigen, sondern auch<br />

des ganz alltäglichen genossenschaftlichen Wohnungsbaues. Hier insbesondere durch die "Neue Heimat", die im<br />

Wesentlichen Geschosswohnungen für Unteroffiziere errichtete, die ihren<br />

Dienst in der inzwischen erweiterten Kasernenanlage an der Admiral-<br />

Scheer-Straße verrichteten. Auch an der Nordermeedenstraße wurden<br />

im ersten Bauabschnitt 100 Volkswohnungen durch die<br />

NS.Volkswohlfahrt und Wohnungshilfe in sehr schlichter Bauweise<br />

errichtet, um Arbeiter am <strong>Stadt</strong>rand von Wolthusen unterzubringen. Nach<br />

einem Bericht von Oberbürgermeister Carl Renken an den Gauleiter Carl<br />

Röver vom 1. Januar 1942 fehlten vor dem Kriegsbeginn in <strong>Emden</strong> 5.000<br />

Wohnungen, davon 1.000 allein für den dringenden Bedarf.<br />

Volkswohnungen am Nordermeedenweg<br />

Eine weitere Kolonie für kinderreiche Arbeiterfamilien entstand als<br />

Kleinsiedlung am Conrebbersweg. Dort wurden bis 1938 als<br />

Arbeitsbeschaffungsmaßnahme 54 Doppel- und 61 Einzelhäuser in bodenständiger Bauweise auf Grundstücken mit<br />

<strong>einer</strong> jeweiligen Gartenfläche von 1.500 m² errichtet, um dort einen kleinen Nebenerwerb zu ermöglichen. Auf<br />

schwerem Kleiboden entstand die neue Kolonie, um der Bevölkerungspolitik des Führers Adolf Hitler zu dienen.<br />

“Schwer und hart wie der Bau des Dritten Reiches sollte der Aufbau der neuen Siedlung sein, die von nun ab eigene<br />

Scholle sein sollte für viele Familien. Mit Schweiß sollte der Boden gedüngt werden, aber in der Zukunft wird er<br />

einst reiche Früchte tragen. Der frische Wind, der hier<br />

über die Felder weht, wird keine internationalen<br />

Gedanken aufkommen lassen.” Hier sollte der Mensch<br />

wieder den tiefen reinen Segen der Verbundenheit zwischen<br />

Blut und Boden kennen und erleben lernen. Der<br />

Architekt Hans Niederstraßer und das Hochbauamt<br />

der <strong>Stadt</strong> <strong>Emden</strong> entwarfen einfache Doppel- und<br />

Einzelziegelhäuschen mit Satteldächern und<br />

Stallanbauten nach dem Reichssiedlungsgesetz von 1919. Der Erschließungsaufwand war möglichst gering zu halten,<br />

so dass vorerst keine festen Straßen angelegt wurden.<br />

Auch im privaten Einfamilienhausbau wurde in besonderen Wohnbereichen im Rahmen des Arbeitsbeschaffungsprogrammes<br />

unauffällig für privilegierte Bevölkerungsschichten Wohnraum geschaffen. Der hierarchische<br />

Bevölkerungsaufbau (Gefolgschafts-Führer) war im "Dritten Reich" allgegenwärtig. Trotzdem sollte sich jeder als<br />

"Volksgenosse" in der "Volksgemeinschaft" fühlen. Die Klassenunterschiede waren zwar offiziell abgeschafft, nicht<br />

aber der von den Nationalsozialisten gewünschte organische Bevölkerungsaufbau mit Rangunterschieden. So entstanden<br />

an der Auricher Straße gegenüber den Wohnblocks des Beamten-Bau- und Wohnungsvereins einige villenartige,<br />

zweigeschossige Wohngebäude auf großen Grund-stücken entlang des Hinter Tiefs, in der Douwestraße, am<br />

Treckfahrtstief und am Bolardusfriedhof. Die Entwerfer bedienten<br />

sich noch der traditionellen Formensprache der 20ger<br />

Jahre, jedoch traten hier werksteinumrandete Öffnungen, steile<br />

Walmdächer und großzügige, zentrale Freitreppen in den<br />

Vordergrund.<br />

In der Zeit bis 1939 wurde neben den Erweiterungsanlagen<br />

der Kaserne das neue Postamt an der Cirksenastraße, das<br />

Bahnhofsgebäude <strong>Emden</strong>-West, das Bürogebäude der<br />

Industrie- und Handelskammer und das Wöchnerinnenheim an<br />

der Ringstraße errichtet. Das neue Postamt weist alle<br />

Merkmale des offiziellen "monumentalen und richtungsweisen-<br />

den" Stils des neuen Reiches durch seine deutliche Betonung<br />

des horizontalen unteren Baukörpers auf. Die Gliederungselemente<br />

wurden auf wenige Formen beschränkt. Lediglich die<br />

Fenster im Erdgeschoss sollen durch die angeschrägten<br />

Leibungen dickes Mauerwerk vorspielen. Der zentrale<br />

Eingangsbereich erhielt einen aus Naturstein gefertigten<br />

Hoheitsadler mit angelegten Flügeln und auf dem Gebäude<br />

befand sich ein 6,0 m hoher Fahnenmast, der an bewährte traditionelle<br />

Darstellung der Herrschersymbolik anknüpft und die<br />

imperiale Macht des NS-Staates verkörpern soll. Diese<br />

Formensprache gilt auch für den 1936 erbauten Bahnhof<br />

<strong>Emden</strong>-West, der jedoch über eine zweigeschossige<br />

Doppelhäuser am Westerweg, erbaut 1935, Architekt Hans<br />

Niederstraßer<br />

Das neue Postamt an der Cirksenastraße, erbaut 1935<br />

Bahnhof <strong>Emden</strong>-West 1936<br />

Wartehalle verfügte, die von den umlaufenden Fenstern im zurückliegenden Geschoss belichtet wurde. Während<br />

beim Postamt auf breite Abschlussgesimse verzichtet wurde, erhielt der neue Bahnhof profilierte weiße Gesimse<br />

3


und der zentrale Eingangsbereich zu dessen Betonung breite gemauerte Pfeilervorlagen und ein vorkragendes<br />

Abschlussgesims.<br />

Während das hier ebenfalls abgebildete Finanzamt noch die Formensprache der expressionistischen Baukunst verkörpert,<br />

wurde das von dem Architekten Karl Siebrecht 1938 entworfene Gebäude der IHK bereits der neuen<br />

Formensprache des "Dritten Reiches" angepasst. Der Baukörper<br />

wurde von der öffentlichen Verkehrsfläche abgerückt, um Platz zu<br />

schaffen für eine breite Treppenanlage, die zum zurückliegenden<br />

Eingangsbereich führt. Zwei Natursteinsäulen mit Schmuckelementen<br />

tragen die drei Rundbögen in der Eingangsfront. Die Reihung der<br />

Hochrechteckfenster im Obergeschoss verleiht dem Gebäude einen<br />

soldatischen, nordischen Charakter. Über dem Gebäude erhebt sich<br />

ein steiles Walmdach mit aufgesetztem Dacherker nebst Uhr, die<br />

den Betrachter daran erinnern soll, in welcher heroischen Zeit er<br />

lebt.<br />

Ringstraße, Industrie- und Handelskammer, 1938<br />

Es ist auch für <strong>Emden</strong> wie im übrigen Reich auffallend, dass bis 1936<br />

fast keine öffentlichen Bauten erstellt wurden. Bis dahin dominierte<br />

als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme der Wohnungsbau, der zugunsten öffentlicher Großbauvorhaben zurückgedrängt<br />

wurde. In dieser Zeit stieg der Anteil der öffentlichen Bauten (u.a Verwaltungsbauten des Staates bzw. der<br />

Partei, Kultbauten, Kasernen) auf 70%, während der Wohnungsbau nur noch zu 20% beteiligt war, wuchs bis 1939<br />

der Prozentsatz der öffentlichen Bauten auf 90% an. Auch die Planung <strong>einer</strong> Sanierung der Altstadt durch die<br />

Deutsche Arbeitsfront (DAF) kam nicht voran, weil die öffentlichen Gelder dafür fehlten.<br />

Mit dem Angriff deutscher Truppen am 1. September 1939 auf Polen endete schlagartig auch in <strong>Emden</strong> jede<br />

Bautätigkeit, die nicht militärischen Charakter hatte. Im Bereich des Zivilschutzes wurden die notwendigen<br />

Maßnahmen zur Schaffung öffentlicher Schutzräume im gewissen Umfang vorgenommen. Bei Kriegsbeginn standen<br />

70 öffentliche Luftschutzräume lt. <strong>einer</strong> Bekanntmachung vom<br />

1. September 1939 den Einwohnern zur Verfügung. Darüberhinaus<br />

mussten Anträge zur Absteifung von Keller etc. zu Luftschutzzwecken<br />

bei der Baubehörde gestellt werden, um die notwendigen<br />

Baumaterialien zu erhalten. Der Reichsluftschutz-bund<br />

war beratend tätig.<br />

Nach den ersten vereinzelten Bombenangriffen auf das<br />

Reichsgebiet und hier insbesondere nach dem ersten geschlossen<br />

Bombenangriff in der Nacht vom 25. auf den 26. August 1940<br />

auf Berlin ordnete Adolf Hitler am 10. Oktober 1940 das<br />

"Sofortprogramm" für das Luftschutzwesen an. Bunker gegen<br />

Eine seltene Innenaufnahme: Rathaussaal mit obligatorischem<br />

Führerbild und Fahnenschmuck<br />

Bomben, ein Programm, das unser <strong>Stadt</strong>bild grundlegend verändern<br />

sollte. Kurze Zeit später erschien am 15. November 1940 ein<br />

Erlass zur Vorbereitung des Wohnungsbaues nach dem Kriege,<br />

mit dem sich das Amt für Wiederaufbau und Planung in <strong>Emden</strong> beschäftigte. <strong>Emden</strong> wurde das erste Mal am 13.<br />

Juli 1940 angegriffen und die Bombenschäden beseitigt.<br />

Im Bereich der <strong>Stadt</strong>planung nahm Dr. Wilhelm Ohm am 1. August 1939 seinen Dienst auf. Er wurde kurz darauf zur<br />

Wehrmacht eingezogen und am 12. Juni 1940 dienstverpflichtet nach <strong>Emden</strong> versetzt und ab dem 1. Oktober 1941<br />

beurlaubt. Leider gibt es keine Fotografie von Dr. Ohm, sondern in den Akten fand sich nur eine als “Geheim” eingestufte<br />

Dienstanweisung vom 29. Oktober 1940.<br />

Carl Renken, geboren am 31. März 1893, gestorben am 12. November 1954, war <strong>Emden</strong>s Oberbürgermeister von<br />

20. Juli 1937 - 10. Mai 1945. Vorher, ab 1933 war er Oberbürgermeister von Wilhelmshaven.<br />

Dr. Peter Diedrichs, geboren am 2. September 1904, gestorben am 12. September 1985, wurde bei der <strong>Stadt</strong> <strong>Emden</strong><br />

Oberbürgermeister Carl Renken<br />

Dr. Peter Diedrichs<br />

4<br />

Städt. Baurat Alfred Langeheine<br />

Dr. Hans-Friedrich Eschebach,<br />

1942


dienstverpflichtet am 1. Mai 1941 im Luftschutzbauamt, <strong>Stadt</strong>baurat seit dem 15. Oktober 1942, ausgeschieden im<br />

April 1968.<br />

Alfred Langeheine, geboren am 12. August 1907, gestorben am 17. April 2001, wurde dienstverpflichtet im<br />

Luftschutzbauamt am 1. April 1941, ausgeschieden am 12. August 1972.<br />

Dr. Hans-Friedrich Eschebach, geboren am 24. April 1909, gestorben am 10. April 1982, wurde dienstverpflichtet<br />

vom Reichsminister des Inneren Frick am 20. September 1942 zum Emder Leiter des Amtes für Wiederaufbau<br />

ernannt, am 20. Dezember <strong>1943</strong> als Zeichner zum SS-Baubataillon in Krakau einberufen.<br />

Es begann im Emder Luftschutzbauamt nach dem Soforterlass eine fieberhafte Planungstätigkeit und die<br />

Ausschreibung der Bunkerbauten der 1. Welle. In der Ratsherrensitzung am 07. November 1940 unterrichtete Karl<br />

Renken die Ratsherren vertraulich über das beabsichtigte<br />

Bunkerbauprogramm. Der Oberbürgermeister äußerte: "In<br />

Rücksicht auf die besondere Vertraulichkeit der Angelegenheit<br />

könne er weitere Ausführungen nicht machen." Die erste<br />

Baustelle für den Krankenhausbunker richtete das neu gegründete<br />

Luftschutzbauamt <strong>Emden</strong> unter der Leitung des<br />

<strong>Stadt</strong>oberbaurats Dr. Dr. Wilhelm Ohm am 22. November 1940<br />

ein. Bis der erste Bunker in der Lienbahnstraße am 27. Juni 1941<br />

fertiggestellt war, flogen die englischen Bomber 28 Angriffe auf<br />

die <strong>Stadt</strong> <strong>Emden</strong>, bei denen insgesamt 33 Tote und 73 Verletzte<br />

zu beklagen waren.<br />

Dass in <strong>Emden</strong> mehr als die ersten neun Bunker der ersten Welle<br />

errichtet wurden, ist dem energisch auftretenden Oberbürgermeister<br />

Renken zu verdanken, der persönlich gute Kontakte zu<br />

dem Gauleiter Carl Röver besaß. Dieser wieder besaß persönliche Beziehungen zum Propagandaminister<br />

Goebbels. Renken äußerte in der Ratsherrensitzung am 18. Dezember 1941: "Die Bevölkerung sei heroisch in der<br />

Haltung, aber auch die eingesetzten Männer erfüllen alle ihre Pflicht. Das müsse dankbar zum Ausdruck gebracht<br />

werden". Weiter führt der Oberbürgermeister Renken aus, dass er einen Aufruf zum Weihnachtsfest herausgegeben<br />

habe, der jetzt dem Kreisleiter noch vorliege. Er wolle in diesem Aufruf seinen<br />

Dank an die Bevölkerung zum Ausdruck bringen. Auch von den höchsten<br />

Reichsbehörden in Berlin werde die fabelhafte Haltung der Emder<br />

Bevölkerung bestätigt, denn Reichsminister Goebbels habe ihn in den letzten<br />

Tagen fragen lassen, ob er aufgrund der neueren Angriffe noch nach<br />

<strong>Emden</strong> kommen solle. Also, in Berlin erkenne man die Lage der <strong>Stadt</strong> an,<br />

und gerade das Propagandaministerium wisse genau Bescheid über die<br />

Emder Verhältnisse.<br />

Seit Beginn der Zerstörungen ist der Wiederaufbau dauernd im Gange.<br />

Materialschwierigkeiten bestanden eigentlich nicht, jedoch noch immer ein<br />

erheblicher Mangel an Facharbeitern. Durch das Arbeitsamt wurden den<br />

Baufirmen in der Hauptsache holländische Facharbeiter zugewiesen. Den<br />

wesentlichen Anteil am Wiederaufbau leisteten die örtlichen Handwerker<br />

sowie die aus der weiteren Umgebung von <strong>Emden</strong> dienstverpflichteten<br />

Handwerker, die zum großen Teil aus Hildesheim kamen. Um bis zum<br />

Herbst 1942 die Teilbeseitigung von Schäden vornehmen zu können, sind<br />

Bunkerbaustelle Krankenhaus Am Burggraben April<br />

1941<br />

Große Brückstraße Mai 1941<br />

mindestens 200 Maurer, 100 Zimmerer und 100 Hilfsarbeiter notwendig. Weitere 280 Bauhandwerker sind für die<br />

angefangenen Bauten der "Neuen Heimat" nach <strong>Emden</strong> zu dirigieren.<br />

In der Hauptsache wurde jedoch der fortlaufende Wiederaufbau verzögert durch die in<br />

mehr oder weniger kurzen Zeitabständen wiederkehrenden Bombenangriffen. Es gab, wie<br />

auch aus dem hier gezeigten Plan ersichtlich, Häuser und Häusergruppen, die schon zum<br />

zweiten oder dritten Mal oder noch öfter wieder instandgesetzt und wieder zerstört wurden.<br />

Nach den Bombenangriffen wurde sofort am anderen Tage mit zunächst provisorischen<br />

Instandsetzungen von Häusern oder deren völligen Beseitigung begonnen, wobei in der<br />

Hauptsache Kriegsgefangene, Emder Handwerker aber auch Soldaten der Kriegsmarine<br />

herangezogen wurden.<br />

Am 27. Juli 1942 berichtete der Oberbürgermeister Renken an die Gauleitung Weser-Ems<br />

in Oldenburg, dass 1.220 Wohnungen total zerstört, 2.050 sind beschädigt und davon 350<br />

wieder hergestellt worden.<br />

Daneben lief der Bunkerbau, für den insgesamt 1.300 Handwerker eingesetzt wurden. Im<br />

Luftschutzbauamt lief das Bunkerbauprogramm auf Hochtouren. Es wurden besondere<br />

Grundstücke ausgesucht, die städtebaulich bedeutsam und im Übrigen von der<br />

Bevölkerung schnell erreichbar waren. Insbesondere griff die Baubehörde auf Grundstücke<br />

zurück, deren Häuser inzwischen zerstört waren oder diese wurden nach dem Reichsleistungsgesetz enteignet.<br />

Für den Bunkerbau wurden bereits am 11. November 1940 die technischen Einzelheiten festgelegt, die in <strong>einer</strong><br />

Anweisung für den Bau bombensicherer Luftschutzräume niedergeschrieben wurden. Die Bauverwaltungen wurden<br />

5<br />

Zwischen beiden Sielen,<br />

1942


im Dezember 1940 vom Reichsarbeitsministerium mit vom Oberregierungsrat Nicolaus entworfenen Typenplänen<br />

versorgt, nach denen die Bunker errichtet werden sollten. Auch der Tessenow-Schüler Alexander Herde im<br />

Reichsarbeitsministerium (RAM) beschäftigte sich in Berlin<br />

mit der gestalterischen Aufgabe, Luftschutzbunker städtebaulich<br />

einzubinden. Alexander Herde schrieb seine Doktorarbeit<br />

1941 über den Luftschutzbunker im Wohngebiet, seine<br />

Grundrissgestaltung und städtebauliche Einordnung. Heinrich<br />

Tessenow lehrte in Berlin an der Technischen Hochschule<br />

Berlin von 1926 - 1941. Albert Speer war sein Assistent.<br />

Die Planung der Hochbunker im Emder <strong>Stadt</strong>gebiet sollten<br />

den <strong>wehrhaften</strong> Willen <strong>einer</strong> verbunkerten <strong>Stadt</strong> nach außen<br />

zeigen, da für die Nationalsozialisten der Luftschutz einen Teil<br />

der militärischen Reichsverteidigung darstellte. Dieses wird<br />

Entwurf Dr. Alexander Herde, 1941<br />

besonders an dem LS-Bunker beim Gymnasium (Thiele-Tee<br />

Bunker) sichtbar, der wie der Oberbürgermeister am 18.<br />

Dezember 1941 in <strong>einer</strong> Sitzung berichtete, einen schönen Anblick bei der Einfahrt in die <strong>Stadt</strong> geben werde. Es sollte<br />

noch ein 60 m hoher Bunkerturm errichtet werden, von dem ein schöner Blick über die <strong>Stadt</strong> möglich sein werde.<br />

Nach dem Kriege sollte dort ein Glockenspiel hineinkommen. Die Entwürfe zum Bunkerbau wurden im Wesentlichen<br />

von Alfred Langeheine, während die Gründungen und später auch die Flachgründung mit Spundwänden, wie z.B.<br />

für diesen LS-Bunker, von Dr. Peter Diedrichs ausgeführt wurden.<br />

Auch der LS-Bunker An der Bonnesse, der noch unter dem<br />

<strong>Stadt</strong>baurat Dr. Ohm entworfen wurde, sollte den<br />

Wehrcharakter zum Ausdruck bringen. Die Hochbunker sollten<br />

nach Meinung der Planer "nicht als Fremdkörper wirken,<br />

sondern viel mehr in Harmonie, mit ihrer Umgebung die Kraft<br />

und Stärke des deutschen Volkes in s<strong>einer</strong> Gesamtheit zum<br />

Ausdruck bringen."<br />

Aus diesem Grunde gab der Oberbürgermeister Renken dem<br />

Bremer Kunstprofessor Willy Menz Ende 1942 den Auftrag zur<br />

Schaffung von <strong>wehrhaften</strong> Kunstwerken zur Ausschmückung<br />

von städtischen Diensträumen, da viele der dort vorhandenen<br />

Bilder verloren gegangen waren. Willy Menz, geboren am 16.<br />

Februar 1890, gestorben am 10. Februar 1969, hat u.a. auch<br />

Ein wehrhaftes Kunstwerk von Willy Menz, <strong>1943</strong><br />

in Bremen, Bunkerbau auf dem Domshof 1941 Öl auf<br />

Leinwand, gemalt.<br />

Desweiteren einige Bilder und Pläne zum Bunker <strong>Stadt</strong>garten, der in der <strong>Stadt</strong>planung von Dr. Hans-Friedrich<br />

Eschebach an zentraler Stelle gegenüber dem Parteihaus und dem Forum im <strong>Stadt</strong>gebiet stehen sollte.<br />

Ein besonderer LS-Bunker, der nicht ausgeführt wurde, plante Alfred Langeheine auf dem Grundstück der<br />

<strong>Stadt</strong>werke <strong>Emden</strong> an der späteren Friedrich-Ebert-Straße. Ein<br />

wahrhaft wehrhaftes Gebilde für 1.600 Schutzplätze. Die Planung<br />

begann am 23. August 1941 und wurde am 5. Februar 1942 vorläufig<br />

durch Erlass des Reichsministers Dr.-Ing. Todt zurückgestellt, da<br />

die Bauzeit zu lange dauert und der hohe Turm als<br />

Markierungspunkt für Bombenflugzeuge gelten konnte.<br />

Andere Planungen hatten nicht diese Größenordnung, sondern die<br />

LS Bunker ragten, wie zum Beispiel die LS-Bunker Boltentorstraße<br />

oder Lienbahnstraße, nicht über die vorhandene Bebauung hinaus.<br />

Trotzdem hatten diese aufgrund der geschlossenen Wände einen<br />

<strong>wehrhaften</strong> Charakter.<br />

Dieses gilt auch für den LS-Bunker Bahnhof <strong>Emden</strong>-Süd, dessen<br />

massive Kantenstruktur (Eckquaderung) an den Seiten, sein blockhafter<br />

Charakter und dessen schmales Gesims schließt ein steiles<br />

Walmdach den Baukörper nach oben ab. Auf der an sich schmuck-<br />

Ausschnitt aus der Bauzeichnung für den LS-Bunker<br />

Bahnhof <strong>Emden</strong>-Süd, Entwurf Alfred Langeheine<br />

vom 27. August 1942<br />

losen Oberfläche wurde am Eingangsbauwerk nur die Anbringung<br />

des Hoheitsadlers erlaubt. Nach dem Endsieg sollten die Emder<br />

Luftschutzbunker verblendet und entsprechend den Forderungen<br />

nach Bodenständigkeit, Schlichtheit, Dauerhaftigkeit, Größe und<br />

Macht sowie nach der Versinnbildlichung der "unerschütterlichen Kraft und Wehrhaftigkeit der nationalsozialistischer<br />

Weltanschauung" über Jahrhunderte hinweg das "Dritte, tausendjährige Reich" symbolisieren.<br />

Am 26. August 1942 war in <strong>Emden</strong> der Reichsminister für Bewaffnung und Munition Albert Speer, der sich vom<br />

Kreisleiter Bernhard Horstmann, dem Oberbürgermeister Karl Renken und dem städtischen Baurat Dr. Peter<br />

Diedrichs über den Fortschritt des Bunkerbaues, der <strong>Stadt</strong>planung im Allgemeinen und über die weiteren<br />

6


Zerstörungen der <strong>Stadt</strong> unterrichten ließ. Hierbei wurden besonders die Fragen des Wiederaufbaues und die<br />

Weiterführung der <strong>Stadt</strong>planung besprochen, die zum Erliegen gekommen sei. In anderen Städten wurde jedoch,<br />

wie Kreisleiter Horstmann anmerkte, weitergeplant. So könne es in <strong>Emden</strong> aufgrund der Zerstörungen nicht weiter<br />

gehen. Zur Frage der Planung erklärte Reichsminister Speer, "dass es selbstverständlich sei, dass <strong>Emden</strong> planen<br />

müsse. Der Oberbaurat Ohm sei dem Reichsminister bekannt. Der Gauleiter solle durch schriftlichen Antrag beim<br />

Reichsminister Speer die Genehmigung zur Vergebung der <strong>Stadt</strong>planung einholen." Im Anschluss der Sitzung fand<br />

eine Fahrt durch die Trümmerstätten statt. Auch besichtige Albert Speer die<br />

Nordseewerke.<br />

Am 20. September 1942, einen Monat nach dem Gespräch mit Albert Speer, wurde Dr.<br />

Hans-Friedrich Eschebach von Dresden nach <strong>Emden</strong> durch den Reichsminister des<br />

Inneren dienstverpflichtet, um sich in erster Linie um die Fliegerschäden, die Herstellung<br />

von Notunterkünften und den Wiederaufbau zu kümmern.<br />

Wie aus einem Aktenvermerk des städtischen Baurates Dr. Peter Diedrichs vom 6.<br />

November 1946 ersichtlich ist, "gelang es ihm, unter schwierigsten Verhältnissen ein<br />

<strong>Stadt</strong>planungsamt mit Hilfe von ausländischen Angestellten und französischen<br />

Kriegsgefangenen ins Leben zu rufen. Unter s<strong>einer</strong> Leitung wurden die Voruntersuchungen<br />

für eine Neuplanung des <strong>Stadt</strong>gebietes <strong>Emden</strong> durchgeführt, die die Grundlage für<br />

die Neuplanung darstellten. Auch auf dem Gebiete der Wirtschafts- und Verkehrsplanung<br />

war er tätig. Bei der städtebaulichen Einordnung der Luftschutzbunker wirkte er beratend<br />

mit und veranlasste die zeichnerische Inventarisierung des historisch wertvollen<br />

Baubestandes der Altstadt von <strong>Emden</strong>.<br />

Der Gedanke der Planung beinhaltete die politische und weltanschauliche Forderung des<br />

nationalsozialistischen Staates an den Wiederaufbau <strong>einer</strong> <strong>Stadt</strong> mit einem <strong>wehrhaften</strong> Gepräge, das durch die<br />

Bunkerturmbauten an markanter Stelle geschaffen werden sollte. Dabei ist es ganz klar, dass die<br />

Gemeinschaftsbauten die bevorzugte Stellung im <strong>Stadt</strong>gebiet erhalten sollen. Hierbei sind die Lehren des luftschutzmässigen<br />

Verhaltens bei feindlichen Fliegerangriffen zu beachten und eine Auflockerung der Bebauung muss jetzt<br />

beibehalten werden. Eine dichte Bebauung, wie in der Altstadt wird es in der neuen <strong>Stadt</strong> nicht mehr geben. Wo noch<br />

keine Zerstörungen vorliegen, ist eine Sanierung des <strong>Stadt</strong>bereiches geboten.<br />

Bei der gewählten Anordnung der LS-Bauten, als Torplätze an Kreuzungen oder den Einfallstraßen, wird der<br />

7<br />

Dr. Hans-Friedrich Eschebach<br />

1944


Gedanke der festen <strong>Stadt</strong> stilisiert. Hinzu kommt die Planung <strong>einer</strong> Ost-West-Achse, die bei dem LSB Wolthusen<br />

begann und die fast geradlinig beim LSB Bahnhof <strong>Emden</strong>-West endete. Dazu sollte eine neue Straße durch den<br />

Wall hindurchgeführt werden und zwar in der Höhe der Osterstraße (unterhalb des Doeletiefs). Dann weiter durch<br />

die Osterstraße mit einem 30 Meter breiten Straßendurchbruch<br />

durch die Bebauung bis zur Straße Zwischen beiden Sielen. Von dort<br />

durch die Bismarckstraße über die Pottebacker Straße gerader Linie<br />

zum LS-Bunker Bahnhof <strong>Emden</strong>-West.<br />

Nordöstlich des "Karl-Röver-Bunkers" (LS-Bunker <strong>Stadt</strong>garten),<br />

benannt nach dem 1942 verstorbenen Gauleiter Weser-Ems, sollte<br />

der <strong>Stadt</strong>garten als Verlängerung des Ratsdelftes ausgegraben und<br />

daran anschließend das Forum als Aufmarschplatz der NS-<br />

Formationen für die Totenehrungen nach dem ‚Endsieg' beginnen.<br />

Der Aufmarschplatz sollte eine Größe von 80 mal 60 Meter erhalten,<br />

um etwa 1.000 - 2.000 Mann in Formationen aufmarschieren zu lassen.<br />

Oberhalb des Platzes, durch den Alten Graben getrennt, die<br />

Totenehren- und Feierhalle, auf der linken und rechten Seite<br />

‚Monumentalbauten' mit Glockenturm, dem dreigeschossigen<br />

Dienstgebäude der NSDAP. Des Weiteren sollten die Aufmarschstraßen<br />

für die Parteiformationen und die Wehrmacht als Ringstraße<br />

durch die Wilhelmstraße bis zum Wall und von dort zurück über die<br />

Straße Am Hinter Tief zum Forum führen. Baumalleen entlang der<br />

Wilhelmstraße und des Hinter Tiefs sollten den Grünzug Wall zum<br />

neuen <strong>Stadt</strong>mittelpunkt, dem NS-Parteihaus führen. Zu beiden<br />

Seiten der Wilhelmstraße und der Straße Am Hinter Tief sollte das<br />

Das geplante Forum, rechts das Parteihaus, links<br />

unten der “Karl-Röver-Bunker”<br />

durch eine Brücke zum Schreyers Hoek vorgesehen. Dort war auf<br />

deren Spitze ein Restaurant mit kleinem Forum nebst Brunnen geplant.<br />

Mit dem Erlass Hitlers über die Vorbereitung des Wiederaufbaues bombengeschädigter<br />

Städte vom 11. Oktober <strong>1943</strong> und der Einrichtung des<br />

Arbeitsstabes Speer sollte die Wiederaufbauplanung zerstörter Städte<br />

umgesetzt werden. Am 17. Januar 1944 besprach der Gauleiter Paul<br />

Wegener und Oberbaurat Wilhelm Wortmann die Wiederaufbauplanungen<br />

mit den Oberbürgermeistern der Städte Bremen, <strong>Emden</strong> und<br />

Wilhelmshaven. Speer erklärte in einem persönlichen Schreiben am<br />

25. Februar 1944 an den Gauleiter Wegener Bremen, Wilhelmshaven<br />

und <strong>Emden</strong> aufgrund der schweren Fliegerschäden zur Wiederaufbaustadt<br />

und er schlug für die Ausführung der planerischen Arbeiten für<br />

<strong>Emden</strong> den <strong>Stadt</strong>baurat Dr. Ohm vor. Den Städten sei es freigestellt,<br />

eigene Architekten zu verpflichten. Als seinen Referenten und Berater<br />

für die genannten Städte benannte Speer den Architekten Ministerialrat<br />

Klaje, Berlin. Der Regierungspräsident Aurich berichtete am 30. März<br />

neue Geschäftszentrum der <strong>Stadt</strong> <strong>Emden</strong> angesiedelt werden. Die<br />

Herausnahme des Kraftfahrzeugver-kehrs aus der Faldernstraße /<br />

Kettenbrücke war<br />

Planung Schreyers Hoek<br />

1944, dass "die Wiederaufbauplanungen der <strong>Stadt</strong> <strong>Emden</strong> soweit fortschritten seien, dass sie dem Herrn<br />

Reichsminister Speer vorgelegt werden könnten." Eine Zuweisung von technischen Dienstkräften sei nicht mehr<br />

nötig.<br />

Am 10. Mai 1944 besichtigte der Gauleiter Paul Wegener in Bremen das <strong>Stadt</strong>modell, einmal Zustand 1939 und das<br />

Neugestaltungsmodell von Dr. Eschebach. Dr. Diedrichs hielt darüber einen kurzen Vortrag über die Neuplanung der<br />

<strong>Stadt</strong> <strong>Emden</strong>. Der Gauleiter bemerkte u.a. kritisch, dass er die Planung für <strong>Emden</strong> grundsätzlich als zu weitgehend<br />

Beispielplanung Hamm 1942 Beispielplanung Hamm 1944<br />

8


und zu großzügig halte. "In der nicht unterbrochenen Ost-West-Straße würde der Wind bei <strong>einer</strong> Straßenbreite von<br />

25 m und <strong>einer</strong> Straßenlänge von 1,6 km störend wirken." Auch der vom Reichsminister Albert Speer eingesetzte<br />

Architekt Klaje, dem die Planung am 16. Mai 1944 in der Berlin vorgestellt wurde, hielt die Planung als zu großzügig<br />

und <strong>einer</strong> Gauhauptstadt angemessen. Die Planung sei, so <strong>Stadt</strong>baurat Diedrichs, auf eine Einwohnerzahl von<br />

200.000 ausgelegt worden. Nach <strong>einer</strong> Prüfung der Planung hatte der Gauleiter Wegener entschieden, so der<br />

Regierungspräsident Aurich in einem Schreiben vom 25. Mai 1944 an den Reichsminister des Inneren, dass noch<br />

einige Änderungen und Ergänzungen an dem Entwurf der "Neuen <strong>Stadt</strong>" vorgenommen werden müssten.<br />

Der Oberbaurat Wilhelm Wortmann, der als Planer in Wilhelmshaven bereits länger tätig war, schrieb am 1. Juni<br />

1944 an die <strong>Stadt</strong> <strong>Emden</strong>, dass der Gauleiter ihn am 20. Mai 1944 mit der Wiederaufbauplanung für <strong>Emden</strong> beauftragt<br />

hätte, um die notwendigen Umplanungen einzuleiten. Am 23. August 1944 bestätigte der Reichsminister Albert<br />

Speer die Einsetzung des Oberbaurates Wortmann als verantwortlicher Architekt für die vorläufige städtebauliche<br />

Wiederaufbauplanung der <strong>Stadt</strong> <strong>Emden</strong>. Einen Tag später schrieb der Oberbürgermeister Renken an den Planer<br />

Wortmann, dass die Planungen infolge des totalen Kriegseinsatzes eingestellt werden müssten. Der <strong>Stadt</strong>baurat<br />

Diedrichs sei bereits bei der Organisation Todt zum Einsatz gekommen.<br />

Dieses galt ebenso für Alfred Langeheine, der bereits am 27. März <strong>1943</strong> als Kanonier zur Wehrmacht und für Dr.<br />

Hans-Friedrich Eschebach, der am 20. Dezember <strong>1943</strong> zum 2. SS-Pionier-Ausbildungs-Batl. 3 in Krakau einberufen<br />

wurde. Danach war er als Zeichner in einem Baubataillon der Waffen-SS nach Ohrdruf versetzt worden. Dr.<br />

Eschebach war während s<strong>einer</strong> Dienstzeit in <strong>Emden</strong> mit dem französischen Architekten Henry Gelee befreundet,<br />

dem er sehr oft Lebensmittel etc. zukommen ließ. Aus diesem Grunde wurde er von einem städtischen Mitarbeiter<br />

denunziert und Eschebach eingezogen.<br />

Am 6. September 1944 wurde <strong>Emden</strong> durch einen Großangriff in der Innenstadt zu fast 80 % zerstört. Der<br />

Oberbaurat Wortmann schrieb am 30. September 1944 an den Oberbürgermeister Renken, da die <strong>Stadt</strong> <strong>Emden</strong><br />

nunmehr fast völlig zerstört worden sei, gebe es jetzt ganz andere Voraussetzungen für eine Planung. Er berichtete<br />

weiter, dass Albert Speer entschieden habe, dass die Wiederaufbauplanungen unter den heutigen Verhältnissen<br />

in gewissem Umfang aufrecht erhalten werden sollte. "Der Führer hat die Absicht, die ersten Wiederaufbaustädte<br />

jetzt förmlich zu ernennen. Es ist sicher anzunehmen, dass <strong>Emden</strong> in die Reihe dieser Städte kommen wird."<br />

Angriff auf <strong>Emden</strong> am 6. September 1944, gesehen von der<br />

Flakstellung Groß Midlum aus<br />

Das Emder Rathaus, September 1944<br />

Bildnachweis:<br />

Johannes a Lasco Bibliothek <strong>Emden</strong><br />

Dietrich Janßen<br />

<strong>Stadt</strong>archiv <strong>Emden</strong><br />

Literatur:<br />

Ulrich Höhns, Expressionistische Architektur in <strong>Emden</strong>, 2002<br />

Joachim Petsch, Baukunst und <strong>Stadt</strong>planung im Dritten Reich, 1976<br />

Ingo Sommer, Die <strong>Stadt</strong> der 500 000, NS-<strong>Stadt</strong>planung und Architektur in Wilhelmshaven, 1993<br />

Karl Wulf, Hamm – Planen und Bauen 1936- 1945, 2002<br />

Ungedruckte Quellen:<br />

<strong>Stadt</strong>planung <strong>Emden</strong>, Aktenstück 1937 – 1944<br />

Verschiedenes zur Beachtung der <strong>Stadt</strong>planung 1938 - 1949<br />

Wiederaufbauplanung der <strong>Stadt</strong> <strong>Emden</strong>, Aktenstück Januar 1944 - Dezember 1944

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