VR-Redakteurin Eva Hassa, Richard Altmannshofer - FleetCompany
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Management<br />
Zahlenspiele mit den Euro-Normen (v.l.):<br />
<strong>VR</strong>-<strong>Redakteurin</strong> <strong>Eva</strong> <strong>Hassa</strong>, <strong>Richard</strong> <strong>Altmannshofer</strong>,<br />
Thilo von Ulmenstein, Berthold Barth und Gerhard Grünig<br />
Wann der Wechsel lohnt<br />
Abgasnormen Wer heute einen neuen LKW kauft, muss sich zwischen Euro 3, Euro 4 oder Euro 5<br />
entscheiden. Eine <strong>VR</strong>-Expertenrunde diskutiert, welche Lösung sich für welches Unternehmen rechnet.<br />
VON EVA HASSA<br />
■ VerkehrsRundschau: Ein neuer Euro-<br />
5-LKW kostet 8000 bis 10.000 Euro mehr<br />
als ein Euro 3-Fahrzeug. Außerdem hat er<br />
durch den zusätzlichen SCR-Tank 220 bis<br />
300 Kilogramm weniger Nutzlast. Bei der<br />
KFZ-Steuer sparen Sie sich durch den Euro<br />
5 auch nichts. Warum, um Himmels<br />
willen, haben Sie sich einen Mercedes<br />
Actros 2541 mit Euro-5-Motor gekauft?<br />
Berthold Barth: Ganz einfach, weil wir auf<br />
der Autobahn für den Euro 5 zwei Cent<br />
weniger Maut pro Kilometer zahlen müssen<br />
als für den Euro 3. Und da kommt<br />
einiges zusammen. Denn unser Autobahnanteil<br />
liegt im Schnitt bei 50 bis 60<br />
Prozent in dieser Fahrzeugkategorie. Wir<br />
hätten zwar auch mit dem Euro 4 Maut<br />
gespart, aber nur bis zum 30. September<br />
2006. Dann steigen nämlich die Mautkosten<br />
für Euro-3- und -4-Fahrzeuge auf<br />
12 Cent je Kilometer. Deshalb kam für<br />
uns nur der Euro 5 in Frage. Mit ihm haben<br />
wir noch bis 30. September 2009 den<br />
Mautkostenvorteil. Bei rund 140.000 Au-<br />
tobahnkilometern und einer fünfjährigen<br />
Nutzungsdauer des LKW sparen wir<br />
so insgesamt 14.000,00 Euro. Außerdem<br />
verbraucht unser Euro 5 rund 1,5 Liter<br />
weniger Treibstoff als der Euro 3. Bei den<br />
derzeitigen Spritpreisen sind das jährlich<br />
zusätzlich rund 1700 Euro, die wir einsparen<br />
– die AdBlue-Mehrkosten schon<br />
eingerechnet.<br />
Gerhard Grünig: Mag ja sein, dass Sie mit<br />
dem Euro 5 1,5 Liter weniger Diesel ver-<br />
„Unser Euro 5 verbraucht<br />
1,5 Liter weniger Treibstoff<br />
als der Euro 3“<br />
brauchen. Was Sie uns aber verschweigen,<br />
dass Sie beim Euro 5 zusätzlich die<br />
Harnstofflösung AdBlue einsetzen müssen.<br />
Pro Liter zahlen Sie dafür zusätzlich<br />
45 bis 60 Cent. Gar nicht zu reden vom<br />
Nutzlastverlust von 220 bis 300 Kilogramm<br />
bei Euro-5-LKW, den Sie durch<br />
die SCR-Technologie haben.<br />
Barth: Diese Mehrkosten sind unerheblich.<br />
Jede unserer Niederlassungen verfügt<br />
über Großgebinde-Container mit<br />
AdBlue. Das kostet nicht die Welt. Teuer<br />
wäre es nur, wenn wir für AdBlue eine<br />
separate Zapfsäule aufstellen müssten.<br />
Auch die 300 Kilogramm weniger Nutzlast<br />
sind für uns kein Problem. Als Stückgutspediteur<br />
können wir unsere LKW<br />
sowieso nicht zu 100 Prozent auslasten,<br />
weil manche Waren sehr sperrig sind. Bei<br />
Tank- und Silospediteuren ist das kritischer,<br />
weil sie für jedes Kilogramm weniger<br />
Nutzlast auch weniger Umsatz<br />
machen.<br />
<strong>Richard</strong> <strong>Altmannshofer</strong>: Sie überzeugen<br />
mich trotzdem nicht. Wir haben uns in<br />
diesem Jahr bewusst für Euro-3-LKW<br />
entschieden – und damit gegen Euro 4<br />
oder Euro 5. Ausschlaggebend waren für<br />
uns die Mehrkosten. Für den Euro 5 hät-<br />
30 VerkehrsRundschau 45/2005 www.verkehrsrundschau.de<br />
Fotos: Scheutzow
ten wir 89.000 Euro zahlen müssen, für<br />
den Euro 3 nur 75.000 Euro. Das sind<br />
14.000 Euro Preisunterschied. Zudem<br />
verbrauchen wir mit dem Euro 3 im<br />
Schnitt nur 28 bis 29 Liter Treibstoff, also<br />
genauso viel wie Ihr Euro 5. Man muss<br />
nur die Fahrer entsprechend schulen.<br />
Abgesehen davon sind wir vorwiegend<br />
im internationalen Verkehr tätig und<br />
können im Ausland sehr günstig tanken.<br />
Berücksichtigt man noch den Nutzlastverlust<br />
durch Euro 5, war unsere Entscheidung<br />
richtig.<br />
Grünig: 14.000 Euro Aufpreis ist zu viel!<br />
<strong>Altmannshofer</strong>: Den Preis nannte uns<br />
aber unser Händler.<br />
Von Ulmenstein: Der wollte kein Geschäft<br />
machen!<br />
Barth: Oder er wollte seine alten Fahrzeuge<br />
loswerden (lacht).<br />
Von Ulmenstein: Der Kaufpreis ist sicher<br />
ein Grund für oder gegen den Euro 5. Entscheidend<br />
ist aber, welche Einsatzbedingungen<br />
Ihr LKW hat. Wie hoch ist zum<br />
Beispiel Ihr Autobahnanteil?<br />
<strong>Altmannshofer</strong>: Unsere LKW sind jährlich<br />
rund 150.000 bis 160.000 Kilometer unterwegs,<br />
davon ein Drittel auf deutschen<br />
Autobahnen. Unser Autobahnanteil liegt<br />
also bei rund 30 Prozent, während Barth<br />
von 50 bis 60 Prozent Anteil ausgeht.<br />
■ Die Spedition <strong>Altmannshofer</strong> setzt also<br />
bewusst auf Euro 3, während die Spedition<br />
Barth den Euro 5 präferiert. Wer hat<br />
nun die betriebswirtschaftlich sinnvollste<br />
Entscheidung getroffen?<br />
Von Ulmenstein: Im Endeffekt beide Unternehmer.<br />
Beide haben vor dem Kauf ihrer<br />
neuen LKW deren Einsatzbedingungen<br />
und mautpflichtigen Streckenanteil<br />
ermittelt sowie die wirtschaftlichen Vorund<br />
Nachteile der Abgasnormen abgewogen.<br />
Den geringeren Mautkosten und<br />
dem niedrigeren Kraftstoffverbrauch von<br />
Euro-4- und Euro-5-LKW stehen nun<br />
einmal die höheren Kaufpreise entgegen<br />
sowie die Kosten für die Harnstofflösung<br />
AdBlue und ein Nutzlastverlust von mindestens<br />
220 Kilogramm. Wer also wie<br />
Barth einen Autobahnanteil von über 50<br />
Prozent hat, für den empfiehlt sich aus<br />
Beratersicht der Wechsel zum Euro 5.<br />
Denn der Euro 4 hat ja nur noch bis 1. Oktober<br />
2006 den Mautkostenvorteil. Und<br />
wer wenig auf der Autobahn fährt, wie die<br />
Spedition <strong>Altmannshofer</strong>, hat auch mit<br />
dem Euro 3 eine gute Wahl getroffen.<br />
■ Herr Barth, Sie setzen seit Juni den<br />
Euro 5 ein. Haben Sie dazu schon erste Erfahrungswerte<br />
und Zahlen? Welche Unterschiede<br />
gibt es bei Motorleistung und<br />
Verbrauch, wenn Sie die herkömmliche<br />
Technologie mit der neuen SCR-Technologie<br />
vergleichen? Anders gefragt: Lohnt<br />
sich der Euro 5 gegenüber dem Euro 3?<br />
Barth: Wir haben sogar den direkten<br />
Vergleich, weil wir derzeit testweise<br />
zwei völlig identische Mercedes-3-<br />
Achs-LKW vom Typ 2541 zum einen mit<br />
Euro-3-, zum anderen mit Euro-5-Motor<br />
einsetzen. Dank des Fuhrparkmanagementsystems<br />
Fleetboard haben<br />
wir zudem alle Verbräuche nach Einsatzschwere<br />
und Fahrzeugbedienung<br />
im Überblick. Aufs Jahr hochgerechnet<br />
dürfte danach der Euro-3-LKW 63.360<br />
Liter verbrauchen, während der Euro-<br />
5-LKW 60.300 Liter schluckt. Das sind<br />
3060 Liter weniger. Bei einem Einkaufspreis<br />
von 92 Cent je Liter Diesel lassen<br />
sich also mit dem Euro 5 jährlich 2818<br />
Euro Kraftstoffkosten sparen.<br />
<strong>Altmannshofer</strong>: Nach wie viel Kilometer<br />
Laufleistung im Jahr dürften sich die<br />
Mehrkosten für den Euro 5 amortisiert<br />
haben?<br />
Barth: Nach unseren Berechnungen<br />
nach fünf Jahren und einer Laufleistung<br />
von 750.000 bis 800.000 Kilometern. Vielleicht<br />
sogar schneller, wenn die Preise für<br />
die Harnstofflösung weiter sinken und<br />
die Treibstoffpreise weiter steigen. Und<br />
danach sieht es derzeit aus.<br />
Grünig: Da sollten Sie sich nicht zu große<br />
Hoffnungen machen. Wahrscheinlicher<br />
ist es, dass die Preise für AdBlue mittelfristig<br />
steigen. Ansonsten decken sich<br />
Ihre Erfahrungswerte mit unseren Fahrzeugtests,<br />
die wir mit unterschiedlichen<br />
Marken wie Mercedes, MAN und Iveco<br />
durchgeführt haben. Unsere Euro-5-<br />
Testfahrzeuge mit Sechs-Zylinder-Motor<br />
haben im Volllastbetrieb sogar fünf Prozent<br />
weniger Treibstoff geschluckt. Allerdings<br />
verbraucht ein Euro 5 rund 4,5 Prozent<br />
AdBlue. Ketzerisch gesagt, bleibt der<br />
Verbrauch beim Euro 5 also gleich hoch<br />
wie beim Euro 3. Was man sich bei Euro<br />
5 an Diesel spart, schüttet man mit Ad-<br />
Blue wieder rein. Unterm Strich ist Euro 5<br />
trotzdem günstiger als Euro 3. Denn Ad-<br />
Management<br />
. ■ Hintergrund<br />
<strong>Richard</strong> <strong>Altmannshofer</strong><br />
Blue kostet an öffentlichen Tankstellen<br />
67 Cent pro Liter, während der Liter Diesel<br />
derzeit 1,12 Cent pro Liter kostet.<br />
■ Alles das ist richtig. Aber warum sprechen<br />
wir nicht über die innermotorische<br />
■ Hintergrund<br />
<strong>Richard</strong> <strong>Altmannshofer</strong>,<br />
Inhaber der<br />
Spedition <strong>Altmannshofer</strong><br />
in<br />
Neuötting<br />
<strong>Richard</strong> <strong>Altmannshofer</strong> ist Inhaber der<br />
Kraftwagenspedition <strong>Richard</strong> <strong>Altmannshofer</strong><br />
in Neuötting sowie unter<br />
anderem Handelsrichter und Aufsichtsrat<br />
der SVG Bayern-Süd, der SVG<br />
Zentrale und Kravag-Sach sowie Mitglied<br />
im Technischen BGL-Ausschuss.<br />
Thilo von Ulmenstein<br />
Thilo von<br />
Ulmenstein,<br />
einer der beidenGeschäftsführer<br />
von<br />
<strong>FleetCompany</strong><br />
in München<br />
Der studierte Jurist Thilo von Ulmenstein<br />
war in diversen Fuhrparkberatungen<br />
tätig. Heute verantwortet er bei<br />
<strong>FleetCompany</strong>, einem Gemeinschaftsunternehmen<br />
des TÜV Süd und der<br />
KGAL-Gruppe, die Bereiche Finanzen,<br />
Vertrieb, Beratung und Marketing.<br />
VerkehrsRundschau 45/2005 31
Management<br />
Abgasreduzierung? Damit lassen sich<br />
Schadstoffe der LKW genauso reduzieren,<br />
und man hätte nicht den Mehraufwand<br />
wie mit SCR.<br />
Grünig: Weil diese Lösung noch nicht<br />
ausgereift ist. Außerdem bekommt man<br />
die innermotorische Abgasreduzierung<br />
derzeit nur mit einem Treibstoff-Mehrverbrauch<br />
von rund drei Prozent hin –<br />
zumindest bei Euro 4. Und für Euro 5 gibt<br />
es noch keine marktreife EGR-Lösung,<br />
obwohl MAN und Scania mit Hochdruck<br />
daran arbeiten. In Ermangelung einer<br />
besseren Technik setzen selbst andere<br />
Hersteller wie DAF und Iveco inzwischen<br />
auf SCR, weil damit Schadstoffe wesentlich<br />
einfacher abgebaut werden können.<br />
Sogar MAN wird bis zum Jahresende als<br />
Zwischenlösung einen Euro-5-Motor mit<br />
SCR herausbringen und Scania bringt<br />
ebenfalls die V8-Motoren mit SCR und<br />
fallweise Euro 4 oder Euro 5. Deshalb<br />
spricht vieles für SCR.<br />
Barth: Schade, wir hätten die Abgasrückführung<br />
bevorzugt. Denn SCR ist aufwändiger.<br />
Da beißt die Maus keinen Faden<br />
ab. Das sehen wir bei unserem Euro<br />
5. Er braucht einen zusätzlichen AdBlue-<br />
Tank, muss mit AdBlue versorgt werden,<br />
für das wir Großgebinde-Container kaufen<br />
mussten. Gar nicht gerechnet die<br />
■ Hintergrund<br />
Berthold Barth<br />
Berthold Barth,<br />
Geschäftsführer<br />
der<br />
Spedition<br />
Barth in<br />
Burladingen<br />
Berthold Barth ist studierter Diplombetriebswirt<br />
und einer der drei Inhaber<br />
und Geschäftsführer der Spedition<br />
Barth in Burladingen. Er verantwortet<br />
dort unter anderem das Fuhrparkmanagement,<br />
Einkauf, Key Account Management<br />
sowie Personal.<br />
„Bei Ausschreibungen haben Transportunternehmer nur mit modernen LKW eine Chance“<br />
Kosten für einen Mitarbeiter, der den<br />
Verbrauch des Harnstoffs regelmäßig erfasst<br />
und das AdBlue nachbestellt. Diese<br />
Kosten zahlt uns kein Kunde.<br />
<strong>Altmannshofer</strong>: Nicht einmal der Staat<br />
gewährt den Unternehmern zinsverbilligte<br />
Darlehen oder steuerliche Anreize,<br />
wenn sie dank neuer Technologien die<br />
Umwelt schonen. Wahrscheinlich zahlen<br />
wir sogar drauf, wenn wir in eine noch<br />
nicht ausgereifte Technologie wie den<br />
Euro 5 investieren, weil das Fahrzeug<br />
häufiger in die Werkstatt muss. Deshalb<br />
haben wir uns dieses Jahr für den Euro 3<br />
und gegen den Euro 5 entschieden. Es<br />
will ja auch nicht jeder einen Daimler haben.<br />
Apropos, wann kommen eigentlich<br />
die anderen Hersteller mit ihren Euro-5-<br />
Fahrzeugen auf den Markt?<br />
Grünig: Auf der RAI in Amsterdam haben<br />
im Oktober alle Hersteller Euro-5-Lösungen<br />
präsentiert. DAF setzt in Europa auf<br />
SCR, ebenso Iveco. MAN und Scania bieten,<br />
wie gesagt, Euro 4 mit Abgasrückführung<br />
und Euro 5 zum Frühjahr oder<br />
Jahresende mit SCR an. Selbst Renault<br />
zeigte bereits einen Magnum mit 13-Liter-Motor,<br />
500 PS als Euro-5-Lösung mit<br />
SCR. Volvo bietet im Augenblick beide<br />
Lösungen: einerseits zwei Euro-4-Motoren<br />
mit Abgasrückführung, andererseits<br />
den neuen 13-Liter Sechszylinder-Motor<br />
durchgängig mit SCR. Und Scania setzt<br />
zu guter Letzt für seine Euro-4- und 5-<br />
Modelle bei den Sechs-Zylinder-Motoren<br />
auf Abgasrückführung und bei den<br />
Acht-Zylinder-Motoren auf SCR.<br />
■ Ist es angesichts dieser Neuerungen<br />
noch sinnvoll, in den Euro 4 zu investieren,<br />
wenn es schon den Euro 5 gibt?<br />
<strong>Altmannshofer</strong>: Für uns stand der Euro 4<br />
nie zur Debatte. Er kostet nicht nur 5000<br />
Euro mehr als der Euro 3, sondern verbraucht<br />
auch drei bis vier Prozent mehr<br />
Diesel als der Euro 3. Zudem hätten wir<br />
den Mautvorteil nur bis zum 30. September<br />
gehabt. Danach hätten wir genauso<br />
viel Maut wie für den Euro 3 gezahlt.<br />
Von Ulmenstein: Das hören wir auch von<br />
Ihren Branchenkollegen. Die meisten<br />
„Warum gewährt der Staat<br />
keine Fördermittel, wenn wir in<br />
ökologische LKW investieren?“<br />
überspringen den Euro 4 und kaufen<br />
gleich den Euro 5. Natürlich wegen der<br />
Mautersparnis. Aber es gibt auch viele<br />
Unternehmer wie Sie, die sich bewusst<br />
für den erprobten Euro 3 entscheiden,<br />
weil sie sich unter anderem niedrigere<br />
Wartungskosten versprechen. Transporteure<br />
rechnen heute genau nach,<br />
bevor sie sich für eine Variante entscheiden.<br />
■ Von welchen Kriterien sollte ein Unternehmer<br />
seine Entscheidung abhängig<br />
machen? Und wann ist der betriebswirtschaftlich<br />
sinnvollste Zeitpunkt in Euro-4oder<br />
Euro-5-LKW zu investieren?<br />
32 VerkehrsRundschau 45/2005 www.verkehrsrundschau.de
Von Ulmenstein: Zunächst zum idealen<br />
Zeitpunkt: Ich denke, dass sich Unternehmer<br />
heute weder von Maut- noch<br />
von Schadstoffdiskussionen drängen<br />
lassen, Investitionen zu tätigen. Sie beschaffen<br />
neue Fahrzeuge, wenn der alte<br />
Fuhrpark nicht mehr wirtschaftlich ist.<br />
So ist es auch bei der Euro-4/5-Diskussion.<br />
Größter Vorteil des Euro 5 ist, wie wir<br />
heute mehrmals betont haben, die niedrigere<br />
Maut. Sobald ein Unternehmer<br />
mehr als 50 Prozent auf der Autobahn<br />
unterwegs ist, lohnt sich dieses Fahrzeug.<br />
Denn der Nutzlastverlust von 220<br />
bis 300 Kilogramm durch SCR schlägt<br />
bei vielen Unternehmen kaum zu Buche.<br />
Ein interessanter Aspekt ist auch<br />
das Thema Innenstadtsperrung. Gut<br />
möglich, dass im Zuge der Feinstaubdiskussion<br />
der Euro 5 hier mittelfristig<br />
bessere Karten hat als der Euro 3.<br />
Grünig: Ihre Rechnung geht aber nur auf,<br />
wenn AdBlue so preisgünstig bleibt.<br />
Noch kostet die Harnstofflösung 40 bis 67<br />
Cent pro Liter. Was aber, wenn AdBlue<br />
teurer wird? Und danach sieht es aus.<br />
■ Müssen Transportunternehmer befürchten,<br />
auf diesen Mehrkosten sitzen zu<br />
bleiben, nur weil sie ökologisch handeln?<br />
Barth: Im Großen und Ganzen ist es unseren<br />
Kunden etwas wert, dass wir<br />
schadstoffärmere Fahrzeuge einsetzen<br />
und in unserem Fuhrpark deutsche Fahrer<br />
beschäftigen. Bislang haben wir weitgehend<br />
unsere Frachtpreise durchgesetzt.<br />
Sehen Sie sich doch die Internetsei-<br />
ten vieler Hersteller an. Immer mehr Unternehmen<br />
legen Wert auf Ökologie und<br />
eine ausgeglichene Ökobilanz.<br />
<strong>Altmannshofer</strong>: Einspruch! Wenn es um<br />
den Preis geht, ist es den meisten egal,<br />
mit welchem Fahrzeug ihre Ware befördert<br />
wird. Hauptsache der LKW hat vier<br />
Räder und einen Boden, auf den man die<br />
Ladung stellen kann. So sieht das Tagesgeschäft<br />
aus. Zusätzlich, da gebe ich<br />
Herrn Barth Recht, steigen die Anforderungen<br />
vieler Kunden, was Sicherheit,<br />
Umweltbewusstsein und Qualität angeht.<br />
Kein Transporteur erhält aber mehr<br />
Geld, weil er in ein umweltfreundliches<br />
Fahrzeuge investiert hat.<br />
Barth: Andererseits haben Speditionen<br />
bei Ausschreibungen keine Chance,<br />
wenn sie sich mit einem acht Jahre alten<br />
Euro-2-Fuhrpark bewerben. Um wettbewerbsfähig<br />
zu sein, brauchen Sie heute<br />
ein bestimmtes Niveau, zumal die Bundesregierung<br />
immer höhere umweltpolitische<br />
Ziele vorschreibt.<br />
„Sobald ein Unternehmer<br />
über 50 Prozent Autobahnanteil<br />
hat, lohnt sich der Euro 5“<br />
■ Was würden Sie schlussendlich Verkehrsdienstleistern<br />
raten, die jetzt vor der<br />
Entscheidung stehen: Sollten sie in einen<br />
Euro 3, Euro 4 oder Euro 5 investieren?<br />
Grünig: Zunächst sollte ein Unternehmer<br />
die Einsatzbedingungen seiner Fahrzeuge<br />
genau analysieren und den Anteil<br />
an Autobahnkilometern ermitteln. Danach<br />
sollte er die Kosten für den einzelnen<br />
LKW errechnen, ob mit Euro-3-, -4oder<br />
Euro-5-Motor. Anschließend sollte<br />
er für sich klären, welche Technologie er<br />
präferiert: Entweder die SCR-Technologie,<br />
die mehr Zusatzinvestitionen erfordert,<br />
aber inzwischen von fast allen Herstellern<br />
angeboten wird. Oder aber die<br />
innermotorische Abgasreduzierung, die<br />
weniger aufwändig ist, aber bislang nur<br />
von MAN und Scania angeboten wird.<br />
Mein Fazit: Ein Euro 5 lohnt sich auf alle<br />
Fälle für Unternehmer, die viel auf der<br />
Autobahn unterwegs sind. Durchsetzen<br />
wird sich zudem wahrscheinlich SCR,<br />
weil das AdBlue-Netz dichter wird.<br />
Management<br />
■ Hintergrund<br />
Gerhard Grünig<br />
Gerhard<br />
Grünig,<br />
Ingenieur für<br />
Fahrzeugtechnik<br />
und Fachjournalist<br />
Der diplomierte Fahrzeugtechnik-<br />
Ingenieur Gerhard Grünig hat sich<br />
auf die Themen Fahrzeugtest und<br />
-Technik spezialisiert und schreibt seit<br />
1992 regelmäßig für die Zeitschriften<br />
Trucker und VerkehrsRundschau.<br />
<strong>Altmannshofer</strong>: Dann bleibt mir nur ein<br />
Wunsch an die Hersteller: Wir wünschen<br />
uns ein technisch ausgereiftes<br />
Fahrzeug, das dank seiner Technologie<br />
leicht handhabbar und umweltfreundlich<br />
ist, insbesondere angesichts der aktuellen<br />
Feinstaubdiskussion. Wir haben<br />
nur eine Umwelt, die wir schonen müssen.<br />
Dieser Umweltschutz muss für<br />
Unternehmer aber bezahlbar bleiben<br />
und sollte deshalb von der Politik honoriert<br />
werden. Wir brauchen ja keine<br />
1000-Euro-Subvention, aber die eine<br />
oder andere Steuer- oder Mauterleichterung<br />
würde uns sehr helfen.<br />
Barth: Vergessen Sie nicht: Die Motoren<br />
aller Hersteller müssen biodieselfähig<br />
bleiben!<br />
Von Ulmenstein: Unser Wunsch an die<br />
Politik wäre es, dass die Weiterentwicklung<br />
im Bereich Schadstoffausstoß mit<br />
Augenmaß vorangetrieben wird. Technisch<br />
ist zwar viel möglich. Politiker sollten<br />
aber bedenken, zu welchen Mehrkosten<br />
ihre Entscheidungen führen können.<br />
Insbesondere für mittelständische<br />
Betriebe ist es wegen des Wettbewerbsdrucks<br />
sehr schwierig, in umweltfreundliche<br />
Technologien zu investieren, die<br />
ihnen kein Kunde zahlt. Um so wichtiger<br />
wäre es, wenn der Staat hier Fördermöglichkeiten<br />
schafft. ■<br />
VerkehrsRundschau 45/2005 33