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Four Windows - Vier Fenster

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Margarita Broich Frank Droese Thorsten Merten Theresa Scholze<br />

<strong>Vier</strong> <strong>Fenster</strong><br />

ein Film von Christian Moris Müller<br />

ein Film von Christian Moris Müller<br />

www.vierfenster.de


<strong>Vier</strong> <strong>Fenster</strong><br />

<strong>Vier</strong> Gesichter einer Familie<br />

<strong>Vier</strong> Schreie nach Leben<br />

Ein Geheimnis hinter vier <strong>Fenster</strong>n<br />

Sie wollen sich voneinander lösen, doch sie umklammern sich immer fester. Mit aller<br />

Kraft halten sie die Fassade aufrecht. Je lauter sie lachen, desto stiller wird es um sie.<br />

Immer tiefer ziehen sich die Risse im Familienbild, bis sich dahinter ein unausweichli-<br />

ches Geheimnis offenbart.<br />

Darsteller / cast<br />

Mutter / mother Margarita Broich<br />

Sohn / son Frank Droese<br />

Vater / father Thorsten Merten<br />

Tochter / daughter Theresa Scholze<br />

Technische Daten / technical data<br />

Format / format 35 mm<br />

Laufzeit / length 80 min., 25 f/s<br />

Bildratio / aspect ratio 1:1,85<br />

Ton / sound DolbySR<br />

Produktionsjahr / year of production 2006<br />

Kontakt / contact<br />

missingFILMs GbR<br />

Christos Acrivulis & Andreas Severin<br />

Proskauer Str. 34<br />

10247 Berlin<br />

tel/fax 030 - 42087705<br />

mobil 0177 - 7941079<br />

verleih@missingfilms.de<br />

www.missingfilms.de<br />

<strong>Four</strong> faces of a family<br />

<strong>Four</strong> screams for life<br />

A secret behind four windows<br />

www.vierfenster.de<br />

<strong>Four</strong> <strong>Windows</strong><br />

They want to get away from each other, but they clasp each other even more firmly.<br />

They seek to save appearances at all force. The more they laugh, the quieter it gets<br />

around them. The cracks in the family picture widen until an inescapable secret<br />

reveals itself.<br />

Stab / crew<br />

Buch, Regie / screenplay, director Christian Moris Müller<br />

Produzent / producer Philipp Budweg<br />

Producer / executive producer Katharina Herrmann<br />

Bildgestaltung / director of photography Jürgen Jürges<br />

Szenenbild / production designer Thomas Molt<br />

Kostüm / costume designer Viola Völk<br />

Maske / make-up artist Lisette Geissler<br />

Montage / editor Maja Stieghorst<br />

Ton / sound supervisor Ingo Baier<br />

Musik / music composers Chandra Fleig, Annette Focks<br />

Welturaufführung / world premiere<br />

56. Internationale Filmfestspiele Berlin<br />

Produktion und Rechte / production companies and rights<br />

schlicht und ergreifend Filmproduktion, HFF Potsdam, HFF München


„Der Preis ist unendliche Sprachlosigkeit“<br />

Was wissen wir von den Menschen, die wir unsere Familie nennen? Welche Gefühle,<br />

Gesten und Liebesbezeugungen machen diese kleinste Zelle der Gesellschaft aus?<br />

Was könnte hinter der Tür der Nachbarsfamilie wirklich vorgehen? Diese Fragen stellt<br />

Christian Moris Müller in ungewohnt eindringlichen Bildern und verknüpft sie durch eine<br />

außergewöhnliche Erzählweise. <strong>Vier</strong> <strong>Fenster</strong>, das bedeutet vier Kapitel über vier<br />

Individuen, die ihr Glück im Verborgenen suchen: Der Sohn trifft auf einen Fremden, der<br />

ihn nicht küssen will. Der Vater küsst seine Frau und meint seine Tochter. Die Tochter<br />

wird von ihrer Mutter geküsst, ein Schlag ins Gesicht. Die Mutter provoziert den Kuss<br />

eines Fremden und hofft, dass ihr Mann ihre Wunden leckt. Gemeinsam ist ihnen das<br />

Verlangen nach Geborgenheit, also halten sie einander fest.<br />

Der Preis ist unendliche Sprachlosigkeit.<br />

Christian Moris Müller nähert sich seinen Figuren behutsam und ohne Vorurteile. Anstatt<br />

große Worte zu benutzen, lässt er die Gesichter sprechen. Bedeutsam für seinen Stil ist<br />

die Inszenierung von lang durchgehenden Einstellungen, die den Schauspielern Zeit und<br />

Raum zur Entwicklung geben. Für diese anspruchsvolle Arbeitsweise konnte Christian<br />

Moris Müller den bekannten Kameramann Jürgen Jürges gewinnen, der bereits mit<br />

Rainer Werner Fassbinder („Angst essen Seele auf“, „Fontane Effi Briest“), Michael<br />

Haneke („Code: Inconnu“) und Wim Wenders („In weiter Ferne, so nah!“)<br />

zusammenarbeitete. Für den jungen Regisseur ging damit ein Traum in Erfüllung.<br />

Jürgen Jürges sagte nach dem Lesen des Drehbuchs sofort zu, sich an dem Projekt zu<br />

beteiligen. „Nach den ersten Gesprächen mit Christian habe ich gemerkt, dass er sehr<br />

genau wusste, was er wollte“, sagt der namhafte Kameramann. „Man hat ihm die Liebe<br />

zu seinem Film und zu seinen Personen angemerkt.“ Für Christian Moris Müller liegt die<br />

Besonderheit der von Jürgen Jürges gedrehten Filme darin, „wie hier über die Bilder<br />

schon Beziehungen erzählt werden“.<br />

Darüber hinaus ist VIER FENSTER aber vor allem großes Schauspielerkino, das seine<br />

Schärfe und seine berührende Emotionalität durch die Mitwirkung hervorragender<br />

Darsteller gewinnt. Den Vater spielt Thorsten Merten, bekannt durch seine Rolle in<br />

Andreas Dresens Erfolg „Halbe Treppe“. Außerdem mit dabei sind Margarita Broich<br />

(„Wolfsburg“), Theresa Scholze („Nachtexpress“) und Frank Droese („alaska.de“).<br />

„Die Geschichte wird nicht plakativ erzählt, sondern findet in den Köpfen statt. Schon im<br />

Drehbuch hat man das Gefühl, das ist nur die Spitze des Eisbergs“, sagt Theresa<br />

Scholze. Die größte Herausforderung bestand, neben einigen besonders unter die Haut<br />

gehenden Szenen, im Drehen der langen Einstellungen – eine Arbeit, die<br />

Professionalität, viel Konzentration und technische Vorbereitung erfordert. „Ich habe ein<br />

Problem damit, wenn zu oft geschnitten wird. Das wirkt zerstreuend und macht den<br />

Moment kaputt“, erklärt Christian Moris Müller. Die Entscheidung, die einzelnen<br />

Geschichten getrennt zu erzählen, geht auf dieselbe Überlegung zurück: „Ich wollte<br />

jeder der vier Figuren Raum geben, sich im Zuschauer auszubreiten.“ Dieser bewusste<br />

Bruch mit geläufigen Erzähltechniken steigert die Konsequenz des Films, der durch<br />

seinen persönlichen Stil ebenso besticht wie durch seine beklemmende Intensität.<br />

VIER FENSTER kratzt an der Oberfläche der Alltagsrealität. Ein durchweg spannendes<br />

und zugleich schmerzhaftes Filmerlebnis.


Die Schauspieler<br />

Theresa Scholze begann nach dem Abitur ihr Studium an der<br />

Schauspielschule "Felix Mendelssohn Bartholdy" in Leipzig. Sie<br />

spielte anschließend in vielen Fernsehproduktionen u.a. an der<br />

Seite von Harald Juhnke, Monica Bleibtreu und Barbara Rudnik.<br />

Zudem gastierte sie mehrmals am Schauspielhaus Leipzig und am<br />

Hans-Otto-Theater Potsdam. 1998 erhielt sie den Telestar-Preis<br />

für ihre Schauspielleistung als Anna in „Der letzte Zeuge“.<br />

Filmografie (Auswahl):<br />

2005 „Nachtexpress“ Regie: Rene Jakob<br />

2001 „Eine öffentliche Affäre“ Regie: Rolf Schübel<br />

2000 „Julietta“ Regie: Christoph Stark<br />

2000 „Jugendsünde“ Regie: Vera Loebner<br />

Thorsten Merten absolvierte die Schauspielausbildung an der<br />

Berliner Hochschule „Ernst Busch“. Es folgten viele Theaterengagements<br />

u.a. in Schwerin, Luxemburg, Taschkent und Lausanne.<br />

Mit dem preisgekrönten Andreas-Dresen-Film „Halbe<br />

Treppe“ gelang ihm der Sprung auf die Kinoleinwand. Seitdem<br />

spielte er in zahlreichen TV- und Kinofilmen mit. Zurzeit steht er<br />

am Maxim-Gorki-Theater in Berlin auf der Bühne.<br />

Filmografie (Auswahl)<br />

2005 „Unter dem Eis“ Regie: Aelrun Götte<br />

2004 „Die Nachrichten“ Regie: Matti Geschonneck<br />

2002 „Schussangst“ Regie: Dito Tsintsadze<br />

2001 „Halbe Treppe“ Regie: Andreas Dresen<br />

Margarita Broich absolvierte eine Schauspielausbildung an der<br />

Hochschule der Künste Berlin. Es folgten viele Theaterengagements<br />

u.a. am Teatro alla Scala Mailand, Theater Basel, Schauspielhaus<br />

Frankfurt,Deutschen Theater Berlin und Berliner Ensemble.<br />

Außerdem spielte Margarita Broich in zahlreichen Film- und<br />

Fernsehproduktionen mit. In der aktuellen Spielzeit ist sie am Maxim-<br />

Gorki-Theater Berlin in NACHTASYL zu sehen.<br />

Filmografie (Auswahl)<br />

2005 „Noch einmal lieben“ Regie: Anna Justice<br />

2004 „Das Kanzleramt“ Regie: Hans C. Blumenberg<br />

2002 „Zwillinge“ Regie: Ben Sombagaart<br />

2002 „Wolfsburg“ Regie: Christian Petzold<br />

Frank Droese, geboren 1983 in Berlin, startete seine Schauspielkarriere<br />

als Hauptdarsteller (Rolle Eddi) in dem preisgekrönten<br />

Kinofilm „alaska.de“ an der Seite von Jana Pallaske. Es folgten<br />

zahlreiche Rollen in Film- und Fernsehproduktionen.<br />

Filmografie (Auswahl)<br />

2004 „Anemonnenherz“ Regie: Janina Dahse<br />

2003 „Der letzte Tag“ Regie: Thorsten Trimpop<br />

2003 „Tatort – Ausser Kontrolle“ Regie: Olaf Kreinsen<br />

2000 „alaska.de“ Regie: Esther Gronenborn


Die Macher<br />

Christian Moris Müller begann seine künstlerische Laufbahn als Student an der<br />

Ballettakademie Heinz-Bosl-Stiftung in München. Nach dem Abschluss als Kommunikations-<br />

und Modedesigner an der Deutschen Meisterschule für Mode studierte er Schauspiel und<br />

Theaterregie am Herbert Berghoff Studio in New York City. 2006 erhielt er sein Diplom für<br />

Spielfilmregie an der Hochschule für Fernsehen und Film München.<br />

Seine Filme erhielten zahlreiche Preise auf internationalen Festivals.<br />

Filmografie (Auswahl)<br />

2004 “Realer als 80 Min., Regie, Kamera, Schnitt, Redaktion<br />

die Wirklichkeit” Dokumentarfilm im Auftrag der Bundeszentrale für<br />

politische Bildung<br />

2002 “Unter der Erde” 10 Min., Buch, Regie, Schnitt, Produktion<br />

Festivals /Preise (insgesamt 32 Festivals):<br />

Filmfestival Max Ophüls Preis, Saarbrücken<br />

“staff award” 7. Milano Film Festival, Italien<br />

FBW-Prädikat: besonders wertvoll<br />

1999 “24” 11 Min., Buch, Regie, Produktion<br />

Festivals /Preise (Auswahl):<br />

“clap d’or” Festival International de Court Metrage,<br />

Sens, Frankreich<br />

“Silberner Clip” 8. Berliner Medienfestival<br />

Festival Internacional de Cinema da Figueira da<br />

Foz, Portugal<br />

12. Festival International du Court Métrage de<br />

Clermont-Ferrand, Frankreich<br />

Jürgen Jürges absolvierte die Fotofachschule in Berlin und arbeitete ab 1970 als<br />

Chefkameramann für über 80 Filme u.a. mit R.W. Fassbinder (u.a: "Fontane Effi Briest", 1974)<br />

mit Norbert Kückelmann, mit Robert van Ackeren (u.a. "Die flambierte Frau", 1983), mit Wim<br />

Wenders und mit Michael Haneke (u.a. "Code: inconnu", 2000). Seine Kameraarbeit wurde mit<br />

zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Er erhielt u.a. vier Mal den Deutschen Kamerapreis, drei<br />

Mal den Deutschen Filmpreis und einen Adolf-Grimme-Preis.<br />

Filmografie (Auswahl)<br />

1997 „Funny Games“ Regie: Michael Haneke<br />

1992 „In weiter Ferne, so nah“ Regie: Wim Wenders<br />

Deutscher Filmpreis<br />

1979 "Die letzten Jahre<br />

der Kindheit" Regie: Nobert Kückelmann<br />

Deutscher Filmpreis<br />

1973 „Angst essen Seele auf“ Regie: R.W. Fassbinder


Interview mit dem Regisseur Christian Moris Müller<br />

Was steckt hinter VIER FENSTER?<br />

Ich wollte der Frage auf den Grund gehen, was Familie wirklich bedeutet. Auf der einen<br />

Seite ist sie ein Ort der Liebe und der Hingabe, auf der anderen Seite ein Ort von<br />

Missbrauch. Ich denke da an den Missbrauch von Machtverhältnissen. Ich wollte eine<br />

Familie beobachten, die man gelegentlich im Aufzug trifft und über die man nicht mehr<br />

erfährt als die Oberfläche. Ich habe versucht, diese Oberfläche ganz genau zu<br />

beschreiben und nach den darunter liegenden Beziehungen zu fragen.<br />

Letztlich geht es um die Sehnsucht nach Liebe und die Sehnsucht nach Berührung.<br />

Gerade in der Familie gibt es feste Strukturen, innerhalb derer jeder bestimmte<br />

Strategien benutzt, um Liebe zu bekommen. Da reicht oft schon das Bild von Liebe aus.<br />

Wir kreieren solche Bilder von Liebe permanent. Eigentlich untersuche ich nur diese<br />

Oberfläche: das Bild der glücklichen Familie, das immer wieder zelebriert wird.<br />

Wie kam es zu der ungewöhnlichen Erzählstruktur?<br />

Am Anfang stand die Geschichte des Sohnes, die ich als Kurzfilm realisieren wollte. Im<br />

Laufe des Schreibens habe ich festgestellt, dass mich die Figur der Mutter immer mehr<br />

interessiert. Die Beziehung zwischen den beiden wurde wichtig. Also schrieb ich auch<br />

ihre Geschichte auf. Sie spricht immerfort von ihrem Ehemann, der nie auftaucht. Das<br />

fand ich spannend: Welches Leben führt er, fernab von Frau und Sohn? Mit der<br />

Geschichte der Tochter hat sich dann alles wie ein Puzzle zusammengefügt. Es wurde<br />

ein Film über die Beziehungen zwischen den Menschen. Ich wollte Familie als<br />

komplexes System zeigen, wobei der eine nicht ohne den anderen zu beschreiben ist.<br />

Die Machtverhältnisse in der Familie sind zu verstrickt und die Erwartungen zu hoch.<br />

Wie sieht Deine Arbeit mit den Schauspielern aus?<br />

Die Arbeit mit den Schauspielern beginnt schon bei der Besetzung. Es ist mir wichtig,<br />

Leute zu finden, mit denen ich etwas entwickeln kann.<br />

Erstaunlich gut hilft oft eine scheinbar technische Herangehensweise: Wann steht eine<br />

Figur auf? Wann sehen sich die Leute an? Wie sind sie zueinander räumlich<br />

angeordnet? Wie lange dauert ein Schweigen? Wann atmet eine Figur und wann stoppt<br />

ihr Atem? Ich sehe diese äußeren Vorgänge als ein Gerüst, an dem sich der<br />

Schauspieler entlang hangelt. Innerhalb dieses Systems kann er sich dann ganz frei<br />

bewegen. Es macht mir sehr viel Spaß, am Rhythmus einer Szene zu arbeiten. Hat man<br />

ein paar Takte geklärt, ergeben sich die anderen oft ganz von selbst.<br />

Der schönste Moment ist, wenn ich merke, dass ich die richtige Sprache für jeden<br />

Schauspieler gefunden habe. Diese Sprache ist wie ein Schlüssel, der einen in immer<br />

neue Räume führt. Dann wird der Dreh zur Entdeckungsreise.<br />

Wie bist Du mit dem Kameramann Jürgen Jürges zusammengekommen?<br />

Ich habe seinen Namen im Telefonbuch gesucht, angerufen und gefragt, ob ich ihm mein<br />

Drehbuch schicken kann. Einen Tag später hat er mich zurückgerufen und gesagt, dass<br />

er den Film machen will. Es war eine ganz große Erfahrung, dass jemand zusagt, ohne<br />

sich vorher abzusichern wie die Produktionsbedingungen sind, sondern seine<br />

Entscheidung allein vom Drehbuch abhängig macht. Jürgen fragt sehr genau, welche<br />

Geschichte man erzählen möchte. Seine Bilder sind die Antwort auf diese Fragen. Bei<br />

uns beiden gibt es so eine Art Verwandtschaft in der Bildsprache.


Wie würdest Du die Bildgestaltung von VIER FENSTER beschreiben?<br />

Es ist eine sehr direkte Bildsprache, genau fokussiert auf das, was wichtig ist. Ich habe<br />

mich für lange Einstellungen ohne Schnitt entschieden, um möglichst lange bei den<br />

Figuren zu bleiben. Ich habe ein Problem damit, wenn zu oft geschnitten wird. Der<br />

Zuschauer muss sich immer wieder konzentrieren auf ein neues Bild und einen neuen<br />

Rhythmus. Das wirkt zerstreuend und macht den Moment kaputt. Außerdem ist es eine<br />

Bildsprache, die sich sehr genau überlegt, was sehe ich und was sehe ich nicht? Wir<br />

haben oft Leute gefilmt, die reagieren und weniger die, die agieren. In den zuhörenden<br />

Gesichtern ist häufig mehr zu lesen als in denen, die reden. Das hat mit unserem<br />

Verhalten als Mensch zu tun. In dem Moment, in dem wir reden, nehmen wir eine<br />

bestimmte Haltung ein und fangen an, eine Rolle zu spielen. Die direkte Reaktion darauf<br />

ist unmittelbarer oder wahrhaftiger.<br />

Hat VIER FENSTER ein Happy End?<br />

Das Ende ist formal gesehen ein offenes Ende. Aber es gibt auch einen kleinen Ausblick<br />

auf Veränderung. Das war für mich wichtig zu erzählen. Die Beziehung zwischen Tochter<br />

und Sohn ist für mich letztlich am hoffnungsvollsten. Zwischen den beiden Geschwistern<br />

gibt es nicht diese existenzielle Abhängigkeit wie zwischen den Eltern oder zwischen<br />

Eltern und Kindern. Da gibt es noch die Möglichkeit, ins Gespräch zu kommen. Das Ende<br />

erzählt davon, dass zwei Menschen beginnen zu reden. Das ist für mich der Anfang einer<br />

Veränderung.<br />

Interview mit dem Kameramann Jürgen Jürges<br />

Wie war Deine erste Reaktion auf das Drehbuch zu VIER FENSTER?<br />

Spannend für mich war die angedachte Machart, das Drehen in Plansequenzen (lang<br />

durchgehende Einstellungen, A. d. Red.). Nach den ersten Gesprächen mit Christian<br />

habe ich gemerkt, dass er sehr genau wusste, was er wollte. Er hat eine solche<br />

Motivation und Begeisterung an den Tag gelegt, dass für mich klar war, dass wir<br />

zusammen kommen werden.<br />

Ist es für Dich nicht ungewöhnlich bei so einem kleinen Film mitzumachen?<br />

Überhaupt nicht! In dem Moment, wo mir die Geschichte gefällt, spielt es keine Rolle, ob<br />

es ein kleiner Film ist. Ich habe auch kein Problem, damit mich im technischen Aufwand<br />

zurückzunehmen. Mir ist es auch egal, ob es im Mini-Format oder auf Cinemascope<br />

gedreht wird. Wichtig ist die Geschichte.<br />

Es war ja Dein erster Dreh auf DV...<br />

Ich hatte mich jahrelang tot gestellt gegenüber den digitalen Medien. Aber letztes Jahr<br />

habe ich zum ersten Mal digital (auf HD) gedreht und das hat mir die Scheu genommen.<br />

Ich konnte einige Vorteile dieser Formate kennen lernen. DV reagiert so ähnlich wie HD.<br />

Es brennt nach oben hin sehr schnell aus und hat dafür in den dunkeln Bereichen viel<br />

mehr Spielraum. Das konnten wir für VIER FENSTER gut nutzen. Alle Räume hatten aus<br />

dramaturgischen Gründen geschlossene Vorhänge, dadurch war der Kontrastumfang<br />

nicht sehr groß und ich hatte die Ausleuchtung in der Hand.


Interview mit Theresa Scholze, spielt die Tochter<br />

Was hat Dich persönlich an VIER FENSTER interessiert?<br />

Als ich das Drehbuch das erste Mal gelesen hatte, dachte ich: Habe ich wirklich gerade<br />

diese Geschichte gelesen, von der ich annehme, dass ich sie gelesen habe?<br />

Die Geschichte wird ja nicht plakativ erzählt, sondern findet im Kopf statt.<br />

Im Drehbuch hat man das Gefühl, das ist nur die Spitze des Eisbergs und trotzdem<br />

erzählt es soviel mehr von dem, was noch darunter liegt. Das war sehr reizvoll.<br />

Wie siehst Du Ihre Beziehung zum Vater?<br />

Das ist ein großes Tabuthema. Dass sich Väter an ihren Töchtern vergehen, hat man<br />

gehört. Aber dass es von beiden Seiten freiwillig passiert – das kann ich persönlich<br />

schwer nachvollziehen. Man fragt sich dann, wer von den beiden hat angefangen?<br />

Vermutlich der Vater. Wie viel hat das mit ihrem Verhältnis zur Mutter zu tun? Oder mit<br />

dem Gefühl, sich ungeliebt zu fühlen. Die Tochter betrügt ja auch den Freund, ohne mit<br />

der Wimper zu zucken. Sie kann sich nicht dagegen wehren, auch wenn sie möchte.<br />

Und dann tut sie irgendwann so, als wäre es normal. Niemand redet darüber. Es wird<br />

schon irgendwann vorbeigehen. Sie nimmt das nicht als Problem wahr. Dazu ist es zu<br />

fortgeschritten. Aber sie weiß natürlich, dass es nicht geht. Das erzeugt diesen latenten<br />

Druck und die latente Unzufriedenheit, unter der dauerhaft jeder Mensch<br />

zusammenbrechen wird.<br />

Wie wirkt der Film Deiner Meinung nach?<br />

Ich finde der Film ist sehr brutal, ohne gewalttätig zu sein. Das ist so eine<br />

Alltagsbrutalität, die ständig stattfindet. Das Problem, dass man über Dinge, die ganz<br />

spürbar anwesend sind, nicht redet, betrifft sehr viele Menschen. Ich hoffe, der Film<br />

schafft es, dass man sich irgendwann der Wahrheit stellt und beginnt darüber<br />

nachzudenken.<br />

Interview mit Thorsten Merten, spielt den Vater<br />

Was hat Dich persönlich an VIER FENSTER interessiert?<br />

Ich habe angefangen das Buch zu lesen und nach den ersten Seiten habe ich gedacht<br />

„was für ein Käse“. Und als ich dann einmal durch war, wurde es immer spannender.<br />

Das hat damit zu tun, dass der Film nichts auserklärt, sondern sich erst im Kopf<br />

zusammensetzt. So ein Drehbuch ist mir noch nicht untergekommen. Das musste ich<br />

einfach machen. Ich habe es als ein großes Abenteuer empfunden.<br />

Was für ein Typ ist der Vater?<br />

Ich habe mir das so zurechtgelegt, dass er mal ein ganz lebenslustiger Typ war. Und wie<br />

das so ist in Beziehungen, kommt er in einen Leerlauf rein, so in eine Schiene, wo er<br />

keinen Ausweg mehr sieht. Wo er den einzigsten Spaß mit der Tochter hat. Wo er nicht


mehr rauskommt und auch auf den Spaß nicht verzichten will.<br />

Außerdem ist er wie alle Väter eifersüchtig, wenn sich die Tochter selbständig macht.<br />

Hier ist es nicht nur die Eifersucht des Vaters, sondern auch des Liebhabers.<br />

Wie hast Du Dich auf die Rolle vorbereitet?<br />

Ich versuche erstmal meiner Figur viele Macken und Besonderheiten zu geben. Ein Tag<br />

vor Drehbeginn, denke ich mir dann: Das sind doch auch ganz normale Menschen und<br />

fange dann bei mir an, wie ich mich in einer solchen Situation verhalten würde. So<br />

versuche ich die Figuren auch anzulegen, ohne ein großes Trauma. Das traumatische<br />

sind die Verhältnisse und nicht die Figuren an sich. Trotzdem wollte ich versuchen diese<br />

bleiernen Verhältnisse, die Bedrückung, diesen tonnenschweren Alptraum nicht ständig<br />

mitzuspielen.<br />

Interview mit Margarita Broich, spielt die Mutter<br />

Was hat Dich persönlich an der Geschichte interessiert?<br />

Ich fand die Geschichte spannend, hatte aber ein bisschen Angst, weil sie sehr<br />

schnörkellos und gerade war. Da steckt eine unendliche Trostlosigkeit drin, die man<br />

immer wieder gern aufbrechen möchte, aber nie aufbrechen durfte. Man muss innerlich<br />

schon eine fröhliche Seele sein, um nicht ganz traurig zu werden.<br />

Wie würdest Du die Figur der Mutter beschreiben?<br />

Die Mutter ist einfach die Mutter. Ich bin auch Mutter. Manchmal bin ich erschrocken<br />

darüber, wie wenig man von seinen eigenen Kindern mitkriegt und trotzdem ist man<br />

ganz eng bei ihnen. Da gibt es viele verfahrene und zum Teil tragische Situationen.<br />

Vieles ist bei der (Mutter) noch gar nicht bis zur letzten Schaltzentrale vorgedrungen,<br />

sonst könnte sie nicht weitermachen. Viele Dinge werden ganz schnell weg getan bevor<br />

man sie zu lange anschaut.<br />

Wie waren die Dreharbeiten?<br />

Die Dreharbeiten waren für mich rauschhaft, überhaupt nicht trostlos, sondern erfüllt.<br />

Christian hat einen ziemlich klug auf einen schmalen Grad gesetzt. Er hat diese<br />

Gradlinigkeit von einem nicht gefordert, sondern langsam hergestellt. Man bekam richtig<br />

Lust mit Nichts oder nur mit einem Minimum die Sachen auszudrücken. Ich habe daran<br />

im Laufe der Dreharbeiten immer mehr Gefallen gefunden.<br />

Wie wird der Film deiner Meinung nach aufs Publikum wirken?<br />

Die langen Einstellungen sind schon eine Provokation. Da werden Sehgewohnheiten<br />

umgeworfen. Aber die Wirkung ist schon erstaunlich. Man bleibt an den Schicksalen<br />

dran und erkennt in ihren Gesichtern diese erschreckenden Momente von Stillstand.


VIER FENSTER<br />

Preise/Nominierungen<br />

Franz Hofer Preis 2006<br />

(Filmhaus Award "für den aufregensten und innovativsten Film")<br />

Nominierung als "Bester Film" beim Studio Hamburg Nachwuchspreis 2007<br />

Nominierung für den Babelsberger Medienpreis 2006<br />

Festivalteilnahmen 2006<br />

56. Internationale Filmfestspiele Berlin (Weltpremiere)<br />

25. Vancouver International Film Festival, Kanada<br />

30. São Paulo International Film Festival, Brasilien<br />

21. Cinema Jove International Film Festival, Spanien<br />

23. Festival de Cine de Bogota, Kolumbien<br />

11. Milano Film Festival, Italien<br />

40. Internationale Hofer Filmtage<br />

36. Molodist Kyiv International Film Festival, Ukraine<br />

19. Montréal International LGBT Film Festival, Kanada<br />

Camerimage International Film Festival, Polen<br />

28. Biberacher Filmfestspiele<br />

16. Filmkunstfest Schwerin

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