Kurz gefaßte christliche Soziallehre, Berlin 2/1991
Kurz gefaßte christliche Soziallehre, Berlin 2/1991
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Das Eigentum<br />
<strong>Kurz</strong> <strong>gefaßte</strong> <strong>christliche</strong> <strong>Soziallehre</strong><br />
Unter den Persönlichkeits- und Sozialwerten kommt dem Privateigentum<br />
eine besondere Stellung zu. Das Privateigentum gründet sich auf die Prinzipien<br />
des Gemeinwohls und der Eigenverantwortung des Menschen. Das<br />
Gemeinwohl erfordert die umsichtige ertragreiche Ausnutzung der Erdengüter<br />
im Dienste aller. Denn die Erdengüter sind knapp und werden es mit<br />
dem Bevölkerungswachstum noch mehr sein. Ihre umsichtige Ausnutzung<br />
ist am besten gewährleistet, wenn ihre Verwendung der Eigenverantwortung<br />
der einzelnen Gesellschaftsglieder untersteht und in dieser Weise mit<br />
dem Eigeninteresse verbunden ist.<br />
Dem entspricht eine Verteilung des Produktionsmitteleigentums, so daß in<br />
der freiheitlichen Volkswirtschaft das kleine und das mittlere Eigentum in<br />
Landwirtschaft und Gewerbe überwiegt. Großeigentum kann, wenn seine<br />
Sozialverpflichtung erfüllt wird, gerechtfertigt sein. Das II. Vatikanische Konzil<br />
(Gaudium et spes 71) weist darauf hin, daß in weniger entwickelten Ländern<br />
"großer, ja riesengroßer Landbesitz (Latifundien) besteht, der zum Teil<br />
ungenützt bleibt, daß die Bevölkerungsmehrheit überhaupt keinen Boden<br />
besitzt und die von den Großeigentümern Beschäftigten einen menschenunwürdigen<br />
Lohn empfangen. Das Gemeinwohl kann die Entziehung gemeinwohlwidrigen<br />
Eigentumsbesitzes unter angemessener Entschädigung<br />
erfordern. Das Privateigentum kann in verschiedenen Formen der Selbstverwirklichung<br />
des Menschen und seiner Lebenserfüllung dienen: kleine<br />
oder mittelständische Unternehmen in Landwirtschaft und Gewerbe, Gesellschaftsunternehmen,<br />
Hauseigentum mit Garten, Wohnungseigentum,<br />
Privatversicherung zu verschiedenen Zwecken, Ersparnisanlage in Wertpapieren<br />
oder Sparbuch. Besonders hervorzuheben ist die zur Sozialverpflichtung<br />
des Eigentums gehörende Schaffung von Arbeitsplätzen, namentlich<br />
für die schulentwachsende Jugend. Nach jüngsten Berechnungen<br />
kostet die Schaffung eines industriellen Arbeitsplatzes in Österreich heute<br />
eine Million Schilling an Investitionen.<br />
Zur Schaffung von Arbeitsplätzen ist die mit dem Privateigentum verbundene<br />
Privatinitiative der wichtigste Weg. Diese ist die Verfügungsgewalt über<br />
das Eigentum, so daß es als Produktionsmittel unternehmerisch eingesetzt<br />
werden kann. Die auf dem Produktionsmitteleigentum ruhende soziale Verpflichtung,<br />
auch "soziale Hypothek" genannt, wird in den Industriestaaten<br />
zum Teil durch die staatliche Sozialpolitik (Arbeitsrecht, Sozialversicherung)<br />
umschrieben. Über die Privatinitiative sagt die Erfahrung: "Wo die Privatinitiative<br />
der Einzelnen fehlt, herrscht politisch die Tyrannei" (Johannes<br />
XXIII., Sozialenzyklika Nr. 5 7).<br />
Für die Ordnung der Wirtschaft sind nach der <strong>christliche</strong>n <strong>Soziallehre</strong> maßgebend<br />
das die Freiheit schützende Subsidiaritätsprinzip, das die gegenseitige<br />
Angewiesenheit der Menschen aufeinander regelnde Solidaritäts-<br />
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