Energetisch optimieren und simulieren - Energieausweis

APOSTROPHERL
Traurige Kuriositäten
Ausbildungsgänge und wohl auch
Erfolge werden in OECD-Ländern
nach der Internationalen
Standardklassifikation im Bildungswesen
(ISCED) beurteilt. Da gibt es sieben
Stufen, von 0 für Kindergarten bis 6 für
Doktorstudien mit zusätzlichen Abstufungen
A, B und C. Bei den Ziffern ist 6
die höchste Stufe, bei den Buchstaben
ist es umgekehrt, da ist A die höchste.
Nun zu den Kuriositäten. Die 4-jährige
Hauptschule ist in Stufe 2 und auch die
6-jährige Realschule, weil sie offenbar
auch im Alter von 10 Jahren beginnt.
Dafür ist das Polytechnische Jahr, klar
da ist ja Hauptschulabschluss Voraussetzung,
in Stufe 3. So wie übrigens
auch die folgende Lehre und, man lese
und staune, auch die AHS. Lediglich die
Buchstaben sind anders.
Die Entwicklung auf dem Sektor der
Bundesgewerbeschulen und HTLs ist
bekannt. Da gab es seinerzeit in Österreich
nur 1 Schule mit dem stolzen
Namen „Staatliche Akademie für Technik“,
die 5 Jahre dauerte bis dann die
HTL grundsätzlich der 5-jährigen Ausbildung
angepasst wurde. Etwas später
wurden für Lehrabsolventen und für
AHS-Absolventen die Sonderformen
eingeführt. Da wurde schon gefragt, ob
man den Maturanten in nur zwei Jahren
Kolleg das Rüstzeug für den Ingenieur
vermitteln kann. Es wurde manchmal
bezweifelt.
Das nur als Vorausgeschichte für die
nächste Kuriosität. Die HTL mit 5 Jah-
4 DER INGENIEUR 1|07
Bildungsexperten sind offenbar nicht imstande die in einer Ausbildungsstufe
vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten korrekt zu beurteilen.
Und so ist es üblich, Ausbildungsgänge nach Eintrittsbedingungen wie
Alter und Vorbildung und nach der Dauer zu bewerten. Bei den AHS
behilft man sich mit der Unterteilung in Unterstufe und Oberstufe,
bei den HTLs hat man, obwohl mehr als nur eine „Oberstufe“,
auf einen ähnlichen Trick verzichtet. Das verursacht Kuriositäten.
ren Dauer kommt in Stufe 4A wie auch
die HTL für Berufstätige und der Aufbaulehrgang.
Da fällt aber schon auf,
dass für Abendschulen 4 Jahre Dauer
ge rechnet werden, dass es also nicht auf
die Unterrichtseinheiten ankommt, sondern
einfach auf die „Jahre“. Dass sie
auch nur in „4“ sind ist wohl darauf zu -
rück zuführen, dass sie auch mit einer
Rei feprüfung enden, die sie zum Hoch -
schul besuch berechtigt. Viel mehr, vor
allem tertiäre Kenntnisse haben offenbar
die Kolleg-Absolventen, denn diese
sind bereits in Stufe 5! Übrigens auch
Bachelors, wenn auch mit Buchstabe A
statt B. Das wird uns bald nicht mehr
kratzen, denn wenn einmal Bachelorstudien
flächendeckend angeboten werden,
wird das Kolleg kaum noch frequentiert
werden.
Apostropherl hat nichts gegen Kolleg-
Absolventen und ehrt auch ganz gewiss
die Meister. Letzteren steht das auch be -
son ders zu, denn deren Ausbildung
führt ebenfalls in Stufe 5! Die Einstufung
wird abgeleitet von einer 14-jährigen
Ausbildungsdauer. Da ist die Be -
rufs schule mit 3 Jahren enthalten und
die Meisterschule mit 2. Diese 2 Jahre
sind, offenbar vom Alter her, wie eine
Hoch schule als tertiär bezeichnet. Liegt
das an der politisch stärkeren Vertretung
des Gewerbes? … fragt sich Apostropherl.
Interessant ist in der Klassifikation auch
die Anwendung der Mathematik. Absolventen
der HTL für Berufstätige, die
laut Tabelle 4 Jahre dauert und zum
Niveau 4 führt, kommen in der gleichen
Tabelle auf insgesamt 13 Ausbildungsjahre.
Das sind 4 Jahre Grundschule + 4
Jahre Hauptschule + 1 Jahr Politechnikum
+ 3 Jahre Berufsschule + 4 Jahre
HTL = 13 ? Vier Jahre HTL nach Lehrabschluss
zählen da nicht so viel wie
zwei Jahre Meisterschule, die ja, ebenfalls
nach Lehrabschluss, zum Niveau 5
führt. Es scheint, hier ist die Logik verbogen.
Liegt das vielleicht an der Praxiszeit,
die ein „Ingenieur“ zwar auch
nachweisen muss, aber erst nach der
Diplomprüfung?
In Ausbildungssystemen ist üblicherweise
Lehrpersonal ein oder zwei Stufen
höher ausgebildet als ihre Schüler
und Studenten. Undenkbar, dass ein
Lehrer mit Hauptschulabschluss, wenn
es einen solchen gäbe, in der AHS als
Professor unterrichtet. Selbstverständlich.
Wer aber unterrichtet in der tertiären
Meisterschule des Niveaus 5 und
nimmt die Meiserprüfung ab? In den
technischen Fächern sehr häufig ein
„Ingenieur“! Vom System her kurios,
von der Befähigung her aber berechtigt.
Und dennoch, irgend etwas stimmt da
nicht,
meint Ihr
Apostropherl