Ein Pflanzenmantel für ein ausgeglichenes Klima - Umweltberatung
Ein Pflanzenmantel für ein ausgeglichenes Klima - Umweltberatung
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„<strong>Ein</strong> <strong>Pflanzenmantel</strong> <strong>für</strong> <strong>ein</strong> <strong>ausgeglichenes</strong> <strong>Klima</strong>“<br />
<strong>Ein</strong> Leitfaden <strong>für</strong> die Fassadenbegrünung<br />
"die umweltberatung" Wien<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009
Impressum:<br />
Herausgeberin:<br />
-----------------------------------------------------------------<br />
"die umweltberatung" Wien<br />
Themenbereich Grünraum und Garten<br />
service@umweltberatung.at<br />
Buchengasse 77<br />
A-1110 Wien<br />
Tel.: +43/ 1/ 803 32 32<br />
Fax: +43/ 1/ 803 32 32 Fax DW 32<br />
www.umweltberatung.at<br />
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<strong>Ein</strong>e <strong>Ein</strong>richtung von Die Wiener Volkshochschulen GmbH<br />
Firmensitz: Wien | FN 304196y | Handelsgericht Wien<br />
Text:<br />
Gerda Hüfing<br />
Sophie Jäger-Katzmann<br />
Manfred Pendl<br />
Ingrid Tributsch<br />
Titelbild: © Joe Shoe ("dittmeyer"), Düsseldorf, Germany - wikipedia.de<br />
November 2009
Inhaltsverzeichnis<br />
1 <strong>Ein</strong>leitung ................................................................................................................................1<br />
1.1 Geschichtliche Entwicklung ________________________________________ 1<br />
1.2 Fassadenbegrünung- mehr als nur <strong>ein</strong>e grüne Fassade _________________ 2<br />
2 Vorteile der Fassadenbegrünung ..................................................................................... 3<br />
2.1 Verbesserung des Stadtklimas______________________________________ 4<br />
2.2 Schadstofffilter und Luftverbesserung _______________________________ 5<br />
2.3 Veränderung des Stadtbildes – Erhöhung der Lebensqualität ____________ 6<br />
2.4 Wichtige ökologische Funktion _____________________________________ 7<br />
2.5 Schutz des Gebäudes vor Witterungs<strong>ein</strong>flüssen _______________________ 8<br />
2.6 Windbrechung durch Fassadenbegrünung____________________________ 9<br />
2.7 <strong>Klima</strong>schutz-Beitrag_______________________________________________ 9<br />
2.8 Lärmminderung __________________________________________________ 9<br />
2.9 Ökonomische Vorteile ? __________________________________________ 10<br />
3 Nachteile der Fassadenbegrünung................................................................................ 11<br />
4 Kosten der Fassadenbegrünung .................................................................................... 12<br />
4.1 Kosten der Begrünung ___________________________________________ 12<br />
4.2 Kosten der Pflege________________________________________________ 12<br />
5 Pflanzenauswahl ................................................................................................................. 12<br />
5.1 Kletterformen ___________________________________________________ 13<br />
5.2 Bepflanzung ____________________________________________________ 14<br />
5.3 Pflege__________________________________________________________ 15<br />
6 Bautechnische Voraussetzungen................................................................................... 16<br />
6.1 Verschiedene Wandaufbauten und Baustoffe_________________________ 16<br />
6.2 <strong>Ein</strong>schränkungen bei der Begrünung _______________________________ 17<br />
6.3 Beschaffenheit von Kletterhilfen ___________________________________ 19<br />
6.4 Selbstbau von Klettergerüsten _____________________________________ 22<br />
6.5 Konstruktive Anforderungen an Kletterhilfen _________________________ 22<br />
6.6 Statik und Befestigung ___________________________________________ 22<br />
7 Bauschäden durch Fassadenbegrünung ..................................................................... 24<br />
7.1 Feuchte Wände durch Efeu?_______________________________________ 24<br />
7.2 Schäden an der Wandfarbe________________________________________ 25<br />
7.3 Weitere Bauschäden _____________________________________________ 25<br />
7.4 Probleme mit dem Herbstlaub _____________________________________ 25<br />
7.5 Durchwachsen von Dichtungsschichten _____________________________ 26<br />
7.6 Rostbildung und elektrolytische Korrosion __________________________ 26<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009
7.7 Schutzfunktion <strong>für</strong> die Wand? _____________________________________ 26<br />
7.8 Fazit ___________________________________________________________ 27<br />
8 Rechtliche Grundlagen und Rahmenbedingungen ................................................... 27<br />
8.1 Übersicht über Normen und Richtlinien in der Fassadenbegrünung ______ 28<br />
8.2 Gewährleistung bei Planung und Ausführung ________________________ 28<br />
8.3 Verbände in Europa ______________________________________________ 29<br />
8.4 Verband <strong>für</strong> Bauwerksbegrünung in Österreich _______________________ 29<br />
9 Checkliste: Planungs-Schritte zur optimalen Fassadenbegrünung ..................... 30<br />
10 Gestalterische Empfehlungen ......................................................................................... 31<br />
11 Best Practice Beispiele aus dem In- und Ausland..................................................... 32<br />
Die hängenden Gärten von Margareten____________________________________ 32<br />
Institut <strong>für</strong> Physik in Berlin Adlershof _____________________________________ 32<br />
Hundertwasserhaus in Wien_____________________________________________ 33<br />
Hauptschule Wolkersdorf im W<strong>ein</strong>viertel __________________________________ 33<br />
Vertikale Gärten - Patrick Blanc __________________________________________ 33<br />
12 Zusammenfassung ............................................................................................................. 35<br />
13 Literaturverzeichnis............................................................................................................ 36<br />
14 Linkliste ................................................................................................................................. 38<br />
15 Pflanzenliste <strong>für</strong> Fassadenbegrünungen...................................................................... 39<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009
1 <strong>Ein</strong>leitung<br />
1.1 Geschichtliche Entwicklung<br />
Die Verwendung von Kletterpflanzen hat weit zurückreichende Wurzeln. Schon im alten<br />
Ägypten und Babylonien wurde 4000-3500 v. Chr. Der Echte W<strong>ein</strong> Vitis vinifera kultiviert<br />
und die vermutlich älteste Beschreibung <strong>ein</strong>er W<strong>ein</strong>laube stammt von ca. 2600 v. Chr.<br />
Abbildung 1: Darstellung <strong>ein</strong>er W<strong>ein</strong>laube, Theben, 17. Jh. v.Ch.<br />
(Ausschnitt aus frei verfügbarem Bildmaterial Quelle: Wikipedia)<br />
Im antiken Griechenland wurden bereits auch andere Kletterpflanzen wie Efeu Hedera<br />
sp. oder Rosen gewählt. Von „bekleideten Hauswänden“ berichtet wahrsch<strong>ein</strong>lich<br />
erstmals der römische Staatsmann Plinius der Jüngere (61-113 n. Chr.). Seitdem finden<br />
sich mehr oder weniger kontinuierlich Zeugnisse über den <strong>Ein</strong>satz von Kletterpflanzen.<br />
Im 17. u. 18. Jahrhundert wurden viele neue Kletterpflanzen aus Nordamerika nach<br />
Europa <strong>ein</strong>geführt, wie z.B. der Wilde W<strong>ein</strong> Parthenocissus sp. und die<br />
Trompetenblume Campsis sp.<br />
Weitere Arten wie der Blauregen Wisteria sp. oder der Schlingknöterich Fallopia<br />
baldschuanica, kamen im 19. Jahrhundert aus Asien dazu. Ende des 19. Jh. war der<br />
<strong>Ein</strong>satz von Kletterpflanzen an Fassaden etwas Besonderes, das sich nur Wohlhabende<br />
leisten konnten. Demzufolge waren in erster Linie Villen, Gutshöfe und repräsentative<br />
Gebäude begrünt. Erfreute sich die Begrünung noch zu Beginn des 20. Jh.<br />
zunehmender Wertschätzung und Beachtung, so wurde jegliche Entwicklung mit dem 2.<br />
Weltkrieg unterbrochen. Erst zu Beginn der 80er Jahre begann man sich wieder<br />
intensiver mit der Thematik zu beschäftigen. Förderungen wurden hierzulande wie auch<br />
in Deutschland vergeben um vor allem die Städte ökologisch aufzuwerten. In der Praxis<br />
erfolgte dabei vielfach k<strong>ein</strong>e gute Abstimmung zwischen den zu begrünenden<br />
Gebäuden, den Kletterpflanzen und den technischen Hilfsmitteln. Die dadurch<br />
aufgetretenen Schäden und zusätzlichen Pflegearbeiten bremsten die anfängliche<br />
Begeisterung <strong>für</strong> begrünte Wände (Finke et. al. 2001).<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009
Die Fassadenbegrünung dient dem Schutz und der Verschönerung <strong>ein</strong>es Bauwerkes<br />
ebenso wie der Verbesserung gebauter Umwelt unter ökologischen Aspekten.<br />
Insbesondere bauphysikalische, lufthygienische und stadtökologische Wirkungen<br />
werden seit etwa 20 Jahren wissenschaftlich untersucht. Die bisherigen Ergebnisse<br />
belegen seit langem angenommen Positivwirkungen, allerdings in jeweils eher<br />
bescheidener Quantität. <strong>Ein</strong>e zusammenfassende Wertung der messbaren<br />
Positivwirkungen ergibt dennoch gute Gründe <strong>für</strong> <strong>ein</strong>e Fassadenbegrünung.<br />
Die Bedeutung im Rahmen von Wohnumfeldverbesserungen und Stadtentwicklung lässt<br />
sich ableiten. Diese ergibt sich aber auch aus der Tatsache, dass Großstadtbewohner<br />
mehrheitlich fehlendes Grün in ihrer Stadt bedauern.<br />
Der Prozess "Begrünung" kennt k<strong>ein</strong>e Fertigstellung sondern entwickelt sich nach der<br />
Bepflanzung über Vegetationsperioden hinweg. <strong>Ein</strong>e unbelebte Fassadengestaltung<br />
altert dagegen ab Fertigstellung der nächsten Renovierung entgegen. Manche neue<br />
Fassadenbegrünung wird erst die nächste Generation in <strong>ein</strong>em repräsentativen Zustand<br />
erleben. Die Ausführung sollte daher vorrangig Funktion und Dauerhaftigkeit, weniger<br />
aktuelle Designvorstellungen berücksichtigen. "Nachhaltigkeit" ist <strong>ein</strong> wichtiges<br />
Kriterium!<br />
Abbildung 2: Prächtiges Farbenspiel durch <strong>ein</strong>e<br />
Fassadenbegrünung (©Manfred Pendl)<br />
Dieser Leitfaden gibt <strong>ein</strong>en Überblick über<br />
die aktuelle Situation der<br />
Fassadenbegrünung, sowie fundierte<br />
Informationen zum Thema. In<br />
Zusammenarbeit mit den zuständigen<br />
AkteurInnen sind ökologische, technische<br />
und rechtliche Informationen übersichtlich<br />
dargestellt. Möglichkeiten und Wege der<br />
Umsetzung werden aufgezeigt und mit<br />
praktischen Tipps und Anregungen ergänzt.<br />
1.2 Fassadenbegrünung- mehr als nur <strong>ein</strong>e grüne Fassade<br />
Gerade im dicht verbauten Stadtgebiet bieten mit Kletterpflanzen begrünte Fassaden<br />
<strong>ein</strong>e Möglichkeit, Grünraum zu schaffen ohne viel Platz zu benötigen.<br />
Fassadenbegrünung bezeichnet die Begrünung vertikaler Flächen durch Pflanzen mit<br />
Bodenschluss. Wenn aufgrund der Höhe <strong>ein</strong>es Gebäudes <strong>ein</strong> Anschluss an den<br />
natürlichen Boden nicht möglich ist, kann <strong>ein</strong>e spezielle Pflanzstelle in Gefäßen oder<br />
Trögen als Hilfsmittel <strong>ein</strong>gesetzt werden.<br />
Neben dem optischen Effekt gibt es <strong>ein</strong>e Vielzahl weiterer positiver Auswirkungen auf<br />
Mensch, Tier und Umwelt. Grünraum in der Vertikalen filtert gesundheitsschädliche<br />
Stoffe, bietet Lebensraum <strong>für</strong> Tiere und Pflanzen, verbessert das Kl<strong>ein</strong>klima und wirkt<br />
positiv auf die Psyche des Menschen.<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009<br />
2
Bei Kletterpflanzen werden zwei Gruppen unterschieden. Die <strong>ein</strong>e Gruppe benötigt<br />
Rank- und Kletterhilfen, wie z.B. Clematis, Kletterrosen oder Blauregen. Die zweite<br />
große Gruppe der „Selbstklimmer“ klettert mithilfe von Haftscheiben an Mauern und<br />
Wänden empor. Dazu gehören der Wilde W<strong>ein</strong> und der immergrüne Efeu (genauere<br />
Details siehe Kapitel Pflanzenauswahl).<br />
Die entscheidende Vorarbeit zur Begrünung <strong>ein</strong>er Fassade ist die Abklärung der<br />
Standortbedingungen, da Kletterpflanzen unterschiedliche Ansprüche an ihren Standort<br />
stellen und dadurch die Auswahl der Pflanzen bestimmt wird. Weiters gilt es zu<br />
entscheiden, ob man immergrüne Pflanzen wie den Efeu oder sommergrüne Pflanzen<br />
wie Clematis oder Veitschi bevorzugt. An sonnigen geschützten Mauern können auch<br />
Apfel- oder Birnbäume als Spalier gezogen werden (vgl. WUA, Handbuch Stadtnatur,<br />
2008). Weiters ist die Beschaffenheit der Fassade ausschlaggebend <strong>für</strong> <strong>ein</strong>e mögliche<br />
Begrünung.<br />
2 Vorteile der Fassadenbegrünung<br />
<strong>Ein</strong>e begrünte Fassade bringt zahlreiche Vorteile. Diese positiven Effekte werden<br />
nachfolgend beschrieben.<br />
Abbildung 3: Die Vorteile <strong>ein</strong>er Fassadenbegrünung auf <strong>ein</strong>en Blick.<br />
©Ökologische Aspekte und Nachhaltigkeit" aus dem Vortrag zur RoBau, Rostock, 8.98<br />
� Verbesserung des Stadtklima<br />
� Schadstofffilter und Luftverbesserung<br />
� Veränderung des Stadtbildes – Erhöhung der Lebensqualität<br />
� Wichtige ökologische Funktionen<br />
� Schutz des Gebäudes vor Witterungs<strong>ein</strong>flüssen<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009<br />
3
� Windbrechung an der Fassade und in der Straße<br />
� <strong>Klima</strong>schutzbeitrag<br />
� Lärmminderung<br />
� Ökonomischer Vorteil ?<br />
Die Wirkung von Fassadenbegrünungen ist immer mit der Pflanzenmasse<br />
gekoppelt. Großflächige Begrünungen bieten die besten Schatten-, Verdunstungs-<br />
und Lebensraumfunktionen.<br />
2.1 Verbesserung des Stadtklimas<br />
<strong>Ein</strong>e begrünte Fassade wirkt sich positiv auf das Raumklima der angrenzend liegenden<br />
Wohnräume aus, denn die Verdunstungsleistung der Pflanzenschicht sorgt im Sommer<br />
<strong>für</strong> Kühlung. Indem sich die Begrünung wie <strong>ein</strong> Schatten spendender kühler Mantel über<br />
die Objektoberfläche legt, vermindert sie den „Backofeneffekt“ über der Stadt und trägt<br />
so zur Verbesserung des Stadtklimas bei.<br />
Abbildung 4: <strong>Ein</strong>fluss <strong>ein</strong>er großflächigen (Fassaden)Begrünung auf die Luftqualität<br />
und -bewegung (©http://de.wikipedia.org/wiki/Bauwerksbegünung)<br />
Die Verdunstungskühlung hängt von der Wasserversorgung ab. Beim Versuch in Berlin-<br />
Adlershof konnten etwa 200 l pro etwa 1m² großen und etwa 40 cm tiefen Pflanzboxen<br />
innerhalb der Vegetationsperiode verdunstet werden (Reichmann, 2006; Schmidt,<br />
2006).<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009<br />
4
2.2 Schadstofffilter und Luftverbesserung<br />
Die natürliche Verdunstung und die damit verbundene Erhöhung der Luftfeuchtigkeit<br />
durch die Pflanzen führen zu <strong>ein</strong>er erhöhten Staubbindung über der Fassade.<br />
Schadstoffe werden dadurch gebunden und in der Pflanzendecke deponiert. Dies führt<br />
zu <strong>ein</strong>er erheblichen Verbesserung der Luftqualität. Die Photosyntheseleistung der<br />
Vegetation <strong>ein</strong>er begrünten Fassade sorgt <strong>für</strong> <strong>ein</strong>e Verbesserung der Luftqualität. Durch<br />
die Adsorption (Bindung von Stoffen) von Kohlendioxid, Sauerstoffanreicherung durch<br />
Photosynthese und Staubbindung wird das Kl<strong>ein</strong>klima auf der grünen Hausmauer<br />
positiv be<strong>ein</strong>flusst.<br />
Abbildung 5: Immergrüner Efeu als<br />
„Staubschlucker“ (©Manfred Pendl)<br />
Manfred Thönnessen, Universität zu Köln,<br />
Geographisches Institut, Forschungsgruppe<br />
Fassadenbegrünung sagt dazu: „Jede Reduktion<br />
der Windgeschwindigkeit geht mit <strong>ein</strong>er Erhöhung<br />
der (F<strong>ein</strong>-)Staubkonzentration in der Luft <strong>ein</strong>her.<br />
Im Spannungsfeld zwischen der Staubfilterung<br />
durch die Blätter auf der <strong>ein</strong>en und der<br />
Veränderung des Windfeldes auf der anderen<br />
Seite liegt noch entscheidender Forschungsbedarf.<br />
Da Fassadenbegrünungen die Durchlüftung nicht<br />
minimieren, können sie, gerade in engen Straßen<br />
und an Lärmschutzwänden, <strong>ein</strong> sinnvolles urbanes<br />
Grünelement darstellen. So bietet die aktuelle<br />
F<strong>ein</strong>staubdiskussion durch die sinnvolle und<br />
gezielte Integration verschiedener Grünelemente<br />
auch die Chance der Verknüpfung urbaner<br />
Immissionsschutzmaßnahmen mit bürgernaher<br />
Wohnumfeldverbesserung.“<br />
Modellrechnung <strong>für</strong> <strong>ein</strong> Berliner Innenstadtgebiet: Wären alle möglichen<br />
Fassadenflächen mit Kletterpflanzen bewachsen, dann hätte etwa 4% des<br />
Jahresstaubniederschlags auf den Blättern gesammelt werden können.<br />
(Immissionsdaten von Mitte der 1980er). Gleiches wäre auch mit Straßenbäumen<br />
erreichbar (Köhler et al., 1993). Seitdem haben sich die Staubkomponenten hin zum<br />
F<strong>ein</strong>staub verschoben, das heißt weniger aber toxischer (Ottele, 2008, in Druck).<br />
Schwermetallbindungen sind ebenso zu erwähnen. Wilder W<strong>ein</strong> und Efeu können<br />
erstaunlich gut mit Schwermetall Immissionen in Städten umgehen. Sie zeigen k<strong>ein</strong>e auf<br />
Schwermetall zurückzuführenden Nekrosen (Köhler et al. 1993). Blei ist aus den<br />
Immissionen weitgehend eliminiert. Andere Komponenten wie z.B. Edelmetalle<br />
gewinnen an Bedeutung (Köhler, 2008).<br />
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5
2.3 Veränderung des Stadtbildes – Erhöhung der Lebensqualität<br />
Pflanzen weisen <strong>ein</strong>e gesundheitsfördernde Wirkung auf. Bereits der Blick auf Pflanzen<br />
erzeugt positive emotionale Gefühle und wirkt auf den Menschen entspannend,<br />
leistungsfördernd und steigert das Wohlbefinden. Insofern profitieren beispielsweise<br />
Krankenhäuser in Großstädten von Gründächern, weil sie <strong>für</strong> Patienten mit Blick auf<br />
diese Grünfläche gesundheitsfördernd wirken.<br />
Abbildung 6: Unbegrünte und begrünte Fassade im Vergleich (©Manfred Pendl)<br />
Zusätzlich bieten begrünte Fassaden, die genutzt werden können, <strong>für</strong> Patienten die<br />
Möglichkeit sich dort aufzuhalten und durch die positive Wirkung der Natur schneller zu<br />
genesen, wodurch sich die Aufenthaltsdauer in den Krankenanstalten verkürzt.<br />
Begrünte Hausmauern bieten <strong>ein</strong>e Möglichkeit die Natur zurück in die Stadt zu holen<br />
und fördern dadurch die Beziehung zwischen Mensch und Natur.<br />
Abbildung 7: Begrünte Objekte mit Mauerkatze und Efeu,<br />
bzw. nur mit Mauerkatze – schön und gut <strong>für</strong> das Gemüt (©Manfred Pendl)<br />
Das jahreszeitliche Farbenspiel <strong>ein</strong>er bepflanzten Fläche erfreut das menschliche Auge.<br />
Fassadenbegrünungen bilden dabei k<strong>ein</strong>e Ausnahme. Der Blick aus dem Büro- oder<br />
Wohnungsfenster auf <strong>ein</strong>e begrünte Fassadenfläche ist definitiv <strong>ein</strong> willkommener<br />
Ausgleich zum Grau der Stadt, belebt und entspannt. Leider fehlt noch <strong>ein</strong>en<br />
umfassende Studie, die sich ausschließlich der Fassadenbegrünung widmet. Messbar<br />
sind Reduzierung von Blutdruck und weniger Schmerzmedikamente bei Patienten<br />
(Veladre et al., 2008; Sherman et al., 2005). Koshimizu & Lee (2007) haben diese<br />
Wirkung am Beispiel von Dachgärten in Japan untersucht.<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009<br />
6
2.4 Wichtige ökologische Funktion<br />
Besonders in städtischen, stark versiegelten Bereichen, kann durch die<br />
Fassadenbegrünung der Tier- und Pflanzenwelt <strong>ein</strong> Stück natürlicher Lebensraum<br />
zurückgegeben werden. <strong>Ein</strong>e ganze Reihe von Wärme liebenden, Baum lebenden und<br />
synanthropen (Anpassung <strong>ein</strong>er Tier- oder Pflanzenart an den menschlichen<br />
Siedlungsbereich) Arten aus den Gruppen der Vögel, Spinnen und Käfer lassen sich in<br />
begrünten Fassaden nachweisen (Köhler, 1988).<br />
Gleichzeitig ist es <strong>ein</strong>e Möglichkeit Grünflächen zu schaffen und damit der starken<br />
Versiegelung der Städte entgegen zu wirken. In Österreich gehen durch Versiegelung<br />
pro Tag zwischen 15 und 25 ha an nutzbarem Boden verloren. Daher ist jede neu<br />
entstehende Grünfläche <strong>ein</strong> Gewinn und besonders <strong>für</strong> Insekten wie Schmetterlinge und<br />
Wildbienen von großem Nutzen. Schmetterlinge können im Herbst an den Blüten des<br />
Efeus saugen, Erzeugung von Biomasse (Kompostierung des Falllaubs) - Förderung<br />
des natürlichen Stoffkreislaufes.<br />
Trittst<strong>ein</strong>- und Brückenfunktion im<br />
Sinne des Biotop-Verbunds zu<br />
anderen Stadt-Biotopen, wie Parks,<br />
Grünanlagen und anderen<br />
Landschaftselementen. Lebensraum<br />
<strong>für</strong> Vögel (Nist- und Schlafplätze,<br />
Zuflucht, Nahrungsangebot) entsteht.<br />
Fassadenbegrünungen leisten außerdem<br />
<strong>ein</strong>en wichtigen Beitrag zum Naturschutz,<br />
da sie als Lebensraum <strong>für</strong> viele Tiere,<br />
darunter auch Rote-Liste Arten, dienen.<br />
Abbildung 8: Klettergerüst mit Vogelnest (©Jäger-Katzmann).<br />
Sowohl Zugvögel, die über Herbst und Winter in wärmere Länder fortziehen, als auch<br />
Standvögel, die ganzjährig in unseren heimatlichen Gefilden zu Hause sind, kommen<br />
gerne auch bis in die st<strong>ein</strong>erne Enge der Großstadt, wenn sie hier die ihnen<br />
zusagenden Lebensbedingungen vorfinden. Neben künstlichen Nisthilfen sind es<br />
insbesondere dicht bewachsene Fassaden, in denen die gefiederten Gäste gerne<br />
wohnen. Hier finden sie ihren Nistplatz, Schutz, Nestbaumaterial und Nahrung. So<br />
können Mücken, Fliegen und andere Plagegeister nicht überhandnehmen. Dichter<br />
Bewuchs aus Kletter-, Schling- und Rankgehölzen, wie Efeu, Wilder W<strong>ein</strong>,<br />
Jelängerjelieber und Blauregen, auch heimische Waldrebe, Hopfen und Geißblatt bieten<br />
ideale Nistmöglichkeiten. Hecken- und Freibrüter, zuweilen auch Boden- und<br />
Halbhöhlenbrüter wählen als Nistplatz gerne "Häuser mit <strong>ein</strong>em grünen Pelz".<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009<br />
7
Im Laub- und Astwerk des Rankbewuchses nisten gerne:<br />
Amsel<br />
Turdus merula<br />
Grünfink<br />
Carduelis chloris<br />
Zaunkönig<br />
Troglodytes<br />
troglodytes<br />
Gelbspötter<br />
Hippolais icterina<br />
Heckenbraunelle<br />
Carduelis chloris<br />
Girlitz<br />
Serinus serinus<br />
Klappergrasmücke<br />
Sylvia curruca<br />
Im Rankbewuchs in Verbindung mit Wandnischen finden wir:<br />
Gartenrotschwanz<br />
Phoenicurus<br />
phoenicurus<br />
Grauschnäpper<br />
Musicapa striata<br />
Abbildung 9: Potentielle Brutvögel in Fassadenbegrünungen<br />
Hausrotschwanz<br />
Phoenicurus<br />
ochruros<br />
Grauschnäpper<br />
Musicapa striata<br />
Singdrossel<br />
Turdus<br />
philomelos<br />
Haussperling,<br />
Spatz Passer<br />
domesticus<br />
Die oben genannten Vogelarten sind nur <strong>ein</strong>e Auswahl, natürlich können sich auch<br />
andere Arten an bewachsenen Hausfassaden finden!<br />
Verhalten, Lebensabläufe und Eigenheiten der Vogelarten, die gerne in<br />
Fassadenbewuchs ihre Nester bauen und hier ihren Lebensraum haben, sind im Sinne<br />
des gesetzlichen Artenschutzes unbedingt zu beachten, bevor am Gebäude<br />
Baumaßnahmen durchgeführt werden. Auch beim Rückschnitt des<br />
Fassadenbewuchses muss auf Vogelnester geachtet werden.<br />
2.5 Schutz des Gebäudes vor Witterungs<strong>ein</strong>flüssen<br />
Die Fassadenoberfläche ist aufgrund der exponierten Lage durch die jahreszeitlich<br />
bedingten Temperaturunterschiede extremen Temperaturschwankungen ausgesetzt.<br />
Die Pflanzen schützen das Gebäude im Sommer vor Erwärmung durch die<br />
Sonnen<strong>ein</strong>strahlung, ebenso schützen sie vor Wärmeverlusten im Winter durch<br />
Windbelastungen.<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009<br />
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Messungen an Efeu bei strahlungsreichen, austauscharmen Standorten haben<br />
zwischen Außenblättern und Wandoberfläche <strong>ein</strong>en Temperaturunterschied im Winter<br />
von bis zu 3°C ergeben. Im Sommer ergaben sich tagsüber ähnliche Größenordnungen<br />
(Bartfelder and Köhler 1987 and Köhler 2005). Holm (1989) verglich in Südafrika<br />
Innenraum- und Außenraumtemperaturen. Ohne Begrünung schwankten die Werte<br />
zwischen 10 und 30 Grad, mit Begrünung zwischen 12 und 27 Grad.<br />
Die Belastungen durch Winddruck, Schlagregen, Frost und Sonnenlicht werden deutlich<br />
gemindert.<br />
2.6 Windbrechung durch Fassadenbegrünung<br />
Es kommt zu <strong>ein</strong>er Minderung von Windturbulenzen im Straßenraum und im<br />
unmittelbaren Gebäudebereich. In der Literatur ist darüber noch wenig publiziert, daher<br />
wird dieser Punkt auch nicht näher erläutert. Der Grundsatz, dass raue Oberflächen die<br />
Windgeschwindigkeiten bremsen, wird hier als<br />
allgem<strong>ein</strong> gültiger Ansatz betrachtet.<br />
2.7 <strong>Klima</strong>schutz-Beitrag<br />
Durch die Begrünung von Häusern wird<br />
besonders stark versiegeltes Gebiet um <strong>ein</strong>e<br />
wertvolle CO2-„Senkung“ bereichert. Durch die<br />
Photosynthese der Pflanzen wird CO2<br />
gebunden, was letztlich dem Treibhauseffekt<br />
entgegenwirkt und somit auch <strong>ein</strong>en Beitrag<br />
zum <strong>Klima</strong>schutz leistet. In Zeiten des<br />
merklichen Temperaturanstiegs als Folge des<br />
<strong>Klima</strong>wandels können grüne Fassaden<br />
zusätzlich durch ihren Kühlungseffekt zur<br />
Milderung der Auswirkung des <strong>Klima</strong>wandels<br />
beitragen.<br />
Grüne Fassaden sind also nicht nur schön anzusehen,<br />
sondern leisten auch ihren Dienst an Umwelt und<br />
Gesundheit.<br />
Abbildung 10: <strong>Ein</strong> Veitschi-Mantel als Wetterschutz (©Manfred Pendl)<br />
2.8 Lärmminderung<br />
Die Pflanzenschicht absorbiert als „weiche“ Oberfläche die Schallwellen und verringert<br />
somit die Lärmentwicklung im städtischen Bereich. Auch die höhere Masse des Aufbaus<br />
bewirkt <strong>ein</strong>e effektivere Schalldämpfung. So werden Geräusche von Schlagregen,<br />
Hagel oder Flugzeuglärm „verschluckt“. Dadurch wird die Wohnqualität im Gebäude<br />
erhöht. Minderungen von bis zu 5 dB(A) (Efeu) und 2-3 dB(A) (Rubus oder Fallopia)<br />
können im Rahmen verschiedener Faktoren möglich s<strong>ein</strong>. Ebenso wird die Frequenz<br />
der reflektierten Töne geändert (Bastian u Schreiber 1999; Buchta 1984). Rentgerhem<br />
et al. (2006) untersuchten mittels Rechenmodellen Lärmausbreitung in<br />
Straßenschluchten und stellten fest, dass die Fassadenstruktur von großer Bedeutung<br />
ist.<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009<br />
9
2.9 Ökonomische Vorteile ?<br />
Grüne Fassaden wirken wärmedämmend und entlasten so den Geldbeutel. Von<br />
Pflanzen geschützte Hauswände erwärmen sich im Hochsommer auf maximal 30°C,<br />
ungeschützte Fassaden können bis zu 60°C erreichen. Im Winter bleiben geschützte<br />
Fassaden als <strong>ein</strong>e Art „ökologische“ Wärmedämmung um bis zu 5°C wärmer als kahle<br />
Oberflächen (Quelle: www.immobilien.net, Dez. 2008). Das gilt nur <strong>für</strong> immergrüne<br />
Pflanzen wie den Efeu. <strong>Ein</strong>e grüne Fassade spart Heizkosten und schont das<br />
Baumaterial durch geringere Temperaturschwankungen, zudem schützen die Pflanzen<br />
die Mauer vor Witterungs<strong>ein</strong>flüssen.<br />
In Abhängigkeit des Gebäudetyps kann bis zu 25% Energie-<strong>Ein</strong>sparung erzielt werden<br />
(Minke 1983). In <strong>ein</strong>er neueren Studie aus Griechenland wird der klimatisch<br />
Dämpfungsfaktor von begrünten Fassaden ebenfalls gemessen. Die Autoren<br />
Eumorfopoulou & Kontoleon (2008) halten sich aber zurück, <strong>ein</strong>e verallgem<strong>ein</strong>erbare<br />
Zahl dieses Effektes zu nennen.<br />
T. Brandw<strong>ein</strong> sagt zur Wärmedämmung auf <strong>ein</strong>er Tagung über „Vertikale Gärten“ in<br />
Parma am 23.05.08: „Zum Beispiel findet man in der Literatur Angaben bis hin zu 50%<br />
Energieersparnis durch begrünte Fassaden. Das mag <strong>für</strong> <strong>ein</strong>e beheizte oder<br />
klimatisierte Wellblechhütte gelten, trifft aber nicht auf Neubauten in Westeuropa zu, die<br />
den gesetzlichen Anforderungen des Energieschutzes entsprechen. In Deutschland<br />
dürften 5% Minderung der Wärmeverluste auf immergrün bewachsenen<br />
Fassadenflächen häufig schon viel s<strong>ein</strong>, wobei zu berücksichtigen ist, dass die<br />
begrünbaren (fensterlosen) Außenwandflächen nur <strong>ein</strong>en relativ geringen Anteil der<br />
Wärmeverluste <strong>ein</strong>es Gebäudes ausmachen. Selbst bei älteren Bauwerken mit<br />
schlechterer Wärmedämmung sind daher nur bis ca. 3% Heizkostenersparnis durch<br />
Fassadenbegrünung erzielbar. <strong>Ein</strong> Kostenvorteil entstünde daraus bestenfalls, wenn die<br />
Schnittmaßnahmen am notwendigerweise vollflächigen immergrünen<br />
Fassadenbewuchs in kostenloser Eigenleistung durchgeführt werden können. Schon die<br />
Anmietung <strong>ein</strong>er Hubarbeitsbühne kostet mehr als durch Fassadenbegrünung<br />
üblicherweise an jährlichen Heizkosten <strong>ein</strong>gespart werden kann.“<br />
<strong>Ein</strong> Heizkostenersparnis wegen Wärmedämmung liegt nach M<strong>ein</strong>ung von<br />
fassadengruen.de - wenn überhaupt - im Bereich unter 2 - 3 %. Hauptsächlich ist es der<br />
auskühlende Wind, der durch wintergrüne Blätter von Efeu gemindert wird. An<br />
Südwänden relativiert sich der Effekt, weil auch die in der Wärmebilanz positive,<br />
winterliche Aufheizung der Wand an Sonnentagen wegen des Bewuchses<br />
ausgeschlossen ist (Quelle: www.fassadengruen.de, Dez. 2008).<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 10
3 Nachteile der Fassadenbegrünung<br />
Neben den vielen schon beschriebenen Vorteilen gibt es natürlich auch Nachteile. Dazu<br />
gehören vor allem die Kosten und der Aufwand <strong>für</strong> Erhalt und Pflege. Abhängig von der<br />
Pflanzenart fallen unterschiedliche Kosten an. Obstspaliere brauchen regelmäßigen<br />
fachkundigen Schnitt, während andere Kletterpflanzen nur in Zaum gehalten werden<br />
müssen. Erhalt und Pflege der Pflanzen kann vor allem in Miethäusern zum Problem<br />
werden.<br />
Zurückschneiden der Pflanzen ist nicht nur wegen möglicher Nachbarschaftskonflikte<br />
nötig, es muss auch darauf geachtet werden, dass Kletterpflanzen z.B. nicht in die<br />
Dachrinne wachsen oder Fenster überwuchern. Durch die negativ phototropen<br />
Wuchseigenschaften von <strong>ein</strong>igen Kletterpflanzen, das heißt sie wachsen vom Licht weg<br />
in schattige Bereiche, können Triebe Fensterbretter oder Rollladen-Kästen oder<br />
Dachtraufen unterwachsen. Mit ihrem anschließenden Dickenwachstum können die<br />
Triebe lockere Teile absprengen und auch Dachziegel anheben.<br />
Vorurteile bezüglich Fassadenbegrünungen gibt es viele. Dazu gehören die Zerstörung<br />
der Fassade und das vermehrte Auftreten von Insekten oder Kl<strong>ein</strong>nagern. An intakten<br />
Fassaden richten Kletterpflanzen k<strong>ein</strong>e Schäden an. Putzflächen müssen <strong>ein</strong>wandfrei<br />
und ohne Risse s<strong>ein</strong>, damit Haftorgane der Pflanze nicht in das Mauerwerk <strong>ein</strong>dringen<br />
können. Vorsicht geboten sei beispielsweise, wenn selbstklimmende Pflanzen an<br />
Häuser mit bröckelndem Putz empor ranken sollen.<br />
Sehr alt, aber inzwischen widerlegt ist die Behauptung, Kletterpflanzen wie Efeu würden<br />
durch ihre Wurzeln direkt Feuchtigkeit in die Wände bringen. Schon zu Beginn des 20.<br />
Jahrhunderts wurden diesbezüglich Befragungen zur Schädlichkeit von Efeubewuchs<br />
angestellt. Das Ergebnis fiel zugunsten des Efeus aus, es wurde sogar <strong>ein</strong>e schützende<br />
und die Lebensdauer des Wandputzes verlängernde Wirkung der Blätterwand<br />
nachgewiesen. Ist der Verputz weitgehend rissfrei und auch sonst in Ordnung, wären<br />
k<strong>ein</strong>e Schäden zu be<strong>für</strong>chten. <strong>Ein</strong>e Durchfeuchtung der Wände durch die Pflanzen als<br />
solche konnte nicht nachgewiesen werden (www.fassadengruen.de, Dez. 2008).<br />
Fassadenbegrünungen können den Frieden mit der Nachbarschaft gefährden, wenn die<br />
Pflanzen auf die benachbarten Außenwände wachsen. Typische Mängel und Schäden<br />
an begrünten Fassaden werden im Kapitel „Probleme mit Kletterpflanzen“ behandelt.<br />
Wurzelkletterer und Haftscheibenranker hinterlassen auf Oberflächen Spuren, die nur<br />
mühsam mittels abflammen oder mit Drahtbürsten entfernt werden können, daher<br />
sollten diese nur <strong>für</strong> länger gedachte Begrünungen <strong>ein</strong>gesetzt werden.<br />
Zwei Regeln sind aber laut Experten immer <strong>ein</strong>zuhalten: Wenn <strong>ein</strong>e Fassade<br />
begrünt werden soll, muss sie in Ordnung s<strong>ein</strong>.<br />
Oberhalb der Traufe, also im Dachbereich, hat Grün im Normalfall nichts zu<br />
suchen.<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 11
4 Kosten der Fassadenbegrünung<br />
Die langfristigen und zusätzlichen ökonomischen Vorteile <strong>für</strong> die Betriebskosten bzw. <strong>für</strong><br />
den Wert des Gebäudes sind wenig bekannt, werden kaum berechnet und sind nicht<br />
leicht in Geldbeträgen darstellbar. Die Erreichung der Ziele der Fassadenbegrünung wie<br />
gestalterische und ökologische Verbesserung von Gebäuden wird nur durch <strong>ein</strong>e<br />
fachgerechte Ausführung und Pflege erreicht.<br />
4.1 Kosten der Begrünung<br />
Für die Begrünung selbst können k<strong>ein</strong>e genauen Kostenangaben gemacht werden.<br />
Diese sind abhängig von der gewählten Pflanzenart, dem davon abhängigen<br />
Klettergerüst (wenn Gerüstkletterpflanze), der Dimension und dem gewählten Werkstoff<br />
des Klettergerüstes und den Montagekosten. <strong>Ein</strong>e Begrünung mit Selbstklimmern ist<br />
zunächst die kostengünstigste Form der Begrünung..<br />
4.2 Kosten der Pflege<br />
<strong>Ein</strong>e dauerhafte Funktionsfähigkeit der Fassadenbegrünung wird jedoch nur durch die<br />
richtige Pflege sichergestellt. Gerade Efeu oder Wilder W<strong>ein</strong> werden sehr groß und<br />
müssen unbedingt in Zaum gehalten werden. Der Pflegeaufwand kann bei großen<br />
Kletterpflanzen sehr hoch werden, da auch die Kosten <strong>für</strong> die Anmietung <strong>ein</strong>er<br />
Hubarbeitsbühne berücksichtigt werden müssen.<br />
Über den Aufwand und die anfallenden Kosten der Pflege muss bereits in der<br />
Planungsphase ausreichend informiert werden, ebenso über die Auswirkungen bzw.<br />
Folgeschäden bei <strong>ein</strong>er Vernachlässigung der regelmäßigen Pflege. Zusätzlich sollen<br />
die Kosten und Folgekosten bei Schäden aufgezeigt werden.<br />
5 Pflanzenauswahl<br />
Vor der Pflanzung von Kletterpflanzen sollten folgende Punkte beachtet werden: Für die<br />
Wahl der Pflanzen sind Standortansprüche, Kletterform und Wuchsverhalten sowie<br />
Blatt-, Blüten- und Fruchtschmuck von Bedeutung.<br />
Sommergrüne Arten<br />
Im Sommer halten sommergrüne Pflanzen die Sonnenstrahlen ab, nach dem<br />
Laubabwurf können die wärmenden Strahlen wieder ungehindert auf die Mauer wirken.<br />
Südmauern können so im Sommer vor allzu großer Aufheizung geschützt werden und<br />
im Winter kann die Sonne voll wirken.<br />
Immergrüne Arten<br />
Immergrüne Arten tragen das ganze Jahr Laub, daher wird Efeu häufig zur Begrünung<br />
von Fassaden <strong>ein</strong>gesetzt. Mauern können so auch im Winter vor Kälte geschützt<br />
werden, z.B. nach Norden, wo durch die Begrünung k<strong>ein</strong>e wärmende<br />
Sonnen<strong>ein</strong>strahlung abgehalten wird.<br />
Je nach Pflanzenart kann die maximale Wuchshöhe zwischen 1,5 und 20 m<br />
schwanken. Der durchschnittliche Jahreszuwachs beträgt bei schwach wachsenden<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 12
Arten etwa 25 - 50 cm, bei mittelstark wachsenden Arten 50 - 100 cm und bei stark<br />
wachsenden Arten 100 - 200 cm. Extreme Jahreszuwächse von bis ca. 6 m sind bei der<br />
heimische Waldrebe und dem Knöterich möglich! Bedenken Sie bei der Auswahl, wie<br />
viel Fläche der Pflanze zur Verfügung steht.<br />
5.1 Kletterformen<br />
Die Kletterform ist von ausschlaggebender Bedeutung. Grundsätzlich werden<br />
Selbstklimmer (selbstkletternde Kletterpflanzen) und auf Kletterhilfen angewiesene<br />
„Gerüstkletterpflanzen“ unterschieden.<br />
Selbstklimmer<br />
Sie klettern mit Hilfe von Haftwurzeln oder Haftscheiben und benötigen k<strong>ein</strong>e<br />
Kletterhilfe. Vor allem der immergrüne<br />
Efeu und der sommergrüne, im Herbst<br />
wunderschön bunte Wilde W<strong>ein</strong> werden<br />
häufig zur Fassadenbegrünung<br />
<strong>ein</strong>gesetzt. Durch anfängliches Anbinden<br />
kann ihnen nach der Pflanzung der<br />
Aufstieg an <strong>ein</strong>er Fassade erleichtert<br />
werden. An Betonwänden oder besonders<br />
glatten Flächen kann es zu Problemen<br />
kommen. In solchen Fällen sollten<br />
Kletterhilfen angebracht werden, wobei<br />
<strong>ein</strong>e waagrechte Drahtbespannung in<br />
Abständen von 60 - 80 cm (Wandabstand<br />
5 - 10 cm) genügt.<br />
Abbildung 11: Mit Wildem W<strong>ein</strong> begrünte Fassade in<br />
Wien Margareten (©Manfred Pendl)<br />
Gerüstkletterpflanzen<br />
Je nach Kletterform lassen sich Schlinger, Ranker und Spreizklimmer unterscheiden.<br />
Schlinger wie z.B. Geißblatt, Hopfen, Winde oder Knöterich<br />
klettern durch windende bzw. schlingende Bewegungen ihrer<br />
Triebe und sind dabei auf eher dünne, senkrecht geführte<br />
Kletterhilfen angewiesen. Auch viele <strong>ein</strong>jährige Kletterpflanzen<br />
wie Trichterwinde, Feuerbohne und Schwarzäugige Susanne<br />
gehören zu den Schlingpflanzen.<br />
Abbildung 12: Prunkwinde (Ipomoea / Pharbitissp (©Manfred Pendl).<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 13
Abbildung 13: Waldrebe (Clematis vitalba) mit<br />
Maschendrahtzaun als Kletterhilfe (©Manfred Pendl).<br />
Abbildung 14: Zartwüchsige u. starkwüchsige Kletterrose mit<br />
Klettergerüst (©Jäger-Katzmann u. ©Manfred Pendl ).<br />
5.2 Bepflanzung<br />
Abbildung 15: Stützstab als Leithilfe (Quelle: www.munlv.nrw.de)<br />
Ranker wie z.B. Clematis, Wald- und W<strong>ein</strong>rebe<br />
bilden spezielle Greiforgane (Sprossranken oder<br />
Blattstielranken) aus, mit denen sie sich bei<br />
Berührungsreiz an der Kletterhilfe festhalten. Sie<br />
klettern an waagrecht, senkrecht und diagonal<br />
verlaufenden Stützen hoch, d.h. gitterartige<br />
Kletterhilfen sind <strong>für</strong> sie besonders gut geeignet.<br />
Spreizklimmer wie z.B.<br />
Kletterrosen und Winterjasmin<br />
sind eigentlich k<strong>ein</strong>e<br />
Kletterpflanzen, weil sie sich mit<br />
Seitentrieben, Stacheln oder<br />
Hakensprossen an der Unterlage<br />
anklammern und verspreizen.<br />
Bei mehrjährigen Kletterpflanzen sollte der<br />
Boden vor der Pflanzung tiefgründig gelockert<br />
und dann mit Komposterde aufgebessert<br />
werden. <strong>Ein</strong>e Drainageschicht aus Kies<br />
zuunterst im Pflanzloch oder dem Pflanztopf<br />
verhindert Staunässe. Der Pflanzabstand zu<br />
den Wänden sollte 20-40 cm betragen. Die<br />
Pflanze wird mit <strong>ein</strong>em Stab zum Gerüst<br />
geleitet.<br />
<strong>Ein</strong>jährige Arten benötigen ca. 15-20 cm<br />
Bodentiefe, mehrjährige 30-60 cm. Pflanzzeit ist<br />
im Frühling, bei Ballenware auch noch im<br />
Sommer. Für die Wahl der Pflanzen sind die<br />
Faktoren Substratstärke und deren<br />
Wasserspeicherwirkung, Fassadeneigung,<br />
Windexposition, Himmelsrichtung, Beschattung<br />
und regionale/lokale Niederschlagsmenge<br />
entscheidend.<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 14
Wenn das direkte <strong>Ein</strong>pflanzen in die Erde nicht möglich ist, können Kletterpflanzen auch<br />
in Kübel oder Kästen gesetzt werden. Dies stellt aber immer nur <strong>ein</strong>e Notlösung dar, da<br />
Trockenheit, Staunässe und Durchfrieren hier Probleme bereiten können.<br />
Im Anhang findet sich <strong>ein</strong>e Liste der Kletterpflanzen mit ihren Eigenschaften. Bei<br />
Kombinationen mehrerer Arten sollte auf die gleiche Wuchsfreudigkeit geachtet werden,<br />
da sonst schnellwüchsige Arten dominieren. Mischpflanzungen können entweder<br />
durchmischt oder verschiedene Arten abschnittsweise gepflanzt werden. Es ist auf<br />
jeden Fall auf entsprechende Abstände der Pflanzen zu<strong>ein</strong>ander zu achten. Kriterien bei<br />
der Auswahl sind u. a. attraktive Blüten (Rosen, Blauregen), angenehmer Duft<br />
(Jelängerjelieber), auffällige (Waldrebe) oder wohlschmeckende Früchte (Kiwi), bunte<br />
Laubverfärbung (Wilder W<strong>ein</strong>, Kletter-Hortensie) und schöne Belaubung (z.B.<br />
Pfeifenwinde, Rosa Strahlengriffel). Zur Bepflanzung siehe auch Kapitel gestalterische<br />
Empfehlungen.<br />
5.3 Pflege<br />
Die Pflege von Kletterpflanzen teilt sich in die Entwicklungspflege, die der Erzielung<br />
<strong>ein</strong>es funktionsfähigen Zustandes dient und die laufende Unterhaltspflege. Folgende<br />
Punkte müssen berücksichtigt werden:<br />
� Bewässern (ist in der Anwuchsphase in jedem Fall regelmäßig durchzuführen)<br />
� Düngen nach Bedarf mit organischem Dünger<br />
� Kontrolle der Kletterhilfen hinsichtlich Verkehrssicherheit und Funktion<br />
� Anbinden der Pflanzen<br />
� Schnittmaßnahmen<br />
Bei Pflanztrögen und Töpfen muss ganz besonders darauf geachtet werden, dass die<br />
Erde nicht austrocknet, an heißen Sommertagen muss täglich gegossen werden.<br />
Die Schnitthäufigkeit ist abhängig von der Pflanze und dient entweder der Blütenbildung<br />
oder der Regulierung des Wuchses. Mehrjährige Kletterpflanzen, die an den<br />
diesjährigen Trieben blühen wie das Geißblatt, werden im Spätwinter<br />
zurückgeschnitten. Kletterer, die an den vorjährigen Trieben blühen wie der Blauregen,<br />
werden gleich nach der Blüte zurückgeschnitten. Bei Kletterrosen werden die<br />
Seitentriebe auf 2-3 Knospen gekürzt. Bei nichtblühenden Arten muss im Frühjahr <strong>ein</strong><br />
Regulierungsschnitt durchgeführt werden, um sie in Zaum zu halten. Beim Schnitt ist<br />
auf brütende Vögel zu achten.<br />
Spalierobst benötigt deutlich mehr fachkundige Pflege als Kletterer, die nur in Zaum<br />
gehalten werden müssen.<br />
Beträchtliche Pflegekosten können entstehen, wenn Efeu oder Wilder W<strong>ein</strong> in großer<br />
Höhe durch Hubarbeitsgeräte geschnitten werden müssen. Fenster müssen in jedem<br />
Fall frei von Kletterpflanzen gehalten werden. Hoher Aufwand entsteht auch durch das<br />
Entfernen von Haftorganen an Holzfensterrahmen oder Verkleidungen.<br />
Bei der Ausschreibung von Pflegemaßnahmen gibt es als Vorlage <strong>ein</strong> Formblatt mit<br />
Hinweisen zur Pflege und Wartung nach der Abnahme in der FLL- Richtlinie <strong>für</strong><br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 15
Planung, Ausführung und Pflege von Fassadenbegrünungen mit Kletterpflanzen. Dieses<br />
Formblatt rät zu folgenden Maßnahmen:<br />
Wasserversorgung, Nährstoffversorgung, Schnittmaßnahmen (Rückschnitt,<br />
Ausdünnung), Stäben und Anbinden der Pflanzen, Nachpflanzen bei Fehlbeständen,<br />
Pflanzenschutzmaßnahmen, Beseitigen von Unrat und Ergänzen von Boden/Substrat.<br />
Darüber hinaus muss die Funktions- und Leistungsfähigkeit der technischen<br />
<strong>Ein</strong>richtungen regelmäßig überprüft und gewartet werden, z.B. Kontrolle der<br />
Befestigungspunkte und Spannschlösser.<br />
6 Bautechnische Voraussetzungen<br />
Um <strong>ein</strong>e ansprechende und länger bestehende Symbiose aus Gebäude, Pflanze und<br />
Gerüst zu schaffen, müssen alle ausführungsrelevanten Kriterien berücksichtigt werden<br />
wie Beschaffenheit der Fassade, Auswahl des Befestigungsprinzips und<br />
Pflanzenauswahl.<br />
Vorrausetzung <strong>für</strong> <strong>ein</strong>e erfolgreiche Begrünung sind intakte Mauern ohne Risse,<br />
ausreichende Tragfähigkeit der Wand und die Möglichkeit die Triebe regelmäßig<br />
zurückzuschneiden. Bei Wärmedämmverbundsystemen ist die Tragfähigkeit nicht<br />
immer gegeben.<br />
Die zu begrünende Fassade ist hinsichtlich ihrer Eignung <strong>für</strong> die vorgesehenen<br />
Kletterpflanzen sowie <strong>für</strong> Art und Befestigung der vorgesehenen Kletterhilfen zu<br />
beurteilen. Fassaden sind zu prüfen, ob sie mit Selbstklimmern begrünt werden können<br />
oder welche Befestigungsmöglichkeiten <strong>für</strong> Gerüstkletterpflanzen angebracht werden<br />
können.<br />
Zu glatte Oberflächen können Selbstklimmer nicht emporranken. Kletterpflanzen wie<br />
Efeu, Clematis und Wilder W<strong>ein</strong>, können bei rissigen Fassaden Probleme verursachen.<br />
Ungeschnitten wachsen die Triebe immer weiter und drängen in Zwischenräume,<br />
Holzverkleidungen, zwischen Putz und Ziegelwerk sowie in Dachrinnen <strong>ein</strong>. Daher muss<br />
die Fassade <strong>für</strong> <strong>ein</strong>e Begrünung durch selbstkletternde Pflanzen auf jeden Fall in sehr<br />
gutem Zustand s<strong>ein</strong>.<br />
6.1 Verschiedene Wandaufbauten und Baustoffe<br />
Nach Statik, Tragkonstruktion und bauphysikalischer Funktion können Wandbauweisen<br />
nach ihrer Eignung <strong>für</strong> Begrünungen nach der FLL Richtlinie <strong>für</strong> die Planung,<br />
Ausführung und Pflege von Fassadenbegrünungen mit Kletterpflanzen (2000) in zehn<br />
Fassadentypen unterteilt werden.<br />
� Bei Betonwänden treten in der Regel k<strong>ein</strong>e statischen Probleme auf.<br />
Temperaturbedingte Fugenbewegungen sind zu beachten.<br />
� Mauerwerksfassaden, die z.B. aus Ziegel, Betonst<strong>ein</strong>, Kalksandst<strong>ein</strong> oder<br />
Naturst<strong>ein</strong> bestehen, können <strong>ein</strong>schalig oder zweischalig aufgebaut s<strong>ein</strong>. Bei<br />
<strong>ein</strong>schaligen Mauerwerksfassaden übernimmt das sichtbare Mauerwerk die<br />
tragende Funktion. Bei zweischaligem Mauerwerk muss im Regelfall die<br />
Verankerung in der tragenden Unterkonstruktion befestigt werden.<br />
�<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 16
� Fassaden mit aufgemörtelten Fliesen und Platten haben häufig<br />
Spannungsrisse, die zu Feuchtschäden führen können. Selbstklimmer dürfen<br />
deshalb nur nach <strong>ein</strong>er gründlichen Voruntersuchung, bei der bauphysikalische<br />
Mängel ausgeschlossen wurden, verwendet werden.<br />
� Bei Putzfassaden ist je nach Baustoffen und Putzweise im <strong>Ein</strong>zelfall zu<br />
überprüfen, ob und wie tief verankert werden kann. Putzschäden (Blasen,<br />
Beulen, hohler Klang) müssen vorher untersucht werden. Für Selbstklimmer<br />
muss die Tragfähigkeit der Deckschicht statisch überprüft werden.<br />
� Bei Wärmedämmverbundsystemen muss die Verankerung im Untergrund<br />
erfolgen und das gesamte Dämmsystem durchdringen. Um Rissbildungen und<br />
Druckbelastung auf der Dämmschale zu vermeiden, müssen die Halterungen<br />
schubfest und biegesteif montiert werden. Schlecht wärmeleitende Materialien<br />
(z.B. Nirosta) sind zur Wärmebrückenvermeidung zu bevorzugen.<br />
� Nicht hinterlüftete Fassaden mit Beschichtung begrenzen je nach<br />
Tragfähigkeit und chemischer Zusammensetzung der Beschichtung (z.B.<br />
hydrophob, algizid oder fungizid) die Begrünung mit Selbstklimmern.<br />
� Bei vorgehängten, hinterlüfteten Fassaden ist je nach Fassadenbekleidung zu<br />
prüfen, ob Verankerungen möglich sind. Selbstklimmer sind wegen der Gefahr<br />
des Hinterwachsens bei den meisten Materialien ungeeignet.<br />
� Bauweisen mit Fertigteilen (Sandwichelemente) sind im <strong>Ein</strong>zelfall statisch zu<br />
überprüfen.<br />
� Bei Ständer- und traditionellen Fachwerksbauweisen haben die<br />
Ausfachungen k<strong>ein</strong>e statische Funktion. Daher ist sowohl das Anbringen von<br />
Ankern als auch das Begrünen mit Selbstklimmern problematisch. Vor allem bei<br />
traditionellen Fachwerksbauten sind aus Holzschutzgründen leichte, gut<br />
durchlüftete Begrünungen mit abmontierbaren Kletterhilfen <strong>ein</strong>e Alternative (z.B.<br />
Kletterrosen, Clematis-Hybriden).<br />
6.2 <strong>Ein</strong>schränkungen bei der Begrünung<br />
<strong>Ein</strong>schränkungen in Abhängigkeit von Höhe, Gestaltung und Nutzung der<br />
Fassade<br />
Mit Kletterpflanzen lassen sich Fassaden bis zu <strong>ein</strong>er Höhe von ca. acht Stockwerken<br />
begrünen. Das entspricht etwa 24 Metern. Höhere Gebäude können teilweise über<br />
Balkone und Loggien oder vom Dach herabhängende Pflanzen gestaltet werden. Die<br />
Gestaltung der Fassade kann die Begrünung beschränken, so beispielsweise,<br />
transparente Elemente (Fensterbänder), künstlerische Gestaltungen, dekorierte oder mit<br />
Werbeflächen versehene Fassaden, regelmäßig zu r<strong>ein</strong>igende oder denkmalgeschützte<br />
Fassaden.<br />
Als Alternative oder Ergänzung zu Kletterhilfen an Fassaden können <strong>für</strong> kl<strong>ein</strong>räumige<br />
Effekte freistehende Rankanlagen, Zäune oder im Handel erhältliche Fertigbausätze<br />
den Fassaden vorgestellt werden.<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 17
<strong>Ein</strong>schränkungen in Abhängigkeit von Standortfaktoren<br />
Bei Begrünungen nahe an Hauswänden/Bauwerken ist auf geeignete Böden und<br />
Substrate sowie auf ausreichende Wasserversorgung und Versickerung zu achten. <strong>Ein</strong>e<br />
Bodenverbesserung bzw. <strong>ein</strong> Substrataustausch sowie <strong>ein</strong>e pflanzenspezifisch<br />
ausreichende Dimensionierung des durchwurzelbaren Raumes erhöhen den Erfolg der<br />
Begrünungsmaßnahmen. <strong>Ein</strong> <strong>ein</strong>geengter Durchwurzelungsraum kann das potentielle<br />
Wachstum um 60 bis 80% verringern (FLL, 2000, S. 33).<br />
Windexponierte Lagen sind mechanischen Wirkungen, Zuwachsminderungen,<br />
Austrocknung, Frostschäden und Windwurf ausgesetzt. Auf die Dimensionierung der<br />
Kletterhilfen und ordnungsgemäßen Pflegemaßnahmen ist verstärkt Augenmerk zu<br />
legen.<br />
In Schattenlagen kann <strong>ein</strong>e Fassadenbegrünung nur mit vollschattenverträglichen<br />
Pflanzen in <strong>ein</strong>em vergleichsweise längeren Zeitraum erfolgen.<br />
Regenschattenlagen (k<strong>ein</strong> direkter Regen) und wasserdurchlässige Böden müssen<br />
durch Bewässerung oder Wasserversorgung durch benachbarte versiegelte Flächen<br />
und durch <strong>Ein</strong>bringen von wasserspeichernden Stoffen berücksichtigt werden.<br />
Fassaden in südexponierten Lagen, spiegelnde Fassadenteile sowie dunkle<br />
Vollwärmeschutzfassaden können durch Rückstrahlung und Aufheizung das<br />
Pflanzenwachstum be<strong>ein</strong>trächtigen.<br />
Pflanzentoxische Holz- und Fassadenschutzmittel sowie Luftschadstoffe (z.B. bei<br />
Entlüftungsanlagen) können Schäden an Pflanzen verursachen.<br />
<strong>Ein</strong>schränkungen durch Baustoffe, Baumängel und pflanzenbedingte Schäden<br />
<strong>Ein</strong>ige Oberflächen sollten nicht mit Selbstklimmern begrünt werden. Dies sind z.B.<br />
ständig feuchtebelastete Mauerflächen, rissige Mauerwerke, Flächen mit Fugen, rissige<br />
Putze, schadhafte Betonteile, Fachwerk, Holzoberflächen, Schindeln, kl<strong>ein</strong>teilige<br />
Oberflächenbeschichtungen, Oberflächen, die regelmäßig erneuert oder gestrichen<br />
werden müssen, Wärmedämmverbundsysteme mit Luftporen oder organischer<br />
Abschlussbeschichtung, beschichtetes Metall, polierte, kalkgebundene St<strong>ein</strong>flächen.<br />
Ungeeignet <strong>für</strong> Selbstklimmer sind außerdem Oberflächen, die über 42°C aufheizen<br />
(z.B. Metalle in Sonnenlagen), hydrophobierende Oberflächen, stark sandende<br />
Oberflächen, frischer Beton, kunststoffhaltige Beschichtungen sanierter Flächen,<br />
Glasflächen sowie Oberflächen mit Schalenbildung (FLL, 2000, S. 36).<br />
Pflanzenbedingte Schäden treten nur dann auf, wenn Pflanzeneigenschaften nicht auf<br />
Bauwerkseigenschaften abgestimmt wurden, z.B. Absprengen/Zerquetschen von<br />
Dachrinnen und Fallrohren von Blauregen (Wisteria) oder Durchwurzelung filmbildender<br />
Beschichtungen durch Efeu.<br />
<strong>Ein</strong>schränkungen bei feuchten Mauern<br />
Entgegen der M<strong>ein</strong>ung, bewachsene Fassaden führen zu feuchten Mauern, wird von<br />
ExpertInnen Folgendes propagiert: Durch die Wasseraufnahme der Pflanzen wird der in<br />
unmittelbarer Umgebung befindliche Boden entwässert und somit feuchtem Mauerwerk<br />
entgegengewirkt (Quelle: wohnnet.at; 1.12.2008). Allerdings beseitigen Begrünungen<br />
nicht die Ursachen <strong>für</strong> Bauwerksschäden durch Feuchtigkeit und Frostsprengung. <strong>Ein</strong>e<br />
Sanierung von Bauwerksschäden vor der Begrünung ist deshalb unbedingt anzuraten<br />
(Drainagierung, schadhafte Putzteile erneuern und Risse beseitigen, Dachrinnen<br />
anbringen usw.).<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 18
6.3 Beschaffenheit von Kletterhilfen<br />
Je nach gewünschter Kletterpflanzenart ist <strong>ein</strong>e Kletterhilfe notwendig. <strong>Ein</strong>e Rankhilfe<br />
ist idealerweise entsprechend den Kletterstrategien und Wuchsmerkmalen rankender<br />
Pflanzen konstruiert. Schlingende Arten (Blauregen, Geißblatt oder Knöterich)<br />
bevorzugen senkrechte Hilfen (Abstand zur Wand ca. 20-30 cm). Spreizklimmer<br />
(Winterjasmin, Kletterrose) brauchen vor allem waagrechte Hilfen (max. Abstand<br />
zwischen Kletterhilfen 40 cm). Dabei sollte vor allem die aktive Rankenlänge und die<br />
Wüchsigkeit berücksichtigt werden. Gute (artgerecht angepasste) Rankhilfen sind meist<br />
weniger als Kletterhilfe <strong>für</strong> Schlingpflanzen, Spreizklimmer und selbstklimmende<br />
Kletterpflanzen geeignet. Rankende Arten (W<strong>ein</strong>rebe, Duftwicke, etc.) gedeihen am<br />
besten an waag- und senkrechten Latten oder Drähten bzw. an Metallgittern. Bei der<br />
Wahl der Verankerung, der Drahtdicke und Lattenstärke ist das Eigengewicht der<br />
Pflanze zu berücksichtigen.<br />
Materialien <strong>für</strong> Klettergerüste<br />
Fassadenpflanzen können <strong>ein</strong> sehr hohes Alter erreichen. Daher müssen Kletterhilfen<br />
stabil und langlebig gebaut s<strong>ein</strong>. Befestigungselemente müssen auf den<br />
Verankerungsgrund und die Kletterhilfe abgestimmt s<strong>ein</strong>. Die spezifischen Ansprüche<br />
der Pflanzen, Gestaltung, Struktur, Farbe,<br />
Dauerhaftigkeit, Wartungsaufwand, Kosten<br />
und Pflanzenverträglichkeit sind zu<br />
berücksichtigen. Als Konstruktionsmaterial<br />
werden Holz, Metall, Kunststoffe,<br />
Verbundwerkstoffe und Glasfaser verwendet.<br />
Bei der Auswahl der Holzarten ist die<br />
vorgesehen Nutzungsdauer zu beachten.<br />
Metallkonstruktionen sind sehr funktional, das<br />
Nachweisen <strong>ein</strong>es ausreichenden<br />
Korrosionsschutzes ist notwendig. Kletterhilfen<br />
aus Kunststoffen und Verbundwerkstoffen<br />
müssen UV- beständig s<strong>ein</strong> und ausreichende<br />
mechanische Eigenschaften unter<br />
Berücksichtigung der Last-, Temperatur-,<br />
Witterungs- und Licht<strong>ein</strong>flüsse haben.<br />
Abbildung 16: Begrünung durch Gerüstkletterpflanzen (©biotekt.de)<br />
Holz<br />
Holz ist <strong>ein</strong> sehr pflanzenfreundliches Material und lässt sich leicht verarbeiten und mit<br />
anderen Materialien kombinieren. <strong>Ein</strong> großer Nachteil im Vergleich zu anderen<br />
Werkstoffen ist die kurze Lebenszeit von etwa 25-30 Jahren je nach Holzart. Mit<br />
abnehmendem Querschnitt lassen sich bestimmte Konstruktionen schwieriger<br />
realisieren und die Belastbarkeit nimmt ab. Holzschutzmittel müssen laut FFL vom<br />
Deutschen Institut <strong>für</strong> Bautechnik zugelassen s<strong>ein</strong>, dies gilt auch analog <strong>für</strong> Österreich.<br />
Aus statischen Gründen ist <strong>ein</strong> gewisser Mindestumfang der verwendeten Elemente<br />
nötig. Das steht jedoch im Missverhältnis zu den Ansprüchen der meisten kletternden<br />
Arten, denen es schlicht unmöglich ist sich an solchen "Hilfen" festzuhalten. Die<br />
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Bezeichnung "Rankelement" ist irreführend, Holz kommt grundsätzlich nur <strong>für</strong><br />
Spreizklimmer (Rosen & Co), Spalierpflanzen und große Schlinger in Frage, k<strong>ein</strong>esfalls<br />
<strong>für</strong> Ranker.<br />
Abbildung17: Begrünung durch Holzklettergerüst (©Jäger-Katzmann)<br />
Metall<br />
Kletterhilfen, Seilkonstruktionen und Befestigungsmittel aus Metall müssen<br />
korrosionsgeschützt s<strong>ein</strong>. Klettergerüste aus Metall sind sehr funktional.<br />
<strong>Ein</strong>jährige oder kl<strong>ein</strong>e mehrjährige Kletterpflanzen können gut mit Drahtseilen (verzinkt<br />
oder kunststoffummantelt, ~3,8 mm Durchmesser) befestigt werden:<br />
Vorteil: + Gut haltbar<br />
+ Freie Gestaltungsmöglichkeiten<br />
+ Sehr niedrige Investition<br />
Nachteil: - Durch Ummantelung <strong>ein</strong>geschränkt recyclingfähig<br />
- Wärmeleitfähigkeit, Gefahr von Wachstumsstörungen<br />
Verzinkte Drahtseile / Edelstahldrahtseile (Geeignet im Durchmesser von 4-5 mm):<br />
Vorteil: + Nahezu unverwüstlich und sehr haltbar<br />
+ Sehr gute Gestaltungsmöglichkeiten<br />
+ Gute Recyclingeigenschaften<br />
+ Geringe bis mittlere Anfangsinvestition<br />
+ Mittleres Gewicht<br />
Nachteil: - Im unbewachsenen Zustand nicht gerade dekorativ<br />
- Hohe Wärmeleitfähigkeit, Gefahr von Wachstumsstörungen<br />
- Hoher Energieaufwand bei der Herstellung<br />
- In Kombination mit anderen Metallen elektrochemische Korrosion*<br />
* Vorsicht bei der Materialwahl von Verankerungssystemen!<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 20
Edelstahl-Elemente<br />
Sehr lange Haltbarkeit, großes Gewicht, teuer.<br />
Vorteil: + Unverwüstlich und sehr haltbar<br />
+ Gute Recyclingeigenschaften<br />
+ Gute Gestaltungsmöglichkeiten<br />
Nachteil: - In Kombination mit anderen Metallen elektrochemische Korrosion*<br />
- Aufwendig zu verarbeiten<br />
- Sehr hohes Gewicht<br />
- Hohe Wärmeleitfähigkeit, Gefahr von Wachstumsstörungen<br />
- Hoher Energieaufwand bei der Herstellung<br />
- Hohe Anfangsinvestition, auf (sehr) lange Sicht Folgekosten bezüglich<br />
Instandhaltung <strong>ein</strong>zurechnen<br />
Verzinkte Metallgitter<br />
Diese sind schnell moniert und stellen gerade <strong>für</strong> Ranker <strong>ein</strong>e sehr gute Lösung dar.<br />
Kunststoffseile<br />
Günstige Variante vor allem <strong>für</strong> Schlingpflanzen, die <strong>ein</strong>en größeren<br />
Stützendurchmesser benötigen:<br />
Vorteil: + Geringes Gewicht<br />
+ Geringe Wärmeleitfähigkeit, temperaturbedingte Wachstumsstörungen<br />
ausgeschlossen<br />
+ K<strong>ein</strong>e Korrosionsablagerungen (wie z.B. Rost)<br />
+ Fertigung unter geringem Energie<strong>ein</strong>satz<br />
+ In praktisch allen Farben (durchgefärbt) erhältlich<br />
+ <strong>Ein</strong>fache Verarbeitung, gute Gestaltungsmöglichkeiten<br />
+ Geringe Anfangsinvestition<br />
Nachteil: - Dehnung der Seile möglich, unter Umständen nachspannen nötig<br />
- Im dauerhaft unbewachsenen Zustand Gefahr von <strong>ein</strong>setzender<br />
Sprödigkeit, kaum UV-stabil<br />
- Schlechte Recyclingeigenschaften, weil Mehrfachverbundstoff<br />
Glasfaserverstärkter Kunststoff<br />
Sehr haltbar und vor allem leicht, aber auch teurer als andere Werkstoffe.<br />
Vorteil: +Geringes Gewicht, GFK ist 25% leichter als Aluminium<br />
+ Dauerelastisch bei hoher Steifigkeit<br />
+ Geringe Wärmeleitfähigkeit, temperaturbedingte Wachstumsstörungen<br />
sind ausgeschlossen<br />
+ K<strong>ein</strong>e Korrosionsablagerungen (wie z.B. Rost)<br />
+ Fertigung unter geringem Energie<strong>ein</strong>satz<br />
+ In praktisch allen Farben (durchgefärbt) erhältlich<br />
+ <strong>Ein</strong>fache Verarbeitung, gute Gestaltungsmöglichkeiten<br />
+ Enorme Haltbarkeit, kaum Folgekosten zu erwarten<br />
Nachteil - Schlechte Recyclingeigenschaften, weil Mehrfachverbundstoff<br />
- Hohe Anfangsinvestition<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 21
6.4 Selbstbau von Klettergerüsten<br />
Für begabte Handwerker ist es durchaus machbar, die Fassadenbegrünungen im<br />
Eigenbau umzusetzen. Die Wiener Umweltanwaltschaft hat im Handbuch Stadtnatur<br />
<strong>ein</strong>e Arbeitsanleitung zur Fassadenbegrünung erarbeitet:<br />
http://wua-wien.at/home/naturschutz-und-stadtoekologie/handbuch-stadtnatur<br />
6.5 Konstruktive Anforderungen an Kletterhilfen<br />
In Abhängigkeit der Kletterform der Pflanze werden unterschiedliche Kletterhilfen<br />
benötigt. Folgende Tabelle (entnommen aus FLL 2000, S.29) bietet darüber <strong>ein</strong>en<br />
Überblick:<br />
Abbildung 18: Konstruktive Anforderungen in Abhängigkeit von der Kletterform (©FLL 2000).<br />
Wandabstand der Kletterhilfe<br />
Der Wandabstand der Kletterhilfe sollte mindestens 2 cm mehr betragen, als der größte<br />
zu erwartende Triebdurchmesser in der jeweiligen Höhe. Bei Arten mit dünnen Trieben<br />
(z.B. Akebia, Clematis-Hybriden, Lonicera) sind dies mindestens 10 cm, bei Arten mit<br />
dickeren Trieben (z.B. Actinidia arguta, Aristolochia, Vitis) oder besonderem<br />
Pflegeaufwand (z.B. Rosen) mindestens 15 cm und bei starkwüchsigen Kletterpflanzen<br />
unter optimalen Wachstumsbedingungen (z.B. Celastrus, Wisteria) mindestens 20 cm.<br />
6.6 Statik und Befestigung<br />
Begrünungen mit Stützgerüst benötigen statische Berechnungen. Daher muss <strong>für</strong> die<br />
Planung der Fassadenbegrünung die maximale Lastannahme der Fassade bekannt<br />
s<strong>ein</strong>. Erst dann kann die Begrünungsart entschieden und umgesetzt werden.<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 22
� Bei der Begrünung sind verschiedene statische Aspekte zu berücksichtigen:<br />
Vertikallasten durch das Gewicht von Kletterhilfen und Befestigungsmitteln<br />
� Vertikallasten durch das Gewicht von Bewuchs unter Berücksichtigung von<br />
Nässe, Schnee- und Eislast<br />
� Horizontallasten durch Wind sowie Druck- und Zugkräfte durch Spannungen von<br />
Kletterhilfen aufgrund witterungsbedingter <strong>Ein</strong>flüsse und/oder Dickenwachstum<br />
Vertikallasten sind die Gewichte aller Komponenten. Das Gewicht der Kletterhilfen und<br />
Befestigungsmittel kann beim Hersteller erfragt oder berechnet werden. Für die<br />
Ermittlung der Pflanzengewichte stehen Tabellen zur Verfügung (siehe FLL, 2000, S.<br />
42). Diese schwanken zwischen 5 kg/m² (Menispermum/Mondsame) und 814 kg/m²<br />
(Wisteria) Holzgewicht <strong>ein</strong>er Pflanze. Dazu kommen noch 5 kg/m² Laubgewicht.<br />
Niederschlag bewirkt <strong>ein</strong>e deutliche weitere Erhöhung des Laubgewichtes.<br />
Horizontallasten entstehen vor allem durch Winddruck, aber auch durch Schnee- und<br />
Eislasten. Bei Verankerungen sind diese Querkräfte zu berücksichtigen. Steife<br />
Kletterhilfen müssen horizontal mindestes ebenso tragfähig befestigt werden wie<br />
vertikal. Biegsame Kletterhilfen wie Seile und Stäbe sind hoher Belastung in vertikaler<br />
Richtung ausgesetzt. Windlasten können durch Schnittmaßnahmen reduziert werden.<br />
Zusätzliche Lastannahmen durch Windereignisse und Schneelasten<br />
Folgende Tabelle gibt <strong>ein</strong>en Überblick über das Flächengewicht <strong>ein</strong>iger häufig<br />
verwendeter Kletterpflanzen. Schneelasten und Lasten durch Nässe wurden<br />
berücksichtigt.<br />
Pflanzenart Flächengewicht<br />
Efeu Hedera sp. 26-50 kg/m²<br />
Kletter- Hortensie Hydrangea sp. 13-15 kg/m²<br />
Spindelstrauch Euonymus sp. 26-50 kg/m²<br />
Trompetenblume Campsis sp. 13-15 kg/m²<br />
Dreilappiger Wilder W<strong>ein</strong> Parthenocissus<br />
tricusspidata<br />
6-9 kg/m²<br />
Fünfblättriger Wilder W<strong>ein</strong><br />
Parthenocissus quinquefolia<br />
13-15 kg/m²<br />
Tabelle 1: Flächengewichte wichtiger Kletterpflanzen (©Gunkel, 2004).<br />
Weiters sind werkstoffbedingte Spannungen, die z.B. durch die <strong>Ein</strong>wirkungen von<br />
Feuchtigkeit auf Kletterhilfen entstehen, und pflanzenverursachte Spannungen durch<br />
Umschlingung und Dickenwachstum <strong>ein</strong>zuplanen.<br />
Menge und Dimensionierung der Halterungen sind so auszuführen, dass sie sich<br />
unter Höchstlast nur elastisch und nicht bleibend verformen. Dies kann durch<br />
gleichmäßig tragende Wandverschraubungen, Aufhängungen, Vorständerungen oder<br />
Verspannungen erfolgen. Anker und Dübel werden in nicht tragenden Außenwänden<br />
(z.B. Wärmedämmverbundsystemen, vorgehängten hinterlüfteten Fassaden und<br />
Sandwichelementen) auf Biegung beansprucht. Zu starke Verformungen können die<br />
Fassaden beschädigen. Deshalb müssen sie ausreichend biegesteif dimensioniert s<strong>ein</strong><br />
oder <strong>ein</strong> geeigneter Distanzbauteil <strong>ein</strong>gefügt werden. Prinzipiell müssen Kletterhilfen so<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 23
efestigt werden, dass die Unterlage möglichst wenig beschädigt und die<br />
Fassadenfunktion erhalten bleibt.<br />
Bei Neubauten soll die Verankerung von Kletterhilfen bereits in der Rohbauphase<br />
erfolgen.<br />
Abbildung 19: Verankerung von Kletterhilfen (©Thorwald Brandw<strong>ein</strong>, biotekt.de)<br />
7 Bauschäden durch Fassadenbegrünung<br />
Bauschäden durch Kletterpflanzen sind <strong>ein</strong> Reizthema, das kontrovers und<br />
emotionsgeladen diskutiert wird. Für die <strong>ein</strong>en gibt es solche Schäden nicht, sie wären<br />
pure <strong>Ein</strong>bildung bzw. durch ganz andere Faktoren verursacht und nicht durch die jeweils<br />
beschuldigte Pflanze. Für andere käme niemals <strong>ein</strong>e Begrünung in Frage, weil die<br />
Schäden ja bekannt seien, zwangsläufig würden dann die Sorge um die Unversehrtheit<br />
der Hausfassade überwiegen. Die Wahrheit liegt - wie so oft - in der Mitte.<br />
7.1 Feuchte Wände durch Efeu?<br />
Sehr alt, aber inzwischen widerlegt ist die Behauptung, Kletterpflanzen wie Efeu würden<br />
durch Ihre Wurzeln direkt Feuchtigkeit in die Wände bringen. Schon zu Beginn des 20.<br />
Jahrhunderts wurden diesbezüglich Befragungen zur Schädlichkeit von Efeubewuchs<br />
angestellt. Das Ergebnis fiel zugunsten des Efeus aus, es wurde sogar <strong>ein</strong>e schützende<br />
und die Lebensdauer des Wandputzes verlängernde Wirkung der Blätterwand<br />
nachgewiesen. Ist der Verputz weitgehend rissfrei und auch sonst in Ordnung, wären<br />
k<strong>ein</strong>e Schäden zu be<strong>für</strong>chten. <strong>Ein</strong>e Durchfeuchtung der Wände durch die Pflanzen als<br />
solche konnte nicht nachgewiesen werden.<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 24
7.2 Schäden an der Wandfarbe<br />
An intakten Wandflächen entstehen k<strong>ein</strong>e Schäden durch Kletterpflanzen. Probleme<br />
können Dispersionsfarben bereiten! Diese Anstriche werden teilweise von der Wand<br />
gerissen, wenn Kletterwurzeln (Efeu) oder<br />
Haftscheiben (Wilder W<strong>ein</strong>) sich <strong>ein</strong>mal von der<br />
Wand lösen bzw. Teile der Pflanzen entfernt<br />
werden. Es entstehen hässliche Fehlstellen im<br />
<strong>ein</strong>heitlichen Wandanstrich.<br />
Abbildung 20: Farbabriss durch Kletterhortensie (Quelle: www.fassadengruen.de)<br />
7.3 Weitere Bauschäden<br />
Bei Silikatfarben steht dieses Problem weniger<br />
an. Mitunter aber gehen die Haftscheiben auch<br />
gar nicht ab und müssen bei <strong>ein</strong>er<br />
Fassadensanierung abgeflammt werden.<br />
Noch schlimmer ist es, wenn selbst klimmende Kletterpflanzen aber Ritzen und Spalten<br />
erobern. Die Triebe <strong>ein</strong>iger Arten sind "negativ phototrop", das heißt sie suchen die<br />
Dunkelheit und wachsen dorthin. Gibt es <strong>ein</strong>e Spalte, wird sie gefunden, zum Beispiel<br />
bei Rollladen-Kästen und besonders im Bereich der Dachtraufe. Mit ihrem<br />
anschließenden Dickenwachstum können die Triebe lockere Teile absprengen und auch<br />
Dachziegel anheben.<br />
Aber auch andere Kletterpflanzen als nur<br />
die Selbstklimmer können Schäden<br />
verursachen. Blauregen z. B. wächst so<br />
stark, dass er feste Bauteile absprengt,<br />
wenn er sie hinterwachsen kann. Ganze<br />
Fallrohre können so aus ihrer<br />
Verankerung gedrückt werden.<br />
Abbildung 21: Blauregen ist in <strong>ein</strong>e offene Fuge gewachsen und drückt die Wandplatten zur Seite<br />
(Quelle: www.fassadengruen.de).<br />
7.4 Probleme mit dem Herbstlaub<br />
Ähnlich wie bei dicht am Haus stehenden Bäumen können auch Kletterpflanzen mit<br />
ihrem Laub zu <strong>ein</strong>em ungeliebten Begleiter werden, vor allem wenn sie über die<br />
Dachtraufe wachsen und das Herbstlaub in den Strom der Dachentwässerung kommt.<br />
Hier sind regelmäßige Kontrollen unerlässlich.<br />
Bei verstopftem Fallrohr und/oder zugedeckten <strong>Ein</strong>laufsieben kommt es bei Starkregen<br />
zum Überlaufen der Dachrinnen und ggf. zu immensen Durchnässungen der Wände<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 25
(siehe Abbildung darunter). <strong>Ein</strong> Austrocknen solcher Schäden kann mehrere Wochen<br />
oder Monate dauern und ist oft mit Schimmelbefall der zugehörigen Innenwände<br />
verbunden.<br />
Erfolgt der Feuchte<strong>ein</strong>trag unerkannt über Jahre hinweg, kommt es sogar zu<br />
Pilzschäden an Deckenbalken und anderen Holzteilen.<br />
7.5 Durchwachsen von Dichtungsschichten<br />
An <strong>ein</strong>er großen, unsanierten Villa wurde <strong>ein</strong> Wilder W<strong>ein</strong> P.<br />
quinqefolia beobachtet, der von unten in die mürbe Bodenplatte<br />
<strong>ein</strong>es Balkons her<strong>ein</strong> wuchs und oben aus dem Balkonfußboden<br />
wieder herauskam. Das zeigt, mit welcher Kraft diese Pflanzen<br />
sich durch Hindernisse hindurcharbeiten. Viele Sorten von<br />
Dichtungsbahnen können so durchwachsen und ihrer<br />
Dichtfunktion beraubt werden, da ausdrücklich wurzelfeste<br />
Bahnen ja nur in Spezialfällen wie bei gewollten<br />
Dachbegrünungen <strong>ein</strong>gesetzt werden. Schon deshalb muss <strong>ein</strong><br />
Bewachsen der Dachtraufe mit Kletterpflanzen prinzipiell<br />
vermieden werden!<br />
Abbildung 22: Nasse Wand durch verstopfte Dachrinne (Quelle: www.fassadengruen.de).<br />
7.6 Rostbildung und elektrolytische Korrosion<br />
Gelangt Wasser unter <strong>ein</strong>e Begrünung an die Wand trocknet es dort schlechter als bei<br />
unbegrünter, frei liegender Wand. Die Zeitdauer der Benetzung mit dem Wasser erhöht<br />
sich, es fehlen <strong>ein</strong>fach Sonnenlicht und Wind unter dem Blätterdach, die sonst zum<br />
schnelleren Abtrocknen führen.<br />
Dieser Fakt ist verheerend, wenn sich unedle Metallteile unter dem Laub befinden.<br />
Zusammen mit den organischen, teils säurehaltigen Absonderungen der Pflanzen<br />
kommt es zu massiver (elektrolytischer) Korrosion. Schon nach kurzer Zeit kann <strong>ein</strong>e<br />
Verzinkung aufgelöst und weggeschwemmt s<strong>ein</strong>. Auch Nägel und Schrauben in Holz<br />
werden hier eher von Rost hinweg gerafft, wenn sie nicht aus Edelstahl sind, oft kommt<br />
es dabei zur Bildung hässlicher Rostfahnen an der Wand.<br />
Daraus leiten sich auch Anforderungen an die Materialität von Rankhilfen ab.<br />
Drahtseilkonstruktionen sollten generell aus Edelstahl s<strong>ein</strong>, und bei Holzspalieren sollte<br />
man mit hoch witterungsbeständigem Holz wie Lärche, Robinie, Eiche oder Douglasie in<br />
Zusammenhang mit Befestigungen aus Edelstahl arbeiten.<br />
7.7 Schutzfunktion <strong>für</strong> die Wand?<br />
Aus dem grün-ökologischen Lager werden Kletterpflanzen sogar statt Bauschäden gern<br />
<strong>ein</strong>e Schutzfunktion nachgesagt: Die Wände würden von UV-Strahlung und<br />
Wärmespannungen verschont, und dachziegelartig angeordnete Blätter würden <strong>ein</strong><br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 26
Befeuchten der Wand bei Regen verhindern und die Niederschläge zum Abtropfen<br />
bringen. Zugleich wäre <strong>ein</strong>e Begrünung ja <strong>ein</strong>e ideale Wärmedämmung....<br />
Inzwischen macht sich auf diesem Feld jedoch Ernüchterung breit:<br />
Zugegebenermaßen muss <strong>ein</strong>e ordnungsgemäß gestaltete Außenwand all diese<br />
Schutzfunktionen auch aus sich selbst heraus erfüllen, ohne auf <strong>ein</strong>e Begrünung<br />
angewiesen zu s<strong>ein</strong>. Und ob <strong>ein</strong>e <strong>für</strong> UV-Strahlung anfällige Dispersionsfarbe an der<br />
Wand mit Begrünung 20 statt nur 15 Jahre hält, ändert nichts an der Fragwürdigkeit<br />
solcher Billig-Anstriche.<br />
Nachweisbar ist die Schutzfunktion <strong>ein</strong>e Begrünung bei Schlagregen. Allerdings muss in<br />
die Betrachtung <strong>ein</strong>bezogen werden, dass es aufgrund von abtropfendem Niederschlag<br />
bei den weiter unten liegenden Blättern wiederum zu Spritzwasserbildung hin zur Wand<br />
kommt. Und alle Arten von Feuchtigkeit können auf <strong>ein</strong>er bewachsenen Wand<br />
schlechter abtrocknen als auf <strong>ein</strong>er frei liegenden, so dass sich der Wasserschutz-Effekt<br />
relativiert.<br />
7.8 Fazit<br />
Pragmatischer Weise muss wohl gesagt werden, dass jede Begrünung zunächst <strong>ein</strong>e<br />
Belastung und weniger <strong>ein</strong> Schutz <strong>für</strong> die Wand ist. Deshalb sollten nur hochwertige und<br />
völlig intakte Wandflächen begrünt werden. Wichtig ist, <strong>ein</strong>e als Fassadenbegrünung<br />
geplante Maßnahme auch als solche zu behandeln und sie nicht zur Dachbegrünung<br />
verkommen zu lassen. Oberhalb der Traufe haben Kletterpflanzen in der Regel nichts<br />
zu suchen!<br />
Die da<strong>für</strong> gerade bei Selbstklimmern wie Efeu oder Wildem W<strong>ein</strong> Jahr <strong>für</strong> Jahr<br />
erforderlichen Schnittarbeiten sind aufwendig und/oder teuer. Schon manche mächtig<br />
gewordenen Kletterpflanze wurde aus diesem Grund wieder gerodet. Und manche<br />
Hausbegrüner haben sich beim Setzen der kl<strong>ein</strong>en Sprösslinge nicht klar gemacht, was<br />
da auf sie zukommt.<br />
In den meisten Fällen empfiehlt "FassadenGrün" deshalb k<strong>ein</strong>e Selbstklimmer mit<br />
unkontrolliertem Wuchsverhalten, sondern Gerüstkletterpflanzen mit Rankhilfen. Durch<br />
intelligente Planung können auf diesem Weg Bauschäden von Anfang an vermieden<br />
werden (Quelle: http://www.fassadengruen.de/uw/ranksysteme/uw/bauschaeden<br />
/bauschaeden.htm).<br />
8 Rechtliche Grundlagen und Rahmenbedingungen<br />
Generell gilt, dass die Bestimmungen der jeweiligen Bauordnung und die darauf<br />
beruhenden Erlässe, Verordnungen und Zulassungen <strong>ein</strong>zuhalten sind. Die<br />
stoffspezifischen Verarbeitungsvorschriften von Herstellern sind ebenfalls zu beachten.<br />
Weiters ist bei denkmalgeschützten Fassaden Rücksprache mit dem Denkmalamt zu<br />
halten. Erfordernisse des Nachbarschaftsrechtes, Zustimmungen der Eigentümer sowie<br />
gegebenenfalls ver<strong>ein</strong>barte Urheberrechte (bei architektonischen oder künstlerischen<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 27
Fassadengestaltungen) sind zu bedenken. Brandschutzbestimmungen sind<br />
<strong>ein</strong>zuhalten.<br />
8.1 Übersicht über Normen und Richtlinien in der Fassadenbegrünung<br />
Die deutsche „Richtlinie zur Planung, Ausführung und Pflege von<br />
Fassadenbegrünungen mit Kletterpflanzen“ (FLL e.V., Bonn, 2000) der<br />
Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau (FLL) spiegelt nach<br />
<strong>ein</strong>er Überarbeitung im Jahr 2000 bis heute den Stand der Technik wieder und<br />
gewährleistet verbindliche Vorgaben sowie <strong>ein</strong> hohes Maß an Sicherheit bei der<br />
Umsetzung von Fassadenbegrünungen.<br />
Relevante Normen und andere Regelwerke <strong>für</strong> die Fassadenbegrünung in<br />
Österreich<br />
Die in Österreich bestehenden Normen beziehen sich nicht direkt auf<br />
Bauwerksbegrünungen, im <strong>Ein</strong>zelfall ist daher zu prüfen, inwieweit sie objektbezogen<br />
anwendbar sind.<br />
Mitgeltende Normen in Österreich<br />
ÖNORM B 2241 - Gartengestaltung und Grünflächenbau<br />
ÖNORM L 1040 - Pflanzen-Vegetationstechnische Arbeiten<br />
ÖNORM L 1041 - Erhaltungspflege<br />
8.2 Gewährleistung bei Planung und Ausführung<br />
Mit der EU Richtlinie 99/44/EG des europäischen Parlaments und des Rates zu<br />
bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien <strong>für</strong><br />
Verbrauchsgüter, vom 25.Mai 1999, wurden die Mitgliedsstaaten verpflichtet, bis zum<br />
1.1. 2002 weite Bereiche des Gewährleistungsrechts den europäischen Vorgaben<br />
anzupassen. Zwei wichtige Änderungen daraus sind:<br />
� <strong>Ein</strong>führung der Beweislastumkehr <strong>für</strong> den Unternehmer <strong>für</strong> die ersten sechs<br />
Monate ab der Übergabe<br />
� Verkürzung der Frist <strong>für</strong> die Verschuldensvermutung des Unternehmers von 30<br />
Jahren auf 10 Jahre bei der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen<br />
wegen Mangelschäden (Bayerl 2003).<br />
Beweislastumkehr: Musste bis zur Novelle 2001 immer der Kunde beweisen, dass die<br />
Sache oder Leistung bereits im Zeitpunkt der Übergabe mangelhaft war, wurde <strong>für</strong> den<br />
Unternehmer erschwerend <strong>ein</strong>e Beweislastumkehr vorgesehen. Tritt innerhalb der<br />
ersten sechs Monate ab Übergabe <strong>ein</strong> Mangel auf, wird vermutet, dass er schon zum<br />
Zeitpunkt der Übergabe vorhanden war. Der Unternehmer muss sich nunmehr Frei-<br />
Beweisen, dass die Sache im Zeitpunkt der Übergabe mangelfrei war.<br />
Gewährleistungsfrist: Das Gesetz sieht zwei Jahre <strong>für</strong> bewegliche Sachen vor und<br />
drei Jahre <strong>für</strong> unbewegliche Sachen. Wird <strong>ein</strong>e Pflanze – bewegliche Sache –<br />
<strong>ein</strong>gepflanzt, wird sie zu <strong>ein</strong>er unbeweglichen Sache, weshalb die dreijährige<br />
Verjährungsfrist zur Anwendung kommt.<br />
Der abnahmefähige Zustand wird durch Fertigstellungspflege erreicht. Die<br />
Verjährungsfrist <strong>für</strong> die Gewährleistung beginnt mit der Abnahme. Sie beträgt in der<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 28
Regel <strong>für</strong> Kletterhilfen und deren Befestigung 5 Jahre, <strong>für</strong> Pflanzen und Pflanzarbeiten 1<br />
Jahr.<br />
Ausführende Firmen haften gemäß ihrer Versicherung und gesetzlichen firmenüblichen<br />
Konditionen. Architekten können bis zu 30 Jahre nach der Planung <strong>für</strong> Fehler haftbar<br />
gemacht werden.<br />
8.3 Verbände in Europa<br />
Am 27. November 1998 wurde die Europäische Föderation der Bauwerksbegrünungsverbände<br />
- EFB - ins Leben gerufen. Die <strong>ein</strong>zelnen nationalen<br />
Ver<strong>ein</strong>igungen haben es sich zur Aufgabe gemacht, <strong>für</strong> grüne Dächer und Fassaden zu<br />
werben, zu informieren, zu beraten und zu schulen, Normen und Richtlinien zu schaffen<br />
und die Öffentlichkeit über die Vorteile der Bauwerksbegrünung aufzuklären. Die EFB<br />
hat Statuten erarbeitet und beschlossen. Das Präsidium als Führungsgremium besteht<br />
aus je <strong>ein</strong>em Vertreter der nationalen Verbände. Die Hauptversammlung, in die jedes<br />
EFB - Mitgliedsland drei Vertreter entsendet, sorgt <strong>für</strong> den demokratischen Unterbau, ist<br />
<strong>für</strong> die Kontrolle des Präsidiums zuständig und fungiert vor allem als Ideengeber.<br />
Die EFB wird sich mit unterschiedlichen Aktivitäten direkt in die M<strong>ein</strong>ungsbildung in<br />
Sachen Umweltschutz und Kompensation von <strong>Ein</strong>griffen in die Natur <strong>ein</strong>schalten und<br />
konkrete Maßnahmen durchführen, die zu <strong>ein</strong>er nachhaltigen Wachstumspolitik<br />
beitragen. Derzeit sind folgende Länder vertreten:<br />
Land Verbandsnamen in Landessprache<br />
Österreich: Verband <strong>für</strong> Bauwerksbegrünung, V.f.B<br />
Deutschland: Fachver<strong>ein</strong>igung Bauwerksbegrünung e.V., FBB<br />
Schweizerische Fachver<strong>ein</strong>igung/Fachverband<br />
Schweiz:<br />
Gebäudebegrünung, SFG<br />
Italien: Associazione Italiana Verde Pensile, A.I.VE.P.<br />
Niederlande: Vereniging van Bouwwerk Begroeners, V.B.B.<br />
Ungarn: Zöldtetöépitök Országos Szövetsége, ZEOSZ<br />
Großbritannien: Livingroofs.org<br />
Schweden: Scandinavian Green Roof Association, SGRA<br />
Tabelle 2: Verbände <strong>für</strong> Bauwerksbegrünung in Europa<br />
8.4 Verband <strong>für</strong> Bauwerksbegrünung in Österreich<br />
Um die Planungssicherheit <strong>für</strong> Bauherren und Ausschreibende zu erhöhen, wurde 1991<br />
der Verband <strong>für</strong> Bauwerksbegrünung (V.f.B.) gegründet. Dieser ist <strong>ein</strong><br />
Zusammenschluss von Firmen, ArchitektInnen, Garten- und LandschaftsplanerInnen<br />
sowie VertreterInnen von Universitäten und Behörden. Der V.f.B. setzt sich zum Beispiel<br />
da<strong>für</strong> <strong>ein</strong>, dass Bauwerksbegrünungen ausführungssicher und erschwinglich gestaltet<br />
und durch Kompetenz und Erfahrung Bau- und Ausführungsschäden verhindert werden.<br />
Weiters informiert er rund um das Thema „Fassadenbegrünung“.<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 29
9 Checkliste: Planungs-Schritte zur optimalen Fassadenbegrünung<br />
Folgende Fragen sollten vor dem Projekt <strong>ein</strong>er Fassadenbegrünung gestellt und mit<br />
Hilfe <strong>ein</strong>es/r Experten/in gelöst werden, um die Vorgehensweise ökonomisch und<br />
fachgerecht zu gestalten (Punkt 2-13 nach LB Ratgeber Fassaden- und<br />
Dachbegrünung, 2002):<br />
1. Rechtliche Grundlagen – Erlaubnis des/der Hausbesitzers/in und Abklärung von<br />
rechtlichen <strong>Ein</strong>schränkungen/Vorgaben<br />
2. Gebäudeorientierung: Die Himmelsrichtung entscheidet über die Pflanzenwahl.<br />
südgerichtete und west-/ostgerichtete Fassaden mit Sonne und wenig<br />
Schlagregen: laubabwerfende Pflanzen, die im Sommer beschatten, im Winter<br />
die Sonne durchlassen. Nordseitig und West- und Ostseitig bei Ungunstlagen:<br />
immergrüne Pflanzen, evtl. mit Wärmeschutz darunter<br />
3. Standort/<strong>Klima</strong>: Beachtung der <strong>Klima</strong>verhältnisse wie Sonne, Wind, Regen,<br />
Schnee und Luftbelastungen<br />
4. Boden/Substratverhältnisse: Klären, ob das vorhandene Substrat geeignet ist.<br />
5. Außenwand – Baustoffe: Abklären, <strong>für</strong> welche Befestigungsarten die Außenwand<br />
geeignet ist bzw. ob ausreichend Haftgrund <strong>für</strong> Selbstklimmer gegeben ist<br />
6. Windverhältnisse: Berücksichtigung der Windverhältnisse bei der<br />
Befestigungsauswahl bzw. Pflanzenauswahl<br />
7. Regenwassernutzung zur Bewässerung der Pflanzen<br />
8. Klärung der Art und des Umfanges der Pflege sowie der Sicherheitskontrollen<br />
9. Schutzmaßnahmen <strong>für</strong> Jungpflanzen zur Anwuchssicherung<br />
10. Beachtung der Gestaltungsziele und pflanzenspezifischen Eigenschaften<br />
(Wurzelwachstum)<br />
11. Berücksichtigung des Höhen-Breitenverhältnisses der Wandfläche<br />
12. Abstimmung mit vorhandener Rahmenbepflanzung<br />
13. Ermittlung der Kosten (incl. Pflegekosten) und eventueller Fördermöglichkeiten<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 30
10 Gestalterische Empfehlungen<br />
Um <strong>ein</strong> optimales Ergebnis der Fassadenbegrünung zu erzielen sind die richtige<br />
Pflanzenauswahl <strong>für</strong> den Standort, Kombination der Kletterpflanzen und laufende Pflege<br />
ausschlaggebend. Am besten sind Kombinationen mehrerer Arten, <strong>ein</strong>jähriger und<br />
mehrjähriger, solcher mit und ohne Blütenbildung. Mischkulturen bieten z.B. im Frühling<br />
und Sommer blühende Wände, im Herbst dominiert die bunte Färbung des Wilden<br />
W<strong>ein</strong>s und im Winter schmückt der immergrüne Efeu die graue Fassade. Arten mit<br />
ungefüllten Blüten bieten Insekten Pollen und Nektar. Vögel finden Nistplätze und im<br />
Winter bietet der Bewuchs Schutz und bei fruchttragenden Arten Nahrung.<br />
Abbildung 23: Fassade mit Blauregen (©Institut <strong>für</strong> Physik, Berlin) und Blauregen<br />
(©http://www.derkl<strong>ein</strong>egarten.at/pflanzen-kletterpflanzen/wisteria/wisteria-glyzinien-blauregen0016.html).<br />
Gerüstkletterpflanzen können gezielter gelenkt werden als Selbstklimmer, die<br />
Hausmauern komplett zuwachsen können. Senkrechte Linien können am besten durch<br />
Schlinger (z.B. Blauregen) und waagrechte durch Ranker (z.B. Echter W<strong>ein</strong>) bewachsen<br />
werden.<br />
Auch die Lebenserwartung muss beachtet werden. Während Blauregen oder Echter<br />
Efeu 100 Jahre alt werden können, leben Clematis oder Hopfen nur wenige Jahre bis<br />
Jahrzehnte.<br />
<strong>Ein</strong>e ausführliche Pflanzenliste ist im Anhang angeführt.<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 31
11 Best Practice Beispiele aus dem In- und Ausland<br />
Die hängenden Gärten von Margareten<br />
<strong>Ein</strong> ganz ungewöhnliches Projekt der Fassadenbegrünung sind die „Hängenden Gärten“<br />
in Wien-Margareten. „Hängende Garten“, Laubengänge, <strong>ein</strong>e begrünte<br />
Gem<strong>ein</strong>schaftsterrasse und der Gartenhof bieten allen<br />
BewohnerInnen des Hauses <strong>ein</strong>e grüne<br />
Wohnumgebung trotz innerstädtischer Lage. Das Ziel<br />
war die Schaffung <strong>ein</strong>er grünen Fassade <strong>für</strong> <strong>ein</strong>en<br />
Gebäudekomplex an <strong>ein</strong>er verkehrsmäßig stark<br />
frequentierten Straße. Vor der erfolgreichen Umsetzung<br />
wurden Tests und Versuche gemacht – sowohl über die<br />
Form der Tröge als auch die Pflanzenauswahl.<br />
Gefunden wurde <strong>ein</strong>e Lösung mit Maßtrögen und<br />
Drahtseilverspannung <strong>für</strong> die spezielle<br />
Bauwerksbegrünung. <strong>Ein</strong>e unterschiedlich dichte<br />
Bepflanzung – mit Kletterpflanzen, wildem W<strong>ein</strong>,<br />
Blauregen, Kletterrosen, Efeu, etc. – entlang der<br />
Erschließungsstege zu den Wohnungen bis zu den vor<br />
gelagerten Veranden und Loggien vermittelt nun das<br />
Gefühl, sich im Grünen zu bewegen. Durch die<br />
Konstruktion <strong>für</strong> die Pflanzen sind die Wohnungen um<br />
bis zu acht Meter zurückversetzt. Erreichbar sind die<br />
Domizile über Laubengänge, die hinter allerlei Pflanzen<br />
verborgen sind. Nicht nur von außen, auch von innen<br />
vermittelt die Anlage das Gefühl <strong>ein</strong>er Grünoase.<br />
Abbildung 24: Hängende Gärten von Margareten (©Gartenstandard)<br />
Institut <strong>für</strong> Physik in Berlin Adlershof<br />
Zehn Arten von Kletterpflanzen wurden in 150 Fassadenkübel an neun<br />
unterschiedlichen Fassaden gepflanzt. Bei der Auswahl der Kletterpflanzen wurde<br />
besonderer Wert auf Arten gelegt, die unter den extremen Bedingungen in Pflanzkübeln<br />
wachsen können. Von den verwendeten unterschiedlichen Kletterpflanzen hat sich<br />
bisher der Blauregen (Wisteria sinensis) am besten entwickelt. <strong>Ein</strong>e spezielle Form der<br />
Anstaubewässerung und zwei unterschiedliche<br />
Substrate sind vergleichend verwendet worden.<br />
Der ausreichende kapillare Aufstieg war <strong>ein</strong><br />
Auswahlkriterium. Zum Ausgleich von<br />
Temperaturschwankungen und zum Schutz gegen<br />
tiefe Temperaturen im Winter wurden<br />
versuchsweise <strong>ein</strong>ige Kübel gedämmt. Der<br />
Vergleich mit nicht gedämmten Kübeln hat<br />
erhebliche Unterschiede in den<br />
Standortbedingungen und Wuchsleistungen der<br />
Kletterpflanzen gezeigt.<br />
Abbildung 25: Kübel <strong>für</strong> Fassadenbepflanzung (©Institut <strong>für</strong> Physik, Berlin)<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 32
Hundertwasserhaus in Wien<br />
Das 1983 bis 1986 von Friedensreich Hundertwasser in der Wiener Kegelgasse<br />
errichtete Hundertwasserhaus ist das erste von ihm errichtete Haus. Die farbige bunte<br />
Gestaltung, der Verzicht auf Symmetrie und ebene Flächen und die üppige Begrünung<br />
sind typische Merkmale.<br />
Abbildung 26: Hundertwasserhaus (©Josep M. Marti)<br />
Hauptschule Wolkersdorf im W<strong>ein</strong>viertel<br />
Mit der Renovierung der HS Wolkersdorf wurde auch <strong>ein</strong>e Fassadenbegrünung<br />
durchgeführt. Die Fassade ist an drei<br />
Seiten des frei stehenden Gebäudes<br />
mit <strong>ein</strong>em Klettergerüst aus Holz<br />
verkleidet. Es finden sich<br />
verschiedenste Kletterpflanzen.<br />
Selbstklimmer wie Efeu oder Wilder<br />
W<strong>ein</strong> wurden gepflanzt.<br />
Gerüstkletterer wie Klettertrompete,<br />
Kletterhortensien und verschiedene<br />
Clematisarten sind vertreten. Für<br />
regelmäßigen Rückschnitt und Pflege<br />
ist die Gem<strong>ein</strong>de zuständig.<br />
Abbildung 27: Hauptschule Wolkersdorf (©Jäger-Katzmann).<br />
Vertikale Gärten - Patrick Blanc<br />
Das Beispiel soll an dieser Stelle zeigen, was an Hausfassaden machbar ist, und nicht<br />
als Vorbild zum <strong>Ein</strong>satz tropischer Pflanzen dienen!<br />
Der bekannte französische Tropenbotaniker Patrick Blanc hat in und um Paris bereits<br />
begonnen, s<strong>ein</strong>e Vision vom "kontrollierten Dschungel" umzusetzen. Mit s<strong>ein</strong>em<br />
patentierten System der "Murs Végétaux" - der immergrünen Pflanzenwände –<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 33
verwandelt Blanc triste Hausfassaden und Hinterhöfe in überdimensionale Bilder, die<br />
aus Hunderten von Pflanzen bestehen. Mittlerweile erreichen Patrick Blancs "Vertikale<br />
Gärten" Größen von bis zu mehreren hundert Quadratmetern, beispielsweise im<br />
Innenhof des Designerhotels "Pershing Hall" mitten in Paris. Hinter den grünen<br />
Wandbildern verbirgt sich <strong>ein</strong>e <strong>ein</strong>fache, aber raffinierte Technik. Verbunden mit Patrick<br />
Blancs immensem botanischen Wissen und s<strong>ein</strong>er ausgeprägten künstlerischen Ader<br />
entstehen <strong>ein</strong>zigartige grüne Bildflächen.<br />
Abbildung 28: Vertikale Gärten von Patrick Blanc (©verticalgardenpatrickblanc.com)<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 34
12 Zusammenfassung<br />
Forschungsarbeiten belegen, dass begrünte Außenwände den Gebäudeschutz fördern<br />
und sich günstig auf die Ökologie und das Wohlbefinden der Menschen auswirken.<br />
Insbesondere bauphysikalische, lufthygienische und stadtökologische Wirkungen<br />
werden seit etwa 20 Jahren wissenschaftlich untersucht. Es gibt leider immer noch viele<br />
Vorurteile gegenüber begrünten Fassaden wie Zerstörung des Putzes, verstärktes<br />
Auftreten von Ungeziefer und feuchte Mauern. Sofern das Mauerwerk intakt ist und die<br />
Begrünung fachgerecht ausgeführt und gepflegt wird, sind solche Be<strong>für</strong>chtungen jedoch<br />
unbegründet.<br />
Vertikales Grün bietet viele ökologische Vorteile. Es wird Ersatzlebensraum auf wenig<br />
Platz geschaffen, das Kl<strong>ein</strong>klima verbessert und Schadstoffe aus der Luft gefiltert.<br />
Fassadenbegrünungen leisten außerdem <strong>ein</strong>en wichtigen Beitrag zum Naturschutz, da<br />
sie als Lebensraum <strong>für</strong> viele Tiere, darunter auch Rote- Liste- Arten, dienen. Begrünte<br />
Fassaden wirken als ökologische <strong>Klima</strong>anlagen, kühlen im Sommer das Haus und<br />
immergrüne Arten haben im Winter dämmende Funktion.<br />
Die klassische Fassadenbegrünung mit Kletterpflanzen kann durch Direktbewuchs mit<br />
selbstklimmenden Kletterpflanzen oder mit sogenannten Gerüstkletterpflanzen erfolgen.<br />
Die <strong>ein</strong>e Gruppe benötigt Rank- und Kletterhilfen, wie z.B. Clematis, Kletterrosen oder<br />
Blauregen. Die zweite große Gruppe der „Selbstklimmer“ klettert mithilfe von<br />
Haftscheiben an Mauern und Wänden empor. Dazu gehören der Wilde W<strong>ein</strong> und der<br />
immergrüne Efeu. In Deutschland erhebt die „Richtlinie zur Planung, Ausführung und<br />
Pflege von Fassadenbegrünungen mit Kletterpflanzen“ (FLL e.V., Bonn, 2000) den<br />
Anspruch, den aktuellen Stand der Technik solcher Maßnahmen darzustellen.<br />
Für die Wahl der Pflanzen sind Standortansprüche, Kletterform und Wuchsverhalten<br />
sowie Blatt-, Blüten- und Fruchtschmuck von Bedeutung. Es gilt zu entscheiden, ob man<br />
immergrüne Pflanzen wie den Efeu oder sommergrüne Pflanzen wie Clematis oder<br />
Veitschi bevorzugt. An sonnigen geschützten Mauern können auch Obstbäume als<br />
Spalier gezogen werden.<br />
Häufig ist das Thema Fassadenbegrünung <strong>ein</strong> Stiefkind, das gegenwärtig kaum<br />
Berücksichtigung findet, weder in der Planung noch in der Umsetzung. Die Vorteile der<br />
„Grünen Wände“ überzeugen und motivieren zu mehr bepflanzten Bauwerken.<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 35
13 Literaturverzeichnis<br />
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LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 36
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LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 37
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F<strong>ein</strong>staubbindung<br />
� www.gebaeudekuehlung.de/index.html<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 38
15 Pflanzenliste <strong>für</strong> Fassadenbegrünungen<br />
Pflanzenart<br />
<strong>ein</strong>heimisch*<br />
Lichtanspruch,<br />
Standort<br />
Benötige Kletterhilfe: Gerüst, Zaun, Spalier, Drähte<br />
Kiwi<br />
(Actinidia arguta und<br />
chinensis)<br />
Rosa Strahlengriffel<br />
(Actinida kolomikta)<br />
Akebie, Klettergurke<br />
(Akebia quinata)<br />
Pfeifenwinde<br />
(Aristolochia macrophylla)<br />
Trompetenblume<br />
(Campsis radicans)<br />
Gem<strong>ein</strong>e Waldrebe*<br />
(Clematis vitalba)<br />
Alpenwaldrebe*<br />
(Clematis alpina)<br />
Waldreben<br />
(Clematis-Hybriden und<br />
andere Clematis-Arten)<br />
Schling-Knöterich<br />
(Polygonum aubertii)<br />
Hopfen*<br />
(Humulus lupulus)<br />
Sonne-Halbschatten Stark,<br />
5-7 m<br />
Sonne, geschützte<br />
Standorte<br />
Sonne-Halbschatten<br />
geschützt<br />
Halbschatten-Schatten<br />
Sonne<br />
geschützt<br />
Wuchsstärke<br />
Höhe<br />
Mittel,<br />
3 m<br />
Stark,<br />
5-8 m<br />
Stark,<br />
8-10 m<br />
stark,<br />
8 - 12 m<br />
Sonne-Halbschatten Sehr stark,<br />
bis 20 m<br />
Sonne-Halbschatten<br />
feucht<br />
Sonne-Halbschatten<br />
Sonne-Halbschatten<br />
Langsammittel,<br />
2 m<br />
Mittel,<br />
2-4 m<br />
Sehr stark,<br />
8-15 m<br />
Sonne-Halbschatten Stark,<br />
5m<br />
Kletterform Blüte<br />
Blütezeit<br />
Schlinger Weiß, Duft<br />
V-VI<br />
Schlinger Weiß, Duft<br />
VI<br />
Schlinger Violett-purpur<br />
V<br />
Schlinger Gelbgrün, pfeifenförimig<br />
VI-VIII<br />
Schlinger,<br />
z.T Haftwurzeln<br />
Blattstielranker Weiß<br />
VII-X<br />
Gelb - Orangerot<br />
VII-IX<br />
Blattstielranker Blau,violett, weiß<br />
V-VI<br />
Blattstielranker unterschiedlich, je nach Sorte<br />
VI-X<br />
Schlinger Weiß, Duft<br />
VII-X<br />
Schlinger Grün,<br />
VII-VIII<br />
Früchte Anmerkungen<br />
Grün-gelb,<br />
essbar<br />
Gelb-grün,<br />
essbar<br />
Lila-braun,<br />
essbar<br />
Bienen- und Hummelweide<br />
Zweihäusig: 1 männliche auf 5<br />
weibliche Pflanzen<br />
Bienenweide, Blattspitzen rosaweiß<br />
Blattschmuck robust<br />
Kapseln auffallend große Blätter<br />
Braune längliche<br />
Kapseln<br />
Lang anhaltender Blütenflor<br />
Silbrig-fedrig-buschig heimische Art,<br />
Bienen- u. Insektenweide<br />
leicht salzverträglich<br />
fedrig hübsche glocken-förmige Blüte,<br />
robust<br />
Silbrig-fedrig-buschig Wurzelfuß beschatten z.B. mit<br />
Stauden, tlw. an Gerüst anbinden<br />
Manche Arten robust und<br />
Gelb-grün,<br />
zapfenartig<br />
wuchernd<br />
Bienen- und Insektenweide<br />
Sehr schnellwüchsig<br />
2-häusig<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 39
Winter-Jasmin<br />
(Jasminum nudiflorum)<br />
Geißblatt, (Lonicera<br />
caprifolium* u.a. Arten)<br />
Wilder W<strong>ein</strong><br />
(Parthenocissus<br />
quinquefolia var.<br />
“Engelmannii”)<br />
Kletterrosen (Rosa sp.),<br />
kletternde Arten und<br />
Sorten, R. arvensis*<br />
Kletter-Brombeeren<br />
(Rubus-Arten)<br />
R. fruticosus*<br />
Echter W<strong>ein</strong><br />
(Vitis vinifera –<br />
Kulturformen)<br />
Blauregen, Wisterie<br />
(Wisteria sinensis)<br />
Ohne Kletterhilfe:<br />
Immergrüne Kriechspindel<br />
(Eunonymus<br />
fortunei in Sorten)<br />
Efeu*<br />
(Hedera helix)<br />
Kletterhortensie<br />
(Hydrangea petiolaris)<br />
Wilder W<strong>ein</strong><br />
(Parthenocissus<br />
tricuspidata "Veitchii")<br />
Sonne-Halbschatten,<br />
kalkliebend, geschützt<br />
Mittel -<br />
langsam<br />
2-4 m<br />
Halbschatten-Schatten Mittel,<br />
2-6 m<br />
Sonne-Halbschatten<br />
Sonne-Halbschatten<br />
Windgeschützt,<br />
nahrhafter Boden<br />
stark,<br />
8 - 15 m<br />
Mittel - Stark<br />
je nach Sorte<br />
2-4 (8) m<br />
Sonne-Halbschatten Mittel,<br />
2-3 m<br />
Sonne-Halbschatten Stark,<br />
10-15 m<br />
Sonne, geschützt<br />
schwere und<br />
kalkhaltige Böden<br />
ungünstig<br />
Halbschatten-Schatten<br />
robust<br />
Halbschatten-Schatten<br />
Halbschatten-Schatten<br />
kalkmeidend<br />
Sonne-Halbschatten<br />
kalkverträglich<br />
Sehr stark,<br />
6-15 m<br />
schwach,<br />
1,5 - 4,5 m<br />
mittel bis<br />
stark,<br />
10-25 m<br />
mittel,<br />
10 - 12 m<br />
stark,<br />
10-18 m<br />
Spreizklimmer Gelb<br />
XII-IV<br />
Schlinger Gelb, weiß, orange, rot; je<br />
nach Art, z.T. Duft,<br />
V-VIII<br />
z.T. Haftscheiben Unsch<strong>ein</strong>bar, gelblich<br />
VII-VIII<br />
Spreizklimmer Verschieden, je nach Sorte,<br />
teilweise Duft<br />
Orange, Rot,<br />
schwarz, je nach Art<br />
giftig<br />
attraktiver<br />
Winter- und Vorfrühlingsblüher,<br />
evtl. anbinden<br />
Schmetterlingspflanze,<br />
Vogelnährgehölz,<br />
L. henryi: immergrün<br />
Blau-schwarz Herbstfärbung, Bienenweide,<br />
Vogelnahrung<br />
LEITFADEN – Fassadenbegrünung “die umweltberatung“ Wien November 2009 40<br />
ab V<br />
Spreizklimmer Weiß-rosa<br />
VI<br />
Sprossranker Grün,<br />
VI-VII<br />
Schlinger Violettblau, rosa, weiß, nach<br />
Sorte, Duft<br />
V-VI<br />
Haftwurzeln Grünlich-gelb,<br />
unsch<strong>ein</strong>bar<br />
V-VI<br />
Haftwurzeln Grünlich,<br />
unsch<strong>ein</strong>bar,<br />
IX-X<br />
Haftwurzeln Weiß,<br />
VI-VII<br />
Haftscheiben Gelbgrün,<br />
unsch<strong>ein</strong>bar,<br />
VI-VII<br />
Teilweise<br />
Hagebutten<br />
Schwarz,<br />
essbar<br />
Gelb, rot, blau, grün,<br />
je nach Sorte<br />
essbar<br />
Attraktive Blüte, z.T. Bienenweide<br />
u. Vogelnährgehölz<br />
robust, wuchernd, auch<br />
dornenlose Sorten<br />
<strong>für</strong> Fruchtgewinnung regelmäßig<br />
schneiden (je nach Sorte),<br />
pilzresistente Sorten wählen<br />
Längliche Hülse besonders attraktive Blüte, am<br />
mehrjähr. Holz, Bienenweide<br />
benötigt sehr starkes Gerüst<br />
cremefarben oder<br />
orange<br />
(im Alter)<br />
Schwarz,<br />
giftig<br />
immergrün, im Alter blühend,<br />
(Bienenweide)<br />
immergrün, robust, Insekten- und<br />
Vogelnährgehölz<br />
spätfrostempfindlich<br />
Blau-schwarz Herbstfärbung, Bienenweide,<br />
Vogelnahrung