TakeOff 13 - Kulturzentrum Messestadt

Walter Hable, freier Architekt,
unterstützt die Architekten Reiner/Weber
bei ihren Planungen
für die Terrafinanz in der Messestadt
(Planungsabschnitt WA
7, bereits bewohnt, und WA 4,
teilweise noch in Planung).
TakeOff: Herr Hable, wie bringen
Sie bei Ihren Planungen
Form und Funktion unter einen
Hut?
Konkret geht es ja darum,
Wohn- und Lebensraum für
Menschen zu schaffen. Für die
Bauträger ist der Wohnungsbau
eine knallharte wirtschaftliche
Frage. Ich als Architekt habe eine
gestalterische Absicht und
muss den wirtschaftlichsten
Weg dorthin finden. Während
bei München-Modell-Wohnungen
klassische Wohnungstypen
mit klar abgegrenzten Räumen
vorgeschrieben sind, kann ich
im freifinanzierten Wohnungsbau
zeitgemäßere Grundrisskonzepte
entwerfen, was die
wesentlich reizvollere Aufgabe
ist. Leider findet sich für architektonisch
anspruchsvollere
Wohn- und Lebenskonzepte
nicht so leicht ein breites Publikum,
so dass Bauträger lieber
verstärkt klassische Wohnmodelle
anbieten.
Zum Thema Grundschule an der
Lehrer-Wirth-Straße. Wie beurteilen
Sie die Funktionalität des
Gebäudes?
Grundsätzlich gibt es eine innere
und eine äußere Funktionalität.
Städtebaulich als Wohnquartierabschluss
geplant, wurde
die Schule als langgestreck-
10
Titelthema:
„Ich glaube schon, dass Architekten
lernfähig sein sollten...“
ter Querriegelbau realisiert und
rundet so den Stadtraum ab.
Allerdings hat gerade der Eingangsbereich,
den man sich
transparent und offen wünschte,
einen sehr geschlossenen,
fast abweisenden Charakter.
Damit ist die Durchlässigkeit
zwischen Stadtraum und Grünbereich
nicht gegeben, obwohl
sie als Hauptgestaltungskriterium
von den Architekten beworben
wurde. Das gefällt mir persönlich
nicht.
Zur inneren Funktionalität: In
den Flurbereichen sind am Boden
Zonen abgegrenzt, die vor
aufgehenden Türen warnen sollen,
Außen- und Feuerschutztüren
sind viel zu schwer dimensioniert...
Wer ist für solche Planungsmängel
verantwortlich?
Die Markierungen sind mir bei
einer Schulführung aufgefallen.
Da sind wohl Dinge bei der
Ausführung nicht beachtet worden,
die man anders hätte lösen
müssen. Zur Verantwortung: Als
Architekt komplexer Gebäude
wie dieser Schule sucht man
sich natürlich Fachplaner dazu;
Experten, die bei der Konzeption
mitwirken und beraten. Auch
der Bauherr ist eingebunden,
mit ihm muss ja alles abgestimmt
werden. So entsteht eine
Gesamtverantwortung aller an
der Planung Beteiligten. Aufgabe
des Architekten ist es, die
Koordination und Abstimmung
aller Punkte zu übernehmen
und als solcher ist er in der
Verantwortung, dass alle Planungsaspekte
stimmig sind.
Walter Hable Foto privat
Was halten Sie vom Urheberrecht
auf eine Fassade mit Türen,
die von Grundschulkindern
kaum zu öffnen ist, eine Fassade,
die nach nur 5 Jahren wegen
Feuchtigkeitsschäden saniert
werden müsste?
Also prinzipiell finde ich es toll,
dass man hier das Urheberrecht
überhaupt ehrt und schätzt.
Häufig erfährt man als Planer
erst im Nachhinein, wenn Veränderungen
an einem von einem
selber geplanten und konzipierten
Gebäude stattgefunden
haben. Allerdings besteht
meine Vorstellung von Architektur
darin, dass ich immer
wieder im Dialog bin mit dem
Nutzer. Mir ist das Feedback
wichtig, ob der Lebensraum, der
neu entstanden ist, auch respektiert
wird und was daran
problematisch ist. Ich möchte
jetzt nicht am Urheberrecht rütteln,
aber als Architekt bin ich
in meiner Verantwortung schon
gefragt, mir die Dinge anzuschauen.
Und zu prüfen, ob eine
Konzeption, die ich mal gewählt
und umgesetzt habe,
auch Bestand hat. Prinzipiell
glaube ich schon, dass Architekten
lernfähig sein sollten
und auch sind.
Take Off! Nr. 13