Viersen 55plus Miteinander-Füreinander
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<strong>Viersen</strong> <strong>55plus</strong><br />
Kaiser‘s<br />
Am 14. Juli 1961 kamen die ersten Gastarbeiter, wie man sie damals nannte,<br />
nach <strong>Viersen</strong>. Die Spanierinnen wurden durch einen Beauftragten der Firma<br />
in Madrid angeworben, sie erhielten dort Verträge und konnten damit nach<br />
Deutschland einreisen. Sie wohnten in dem ehemaligen Verwaltungsgebäude<br />
auf dem Lichtenberg, welches nicht mehr seiner eigentlichen Bestimmung zugeführt<br />
worden war.<br />
Mein Bruder Ernst, der inzwischen bei Kaiser’s<br />
den Beruf des Konfektmachers erlernt hatte und<br />
als junger Facharbeiter in der Pralinenherstellung<br />
beschäftigt war, bekam eines Morgens im<br />
Juli von seinem Meister zu hören:„Morgen bekommst<br />
du sechs Spanierinnen an die Maschine“.<br />
Am anderen Morgen um sieben kamen sie<br />
dann wirklich und hießen Mariesol, Nina, Pili,<br />
Rosi, Trini …, und eine war hübscher als die andere,<br />
sie „schnatterten“ pausenlos und er verstand<br />
nichts. Anlernen ohne ein Wort spanisch<br />
Kakaobohnenverleseraum<br />
zu sprechen auf der einen Seite und ohne Deutschkenntnisse auf der anderen war nicht einfach,<br />
aber irgendwie gelang es, wenn auch mit Händen und Füßen und vielen Missverständnissen.<br />
Da wir inzwischen eine Wohnung von Kaiser’s auf dem Hoserkirchweg bewohnten,<br />
kamen sie jeden Morgen laut erzählend pünktlich um 6.30 Uhr an unserer Wohnung vorbei.<br />
Einen Wecker benötigten wir werktags nicht mehr. Aus dieser Zeit hat sich die Liebe meines<br />
Bruders zu Spanien und mit Nina für mich eine Freundschaft entwickelt, die auch heute noch<br />
besteht. Neben den Spanierinnen waren später auch Griechen, Italiener und Portugiesen<br />
bei Kaiser’s beschäftigt.<br />
Ende der 60er Jahre hatte die Familie Kaiser ihre Aktienmehrheit abgegeben. Als Folge kam<br />
es am 13. Mai 1971 zur Übernahme durch die Unternehmensgruppe Tengelmann unter dem<br />
Gesellschafter Erivan Haub, trotzdem behielt Kaiser’s weitgehend seine Eigenständigkeit.<br />
Mit dem Abriss der Gebäude auf dem Lichtenberg, dem „Winkel“, der ehemaligen Verwaltungs-<br />
und Produktionsstätte, begann aber 1972 eine gewaltige Veränderung im ehemaligen<br />
Familienunternehmen. Im selben Jahr wurden die Schokoladen- und Backwarenfabrik geschlossen,<br />
1974 folgte die Schließung der Weinkellerei. Es wurde zwar 1975 der Grundstein<br />
für den Verwaltungsneubau auf dem Hoser gelegt und dieses weithin sichtbare Hochhaus<br />
im Jahre 1976 nach nur 17monatiger Bauzeit bezogen, aber im Rahmen der Stadtkernsanierung<br />
verschwand mit dem Abriss der Backwarenfabrik mit dem markanten Uhrenturm, der<br />
Schokoladenfabrik und der Tonhalle (dem früheren Casino) Kaiser’s aus dem Herzen der<br />
Stadt <strong>Viersen</strong>. Manch ein „Kaiserlicher“ sah es mit Wehmut und Tränen in den Augen.<br />
Wenn nun im Jahre 2010 auch die Verwaltung der<br />
heutigen Kaiser’s-Tengelmann AG nach Mülheim<br />
verlagert wird und die Lichter der „Lachenden<br />
Kaffeekanne“ endgültig verlöschen, hat auch das<br />
letzte große Familienunternehmen seine Verbundenheit<br />
mit der Stadt <strong>Viersen</strong> und den ehemaligen<br />
„Kaiserlichen“ endgültig aufgekündigt.<br />
Erika Zachau geb. Welters / Fotos Archiv Kaiser‘s<br />
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