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Berlin - Zentrale Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte

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LGG<br />

Das Landesgleichstellungsgesetz<br />

<strong>Berlin</strong><br />

15 Jahre Gesetzgebung, Rechtsprechung <strong>und</strong> Praxis<br />

der Gleichstellung von <strong>Frauen</strong> im Land <strong>Berlin</strong>


Besonderer Dank gilt:<br />

Ingeborg Junge-Reyer<br />

Senatorin für Stadtentwicklung<br />

Dieter Glietsch<br />

Polizeipräsident in <strong>Berlin</strong><br />

Susanne Stumpenhusen<br />

Mitglied der ver.di Landesbezirksleitung <strong>Berlin</strong>-Brandenburg<br />

Volkmar Strauch<br />

Staatssekretär der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong> in <strong>Berlin</strong><br />

Susanna Brodersen<br />

Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft der <strong>Frauen</strong>vertreterinnen<br />

des Landes <strong>Berlin</strong><br />

Angela Ufer<br />

Gesamtfrauenvertreterin bei den <strong>Berlin</strong>er Stadtreinigungsbetrieben<br />

Margot Brandes<br />

Mitglied des Personalrates der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung<br />

Astrid Maurer<br />

<strong>Frauen</strong>vertreterin in der Landesbank <strong>Berlin</strong><br />

Mechthild Koreuber<br />

Sprecherin der Landeskonferenz der Hochschulfrauenbeauftragten<br />

Dagmar Birkelbach<br />

<strong>Frauen</strong>beauftragte im Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg<br />

Heike Gerstenberger<br />

<strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong> im Bezirksamt Pankow<br />

Gabriela Reich<br />

Beraterin für Personalentwicklung <strong>und</strong> Fortbildung in der Senatsverwaltung<br />

für Wirtschaft, Arbeit <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong><br />

Sabine Brügmann<br />

Leiterin des Bereichs Organisation <strong>und</strong> Controlling in der <strong>Zentrale</strong>n<br />

Serviceeinheit der Polizei<br />

Friederike von Borstel<br />

Mitglied des R<strong>und</strong>funkrates des R<strong>und</strong>funks <strong>Berlin</strong>-Brandenburg<br />

Klaus Pée<br />

Vorsitzender Richter der 25. Kammer des Verwaltungsgerichts <strong>Berlin</strong>


Das Landesgleichstellungsgesetz (LGG) <strong>Berlin</strong><br />

15 Jahre Gesetzgebung, Rechtsprechung <strong>und</strong> Praxis<br />

der Gleichstellung von <strong>Frauen</strong> im Land <strong>Berlin</strong>


Inhalt<br />

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />

1. Die Zielsetzungen des LGG: Abbau von Diskriminierungen <strong>und</strong><br />

Nachteilsausgleich durch aktive Förderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />

2. Die Entstehungsgeschichte <strong>und</strong> die Weiterentwicklung des LGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11<br />

Ein Landesgesetz mit Vorbildfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

Wichtige Änderungen des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

3. Die zentralen Regelungen des LGG im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />

Regelungen für Beschäftigte im <strong>Berlin</strong>er Landesdienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />

Geschlechterparitätische Gremienbesetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />

Regelungen mit Auswirkungen auf die Privatwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />

Bezirkliche Gleichstellungspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15<br />

4. Die Instrumente des LGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

<strong>Frauen</strong>förderpläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

Stellenausschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

Quotenregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />

<strong>Frauen</strong>förderung <strong>und</strong> öffentliche Auftragsvergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />

<strong>Berlin</strong>er Regelung zur Gremienbesetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

5. Die auf dem LGG basierenden Ämter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21<br />

<strong>Frauen</strong>vertreterinnen in den Dienststellen des Landes <strong>Berlin</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21<br />

<strong>Berlin</strong>er Hochschulfrauenbeauftragte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />

<strong>Frauen</strong>-/<strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong> in den <strong>Berlin</strong>er Bezirken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />

6. Die Berichterstattung zum LGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

Personalstandsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

<strong>Frauen</strong>fördermaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />

Gremienbesetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33<br />

7. Die Rechtsprechung zum LGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35<br />

8. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51<br />

Anhang<br />

Landesgleichstellungsgesetz (LGG) i.d.F. vom 6. September 2002, zuletzt geändert am 29. Juni 2004 . . . . . . . . . 56<br />

Verordnung über die Wahl zur <strong>Frauen</strong>vertreterin (WOFrau) vom 3. Juni 1993 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68<br />

Verordnung über die Förderung von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> die Vereinbarkeit von Beruf <strong>und</strong> Familie bei der<br />

Vergabe öffentlicher Aufträge (<strong>Frauen</strong>förderverordnung – FFV) vom 23. August 1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70<br />

Verordnung über statistische Angaben <strong>und</strong> Analysen zur Beschäftigtenstruktur sowie zur Besetzung<br />

von Gremien für den Bericht über die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes<br />

(Gleichstellungsberichtsverordnung – GleiBV) vom 9. April 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75<br />

Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77<br />

3


Vorwort<br />

Vor 15 Jahren trat das <strong>Berlin</strong>er Landesgleichstellungsgesetz, damals noch Landesantidiskriminierungsgesetz<br />

(LADG) genannt, in Kraft. Seine Kernaussage ist, dass <strong>Frauen</strong> im öffentlichen<br />

Dienst gleiche berufliche Chancen haben müssen wie Männer, <strong>und</strong> dass der Staat als<br />

Arbeitgeber zur aktiven beruflichen Gleichstellung verpflichtet ist. Das bedeutet <strong>Frauen</strong> zu<br />

fördern, die Förderung im Personalmanagement zu verankern, durch gewählte <strong>Frauen</strong>vertreterinnen<br />

institutionell zu kontrollieren <strong>und</strong> in regelmäßigen Berichten zu dokumentieren.<br />

Das bedeutet auch, bei Ausschreibungen <strong>und</strong> Stellenbesetzungen das weibliche Potenzial aktiv<br />

zu berücksichtigen <strong>und</strong> umgekehrt beim Stellenabbau <strong>Frauen</strong> nicht überproportional zu belasten,<br />

also ihren Anteil in unterrepräsentierten Bereichen zu erhalten. Für das Land <strong>Berlin</strong> ist<br />

das die Verpflichtung, als Arbeitgeber wie auch im Verwaltungshandeln täglich zu demonstrieren,<br />

dass <strong>Frauen</strong>förderung <strong>und</strong> Gleichstellung Ausdruck eines demokratischen Selbstverständnisses<br />

sind.<br />

Die Idee, dass <strong>Frauen</strong> gemäß ihrem Bevölkerungsanteil an der Entscheidungsmacht, an Positionen<br />

<strong>und</strong> an öffentlicher Repräsentanz zu beteiligen sind, hat sich gesellschaftlich durchgesetzt.<br />

Das ist bei allen nach wie vor bestehenden Ungleichgewichten zu Lasten von <strong>Frauen</strong><br />

ein großer Erfolg. Demokratie <strong>und</strong> Gerechtigkeit können nicht ohne die Hälfte der Menschheit<br />

gedacht werden.<br />

Das LGG hat in den letzten 15 Jahren eine bewegte Geschichte erfahren. Seine Bedeutung<br />

zeigte sich gerade beim Zusammenführen der Verwaltungen aus Ost <strong>und</strong> West <strong>und</strong> angesichts<br />

von Stellenabbau <strong>und</strong> Verwaltungsreform.<br />

Sie finden in dieser Broschüre die wichtigsten Informationen aus fünfzehn Jahren Gesetzgebung<br />

<strong>und</strong> Rechtsprechung zum Landesgleichstellungsgesetz sowie zahlreiche Berichte aus<br />

der Praxis. Ich danke all jenen, die aus ihren reichhaltigen Erfahrungen engagierte Beiträge<br />

beigesteuert haben. Für alle, die es ganz detailliert wissen möchten, erscheint gleichzeitig ein<br />

umfangreicher Materialienband.<br />

Harald Wolf<br />

Bürgermeister <strong>und</strong> Senator für Wirtschaft, Arbeit <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong><br />

5


1.<br />

Die Zielsetzungen des LGG: Abbau von Diskriminierungen<br />

<strong>und</strong> Nachteilsausgleich durch aktive Förderung<br />

Die rechtliche Gleichstellung von <strong>Frauen</strong> war lange Zeit umstritten. Sie musste in langwierigen<br />

Auseinandersetzungen errungen werden. Das <strong>Berlin</strong>er Landesgleichstellungsgesetz<br />

(LGG) ist von daher, wie andere gesetzliche Gleichstellungsmaßnahmen auch, nicht ohne<br />

die politischen Kämpfe der <strong>Frauen</strong> in den siebziger <strong>und</strong> achtziger Jahren des letzten Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

denkbar. Im Zuge der Neuen <strong>Frauen</strong>bewegung beriefen <strong>Frauen</strong> sich zum einen auf<br />

ihre Vorläuferinnen, die mit Zähigkeit <strong>und</strong> Langmut das Wahlrecht für <strong>Frauen</strong>, staatsbürgerliche<br />

Rechte, den Zugang zu Bildung <strong>und</strong> Beruf <strong>und</strong> schließlich den Gleichheitsgr<strong>und</strong>satz<br />

im Gr<strong>und</strong>gesetz erstritten hatten. Zum anderen protestierten sie gegen anhaltende reale<br />

Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft <strong>und</strong> forderten – nicht nur, aber auch – vom Staat,<br />

endlich in Sachen effektiver <strong>und</strong> tatsächlicher Gleichstellung aktiv zu werden.<br />

Neben vielen neu oder wieder auf die Tagesordnung gesetzten Themen wie der Selbstbestimmung<br />

von <strong>Frauen</strong>, dem Recht auf Schwangerschaftsabbruch oder der Gewalt von Männern<br />

gegenüber <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Kindern im privaten Leben stand die Gleichstellung im Berufsleben<br />

im Mittelpunkt der politischen Forderungen. Die schlechtere Entlohnung von <strong>Frauen</strong>,<br />

die Nachteile der Teilzeitarbeit <strong>und</strong> vor allem der nahezu flächendeckende Ausschluss der<br />

<strong>Frauen</strong> von Führungspositionen widersprachen dem gr<strong>und</strong>gesetzlichen Gebot der Gleichheit<br />

von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männern. Der Staat als Arbeitgeber sollte seiner Pflicht zur Gestaltung gleichberechtigter<br />

Arbeitsverhältnisse nachkommen <strong>und</strong> damit sowohl Vorreiter als auch Vorbild<br />

für die Privatwirtschaft werden. Nachteile für <strong>Frauen</strong> sollten ausgeglichen, Gleichheit aktiv<br />

angestrebt, heimliche Barrieren <strong>und</strong> Ausschlussmechanismen für <strong>Frauen</strong> benannt <strong>und</strong> abgeschafft<br />

werden. Kurz: der Staat sollte <strong>Frauen</strong> als Beschäftigte fördern <strong>und</strong> gegen alle Formen<br />

offensichtlicher wie indirekter Diskriminierung vorgehen. Die Idee der Antidiskriminierungsgesetze<br />

war geboren. Und mit ihr das Zauberwort von der Quote. Die Quote, ein bis<br />

dato üblicher Terminus bei der Berücksichtigung bestimmter Gruppen, z.B. von Kriegsheimkehrern<br />

<strong>und</strong> Zeitsoldaten im Berufsleben, wurde zur Gretchenfrage der gesetzlichen<br />

Gleichstellungspolitik. Die Quote, so der Kerngedanke, sollte bisherige Ungleichheiten ausgleichen<br />

<strong>und</strong> damit real Veränderungen für <strong>Frauen</strong> bewirken. Bei gleicher Qualifikation, so<br />

die Idee, bekommt die Frau den Arbeitsplatz oder die Beförderung, wenn <strong>Frauen</strong> in der entsprechenden<br />

Stufe in der Minderzahl sind.<br />

Als Schlagwort durchzieht die Quote nach wie vor jede Diskussion um Gleichstellung, nicht<br />

nur in der Arbeitswelt, sondern auch in der Politik <strong>und</strong> in gesellschaftlichen Organisationen<br />

aller Art. Die Erkenntnis, dass eine demokratische Gesellschaft auch demokratische Verhältnisse<br />

zwischen den Geschlechtern braucht, setzt sich langsam, aber unaufhaltsam durch.<br />

Parlament, Gerichte, Berufsorganisationen <strong>und</strong> natürlich alle Gliederungen der Verwaltung<br />

haben dazu beigetragen. Das Entstehen des LGG, die Debatten <strong>und</strong> Auseinandersetzungen,<br />

die es auslöste <strong>und</strong> die Änderungen <strong>und</strong> Entwicklungen, die es im Laufe der Jahre erfuhr,<br />

geben ein lebhaftes Zeugnis ab von der Umsetzung der Idee der Gleichheit von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong><br />

Männern im Land <strong>Berlin</strong>.<br />

7


8<br />

Ingeborg Junge-Reyer<br />

Senatorin für Stadtentwicklung, trägt Personalverantwortung in einem für den öffentlichen<br />

Dienst eher untypischen personalintensiven Bereich mit zahlreichen Berufen, in<br />

denen <strong>Frauen</strong> noch immer unterrepräsentiert sind<br />

Gibt es in Ihrer Senatsverwaltung Besonderheiten<br />

in Bezug auf die Förderung von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong><br />

die Gleichstellung der Beschäftigten? (z. B. ein<br />

traditionell hoher Anteil von Männern in bestimmten<br />

Berufen)?<br />

In meiner Verwaltung sind aufgr<strong>und</strong> des Aufgabenzuschnitts<br />

mehr Beschäftigte im technischen<br />

als im nichttechnischen Dienst tätig. Der <strong>Frauen</strong>anteil<br />

in diesem traditionell männlich dominierten<br />

Bereich liegt deutlich unter 50 %. Auf<br />

diese Problematik habe ich mich besonders konzentriert<br />

<strong>und</strong> durch gezielte Maßnahmen der<br />

Personalplanung sowie des Personal- <strong>und</strong> Fortbildungsmanagements<br />

der Unterrepräsentation<br />

der <strong>Frauen</strong> entgegengewirkt. Trotz der erfolgreichen<br />

Maßnahmen wird sich eine Parität auch in<br />

den nächsten Jahren nicht herstellen lassen. In<br />

diesem Zusammenhang möchte ich allerdings<br />

darauf hinweisen, dass die Leitung der technisch<br />

geprägten Hochbauabteilung erstmals einer<br />

Frau obliegt. Darüber hinaus ist seit 15 Jahren der<br />

Beirat für <strong>Frauen</strong>spezifische Belange in der Senatsverwaltung<br />

für Stadtentwicklung institutionell<br />

eingerichtet. Zwölf Fachfrauen werden als beratendes<br />

Gremium für Genderbelange zu der Sicht<br />

von <strong>Frauen</strong> auf Auswirkungen von Fachvorhaben<br />

(insbesondere in der Stadtplanung) konsultiert.<br />

Wie schätzen Sie die Wirksamkeit des LGG in<br />

Ihrem Verantwortungsbereich ein?<br />

Das LGG hat dazu geführt, dass das Bestreben<br />

nach der Gleichstellung der Frau nicht mehr nur<br />

ein hohes Ziel darstellt, sondern zu einem gesetzlichen<br />

Auftrag geworden ist. Das breit gefächerte<br />

Instrumentarium des Gesetzes schafft<br />

gute Voraussetzungen, der Gleichstellungsverpflichtung<br />

nachzukommen.<br />

In meiner Verwaltung wurde im Rahmen der Personalplanung<br />

insbesondere das Instrument der<br />

Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung genutzt. In einem hausinternen<br />

Fortbildungsprogramm, das auch auf<br />

die speziellen Interessen der <strong>Frauen</strong> abgestellt<br />

war, sind neben der fachlichen Qualifikation<br />

methodische <strong>und</strong> soziale Kompetenzen vermittelt<br />

worden. Hierdurch wurden die betroffenen<br />

<strong>Frauen</strong> in die Lage versetzt, in die Spitzenämter<br />

des gehobenen <strong>und</strong> höheren Dienstes aufzusteigen.<br />

Die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit<br />

der gewählten <strong>Frauen</strong>vertreterin ist ein weiterer<br />

Garant für eine erfolgreiche <strong>Frauen</strong>förderung.<br />

Wie beurteilen Sie die gegenwärtigen Chancen<br />

für die Gleichstellungspolitik im öffentlichen<br />

Dienst?<br />

Aufgr<strong>und</strong> der personalwirtschaftlichen Restriktionen<br />

ist es leider immer schwieriger, durch<br />

gezielte Förderung die <strong>Frauen</strong>quote in den<br />

unterrepräsentierten Bereichen zu erhöhen. Das<br />

Hauptaugenmerk muss daher darauf gerichtet<br />

sein, den <strong>Frauen</strong> innerhalb einer Laufbahn das<br />

berufliche Fortkommen zu ermöglichen. Hierbei<br />

bietet das aufgr<strong>und</strong> der Altersstruktur meines<br />

Hauses bedingte, in den folgenden Jahren verstärkte<br />

Ausscheiden von Beschäftigten auch für<br />

<strong>Frauen</strong> die Chance, in diese Positionen nachzurücken.


Dieter Glietsch<br />

Der Polizeipräsident in <strong>Berlin</strong><br />

Die Polizei hat in jüngster Zeit in punkto <strong>Frauen</strong>förderung<br />

viel erreicht. Wie kam es zu diesem<br />

Erfolg?<br />

Die Erfolge in punkto <strong>Frauen</strong>förderung sind auf<br />

das positive Zusammenwirken der Führungskräfte<br />

mit den Fachdienststellen <strong>und</strong> Beschäftigtenvertretungen<br />

unter Berücksichtigung des<br />

<strong>Frauen</strong>förderplans meiner Behörde zurückzuführen,<br />

der nicht nur von der Behördenleitung,<br />

sondern von allen Führungskräften ernst genommen<br />

wird. Auf diese Weise hat sich der <strong>Frauen</strong>anteil<br />

in fast allen Laufbahn- <strong>und</strong> Berufsfachrichtungen<br />

kontinuierlich erhöht <strong>und</strong> es wurden<br />

hinsichtlich der Vereinbarkeit von Familie <strong>und</strong><br />

Beruf große Fortschritte erzielt.<br />

Zu nennen ist hier neben der inzwischen verstärkten<br />

Nutzung der verschiedenen Teilzeitmodelle<br />

durch die Dienstkräfte der Polizeivollzugslaufbahnen<br />

insbesondere die probeweise<br />

eingeführte zukunftsorientierte Arbeitsform der<br />

alternierenden Telearbeit, bei der der Wechsel<br />

der Aufgabenwahrnehmung am Telearbeitsplatz<br />

zu Hause mit dem Büroarbeitsplatz zunächst für<br />

die Bereiche angestrebt wird, deren Aufgabengebiete<br />

wesentlich von Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechniken<br />

geprägt <strong>und</strong> unterstützt<br />

werden.<br />

Die alternierende Telearbeit wird danach als eine<br />

Personal- <strong>und</strong> Organisationsentwicklungsmaßnahme<br />

verstanden, welche ein ergebnisorientiertes<br />

Führungsverhalten weiterentwickeln sowie<br />

infolge der größeren individuellen Arbeitszeitflexibilisierung<br />

<strong>und</strong> Eigenverantwortung zu einer<br />

Motivations- <strong>und</strong> Effizienzsteigerung beitragen<br />

soll. Nach den ersten positiven Erfahrungen wird<br />

eine Ausdehnung dieser in einer innerbehördlichen<br />

Dienstvereinbarung bereits normierten<br />

Arbeitsform auf die gesamte Polizeibehörde angestrebt.<br />

Wie schätzen Sie die Wirksamkeit des LGG in<br />

Ihrem Verantwortungsbereich ein?<br />

Das LGG besitzt als Orientierungshilfe bzw. Richtlinie<br />

inzwischen eine hohe Akzeptanz <strong>und</strong> ist eine<br />

wesentliche Gr<strong>und</strong>lage der Personalentwicklung<br />

in meiner Behörde.<br />

Hat sich Ihrer Meinung nach die polizeiliche<br />

Arbeit durch den höheren Anteil von <strong>Frauen</strong><br />

auch qualitativ verändert?<br />

Die <strong>Frauen</strong> in meiner Behörde zeichnen sich u.a.<br />

durch ihre besonders ausgeprägte soziale Kompetenz<br />

aus, insbesondere durch gute Konfliktlösungs-<br />

<strong>und</strong> Kommunikationsfähigkeit sowie<br />

Einfühlungsvermögen. Diese weiblichen Kompetenzen<br />

werden sowohl von den Bürgern/-innen<br />

als auch von den Kollegen geschätzt <strong>und</strong> haben<br />

positive Auswirkungen auf die polizeiliche Arbeit<br />

sowie auf die Behördenkultur. Der wachsende<br />

Anteil von <strong>Frauen</strong> hat sehr dazu beitragen, dass<br />

wir heute als moderne <strong>und</strong> bürgernahe Polizei<br />

wahrgenommen werden.<br />

9


2.<br />

Die Entstehungsgeschichte <strong>und</strong><br />

die Weiterentwicklung des LGG<br />

Anfang der 80er Jahre wurden in <strong>Berlin</strong> <strong>und</strong> auch in anderen B<strong>und</strong>esländern konkrete Überlegungen<br />

angestellt, wie <strong>Frauen</strong> beruflich besser zu fördern seien. Unterstützt wurden diese<br />

Bestrebungen durch ein Rechtsgutachten des ehemaligen Präsidenten des B<strong>und</strong>esverfassungsgerichtes,<br />

Prof. Dr. Benda, das zu dem Ergebnis kam, gezielte <strong>Frauen</strong>politik im öffentlichen<br />

Dienst sei mit dem Gr<strong>und</strong>gesetz vereinbar 1 .<br />

In <strong>Berlin</strong> führte die Diskussion 1984 zunächst zum Erlass von Leitlinien für weibliche<br />

Beschäftigte im öffentlichen Dienst 2 . Vier Jahre später war dem „Bericht über die Umsetzung<br />

des Beschlusses über die Leitlinien zur Förderung der weiblichen Beschäftigten im<br />

öffentlichen Dienst des Landes <strong>Berlin</strong>“ zu entnehmen, dass eine Verbesserung der beruflichen<br />

Situation von <strong>Frauen</strong> im <strong>Berlin</strong>er Landesdienst trotz der Leitlinien nicht eingetreten<br />

war. Dies wurde maßgeblich auf den unverbindlichen Charakter der Bestimmungen zurückgeführt<br />

3 .<br />

Im Jahr 1989 erging eine auf die <strong>Frauen</strong>förderrichtlinien des Landes Nordrhein-Westfalen<br />

bezogene, richtungweisende Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes Münster 4 , wonach<br />

Regelungen, die weit in die Personalpolitik des öffentlichen Dienstes eingreifen, in förmliche<br />

Gesetze zu kleiden seien. Diese Entscheidung gab in <strong>Berlin</strong> für die damalige rot-grüne<br />

Koalition den maßgeblichen Anstoß, die „Verrechtlichung der <strong>Frauen</strong>förderung“ zu betreiben.<br />

Angestrebt wurde dabei nicht nur die Verbesserung der Situation von <strong>Frauen</strong> im<br />

Erwerbsleben, sondern vielmehr zunächst ein umfassendes Antidiskriminierungsgesetz. Es<br />

sollte den Schutz verschiedener Personengruppen vor Diskriminierungen durch staatliches<br />

oder privates Handeln gewährleisten. Im August 1990 wurde dieser b<strong>und</strong>esweit erste Entwurf<br />

eines Landesantidiskriminierungsgesetzes (LADG) präsentiert <strong>und</strong> bereits im September<br />

als gemeinsamer Fraktionsantrag der Grünen/Alternative Liste <strong>und</strong> der SPD in das<br />

<strong>Berlin</strong>er Abgeordnetenhaus eingebracht. Das ursprüngliche Ziel eines umfassenden Antidiskrimierungsgesetzes<br />

wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens auf die Beseitigung der<br />

beruflichen Benachteiligung von <strong>Frauen</strong> eingegrenzt. Am 27. September 1990 wurde das<br />

LADG in zweiter Lesung vom <strong>Berlin</strong>er Abgeordnetenhaus verabschiedet <strong>und</strong> – wegen der<br />

nach wie vor seitens des Parlaments bestehenden Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der<br />

Quotierungsvorschrift – erst nach Einholung von Rechtsgutachten in einer dritten Lesung<br />

am 29. November 1990, drei Tage vor der Wahl zum ersten Gesamtberliner Abgeordnetenhaus,<br />

endgültig beschlossen. Auch die Ausfertigung des Gesetzes durch den damaligen Präsidenten<br />

des Abgeordnetenhauses erfolgte erst mit einiger Verspätung am 31. Dezember 1990.<br />

Das LADG trat nach Verkündung im Gesetz- <strong>und</strong> Verordnungsblatt am 13. Januar 1991<br />

in Kraft, also nach der Konstituierung des neuen <strong>Berlin</strong>er Abgeordnetenhauses. In der<br />

12. Legislaturperiode wurde das LADG unter der Großen Koalition von CDU <strong>und</strong> SPD<br />

geändert <strong>und</strong> in <strong>Berlin</strong>er Landesgleichstellungsgesetz (LGG) umbenannt.<br />

Der formalrechtlichen Verankerung der <strong>Frauen</strong>förderung folgte eine Phase der zunächst eher<br />

zögerlichen, teils auch von Widerständen begleiteten Umsetzung des Gesetzes. Im Laufe der<br />

11


12<br />

letzten Jahre konnten die Auseinandersetzungen zunehmend versachlicht werden, wozu auch<br />

zahlreiche verwaltungs- <strong>und</strong> arbeitsgerichtliche Entscheidungen beigetragen haben. In der<br />

Praxis bewiesen die auf verschiedenen Ebenen wirkenden gesetzlichen Regelungen ihre Wirksamkeit.<br />

Viele Bereiche des öffentlichen Dienstes wurden durch das LGG positiv beeinflusst<br />

<strong>und</strong> ihrerseits weiterentwickelt.<br />

Ein Landesgesetz mit Vorbildfunktion<br />

Parallel <strong>und</strong> in Folge der umfassenden <strong>Berlin</strong>er Gesetzgebung wurden in den 90er Jahren<br />

auch in anderen B<strong>und</strong>esländern <strong>und</strong> auf B<strong>und</strong>esebene vergleichbare Gesetze zur Gleichstellung<br />

von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männern bzw. zur <strong>Frauen</strong>förderung im öffentlichen Dienst erlassen 5 .<br />

Mehrere der im <strong>Berlin</strong>er LGG enthaltenen Regelungen hatten aufgr<strong>und</strong> ihrer Ausgestaltung<br />

<strong>und</strong> weit reichenden Wirkung Vorbildfunktion für andere Gesetze. Dazu zählen das Amt<br />

einer gewählten Interessenvertreterin der weiblichen Beschäftigten, die Vorgabe zu Einstellungen<br />

<strong>und</strong> Beförderungen gleichwertig qualifizierter <strong>Frauen</strong> bei Unterrepräsentanz sowie<br />

das weit reichende Beanstandungsverfahren. Neu waren auch die Vorgaben des <strong>Berlin</strong>er LGG<br />

mit Berührungspunkten zur privaten Wirtschaft, so beispielsweise die Verknüpfung von<br />

<strong>Frauen</strong>förderung mit der öffentlichen Auftragsvergabe.<br />

Wichtige Änderungen des Gesetzes<br />

Das LGG hat im Laufe seiner nunmehr 15-jährigen Geltung zahlreiche Änderungen <strong>und</strong><br />

Anpassungen erfahren. Dazu gehören die Stärkung des Amtes der <strong>Frauen</strong>vertreterin <strong>und</strong> die<br />

Schaffung des Amtes der Gesamtfrauenvertreterin sowie – in Folge der veränderten Beschäftigungssituation<br />

<strong>und</strong> des kontinuierlichen Personalabbaus im Land <strong>Berlin</strong> – die 1998 geschaffene<br />

Verpflichtung zur Beibehaltung des <strong>Frauen</strong>anteils in Bereichen mit weiblicher Unterrepräsentanz<br />

im Falle des personalwirtschaftlichen Stellenabbaus. Nach langen rechtlichen<br />

<strong>und</strong> politischen Diskussionen wurden im Jahr 1999 Ausführungsvorschriften zur Vergabe<br />

öffentlicher Aufträge in Form der <strong>Frauen</strong>förderverordnung (FFV) erlassen 6 . Mit der Regelung<br />

zur Sicherung der <strong>Frauen</strong>förderung bei Rechtsformänderung wurde im Jahr 2001 auf<br />

die zunehmenden Privatisierungstendenzen des öffentlichen Dienstes reagiert. Die Berichtspflicht<br />

über die Umsetzung des LGG wurde im Jahr 2002 auf die Erhebung wesentlicher<br />

gleichstellungspolitisch relevanter Daten konzentriert <strong>und</strong> eine Gleichstellungsberichtsverordnung<br />

erlassen.<br />

Das im Jahr 2004 in Kraft getretene Stellenpoolgesetz 7 tangiert wesentliche Vorgaben des<br />

LGG zur Einstellung <strong>und</strong> Beförderung. Alle dauerhaft oder befristet besetzbaren Stellen sind<br />

nunmehr dem <strong>Zentrale</strong>n Personalüberhangmanagement zu melden <strong>und</strong> vorrangig mit den<br />

Beschäftigten im Personalüberhang zu besetzen. Damit ist für <strong>Frauen</strong>, die nicht beim Land<br />

<strong>Berlin</strong> beschäftigt sind, der Zugang zu gut bezahlten Positionen <strong>und</strong> Führungsfunktionen<br />

in der Landesverwaltung kaum noch möglich <strong>und</strong> Personalverantwortliche der Einrichtungen<br />

stehen vor der Herausforderung, Einsparvorgaben, beschränkte Personalauswahlmöglichkeiten<br />

<strong>und</strong> <strong>Frauen</strong>förderung miteinander in Einklang bringen zu müssen. Die im LGG<br />

im Zusammenhang mit dem <strong>Frauen</strong>förderplan für die einzelnen Behörden vorgeschriebene<br />

Personalentwicklungsplanung unterstützt sie bei dieser Aufgabe.


3.<br />

Die zentralen Regelungen des LGG im Überblick<br />

In Artikel 3 Abs. 2 des Gr<strong>und</strong>gesetzes (GG) ist das Gebot der Gleichberechtigung von <strong>Frauen</strong><br />

<strong>und</strong> Männern verankert. Durch europarechtliche Vorgaben wird das Diskriminierungsverbot<br />

aus Artikel 3 Abs. 3 GG noch zusätzlich gestärkt. Mit dem LGG wurden diese abstrakten verfassungsrechtlichen<br />

Gr<strong>und</strong>sätze zu einem konkreten gesetzlichen Rahmen für <strong>Frauen</strong>förderung<br />

ausgebaut.<br />

Regelungen für Beschäftigte im <strong>Berlin</strong>er Landesdienst<br />

Das LGG soll in erster Linie dazu beitragen, die berufliche Situation<br />

Mehr <strong>Frauen</strong> in Spitzen- aller weiblichen Beschäftigten im <strong>Berlin</strong>er Landesdienst zu verbessern.<br />

<strong>und</strong> Führungspositionen Dabei geht es nicht allein um <strong>Frauen</strong>förderung in Bereichen, in denen<br />

<strong>Frauen</strong> unterrepräsentiert sind, sondern auch um Gleichstellung von<br />

im öffentlichen Dienst<br />

Männern <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong> im umfassenden Sinne. Zahlreiche Vorgaben des<br />

LGG, wie die zu Stellenausschreibungen, Auswahlverfahren, Einstellungen,<br />

Beförderungen <strong>und</strong> Aus-, Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung, sind direkt auf den Abbau der<br />

Unterrepräsentanz von <strong>Frauen</strong> gerichtet. Weitere Regelungen des LGG, wie die zu Teilzeitarbeit,<br />

flexiblen Arbeitszeiten <strong>und</strong> Beurlaubung, zielen auf die bessere Vereinbarkeit von<br />

Beruf <strong>und</strong> individuellen Lebenslagen. Wenn zunehmend private, d.h. vor allem familiäre<br />

Belange in der Organisation der Arbeit berücksichtigt werden, können Familienaufgaben<br />

zwischen Männern <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong> gerechter verteilt werden.<br />

Auch wenn die Umsetzung des LGG für Personalverantwort-<br />

Verbesserung der<br />

liche <strong>und</strong> Fachvorgesetzte nicht immer einfach ist, so eröffnet<br />

<strong>Frauen</strong>förderung doch auch neue Chancen, das vorhandene Vereinbarkeit von<br />

Potenzial der weiblichen Beschäftigten insgesamt besser als Familie <strong>und</strong> Beruf<br />

bisher nutzen zu können.<br />

Geschlechterparitätische Gremienbesetzung<br />

Dass Entscheidungs- <strong>und</strong> Beratungsgremien vorwiegend mit Männern besetzt sind, ist ein<br />

Zeichen für die andauernde geschlechterspezifische Verteilung von Macht <strong>und</strong> Einfluss. Dieses<br />

Problem ist auch auf nationaler <strong>und</strong> europäischer Ebene zunehmend in den Blick geraten<br />

<strong>und</strong> führte allseits zu verstärkten Bemühungen um geeignete Regelungen, um eine ausgewogene<br />

Besetzung der Gremien mit Männern <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong> zu erreichen.<br />

Eine wichtige Vorschrift des LGG ist die Vorgabe zur geschlechterparitätischen Besetzung<br />

aller Gremien innerhalb des <strong>Berlin</strong>er Landesdienstes sowie der Positionen, die das Land <strong>Berlin</strong><br />

in Gremien außerhalb der Landesverwaltung einnimmt (§ 15 LGG). Ungeachtet erreich-<br />

13


14<br />

ter Fortschritte zeigt sich jedoch in der Praxis, dass <strong>Frauen</strong> trotz<br />

Mehr <strong>Frauen</strong> haben teil an der gesetzlichen Vorgaben in den meisten Gremien noch immer<br />

Macht <strong>und</strong> nehmen Einfluss nicht angemessen berücksichtigt werden. In dem Bewusstsein, dass<br />

Gleichstellung erst Realität wird, wenn <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männer in<br />

gleicher Zahl Sitz <strong>und</strong> Stimme dort haben, wo wichtige Entscheidungen<br />

vorbereitet oder getroffen werden, hat der <strong>Berlin</strong>er Senat in der letzten Zeit die Gremienregelung<br />

durch eine Reihe flankierender Maßnahmen gestärkt. Auf dieser Gr<strong>und</strong>lage<br />

erhöhte sich deutlich die Präsenz von <strong>Frauen</strong>, insbesondere in wichtigen Aufsichtsgremien.<br />

Regelungen mit Auswirkungen auf die Privatwirtschaft<br />

Aufgr<strong>und</strong> der rechtlich geschützten Privatautonomie<br />

besteht für den Landesgesetzgeber nur ein schmaler Spiel- <strong>Frauen</strong>förderung in<br />

raum, um in der privaten Wirtschaft gleichstellungspoli- der Privatwirtschaft<br />

tisch aktiv zu werden. Das Land <strong>Berlin</strong> hat hier Neuland<br />

betreten mit b<strong>und</strong>esweit einmaligen Regelungen für <strong>Frauen</strong>fördermaßnahmen<br />

in der Privatwirtschaft. Auf der Gr<strong>und</strong>lage des LGG wurde 1999 eine<br />

<strong>Frauen</strong>förderverordnung (FFV) erlassen, die unter bestimmten Bedingungen die Vergabe<br />

von öffentlichen Aufträgen an die Selbstverpflichtung eines privaten Unternehmens zur<br />

<strong>Frauen</strong>- <strong>und</strong> Familienförderung knüpft.<br />

Im Jahr 2001 ist das LGG sowohl um die Verpflichtung zur <strong>Frauen</strong>förderung für private<br />

Unternehmen, an denen das Land <strong>Berlin</strong> mehrheitlich beteiligt ist, ergänzt worden als auch<br />

um die Verpflichtung zur <strong>Frauen</strong>förderung beim Übergang von der öffentlich-rechtlichen<br />

in die private Rechtsform. Darüber hinausgehende gesetzliche Regelungen zur <strong>Frauen</strong>förderung<br />

in der Privatwirtschaft könnte nur der B<strong>und</strong>esgesetzgeber erwirken.<br />

Susanne Stumpenhusen<br />

Die in 2001 ergänzte Regelung im LGG, die im<br />

Falle von Rechtsformänderungen seine Fortgeltung<br />

auch in Einrichtungen privaten Rechts<br />

sichern soll, ist ein richtiger Ansatz, solange der<br />

B<strong>und</strong>esgesetzgeber ein Gleichstellungsgesetz<br />

für die Privatwirtschaft nicht durchsetzen kann<br />

oder es gar für entbehrlich hält. Die Erfahrung hat<br />

jedoch gezeigt, dass die „Soll-Regelungen“ in § 1<br />

Mitglied der ver.di Landesbezirksleitung <strong>Berlin</strong>-Brandenburg <strong>und</strong><br />

Verfechterin einer b<strong>und</strong>eseinheitlichen gesetzlichen Regelung zur<br />

<strong>Frauen</strong>förderung in der Privatwirtschaft<br />

(4) <strong>und</strong> (5) nur bedingt tauglich sind. Bei der<br />

Vivantes GmbH dauerte es fast fünf Jahre, bis<br />

das vorgesehene Verfahren umgesetzt werden<br />

konnte. Auch im Hinblick auf die Regelungen für<br />

die Beschäftigten der Landesbank <strong>Berlin</strong> ist es<br />

bisher bei Absichtserklärungen geblieben. Ver.di<br />

fordert daher, die Inhalte des LGG in diesen <strong>und</strong><br />

künftigen Fällen tarifvertraglich fortzuschreiben.


Bezirkliche Gleichstellungspolitik<br />

Durch den Verfassungsauftrag zur Gleichstellung<br />

sind die <strong>Berlin</strong>er Bezirksverwaltungen verpflichtet, Bessere Lebensbedingungen<br />

ihre Aufgaben unter Beachtung der gleichberech- für <strong>Frauen</strong> in den Bezirken<br />

tigten Teilhabe von Männern <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong> wahrzunehmen.<br />

Das LGG sieht vor, dass die<br />

Bezirksämter für diese Aufgabe eine hauptamtlich tätige <strong>Frauen</strong>- oder <strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong><br />

bestellen, die sich für die im Bezirk lebenden <strong>und</strong> arbeitenden <strong>Frauen</strong> einsetzt. Dazu<br />

hat sie das LGG mit besonderen Rechten <strong>und</strong> Pflichten ausgestattet, die ihr erlauben, Maßnahmen<br />

<strong>und</strong> Vorhaben der Bezirksverwaltung unter Gleichstellungsaspekten zu beeinflussen.<br />

Dagmar Birkelbach<br />

Eine der ersten <strong>Frauen</strong>beauftragten im damaligen Westberlin, heute im Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg<br />

beschäftigt, langjährige Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft<br />

der bezirklichen <strong>Frauen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong>n<br />

Vom Kummerkasten zur Innovationsaufgabe<br />

Als die ersten bezirklichen <strong>Frauen</strong>beauftragten<br />

ihre Arbeit aufnahmen, sahen sie sich mit den<br />

unterschiedlichsten Erwartungen konfrontiert:<br />

„Kummerkasten“ für <strong>Frauen</strong> oder Kontrollinstanz,<br />

Skandalisierung von Missständen oder<br />

informative Veranstaltungen, Initiierung von<br />

Projekten oder verwaltungsinterne Überzeugungsarbeit.<br />

Weite Teile der Verwaltung begegneten<br />

den neuen Kolleginnen mit Skepsis<br />

<strong>und</strong> – sobald sie sich in Fragen der Kinderbetreuung,<br />

der Jugendarbeit, der Sozialhilfe, der<br />

Stadtplanung usw. einmischen wollten – auch<br />

mit Abwehr. Es gab aber auch immer wieder Kolleginnen,<br />

die sich freuten, eine Verbündete<br />

gef<strong>und</strong>en zu haben, mit der sie gemeinsam an<br />

Lösungen für Probleme von Mädchen <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong><br />

arbeiten konnten. Kompetenzfragen waren<br />

immer wieder strittig: Darf die <strong>Frauen</strong>beauftragte<br />

eigene Öffentlichkeitsarbeit machen, müssen ihr<br />

alle Informationen zur Verfügung gestellt werden,<br />

muss mit ihr kooperiert werden, muss auf<br />

ihre Kritik reagiert werden? Und auch politisch<br />

stand die Arbeit der <strong>Frauen</strong>beauftragten ständig<br />

auf dem Prüfstand: Brauchen wir so was überhaupt?<br />

Das seinerzeitige Antidiskriminierungsgesetz<br />

brachte die ersten klaren Botschaften:<br />

<strong>Frauen</strong>diskriminierung war Gegenstand eines<br />

Gesetzes, das die Landesverwaltung in die Pflicht<br />

nahm. Die Aufgabe der Interessenvertretung der<br />

weiblichen Beschäftigten wurde Aufgabe der<br />

neu zu wählenden <strong>Frauen</strong>vertreterinnen. Die<br />

Position der kommunalen <strong>Frauen</strong>beauftragten<br />

blieb jedoch noch unberücksichtigt. Erst das<br />

novellierte LGG schuf hier Klarheit. <strong>Frauen</strong>beauftragte<br />

wurden gesetzlich verankert <strong>und</strong> ihre Aufgaben<br />

<strong>und</strong> Kompetenzen festgeschrieben. Damit<br />

hatten wir für unsere Arbeit die nötige Rückendeckung.<br />

Und: Die Verwirklichung der Gleichstellung<br />

wurde explizit zur Aufgabe der gesamten<br />

Verwaltung. Ein Abschieben der Verantwortung<br />

nach dem Motto „Darum kümmert sich unsere<br />

<strong>Frauen</strong>beauftragte“ sollte nicht mehr möglich<br />

sein. Die ersten Jahre meiner Tätigkeit lag der<br />

Schwerpunkt auf Öffentlichkeitsarbeit <strong>und</strong> Vernetzung.<br />

Eine Vielzahl von Themen, die für<br />

<strong>Frauen</strong> relevant sind, wurde bearbeitet <strong>und</strong> allmählich<br />

in die verwaltungsinterne Diskussion<br />

15


16<br />

eingebracht. Neuartige Formen der Zusammenarbeit<br />

mit Verwaltungseinheiten <strong>und</strong> Projekten<br />

wurden erprobt <strong>und</strong> dabei ein Netz geknüpft, das<br />

<strong>Frauen</strong>anliegen Gehör <strong>und</strong> Nachdruck verschaffen<br />

sollte. Unser Blick dafür, was Verwaltung wo<br />

für die Gleichstellung der Geschlechter tun kann,<br />

schärfte sich. Heute sind wir einige Schritte<br />

weiter: Information <strong>und</strong> Beteiligung sind nicht<br />

mehr Gegenstand von Kämpfen – auch wenn sie<br />

immer mal wieder „vergessen“ werden <strong>und</strong> erst<br />

angemahnt werden müssen. Wir konnten in verschiedenen<br />

Bereichen von der punktuellen Beschäftigung<br />

mit einzelnen Problemen zu einer<br />

strukturellen Beschäftigung mit Gleichstellungsfragen<br />

übergehen. War z.B. vor Jahren unser<br />

Anliegen, mit MitarbeiterInnen des Sozialamtes<br />

überhaupt über häusliche Gewalt ins Gespräch<br />

zu kommen, haben wir inzwischen Schulungen<br />

durchgeführt <strong>und</strong> können heute bei der Regelung<br />

praktischer Fragen, die sich für <strong>Frauen</strong>hausbewohnerinnen<br />

durch das ALG II ergeben, auf<br />

einen Gr<strong>und</strong>konsens zurückgreifen. Hatten wir<br />

zunächst eigene Fachtagungen zur Mädchen-<br />

arbeit organisiert <strong>und</strong> erstmals die unterschiedliche<br />

Nutzung von Einrichtungen durch Mädchen<br />

<strong>und</strong> Jungen abgefragt, begleiten wir<br />

heute workshops der Jugendförderung über geschlechtergerechte<br />

Jugendarbeit. Bei der Entwicklung<br />

unserer Arbeit von einer eher am Rande<br />

der Verwaltung agierenden Einrichtung hin zu<br />

einer Stelle, die sich als Motor der systematischen<br />

Implementierung von Gleichstellungszielen in<br />

der Verwaltung versteht, war <strong>und</strong> ist die Aufgaben-<br />

<strong>und</strong> Kompetenzzuschreibung durch das<br />

LGG von größter Bedeutung. Und die Zukunft?<br />

Verstärkte Integration in die Verwaltung kann<br />

auch negative Auswirkungen haben: Bürokratisierung,<br />

Anpassung, zu großes Verständnis dafür,<br />

was alles nicht geht ... Wir müssen unbequem<br />

bleiben <strong>und</strong> das in enger Zusammenarbeit mit<br />

anderen <strong>Frauen</strong> auch außerhalb der Verwaltung.<br />

Denn neben der Absicherung unserer Arbeit<br />

durch gesetzliche Gr<strong>und</strong>lagen bleibt genauso<br />

entscheidend, dass <strong>Frauen</strong> ihre Interessen laut<br />

<strong>und</strong> deutlich vertreten <strong>und</strong> uns dabei als Verbündete<br />

haben.


4.<br />

Die Instrumente des LGG<br />

Die ungleiche Verteilung von Macht <strong>und</strong> Geld zwischen Männern <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong> erfordert weiterhin<br />

aktive <strong>Frauen</strong>förderung im öffentlichen Dienst durch Erhöhung des Anteils von<br />

<strong>Frauen</strong> an den höheren Besoldungs- <strong>und</strong> Vergütungsgruppen sowie in Führungspositionen.<br />

Darüber hinaus soll die Vereinbarkeit von Beruf <strong>und</strong> Familie <strong>und</strong> damit die gleichberechtigte<br />

<strong>Frauen</strong>erwerbstätigkeit unterstützt werden. Das LGG verbietet ausdrücklich jede sachlich<br />

nicht gerechtfertigte unmittelbare sowie jede mittelbare Diskriminierung von <strong>Frauen</strong><br />

(§ 2 LGG) <strong>und</strong> verpflichtet jede Landeseinrichtung bzw. Dienststelle aktiv zu werden, um<br />

die Gleichstellung von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männern in der Beschäftigung <strong>und</strong> die Beseitigung der<br />

Unterrepräsentanz von <strong>Frauen</strong> zu erreichen. Beim Abbau von Personal darf sich bei Unterrepräsentanz<br />

der prozentuale Anteil von <strong>Frauen</strong> vor allem auch an Führungs- <strong>und</strong> Leitungspositionen<br />

nicht verringern (§ 3 LGG). Die vom LGG vorgegebenen Ziele konkret<br />

umzusetzen ist Aufgabe der jeweiligen Leitung einer Landeseinrichtung bzw. Dienststelle.<br />

Dabei sind Führungskräfte in besonderer Weise verantwortlich; die Wahrnehmung dieser<br />

ausdrücklichen Aufgabe ist in ihrer Leistungsbeurteilung zu bewerten.<br />

<strong>Frauen</strong>förderpläne<br />

Konkretisierte<br />

Im <strong>Frauen</strong>förderplan legt jede Dienststelle bzw. Einrichtung<br />

<strong>Frauen</strong>förderung<br />

auf der Basis einer Bestandsaufnahme sowie einer Analyse der<br />

Beschäftigtenstruktur selbst fest, mit welchen Maßnahmen der<br />

<strong>Frauen</strong>anteil in Bereichen mit Unterrepräsentanz erhöht werden soll. Dafür sind unter<br />

Berücksichtigung frei werdender Stellen <strong>und</strong> Personaleinsparvorgaben verbindliche Zielvorgaben<br />

zu formulieren. Der <strong>Frauen</strong>förderplan wird unter Beteiligung der <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

für jeweils sechs Jahre erstellt bzw. fortgeschrieben, wobei durch eine zweijährliche Anpassung<br />

aktuelle Entwicklungen berücksichtigt werden können (§ 4 LGG).<br />

Stellenausschreibungen<br />

Um für die Besetzung verantwortungsvoller <strong>und</strong> gut bezahlter Positionen qualifizierte <strong>Frauen</strong><br />

zu erreichen, schreibt das LGG externe bzw. interne Stellenausschreibungen vor. Bei Unterrepräsentanz<br />

sind bereits in der Ausschreibung geeignete <strong>Frauen</strong> ausdrücklich zur Bewerbung<br />

zu ermuntern. Diese Vorgabe betrifft auch Vorstandspositionen in öffentlich-rechtlichen<br />

Einrichtungen des Landes <strong>Berlin</strong>. Bei Stellenbesetzungen, die<br />

Gezielte Ansprache aufgr<strong>und</strong> der veränderten Beschäftigungssituation im öffentlichen Dienst bzw.<br />

von <strong>Frauen</strong><br />

gesetzlicher Regelungen verwaltungsintern erfolgen, sind diese Vorgaben sinngemäß<br />

anzuwenden (§ 5 LGG).<br />

17


18<br />

Quotenregelungen<br />

Das LGG kennt mehrere Quotenregelungen, so die Ausbildungsplatzquote (§ 7 LGG), die<br />

Quote zur Teilnahme an berufsqualifizierenden Fort- <strong>und</strong> Weiterbildungen (§ 9 LGG) sowie<br />

die Quote bei Stellenbesetzungen <strong>und</strong> Beförderungen (sog. Entscheidungsquote mit Härtefallregelung,<br />

§ 8 LGG).<br />

Quotenregelungen stellen zielgerichtete Mittel zur Erhöhung des <strong>Frauen</strong>anteils<br />

in Bereichen mit weiblicher Unterrepräsentanz dar. Rechtlich<br />

Quoten sind rechtmäßig <strong>und</strong> politisch umstritten ist insbesondere die Quotenregelung bei Stellenbesetzungs-<br />

<strong>und</strong> Beförderungsverfahren. Sofern in diesen Fällen eine<br />

Auswahlentscheidung zwischen zwei gleichwertig Qualifizierten unterschiedlichen<br />

Geschlechts getroffen werden muss, ist die Frau auszuwählen, wenn in der Person<br />

des Mitbewerbers keine besonderen Härtefallgründe vorliegen. Diese Gründe dürfen<br />

nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs wiederum nicht diskriminierend<br />

auf <strong>Frauen</strong> wirken. Eine gesetzliche Regelung, durch die bei Unterrepräsentanz eine Frau<br />

mit einer gleichwertigen Qualifikation (Eignung, Befähigung <strong>und</strong> fachliche Leistung) vor<br />

einem Mitbewerber einzustellen bzw. zu befördern ist, entspricht jedoch ausdrücklich Artikel<br />

3 Abs. 2 Satz 2 GG bzw. Artikel 141 Abs. 4 des EG-Vertrages.<br />

<strong>Frauen</strong>förderung <strong>und</strong> öffentliche Auftragsvergabe<br />

Das LGG sieht vor, dass die Vergabe öffentlicher Aufträge mit Zielen der <strong>Frauen</strong>förderung<br />

<strong>und</strong> der Vereinbarkeit von Beruf <strong>und</strong> Familie in der Privatwirtschaft verb<strong>und</strong>en wird (§ 13<br />

LGG). Die seit 1999 geltende <strong>Frauen</strong>förderverordnung (FFV) konkretisiert diese gesetzliche<br />

Vorgabe. Die Vergabe eines öffentlichen Auftrages des Landes <strong>Berlin</strong> wird danach an die<br />

Selbstverpflichtung eines Unternehmens zur <strong>Frauen</strong>- <strong>und</strong> Familienförderung geknüpft. Die<br />

FFV enthält einen Katalog mit achtzehn Maßnahmen, von denen die jeweils ausgewählten<br />

zu Beginn des Auftrags einzuleiten, fort- oder umzusetzen sind.<br />

Die FFV findet Anwendung bei<br />

• der Vergabe eines öffentlichen Auftrags durch eine Vergabestelle<br />

Finanzieller Anreiz zur<br />

des Landes <strong>Berlin</strong>,<br />

<strong>Frauen</strong>- / Familienförderung<br />

• einem Auftragsvolumen über 50.000 ¤,<br />

• einer Beschäftigtenzahl von mehr als 10,<br />

• Liefer- <strong>und</strong> Dienstleistungen (keine Bauleistungen).<br />

Das Angebot darf von der Vergabestelle nur berücksichtigt werden, wenn die Selbstverpflichtung<br />

des Unternehmens vorliegt. Eine inhaltliche Bewertung dieser Selbstverpflichtung<br />

bzw. der ausgewählten Maßnahmen zur <strong>Frauen</strong>- bzw. Familienförderung erfolgt im Vergabeverfahren<br />

nicht. Bewertung <strong>und</strong> Zuschlag für den Auftrag unterliegen den üblichen<br />

Vergabekriterien (Eignung der Bieterinnen <strong>und</strong> Bieter, wirtschaftlichstes Angebot).


Volkmar Strauch<br />

Staatssekretär für Wirtschaft in <strong>Berlin</strong> mit langjährigen Erfahrungen bei der Industrie- <strong>und</strong><br />

Handelskammer<br />

Wie sehen Sie persönlich die Verzahnung von<br />

Wirtschafts- <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong>förderpolitik?<br />

<strong>Frauen</strong> sind ein Erfolgsfaktor für die Wirtschaft.<br />

Durch Chancengleichheit von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männern<br />

ist es möglich, Potenziale <strong>und</strong> Qualifikationen,<br />

Motivation <strong>und</strong> Talente aller Beschäftigten<br />

besser auszuschöpfen <strong>und</strong> die Produktivität zu<br />

steigern. Die Überwindung tradierter Einstellungen<br />

trägt zur Effektivierung des Managements<br />

<strong>und</strong> der Arbeitsorganisation in Unternehmen bei.<br />

Wenn das Thema Chancengleichheit als integraler<br />

Teil unserer Wirtschaftspolitik verstanden wird,<br />

verbessern wir die Rahmenbedingungen für mehr<br />

Wirtschaftswachstum. <strong>Berlin</strong> hat einen wichtigen<br />

Standortvorteil durch die traditionell hohe Erwerbstätigkeit<br />

von <strong>Frauen</strong> sowie relativ gute Kinderbetreuungsangebote.<br />

Dies gilt es zu nutzen.<br />

Wie bewerten Sie das Instrument der <strong>Frauen</strong>förderverordnung<br />

(FFV)?<br />

Ich kenne die Bedenken von Unternehmen, die<br />

über bürokratischen Aufwand <strong>und</strong> Eingriffe in<br />

ihre unternehmerische Freiheit der Betriebsgestaltung<br />

klagen. Ich kenne auch die gr<strong>und</strong>sätzliche<br />

Debatte darüber, was denn „vergabefremde“<br />

Aspekte seien. Aber: Unternehmen, die bereits im<br />

Bereich der Chancengleichheit aktiv sind, fühlen<br />

sich nicht belastet, sondern sehen sich in ihrem<br />

Einsatz bestärkt. Andere Unternehmen erhalten<br />

durch die FFV einen Anstoß, über ein Thema nachzudenken,<br />

das sie bisher vernachlässigt haben.<br />

Und schließlich können die Unternehmen zum<br />

Nachweis der <strong>Frauen</strong>förderung auf eine Vielfalt<br />

von ganz unterschiedlichen Maßnahmen zurückgreifen,<br />

die eine dem eigenen Betrieb jeweils angemessene<br />

Strategie ermöglicht.<br />

Welche weiteren Aktivitäten planen Sie zur Förderung<br />

von <strong>Frauen</strong> in privaten Unternehmen?<br />

WirwollendieErfahrungen der Vergabestellen <strong>und</strong><br />

der Unternehmen mit der Verordnung auswerten.<br />

Dazu haben wir eine Abfrage bei den Vergabestellen<br />

des Landes durchgeführt. Außerdem werden<br />

wir die Öffentlichkeitsarbeit verstärken, um zu zeigen,<br />

dass viele Maßnahmen einfach umzusetzen<br />

sind.<br />

Gemeinsam mit den Organisationen der <strong>Berlin</strong>er<br />

Wirtschaft (Kammern, Unternehmensverbände),<br />

der DGB-Regionaldirektion <strong>Berlin</strong>-Brandenburg<br />

<strong>und</strong> dem Verein „European Women’s Management<br />

e.V.“ haben wir uns auf eine Landesinitiative<br />

„Chancengleichheit in der <strong>Berlin</strong>er Wirtschaft“<br />

verständigt, die im Dezember 2005 auf einer Pressekonferenz<br />

vorgestellt wurde. Erstes sichtbares<br />

Resultat wird eine Broschüre sein, in der gemeinsam<br />

entwickelte „Leitlinien zur Förderung der<br />

Gleichstellung von Männern <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong>“ vorgestellt<br />

<strong>und</strong> die vielfältigen Aktivitäten aller Beteiligten<br />

auf diesem Gebiet dargestellt werden.<br />

Darüber hinaus werden wir im Rahmen dieser<br />

Landesinitiative weitere Handlungsschritte entwickeln,<br />

um die Chancengleichheit von Männern<br />

<strong>und</strong> <strong>Frauen</strong> in der <strong>Berlin</strong>er Wirtschaft zu verbessern<br />

<strong>und</strong> damit einen Beitrag zur Stärkung des<br />

Wirtschaftsstandortes <strong>Berlin</strong> <strong>und</strong> der Gleichstellung<br />

der Geschlechter zu leisten.<br />

19


20<br />

<strong>Berlin</strong>er Regelung zur Gremienbesetzung<br />

Die Gremienbesetzung im <strong>Berlin</strong>er Landesdienst ist in § 15 LGG geregelt. Dabei wird unterschieden<br />

zwischen Gremien im Bereich der <strong>Berlin</strong>er Landesverwaltung <strong>und</strong> Gremien außerhalb<br />

des Landesdienstes, in die das Land seinerseits Mitglieder entsendet. Für die Dienststellen<br />

des Landes <strong>Berlin</strong> gilt, dass insbesondere Gremien, die zu beruflich relevanten Fragen<br />

entscheiden <strong>und</strong> beraten, geschlechtsparitätisch besetzt werden sollen. Die entsendenden<br />

Einrichtungen benennen mindestens ebenso viele <strong>Frauen</strong> wie Männer.<br />

Darf nur ein Mitglied benannt werden, ist nach Ablauf der Amts-<br />

Geschlechterparität ist<br />

periode eine Person des jeweils anderen Geschlechts zu benennen. Das<br />

Ausdruck von Demokratie<br />

Gleiche gilt für Entsendungen von Vertreterinnen <strong>und</strong> Vertretern aus<br />

dem Landesdienst in Gremien außerhalb der Verwaltung.<br />

Der Senat hat vor allem in den letzten Jahren die <strong>Berlin</strong>er Gremienregelung<br />

durch weitere Maßnahmen flankiert. Zum einen wurde die Berichtspflicht zu den<br />

Gremien erweitert; neben der geschlechterdifferenziert auszuweisenden Zahl der Mitglieder<br />

werden jetzt auch detaillierte Angaben zu den Gremien selbst erhoben wie insbesondere die<br />

Rechtsgr<strong>und</strong>lagen der Gremien sowie die Zuständigkeiten für Berufung <strong>und</strong> Zusammensetzung.<br />

Zudem hat der Senat beschlossen, die Rechtsgr<strong>und</strong>lagen der Gremien sowie die<br />

Zuständigkeit für die Besetzung bzw. das Auswahlverfahren auch für Unternehmen, an denen<br />

das Land <strong>Berlin</strong> beteiligt ist, zu erheben <strong>und</strong> im so genannten Beteiligungsbericht darzustellen.<br />

Des Weiteren wurde für Gremienbesetzungen, über die der Senat entscheidet, in die Gemeinsame<br />

Geschäftsordnung für die <strong>Berlin</strong>er Verwaltung der Passus aufgenommen, dass ein von<br />

§ 15 LGG abweichender Besetzungsvorschlag zu begründen ist.


5.<br />

Die auf dem LGG basierenden Ämter<br />

<strong>Frauen</strong>vertreterinnen in den Dienststellen des Landes <strong>Berlin</strong><br />

Die <strong>Frauen</strong>vertreterin kontrolliert als „Hüterin des LGG“ dessen Umsetzung. In jeder Dienststelle<br />

im Sinne von § 5 des <strong>Berlin</strong>er Personalvertretungsgesetzes (PersVG Bln), mit Ausnahme<br />

der <strong>Berlin</strong>er Hochschulen, wählen die weiblichen Beschäftigten für die Dauer von vier Jahren<br />

ihre Interessenvertreterin. Gr<strong>und</strong>sätze zur Vorbereitung <strong>und</strong> Durchführung der Wahl<br />

sind in der Verordnung über die Wahl zur <strong>Frauen</strong>vertreterin (WOFrau) geregelt.<br />

Susanna Brodersen<br />

<strong>Frauen</strong>vertreterin im Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf, langjährige Sprecherin der<br />

Landesarbeitsgemeinschaft der <strong>Frauen</strong>vertreterinnen des Landes <strong>Berlin</strong><br />

In der praktischen Anwendung haben sich einige<br />

Regelungen des LGG für die Arbeit der <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

besonders bewährt. Vor allem die<br />

Verpflichtung der Leitungsebenen zur aktiven<br />

Gleichstellung von Männern <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong> gibt der<br />

Amtsinhaberin die Möglichkeit, die Verantwortung<br />

für die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben<br />

an der richtigen Stelle einzufordern.<br />

Dadurch sind diejenigen, die Entscheidungsverantwortung<br />

tragen, besonders bei Einstellungen<br />

<strong>und</strong> Beförderungen zu einer veränderten Prioritätensetzung<br />

<strong>und</strong> zu mehr Transparenz bei<br />

Personalentscheidungen gezwungen. Das gilt<br />

ebenfalls beim Stellenabbau, seit durch die Novellierung<br />

des § 3 LGG im Jahre 1999 sichergestellt<br />

werden muss, dass sich der <strong>Frauen</strong>anteil in Berei-<br />

chen mit Unterrepräsentanz durch personalwirtschaftliche<br />

Maßnahmen nicht verringert.<br />

Durch die Aufwertung des <strong>Frauen</strong>förderplans<br />

zum integralen Bestandteil der gesamten Personalentwicklungsplanung<br />

einer Dienststelle entspricht<br />

das LGG auch den Anforderungen eines<br />

modernen Personalmanagements.<br />

Von der Politik erwarte ich als weiteren hilfreichen<br />

Schritt zum Selbstverständnis von <strong>Frauen</strong>förderung<br />

im öffentlichen Dienst die noch<br />

konsequentere Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben<br />

zur geschlechterparitätischen Besetzung<br />

von Gremien mit weiblicher Entscheidungskompetenz.<br />

21


22<br />

In Bereichen, in denen ein Gesamtpersonalrat besteht, wird auch eine Gesamtfrauenvertreterin<br />

gewählt. Die Amtsinhaberin ist im erforderlichen Umfang von den bisherigen Aufgaben<br />

frei zu stellen. Empfehlungen zu Freistellung <strong>und</strong> personeller bzw. sächlicher Ausstattung<br />

des Amtes wurden im Jahr 1994 vom <strong>Berlin</strong>er Senat beschlossen. Die <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

ist wie ein Personalratsmitglied zur Verschwiegenheit verpflichtet. Sie darf bei der Amtsausübung<br />

weder behindert noch benachteiligt oder begünstigt werden. Wie ein Mitglied des<br />

Personalrates ist sie vor Kündigung, Versetzung <strong>und</strong> Abordnung geschützt.<br />

Angela Ufer<br />

Gesamtfrauenvertreterin bei den <strong>Berlin</strong>er Stadtreinigungsbetrieben, einem Bereich der<br />

öffentlichen Verwaltung, der traditionell noch immer von männlichen Berufsbildern<br />

dominiert wird<br />

In einem Unternehmen, in dem zum weitaus<br />

überwiegenden Teil Männer beschäftigt sind, ist<br />

<strong>Frauen</strong>förderung zunächst kein allgemein interessierendes<br />

Thema! Erst jetzt, beim Personalabbau,<br />

wird das LGG breit diskutiert, da die<br />

<strong>Frauen</strong> in unterrepräsentierten Bereichen durch<br />

§ 3 Abs. 3 besonders geschützt werden. Als das<br />

LGG um den § 18 a Gesamtfrauenvertreterin ergänzt<br />

wurde, gelang etwas ganz Wichtiges: die<br />

<strong>Frauen</strong>vertretung erhielt damit die Möglichkeit,<br />

die Betriebspolitik mit zu gestalten. Also von vorn<br />

herein, beim Entstehen bzw. Aushandeln von<br />

betrieblichen Gr<strong>und</strong>sätzen, Richtlinien <strong>und</strong> Regelungen,<br />

Weichen zu stellen für Chancengleichheit<br />

<strong>und</strong> <strong>Frauen</strong>förderung <strong>und</strong> dadurch auch die<br />

<strong>Frauen</strong>vertreterinnen in ihrer Arbeit „vor Ort“<br />

enorm zu unterstützen. Einfluss genommen werden<br />

konnte z.B. bei so wichtigen Fragen wie<br />

dem Finden des neuen Unternehmensleitbildes<br />

(Chancengleichheit <strong>und</strong> gute Bedingungen für<br />

die Vereinbarkeit von Familie <strong>und</strong> Beruf – von der<br />

<strong>Frauen</strong>vertretung eingebracht), bei der Gestaltung<br />

des Vermittlungsmanagements für den Personalüberhang<br />

(höhere Punktzahlen für <strong>Frauen</strong><br />

mit familiären Pflichten, Schutz nach § 3 Abs. 3),<br />

bei Personalentwicklungsmaßnahmen (besondere<br />

Berücksichtigung von <strong>Frauen</strong> bei der Nachfolge-<br />

<strong>und</strong> Entwicklungsplanung).<br />

Aus meiner Sicht wären politische Unterstützungsmaßnahmen<br />

erforderlich, um in meinem<br />

Bereich das Thema <strong>Frauen</strong>förderung voranzubringen.<br />

Zunächst in der Frage der Wirksamkeit<br />

von Entscheidungen, die in Folge von Beanstandungen<br />

von der Senatsverwaltung positiv beschieden<br />

wurden. Die Unternehmensleitung der<br />

BSR kann bisher die Auflagen der Senatsverwaltung<br />

unberücksichtigt lassen; Sanktionen stehen<br />

nicht zur Verfügung. Außerdem gilt das LGG<br />

nicht in den BSR-Töchtern. Die Ausweitung der<br />

Gr<strong>und</strong>sätze des LGG auf private Töchter-Firmen<br />

sollte nach wie vor ein wichtiges politisches Ziel<br />

bleiben.


Die <strong>Frauen</strong>vertreterin ist bei allen personellen <strong>und</strong> organisatorischen sowie bei allen die<br />

weiblichen Dienstkräfte betreffenden sozialen Maßnahmen zu beteiligen. Ihre Beteiligungsrechte<br />

gehen zuweilen über die Rechte des Personalrates hinaus. Sie besitzt insbesondere<br />

bei Stellenbesetzungs- oder Beförderungsverfahren das Recht auf<br />

• Beteiligung an Stellenausschreibungen,<br />

• Beteiligung an Auswahlverfahren,<br />

• Teilnahme an Bewerbungsgesprächen,<br />

• Einsicht in die Personalakten (mit Einwilligung der betroffenen Dienstkräfte),<br />

• Einsicht in alle Bewerbungsunterlagen.<br />

Margot Brandes<br />

Erste Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft der <strong>Frauen</strong>vertreterinnen <strong>und</strong><br />

jetziges Mitglied des Personalrates der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung,<br />

einer der größten Senatsverwaltungen<br />

Das Amt einer <strong>Frauen</strong>vertreterin (FV) ist aus meiner<br />

Sicht wichtiger denn je. Aufgr<strong>und</strong> der seit<br />

Jahren anhaltenden Haushaltskonsolidierung<br />

<strong>und</strong> fortwährender Umstrukturierungen sowohl<br />

in den Senatsverwaltungen als auch in den Bezirken<br />

wird der Handlungsspielraum für die <strong>Frauen</strong>förderung<br />

immer mehr begrenzt. Nur durch<br />

ein Bündel von Maßnahmen der Personalplanung,<br />

des Personal- <strong>und</strong> Fortbildungsmanagements<br />

sowie der Organisation sind überhaupt<br />

noch Fortschritte zu erzielen. <strong>Frauen</strong> nutzen Qualifizierungsangebote<br />

gezielter <strong>und</strong> konsequenter<br />

als Männer. Auch hier muss die FV darum kämpfen,<br />

dass entsprechende Angebote aus- <strong>und</strong><br />

nicht abgebaut werden. Die restriktiven Sparvorgaben,<br />

aufgr<strong>und</strong> derer die dauerhafte Übernahme<br />

von Auszubildenden <strong>und</strong> die Einstellung<br />

externer Bewerberinnen nahezu ausgeschlossen<br />

ist, macht die Aufgabe der FV nicht leichter. Eine<br />

ihrer <strong>und</strong>ankbarsten Aufgaben ist es, dafür Sorge<br />

zu tragen, dass die Sparmaßnahmen bei Personalmitteln<br />

besonders in den Bereichen nicht zu<br />

einer Verringerung des <strong>Frauen</strong>anteils führen, in<br />

denen <strong>Frauen</strong> unterrepräsentiert sind, was insbesondere<br />

leider nach wie vor in den meisten<br />

Führungsebenen der Fall ist. <strong>Frauen</strong>förderung ist<br />

auch eine Aufgabe des Personalrates. Er sollte die<br />

FV jederzeit bei der Durchsetzung ihrer berechtigten<br />

Forderungen unterstützen. Das geschieht<br />

in unserer Verwaltung in erster Linie dadurch,<br />

dass vom Personalrat kein Vorgang behandelt<br />

wird, wenn nicht das OK der <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

vorliegt. In welchen Trippelschrittchen sich oft<br />

nur etwas bewegen lässt, zeigt die Besetzung der<br />

Gremien, je höherrangiger, umso mehr Männerdominanz<br />

ist auch nach 15 Jahren Gleichstellungsgesetz<br />

noch festzustellen, leider!<br />

23


24<br />

Die <strong>Frauen</strong>vertreterin hat gegenüber der Dienststellenleitung das Recht auf Auskunft sowie<br />

frühzeitige Information. Sie kann alle für ihre Arbeit relevanten Akten einsehen <strong>und</strong> vor<br />

einer abschließenden Entscheidung eine Stellungnahme abgeben. Die <strong>Frauen</strong>vertreterin ist<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich vor dem Personalrat zu beteiligen, nur in unaufschiebbaren Angelegenheiten<br />

zeitgleich. Als „schärfste Waffe“ der <strong>Frauen</strong>vertreterin gilt das Beanstandungsrecht. Damit<br />

kann sie bei personellen oder sonstigen Maßnahmen innerhalb von 14 Tagen einen Verstoß<br />

gegen das LGG beanstanden. Ist die Beanstandung beachtlich, weil auf einem Beteiligungsrecht<br />

beruhend, wird eine gesetzlich vorgegebene Aussetzungspflicht der geplanten<br />

Maßnahme ausgelöst. Die Dienststelle muss in jedem Fall erneut entscheiden. Erfolgt keine<br />

Einigung, kann die <strong>Frauen</strong>vertreterin das für <strong>Frauen</strong>politik zuständige Senatsmitglied anrufen.<br />

Dieses muss der Dienststelle einen Entscheidungsvorschlag vorlegen. Auf der Ebene der<br />

Hauptverwaltung kann bei anhaltenden Meinungsunterschieden eine abschließende Entscheidung<br />

der Personalkommission des Senats herbeigeführt werden. Sieht sich die <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

in ihren eigenen Rechten verletzt, kann sie nach einem erfolglosen Beanstandungsverfahren<br />

beim Verwaltungsgericht <strong>Berlin</strong> einstweiligen Rechtsschutz beantragen <strong>und</strong><br />

Klage einreichen 8 .<br />

Astrid Maurer<br />

<strong>Frauen</strong>vertreterin in einem Bankunternehmen<br />

Im Vergleich zu den typischen Verwaltungseinrichtungen<br />

ist bei der Landesbank <strong>Berlin</strong> (LBB) die<br />

Wettbewerbs- <strong>und</strong> Profitorientierung zu beachten.<br />

Dieser besondere Aspekt ist z.B. bei Stellenausschreibungen<br />

wichtig. In der LBB haben wir<br />

zur Umsetzung von § 10 LGG eine besondere<br />

Regelung. Die „Dienstvereinbarung zu erweiterten<br />

Öffnungszeiten im Vertrieb“ regelt, dass die<br />

Betreuung von Familienangehörigen vorrangig<br />

bei der Arbeitszeitplanung zu berücksichtigen<br />

ist. Als Erfolg versprechende politische Unterstützungsmaßnahme<br />

schlage ich eine Zertifizie-<br />

rung zur <strong>Frauen</strong>förderung vor. Das kann Öffentlichkeit<br />

herstellen <strong>und</strong> wäre ein gutes „Transportmittel“<br />

für Maßnahmen, die sich in der Praxis<br />

bewährt haben. Dadurch erhält das für <strong>Frauen</strong>politik<br />

zuständige Senatsmitglied die Möglichkeit,<br />

offiziell die <strong>Frauen</strong>förderung von Unternehmen<br />

bzw. Verwaltung zu würdigen.


<strong>Berlin</strong>er Hochschulfrauenbeauftragte<br />

Die <strong>Berlin</strong>er Hochschulen gehören als öffentlich-rechtliche Körperschaften ebenfalls zum<br />

Geltungsbereich des LGG. Soweit das <strong>Berlin</strong>er Hochschulgesetz (BerlHG) spezielle <strong>und</strong><br />

abschließende Regelungen (lex speciales) enthält, gehen diese den Regelungen des LGG vor.<br />

In den Hochschulen ist die Hochschulfrauenbeauftragte gleichzeitig <strong>Frauen</strong>vertreterin im<br />

Sinne des LGG. Die hauptamtliche <strong>Frauen</strong>beauftragte hat eine zentrale <strong>und</strong> herausgehobene<br />

Position für die Hochschulgleichstellungspolitik. Im BerlHG sind Aufgaben, Rechte <strong>und</strong><br />

Wahl der <strong>Frauen</strong>beauftragten auf die hochschulspezifischen Bedingungen zugeschnitten geregelt.<br />

Anders als im LGG wird eine <strong>Frauen</strong>beauftragte der Hochschule durch ein Gremium,<br />

in dem alle Statusgruppen (Professorinnen, Studentinnen, wissenschaftliche Mitarbeiterinnen<br />

<strong>und</strong> sonstige Mitarbeiterinnen) der Hochschule vertreten sind, gewählt. Sie wird dann<br />

durch die Leiterin bzw. den Leiter der Hochschule förmlich bestellt. Die Zuständigkeit einer<br />

Hochschulfrauenbeauftragten ist weit gefasst <strong>und</strong> keinesfalls auf personelle Angelegenheiten<br />

beschränkt. Sie berät <strong>und</strong> unterstützt die Hochschulleitung <strong>und</strong> die übrigen Organe <strong>und</strong><br />

Einrichtungen bei allen <strong>Frauen</strong> betreffenden Angelegenheiten, insbesondere bei der Erstellung<br />

von <strong>Frauen</strong>förderrichtlinien <strong>und</strong> -plänen. Die Hochschulfrauenbeauftragte hat ein<br />

umfassendes Beteiligungsrecht bei allen <strong>Frauen</strong> bereffenden strukturellen, organisatorischen<br />

<strong>und</strong> personellen Maßnahmen. In Gremien bzw. Organen steht ihr ein eigenes Informations-,<br />

Rede- <strong>und</strong> Antragsrecht sowie ein aufschiebendes Widerspruchsrecht zu. Hervorzuheben ist<br />

auch das eigene Informations- <strong>und</strong> Öffentlichkeitsrecht. Die hochschulspezifische Ausgestaltung<br />

des Amtes gewährleistet die Freiheit von Forschung, Lehre <strong>und</strong> Kunst <strong>und</strong> sichert<br />

der Hochschulfrauenbeauftragten Unabhängigkeit innerhalb der hochschulspezifischen Statushierarchien.<br />

Mechthild Koreuber<br />

<strong>Frauen</strong>beauftragte der Freien Universität, Sprecherin der Landeskonferenz der Hochschulfrauenbeauftragten<br />

Die Wahl erster <strong>Frauen</strong>beauftragter <strong>und</strong> die Verankerung<br />

ihrer Ämter im BerlHG sind dem erfolgreichen<br />

Engagement von <strong>Frauen</strong> an den <strong>Berlin</strong>er<br />

Hochschulen zuzurechnen. Die Arbeit der<br />

<strong>Frauen</strong>beauftragten zeigt hochschulspezifische<br />

Besonderheiten auf wie die Orientierung an der<br />

Gremienstruktur, der im BerlHG Rechnung getragen<br />

wird, oder die enge Zusammenarbeit mit der<br />

Geschlechterforschung. Erst mit dem LGG wurde<br />

eine umfassende gesetzliche Gr<strong>und</strong>lage für neue<br />

Handlungsmöglichkeiten gegen Diskriminierung<br />

zugunsten einer gleichstellungsgerechten Personalpolitik<br />

geschaffen. Auf seiner Gr<strong>und</strong>lage<br />

wurden Richtlinien an den Hochschulen entwickelt,<br />

um die Förderung von <strong>Frauen</strong> systematisch<br />

umzusetzen <strong>und</strong> die Ebenen wissenschaftlicher<br />

Qualifikationen <strong>und</strong> beruflicher Karrierewege<br />

einzubeziehen. Eine zentrale Aufgabe ist<br />

die Erhöhung des Anteils von <strong>Frauen</strong> in Entscheidungspositionen,<br />

d.h. die Berufung von Pro-<br />

25


26<br />

fessorinnen. Wir begleiten jeden Schritt der Berufungsverfahren,<br />

um der Diskriminierung von<br />

<strong>Frauen</strong> vorzubeugen. Wir beteiligen uns an der<br />

Formulierung von Stellenbeschreibungen ebenso<br />

wie an der Entscheidungsfindung in Kommissionen,<br />

wir fordern in Stellungnahmen zur bevorzugten<br />

Berufung von <strong>Frauen</strong> auf. Wir beraten die<br />

Hochschulleitung in allen organisatorischen <strong>und</strong><br />

strukturellen Angelegenheiten, die <strong>Frauen</strong> betreffen.<br />

Gegenwärtig verbinden wir die <strong>Frauen</strong>förderung<br />

mit modernen Hochschulsteuerungs-<br />

<strong>Frauen</strong>-/<strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong> in den <strong>Berlin</strong>er Bezirken<br />

instrumenten wie Zielvereinbarungen <strong>und</strong> leistungsorientierte<br />

Mittelvergabe. Wir prüfen, ob<br />

Elemente zur Umsetzung des staatlichen Gleichstellungsauftrages<br />

integriert sind oder entwickeln<br />

gemeinsam mit den zuständigen Stellen<br />

ergänzende Konzepte. Durch eine Verdoppelung<br />

des <strong>Frauen</strong>anteils bei Professuren in den vergangenen<br />

15 Jahren auf r<strong>und</strong> 18 % liegt <strong>Berlin</strong> jetzt<br />

deutlich über dem B<strong>und</strong>esschnitt, eine Bestätigung<br />

erfolgreichen Wirkens der <strong>Frauen</strong>beauftragten.<br />

Das LGG verpflichtet seit 1998 jedes Bezirksamt, der Bezirksbürgermeisterin bzw. dem<br />

Bezirksbürgermeister eine hauptamtlich tätige bezirkliche <strong>Frauen</strong>- oder <strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong><br />

unmittelbar zuzuordnen. Damit wurden historisch auf unterschiedliche Weise entstandene<br />

Strukturen rechtlich vereinheitlicht: In den westlichen Bezirken waren seit 1986<br />

bezirkliche <strong>Frauen</strong>beauftragte tätig. Im Ostteil <strong>Berlin</strong>s wurden im Sommer 1990 auf Gr<strong>und</strong>lage<br />

der Kommunalverfassung bezirkliche <strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong> bestellt. Die seit 1998<br />

auf der Gr<strong>und</strong>lage des LGG tätigen Amtsinhaberinnen haben weit reichende Rechte <strong>und</strong><br />

Pflichten, um auf die Verbesserung der Arbeits- <strong>und</strong> Lebensbedingungen der im jeweiligen<br />

Bezirk lebenden <strong>und</strong> arbeitenden <strong>Frauen</strong> einzuwirken. Jede bezirkliche <strong>Frauen</strong>- bzw. <strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong><br />

hat die Pflicht, in enger Zusammenarbeit mit gesellschaftlichen Kräften<br />

wie dem zuständigen Arbeitsamt oder im Bezirk ansässigen Betrieben Einfluss auf die<br />

tatsächliche Gleichstellung von <strong>Frauen</strong> zu nehmen. Das Bezirksamt wiederum ist verpflichtet,<br />

die jeweilige Amtsinhaberin frühzeitig in alle gleichstellungsrelevanten Vorhaben einzubeziehen.<br />

Noch vor einer Entscheidung kann die bezirkliche <strong>Frauen</strong>- bzw. <strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong><br />

dem Bezirksamt ihre Stellungnahme übermitteln. Ihr Recht, dem Bezirksamt<br />

Empfehlungen zur Gleichstellung von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männern zu geben, eröffnet der Amtsinhaberin<br />

unmittelbaren Einfluss auf die bezirkliche Gleichstellungspolitik. Gleiches gilt<br />

auch für ihr Recht, Vorlagen zu gleichstellungspolitisch relevanten Fragen in die Bezirksverordnetenversammlung<br />

einzubringen. Die bezirkliche Gleichstellungs- bzw. <strong>Frauen</strong>beauftragte<br />

hat ein eigenes Öffentlichkeitsrecht. Dadurch kann sie sich mit Veranstaltungen, Pressearbeit<br />

oder Publikationen an die Bürgerinnen <strong>und</strong> Bürger ihres Bezirks wenden. Dies<br />

schließt die Darstellung ihrer Tätigkeit ein <strong>und</strong> ermöglicht, öffentlich Anregungen für die<br />

bezirkliche Gleichstellungspolitik zu geben.


Foto Metzner<br />

Ein ganz persönlicher Blick – nach vorn <strong>und</strong><br />

zurück<br />

Seit 15 Jahren arbeite ich als <strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong><br />

im Bezirksamt Pankow. Als ich 1990<br />

meine Arbeit aufnahm, hatte ich eine Menge<br />

Ideen, was getan werden müsste, <strong>und</strong> keine<br />

Ahnung von dem, was mich in einer Verwaltung<br />

erwartete. Die Ostkolleginnen <strong>und</strong> -kollegen<br />

wussten mit meinem Tätigkeitsfeld nichts anzufangen.<br />

Nach Erklärungen kam von den <strong>Frauen</strong><br />

zumeist der Satz: „Ja aber ich bin doch gleichberechtigt“.<br />

Die Kollegen hatten entweder Sorge<br />

um den Betriebs- <strong>und</strong> Hausfrieden oder erklärten<br />

freimutig: „Also, ich helfe meiner Frau zu Hause<br />

immer.“ Auch viele „Aufbauhelfer West“ blieben<br />

beim Thema erstaunlich reserviert.<br />

Von Netzwerken konnte zu dieser Zeit innerhalb<br />

der Verwaltung keine Rede sein. Bloße Kooperation<br />

wäre schon ein Fortschritt gewesen. Alles<br />

begann mit ganz klassischer stiller Lobbyarbeit<br />

nach innen: Sensibilisierung für’s Problem durch<br />

Gespräche <strong>und</strong> Vorträge, ein langer Marsch<br />

durch die administrativen Gremien, engagierte<br />

Stellungnahmen, kritische Aktenvermerke, angedrohte<br />

Abmahnungen.<br />

Mit dem § 23, später dann § 21 des Landesgleichstellungsgesetzes<br />

(LGG) hatten die zeit<strong>und</strong><br />

energieaufwendigen Abwehrkämpfe endlich<br />

ein Ende bzw. sie wurden stark eingeschränkt.<br />

Schwarz auf weiß stand dort, dass für die Gleichstellung<br />

von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männern in den Bezirken<br />

die Verwaltung in Gänze zuständig ist <strong>und</strong><br />

nicht die <strong>Frauen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong><br />

in Personalunion, dass die Funktion als Stabstelle<br />

bei der Verwaltungsspitze anzusiedeln ist <strong>und</strong><br />

nicht im Zuge der Verwaltungsreform in einem<br />

Bürgeramt „verschwinden“ darf, <strong>und</strong> dass es<br />

Heike Gerstenberger<br />

Seit 1990 <strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong> im Bezirksamt Pankow, langjährige<br />

Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft der bezirklichen<br />

<strong>Frauen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong>n<br />

durchaus legitim ist, dass auch eine <strong>Frauen</strong>- <strong>und</strong><br />

<strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong> Stellungnahmen zu<br />

Vorlagen schreibt. Das LGG wurde für mich ein<br />

unverzichtbares Instrument in meiner täglichen<br />

Arbeit.<br />

Nach 15 Jahren Tätigkeit <strong>und</strong> 15 Jahren LGG ist<br />

die Phase der Legitimationskämpfe vorüber.<br />

Gleichberechtigung gilt öffentlich <strong>und</strong> im eigenen<br />

Haus nicht als „verwirklicht“ <strong>und</strong> Verwaltung<br />

bleibt insgesamt in der Pflicht. In meiner Arbeit<br />

bin ich heute Teil eines Netzes von Kooperationsbeziehungen<br />

mit vielen Mitstreitenden im<br />

Bezirk <strong>und</strong> weit darüber hinaus. Die Anliegen der<br />

<strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong>n werden auch heute<br />

nicht automatisch in den einzelnen Bereichen<br />

mitgedacht, aber Anfrage <strong>und</strong> Intervention sind<br />

gewünscht oder sind zumindest kein Problem.<br />

Die kommunale <strong>Frauen</strong>- <strong>und</strong> <strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong><br />

– einst auf politischen Druck von außen<br />

eingeführt – ist heute mehr denn je auf diesen<br />

Druck von außen angewiesen, um bei aller Verrechtlichung<br />

<strong>und</strong> Formalisierung ein Innovationspotential<br />

innerhalb der Verwaltung zu bleiben.<br />

Dieser Druck ist kurzfristig nicht zu haben,<br />

weil das Engagement für <strong>Frauen</strong>interessen für<br />

viele heute eine erwartbare Leistung der Institution<br />

geworden ist. Wir dürfen uns aber nicht<br />

reduzieren lassen auf sozialpolitische Aufgaben<br />

<strong>und</strong> fürsorgliches statt gesellschaftskritisches<br />

Denken. Sonst werden wir zukünftig als ausschließlich<br />

zuständig für soziale Rand- <strong>und</strong> Restfragen<br />

wahrgenommen.<br />

27


6.<br />

Die Berichterstattung zum LGG<br />

Im Abstand von zwei Jahren berichtet der Senat dem Abgeordnetenhaus von <strong>Berlin</strong> über die<br />

Umsetzung des LGG. Gr<strong>und</strong>lage dieser Berichte sind die Angaben der jeweiligen Einrichtungen<br />

über die Entwicklung des <strong>Frauen</strong>anteils der Beschäftigten (Personalstandsentwicklung)<br />

sowie die Offenlegung der Gremiensitze <strong>und</strong> Entsendungen in Gremien außerhalb der<br />

<strong>Berlin</strong>er Verwaltung. Zudem werden die von den Behörden umgesetzten bzw. geplanten<br />

Maßnahmen der <strong>Frauen</strong>förderung aufgeführt. Auf diese Weise werden kontinuierlich Akzeptanz<br />

<strong>und</strong> Wirkung des LGG überprüft. Die wichtigsten Ergebnisse aus diesen Berichten sind<br />

im Folgenden zusammengefasst.<br />

Personalstandsentwicklung<br />

Seit einigen Jahren sind die Stellen im <strong>Berlin</strong>er Landesdienst nahezu paritätisch mit Männern<br />

<strong>und</strong> <strong>Frauen</strong> besetzt. Es bestehen aber nach wie vor erhebliche Unterschiede bei der Eingruppierung<br />

in die Laufbahngruppen. So sind derzeit nur r<strong>und</strong> 13 % der <strong>Frauen</strong>, aber ein<br />

Viertel der Männer im höheren Dienst beschäftigt.<br />

Verteilung der Laufbahngruppen 2004<br />

<strong>Frauen</strong> Männer<br />

12,7 %<br />

37,6 %<br />

47,1 %<br />

Höherer Dienst<br />

Gehobener Dienst<br />

Mittlerer <strong>und</strong><br />

einfacher Dienst<br />

25,0 %<br />

37,5 %<br />

32,7 %<br />

Innerhalb der Laufbahngruppe des höheren Dienstes ergeben sich weitere Ungleichgewichte.<br />

Der <strong>Frauen</strong>anteil sinkt mit steigender Vergütung: Die Eingangspositionen des höheren Dienstes<br />

(A 13; BAT IIb, IIa, II) sind insgesamt bereits gut zur Hälfte mit <strong>Frauen</strong> besetzt; in den<br />

nächst höheren Positionen (A 14, A 15; BAT Ib, Ia) liegen die Quoten jedoch nur bei etwa<br />

39 % bzw. 36 %. In den Spitzenpositionen (A 16 respektive BAT I <strong>und</strong> höher) waren sogar<br />

lediglich 19 % der Beschäftigten <strong>Frauen</strong>. Entsprechend gering ist der <strong>Frauen</strong>anteil auch in<br />

den Leitungspositionen.<br />

29


30<br />

<strong>Frauen</strong>anteil im höheren Dienst 1992 <strong>und</strong> 2004<br />

38,7<br />

52,2<br />

38,7<br />

34,6<br />

A 13; II, IIa, IIb A 14; Ib A15; Ia A 16; I – B 11<br />

Der Blick zurück auf die Anfangszeit des LGG <strong>und</strong> die ersten Berichte zu dessen Umsetzung<br />

zeigt jedoch deutliche Fortschritte in der Gleichstellung von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männern. Die <strong>Frauen</strong>anteile<br />

der Beschäftigten im höheren Dienst haben sich kräftig erhöht <strong>und</strong> zwar sowohl<br />

insgesamt als auch auf den jeweiligen Stufen dieser Laufbahngruppe.<br />

Nur langsam rücken <strong>Frauen</strong> in Führungspositionen vor, insbesondere im Bereich der Abteilungsleitungen,<br />

wo beispielsweise in den obersten Landesbehörden die Quote seit 1998 bei<br />

8% verharrt. Bei den Referatsleitungen ist der <strong>Frauen</strong>anteil seitdem von r<strong>und</strong> 16 % auf<br />

25 % gestiegen.<br />

Der kräftige Anstieg des <strong>Frauen</strong>anteils in den Eingangsstufen des höheren Dienstes ist zu<br />

einem wesentlichen Teil das Ergebnis aktiver <strong>Frauen</strong>förderung. In den letzten Jahren haben<br />

vor allem die relativ hohen <strong>Frauen</strong>anteile bei Beförderungen im höheren Dienst die Gleichstellung<br />

befördert. Stellenbesetzungen spielten wegen der geringen Zahl nur noch eine untergeordnete<br />

Rolle. Zunehmend traten dafür andere Maßnahmen in den Vordergr<strong>und</strong> wie die<br />

gezielte Qualifizierung von <strong>Frauen</strong> zur Übernahme höherwertiger Stellen oder die Verbesserung<br />

des Zugangs für <strong>Frauen</strong> zu Berufsfeldern, die von Männern dominiert werden.<br />

<strong>Frauen</strong>fördermaßnahmen<br />

25,7<br />

36,2<br />

Ziel des LGG ist es, die berufliche Situation aller weiblichen Beschäftigten im öffentlichen<br />

Dienst zu verbessern. Den Maßnahmen zum Abbau der Unterrepräsentanz stehen Maßnahmen<br />

zur besseren Vereinbarkeit von Beruf <strong>und</strong> Privatem zur Seite. Der zurzeit aktuelle<br />

Siebente Bericht zur Umsetzung des LGG enthält eine Liste der von den Behörden im Land<br />

<strong>Berlin</strong> umgesetzten <strong>und</strong> geplanten Maßnahmen, die allen Einrichtungen ihrerseits als Anregung<br />

<strong>und</strong> Orientierung dienen soll.<br />

In erster Linie orientieren sich die Einrichtungen an den Instrumenten des LGG <strong>und</strong> an den<br />

in ihren <strong>Frauen</strong>förderplänen festgelegten Maßnahmen <strong>und</strong> Zielen. Zunehmend fließen<br />

<strong>Frauen</strong>förderpläne aber bereits in umfassende Personalentwicklungspläne ein. In Anbetracht<br />

des Stellenabbaus im <strong>Berlin</strong>er Landesdienst werden diese Planungen immer wichtiger, um<br />

das verbleibende Personal, <strong>und</strong> damit ebenfalls die große Beschäftigtengruppe der <strong>Frauen</strong>,<br />

auch in Zukunft den Anforderungen entsprechend zu entwickeln <strong>und</strong> optimal einzusetzen.<br />

Darüber hinaus wurden gezielte Programme zur Erhöhung des <strong>Frauen</strong>anteils eingesetzt, wie<br />

z. B. das <strong>Berlin</strong>er Pilotprojekt „Mit Mentoring in Führung gehen!“, das die Präsenz von<br />

10,0<br />

1992<br />

2004<br />

Angaben in %<br />

19,1


Gabriela Reich<br />

Beraterin für Personalentwicklung <strong>und</strong> Fortbildung in der Senatsverwaltung für<br />

Wirtschaft, Arbeit <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong><br />

Personalentwicklungskonzept der Senatsverwaltung<br />

für Wirtschaft, Arbeit <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong><br />

Unter den Bedingungen von Stellenabbau, Kürzung<br />

der Arbeitszeit sowie Stellenbesetzungen<br />

aus vorhandenem Personal, wird Qualifizierung<br />

<strong>und</strong> effizienter Einsatz des Personals immer wichtiger.<br />

In der Senatsverwaltung für Wirtschaft,<br />

Arbeit <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong> wurde zu diesem Zweck ein<br />

umfassendes Personalentwicklungskonzept mit<br />

einer Vielzahl aufeinander abgestimmter Maßnahmen<br />

<strong>und</strong> Instrumente erarbeitet.<br />

Neben einer umfassenden Bestandsaufnahme<br />

der Beschäftigtenstruktur sowie der Fluktuation<br />

des Personals werden aktuelle <strong>und</strong> zukünftige<br />

Aufgaben definiert <strong>und</strong> die sich daraus ergebenen<br />

Anforderungsprofile für das Personal entwickelt.<br />

Diesen Anforderungen sollen Kenntnisse<br />

<strong>und</strong> Fähigkeiten der Beschäftigten gegenübergestellt<br />

<strong>und</strong> dementsprechend der Fortbildungsbedarf<br />

ermittelt werden.<br />

Anhand dieser Erkenntnisse wird für die Senatsverwaltung<br />

regelmäßig ein übergreifender Zeit<strong>und</strong><br />

Maßnahmenplan erstellt. Zudem initiiert<br />

die Personalabteilung jährlich Personalentwicklungsgespräche<br />

mit den Abteilungsleitungen, in<br />

denen die Instrumente auf die jeweilige Situation<br />

der Organisationseinheiten abgestimmt werden.<br />

In diesem System der Personalentwicklung ist<br />

auch die Chancengleichheit in der beruflichen<br />

Entwicklung für Männer <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong> sowie die<br />

Beseitigung bestehender Unterrepräsentanzen<br />

verankert. <strong>Frauen</strong>förderung ist so Teil eines längerfristigen<br />

strategischen Prozesses geworden.<br />

<strong>Frauen</strong> in oberen <strong>und</strong> Leitungspositionen erhöhen sollte. Durch dieses Programm wurden<br />

<strong>Frauen</strong> der <strong>Berlin</strong>er Verwaltung in ihrer Aufstiegsorientierung bestärkt <strong>und</strong> auf die Übernahme<br />

von Führungspositionen vorbereitet.<br />

Eine Einrichtung hat im Rahmen ihrer Girls’ Day-Kampagne „Technische Berufe nur Männersache?“<br />

ein Programm aufgelegt, das sich gegen den Mangel an weiblichen Beschäftigten<br />

in technischen Berufen richtete.<br />

Die Gleichstellung wird auch durch den kontinuierlichen Ausbau flexibler Arbeitsbedingungen<br />

gefördert, der insbesondere die Vereinbarkeit von Beruf <strong>und</strong> privaten Anforderungen<br />

erleichtert. Mittlerweile gibt es vielfältige Teilzeit- <strong>und</strong> Beurlaubungsregelungen zunehmend<br />

auch in höheren Positionen. Durch flexible Arbeitszeiten wie Kern- oder Servicezeiten<br />

<strong>und</strong> Arbeitszeitkonten sowie Aufgabenverteilung <strong>und</strong> Vertretungsregelungen im Team kann<br />

sowohl besonderen Arbeitsanforderungen als auch den Bedürfnissen der Beschäftigten besser<br />

entsprochen werden. Zunehmend werden auch alternierende Telearbeit bzw. Vereinbarungen<br />

zur Arbeit an anderem Ort eingesetzt. Familienfre<strong>und</strong>liche Arbeitsbedingungen<br />

ermöglichen zudem, qualifiziertes weibliches Personal auch langfristig zu binden. Dies ist<br />

eines der Ziele, die im Zusammenhang mit der Teilnahme einiger Einrichtungen an dem<br />

Projekt „Audit Beruf <strong>und</strong> Familie“ angestrebt werden.<br />

Darüber hinaus gibt es in <strong>Berlin</strong> eine Vielzahl von Maßnahmen zur Förderung von <strong>Frauen</strong><br />

31


32<br />

in Forschung <strong>und</strong> Lehre an den Hochschulen. Neben <strong>Frauen</strong>förderrichtlinien <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong>förderplänen<br />

existieren Zielvereinbarungen <strong>und</strong> Anreizsysteme zur <strong>Frauen</strong>förderung. Durch<br />

das <strong>Berlin</strong>er Programm zur Förderung der Chancengleichheit für <strong>Frauen</strong> in Forschung <strong>und</strong><br />

Lehre werden die wissenschaftliche Karriere von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> strukturelle Veränderungen zur<br />

Chancengleichheit an den Hochschulen gezielt gefördert. Das Mentoring-Programm der<br />

Universität der Künste <strong>und</strong> das Programm ProFiL der Technischen Universität, der Humboldt-Universität<br />

<strong>und</strong> der Freien Universität unterstützen Künstlerinnen <strong>und</strong> Wissenschaftlerinnen<br />

auf dem Weg zur Professur. Mit Erfolg haben sich die Freie Universität, die<br />

Fachhochschule für Technik <strong>und</strong> Wirtschaft, die Technische Fachhochschule sowie die Fachhochschule<br />

für Wirtschaft um das Prädikat Total E-Quality Science Award beworben, durch<br />

das die Leistungen im Bereich der <strong>Frauen</strong>förderung ausgezeichnet werden.<br />

Sabine Brügmann<br />

Diplomkauffrau, Leiterin des Bereichs Organisation <strong>und</strong> Controlling in der <strong>Zentrale</strong>n<br />

Serviceeinheit der Polizei<br />

Mit Mentoring in Führung gehen – Kurzbericht<br />

zum <strong>Berlin</strong>er Mentoringprojekt 2003<br />

Mentoring ist ein Prozess, bei dem eine erfahrene<br />

Persönlichkeit die berufliche <strong>und</strong> persönliche<br />

Entwicklung einer jüngeren Nachwuchskraft<br />

(Mentee) unterstützt. Die Mentorin bzw. der<br />

Mentor vermittelt informelles Wissen <strong>und</strong> gibt<br />

fachliche Ratschläge sowie Feedback zum persönlichen<br />

Verhalten <strong>und</strong> Auftreten der Mentee<br />

<strong>und</strong> die Einführung in berufliche Netzwerke.<br />

2003 wurde das Modellprojekt „Mit Mentoring in<br />

Führung gehen!“ gemeinsam von der Europäischen<br />

Akademie für <strong>Frauen</strong> in Politik <strong>und</strong> Wirtschaft<br />

<strong>Berlin</strong> e.V. (EAF) <strong>und</strong> dem Institut für<br />

Verwaltungsmanagement an der Verwaltungsakademie<br />

<strong>Berlin</strong> (IVM) behördenübergreifend für<br />

die <strong>Berlin</strong>er Verwaltung durchgeführt, um weibliche<br />

Führungsnachwuchskräfte in ihrer Aufstiegsorientierung<br />

zu bestärken <strong>und</strong> auf die<br />

Übernahme von Führungspositionen vorzubereiten.<br />

Den 16 ausgewählten Mentees wurden<br />

Mentoren aus Verwaltung <strong>und</strong> Wirtschaft an die<br />

Seite gestellt, um im Rahmen von monatlichen<br />

Gesprächen, der Begleitung im Tagesgeschäft<br />

<strong>und</strong> auch der Erarbeitung einer spezifischen Projektarbeit<br />

Führungsarbeit praktisch zu erfahren.<br />

Als besondere Highlights wurden zudem Vorträge<br />

oder Diskussionen mit interessanten Persönlichkeiten<br />

aus Politik <strong>und</strong> Wirtschaft wie z.B.<br />

Frau Süssmuth angeboten.<br />

Meine persönlichen Erfahrungen aus diesem<br />

neunmonatigen Programm sind insgesamt positiv.<br />

In den monatlichen Treffen mit meiner Mentorin<br />

haben wir viele Fragen <strong>und</strong> Themen zum<br />

Thema Mitarbeiterführung besprochen <strong>und</strong> dabei<br />

eigene erlebte bzw. erwartete Führungssituationen<br />

diskutiert. Das Mentoring-Programm<br />

war im Nachhinein eine gute Vorbereitung für die<br />

inzwischen wahrgenommene Führungsverantwortung.<br />

Auch das entstandene Netzwerk, z.B.<br />

im Rahmen des monatlichen Mentee-Stammtisches,<br />

bietet gute Möglichkeiten zum schnellen<br />

Austausch bei akuten Fragen. Die bunte Mischung<br />

der Mentees – von Juristinnen <strong>und</strong> Kauffrauen<br />

zu Kolleginnen aus Medizin, Öffentlichkeitsarbeit<br />

<strong>und</strong> Kultur – sorgt für interessante<br />

Gespräche!


Gremienbesetzung<br />

Die einschlägige Erhebung für den LGG-Bericht bezieht sich auf Gremien, die zu Fragen<br />

von erheblicher Bedeutung entscheiden oder beraten. Die jeweilige Dienststelle bestimmt<br />

selbst, welche Gremien dieses Kriterium erfüllen. Die Gremien sind in die Kategorien Beiräte<br />

<strong>und</strong> Sachverständigenkommissionen sowie Organe von Körperschaften, Anstalten <strong>und</strong> Stiftungen<br />

unterschieden. Zusammengefasst ergibt sich folgendes Bild:<br />

Im unmittelbaren Bereich des Senats ist der <strong>Frauen</strong>anteil in den Gremien insgesamt erfreulich<br />

hoch. Für die Beiräte, Kommissionen <strong>und</strong> Ausschüsse mit zusammen 1586 Mitgliedern<br />

lag die Quote im Jahr 2004 bei 38,2 %. Allerdings sind Gremien zu den Themen Finanzen,<br />

Wirtschaft <strong>und</strong> Technik noch ganz überwiegend mit Männern besetzt; nur in den Bereichen<br />

Soziales, Ges<strong>und</strong>heit, Kultur, Jugend <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong> sind <strong>Frauen</strong> meist angemessen vertreten.<br />

In den Organen <strong>und</strong> Aufsichtsgremien der Anstalten, Körperschaften <strong>und</strong> Stiftungen des<br />

Landes war jede vierte Position mit einer Frau besetzt. Am geringsten war der <strong>Frauen</strong>anteil<br />

unter den Aufsichtsräten mit r<strong>und</strong> 21 %. Allerdings hat der Senat auf Initiative der Senatsverwaltung<br />

für Wirtschaft, Arbeit <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong> in der letzten Zeit den <strong>Frauen</strong>anteil in diesen<br />

Gremien spürbar erhöhen können. Für den Teil der Aufsichtsratspositionen, die durch das<br />

Land <strong>Berlin</strong> zu besetzen sind, ergab sich in den Anstalten des öffentlichen Rechts ein Jahr<br />

später bereits ein <strong>Frauen</strong>anteil von 42 %.<br />

Friederike von Borstel<br />

Mitglied des R<strong>und</strong>funkrates, nimmt den auf der Gr<strong>und</strong>lage des Staatsvertrages zur Errichtung<br />

des R<strong>und</strong>funks <strong>Berlin</strong>-Brandenburg (RBB) dem Landesfrauenverband <strong>Berlin</strong> <strong>und</strong> dem<br />

<strong>Frauen</strong>politischen Rat Brandenburg gemeinsam zustehenden Sitz wahr. Der Staatsvertrag<br />

regelt auch die Geltung des <strong>Berlin</strong>er LGG für die Beschäftigten des RBB.<br />

„Danke, dass wenigstens Sie den Bericht gelesen<br />

<strong>und</strong> sich dazu geäußert haben“, wurde mir nach<br />

der letzten R<strong>und</strong>funkratsitzung zugeflüstert. Als<br />

„<strong>Frauen</strong>-Frau“ <strong>und</strong> mit nur einem Anteil von 20 %<br />

weiblicher Mitglieder im R<strong>und</strong>funkrat ist eine<br />

meiner Strategien, über gute inhaltliche Vorbereitung<br />

als Gesprächspartnerin ernst genommen<br />

zu werden. Der Hinweis, doch bitte den Anteil der<br />

Hörerinnen am jeweiligen Programm auszuweisen,<br />

erzeugt bei männlichen Gremienmitgliedern<br />

auch heute noch heftiges Stöhnen. Und doch hat<br />

es geklappt, beim RBB die erste Intendantin einer<br />

ARD-Anstalt zu wählen, weil <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männer<br />

des R<strong>und</strong>funkrates sich dafür stark gemacht<br />

haben. Nicht die Anwesenheit von <strong>Frauen</strong> im<br />

R<strong>und</strong>funkrat als solches verändert die Arbeit,<br />

sondern erst wenn „frau“ das Bewusstsein dafür<br />

entwickelt, dass Gender Mainstreaming ein wichtiger<br />

Teil unser Gremienarbeit ist. Daran arbeiten<br />

wir noch!<br />

33


7.<br />

Die Rechtsprechung zum LGG<br />

Die bisherige Rechtsprechung des <strong>Berlin</strong>er Verwaltungsgerichts zum LGG hatte wesentlichen<br />

Einfluss auf die Akzeptanz der gesetzlichen Regelungen sowie die Fortentwicklung<br />

des Gleichstellungsrechts.<br />

Die nachfolgenden Erläuterungen des Vorsitzenden Richters der 25. Kammer des Verwaltungsgerichts<br />

<strong>Berlin</strong>, Herrn Klaus Pée, können sowohl für die <strong>Frauen</strong>vertreterinnen als auch<br />

für die Leitungen der Dienststellen eine unterstützende Arbeitshilfe sein.<br />

Klaus Pée<br />

Vorsitzender Richter der 25. Kammer des Verwaltungsgerichts <strong>Berlin</strong><br />

35


36<br />

Übersicht über die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts <strong>Berlin</strong> zur Rechtsstellung<br />

der <strong>Frauen</strong>vertreterin nach dem LGG <strong>Berlin</strong><br />

1. Das seit 15 Jahren geltende LGG – sein im Januar 1991 in Kraft getretener Vorgänger<br />

vom 31.12.1990 trug noch den Namen Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG)<br />

– hat sich aus Sicht der Rechtsprechung „eingespielt“. War zu Anfang noch gelegentlich<br />

die allgemeine Schwierigkeit der Behörden zu bemerken, eine weitere – neben<br />

dem Personalrat – mitwirkungsberechtigte Stelle in die Entscheidungsfindung einzubeziehen,<br />

haben die zuletzt relativ wenigen vor Gericht gebrachten Verfahren eher Einzelfragen<br />

zum Gegenstand. Die Institution <strong>Frauen</strong>vertretung hat sich „etabliert“, was<br />

sicher auch daran liegt, dass die <strong>Frauen</strong>vertreterinnen – aus der Sicht des Gerichts –<br />

im Allgemeinen ihr Amt verantwortungsbewusst wahrnehmen <strong>und</strong> die Belange der<br />

Dienststelle sorgfältig berücksichtigen.<br />

Die Gerichtsverfahren sind meist in der ersten Instanz beendet, Rechtsmittel wurden<br />

relativ selten eingelegt 9 .<br />

1.1 Verfassungsrechtliche Verankerung des LGG sind die Gleichstellungsgebote im<br />

Gr<strong>und</strong>gesetz (Art. 3 Abs. 2, insbesondere dessen im Oktober 1994 angefügter Satz 2)<br />

<strong>und</strong> den Landesverfassungen (z.B. Art. 10 der <strong>Berlin</strong>er Verfassung). Dies gilt unabhängig<br />

davon, dass viele Länder-Gleichstellungs- bzw. <strong>Frauen</strong>fördergesetze lange vor<br />

1994 in Kraft traten – als erste wohl die Regelungen im Saarland <strong>und</strong> in Nordrhein-<br />

Westfalen schon 1989.<br />

Die Verfassungsregelungen sind allerdings (nur) Programmsätze oder Staatszielbestimmungen,<br />

ein Auftrag an Gesetzgeber <strong>und</strong> Verwaltung, aber keine eigene<br />

„Anspruchsgr<strong>und</strong>lage“. Diese findet sich vielmehr in den einzelnen Gleichstellungsgesetzen,<br />

die man als einfachgesetzliche Konkretisierung der verfassungsrechtlichen<br />

Programmsätze ansehen kann.<br />

1.2 Zur Förderung der Gleichstellung von Männern <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong> wurde in den Ländern<br />

<strong>und</strong> im B<strong>und</strong> das Amt der <strong>Frauen</strong>vertreterin eingerichtet. Die Bezeichnung schwankt,<br />

manchmal heißt es auch <strong>Frauen</strong>beauftragte oder <strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong>. Ein<br />

erkennbarer Unterschied ist mit den wechselnden Bezeichnungen nicht verb<strong>und</strong>en.<br />

1.3 Als Vorbemerkung zu den Rechten der <strong>Frauen</strong>vertreterin erscheint die Feststellung<br />

wichtig, dass ihr das LGG nur Beteiligungs- <strong>und</strong> Anhörungsrechte, aber keine eigentlichen<br />

Mitwirkungsrechte einräumt. Sie hat ein verfahrensrechtliches Beteiligungsrecht,<br />

sie kann den Vollzug beanstandeter Maßnahmen zunächst aufschieben, indem<br />

sie andere Stellen in den Vorgang einschaltet, aber letztlich kein Mitbestimmungsrecht.<br />

Probleme wie beim Personalrat, dem ein Letztentscheidungsrecht bei Maßnahmen<br />

der Exekutive aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht eingeräumt werden darf,<br />

können bei der <strong>Frauen</strong>vertreterin nicht entstehen.<br />

2. Bei der Rechtsstellung der <strong>Frauen</strong>vertreterin ist für ein Gerichtsverfahren die erste,<br />

zugleich auch sehr umstrittene Frage, ob die <strong>Frauen</strong>vertreterin ihre Rechte überhaupt<br />

gerichtlich geltend machen, also gerichtlich einklagen kann, oder ob sie als Teil der<br />

Verwaltung auf die Geltendmachung ihrer Rechte (nur) im verwaltungsinternen Verfahren<br />

– also insbesondere im Beanstandungsverfahren nach § 18 LGG – verwiesen<br />

werden kann.<br />

2.1 Für die <strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong> nach dem B<strong>und</strong>esgleichstellungsgesetz vom<br />

30.11.2001 ist die Frage jetzt gesetzlich geklärt: Nach § 22 Abs. 1 BGleiG kann die


<strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong> das Verwaltungsgericht anrufen. Eine entsprechende Regelung<br />

im LGG (<strong>und</strong> – soweit ersichtlich – in anderen Landesgesetzen) fehlt.<br />

2.2 Das VG <strong>Berlin</strong> hat die Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) bisher stets bejaht (z.B.<br />

Urteil vom 18.9.95, VG 25 A 27.95, ZfBR 96,283 – für die <strong>Frauen</strong>vertreterin nach<br />

dem LGG – oder Urteil vom 12.5.97, VG 25 A 116.96 – für die <strong>Frauen</strong>beauftragte<br />

nach dem BerlHG – <strong>und</strong> seitdem in ständiger Rechtsprechung).<br />

Für die in mancher Hinsicht ja vergleichbare Personalvertretung steht allerdings fest,<br />

dass sie ein unselbständiges dienststelleninternes Verwaltungsorgan ohne Prozessfähigkeit<br />

ist (vgl. Fischer/Goeres in Fürst, GKÖD, Band V, BPersVG § 1<br />

Rdnr. 13 f.). Das ist jedoch für die hier interessierende Frage der Klagebe-<br />

Klagebefugnis<br />

fugnis ohne Bedeutung, denn z.B. in § 83 Abs. 2 BPersVG <strong>und</strong> entsprechend<br />

in den Landesgesetzen ist geregelt, dass die Personalvertretung Antragstellerin<br />

oder Beteiligte im Beschlussverfahren vor den Verwaltungsgerichten<br />

sein kann. Im LGG – ebenso wie in den anderen Gleichstellungsgesetzen – fehlt eine<br />

der Generalklausel des § 83 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG, § 106 BPersVG i.V.m. § 91 Abs.<br />

1 Nr. 3 PersVG Bln entsprechende Regelung, wonach die Verwaltungsgerichte dort<br />

im Rahmen eines objektiven Verfahrens (§ 83 Abs. 2 BPersVG, § 91 Abs. 2 PersVG<br />

Bln i.V.m. §§ 80 bis 96a ArbGG) unter anderem über die Rechtsstellung der Personalvertretungen<br />

<strong>und</strong> damit besonders über deren Aufgaben <strong>und</strong> Befugnisse sowie die<br />

Abgrenzung der Kompetenzen im Bereich der Personalverfassung entscheiden. Auch<br />

ist gr<strong>und</strong>sätzlich ein sog. „in-sich-Prozess“ unzulässig. Das sind Streitverfahren von<br />

Behörden, Organen oder Organteilen, die demselben Rechtsträger angehören <strong>und</strong><br />

Träger eigener Rechte <strong>und</strong> Pflichten sind, für die ein Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn<br />

eine gemeinsame Spitze besteht, die die Streitigkeit entscheiden kann.<br />

Das VG <strong>Berlin</strong> hat aber gemeint, eine solche Eingliederung in die Behördenhierarchie<br />

für die <strong>Frauen</strong>vertreterin nicht annehmen zu können. Sie wird nach dem LGG nicht<br />

ernannt oder bestellt, sondern gewählt; die Behörde hat dabei in Bezug auf die Besetzung<br />

des Amts keine Entscheidungskompetenz. Anders als z.B. in anderen Gleichstellungsgesetzen<br />

fehlt im LGG die Regelung, dass die <strong>Frauen</strong>vertreterin „der Verwaltung<br />

angehört“, folgerichtig fehlt im LGG auch jede Bestimmung über ihre<br />

Stellung in der Verwaltung, insbesondere ihre Zuordnung zur Behördenspitze oder<br />

einer Abteilung. Das VG hat sich dabei auch von dem Gedanken leiten lassen, dass<br />

derjenige, dem bestimmte Rechte verliehen werden, diese im Zweifel auch gerichtlich<br />

geltend machen kann. Das ergibt sich auch aus Art. 19 Abs. 4 GG, der gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

den Zugang zu den Gerichten gewährleistet. Freilich muss man sich insoweit vor einem<br />

Zirkelschluss hüten: Die Geltung des Art. 19 Abs. 4 GG setzt das Bestehen eigener<br />

Rechte gegenüber der Dienststelle voraus. Die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO<br />

erfordert die in anderen Vorschriften begründete Möglichkeit des Bestehens subjektiver<br />

Rechte.<br />

2.3 Das OVG <strong>Berlin</strong> (der für Personalvertretungsrecht zuständige Senat) hat in seiner Entscheidung<br />

vom 18.2.94 (OVG PV Bln 1.93, PersR 95,22) in entscheidungserheblicher<br />

Weise angenommen, die <strong>Frauen</strong>beauftragte nach § 59 BerlHG habe es selbst in<br />

der Hand, „ihr Beteiligungsrecht gegenüber der Dienststelle geltend zu machen <strong>und</strong><br />

ggf. gerichtlich durchzusetzen“. In dem in derselben Sache ergangenen Beschluss vom<br />

20.3.96 hat das BVerwG diese Formulierung wiederholt (BVerwG 6 P 7.94, NVwZ<br />

97,288, ZfBR 96,148). Für das BVerwG war diese Frage jedoch nicht entscheidungserheblich.<br />

Allerdings hat das OVG <strong>Berlin</strong> (Senat für öffentliches Dienstrecht)<br />

in einem Beschluss vom 19.9.96 (OVG 4 S 310.96) – wiederum zur <strong>Frauen</strong>beauf-<br />

37


38<br />

tragten nach § 59 BerlHG – ausdrücklich offen gelassen, ob diese „befugt ist, eine<br />

etwaige Verletzung ihrer Befugnisse gerichtlich geltend zu machen.“<br />

Auch in der jüngsten Entscheidung des OVG <strong>Berlin</strong> (Beschluss vom 19. April 2005 –<br />

OVG 4 S 11.05) heißt es: Der Senat unterstellt zugunsten der Antragstellerin, dass sie<br />

befugt ist, Beteiligungsrechte nach dem LGG gerichtlich geltend zu machen. (Eine<br />

solche Unterstellung ist natürlich nur dann möglich, wenn der Antrag in der Sache<br />

keinen Erfolg hat.) 10<br />

2.4 Eine ablehnende Auffassung zur Klagebefugnis der <strong>Frauen</strong>vertreterin vertreten mehrere<br />

andere Oberverwaltungsgerichte (vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 19.9.2003,<br />

NVwZ 2004, 247 ff. mit Nachweisen der Rechtsprechung des HessVGH, des OVG<br />

Bautzen <strong>und</strong> des BayVGH). Allerdings stimmen die jeweiligen landesrechtlichen Regelungen<br />

nicht überein. Je nach den verfahrensrechtlichen Befugnissen im jeweiligen<br />

Gleichstellungsgesetz <strong>und</strong> je nach Grad der Eingliederung der <strong>Frauen</strong>vertreterin in die<br />

Verwaltung wird man für die Klagebefugnis zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.<br />

Ist ausdrücklich bestimmt, dass die <strong>Frauen</strong>vertreterin Teil der Verwaltung ist, ist<br />

sie einer bestimmten Stelle in der Behördenhierarchie zugeordnet, ist weiter beim<br />

Beanstandungsverfahren geregelt, dass eine bestimmte Behördenstelle eine „abschließende“<br />

Entscheidung trifft (so z.B. § 24 Abs. 4 SaarlLGG), wird man zum Ergebnis<br />

kommen können, dass der <strong>Frauen</strong>vertreterin ein darüber hinausgehendes eigenständiges<br />

Klagerecht nicht eingeräumt wurde.<br />

2.5 Wie ihre Rechte <strong>und</strong> Aufgaben <strong>und</strong> das (innerbehördliche) Beanstandungs- oder<br />

Widerspruchsverfahren geregelt sind, ergibt allein allerdings noch nichts Entscheidendes<br />

für die Frage, ob zur Durchsetzung der Rechte das Gericht angerufen werden<br />

kann. Diese Frage lässt sich vielmehr nur danach beurteilen, ob die <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

als „Teil der Verwaltung“ in die Behörde eingegliedert <strong>und</strong> damit auf das behördeninterne<br />

Verfahren beschränkt ist.<br />

Das wird der Gesetzgeber unbedenklich so regeln <strong>und</strong> damit der <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

den Weg zu den Gerichten versperren können. Insbesondere wird den gleichstellungsrechtlichen<br />

Programmsätzen in den Verfassungen keine Verpflichtung zu entnehmen<br />

sein, insoweit auch den <strong>Frauen</strong>vertreterinnen ein gerichtliches Klagerecht<br />

einzuräumen. Nach Auffassung des VG <strong>Berlin</strong> ist aber das Regel-Ausnahme-Verhältnis<br />

umgekehrt. Es bedarf nicht einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung, dass verliehene<br />

Rechte ggf. auch gerichtlich eingeklagt werden können, sondern es müssen<br />

sich umgekehrt eine gesetzliche Regelung oder gewichtige Anhaltspunkte finden, wenn<br />

trotz eingeräumter Rechte diese nicht gerichtlich durchgesetzt werden können. Entscheidend<br />

ist, ob sich einer ausdrücklichen Regelung oder jedenfalls dem Zusammenhang<br />

der Normen unter Anwendung der gewöhnlichen Auslegungsregeln entnehmen<br />

lässt, dass die <strong>Frauen</strong>vertreterin Teil der Dienststelle ist <strong>und</strong> ihre Aufgaben<br />

im Gr<strong>und</strong>satz wie andere Bedienstete auch (auf Besonderheiten wie Weisungsfreiheit<br />

<strong>und</strong> unmittelbares Vortragsrecht bei der Behördenspitze wird es in diesem Zusammenhang<br />

nicht entscheidend ankommen) wahrzunehmen hat. Dann geschieht die<br />

Wahrnehmung ihrer Rechte in einem innerbehördlichen Verfahren. Dann ist das Beanstandungs-/<br />

Widerspruchsverfahren abschließend <strong>und</strong> das einzige Verfahren, in dem<br />

die <strong>Frauen</strong>vertreterin ihre Rechte geltend machen kann. Wie umfangreich diese Rechte<br />

sind, ist dabei nicht entscheidend. Auch bei sehr weitgehenden Rechten der <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

kann der Gesetzgeber die Geltendmachung auf ein innerbehördliches Verfahren<br />

beschränken. Fehlen aber Normen über die Einbindung der <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

in die Verwaltung, wird mehr für eigene Klagerechte sprechen, auch wenn – wie z.B.


in § 18 LGG – ein sehr differenziertes <strong>und</strong> mehrere Instanzen umfassendes Beanstandungsverfahren<br />

zur Verfügung steht.<br />

2.6 Der Frage, ob die <strong>Frauen</strong>vertreterin gewählt oder bestellt wird, kommt dabei (wohl<br />

nur) indizielle Bedeutung zu. Sicherlich ist die Wahl der <strong>Frauen</strong>vertreterin ein Anzeichen<br />

dafür, dass sie ihrer Dienststelle unabhängig <strong>und</strong> nicht in die Hierarchie eingegliedert<br />

gegenüber steht, ausschlaggebend ist dies aber nicht. Umgekehrt kann auch<br />

die Rechtsstellung einer bestellten <strong>Frauen</strong>vertreterin so ausgestaltet sein, dass ihr eigene<br />

einklagbare Rechte zustehen. Dass Wahl oder Bestellung für die Frage der Klagebefugnis<br />

nicht ausschlaggebend ist, zeigt die baden-württembergische Regelung, wo die<br />

Bestellung nach Wahl oder Ausschreibung erfolgt (§ 12 Abs. 1 GlG Ba-Wü; ähnlich<br />

die frühere Regelung in § 15 FFG-B<strong>und</strong>). Es erscheint schwer vorstellbar, dass die<br />

<strong>Frauen</strong>vertreterin im einen Fall das Gericht anrufen können soll, im andern aber nicht.<br />

Allerdings zeigt die Zusammenschau der verschiedenen Landesgesetze, dass regelmäßig<br />

in den Fällen der „Bestellung“ der <strong>Frauen</strong>vertreterin (die Mehrzahl der Gesetze) auch<br />

die Einbindung in die Verwaltung geregelt ist (so auch im Saarland, wo die <strong>Frauen</strong>beauftragte<br />

gewählt, aber anschließend ernannt wird), während in den Fällen der „ausschließlichen“<br />

Wahl (B<strong>und</strong>, <strong>Berlin</strong>, Bremen <strong>und</strong> Mecklenburg-Vorpommern) solche<br />

Regelungen fehlen.<br />

2.7 Die Frage ist obergerichtlich noch nicht abschließend geklärt. Sie wird womöglich/wahrscheinlich<br />

in den einzelnen B<strong>und</strong>esländern mit ihren unterschiedlichen<br />

Gleichstellungsgesetzen unterschiedlich beantwortet werden. Nur ergänzend will ich<br />

darauf hinweisen, dass auch dann, wenn man die Klagebefugnis der <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

verneint, eine etwaige Verletzung ihrer Rechte auch abgesehen vom Beanstandungsverfahren<br />

einer gerichtlichen Prüfung zugeführt werden kann. Der Personalrat<br />

kann die fehlende oder unzureichende Beteiligung der <strong>Frauen</strong>vertreterin im Rahmen<br />

seiner Beteiligung geltend machen (BVerwG, Beschluss vom 20.3.96, NVwZ 97,288).<br />

Ob Betroffene, etwa im Rahmen einer verwaltungsgerichtlichen Konkurrentenklage,<br />

die Rechtswidrigkeit einer personellen Einzelmaßnahme auch mit der Begründung<br />

geltend machen können, die Beteiligung der <strong>Frauen</strong>vertreterin sei fehlerhaft erfolgt,<br />

erscheint sehr zweifelhaft. Immerhin hat aber das BVerwG in der genannten Entscheidung<br />

ausgeführt, das Mitwirkungsrecht der <strong>Frauen</strong>beauftragten sei auch eine<br />

Regelung zum Schutz der Bewerberin.<br />

3. Geht man von der Klagebefugnis der <strong>Frauen</strong>vertreterin aus, ist zu klären, ob der Verwaltungsrechtsweg<br />

gegeben ist. Dies ist bisher von VG <strong>und</strong> OVG <strong>Berlin</strong> – meist ohne<br />

Problematisierung der Frage – bejaht worden. Streitigkeiten über den Umfang der<br />

Beteiligungsrechte der <strong>Frauen</strong>vertreterin wurzeln unmittelbar im öffentlich-rechtlichen<br />

Gleichstellungsrecht <strong>und</strong> haben mit den Rechten <strong>und</strong> Pflichten der <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

aus ihrem – ja daneben bestehenden – jeweiligen Dienstverhältnis zunächst<br />

nichts zu tun. Insofern führt auch der Beschluss des BVerwG vom<br />

19.8.96 (-2 B 31.96-PersR 97,48) zu keiner anderen Beurteilung. Der<br />

Verwaltungsrechtsweg<br />

Leitsatz dieser Entscheidung lautet zwar: „Für die Klagen einer im Angestelltenverhältnis<br />

stehenden <strong>Frauen</strong>beauftragten in Hessen über Rechte<br />

<strong>und</strong> Pflichten nach dem Hess GleichberG ist der Verwaltungsrechtsweg<br />

nicht gegeben.“ Dieser Leitsatz erscheint aber missverständlich formuliert, denn nach<br />

den Gründen der Entscheidung ging es im dortigen Rechtsstreit gerade nicht um die<br />

Rechte der <strong>Frauen</strong>vertreterin als solcher, sondern nach den das BVerwG bindenden<br />

39


40<br />

tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, des HessVGH, um den Inhalt <strong>und</strong><br />

Umfang der Pflichten aus dem (privatrechtlichen) Arbeitsverhältnis der Klägerin, nämlich<br />

um ihre Berichts- bzw. Auskunftspflicht gegenüber ihrem Dienstvorgesetzten über<br />

ihre zugleich ausgeübte Tätigkeit als <strong>Frauen</strong>beauftragte. Nach § 20 HessGlG nimmt<br />

die <strong>Frauen</strong>beauftragte ihre Aufgaben als dienstliche Tätigkeit wahr. Es wäre allerdings<br />

ein eigentümliches Ergebnis, wenn bei Streitigkeiten, die sich nur auf den Umfang der<br />

Rechte <strong>und</strong> Pflichten der <strong>Frauen</strong>vertreterin als solcher beziehen, der Rechtsweg davon<br />

abhängen sollte, ob die jeweilige Amtsinhaberin zufällig in einem Arbeits-, Angestellten-<br />

oder Beamtenverhältnis tätig ist <strong>und</strong> etwa bei Tätigwerden ihrer Vertreterin ein<br />

anderer Rechtsweg gegeben sein sollte.<br />

3.1 Der HessVGH hat seine Rechtsprechung in einer Entscheidung fortgesetzt, in der es<br />

um die dienstliche Beurteilung einer <strong>Frauen</strong>vertreterin ging (Beschluss vom 3.6.2003<br />

– 1 UE 571/02). Aus der (landesrechtlichen) Regelung, dass die <strong>Frauen</strong>vertreterin ihre<br />

Aufgaben <strong>und</strong> Befugnisse als dienstliche Tätigkeit wahrnimmt, hat der VGH geschlossen,<br />

dass sie in ihrem statusrechtlichen Amt der dienstlichen Beurteilung unterliegt<br />

<strong>und</strong> diese Beurteilung dann auch wertende Ausführungen über die Amtsführung als<br />

<strong>Frauen</strong>vertreterin umfassen darf. Ich halte diese Entscheidung – zumindest aus der<br />

Sicht des LGG <strong>Berlin</strong> – für unzutreffend. Die Unabhängigkeit <strong>und</strong> Weisungsfreiheit<br />

der <strong>Frauen</strong>vertreterin (§ 16 Abs. 4 LGG) verbieten es, dass der Dienstherr diese Tätigkeit<br />

bewertet. Bei nur teilweiser Freistellung ist die weiter ausgeübte dienstliche Tätigkeit<br />

allerdings zu beurteilen. Mehr als einen Hinweis auf das daneben ausgeübte Amt<br />

der <strong>Frauen</strong>vertreterin (zur Erläuterung des Umfangs der dienstlichen Aufgaben) darf<br />

die Beurteilung nicht enthalten. Bei vollständiger Freistellung hält auch der HessVGH<br />

eine dienstliche Beurteilung der <strong>Frauen</strong>vertreterin für unzulässig. In diesen Fällen sei<br />

eine fiktive Fortschreibung der letzten dienstlichen Beurteilung vorzunehmen.<br />

Das gilt auch für positive wertende Feststellungen, da aus deren Weglassen in anderen<br />

Fällen ein Gegenschluss gezogen werden könnte. Die Abgrenzung des HessVGH,<br />

negative Werturteile über die Tätigkeit der <strong>Frauen</strong>vertreterin seien daran zu messen,<br />

ob eine gesetzwidrige Einflussnahme des Dienstherrn auf die unabhängige Wahrnehmung<br />

der Aufgaben ausgeschlossen werden kann, erscheint sachwidrig <strong>und</strong> lebensfremd.<br />

3.2 In dem Zusammenhang Tätigkeit als <strong>Frauen</strong>vertreterin <strong>und</strong> Eingliederung in die<br />

Dienststelle ist auf das Urteil des VG <strong>Berlin</strong> vom 15.12.1997 (VG 25 A 204.96, DöD<br />

98,122; NZA-RR 98,377; NVwZ-RR 99,53) hinzuweisen. Die beklagte B<strong>und</strong>esanstalt<br />

für Arbeit hatte (noch unter Geltung des FFG-B<strong>und</strong>) einen Dienstposten „Beauftragte<br />

für <strong>Frauen</strong>belange“ eingerichtet <strong>und</strong> dieser Stelle die Wahrnehmung der Aufgaben<br />

nach dem FFG für nachgeordnete Dienststellen zugewiesen (sog. Koppelungserlass).<br />

Hiergegen klagte die gewählte <strong>Frauen</strong>beauftragte des Landesarbeitsamtes. Das Gericht<br />

gab der (Feststellungs-)Klage statt. Die vom FFG geregelten Kompetenzen der <strong>Frauen</strong>beauftragten<br />

durften nicht durch behördeninterne Anweisung einer anderen Stelle<br />

übertragen werden. Auch wenn die Behörde durch Schaffung einer zusätzlichen Stelle<br />

für <strong>Frauen</strong>belange ebenfalls die Ziele der Gleichstellung verfolgte, konnte sie hierdurch<br />

nicht die Rechte der (gewählten) <strong>Frauen</strong>beauftragten einschränken.<br />

3.3 Zur Klagebefugnis gehört, wie oben dargestellt, die Möglichkeit der Verletzung eigener<br />

Rechte; anders ausgedrückt fehlt die Klagebefugnis, wenn die Verletzung eigener<br />

Rechte der Klägerin/Antragstellerin nach jeder denkbaren Betrachtungsweise offensichtlich<br />

<strong>und</strong> eindeutig ausgeschlossen erscheint.


Das ist etwa der Fall, wenn sich die <strong>Frauen</strong>vertreterin nicht auf die Vorschriften des<br />

LGG beruft, sondern z.B. materielle Auswahlfehler (Auswahl nicht des/der bestgeeigneten<br />

Bewerbers(-in) geltend macht. Der <strong>Frauen</strong>vertreterin wird durch das LGG<br />

nicht das Recht eingeräumt, ihre Personalvorstellungen durchzusetzen.<br />

Sie kann vielmehr nur ihre „formal“ ordnungsgemäße<br />

Verletzung eigener Rechte Beteiligung verlangen <strong>und</strong> nur entsprechende Verstöße im Beanstandungs-<br />

oder gerichtlichen Verfahren rügen. Die Nichtberücksichtigung<br />

eines von ihr gemachten Personalvorschlags ist<br />

kein Verstoß gegen das LGG (Beschluss vom 28.6.2002, VG 25 A 161.02). Ähnliches<br />

gilt für Einwendungen gegen einen Behördenumzug (Beschluss vom 23.7.1997, VG<br />

25 A 171.97) oder gegen die Auflösung einer Dienststelle (Beschluss vom 1.6.1994,<br />

VG 25 A 70.94). Beanstandungen ohne Bezug auf das LGG, die sich auf einen nicht<br />

beteiligungspflichtigen Vorgang beziehen, können die Klagebefugnis nicht begründen.<br />

4. Bei Bejahung der Klagebefugnis <strong>und</strong> der Annahme einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit<br />

folgt daraus die Geltung der VwGO für das Verfahren. Diese scheinbar selbstverständliche<br />

Tatsache muss man dennoch hervorheben, denn für Streitigkeiten nach<br />

dem in vieler Hinsicht vergleichbaren Personalvertretungsrecht gilt bekanntlich das<br />

arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren.<br />

4.1 Wegen der Vergleichbarkeit der Konfliktlagen im Gleichstellungs- <strong>und</strong> im Personalvertretungsrecht<br />

dürften die Vorschriften über das nicht kontradiktorische arbeitsgerichtliche<br />

Beschlussverfahren, das nur Antragsteller <strong>und</strong> Beteiligte kennt, die sachangemessenere<br />

Verfahrensordnung darstellen. Der<br />

Anwendung betriebsverfassungsrechtlichen Verfah-<br />

Arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren<br />

rensrechts steht aber entgegen, dass das LGG die<br />

§§ 80 bis 96a ArbGG nicht für anwendbar erklärt.<br />

Eine dem § 91 Abs. 2 PersVG Bln entsprechende<br />

Vorschrift fehlt. Da in den verfahrensrechtlichen Rechtsvorschriften im Hinblick auf<br />

die VwGO eine planwidrige Regelungslücke nicht erkennbar ist, scheidet eine analoge<br />

Anwendung der Bestimmungen des ArbGG aus. Die allgemeine Erkenntnis, dass<br />

die Verfahrensvorschriften des ArbGG wohl besser passen würden <strong>und</strong> die Verweisung<br />

in einzelnen Vorschriften des LGG auf das PersVG kann das Fehlen einer Verweisung<br />

auf das ArbGG nicht ersetzen. Wegen des Fehlens einer Verweisung ist auch die<br />

Zuständigkeit der Fachkammern für Personalvertretungssachen nicht gegeben (ebenso<br />

VG Frankfurt a.M., PersR 95,539). (In <strong>Berlin</strong> ist das Recht der <strong>Frauen</strong>vertretung im<br />

Geschäftsverteilungsplan des Verwaltungsgerichts ausdrücklich genannt.) Eine entsprechende<br />

Anwendung des PersVG kommt nicht in Betracht. Für die Vertretung der<br />

Schwerbehinderten ist das BVerwG zur Zuständigkeit der Fachkammern gelangt, weil<br />

im SchwerbehG ausdrücklich die sinngemäße Anwendung der den Personalrat betreffenden<br />

Vorschriften geregelt ist (Beschluss vom 4.10.1993, PersR 94,27 <strong>und</strong> Beschluss<br />

vom 17.3.1983, Buchholz 238.31, § 86 BaWü PersVG Nr. 3). Entsprechende Vorschriften<br />

im LGG fehlen – wie dargelegt. Nur für die Wahlanfechtung wird in § 16<br />

Abs. 9 LGG die Zuständigkeit des VG (nicht der Fachkammern) bestimmt.<br />

4.2 Aus der Anwendbarkeit der VwGO folgt die Kostentragungspflicht der unterlegenen<br />

Partei, woraus sich die weitere Frage ergibt, ob im Falle des Unterliegens der <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

ihre Behörde die entsprechenden Kosten zu erstatten hat. Das wird zu beja-<br />

41


42<br />

Kostentragung<br />

hen sein, da zu den „zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen personellen <strong>und</strong> sachlichen<br />

Mitteln“, mit denen die <strong>Frauen</strong>vertreterin gem. § 16 Abs. 1 S. 4 LGG auszustatten<br />

ist, wohl auch die Kosten von Gerichtsverfahren <strong>und</strong> wohl auch die<br />

außergerichtlichen Kosten für die Beauftragung eines Rechtsanwalts, wenn<br />

dies erforderlich erscheint, gehören werden. Das OVG <strong>Berlin</strong> hat in seinem<br />

Beschluss vom 19.9.1996 (OVG 4 S 310.96) ausgeführt, es spreche einiges<br />

dafür, dass der <strong>Frauen</strong>vertreterin, wenn sie überhaupt klagebefugt sei, die für<br />

die Begleichung von Gerichts- <strong>und</strong> Anwaltskosten erforderlichen Geldmittel von der<br />

Dienststelle zur Verfügung zu stellen seien. Die Grenze hierbei wird – ähnlich wie im<br />

Personalvertretungsrecht – die Mutwilligkeit oder Nutzlosigkeit der Einleitung eines<br />

Gerichtsverfahrens bzw. der Beauftragung eines Rechtsanwalts sein. Auch der Senat<br />

von <strong>Berlin</strong> meint, dass die Dienststelle die „Kosten nicht mutwillig angestrengter<br />

Gerichtsverfahren“ zu übernehmen hat (Mitteilung an das Abgeordnetenhaus von<br />

<strong>Berlin</strong> vom 14.3.1994, DrS 12/3988). Die entsprechenden Verfahren vor der<br />

25. Kammer des VG <strong>Berlin</strong> sind bisher alle ohne gerichtliche Entscheidung – meist<br />

durch Nachgeben der Dienststelle – beendet worden.<br />

5. Bedeutungsvoll für die gerichtliche Durchsetzung der Rechte der <strong>Frauen</strong>vertreterin ist<br />

das Verhältnis zwischen dem in § 18 LGG geregelten Beanstandungs- <strong>und</strong> dem gerichtlichen<br />

Verfahren, konkret die Frage, ob das Beanstandungsverfahren durchlaufen werden<br />

muss, bevor ein Gerichtsverfahren durchgeführt werden kann (vgl. zum Folgenden:<br />

Urteil vom 18.9.1995, VG 25 A 27.95 – ZBR 96,283; PersR 96,407).<br />

5.1 Allerdings handelt es sich beim Beanstandungsverfahren – schon wegen der insoweit<br />

fehlenden Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers – nicht um ein Vorverfahren<br />

iSd §§ 68 ff. VwGO. Andererseits bestehen zwischen Beanstandungs- <strong>und</strong><br />

Klageverfahren Wechselwirkungen <strong>und</strong> es kann nicht ohne weiteres<br />

angenommen werden, die <strong>Frauen</strong>vertreterin brauche sich<br />

Wechselwirkung von<br />

schlechthin auf das Verfahren nach § 18 LGG nicht verweisen<br />

Beanstandung <strong>und</strong> Klage<br />

zu lassen. Das gilt vor allem unter dem Gesichtspunkt des<br />

Rechtsschutzbedürfnisses: Dieses fehlt, wenn dem Kläger ein<br />

anderes, effektiveres Verfahren zur Durchsetzung seiner Rechte<br />

zur Verfügung steht. Ein solches Verfahren stellt das Beanstandungsverfahren dar, insbesondere<br />

wegen des mit einer Beanstandung verb<strong>und</strong>enen Devolutiv- <strong>und</strong> Suspensiveffekts.<br />

5.2 Im Einzelnen lassen sich folgende Fallgruppen – jeweils bezogen auf den maßgeblichen<br />

Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung – unterscheiden:<br />

1. Die <strong>Frauen</strong>vertreterin erhebt Klage ohne vorherige Beanstandung. Die Klage wird<br />

unzulässig sein. Es fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, weil die <strong>Frauen</strong>vertreterin mit einer<br />

Beanstandung zunächst sogar mehr als mit einer Klage, nämlich die Aussetzung der<br />

beanstandeten Maßnahme, erreichen kann. Hier kann auch auf den in das Gleichstellungsrecht<br />

übertragbaren Rechtsgedanken der §§ 79 Abs. 2 Satz 4, 84 Abs. 2 Satz<br />

1 Halbsatz 1 erste Alternative PersVG Bln verwiesen werden, wonach eine Maßnahme<br />

als gebilligt gilt, falls Mitbestimmungs- bzw. Mitwirkungsrechte nicht fristgerecht<br />

wahrgenommen werden.<br />

2. Ähnliches gilt, wenn ein Beanstandungsverfahren noch schwebt. Hier wird es – schon<br />

wegen des Suspensiveffekts – zumutbar sein, vor Klageerhebung dessen Ausgang abzuwarten.


3. Wird das Beanstandungsverfahren von der <strong>Frauen</strong>vertreterin abgebrochen (z.B. durch<br />

Rücknahme von Beanstandung oder weiterer Beanstandung), wird es auf die Gründe<br />

hierfür ankommen. Lässt die <strong>Frauen</strong>vertreterin damit ihre Einwände fallen, wird eine<br />

dennoch später erhobene Klage nicht zulässig sein. Trägt sie damit aber nur unter Aufrechterhaltung<br />

ihres Standpunktes etwa im Einzelfall einem dringenden Stellenbesetzungsbedürfnis<br />

Rechnung, wird dies der Zulässigkeit einer nachfolgenden (Feststellungs-)Klage<br />

nicht entgegenstehen.<br />

4. Bricht die Dienststelle das Beanstandungsverfahren ab <strong>und</strong> führt die beanstandete<br />

Maßnahme durch, oder führt sie die Maßnahme durch, ohne die <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

überhaupt zu beteiligen, kann diese die Rechtmäßigkeit der Maßnahme vor Gericht<br />

nachprüfen lassen. Es liegt auf der Hand, dass die <strong>Frauen</strong>vertreterin bei Missachtung<br />

des geltend gemachten Beteiligungs- oder Beanstandungsrechts durch Vollzug der<br />

Maßnahme die gerichtliche Feststellung ihrer Rechte beantragen kann. Gleiches gilt,<br />

wenn<br />

5. das Beanstandungsverfahren vollständig durchgeführt worden ist <strong>und</strong> die <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

weiter daran festhält, sie sei nicht dem Gesetz entsprechend beteiligt worden.<br />

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist auch schon vor Durchführung<br />

eines Beanstandungsverfahrens möglich <strong>und</strong> ggf. geboten. Bereits im Vorfeld des der<br />

<strong>Frauen</strong>vertreterin gem. § 18 LGG zustehenden Beanstandungsrechts kann es erforderlich<br />

sein zu verhindern, dass ihr Beteiligungsrecht durch Vollzug der Maßnahme<br />

gegenstandslos wird. Die mögliche nachfolgende Feststellungsklage ist kein Ersatz<br />

(Beschluss vom 7.11.2003, VG 25 A 222.03 <strong>und</strong> Beschluss vom 30.9.2005, VG 25<br />

A 61.059).<br />

5.3 In diesen Zusammenhang gehört auch die Frage, ob die Behörde eine „Beachtlichkeitsprüfung“<br />

vornehmen darf, ob sie sich also über ihrer Meinung nach unbeachtliche<br />

Beanstandungen der <strong>Frauen</strong>vertreterin ohne Durchführung des Beanstandungsverfahrens<br />

hinwegsetzen darf. Hier gelten ähnliche Überlegungen wie oben zur<br />

Klagebefugnis. Das ist z.B. der Fall, wenn die Dienststelle meint, die Beanstandungen<br />

hätten nicht in gleichstellungsrechtlichen Aufgaben der <strong>Frauen</strong>vertreterin ihren<br />

Ursprung. Für das Personalvertretungsrecht ist geklärt, dass offensichtlich unbeachtliche<br />

Einwendungen der Personalvertretung das Mitwirkungsverfahren nicht auslösen.<br />

Das BVerwG hat dazu ausgeführt (BVerwGE 91,295,300), das Vorbringen der<br />

Personalvertretung müsse es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass einer der<br />

im Gesetz abschließend geregelten Verweigerungsgründe gegeben ist. Eine Begründung,<br />

die offensichtlich außerhalb eines der Zustimmungsverweigerungsgründe liege,<br />

könne keine Verpflichtung der Dienststelle zur Einleitung des ansonsten vorgesehenen<br />

Einigungsverfahrens auslösen. Diese Gr<strong>und</strong>sätze wendet das BVerwG auch auf<br />

Mitbestimmungsangelegenheiten an, für die das Personalvertretungsrecht nicht ausdrücklich<br />

Verweigerungsgründe festlegt (BVerwGE 74,273,276). Es liegt nahe, diese<br />

Gr<strong>und</strong>sätze auch – <strong>und</strong> wohl erst recht – auf das Beanstandungsrecht der <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

anzuwenden, das ja nicht im Sinne eines personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmungsrechts<br />

sondern eher als dem Mitwirkungsrecht ähnlich ausgestaltet ist.<br />

Danach gilt, dass eine Beanstandung, die auf Tatsachen oder eine Rechtsauffassung<br />

gestützt ist, die offensichtlich von keinem Beteiligungsrecht der <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

gedeckt ist, ebenso wie eine Beanstandung ohne jede Begründung nicht geeignet ist,<br />

den Suspensiveffekt nach § 18 Abs. 3 LGG auszulösen; die Dienststelle kann sich also<br />

darüber hinwegsetzen (Beschluss vom 26.9.1997, VG 25 A 257.97). Das Vorbringen<br />

der <strong>Frauen</strong>vertreterin muss es mithin als möglich erscheinen lassen, dass ein Verstoß<br />

43


44<br />

Klagearten<br />

gegen das LGG gegeben ist. Gegenstand einer Beanstandung kann nach § 18 Abs. 1<br />

Satz 1 LGG nur ein „Verstoß gegen dieses Gesetz“ sein. Dabei wird allerdings die<br />

Behörde nicht das Recht einer allgemeinen „Schlüssigkeitsprüfung“ haben, sondern<br />

sich auf die Frage beschränken müssen, ob sich die vorgetragenen Gründe einem Mitwirkungstatbestand<br />

oder Beteiligungsrecht der <strong>Frauen</strong>vertretung zuordnen lassen, oder<br />

ob das offensichtlich nicht möglich ist.<br />

Allerdings handelt die Dienststelle gewissermaßen auf eigenes Risiko, denn der<br />

Umstand, dass sie eine Beanstandung für unbeachtlich hält, schließt eine nachfolgende<br />

gerichtliche Geltendmachung des vermeintlichen Beteiligungsrechts natürlich nicht<br />

aus. Wenn sich das Gericht der Einschätzung der Dienststelle nicht anschließt, wird<br />

es auf entsprechenden Antrag feststellen, dass das Übergehen der Rechte der <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

rechtswidrig war.<br />

6. Bei den Formen des gerichtlichen Rechtsschutzes gibt es für das Gleichstellungsrecht<br />

im Gr<strong>und</strong>e keine Besonderheiten zu sonstigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren.<br />

6.1 Verweigert die Behörde der <strong>Frauen</strong>vertreterin ein ihr nach ihrer Meinung zustehendes<br />

Beteiligungsrecht, kann sie dies mit der Leistungsklage einfordern. Eine Verpflichtungsklage<br />

wird regelmäßig nicht in Betracht kommen, weil keine Verwaltungsakte<br />

in Rede stehen. Auch einstweiliger Rechtsschutz – dementsprechend<br />

regelmäßig ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123<br />

VwGO – ist möglich. Zum Beispiel kann die <strong>Frauen</strong>vertreterin im Wege der<br />

einstweiligen Anordnung ihre Beteiligung am Auswahlverfahren für eine zu<br />

besetzende Stelle durchsetzen (Beschluss vom 30.1.1996 – VG 25 A 30.96).<br />

Dass die eigentliche Stellenbesetzung wegen des Suspensiveffekts der Beanstandung<br />

nicht unmittelbar anschließend durchgeführt werden könnte, hindert den<br />

Erlass der einstweiligen Anordnung nicht. Das Recht der Beteiligung am Verfahren<br />

ist ein eigenständiges Recht, unabhängig vom Ergebnis. Die <strong>Frauen</strong>vertreterin hat ja<br />

auch kein Recht auf Ergebniskontrolle oder -korrektur, sondern (nur) auf Verfahrensbeteiligung,<br />

das Verfahren ist auch nicht ohne weiteres nachholbar. Insofern<br />

kommt die Nachholung der Beteiligung, die zur Voraussetzung hat, dass eine Maßnahme<br />

tatsächlich <strong>und</strong> rechtlich rücknehmbar oder abänderbar ist (vgl. zur nachträglichen<br />

Beteiligung des Personalrats BVerwG, Beschluss vom 15.3.1995, Dok.Ber.,<br />

Ausgabe B, Nr.1/1996, S. 8) nicht in Betracht.<br />

6.2 Besondere Bedeutung hat hier – wie auch im Personalvertretungsrecht – die Feststellungsklage.<br />

Diese kommt einmal dann in Betracht, wenn der streitige – das Beteiligungsrecht<br />

auslösende – Vorgang bereits abgeschlossen ist, etwa weil die Dienststelle<br />

eine Maßnahme ohne Berücksichtigung der Rechte der <strong>Frauen</strong>vertreterin durchgeführt<br />

hat. Die Feststellungsklage ist aber auch sonst in weiterem Umfang als in allgemeinen<br />

Verwaltungsstreitverfahren zulässig. Die Feststellungsklage ist geeignet, die<br />

gr<strong>und</strong>sätzliche Klärung einer zwischen <strong>Frauen</strong>vertretung <strong>und</strong> Dienststelle streitigen<br />

Frage auch losgelöst vom streitigen Einzelfall herbeizuführen. Sie ist immer dann zulässig,<br />

wenn sich die strittigen <strong>und</strong> entscheidungserheblichen Rechtsfragen bei künftigen<br />

vergleichbaren personellen Maßnahmen mit nicht nur geringer Wahrscheinlichkeit<br />

erneut stellen werden. Dann besteht eine sog. übergreifende Wiederholungsgefahr,<br />

die nach der Rechtsprechung des BVerwG (NVwZ 94,1220; 97,228) im Personalvertretungsrecht<br />

– <strong>und</strong> das gilt auch für das Gleichstellungsrecht – das Interesse an<br />

einem auf generelle Klärung der Beteiligungsrechte zielenden Feststellungsbegehren


echtfertigt. Auch im gleichstellungsrechtlichen Feststellungsstreit ist es sachgerecht,<br />

eine nicht vorgangsbezogene Feststellung zu den dahinter stehenden materiellen<br />

Rechtsfragen zuzulassen, weil nur auf diesem Weg eine Entscheidung erreicht werden<br />

kann, welche die von ihrer Rechtskraft Betroffenen auch für die Zukunft bindet.<br />

7. Bei den einzelnen Entscheidungen zu den Beteiligungsrechten der <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

ist immer wieder die Frage zu beantworten, was eine „personelle Maßnahme“ ist.<br />

7.1 § 17 LGG gibt der <strong>Frauen</strong>vertreterin ein Beteiligungsrecht nicht nur bei allen die weiblichen<br />

Dienstkräfte betreffenden sozialen Maßnahmen, sondern auch bei allen personellen<br />

Maßnahmen, also ohne Einschränkung auf weibliche Dienstkräfte. Daraus hat<br />

das VG <strong>Berlin</strong> (ZfBR 96,283) den Schluss gezogen, dass die <strong>Frauen</strong>vertreterin auch<br />

dann zu beteiligen ist, wenn sich auf eine zu besetzende Stelle etwa nur<br />

Männer beworben haben. Das Gericht hat dabei – neben dem Wort-<br />

Personelle Maßnahmen<br />

laut des Gesetzes – erwogen, dass auch bei sog. „Männerr<strong>und</strong>en“ allgemeine,<br />

auch – etwa bei künftigen Besetzungsvorgängen – <strong>Frauen</strong><br />

betreffende Fragen der erforderlichen Qualifikation <strong>und</strong> Auswahlkriterien<br />

zu erörtern sind (das dürfte auch für „<strong>Frauen</strong>r<strong>und</strong>en“ gelten), <strong>und</strong> dass z.B.<br />

die <strong>Frauen</strong>vertreterin im Rahmen dieser Erörterung auch zu überlegen hat, warum<br />

sich für eine bestimmte Stelle keine Frau beworben hat. Es würden ohne die Beteiligungsrechte<br />

für die <strong>Frauen</strong>vertreterin auch in diesen Fällen z.B. auch Ungereimtheiten<br />

etwa bei nachträglichem Zurückziehen der Bewerbung oder bei Nachbewerbungen<br />

von <strong>Frauen</strong> entstehen.<br />

7.2 „Personelle Maßnahmen“ ist ein weit gefasster Begriff. Im LGG wird er nicht näher<br />

bestimmt. Nach allgemeinem Sprachgebrauch ist unter Maßnahme eine Handlung,<br />

Anordnung, Regelung oder Vorkehrung zu verstehen, die etwas Bestimmtes bewirken<br />

will, einem bestimmten Zweck dient.<br />

Die Kammer hat ihn als „gegenständlich umrissene regelnde Einzelentscheidung“ definiert<br />

(Urteil vom 2.11.1999 – VG 25 A 323.95). In der Rechtsprechung des B<strong>und</strong>esverwaltungsgerichts<br />

wird der wortgleich im Personalvertretungsrecht verwendete<br />

Begriff einem weiten Wortverständnis entsprechend dahin umschrieben, dass hiervon<br />

jede Handlung <strong>und</strong> Entscheidung umfasst wird, die den Rechtsstand der Beschäftigten<br />

berührt, auch wenn sie nur dem Gesetzesvollzug dient. Demgegenüber seien lediglich<br />

der Vorbereitung einer Maßnahme dienende Handlungen der Dienststelle, wenn<br />

sie nicht bereits eine beabsichtigte Maßnahme vorwegnehmen oder mehr oder weniger<br />

festlegen, nicht erfasst (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 30.11.1982, Buchholz<br />

283.33 Nr. 2 zu § 52 BrPersVG). Eine Definition des Begriffs der Maßnahme enthält<br />

das Niedersächsische PersVG in § 64 Abs. 2:<br />

„Eine Maßnahme ist eine Handlung oder Entscheidung, durch die die Dienststelle in<br />

eigener Zuständigkeit eine Regelung trifft, die die Beschäftigten nicht nur geringfügig<br />

berührt oder innerdienstliche Verhältnisse nicht nur unwesentlich <strong>und</strong> nicht nur<br />

kurzfristig verändert. Keine Maßnahmen sind insbesondere 1. Handlungen, die eine<br />

Maßnahme nur vorbereiten, 2. Erläuterungen bestehender verbindlicher Regelungen<br />

oder 3. Weisungen zur Erfüllung dienstlicher Verbindlichkeiten.“<br />

7.3 Auch Sinn <strong>und</strong> Zweck des § 17 Abs. 1 LGG, der <strong>Frauen</strong>vertreterin die effektive Wahrnehmung<br />

ihrer Tätigkeit zu ermöglichen, sprechen nach der Auffassung der Kammer<br />

dafür, den Begriff der personellen Maßnahme im dargestellten – eher weiten – Sinn<br />

zu verstehen (z.B. Beschlüsse vom 16.4.2002, VG 25 A 297.98 <strong>und</strong> 148.00). Freilich<br />

45


46<br />

ist dabei auf die Abgrenzung zu allgemeinen Anordnungen oder innerbehördlichen<br />

Vorbereitungshandlungen auch deswegen Gewicht zu legen, weil es ungeachtet des<br />

fehlenden Mitbestimmungsrechts der <strong>Frauen</strong>vertreterin bei einer Rüge des Verstoßes<br />

gegen das LGG jedenfalls zu einer zeitlich häufig nur schwer übersehbaren Aussetzung<br />

der Maßnahme im Rahmen eines mehrstufigen Beanstandungsverfahrens kommen<br />

kann (vgl. Beschluss vom 6.4.2001, VG 25 A 81.01).<br />

7.4 Die Rechte der <strong>Frauen</strong>vertreterin im Einzelnen ergeben sich aus den in § 17 Abs. 2<br />

LGG genannten Fällen (allerdings nur beispielhaft: „insbesondere“), woran sich zeigt,<br />

dass im Wesentlichen Stellenbesetzungs- <strong>und</strong> Beförderungsvorgänge gemeint sind.<br />

Der Beteiligung sind also Grenzen gezogen – jedenfalls dieselben wie bei der Personalvertretung.<br />

Entscheidungen im Rahmen der Organisationsgewalt des Dienstherrn<br />

wie der Umzug einer Dienststelle (Beschluss vom 23.7.1997, VG 25 A 171.97), eine<br />

Sitzung, die der Vorbereitung der Bezirksfusion dient (Beschluss vom 20.4.1999, VG<br />

25 A 135.99), die personelle Ausstattung überhaupt oder die laufbahnrechtliche Einordnung<br />

einer bestimmten Stelle werden ebenso wenig dazugehören wie Maßnahmen<br />

der Fachaufsicht oder die dienstliche Beurteilung (Beschluss vom 30.9.2005 m.w.N.<br />

aus der Rechtsprechung der Kammer).<br />

7.5 Zu letzterer gehört aber der im Rahmen eines Stellenbesetzungsverfahrens im Schulbereich<br />

durchgeführte Unterrichtsbesuch <strong>und</strong> die anschließende Unterrichtsanalyse<br />

nicht (VG <strong>Berlin</strong> – 25 A 27.95, Urteil vom 18.9.95, ZfBR 96,283). Dieser Bef<strong>und</strong><br />

hat sich durch das SchulG vom 26.1.2004 (teilweise) geändert. Nach § 69 Abs. 6<br />

SchulG erstellt der Schulleiter die dienstlichen Beurteilungen bei Bewerbungen für<br />

andere als Funktionsstellen, während die entsprechende Auswahl weiter der Schulaufsicht<br />

obliegt. Damit ist der erforderliche enge Zusammenhang zwischen dienstlicher<br />

Beurteilung <strong>und</strong> Auswahl gelöst (Beschluss vom 15.2.2005, VG 25 A 17.05). Der<br />

Beschluss wurde vom OVG <strong>Berlin</strong> bestätigt (Beschluss vom 19.4.2005, OVG 4 S<br />

11.05). Das OVG hat dort unter Bezug auf die Rechtsprechung der Kammer ausgeführt,<br />

zum Auswahlverfahren im Sinne des § 17 Abs. 2 LGG gehörten nur Maßnahmen,<br />

die in unmittelbarem Zusammenhang mit jenem ständen, dessen funktionaler<br />

Bestandteil seien, nicht aber solche, die Teil einer vom Auswahlverfahren zu trennenden,<br />

dieses nur vorbereitenden behördlichen Tätigkeit seien.<br />

Anders soll es sich bei dienstlichen Beurteilungen anlässlich Bewerbungen für Funktionsstellen<br />

im Sinne des § 73 Abs. 1 SchulG verhalten. Für diese ist nach § 69 Abs.<br />

6 SchulG weiter der Schulaufsichtsbeamte zuständig. Deswegen hat die Kammer<br />

(Beschluss vom 30.9.2005, VG 25 A 61.05) in diesem Fall den einen Teil der dienstlichen<br />

Beurteilung bildenden Unterrichtsbesuch durch den Schulaufsichtsbeamten<br />

weiter als Teil des Auswahlverfahrens <strong>und</strong> damit die <strong>Frauen</strong>vertreterin als beteiligungsberechtigt<br />

angesehen. Der Beschluss ist nicht rechtskräftig.<br />

Diese Einschätzung wird wohl nur für sog. Anlassbeurteilungen, nicht aber für Regelbeurteilungen<br />

gelten, die in keinem konkreten Zusammenhang mit Stellenbesetzungen<br />

stehen.<br />

7.6 Zu den personellen Maßnahmen, nämlich zum Auswahlverfahren gem. § 17 Abs. 2<br />

LGG gehört auch die Einstellung außertariflich vergüteter Mitarbeiter. Auch die vom<br />

Tarifrecht des öffentlichen Angestelltendienstverhältnisses losgelösten Positionen bleiben<br />

dem öffentlichen Dienst zugehörig, für den die den öffentlichen Dienstherrn treffenden<br />

Beteiligungsverpflichtungen nach dem LGG bestehen. Dem öffentlichen<br />

Dienst sind Beschäftigte aufgr<strong>und</strong> der Qualifizierung ihres Dienstherrn als öffentlicher<br />

Arbeitgeber zugehörig. Sinn <strong>und</strong> Zweck des LGG, u.a. der Abbau der Unterre-


präsentanz von <strong>Frauen</strong> in Leitungsfunktionen, erfordern in diesen Fällen erst recht<br />

die Beteiligung der <strong>Frauen</strong>vertreterin. Eine dem § 89 Abs. 2 <strong>und</strong> 3 PersVG vergleichbare<br />

Regelung (kein Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung bei leitenden<br />

Dienstkräften) fehlt im LGG. Der im PersVG befürchtete Interessenkonflikt, dass<br />

Dienstkräfte in Positionen, in denen sie „sozialer Gegenspieler“ des Personalrats sind,<br />

für ihre Berufung der Zustimmung des Personalrats bedürfen, ist im LGG gerade nicht<br />

gegeben. Die Einschränkungen bei der Wählbarkeit für Dienststellenleiterinnen <strong>und</strong><br />

Dienstkräfte, die zu selbständigen Entscheidungen in Personalangelegenheiten von<br />

nicht untergeordneter Bedeutung befugt sind (§ 16a Abs. 2 Ziffer 2 <strong>und</strong> 3 LGG), die<br />

sicherstellen sollen, dass die <strong>Frauen</strong>vertreterin unabhängig von der Dienststelle ist,<br />

haben mit der Höhe der Vergütung nichts zu tun. Dass diese Gr<strong>und</strong>sätze auch gelten,<br />

wenn eine Anstalt des öffentlichen Rechts im Wesentlichen wie ein privatrechtlich<br />

organisierter Betrieb geführt wird, kann angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlauts<br />

nicht zweifelhaft sein. Ob bei politischen Beamten (z.B. Staatssekretären) womöglich<br />

anderes gilt, hat das Gericht offen gelassen (Urteil vom 29.11.1999, VG 25 A 222.98).<br />

7.7 Für das Eingreifen des Beteiligungsrechts hat die Kammer ein gewisses Gewicht der<br />

Maßnahme verlangt. So ist die Umsetzung eine personelle Maßnahme (Urteil vom<br />

16.4.2004, VG 25 A 25.97), nicht aber eine Teilumsetzung, die eine Lehrkraft nur<br />

für zwei sog. Verfügungsst<strong>und</strong>en pro Woche betraf <strong>und</strong> überdies zeitlich begrenzt war.<br />

Dies hat die Kammer wegen der unerheblichen Intensität des Eingriffs als allgemeine<br />

organisatorische Maßnahme ohne Beteiligungsrecht der <strong>Frauen</strong>vertreterin angesehen<br />

(Beschluss vom 26.9.1997, VG 25 A 257.97).<br />

Demgegenüber ist personelle Maßnahme die Schulleiterbenennung durch den<br />

Schulaufsichtsbeamten nach § 23 SchulVerfG (Beschluss vom 6.4.2001, VG 25 A<br />

81.01) <strong>und</strong> die kommissarische Besetzung einer Schulleiterstelle (Urteil vom<br />

16.4.2002, VG 25 A 297.98). Auch die Anordnung einer polizeiärztlichen Untersuchung<br />

zur Feststellung der Dienstfähigkeit hat die Kammer wegen des erheblichen<br />

Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht als personelle Maßnahme angesehen (Urteil vom<br />

16.4.2002, VG 25 A 148.00). Ähnlich hat das B<strong>und</strong>esverwaltungsgericht die Festlegung<br />

des Inhalts eines Personalfragebogens wegen der weitgehenden Fragen nach persönlichen<br />

Verhältnissen, Werdegang, Kenntnissen u.ä. als personelle Maßnahme angesehen<br />

(Beschluss vom 15.2.1980, Buchholz 238.3 A § 73 Nr. 15).<br />

7.8 Besonderheiten gelten für die Gesamtfrauenvertreterin (§ 18a LGG). Ihr Beteiligungsrecht<br />

ergibt sich aus § 18a Abs. 4 Satz 1 LGG <strong>und</strong> umfasst nicht nur – wie nach<br />

§ 17 LGG – personelle Maßnahmen, sondern daneben auch die Angelegenheiten, an<br />

denen der Gesamtpersonalrat zu beteiligen ist. So ist die Erstellung einer Arbeitsanweisung<br />

zur Regelung des Bewerbungs- <strong>und</strong> Einstellungsverfahrens im <strong>Berlin</strong>er Schuldienst<br />

als abstrakt-generelle Regelung keine Einzelentscheidung, wie sie § 17 Abs. 1<br />

LGG voraussetzt. Sie ist auch keine organisatorische Maßnahme,<br />

Gesamtfrauenvertreterin<br />

weil sie nicht Ordnung <strong>und</strong> Gestaltung der Arbeitsplätze zum<br />

Gegenstand hat. § 18a Abs. 4 Satz 1 LGG enthält aber mit seiner<br />

Verweisung auf die Beteiligungsrechte des Gesamtpersonalrats nicht<br />

nur eine Zuständigkeitsnorm, sondern regelt das Beteiligungsrecht der Gesamtfrauenvertreterin<br />

inhaltlich. Diese hat also ein Recht auf Beteiligung in den Angelegenheiten,<br />

an denen der Gesamtpersonalrat zu beteiligen ist. Da § 90 Nr. 1 PersVG Bln<br />

die Mitwirkung auch an Verwaltungsvorschriften vorsieht, besteht insoweit auch –<br />

ungeachtet des Umstands, dass es sich nicht um eine personelle oder organisatorische<br />

Maßnahme handelt, eine Beteiligung der <strong>Frauen</strong>vertreterin daher ausscheidet – ein<br />

47


48<br />

Beteiligungsrecht der Gesamtfrauenvertreterin (Urteil vom 2.11.1999, VG 25 A<br />

323.95).<br />

7.9 Ergänzend ist darauf zu verweisen, dass die <strong>Frauen</strong>beauftragte nach § 59 BerlHG, die<br />

gleichzeitig gem. § 16 Abs. 1 LGG auch <strong>Frauen</strong>vertreterin ist, ihre Beteiligungsrechte<br />

nur aus § 59 BerlHG, nicht aus § 17 LGG herleiten kann. Wegen<br />

der universitätsspezifischen Besonderheiten, insbesondere der<br />

Hochschulfrauenbeauftragte Bedeutung der Wissenschaftsfreiheit, wird § 17 LGG durch die<br />

– restriktivere – Sonderregelung des BerlHG verdrängt (OVG<br />

<strong>Berlin</strong>, Beschluss vom 18.4.1994, OVG PV Bln 1.93, PersR 1995,<br />

22). Aus diesem Gr<strong>und</strong> begegnet auch die Anwendung des § 18 LGG (Beanstandungsverfahren<br />

mit Suspensivwirkung) Bedenken (Urteil vom 12.5.1997, VG 25 A<br />

116.96).<br />

8. Wann die Beteiligung der <strong>Frauen</strong>vertreterin einsetzen muss, ist vom LGG nicht genau<br />

geregelt. Sicher muss dies so rechtzeitig vor der abschließenden Entscheidung geschehen,<br />

dass die <strong>Frauen</strong>vertreterin tatsächlich noch die Möglichkeit hat, etwaige Einwände<br />

mit Aussicht auf Berücksichtigung vorzubringen. Dass dies zwingend<br />

zugleich mit der Einleitung eines Stellenbesetzungsvorgangs<br />

Zeitpunkt der Beteiligung geschehen muss, hat das VG <strong>Berlin</strong> nicht dem Gesetz zu entnehmen<br />

vermocht (VG 25 A 151.94, Beschluss vom 12.12.94), wenn<br />

auch sicherlich die Beteiligung so früh wie möglich erfolgen sollte,<br />

was sich auch aus dem Recht der <strong>Frauen</strong>vertreterin auf „rechtzeitige Unterrichtung“<br />

(§ 17 Abs. 7 LGG) ergibt. Eine dem § 84 Abs. 1 PersVG Bln entsprechende Regelung<br />

(Pflicht zur Erörterung einer Maßnahme vor ihrer Durchführung mit dem Ziel einer<br />

Verständigung) fehlt aber im LGG.<br />

9. Anlass zum Streit kann auch der Umfang der Freistellung der <strong>Frauen</strong>vertreterin geben.<br />

Das LGG hat diesen Umfang – anders als einige andere Gleichstellungsgesetze oder<br />

das PersVG – nicht in einer festen Staffelung an die Größe der Dienststelle gekoppelt,<br />

spricht vielmehr in § 16 Abs. 4 LGG nur vom „erforderlichen Umfang“. Das erfordert<br />

eine einzelfallorientierte Bestimmung nach einem konkret individuellen Maßstab.<br />

Prognosen für künftige gerichtliche Entscheidungen sind daher kaum möglich.<br />

Das VG <strong>Berlin</strong> hat einen Vergleich zu von der Größe her ähnlichen Dienststellen gezogen<br />

<strong>und</strong> außerdem versucht, auf die Zahl der beschäftigten <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> ihren Anteil<br />

in den jeweiligen Ebenen, insbesondere in Leitungsfunktionen, abzustellen (VG 25 A<br />

421.95, Beschluss vom 15.10.96). Der Senat von <strong>Berlin</strong> hält eine<br />

Freistellung im Umfang von 25 % der regulären Arbeitszeit in jedem<br />

Umfang der Freistellung<br />

Fall für erforderlich; bei mehr als 600 Beschäftigten in der Dienststelle<br />

regelmäßig eine volle Freistellung für geboten (Mitteilung an<br />

das Abgeordnetenhaus von <strong>Berlin</strong> vom 14.3.1994, DrS 12/3988).<br />

Der Freistellungsanspruch überträgt sich nur ausnahmsweise auf die Vertreterin. Dies<br />

könnte bei lang andauernder Verhinderung (etwa durch lange Krankheit) der Fall sein.<br />

Normale Abwesenheiten, z.B. Urlaub, müssen von der Vertreterin ohne zusätzliche<br />

Freistellung überbrückt werden. Dies hat das OVG <strong>Berlin</strong> (4 S 310.96, Beschluss vom<br />

19.9.96, Bestätigung von VG 25 A 220.96) aus dem Fehlen einer entsprechenden<br />

Regelung im LGG <strong>und</strong> daraus hergeleitet, dass für das Personalvertretungsrecht außer


Streit ist, dass im Falle einer Verhinderung freigestellter Personalratsmitglieder zusätzliche<br />

Freistellungen nicht vorzunehmen seien. Das Problem wird dadurch entschärft,<br />

dass dann, wenn die Erledigung der übrigen dienstlichen Aufgaben mit der Erfüllung<br />

gesetzlicher Aufgaben der <strong>Frauen</strong>vertretung kollidiert, die Erledigung unaufschiebbarer<br />

<strong>Frauen</strong>beauftragtenaufgaben vorgeht. Dies ergibt sich auch ohne ausdrückliche<br />

gesetzliche Regelung daraus, dass die <strong>Frauen</strong>beauftragten spezielle, gesetzlich vorgesehene<br />

Aufgaben wahrzunehmen haben, deren Erledigung nicht daran scheitern darf,<br />

dass sie mit der Erledigung allgemeiner dienstlicher Aufgaben bereits voll ausgelastet<br />

sind (OVG <strong>Berlin</strong>, a.a.O.).<br />

10. Hinsichtlich der Wahl der <strong>Frauen</strong>vertreterin regelt das LGG (§ 16 Abs. 9) ausdrücklich<br />

die Möglichkeit einer Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht.<br />

10.1 Die unterlegene Kandidatin muss von der Möglichkeit der Wahlanfechtung (fristgerecht)<br />

Gebrauch machen <strong>und</strong> darf nicht erst die anschließende Bestellung der <strong>Frauen</strong>beauftragten<br />

(nach dem BerlHG) mit der Begründung angreifen, es hätten Wahlfehler<br />

vorgelegen, denn die Gewählte habe nicht das passive Wahlrecht gehabt<br />

(Beschluss vom 29.9.2000, VG 25 A 171.00).<br />

10.2 Während des Wahlverfahrens ist eine Korrektur des Wahlausschreibens (Ergänzung<br />

der Anschrift des Wahlvorstandes) möglich (Beschluss vom 19.11.2004, VG 25 A<br />

186.04). Nach Auffassung der Kammer muss es dem Wahlvorstand möglich sein, festgestellte<br />

Fehler im Vorfeld einer Wahl zu korrigieren, wenn ansonsten<br />

eine erfolgreiche Wahlanfechtung zu befürchten wäre. Mit der<br />

Wahlanfechtung<br />

Fehlerkorrektur ergibt sich die Notwendigkeit, die Frist für die Einreichung<br />

von Wahlvorschlägen (§ 6 Abs. 1 WOFrau) neu beginnen<br />

zu lassen. Insofern ist die Setzung einer Nachfrist möglich um die<br />

Durchführung einer fehlerfreien Wahl zu gewährleisten, wenn die Frist des § 6 Abs.<br />

3 WOFrau (Bekanntmachung der Wahlvorschläge spätestens eine Woche vor Beginn<br />

der Stimmabgabe) eingehalten werden kann.<br />

10.3 Keine anfechtbare Wahl, nicht einmal eine Maßnahme nach dem LGG, ist die nach<br />

der Bezirksfusion in <strong>Berlin</strong> notwendig gewordene Auswahl einer der beiden bisherigen<br />

(bestellten) <strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong>n der alten Bezirke zur <strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong>n<br />

des fusionierten Bezirks. Die Klage nach dem LGG der nicht ausgewählten<br />

<strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong>n ist unzulässig, ihr fehlt die Klagebefugnis. § 21 LGG<br />

gewährt kein individuelles Recht. Die Vorschrift enthält lediglich eine Organisationsnorm.<br />

Sie regelt nur, dass das Bezirksamt eine <strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong> bestellen<br />

muss <strong>und</strong> dient ausschließlich öffentlichen Interessen (Gerichtsbescheid vom<br />

2.4.2003, VG 25 A 25.02).<br />

10.4 Das Wahlrecht (aktiv <strong>und</strong> passiv) steht entsprechend der ausdrücklichen gesetzlichen<br />

Regelung (§§ 16 Abs. 1 <strong>und</strong> 16a Abs. 1 LGG) nur weiblichen Dienstkräften zu. Zwar<br />

können die dem Beteiligungsrecht der <strong>Frauen</strong>vertreterin unterliegenden Maßnahmen<br />

durchaus auch Männer berühren. Der Gesetzgeber hat aber das Spannungsverhältnis<br />

zwischen Diskriminierungsverbot einerseits <strong>und</strong> Teilhabeauftrag andererseits (Art. 10<br />

Abs. 3 Sätze 1 <strong>und</strong> 2 der <strong>Berlin</strong>er Verfassung) in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender<br />

Weise dahin aufgelöst, dass er, um die Gleichstellung der <strong>Frauen</strong> zu fördern,<br />

das diesen vorbehaltene Amt der <strong>Frauen</strong>vertreterin geschaffen hat (Beschluss vom<br />

19.11.2004, VG 25 A 181.04; bestätigt durch Beschluss des OVG <strong>Berlin</strong> vom<br />

23.11.2004, OVG 4 S 93.04).<br />

49


50<br />

11. Ausdrücklich geregelt ist das Beteiligungsrecht der <strong>Frauen</strong>vertreterin an Stellenausschreibungen<br />

(§ 17 Abs. 2 LGG). Damit hat die <strong>Frauen</strong>vertreterin auch das Recht,<br />

nicht dem § 5 LGG (Pflicht zur öffentlichen Ausschreibung) entsprechende Ausschreibungen<br />

zu rügen. Eine Stellenausschreibung auf der Internet-Homepage eines<br />

Unternehmens (für das gem. § 1 Abs. 1 das LGG gilt) ist keine<br />

öffentliche Ausschreibung im Sinne dieser Vorschrift, auch wenn das<br />

Stellenausschreibung<br />

Unternehmen auf die monatlich 4 bis 5 Millionen Zugriffe auf seine<br />

Homepage (die allerdings fast ausschließlich Fahrplan- <strong>und</strong> ähnliche<br />

Auskünfte betrafen) verweisen konnte (Beschluss vom 6.9.2001,<br />

VG 25 A 226.01, PersV 03,221; bestätigt durch Beschluss des OVG <strong>Berlin</strong> vom<br />

11.3.2002, OVG 4 SN 60.01). Diese Entscheidung mag je nach Entwicklung im<br />

Laufe der Zeit als überholt anzusehen sein.


8.<br />

Ausblick<br />

15 Jahre Landesgleichstellungspolitik haben gezeigt, dass gesetzliche Regelungen zur Förderung<br />

von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> zur Gleichstellung von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männern im öffentlichen Dienst<br />

ein geeignetes Instrument sind, Ungleichheit abzubauen, eine größere Chancengerechtigkeit<br />

zwischen <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männern herzustellen <strong>und</strong> eine bessere tatsächliche Repräsentanz<br />

von <strong>Frauen</strong> zu erreichen. Die Instrumente zur Stellenbesetzung <strong>und</strong> Beförderung, die Verpflichtung<br />

zur Erstellung von <strong>Frauen</strong>förderplänen, die Institution der <strong>Frauen</strong>vertreterin als<br />

Gewährsfrau für die Einhaltung der Regularien des LGG <strong>und</strong> die Berichtspflicht zur kontinuierlichen<br />

Dokumentation der Entwicklung des <strong>Frauen</strong>anteils in den verschiedenen<br />

Beschäftigten- <strong>und</strong> Einkommensgruppen <strong>und</strong> insbesondere bei den Führungspositionen<br />

greifen Stück für Stück so ineinander, dass sie reale <strong>Frauen</strong>förderung bewirken. Das Ziel der<br />

paritätischen Besetzung von Gremien weist darüber hinaus einen qualitativen Effekt auf: Mit<br />

der angemessenen Repräsentanz von <strong>Frauen</strong> in Entscheidungsgremien werden Entscheidungen<br />

auf Gr<strong>und</strong>lage erweiterter Kompetenzen <strong>und</strong> Perspektiven gefasst. Transparenz, Bürgernähe<br />

<strong>und</strong> Aspekte der Diversifikation, der Bezug auf die Vielfalt <strong>und</strong> Erfahrungsbreite<br />

der Bevölkerung, werden damit in das Verwaltungshandeln integriert.<br />

Dieser Gesichtspunkt verweist auf ein weiteres Instrument, das zur Modernisierung von Verwaltung<br />

<strong>und</strong> politischem Handeln gleichermaßen gehört, das Gender Mainstreaming. Dieses<br />

im Rahmen der Europäischen Union entwickelte <strong>und</strong> von den Mitgliedstaaten in den<br />

jeweils eigenen Rechtsbereich übernommene Instrument dient der gr<strong>und</strong>sätzlichen Befragung<br />

jeden Verwaltungshandelns auf dessen Konsequenzen für <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männer,<br />

Mädchen <strong>und</strong> Jungen. Das Prinzip des Gender Mainstreaming ermöglicht es, Mechanismen<br />

<strong>und</strong> Strukturen sichtbar zu machen, die zu Lasten eines Geschlechts wirken. Neben den<br />

Instrumenten zur <strong>Frauen</strong>förderung, die das LGG vorsieht <strong>und</strong> die weiterhin geboten sind,<br />

dient das Gender Mainstreaming der qualitativen Weiterentwicklung des fachlichen Handelns<br />

der <strong>Berlin</strong>er Verwaltung.<br />

Das LGG ist in den 15 Jahren seines Bestehens zu einer festen Größe im Land <strong>Berlin</strong> geworden.<br />

Einst heiß umstritten, steht es in Verwaltung <strong>und</strong> Politik nicht mehr zur Disposition.<br />

Die Rechtsprechung zum LGG festigt diese Position ebenso wie die auf Kooperation <strong>und</strong><br />

Effizienz ausgelegte Zusammenarbeit zwischen <strong>Frauen</strong>vertreterinnen <strong>und</strong> Personalverantwortlichen.<br />

Wo Interessen verhandelt werden, wird es immer zu Konflikten kommen, das<br />

ist auch beim LGG nicht anders. Wichtig bleibt es, die Position der <strong>Frauen</strong>vertreterin in diesen<br />

Auseinandersetzungen so zu stärken, auszustatten <strong>und</strong> weiterzuentwickeln, dass sie ihre<br />

Aufgabe als Interessenvertreterin der weiblichen Beschäftigten im vollen Umfang des vom<br />

LGG gesetzten Rahmens wahrnehmen kann.<br />

Die im Zuge der Verwaltungsreform entstehenden neuen Handlungsmöglichkeiten wie auch<br />

die Verpflichtung zur vorausschauenden Personalentwicklung bieten neue Ansatzpunkte, die<br />

51


52<br />

Anliegen des LGG in die Strukturen der Verwaltung zu integrieren <strong>und</strong> diese zugleich zu<br />

modernisieren. Die Kompetenzen der <strong>Frauen</strong>vertreterinnen sind eine wichtige <strong>und</strong> unverzichtbare<br />

Ressource in diesem stetigen Prozess.<br />

Das Verbot von Diskriminierung <strong>und</strong> das Gebot aktiver Gleichstellung sind Herausforderungen<br />

für eine Verwaltung, die zunehmend bürgernah, demokratisch <strong>und</strong> transparent arbeiten<br />

will. Die Erfahrungen mit dem LGG können sich als sehr hilfreich erweisen, wenn es<br />

darum geht, das Prinzip der Diversifikation in der Verwaltung umzusetzen.<br />

Das LGG wirkt auch über den öffentlichen Dienst hinaus. Mit der <strong>Frauen</strong>förderverordnung<br />

ermutigt es die Privatwirtschaft, die Potenziale von <strong>Frauen</strong> besser einzuschätzen <strong>und</strong> einzusetzen.<br />

Der Nutzen daraus erwächst den Beschäftigten wie den Unternehmen gleichermaßen.<br />

Es ist gerade angesichts der Privatisierung bisher zum öffentlichen Dienst gehörender Unternehmen<br />

eine bleibende Herausforderung, den Gedanken der <strong>Frauen</strong>förderung <strong>und</strong> den<br />

Rechtsrahmen des LGG in die Privatwirtschaft zu vermitteln. Weder vor den Werkstoren<br />

noch hinter den Internetportalen darf Schluss sein mit der Gleichstellung von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong><br />

Männern. Diesem verfassungsrechtlichen Auftrag zu folgen <strong>und</strong> die Instrumente der <strong>Frauen</strong>förderung<br />

zeitgemäß <strong>und</strong> zukunftsgerecht zu entwickeln, bleibt die Zielsetzung des <strong>Berlin</strong>er<br />

Landesgleichstellungsgesetzes.<br />

Anmerkungen<br />

1 Benda, Ernst, Gutachten im Auftrag der Leitstelle der Frau – Notwendigkeit <strong>und</strong> Möglichkeit positiver<br />

Aktionen zugunsten von <strong>Frauen</strong> im öffentlichen Dienst, Freiburg 1986<br />

2 „Die Leitlinien zur Förderung der weiblichen Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Landes <strong>Berlin</strong>“ vom<br />

3. Juli 1984<br />

3 Vorlage zur Kenntnisnahme Nr. 118 des Senats von <strong>Berlin</strong> über Umsetzung des Beschlusses über die Leitlinien<br />

zur Förderung der weiblichen Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Landes <strong>Berlin</strong> vom 12. August<br />

1988 (Mitteilungen des Präsidenten – Nr. 286 – Drucksache 10/2385)<br />

Vorausgegangen war ein Beschluss des Abgeordnetenhauses von <strong>Berlin</strong> vom 18. Juni 1987, mit dem der<br />

Senat aufgefordert wurde, bis zum 30. April 1988 für den gesamten öffentlichen Dienst <strong>Frauen</strong>förderungspläne<br />

zu erarbeiten <strong>und</strong> als bindende Richtlinien zu erlassen sowie zu prüfen, ob darüber hinaus gesetzliche<br />

Gr<strong>und</strong>lagen geschaffen werden müssen – siehe Mitteilung zur Kenntnisnahme Nr. 589 des Senats von<br />

<strong>Berlin</strong> über Richtlinien zur <strong>Frauen</strong>förderung in der Personalpolitik des öffentlichen Dienstes <strong>und</strong> der Eigenbetriebe<br />

des Landes <strong>Berlin</strong> vom 18. Mai 1988 (Mitteilungen des Präsidenten – Nr. 272 – Drucksache<br />

10/2268).<br />

4 OVG NW, Beschluss vom 15.06.1989 – 6 B 1318/89<br />

5 Im Saarland <strong>und</strong> in Nordrhein-Westfalen wurden bereits 1989 <strong>Frauen</strong>fördergesetze erlassen, die jedoch nicht<br />

mit den nachfolgenden umfassenden Landesgleichstellungsgesetzen vergleichbar waren (Gesetz Nr. 1245<br />

zur Förderung von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> zur Änderung sonstiger dienstrechtlicher Vorschriften vom 10. Mai 1989,<br />

Amtsblatt des Saarlandes vom 6. Juli 1989, S. 977; Gesetz zur Förderung der beruflichen Chancen für <strong>Frauen</strong><br />

im öffentlichen Dienst (<strong>Frauen</strong>fördergesetz – FFG) vom 31. Oktober 1989, GVBl. für das Land Nordrhein-Westfalen<br />

vom 17. November 1989, S. 567)<br />

6 Die im LGG eröffnete Möglichkeit, staatliche Leistungsgewährung von der Verpflichtung zur aktiven<br />

<strong>Frauen</strong>förderung abhängig zu machen, wurde angesichts der veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen<br />

im Land <strong>Berlin</strong> bislang noch nicht konkretisiert.<br />

7 Gesetz zur Einrichtung eines <strong>Zentrale</strong>n Personalüberhangmanagements (Stellenpool) (Stellenpoolgesetz –<br />

StPG) vom 09. Dezember 2003, GVBl. S. 589<br />

8 In mehreren Urteilen vom 25.11.2005 hat das OVG <strong>Berlin</strong>-Brandenburg die Klagebefugnis der <strong>Frauen</strong>vertreterinnen<br />

nach dem LGG verneint. Gegen die Entscheidung OVG 4 B 36.02 war bei Redaktionsschluss<br />

Rechtsbehelf eingelegt. Weitere Ausführungen siehe Klaus Pée, Übersicht über die Rechtsprechung<br />

des Verwaltungsgerichts <strong>Berlin</strong> zur Rechtsstellung der <strong>Frauen</strong>vertreterin nach dem LGG <strong>Berlin</strong> (Nummer<br />

2.3, FN 10).


9 Entscheidungen ohne Angabe des Gerichts sind Entscheidungen des VG <strong>Berlin</strong>.<br />

10 In mehreren Urteilen vom 25.11.2005 (u.a. OVG 4 B 35.02) hat das OVG <strong>Berlin</strong>-Brandenburg die Klagebefugnis<br />

der <strong>Frauen</strong>vertreterin nach dem LGG <strong>Berlin</strong> verneint.<br />

Mit der Zuordnung einer Kompetenz an ein staatliches Organ sei in aller Regel nicht zugleich auch eine<br />

Rechtsposition verb<strong>und</strong>en, die wie ein subjektives Recht im Außenverhältnis gegen Übergriffe anderer<br />

Organe durch Anrufen des Gerichts verteidigt werden könne. Nur ausnahmsweise sei von der Übertragung<br />

einklagbarer Wahrnehmungsbefugnisse auszugehen, wenn dies entweder vom Gesetzgeber ausdrücklich<br />

normiert wurde oder wenn im Wege der Auslegung der einschlägigen Vorschriften ermittelt werden könne,<br />

dass einem Funktionsträger als „Kontrastorgan“ zum Zwecke einer sachgerechten Ausbalancierung innerkörperschaftlicher<br />

Interessen- <strong>und</strong> Machtgegensätze die eigenständige Bewältigung bestimmter Aufgabenbereiche<br />

zugewiesen <strong>und</strong> er insoweit von der Rechtsordnung mit einer wehrfähigen Rechtsposition ausgestattet<br />

worden sei.<br />

Aus dem LGG lasse sich die Klagebefugnis weder aus dem Wortlaut noch durch Auslegung – auch unter<br />

Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien – ableiten. Die <strong>Frauen</strong>vertreterin wirke an der Verwirklichung der<br />

gesetzlichen Ziele des LGG (lediglich) mit. Dies geschehe vornehmlich durch entsprechende Kontrolle <strong>und</strong><br />

Unterstützung innerhalb der Dienststelle. Sie werde gewissermaßen gutachtlich gehört <strong>und</strong> könne eine<br />

(behördliche) Überprüfung der Sachentscheidung herbeiführen. Auf das Ergebnis habe sie keinen rechtlich<br />

bindenden Einfluss, da die Entscheidungskompetenz bei der Verwaltung verbleibe. Eine umfassende Interessenvertretung<br />

der <strong>Frauen</strong>, die sie gewählt hätten, im Sinne eines Gegenpols zu den Verwaltungsbelangen<br />

sei mit ihrem Amt nicht verb<strong>und</strong>en.<br />

Außerdem seien die Rechte der <strong>Frauen</strong>vertreterin im Falle eines Verstoßes gegen das LGG abschließend<br />

geregelt. Das Beanstandungsrecht sei in einem mehrstufigen Beteiligungsverfahren nach § 18 LGG als aufschiebendes<br />

Veto ausgestaltet, über das (in der Hauptverwaltung) die Personalkommission abschließend<br />

entscheidet. Weitergehende, insbesondere prozessuale Befugnisse sehe das LGG nicht vor. Der Streit solle<br />

nach dem Konzept des Gesetzes innerhalb der Verwaltung mit behördlichen Mitteln geklärt werden.<br />

Das OVG vertieft seine Begründung durch den Vergleich mit anderen Gleichstellungsgesetzen <strong>und</strong> den Hinweis<br />

auf die Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte (s. dazu die folgende Ziffer 2.4) sowie den<br />

Verweis auf das BGleiG, aus dem sich nur wegen der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in § 22 eine<br />

Klagebefugnis – auch nur unter bestimmten Voraussetzungen – ergebe.<br />

53


Anhang<br />

Landesgleichstellungsgesetz (LGG) i.d.F. vom 6. September 2002,<br />

zuletzt geändert am 29. Juni 2004<br />

Verordnung über die Wahl zur <strong>Frauen</strong>vertreterin (WOFrau)<br />

vom 3. Juni 1993<br />

Verordnung über die Förderung von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> die Vereinbarkeit von<br />

Beruf <strong>und</strong> Familie bei der Vergabe öffentlicher Aufträge<br />

(<strong>Frauen</strong>förderverordnung – FFV) vom 23. August 1999<br />

Verordnung über statistische Angaben <strong>und</strong> Analysen zur<br />

Beschäftigtenstruktur sowie zur Besetzung von Gremien für den Bericht<br />

über die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes<br />

(Gleichstellungsberichtsverordnung – GleiBV) vom 9. April 2002<br />

Abkürzungsverzeichnis<br />

55


56<br />

Landesgleichstellungsgesetz (LGG)<br />

in der Fassung vom 6. September 2002 (GVBl. S. 280), zuletzt geändert durch Gesetz zur<br />

Änderung des Personalvertretungsgesetzes, des Landesgleichstellungsgesetzes <strong>und</strong> des Gesetzes<br />

zur Reform des Verfassungsschutzes im Land <strong>Berlin</strong> vom 29. Juni 2004 (GVBl. S. 261)<br />

Übersicht<br />

§ 1 Geltungsbereich<br />

§ 2 Gr<strong>und</strong>satz<br />

§ 3 Gleichstellungsverpflichtung<br />

§ 4 <strong>Frauen</strong>förderplan<br />

§ 5 Stellenausschreibungen<br />

§ 6 Auswahlverfahren<br />

§ 7 Ausbildungsplätze<br />

§ 8 Einstellungen <strong>und</strong> Beförderungen<br />

§ 9 Fort- <strong>und</strong> Weiterbildungsmaßnahmen<br />

§ 10 Arbeitszeit<br />

§ 11 Beurlaubung zur Betreuung von Kindern <strong>und</strong> Pflegebedürftigen<br />

§ 12 Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz<br />

§ 13 Öffentliche Auftragsvergabe<br />

§ 14 Staatliche Leistungsgewährung<br />

§ 15 Gremien<br />

§ 16 <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

§ 16 a Wahl<br />

§ 17 Aufgaben <strong>und</strong> Rechte der <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

§ 17 a <strong>Zentrale</strong>s Personalüberhangmanagement (Stellenpool) 1<br />

§ 18 Beanstandungs- <strong>und</strong> Beschwerderechte<br />

§ 18 a Gesamtfrauenvertreterin<br />

§ 19 Berichtspflicht<br />

§ 20 Übergangsregelung<br />

§ 21 Verwirklichung des Gleichstellungsgebots in den Bezirken<br />

§ 22 Inkrafttreten<br />

1 eingefügt durch § 8 des Gesetzes zur Einrichtung eines <strong>Zentrale</strong>n Personalüberhangmanagements (Stellenpool)<br />

(Stellenpoolgesetz – StPG) vom 9. Dezember 2003, GVBl. S. 589


§ 1 Geltungsbereich<br />

(1) Dieses Gesetz gilt für die <strong>Berlin</strong>er Verwaltung (§ 2 des Allgemeinen Zuständigkeitsgesetzes),<br />

für landesunmittelbare öffentlich-rechtliche Körperschaften, Anstalten <strong>und</strong> Stiftungen<br />

(§ 28 des Allgemeinen Zuständigkeitsgesetzes), für den Präsidenten des Abgeordnetenhauses<br />

von <strong>Berlin</strong>, den Rechnungshof von <strong>Berlin</strong> <strong>und</strong> den <strong>Berlin</strong>er Beauftragten für<br />

Datenschutz <strong>und</strong> Akteneinsicht.<br />

(2) Soweit das Land <strong>Berlin</strong> Mehrheitsbeteiligungen an juristischen Personen des privaten<br />

Rechts unmittelbar oder mittelbar hält oder erwirbt, hat es darauf hinzuwirken, dass die<br />

Gr<strong>und</strong>sätze dieses Gesetzes auch von den juristischen Personen des privaten Rechts beachtet<br />

werden.<br />

(3) Im Falle einer Veräußerung von Einrichtungen im Sinne des Absatzes 1 oder Teilen derselben<br />

gilt Absatz 2 entsprechend.<br />

(4) Errichtet das Land <strong>Berlin</strong> juristische Personen des privaten Rechts, so sollen die Maßnahmen<br />

zur <strong>Frauen</strong>förderung entsprechend den Regelungen dieses Gesetzes im Gesellschaftsvertrag<br />

geregelt werden.<br />

(5) Werden durch ein Gesetz Einrichtungen des Landes <strong>Berlin</strong> in juristische Personen des<br />

privaten Rechts umgewandelt, so sollen Maßnahmen zur <strong>Frauen</strong>förderung entsprechend den<br />

Regelungen dieses Gesetzes im Gesetz vorgesehen werden.<br />

§ 2 Gr<strong>und</strong>satz<br />

(1) <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männer sind gleichzustellen. Abreden, die das Recht der <strong>Frauen</strong> auf Gleichstellung<br />

einschränken (Diskriminierungen), sind unzulässig.<br />

(2) Unzulässig sind auch mittelbare Diskriminierungen. Eine Regelung oder Maßnahme ist<br />

mittelbar diskriminierend, wenn sie bei geschlechtsneutraler Formulierung sich tatsächlich<br />

auf <strong>Frauen</strong> häufiger nachteilig oder seltener vorteilhaft auswirkt als auf Männer, dies nicht<br />

anders als mit ihrem Geschlecht oder ihrer Geschlechterrolle begründet werden kann <strong>und</strong><br />

nicht objektiv gerechtfertigt ist.<br />

§ 3 Gleichstellungsverpflichtung<br />

(1) Die Einrichtungen nach § 1 sind verpflichtet, aktiv auf die Gleichstellung von Männern<br />

<strong>und</strong> <strong>Frauen</strong> in der Beschäftigung <strong>und</strong> auf die Beseitigung bestehender Unterrepräsentanzen<br />

hinzuwirken. Die Erfüllung dieser Verpflichtung ist besondere Aufgabe der Dienstkräfte mit<br />

Leitungsfunktionen <strong>und</strong> bei der Beurteilung ihrer Leistung einzubeziehen.<br />

(2) <strong>Frauen</strong> sind unterrepräsentiert, wenn in Vorgesetzten- oder Leitungsfunktionen, in einer<br />

Besoldungs-, Vergütungs- oder Lohngruppe einer Laufbahn bzw. Berufsfachrichtung in einer<br />

Einrichtung nach § 1 mehr Männer als <strong>Frauen</strong> beschäftigt sind.<br />

(3) Führen personalwirtschaftliche Maßnahmen zu einem Stellenabbau, so ist sicherzustellen,<br />

dass sich der Anteil von <strong>Frauen</strong> in Bereichen, in denen sie unterrepräsentiert sind, nicht<br />

verringert. Dies gilt auch für Vorgesetzten- <strong>und</strong> Leitungsfunktionen.<br />

§ 4 <strong>Frauen</strong>förderplan<br />

(1) Jede Einrichtung nach § 1 erstellt auf der Gr<strong>und</strong>lage einer Bestandsaufnahme <strong>und</strong> Analyse<br />

der Beschäftigtenstruktur sowie der zu erwartenden Fluktuation oder Einsparungsmaßnahmen<br />

einen <strong>Frauen</strong>förderplan. Bestehen in einer Einrichtung nach § 1 mehrere<br />

Dienststellen im Sinne des Personalvertretungsgesetzes, können diese <strong>Frauen</strong>förderpläne<br />

erlassen. Der <strong>Frauen</strong>förderplan ist für einen Zeitraum von sechs Jahren zu erstellen <strong>und</strong><br />

danach fortzuschreiben. Spätestens nach zwei Jahren ist er an die aktuelle Entwicklung anzupassen.<br />

57


58<br />

(2) Im <strong>Frauen</strong>förderplan ist mindestens festzulegen, in welcher Zeit <strong>und</strong> mit welchen personellen,<br />

organisatorischen <strong>und</strong> fortbildenden Maßnahmen die Gleichstellungsverpflichtung<br />

nach § 3 innerhalb der jeweiligen Einrichtung oder Dienststelle gefördert werden kann.<br />

Dazu ist für jede einzelne Besoldungs-, Vergütungs- <strong>und</strong> Lohngruppe sowie jede Vorgesetzten-<br />

<strong>und</strong> Leitungsebene festzustellen, ob <strong>Frauen</strong> unterrepräsentiert sind. Für jeweils zwei<br />

Jahre sind verbindliche Zielvorgaben zur Erhöhung des <strong>Frauen</strong>anteils in den einzelnen Besoldungs-,<br />

Vergütungs- oder Lohngruppen der einzelnen Laufbahn oder Berufsfachrichtung<br />

sowie auf den Vorgesetzten- <strong>und</strong> Leitungsebenen festzulegen. Bei der Festlegung von Zielvorgaben<br />

ist festzustellen, welche für die Besetzung von Stellen in Bereichen, in denen <strong>Frauen</strong><br />

unterrepräsentiert sind, erforderlichen Qualifikationen die beschäftigten <strong>Frauen</strong> bereits aufweisen,<br />

erwerben oder erwerben können (Personalentwicklungsplanung). Dabei sind insbesondere<br />

solche Stellen zu berücksichtigen, die voraussichtlich neu zu besetzen sind. Es ist<br />

festzulegen, wie viele <strong>Frauen</strong> an Qualifikationsmaßnahmen teilnehmen, die für die Besetzung<br />

einer Stelle in Bereichen, in denen <strong>Frauen</strong> unterrepräsentiert sind, förderlich sind.<br />

(3) Die Zahl der Auszubildenden, getrennt nach Geschlechtern, Laufbahn oder Berufsfachrichtung<br />

<strong>und</strong> Ausbildungsberuf (Nummer 6 der Anlage zu § 19) ist darzustellen <strong>und</strong> in<br />

die Personalentwicklungsplanung einzubeziehen.<br />

(4) An der Erstellung des <strong>Frauen</strong>förderplans ist die <strong>Frauen</strong>vertreterin zu beteiligen; die<br />

Rechte des Personalrats bleiben unberührt.<br />

(5) Besteht eine Einrichtung nach § 1 aus mehreren Dienststellen im Sinne des Personalvertretungsgesetzes,<br />

so sind an der Erstellung, Fortschreibung <strong>und</strong> Anpassung des dienststellenübergreifenden<br />

<strong>Frauen</strong>förderplans alle betroffenen <strong>Frauen</strong>vertreterinnen mit dem Ziel<br />

einer einvernehmlichen Regelung frühzeitig zu beteiligen; die Rechte der Personalräte bleiben<br />

unberührt. Dies gilt auch für die Entscheidung gemäß Absatz 1 Satz 2.<br />

(6) <strong>Frauen</strong>förderpläne sowie deren Fortschreibungen oder Anpassungen sind dem für<br />

<strong>Frauen</strong>politik zuständigen Mitglied des Senats zur Kenntnis zu geben.<br />

§ 5 Stellenausschreibungen<br />

(1) Alle Stellen sind intern auszuschreiben. In Bereichen oberhalb der Besoldungsgruppe<br />

A 9 bzw. der entsprechenden Vergütungsgruppe des B<strong>und</strong>esangestelltentarifvertrages<br />

(BAT/BAT-O), in denen <strong>Frauen</strong> unterrepräsentiert sind, sind die Stellen öffentlich auszuschreiben.<br />

(2) Zur gezielten Ansprache von <strong>Frauen</strong> kann auch in der Tagespresse oder in anderen geeigneten<br />

Publikationsorganen ausgeschrieben werden.<br />

(3) Bei Stellenausschreibungen ist sowohl die männliche als auch die weibliche Form zu verwenden.<br />

Sofern die Verwaltung auf Gr<strong>und</strong> eines <strong>Frauen</strong>förderplans verpflichtet ist, den<br />

Anteil von <strong>Frauen</strong> zu erhöhen, so ist das in der Ausschreibung zu erwähnen <strong>und</strong> darauf hinzuweisen,<br />

dass Bewerbungen von <strong>Frauen</strong> ausdrücklich erwünscht sind.<br />

§ 6 Auswahlverfahren<br />

In Bereichen, in denen <strong>Frauen</strong> unterrepräsentiert sind, sind alle Bewerberinnen oder mindestens<br />

ebenso viele Männer wie <strong>Frauen</strong> zum Vorstellungsgespräch einzuladen, sofern sie die<br />

formal notwendige Qualifikation für die Stelle besitzen.<br />

§ 7 Ausbildungsplätze<br />

(1) Ausbildungsplätze sind in Bereichen, in denen <strong>Frauen</strong> unterrepräsentiert sind, in jeder<br />

Einrichtung je Ausbildungsgang <strong>und</strong> Vergaber<strong>und</strong>e mindestens zur Hälfte an <strong>Frauen</strong> zu vergeben.


(2) Wenn nicht genügend Bewerbungen von <strong>Frauen</strong> für die Besetzung von Ausbildungsplätzen<br />

vorliegen, ist die Ausschreibung zu wiederholen. Liegen nach einer erneuten Ausschreibung<br />

nicht genügend Bewerbungen von <strong>Frauen</strong> vor, werden die Ausbildungsplätze nach<br />

der Bewerbungslage vergeben.<br />

(3) <strong>Frauen</strong>, die in einem Beruf ausgebildet wurden, in dem der <strong>Frauen</strong>anteil bisher unter<br />

20 vom H<strong>und</strong>ert liegt (Männerberuf), sind vorrangig in ein Beschäftigungsverhältnis im<br />

erlernten Beruf zu übernehmen.<br />

§ 8 Einstellungen <strong>und</strong> Beförderungen<br />

(1) <strong>Frauen</strong>, die eine zur Ausfüllung der Stelle gleichwertige Qualifikation (Eignung, Befähigung<br />

<strong>und</strong> fachliche Leistung) besitzen wie männliche Mitbewerber, sind diesen gegenüber<br />

unter Wahrung der Einzelfallgerechtigkeit solange bevorzugt einzustellen, bis der Anteil der<br />

<strong>Frauen</strong> in der betreffenden Laufbahn oder Berufsfachrichtung der jeweiligen Einrichtung<br />

nach § 1 mindestens 50 vom H<strong>und</strong>ert beträgt.<br />

(2) <strong>Frauen</strong>, deren Qualifikation der der männlichen Mitbewerber gleichwertig ist, sind<br />

gegenüber männlichen Mitbewerbern unter Wahrung der Einzelfallgerechtigkeit solange<br />

bevorzugt zu befördern, bis in den höheren Besoldungs-, Vergütungs- oder Lohngruppen<br />

der betreffenden Laufbahn oder Berufsfachrichtung der Einrichtung nach § 1 der Anteil der<br />

<strong>Frauen</strong> mindestens 50 vom H<strong>und</strong>ert beträgt.<br />

(3) Die Qualifikation ist ausschließlich an den Anforderungen des Berufs, der zu besetzenden<br />

Stelle oder der Laufbahn zu messen. Spezifische, zum Beispiel durch Familienarbeit,<br />

durch soziales Engagement oder ehrenamtliche Tätigkeit erworbene Erfahrungen <strong>und</strong> Fähigkeiten<br />

sind Teil der Qualifikation im Sinne der Absätze 1 <strong>und</strong> 2.<br />

(4) Bei der Auswahlentscheidung ist unbeschadet sozialer Kriterien dem Recht der <strong>Frauen</strong><br />

auf Gleichstellung im Erwerbsleben Rechnung zu tragen. Folgende <strong>und</strong> ähnliche Kriterien<br />

dürfen daher nicht herangezogen werden:<br />

1. Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit, Reduzierungen der Arbeitszeit oder Verzögerungen<br />

beim Abschluss einzelner Ausbildungsgänge auf Gr<strong>und</strong> der Betreuung von Kindern<br />

oder pflegebedürftigen Angehörigen oder wegen Haushaltsführung,<br />

2. Lebensalter oder Familienstand,<br />

3. eigene Einkünfte des Partners einer Bewerberin oder die Einkommenslosigkeit der Partnerin<br />

eines Bewerbers, sofern sie nicht auf Arbeitslosigkeit beruht,<br />

4. zeitliche Belastungen durch die Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen<br />

<strong>und</strong> die Absicht, von der Möglichkeit der Arbeitszeitreduzierung Gebrauch zu<br />

machen.<br />

§ 9 Fort- <strong>und</strong> Weiterbildungsmaßnahmen<br />

(1) Dienstkräfte mit Leitungsfunktionen machen <strong>Frauen</strong> auf Maßnahmen, die für das berufliche<br />

Fortkommen förderlich sind, aufmerksam <strong>und</strong> ermöglichen entsprechend dem <strong>Frauen</strong>förderplan<br />

ihre Teilnahme.<br />

(2) Auf die Auswahl von Dienstkräften zur Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen, die<br />

zur Übernahme höherwertiger <strong>und</strong> Leitungspositionen qualifizieren, ist § 8 Abs. 1 entsprechend<br />

anzuwenden.<br />

(3) Die Fortbildungsgr<strong>und</strong>sätze der Verwaltungsakademie werden regelmäßig daraufhin<br />

überprüft, wie frauenspezifische Inhalte besser berücksichtigt <strong>und</strong> die Förderung von <strong>Frauen</strong><br />

verbessert werden können.<br />

(4) Die Themen <strong>Frauen</strong>diskriminierung <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong>förderung sind Teil des Fortbildungsprogramms<br />

<strong>und</strong> gehen auch in passende Fortbildungsveranstaltungen ein. Sie sind insbe-<br />

59


60<br />

sondere Bestandteil der Fortbildungsmaßnahmen für Dienstkräfte mit Leitungsaufgaben.<br />

Für diese Themenkreise werden bevorzugt Referentinnen eingesetzt.<br />

(5) Fort- <strong>und</strong> Weiterbildungsmaßnahmen finden nach Möglichkeit während der regelmäßigen<br />

Arbeitszeit der Dienststellen statt. Fortbildungsmaßnahmen sollen so angeboten<br />

werden, dass auch Dienstkräfte mit betreuungsbedürftigen Kindern oder pflegebedürftigen<br />

Angehörigen <strong>und</strong> teilzeitbeschäftigte Dienstkräfte teilnehmen können.<br />

(6) Entstehen durch die Teilnahme an Fort- <strong>und</strong> Weiterbildungsmaßnahmen unvermeidlich<br />

erhöhte Kosten für die Betreuung von Kindern unter neun Jahren <strong>und</strong> pflegebedürftigen<br />

Angehörigen, so sind diese Aufwendungen zu erstatten. Falls erforderlich, sollen sich die<br />

Fort- <strong>und</strong> Weiterbildungseinrichtungen um eine Kinderbetreuungsmöglichkeit in den städtischen<br />

Kindertagesstätten oder um andere Kinderbetreuungsmöglichkeiten für die Dauer<br />

der Maßnahme bemühen.<br />

§ 10 Arbeitszeit<br />

(1) Unter Beachtung der dienstlichen Belange soll das Interesse der Dienstkräfte an flexibler,<br />

auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnittener Gestaltung der Arbeitszeit berücksichtigt<br />

werden. Vorgesetztenverhalten soll darauf ausgerichtet sein, den Dienstkräften familienfre<strong>und</strong>liche<br />

Arbeitszeiten zu ermöglichen. Sofern ein ordnungsgemäßer Ablauf des Schichtdienstes<br />

gewährleistet bleibt, kann diese Regelung auch für Dienstkräfte im Schichtdienst<br />

Anwendung finden. Teilzeitarbeitsverhältnisse unterhalb der Grenze des § 8 Abs. 1 SGB IV<br />

werden nicht begründet.<br />

(2) Wird eine Reduzierung der Arbeitszeit beantragt, sind die Dienstkräfte auf die Folgen<br />

reduzierter Arbeitszeit hinzuweisen, insbesondere auf die Folgen für Ansprüche aus der Sozialversicherung<br />

<strong>und</strong> auf Gr<strong>und</strong> beamten- <strong>und</strong> tarifrechtlicher Regelungen.<br />

(3) Die Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit zur Betreuung von Kindern <strong>und</strong> pflegebedürftigen<br />

Angehörigen steht der Wahrnehmung von gehobenen <strong>und</strong> Leitungspositionen<br />

nicht entgegen.<br />

(4) Bei einer befristeten Arbeitszeitverkürzung zur Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen<br />

Angehörigen ist der Dienstkraft nach Ablauf der Frist ein gleichwertiger Vollzeitarbeitsplatz<br />

anzubieten. Dienstkräfte, deren Arbeitszeit unbefristet verkürzt wurde, sind bei<br />

der Neubesetzung von Vollzeitarbeitsplätzen vorrangig zu berücksichtigen. Besteht bei befristeter<br />

Arbeitszeitverkürzung vor Ablauf der Frist der Wunsch nach Rückkehr auf einen Vollzeitarbeitsplatz,<br />

gilt Satz 2 entsprechend.<br />

(5) Bei individueller Arbeitszeitreduzierung werden die Dienstaufgaben nach dem Maß der<br />

für die Zukunft festgesetzten Arbeitszeit neu bemessen.<br />

(6) Bei Arbeitszeitreduzierungen sind die verbleibenden Stellenreste zu bündeln <strong>und</strong> wieder<br />

zu vollen oder Teilzeitstellen zusammenzufügen <strong>und</strong> dem Bereich zur Verfügung zu stellen,<br />

in dem der größte Anteil an der Arbeitszeitreduzierung anfällt.<br />

(7) Die Rechte des Personalrats bleiben unberührt.<br />

§ 11 Beurlaubung zur Betreuung von Kindern <strong>und</strong> Pflegebedürftigen<br />

(1) Dienstkräften, die zur Betreuung von Kindern <strong>und</strong> Pflegebedürftigen beurlaubt sind,<br />

ist die Teilnahme an Fort- <strong>und</strong> Weiterbildungsveranstaltungen anzubieten. Ihnen sind, sofern<br />

sie es nicht selbst für bestimmte Zeit ausgeschlossen haben, Urlaubs- <strong>und</strong> Krankheitsvertretungen<br />

vorrangig anzubieten.<br />

(2) Beurlaubten Dienstkräften, die in die Beschäftigung zurückkehren wollen, sind die Ausschreibungen<br />

der jeweiligen Einrichtungen nach § 1 auf Wunsch bekannt zu geben.


§ 12 Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz<br />

(1) Es gehört zur Dienstpflicht von Dienstkräften mit Leitungsaufgaben, sexuellen Belästigungen<br />

von Beschäftigten entgegenzuwirken <strong>und</strong> bekannt gewordenen Fällen sexueller Belästigung<br />

nachzugehen.<br />

(2) Sexuelle Belästigungen sind insbesondere unnötiger Körperkontakt, von der Betroffenen<br />

unerwünschte Bemerkungen sexuellen Inhalts, unerwünschte Bemerkungen, Kommentare<br />

oder Witze über das Äußere von Beschäftigten, Zeigen pornographischer Darstellungen<br />

am Arbeitsplatz sowie Aufforderung zu sexuellen Handlungen.<br />

(3) Sexuelle Belästigungen sind Dienstpflichtverletzungen <strong>und</strong> Dienstvergehen im Sinne<br />

der Landesdisziplinarordnung.<br />

(4) Die Beschwerde einer Betroffenen darf nicht zu Benachteiligungen führen.<br />

§ 13 Öffentliche Auftragsvergabe<br />

(1) Beim Abschluss von Verträgen über Leistungen, die einen Aufwand von mehr als<br />

50 000 Euro erfordern, ist in den jeweiligen Vertrag die Verpflichtung des Auftragnehmers<br />

aufzunehmen, Maßnahmen zur <strong>Frauen</strong>förderung <strong>und</strong> zur Förderung der Vereinbarkeit von<br />

Beruf <strong>und</strong> Familie in seinem Unternehmen durchzuführen sowie das geltende Gleichbehandlungsrecht<br />

zu beachten. Diese Regelung gilt nicht für Betriebe, in denen in der Regel<br />

zehn oder weniger Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen, ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung<br />

Beschäftigten, beschäftigt werden.<br />

(2) Der Senat wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung insbesondere den Inhalt der Maßnahmen<br />

zur <strong>Frauen</strong>förderung <strong>und</strong> zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf <strong>und</strong> Familie,<br />

die Kontrolle der Durchführung, die Folgen der Nichterfüllung von Verpflichtungen sowie<br />

den Kreis der betroffenen Unternehmen zu regeln.<br />

§ 14 Staatliche Leistungsgewährung<br />

(1) Die Gewährung von Leistungen, auf die kein Anspruch besteht, auf der Gr<strong>und</strong>lage von<br />

Landesgesetzen ist von der Verpflichtung des Empfängers zur Durchführung von Maßnahmen<br />

zur aktiven Förderung der Beschäftigung von <strong>Frauen</strong> im Sinne des Gr<strong>und</strong>satzes von<br />

§ 3 abhängig zu machen. Von dieser Bedingung können Empfänger von Leistungen ausgenommen<br />

werden, bei denen die Beschäftigung von Männern aus rechtlichen oder tatsächlichen<br />

Gründen unabdingbar ist.<br />

(2) Der Bewilligungsbescheid ist mit einer entsprechenden Auflage zu versehen.<br />

(3) § 13 Abs. 2 gilt entsprechend.<br />

§ 15 Gremien<br />

(1) Gremien, insbesondere solche, die zu beruflich relevanten Fragen entscheiden <strong>und</strong> beraten,<br />

sollen geschlechtsparitätisch besetzt werden.<br />

(2) Werden bei Einrichtungen nach § 1 Gremien gebildet, benennen die entsendenden Einrichtungen<br />

mindestens ebenso viele <strong>Frauen</strong> wie Männer. Dürfen sie nur eine Person benennen,<br />

ist für das Mandat nach Ablauf der Amtsperiode ein Angehöriger des jeweils anderen<br />

Geschlechts zu benennen.<br />

(3) Absatz 2 gilt für die Entsendung von Vertreterinnen <strong>und</strong> Vertretern in Aufsichtsräte <strong>und</strong><br />

andere Gremien außerhalb der Verwaltung entsprechend.<br />

§ 16 <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

(1) In jeder Dienststelle im Sinne des Personalvertretungsgesetzes mit Ausnahme der Hochschulen<br />

im Sinne des § 1 des <strong>Berlin</strong>er Hochschulgesetzes in der Fassung vom 5. Oktober<br />

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62<br />

1995 (GVBl. S. 727), das zuletzt durch Artikel XI des Gesetzes vom 19. Dezember 1997<br />

(GVBl. S. 686) geändert worden ist, wird eine <strong>Frauen</strong>vertreterin gewählt. In den Hochschulen<br />

ist die <strong>Frauen</strong>beauftragte nach § 59 des <strong>Berlin</strong>er Hochschulgesetzes gleichzeitig die<br />

<strong>Frauen</strong>vertreterin. Es findet eine geheime, unmittelbare Mehrheitswahl statt. <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

wird die Kandidatin mit der höchsten Stimmenzahl. Stellvertreterin wird die Kandidatin<br />

mit der nächsthöchsten Stimmenzahl. Die Stellvertreterin rückt mit allen Rechten <strong>und</strong><br />

Pflichten in das Amt der <strong>Frauen</strong>vertreterin nach, wenn die <strong>Frauen</strong>vertreterin vor Ablauf der<br />

Wahlperiode aus dem Amt scheidet. Für die Verhinderung <strong>und</strong> das Ausscheiden der Stellvertreterin<br />

gelten die Sätze 5 <strong>und</strong> 6 entsprechend.<br />

(2) Ist die <strong>Frauen</strong>vertreterin an der Ausübung ihres Amtes durch Abwesenheit oder sonstige<br />

Gründe verhindert, wird sie von der Stellvertreterin vertreten. Sie hat in diesem Fall die gleichen<br />

Rechte <strong>und</strong> Pflichten wie die <strong>Frauen</strong>vertreterin.<br />

(3) Die <strong>Frauen</strong>vertreterin ist im erforderlichen Umfang von ihren Dienstgeschäften freizustellen<br />

<strong>und</strong> mit den zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen personellen <strong>und</strong> sachlichen<br />

Mitteln auszustatten; für die Freistellung im Hochschulbereich gilt § 59 Abs. 7 des <strong>Berlin</strong>er<br />

Hochschulgesetzes. Satz 1 erster Halbsatz gilt entsprechend für die Teilnahme an Schulungs<strong>und</strong><br />

Bildungsveranstaltungen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Wahrnehmung<br />

des Amtes der <strong>Frauen</strong>vertreterin erforderlich sind. Überschreitet der erforderliche Umfang<br />

der Freistellung die vereinbarte Arbeitszeit, ist die Stellvertreterin ergänzend ebenfalls freizustellen.<br />

(4) Die <strong>Frauen</strong>vertreterin darf in der Ausübung ihres Amtes nicht behindert <strong>und</strong> wegen<br />

ihres Amtes nicht benachteiligt oder begünstigt werden; dies gilt auch für ihre berufliche<br />

Entwicklung. Sie wird vor Kündigung, Versetzung <strong>und</strong> Abordnung in gleicher Weise<br />

geschützt wie ein Mitglied des Personalrats. Im Rahmen ihrer Aufgabenstellung <strong>und</strong> der<br />

damit zusammenhängenden Erledigung ist sie von Weisungen frei.<br />

(5) Die <strong>Frauen</strong>vertreterin <strong>und</strong> ihre Stellvertreterin sind verpflichtet, über die persönlichen<br />

Verhältnisse von Beschäftigten, die ihnen auf Gr<strong>und</strong> ihres Amtes bekannt geworden sind,<br />

sowie über Angelegenheiten, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen<br />

Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren. Dies gilt auch über ihre Amtszeit hinaus.<br />

Diese Verpflichtung besteht bei Einwilligung der Beschäftigten nicht gegenüber der<br />

Dienststellenleitung, der Personalvertretung <strong>und</strong> der Gesamtfrauenvertreterin.<br />

(6) Das für <strong>Frauen</strong>politik zuständige Mitglied des Senats koordiniert <strong>und</strong> organisiert den<br />

Informationsaustausch <strong>und</strong> die Fortbildung der <strong>Frauen</strong>vertreterinnen <strong>und</strong> Gesamtfrauenvertreterinnen.<br />

§ 16a Wahl<br />

(1) Wahlberechtigt sind alle in der Dienststelle beschäftigten weiblichen Dienstkräfte. Weibliche<br />

ABM-Kräfte <strong>und</strong> weibliche Beschäftigte nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch –<br />

Arbeitsförderung – <strong>und</strong> dem B<strong>und</strong>essozialhilfegesetz sind in der Dienststelle wahlberechtigt,<br />

in der sie arbeiten. Abgeordnete Dienstkräfte, Beamtinnen im Vorbereitungsdienst <strong>und</strong><br />

Dienstkräfte in entsprechender Ausbildung sind nur bei ihrer Stammbehörde wahlberechtigt.<br />

(2) Wählbar sind alle weiblichen Dienstkräfte, die am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet<br />

haben, seit einem Jahr im öffentlichen Dienst <strong>und</strong> seit drei Monaten im Dienst des Landes<br />

<strong>Berlin</strong> oder einer landesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen<br />

Rechts beschäftigt sind. Nicht wählbar sind Dienstkräfte, die infolge Richterspruchs<br />

die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, nicht besitzen, sowie


1. Dienstkräfte, die wöchentlich regelmäßig weniger als 18 St<strong>und</strong>en beschäftigt sind; dies<br />

gilt nicht für Lehrkräfte mit mindestens elf Pflichtst<strong>und</strong>en je Woche <strong>und</strong> für künstlerisches<br />

Personal,<br />

2. Leiterinnen von Einrichtungen nach § 1 oder Dienststellen im Sinne des Personalvertretungsgesetzes<br />

sowie deren ständige Vertreterinnen,<br />

3. Dienstkräfte, die zu selbständigen Entscheidungen in Personalangelegenheiten von nicht<br />

untergeordneter Bedeutung befugt sind,<br />

4. Dienstkräfte, die sich ausschließlich zum Zweck einer über- <strong>und</strong> außerbetrieblichen Ausbildung<br />

im Sinne des § 1 Abs. 5 des Berufsbildungsgesetzes in einer Einrichtung des<br />

öffentlichen Dienstes befinden <strong>und</strong><br />

5. die Mitglieder des Wahlvorstands.<br />

Satz 1 dritter Halbsatz findet keine Anwendung<br />

1. auf Referendarinnen <strong>und</strong> Lehramtsanwärterinnen,<br />

2. wenn die Dienststelle weniger als vier Jahre besteht,<br />

3. wenn nicht mindestens fünf wählbare Dienstkräfte vorhanden sind.<br />

(3) Die regelmäßigen Wahlen finden entsprechend den Regelungen im Personalvertretungsgesetz<br />

alle vier Jahre statt. Außerhalb dieses Zeitraums finden Wahlen statt, wenn<br />

1. das Amt der <strong>Frauen</strong>vertreterin vorzeitig erlischt <strong>und</strong> keine Stellvertreterin nachrückt,<br />

2. die Wahl mit Erfolg angefochten worden ist oder<br />

3. Dienststellen ganz oder teilweise in eine oder mehrere Dienststellen eingegliedert werden,<br />

Dienststellen oder Teile von Dienststellen zu einer neuen Dienststelle zusammengeschlossen<br />

oder aus Dienststellen oder aus Teilen von Dienststellen eine neue Dienststelle geschaffen<br />

wird.<br />

(4) In den Fällen des Absatzes 3 Satz 2 Nr. 3 führen die bisherigen <strong>Frauen</strong>vertreterinnen<br />

unter Beibehaltung ihrer Freistellung die Geschäfte gemeinsam weiter bis zur Bekanntgabe<br />

des Wahlergebnisses der Neuwahl <strong>und</strong> der Annahmeerklärung der jeweils neu gewählten<br />

<strong>Frauen</strong>vertreterinnen, längstens jedoch bis zur Dauer von sechs Monaten. Der Wahlvorstand<br />

wird von den <strong>Frauen</strong>vertreterinnen gemeinsam bestellt. Im Falle der Schaffung einer neuen<br />

Dienststelle im Sinne des Absatzes 3 Satz 2 Nr. 3 führt die <strong>Frauen</strong>vertreterin der abgebenden<br />

Dienststelle die Geschäfte weiter <strong>und</strong> bestellt den Wahlvorstand; Satz 1 gilt entsprechend.<br />

Die Neuwahl der <strong>Frauen</strong>vertreterinnen soll jeweils zeitgleich mit der Personalratswahl<br />

durchgeführt werden.<br />

(5) Hat außerhalb der Wahlen des für die regelmäßigen Wahlen der <strong>Frauen</strong>vertreterinnen<br />

festgelegten Zeitraums eine Wahl zur <strong>Frauen</strong>vertreterin stattgef<strong>und</strong>en, so ist die <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

in dem auf die Wahl folgenden nächsten Zeitraum der regelmäßigen Wahlen der<br />

<strong>Frauen</strong>vertreterinnen neu zu wählen. Hat die Amtszeit der <strong>Frauen</strong>vertreterin zu Beginn des<br />

für die regelmäßigen Wahlen der <strong>Frauen</strong>vertreterinnen festgelegten Zeitraums noch nicht<br />

ein Jahr betragen, so ist die <strong>Frauen</strong>vertreterin in dem übernächsten Zeitraum der regelmäßigen<br />

Wahlen der <strong>Frauen</strong>vertreterinnen neu zu wählen.<br />

(6) Die Amtszeit der <strong>Frauen</strong>vertreterin beträgt entsprechend den Regelungen im Personalvertretungsgesetz<br />

vier Jahre. Sie beginnt mit dem Ablauf der Amtszeit der Vorgängerin,<br />

jedoch nicht vor Bekanntgabe des Wahlergebnisses der Neuwahl <strong>und</strong> der Annahmeerklärung<br />

der neu gewählten <strong>Frauen</strong>vertreterin. Das Amt erlischt vorzeitig, wenn die <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

es niederlegt, aus dem Arbeits- oder Dienstverhältnis ausscheidet oder die Wählbarkeit<br />

verliert. Auf Antrag eines Viertels der Wahlberechtigten kann das Verwaltungsgericht das<br />

Erlöschen des Amtes der <strong>Frauen</strong>vertreterin wegen grober Verletzung ihrer Pflichten beschließen.<br />

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64<br />

(7) Die Wahl kann durch mindestens drei Wahlberechtigte beim Verwaltungsgericht angefochten<br />

werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit<br />

oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist <strong>und</strong> eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei<br />

denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden<br />

konnte. Die Wahlanfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der<br />

Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung<br />

über die Anfechtung bleibt die <strong>Frauen</strong>vertreterin, deren Wahl angefochten ist, im Amt. Wird<br />

die Ungültigkeit der Wahl festgestellt, so sind unverzüglich Neuwahlen anzuberaumen.<br />

(8) Der Senat wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Vorschriften über die Vorbereitung<br />

<strong>und</strong> Durchführung der Wahl der <strong>Frauen</strong>vertreterin <strong>und</strong> der Gesamtfrauenvertreterin<br />

zu erlassen, in denen insbesondere die Bestellung eines Wahlvorstands, die Aufgaben<br />

des Wahlvorstands, die Durchführung einer Wahlausschreibung <strong>und</strong> die Möglichkeit einer<br />

Briefwahl geregelt werden.<br />

§ 17 Aufgaben <strong>und</strong> Rechte der <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

(1) Die <strong>Frauen</strong>vertreterin ist bei allen die weiblichen Dienstkräfte betreffenden sozialen<br />

Maßnahmen, bei allen organisatorischen <strong>und</strong> personellen Maßnahmen sowie bei allen Vorlagen,<br />

Berichten <strong>und</strong> Stellungnahmen zu Fragen der <strong>Frauen</strong>förderung zu beteiligen.<br />

(2) Dazu hat sie insbesondere die folgenden Rechte:<br />

• Beteiligung an Stellenausschreibungen,<br />

• Beteiligung am Auswahlverfahren,<br />

• Teilnahme an Bewerbungsgesprächen,<br />

• Einsicht in die Personalakten, soweit auf deren Inhalt zur Begründung von Entscheidungen<br />

Bezug genommen wird <strong>und</strong> die Einwilligung von den betroffenen Dienstkräften vorliegt,<br />

• Einsicht in Bewerbungsunterlagen einschließlich der Unterlagen von Bewerberinnen <strong>und</strong><br />

Bewerbern, die nicht in die engere Auswahl einbezogen wurden.<br />

Die <strong>Frauen</strong>vertreterin hat ein Recht auf Auskunft in allen mit ihren Aufgaben in Zusammenhang<br />

stehenden Angelegenheiten, einschließlich des Rechts auf entsprechende Akteneinsicht.<br />

Das Recht auf Beteiligung umfasst über die in Satz 1 genannten Rechte hinaus die<br />

frühzeitige <strong>und</strong> umfassende Unterrichtung der <strong>Frauen</strong>vertreterin durch die Dienststelle in<br />

allen in Absatz 1 genannten Angelegenheiten sowie die Gewährung einer Gelegenheit zur<br />

Stellungnahme durch die <strong>Frauen</strong>vertreterin vor Entscheidungen. Die Beteiligung der <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

erfolgt vor dem Personalrat, in dringenden Fällen zeitgleich.<br />

(3) Wird die <strong>Frauen</strong>vertreterin nicht oder nicht rechtzeitig beteiligt, ist die Entscheidung<br />

über eine Maßnahme für zwei Wochen auszusetzen <strong>und</strong> die Beteiligung nachzuholen. In<br />

dringenden Fällen ist die Frist auf eine Woche, bei außerordentlichen Kündigungen auf drei<br />

Tage zu verkürzen.<br />

(4) Die <strong>Frauen</strong>vertreterin kann Sprechst<strong>und</strong>en während der Arbeitszeit einrichten. Zeit <strong>und</strong><br />

Ort bestimmt sie im Einvernehmen mit der Dienststellenleitung. Sie führt einmal jährlich<br />

eine Versammlung der weiblichen Dienstkräfte durch (<strong>Frauen</strong>versammlung). Bei dieser Gelegenheit<br />

erstattet sie einen Tätigkeitsbericht. Auf die <strong>Frauen</strong>versammlung sind die Regelungen<br />

des Personalvertretungsgesetzes zur Personalversammlung entsprechend anzuwenden.<br />

(5) Unbeschadet der Rechte auf Beteiligung ist die <strong>Frauen</strong>vertreterin in allen mit ihren Aufgaben<br />

in Zusammenhang stehenden Angelegenheiten durch die Dienststellenleitung frühzeitig<br />

zu informieren. Geschieht dies nicht, findet Absatz 3 entsprechende Anwendung.<br />

(6) Die <strong>Frauen</strong>vertreterin nimmt Beschwerden über sexuelle Belästigungen entgegen, berät<br />

die Betroffenen <strong>und</strong> leitet Mitteilungen über sexuelle Belästigungen mit Einverständnis der<br />

betroffenen Frau der Amts-, Anstalts- oder Betriebsleitung zu.


(7) Die Vorschriften des § 92a Abs. 1 des Personalvertretungsgesetzes in der Fassung vom<br />

14. Juli 1994 (GVBl. S. 337, 1995 S. 24), das zuletzt durch Artikel I des Gesetzes vom<br />

29. Juni 2004 (GVBl. S. 261) geändert worden ist, über die Behandlung der Verschlusssachen<br />

der Verfassungsschutzbehörde gelten für die <strong>Frauen</strong>vertreterin der Verfassungsschutzabteilung<br />

bei der Senatsverwaltung für Inneres entsprechend. 1<br />

§ 17a <strong>Zentrale</strong>s Personalüberhangmanagement (Stellenpool) 2<br />

(1) An der Zuordnung <strong>und</strong> der Versetzung von Personalüberhangkräften zum <strong>Zentrale</strong>n<br />

Personalüberhangmanagement (Stellenpool) ist die <strong>Frauen</strong>vertreterin der bisherigen Dienststelle<br />

zu beteiligen.<br />

(2) Für das <strong>Zentrale</strong> Personalüberhangmanagement (Stellenpool) wird eine <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

gewählt. Für ihre Wahl gelten die Vorschriften des § 99c Abs. 1 des Personalvertretungsgesetzes<br />

in der Fassung vom 14. Juli 1994 (GVBl. S. 337, 1995 S. 24), das zuletzt durch<br />

§ 7 des Gesetzes vom 9. Dezember 2003 (GVBl. S. 589) geändert worden ist, entsprechend.<br />

(3) Im Falle eines Übergangseinsatzes nach § 3 des Stellenpoolgesetzes vom 9. Dezember<br />

2003 (GVBl. S. 589), der bis zu zwölf Monate dauert, hat die Beteiligung der <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

spätestens zum Zeitpunkt der Anordnung der Maßnahme zu erfolgen; die Maßnahme<br />

kann vorläufig angeordnet werden. Wird die Maßnahme innerhalb der Frist nach<br />

§ 18 Abs. 1 Satz 2 beanstandet, so ist sie unverzüglich auszusetzen.<br />

§ 18 Beanstandungs- <strong>und</strong> Beschwerderechte<br />

(1) Beanstandet die <strong>Frauen</strong>vertreterin bei personellen oder sonstigen Maßnahmen einen Verstoß<br />

gegen dieses Gesetz, ist der Vorgang von der Amts-, Anstalts- oder Betriebsleitung erneut<br />

zu entscheiden. Die Beanstandung erfolgt spätestens 14 Tage nach der Unterrichtung der<br />

<strong>Frauen</strong>vertreterin über die Maßnahme.<br />

(2) Die <strong>Frauen</strong>vertreterin kann die erneute Entscheidung innerhalb von 14 Tagen bei dem<br />

für <strong>Frauen</strong>politik zuständigen Mitglied des Senats beanstanden. Dieses legt der zuständigen<br />

Amts-, Anstalts- oder Betriebsleitung einen Entscheidungsvorschlag vor.<br />

(3) Bis zur Entscheidung durch die Amts-, Anstalts- oder Betriebsleitung <strong>und</strong> bis zur Vorlage<br />

des Entscheidungsvorschlags durch das für <strong>Frauen</strong>politik zuständige Mitglied des Senats<br />

wird die Entscheidung über die Maßnahme ausgesetzt. In den Fällen der Zuordnung einer<br />

Dienstkraft zum Personalüberhang, der Versetzung von Personalüberhangkräften zum <strong>Zentrale</strong>n<br />

Personalüberhangmanagement (Stellenpool) <strong>und</strong> der Übergangseinsätze nach § 3 des<br />

Stellenpoolgesetzes wird die Maßnahme bis zur Vorlage des Entscheidungsvorschlags, längstens<br />

jedoch 14 Tage nach Eingang der Beanstandung nach Absatz 2 bei dem für <strong>Frauen</strong>politik<br />

zuständigen Mitglied des Senats ausgesetzt. 3<br />

(4) Hält im Bereich der <strong>Berlin</strong>er Hauptverwaltung (§ 2 Abs. 1 AZG) eine Amtsleitung trotz<br />

gegenteiligen Entscheidungsvorschlags des für <strong>Frauen</strong>politik zuständigen Mitglieds des<br />

Senats an einer beanstandeten Maßnahme fest, wird der Vorgang dem Senat zur Beratung<br />

<strong>und</strong> Beschlussfassung vorgelegt. Die Beratung <strong>und</strong> Beschlussfassung erfolgt durch die<br />

Personalkommission des Senats. Bis zur Beschlussfassung der Personalkommission wird die<br />

Entscheidung über die Maßnahme ausgesetzt.<br />

1 geändert durch Artikel II des Gesetzes zur Änderung des Personalvertretungsgesetzes, des Landesgleichstellungsgesetzes<br />

<strong>und</strong> des Gesetzes zur Reform des Verfassungsschutzes im Land <strong>Berlin</strong> vom 29. Juni 2004, GVBl. S. 261<br />

2 eingefügt durch § 8 des Gesetzes zur Einrichtung eines <strong>Zentrale</strong>n Personalüberhangmanagements (Stellenpool)<br />

(Stellenpoolgesetz – StPG) vom 9. Dezember 2003, GVBl. S. 589<br />

3 Satz 2 angefügt durch § 8 des Gesetzes zur Einrichtung eines <strong>Zentrale</strong>n Personalüberhangmanagements<br />

(Stellenpool) (Stellenpoolgesetz – StPG) vom 9. Dezember 2003, GVBl. S. 589<br />

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66<br />

§ 18a Gesamtfrauenvertreterin<br />

(1) Für diejenigen Dienststellen im Sinne des Personalvertretungsgesetzes mit Ausnahme<br />

der Hochschulen im Sinne des § 1 des <strong>Berlin</strong>er Hochschulgesetzes, die einen Gesamtpersonalrat<br />

bilden, ist eine Gesamtfrauenvertreterin zu wählen. Für die Wahl, das aktive <strong>und</strong> passive<br />

Wahlrecht, den Wahlzeitraum, die Amtszeit, die Wahlanfechtung sowie die Vorbereitung<br />

<strong>und</strong> Durchführung der Wahl gelten § 16a sowie die Verordnung über die Wahl zur<br />

<strong>Frauen</strong>vertreterin vom 3. Juni 1993 (GVBl. S. 246) in der jeweiligen Fassung entsprechend.<br />

(2) Der Gesamtwahlvorstand wird, wenn keine Gesamtfrauenvertreterin gewählt ist, von<br />

den <strong>Frauen</strong>vertreterinnen der zuständigen Dienststellen gemeinsam bestellt.<br />

(3) Die Freistellung <strong>und</strong> die Vertretung der Gesamtfrauenvertreterin richten sich nach den<br />

für die <strong>Frauen</strong>vertreterin geltenden Vorschriften. Die gleichzeitige Ausübung des Amtes der<br />

<strong>Frauen</strong>vertreterin <strong>und</strong> des Amtes der Gesamtfrauenvertreterin ist ausgeschlossen.<br />

(4) Die Gesamtfrauenvertreterin ist zuständig für die Beteiligung an den Angelegenheiten,<br />

an denen der Gesamtpersonalrat zu beteiligen ist, sowie für die Beteiligung bei allen die weiblichen<br />

Dienstkräfte betreffenden sozialen Maßnahmen, organisatorischen <strong>und</strong> bei allen personellen<br />

Maßnahmen, für die die Zuständigkeit einer <strong>Frauen</strong>vertreterin nicht gegeben ist,<br />

sowie für Angelegenheiten, für die die Zuständigkeit des Hauptpersonalrats begründet wurde.<br />

Die §§ 17 <strong>und</strong> 18 gelten entsprechend.<br />

§ 19 Berichtspflicht<br />

(1) Der Senat berichtet dem Abgeordnetenhaus im Abstand von zwei Jahren über die Durchführung<br />

dieses Gesetzes.<br />

(2) Die Berichtspflicht umfasst die bisherigen <strong>und</strong> geplanten Maßnahmen zur Durchführung<br />

dieses Gesetzes, insbesondere die Auskunft über die Entwicklung des <strong>Frauen</strong>anteils<br />

in den Besoldungs-, Vergütungs- <strong>und</strong> Lohngruppen der einzelnen Laufbahn- <strong>und</strong> Berufsfachgruppen<br />

im öffentlichen Dienst.<br />

(3) Die Einrichtungen nach § 1 erstellen als Gr<strong>und</strong>lage des Berichts des Senats eine Analyse<br />

der Beschäftigtenstruktur <strong>und</strong> erheben dazu insbesondere Angaben über<br />

1. die Zahl der Beschäftigten,<br />

2. die Einstellungen, Beförderungen <strong>und</strong> Höhergruppierungen sowie die Positionen mit<br />

Vorgesetzten- <strong>und</strong> Leitungsaufgaben, jeweils gegliedert nach Geschlecht sowie Voll- <strong>und</strong><br />

Teilzeittätigkeit, <strong>und</strong><br />

3. a) die Gremien der Einrichtungen, b) die Gremienmitglieder sowie die in Gremien außerhalb<br />

der Verwaltung des Landes <strong>Berlin</strong> entsandten Mitglieder jeweils getrennt nach<br />

Geschlecht.<br />

Die statistischen Angaben sowie die Analyse der Beschäftigtenstruktur sind alle zwei Jahre<br />

jeweils sechs Monate vor Abgabe des Berichts an das Abgeordnetenhaus der für <strong>Frauen</strong>politik<br />

zuständigen Senatsverwaltung zu übermitteln.<br />

(4) Der Senat wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die einzelnen Vorgaben für die<br />

Erhebung der statistischen Angaben sowie die Berichterstattung zur Analyse der Beschäftigtenstruktur<br />

<strong>und</strong> zur Besetzung von Gremien zu regeln.<br />

§ 20 Übergangsregelung<br />

Die Datenerhebung folgt mit Beginn des neuen Berichtszeitraums am 1. Juli 2002 erstmals<br />

den Vorgaben in § 19. Bis dahin sind die Daten gemäß den bis zum Inkrafttreten des Siebenten<br />

Gesetzes zur Änderung des Landesgleichstellungsgesetzes vom 8. Oktober 2001<br />

(GVBl. S. 530) geltenden Regelungen zu erfassen.


§ 21 Verwirklichung des Gleichstellungsgebots in den Bezirken<br />

(1) Der Verfassungsauftrag der Gleichstellung <strong>und</strong> der gleichberechtigten Teilhabe von<br />

<strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männern ist bei der Wahrnehmung von Aufgaben <strong>und</strong> der Planung von Vorhaben<br />

in der Verwaltung zu beachten <strong>und</strong> gehört zu den Aufgaben der <strong>Berlin</strong>er Bezirksverwaltungen.<br />

Dazu bestellen die Bezirksämter eine hauptamtlich tätige <strong>Frauen</strong>- oder <strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong>.<br />

Die Dienstaufsicht über die <strong>Frauen</strong>- oder <strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong><br />

übt die Bezirksbürgermeisterin oder der Bezirksbürgermeister aus. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben<br />

ist die <strong>Frauen</strong>- oder <strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong> mit den notwendigen personellen <strong>und</strong><br />

sachlichen Mitteln auszustatten.<br />

(2) Das Bezirksamt informiert die <strong>Frauen</strong>- oder <strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong> unverzüglich<br />

über Vorhaben, Programme, Maßnahmen <strong>und</strong> Entscheidungen, die ihre Aufgaben berühren,<br />

<strong>und</strong> gibt ihr vor einer Entscheidung innerhalb einer angemessenen Frist Gelegenheit zur<br />

Stellungnahme.<br />

(3) Die <strong>Frauen</strong>- oder <strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong> regt Vorhaben <strong>und</strong> Maßnahmen zur Verbesserung<br />

der Arbeits- <strong>und</strong> Lebensbedingungen von <strong>Frauen</strong> im Bezirk an. Sie arbeitet insbesondere<br />

mit gesellschaftlich relevanten Gruppen, Behörden <strong>und</strong> Betrieben zusammen. Die<br />

<strong>Frauen</strong>- oder <strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong> informiert die Öffentlichkeit über Angelegenheiten<br />

ihres Aufgabenbereichs.<br />

(4) Die <strong>Frauen</strong>- oder <strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong> gibt dem Bezirksamt Empfehlungen zur<br />

Verwirklichung des Gebots zur Gleichstellung von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männern. Dazu kann sie das<br />

Bezirksamt innerhalb einer angemessenen Frist zur Stellungnahme auffordern.<br />

(5) In Angelegenheiten, die frauenpolitische Belange oder Fragen der Gleichstellung<br />

berühren, kann die <strong>Frauen</strong>- oder <strong>Gleichstellungsbeauftragte</strong> über das Bezirksamt Vorlagen<br />

zur Kenntnisnahme in die Bezirksverordnetenversammlung einbringen.<br />

§ 22 Inkrafttreten<br />

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung im Gesetz- <strong>und</strong> Verordnungsblatt für <strong>Berlin</strong><br />

in Kraft.<br />

67


246 Gesetz- <strong>und</strong> Verordnungsblatt für <strong>Berlin</strong> 49. Jahrgang Nr. 31 16. Juni 1993<br />

Auf Gr<strong>und</strong> des § 16 Abs. 8 des Landesgleichstellungsgesetzes<br />

vom 31. Dezember 1990 (GVBl. 1991 S. 8), geändert durch Gesetz<br />

vom 13. April 1993 (GVBl. S. 1984), wird verordnet:<br />

§ 1<br />

Wahlverfahren<br />

Die Durchführung der Wahl der <strong>Frauen</strong>vertreterinnen nach<br />

§ 16 des Landesgleichstellungsgesetzes richtet sich nach dieser<br />

Wahlordnung.<br />

§ 2<br />

Vorbereitung der Wahl<br />

(1) Spätestens zwei Monate vor Ablauf ihrer Amtszeit bestellt<br />

die <strong>Frauen</strong>vertreterin mindestens drei volljährige wahlberechtigte<br />

Dienstkräfte die nicht für das Amt der <strong>Frauen</strong>vertreterin kandidieren,<br />

als Wahlvorstand <strong>und</strong> eine von ihnen als Vorsitzende.<br />

(2) Besteht sechs Wochen vor Ablauf der Amtszeit der <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

kein Wahlvorstand, so beruft die Dienststelle auf Antrag<br />

von mindestens drei Wahlberechtigten eine Versammlung der<br />

wahlberechtigten weiblichen Dienstkräfte zur Wahl des Wahlvorstandes<br />

ein. Diese Versammlung wählt eine Versammlungsleiterin.<br />

Die Versammlungsleiterin <strong>und</strong> der Wahlvorstand werden mit<br />

einfacher Stimmenmehrheit gewählt. Absatz 1 gilt entsprechend.<br />

(3) Gibt es in einer Dienststelle keine <strong>Frauen</strong>vertreterin, so beruft<br />

die Dienststelle eine Versammlung gemäß Absatz 2 ein. Absatz<br />

2 Satz 2 bis 4 gelten entsprechend.<br />

(4) Findet eine Versammlung gemäß Absatz 2 nicht statt oder<br />

wählt diese keinen Wahlvorstand, so bestellt ihn die Dienststelle<br />

auf Antrag von mindestens drei Wahlberechtigten.<br />

(5) Die regelmäßige Wahl der <strong>Frauen</strong>vertreterin soll zeitgleich<br />

mit der regelmäßigen Personalratswahl durchgeführt werden.<br />

§ 3<br />

Wahlvorstand<br />

(1) Der Wahlvorstand bereitet die Wahl der <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

vor <strong>und</strong> führt sie durch; er kann wahlberechtigte Dienstkräfte als<br />

Wahlhelferinnen zu seiner Unterstützung bei der Durchführung der<br />

Stimmabgabe oder bei der Stimmenzählung bestellen.<br />

(2) Die Dienststelle unterstützt den Wahlvorstand bei der Erfüllung<br />

seiner Aufgaben, insbesondere stellt sie die notwendigen<br />

Unterlagen zur Verfügung <strong>und</strong> erteilt die erforderlichen Auskünfte.<br />

(3) Der Wahlvorstand gibt die Namen seiner Mitglieder <strong>und</strong><br />

gegebenenfalls der Ersatzmitglieder unverzüglich nach seiner<br />

Bestellung oder Wahl in der Dienststelle durch Aushang bis zum<br />

Abschluß der Stimmabgabe bekannt.<br />

(4) Die Beschlüsse des Wahlvorstandes werden mit einfacher<br />

Stimmenmehrheit der anwesenden Mitglieder gefaßt. Stimmenenthaltungen<br />

bleiben bei der Ermittlung der Mehrheit außer Betracht.<br />

Bei Stimmengleichheit ist ein Antrag abgelehnt.<br />

§ 4<br />

Wählerinnenverzeichnis<br />

(1) Der Wahlvorstand erstellt ein Verzeichnis der wahlberechtigten<br />

weiblichen Dienstkräfte (Wählerinnenverzeichnis). Die<br />

Wählerinnen sollen darin mit Familienname, Vorname, erforderlichenfalls<br />

Stellenzeichen sowie Dienststelle in alphabetischer Reihenfolge<br />

aufgeführt werden. Der Wahlvorstand hält das Verzeichnis<br />

bis zum Abschluß der Stimmabgabe auf dem laufenden <strong>und</strong><br />

berichtigt es gegebenenfalls.<br />

68<br />

Verordnung<br />

über die Wahl zur <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

(WOFrau)<br />

Vom 3. Juni 1993<br />

(2) Das Wählerinnenverzeichnis oder eine Abschrift ist spätestens<br />

vier Wochen vor der Wahl bis zum Abschluß der Stimmabgabe<br />

auf dem laufenden <strong>und</strong> berichtigt es gegebenenfalls.<br />

(2) Das Wählerinnenverzeichnis oder eine Abschrift ist spätestens<br />

vier Wochen vor der Wahl bis zum Abschluß der Stimmabgabe<br />

an geeigneter Stelle zur Einsicht auszulegen.<br />

(3) Einsprüche gegen die Richtigkeit des Wählerinnenverzeichnisses<br />

müssen spätestens am letzten Arbeitstag vor Beginn<br />

der Stimmabgabe, 12.00 Uhr, beim Wahlvorstand eingelegt werden.<br />

Über den Einspruch entscheidet der Wahlvorstand unverzüglich.<br />

Die Entscheidung ist der Betreffenden unverzüglich, möglichst<br />

noch vor Beginn der Stimmabgabe mitzuteilen.<br />

(4) Wählen kann nur, wer in das Wählerinnenverzeichnis eingetragen<br />

ist.<br />

§ 5<br />

Wahlausschreiben<br />

(1) Spätestens sechs Wochen vor dem Wahltag erläßt der<br />

Wahlvorstand ein Wahlausschreiben, das von zwei Mitgliedern des<br />

Wahlvorstandes zu unterschreiben ist. Es muß enthalten<br />

1. das Datum seines Erlasses <strong>und</strong> die Namen der Mitglieder<br />

des Wahlvorstandes,<br />

2. die Voraussetzungen von Wahlberechtigung <strong>und</strong> Wählbarkeit<br />

zur <strong>Frauen</strong>vertreterin,<br />

3. die Angabe, wo <strong>und</strong> wann das Wählerinnenverzeichnis <strong>und</strong><br />

diese Wahlordnung zur Einsicht ausliegen,<br />

4. den Hinweis, daß nur die weiblichen Dienstkräfte wählen<br />

können, die in das Wählerinnenverzeichnis eingetragen sind,<br />

5. die Aufforderung, Wahlvorschläge innerhalb von zwei<br />

Wochen nach Erlaß des Wahlausschreibens einzureichen; der letzte<br />

Tag der Einreichungsfrist ist anzugeben,<br />

6. Angaben über den Ort, an dem die Wahlvorschläge bis<br />

zum Abschluß der Stimmabgabe durch Aushang oder in sonst<br />

geeigneter Weise bekanntgegeben werden;<br />

7. Ort, Tag <strong>und</strong> Zeit der Stimmabgabe,<br />

8. einen Hinweis auf die Möglichkeit der schriftlichen<br />

Stimmabgabe <strong>und</strong><br />

9. Ort, Tag <strong>und</strong> Zeit der Stimmauszählung <strong>und</strong> der Sitzung<br />

des Wahlvorstandes, in der das Wahlergebnis festgestellt wird.<br />

(2) Das Wahlausschreiben ist vom Tag seines Erlasses bis zum<br />

Wahltag an einer oder mehreren geeigneten, den Wahlberechtigten<br />

zugänglichen Stellen auszuhängen <strong>und</strong> in gut lesbarem Zustand zu<br />

erhalten.<br />

§ 6<br />

Wahlvorschläge<br />

(1) Die Wahlberechtigten können innerhalb von zwei Wochen<br />

seit Erlaß des Wahlausschreibens schriftliche Vorschläge beim<br />

Wahlvorstand einreichen<br />

(2) Jeder Wahlvorschlag, mit dem jeweils eine Bewerberin als<br />

<strong>Frauen</strong>vertreterin vorgeschlagen werden kann, muß von mindestens<br />

drei Wahlberechtigten unterzeichnet sein; dies gilt nicht für<br />

Dienststellen mit weniger als sechzig weiblichen Dienstkräften.<br />

Familienname, Vorname, Geburtsdatum, Art der Beschäftigung<br />

sowie erforderlichenfalls Dienststelle oder Betrieb der Bewerberin<br />

sind anzugeben. Dem Wahlvorschlag ist die schriftliche Zustimmung<br />

der Bewerberin beizufügen.


Gesetz- <strong>und</strong> Verordnungsblatt für <strong>Berlin</strong> 49. Jahrgang Nr. 31 16. Juni 1993 247<br />

(3) Spätestens eine Woche vor Beginn der Stimmabgabe hat<br />

der Wahlvorstand die Namen der Bewerberinnen aus gültigen<br />

Wahlvorschlägen in alphabetischer Reihenfolge bis zum Abschluß<br />

der Stimmabgabe in gleicher Weise bekanntzumachen wie das<br />

Wahlausschreiben (§ 5 Abs. 2).<br />

§ 7<br />

Wahlverfahren<br />

(1) Das Wahlrecht wird durch Abgabe eines Stimmzettels in<br />

einem Wahlumschlag ausgeübt. Auf dem Stimmzettel sind die<br />

Bewerberinnen in alphabetischer Reihenfolge unter Angabe von<br />

Familienname, Vorname, Stellenzeichen <strong>und</strong> Art der Beschäftigung<br />

aufgeführt. Die Stimmzettel <strong>und</strong> Wahlumschläge müssen<br />

sämtlich die gleiche Größe, Farbe, Beschaffenheit <strong>und</strong> Beschriftung<br />

haben. Die Wählerinnen kennzeichnen die von ihnen gewählte<br />

Bewerberin durch Ankreuzen an der auf dem Stimmzettel vorgesehenen<br />

Stelle. Stimmzettel, auf denen mehr als eine Bewerberin<br />

angekreuzt oder die mit einem besonderen Merkmal versehen sind<br />

oder aus denen sich der Wille der Wählerinnen nicht zweifelsfrei<br />

ergibt, sind ungültig.<br />

(2) Die Wahl findet in einem Wahlraum statt, in dem die Möglichkeit<br />

einer unbeobachteten Abgabe der Stimme besteht. Die<br />

Stimmzettel werden unbeobachtet ausgefüllt <strong>und</strong> in eine verschlossene<br />

Wahlurne eingeworfen. In Dienststellen, in denen an mehreren<br />

Tagen gewählt wird, ist für alle Stimmvorgänge dieselbe<br />

Wahlurne zu verwenden, die bis zum Abschluß der Wahl nicht<br />

geöffnet werden darf. Während der Wahl sind mindestens zwei<br />

Wahlhelferinnen bestellt, so genügt die Anwesenheit eines Mitgliedes<br />

des Wahlvorstandes <strong>und</strong> einer Wahlhelferin.<br />

(3) Die Wählerin händigt den Wahlumschlag, in den der<br />

Stimmzettel eingelegt ist, dem Wahlvorstand aus, wobei sie ihren<br />

Namen angibt. Der Wahlumschlag ist in Gegenwart der Wählerin<br />

ungeöffnet in die Wahlurne einzuwerfen, nachdem die Stimmabgabe<br />

in der Wählerinnenliste vermerkt worden ist.<br />

§ 8<br />

Schriftliche Stimmabgabe<br />

(1) Der Wahlvorstand hat einer Wahlberechtigten, die an ihrer<br />

persönlichen Stimmabgabe verhindert ist, auf ihr Verlangen<br />

1. das Wahlausschreiben,<br />

2. den Stimmzettel <strong>und</strong> den Wahlumschlag,<br />

3. eine vorgedruckte, von der Wählerin abzugebende Erklärung, in<br />

der diese gegenüber dem Wahlvorstand versichert, daß sie den<br />

Stimmzettel persönlich gekennzeichnet hat, sowie<br />

4. einen größeren Freiumschlag, der die Anschrift des Wahlvorstandes<br />

<strong>und</strong> als Absender Namen <strong>und</strong> Anschrift der Wahlberechtigten<br />

sowie den Vermerk „Schriftliche Stimmabgabe“ trägt,<br />

auszuhändigen oder zu übersenden. Der Wahlvorstand soll der<br />

Wählerin ferner ein Merkblatt über die Art <strong>und</strong> Weise der schriftlichen<br />

Stimmabgabe aushändigen oder übersenden. Der Wahlvorstand<br />

hat die Aushändigung oder die Übersendung der Unterlagen<br />

in der Wählerinnenliste zu vermerken.<br />

(2) Der Wahlvorstand kann die schriftliche Stimmabgabe beschließen.<br />

Für diesen Fall sind die in Absatz 1 bezeichneten Unterlagen<br />

den Wahlberechtigten unaufgefordert zu übersenden.<br />

(3) Die Wählerin gibt ihre Stimme in der Weise ab, daß sie<br />

1. den Stimmzettel unbeobachtet persönlich kennzeichnet <strong>und</strong> in<br />

den Wahlumschlag einlegt,<br />

2. die vorgedruckte Erklärung unter Angabe des Ortes <strong>und</strong> des<br />

Datums unterschreibt <strong>und</strong><br />

3. den Wahlumschlag in den der Stimmzettel gelegt ist, <strong>und</strong> die<br />

unterschriebene Erklärung in dem Freiumschlag verschließt <strong>und</strong><br />

diesen so rechtzeitig an den Wahlvorstand absendet oder übergibt,<br />

daß er vor Abschluß der Stimmabgabe vorliegt.<br />

§ 9<br />

Behandlung der schriftlich abgegebenen Stimmen<br />

(1) Unmittelbar vor Abschluß der Stimmabgabe öffnet der<br />

Wahlvorstand in öffentlicher Sitzung die bis zu diesem Zeitpunkt<br />

eingegangenen Freiumschläge <strong>und</strong> entnimmt ihnen die Wahlumschläge<br />

sowie die vorgedruckten Erklärungen. Ist die schriftliche<br />

Stimmabgabe ordnungsgemäß erfolgt (§ 8), legt der Wahlvorstand<br />

die Wahlumschläge nach Vermerk der Stimmabgabe in der Wählerinnenliste<br />

ungeöffnet in die Wahlurne.<br />

(2) Verspätet eingehende Freiumschläge hat der Wahlvorstand<br />

mit einem Vermerk über den Zeitpunkt des Eingangs ungeöffnet zu<br />

den Wahlunterlagen zu nehmen. Sie sind einen Monat nach Bekanntgabe<br />

des Wahlergebnisses ungeöffnet zu vernichten, wenn<br />

die Wahl nicht angefochten worden ist.<br />

§ 10<br />

Feststellung des Wahlergebnisses<br />

(1) Unverzüglich nach Abschluß der Stimmabgabe nimmt der<br />

Wahlvorstand öffentlich die Auszählung der Stimmen vor <strong>und</strong><br />

stellt das Wahlergebnis fest.<br />

(2) Zur <strong>Frauen</strong>vertreterin ist gewählt, wer die meisten der abgegebenen<br />

Stimmen auf sich vereinigt. Bei Stimmengleichheit<br />

entscheidet das Los. Dies gilt entsprechend für die Kandidatin mit<br />

der nächsthöchsten Stimmenzahl, die im Verhinderungsfall die<br />

<strong>Frauen</strong>vertreterin vertritt.<br />

(3) Der Wahlvorstand fertigt über das Ergebnis eine Niederschrift,<br />

die von der Vorsitzenden <strong>und</strong> mindestens einem weiteren<br />

Mitglied des Wahlvorstandes zu unterschreiben ist. Die Niederschrift<br />

muß die Zahl der abgegebenen gültigen <strong>und</strong> ungültigen<br />

Stimmen, die auf jede Bewerberin entfallenen gültigen Stimmen<br />

sowie den Namen der gewählten Bewerberin enthalten.<br />

§ 11<br />

Benachrichtigung der Gewählten, Annahme der Wahl <strong>und</strong> Bekanntmachung<br />

der Gewählten<br />

(1) Der Wahlvorstand benachrichtigt die zur <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

Gewählte unverzüglich schriftlich gegen Empfangsbestätigung von<br />

ihrer Wahl. Die Wahl gilt als angenommen, wenn die zur <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

Gewählte nicht innerhalb von drei Arbeitstagen nach<br />

Zugang der Benachrichtigung dem Wahlvorstand mitteilt, daß sie<br />

die Wahl ablehne. Lehnt eine zur <strong>Frauen</strong>vertreterin Gewählte die<br />

Wahl ab, tritt an ihre Stelle die Kandidatin mit der nächsthöchsten<br />

Stimmenzahl. Dies gilt entsprechend für die Stellvertreterin der<br />

<strong>Frauen</strong>vertreterin, die diese nach deren Amtsantritt im Verhinderungsfall<br />

vertritt.<br />

(2) Sobald die Namen der <strong>Frauen</strong>vertreterin <strong>und</strong> ihrer Stellvertreterin<br />

endgültig feststehen, macht der Wahlvorstand sie durch<br />

Aushang bekannt <strong>und</strong> teilt sie der Dienststelle <strong>und</strong> dem Personalrat<br />

mit. Der Aushang ist für die Dauer von zwei Wochen an einer oder<br />

mehreren geeigneten Stellen auszuhändigen <strong>und</strong> in gut lesbarem<br />

Zustand zu erhalten.<br />

§ 12<br />

Aufbewahrung der Wahlunterlagen<br />

Die Wahlunterlagen werden von der <strong>Frauen</strong>vertreterin mindestens<br />

bis zur Beendigung ihrer Amtszeit aufbewahrt.<br />

§ 13<br />

Inkrafttreten<br />

Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung im Gesetz<strong>und</strong><br />

Verordnungsblatt für <strong>Berlin</strong> in Kraft.<br />

<strong>Berlin</strong>, den 3. Juni 1993<br />

Der Senat von <strong>Berlin</strong><br />

Diepgen Christine Bergmann<br />

Regierender Bürgermeister Senatorin<br />

für Arbeit <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong><br />

69


Anlage 2<br />

(zu § 1 Abs. 2 FFV)<br />

74


Gesetz- <strong>und</strong> Verordnungsblatt für <strong>Berlin</strong> 58. Jahrgang Nr. 13 24. April 2002 123<br />

Verordnung<br />

über statistische Angaben <strong>und</strong> Analysen zur Beschäftigtenstruktur<br />

sowie zur Besetzung von Gremien für den Bericht<br />

über die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes<br />

(Gleichstellungsberichtsverordnung – GleiBV)<br />

Vom 9. April 2002<br />

Auf Gr<strong>und</strong> des § 19 Abs. 4 des Landesgleichstellungsgesetzes<br />

vom 31. Dezember 1990 (GVBl. 1991 S. 8), zuletzt<br />

geändert durch Gesetz vom 8. Oktober 2001 (GVBl. S. 530),<br />

wird verordnet:<br />

§ 1<br />

Datenerhebung<br />

(1) Jede Einrichtung nach § 1 Abs. 1 des Landesgleichstellungsgesetzes<br />

erhebt folgende Angaben zur Analyse von<br />

Struktur <strong>und</strong> Entwicklung der Beschäftigtenzahlen, soweit<br />

nicht eine Regelung nach Satz 2 <strong>und</strong> 3 entgegensteht:<br />

1. Zahl der Beschäftigten zum Stichtag der Erhebung,<br />

2. Zahl der Stellenbesetzungen <strong>und</strong> der Beförderungen oder<br />

Höhergruppierungen im Erhebungszeitraum,<br />

jeweils gegliedert nach<br />

Geschlecht,<br />

- Umfang des Beschäftigungsverhältnisses (Vollzeit/Teilzeit),<br />

- Art des Beschäftigungsverhältnisses (Beamte / Beamtinnen,<br />

Richter / Richterinnen, Angestellte, Arbeiter / Arbeiterinnen)<br />

<strong>und</strong><br />

- Laufbahngruppe sowie Besoldungs-, Vergütungs- <strong>und</strong><br />

Lohngruppe (Einstufung) im gehobenen <strong>und</strong> höheren<br />

Dienst,<br />

3. a) Zahl der Beschäftigten in Leitungsfunktionen zum<br />

Stichtag der Erhebung sowie<br />

b) Zahl der Besetzungen dieser Positionen im Erhe-<br />

bungszeitraum,<br />

jeweils gegliedert nach<br />

- Geschlecht,<br />

- Umfang des Beschäftigungsverhältnisses (Vollzeit/Teilzeit),<br />

- Laufbahngruppe sowie<br />

- Leitungsfunktionen im höheren Dienst (Abteilungsleitung<br />

<strong>und</strong>/oder Einrichtungsleitung, Referatsleitung sowie Gruppen-<br />

<strong>und</strong> Sachgebietsleitung bzw. vergleichbare Leitungsaufgaben)<br />

mit Angabe der Einstufung.<br />

Eine Einrichtung, die nicht die für Behörden übliche Personalstruktur<br />

oder sonstige vergleichbare Besonderheiten<br />

aufweist, übermittelt mit Zustimmung der für <strong>Frauen</strong>politik<br />

zuständigen Senatsverwaltung abweichende, ihrem jeweils<br />

besonderen Aufbau entsprechende Daten. Dies gilt auch für<br />

eine Einrichtung mit geringer Beschäftigtenzahl.<br />

(2) Die Datenerhebung zu Gremien umfasst Beiräte <strong>und</strong><br />

Sachverständigenkommissionen, Auswahl- <strong>und</strong> Prüfungsausschüsse/<br />

-kommissionen, Organe <strong>und</strong> Aufsichtsgremien<br />

sowie vergleichbare Gremien, die zu Fragen von erheblicher<br />

Bedeutung entscheiden oder beraten. Dazu werden folgende<br />

Angaben erhoben:<br />

1. je Gremium im Bereich der Einrichtung (§ 15 Abs. 2 des<br />

Landesgleichstellungsgesetzes)<br />

- Name <strong>und</strong> Aufgabe des Gremiums,<br />

- Rechtsgr<strong>und</strong>lage <strong>und</strong> Amtszeit der Mitgliedschaft,<br />

- Zuständigkeit für die Zusammensetzung <strong>und</strong> das Aus-<br />

wahlverfahren,<br />

- Zahl der Mitglieder getrennt nach Geschlecht, wobei die Zahl<br />

der Mitglieder aus Einrichtungen nach § 1 Abs. 1 des Landesgleichstellungsgesetzes<br />

gesondert auszuweisen ist;<br />

2. je Gremium außerhalb des Geltungsbereiches des Landes-<br />

gleichstellungsgesetzes (§ 15 Abs. 3 des Landesgleichstel-<br />

lungsgesetzes)<br />

- Name des Gremiums,<br />

- Zahl der Mitglieder, die von der Einrichtung entsandt wurden,<br />

getrennt nach Geschlecht, jeweils zum Stichtag der Erhe-<br />

bung.<br />

§ 2<br />

Einzelberichte<br />

Jede Einrichtung berichtet<br />

1. zu den unter § 1 aufgeführten Daten, insbesondere zur<br />

Unterrepräsentanz von <strong>Frauen</strong> sowie<br />

2. über Maßnahmen, Ziele <strong>und</strong> Ergebnisse der <strong>Frauen</strong>förderung,<br />

insbesondere zur Vereinbarkeit von Beruf <strong>und</strong> Familie<br />

sowie zur Aus-, Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung.<br />

§ 3<br />

Stichtag, Erhebungszeitraum<br />

Alle Daten werden im Abstand von zwei Jahren von der für<br />

<strong>Frauen</strong>politik zuständigen Senatsverwaltung erhoben. Die<br />

Erhebung der Daten gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 <strong>und</strong> 3 a) sowie<br />

Abs. 2 erfolgt beginnend mit dem Jahr 2004 zum Stichtag<br />

30. Juni. Die Erhebung der Daten zu § 1 Abs. 1 Nr. 2 <strong>und</strong> 3 b)<br />

erfolgt jeweils für einen Zeitraum von zwei Jahren. Der erste<br />

Erhebungszeitraum beginnt am 1. Juli 2002 <strong>und</strong> endet am<br />

30. Juni 2004.<br />

§ 4<br />

Erhebungsunterlagen <strong>und</strong> Berichterstattung<br />

(1) Die Daten <strong>und</strong> Einzelberichte werden auf den von der für<br />

<strong>Frauen</strong>politik zuständigen Senatsverwaltung vorgegebenen<br />

Erhebungsunterlagen mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung<br />

erfasst <strong>und</strong> übermittelt.<br />

(2) Für den Bericht an das Abgeordnetenhaus erstellt die für<br />

<strong>Frauen</strong>politik zuständige Senatsverwaltung aus den Daten <strong>und</strong><br />

Einzelberichten der Einrichtungen eine zusammenfassende<br />

Analyse zur Struktur <strong>und</strong> Entwicklung der Beschäftigung von<br />

<strong>Frauen</strong> sowie zur Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes.<br />

Dabei kann zu unterschiedlichen Schwerpunkten berichtet<br />

werden.<br />

§ 5<br />

Inkrafttreten<br />

Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung im<br />

Gesetz- <strong>und</strong> Verordnungsblatt für <strong>Berlin</strong> in Kraft.<br />

<strong>Berlin</strong>, den 9. April 2002<br />

Der Senat von <strong>Berlin</strong><br />

Klaus Wo w e r e i t Gregor Gy s i<br />

Regierender Bürgermeister Senator für Wirtschaft,<br />

Arbeit <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong><br />

75


Abkürzungsverzeichnis<br />

a.a.O. am angegebenen Ort<br />

Abs. Absatz<br />

ArbGG Arbeitsgerichtsgesetz<br />

Art. Artikel<br />

BaWü PersVG Personalvertretungsgesetz Baden-Württemberg<br />

BayVGH Bayerischer Verwaltungsgerichtshof<br />

BerlHG <strong>Berlin</strong>er Hochschulgesetz<br />

BGleiG Gesetz zur Gleichstellung von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männern in der B<strong>und</strong>esverwaltung <strong>und</strong> in den Gerichten<br />

des B<strong>und</strong>es – B<strong>und</strong>esgleichstellungsgesetz –<br />

BPersVG B<strong>und</strong>espersonalvertretungsgesetz<br />

BrPersVG Personalvertretungsgesetz Bremen<br />

Buchholz Sammel- <strong>und</strong> Nachschlagewerk der Rechtsprechung des B<strong>und</strong>esverfassungsgerichts, herausgegeben<br />

von Buchholz K.<br />

BVerwG B<strong>und</strong>esverwaltungsgericht<br />

BVerwGE Entscheidungssammlung des B<strong>und</strong>esverwaltungsgerichts<br />

DöD Der öffentliche Dienst (Zeitschrift)<br />

Dok.Ber. Dokumentarische Berichte des B<strong>und</strong>esverwaltungsgerichts<br />

DrS Drucksache<br />

EG-Vertrag Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft<br />

ff. Folgende [Seiten]<br />

FFG-B<strong>und</strong> Gesetz zur Förderung von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> der Vereinbarkeit von Familie <strong>und</strong> Beruf in der B<strong>und</strong>esverwaltung<br />

<strong>und</strong> den Gerichten des B<strong>und</strong>es (<strong>Frauen</strong>fördergesetz – FFG)<br />

FFV Verordnung über die Förderung von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> die Vereinbarkeit von Beruf <strong>und</strong> Familie bei<br />

der Vergabe öffentlicher Aufträge (<strong>Frauen</strong>förderverordnung – FFV)<br />

FN Fußnote<br />

GG Gr<strong>und</strong>gesetz<br />

GKÖD Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht<br />

GleiBV Verordnung über statistische Angaben <strong>und</strong> Analysen zur Beschäftigtenstruktur sowie zur Besetzung<br />

von Gremien für den Bericht über die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes (Gleichstellungsberichtsverordnung<br />

– GleiBV)<br />

GlG Ba-Wü Gesetz zur Förderung der beruflichen Chancen für <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> der Vereinbarkeit von Familie<br />

<strong>und</strong> Beruf im öffentlichen Dienst des Landes Baden-Württemberg (Landesgleichberechtigungsgesetz)<br />

GVBL. Gesetz- <strong>und</strong> Verordnungsblatt<br />

Hess GlG Hessisches Gesetz über die Gleichberechtigung von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männern <strong>und</strong> zum Abbau von<br />

Hess GleichberG Diskriminierungen von <strong>Frauen</strong> in der öffentlichen Verwaltung<br />

(Hessisches Gleichberechtigungsgesetz – HGlG – )<br />

HessVGH Hessischer Verwaltungsgerichtshof<br />

i.d.F. in der Fassung<br />

iSd im Sinne des<br />

i.V.m. in Verbindung mit<br />

LADG Landesantidiskriminierungsgesetz<br />

LGG Landesgleichstellungsgesetz<br />

m.w.N. mit weiteren Nachweisen<br />

NVwZ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht<br />

NVwZ-RR Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht – Rechtsprechungsreport Verwaltungsrecht<br />

NZA-RR Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht – Rechtsprechungsreport<br />

OVG Oberverwaltungsgericht<br />

PersR Der Personalrat, Zeitschrift für das Personalrecht im öffentlichen Dienst<br />

PersVG Personalvertretungsgesetz<br />

PersVG Bln Personalvertretungsgesetz <strong>Berlin</strong><br />

Rdnr. Randnummer<br />

SaarlLGG Landesgleichstellungsgesetz des Saarlandes zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von <strong>Frauen</strong><br />

<strong>und</strong> Männern<br />

SchulG Schulgesetz<br />

SchulVerfG Schulverfassungsgesetz<br />

SchwerbehG Schwerbehindertengesetz<br />

VG Verwaltungsgericht<br />

VwGO Verwaltungsgerichtsordnung<br />

WOFrau Verordnung über die Wahl zur <strong>Frauen</strong>vertreterin<br />

ZBR Zeitschrift für Beamtenrecht<br />

ZfBR Zeitschrift für deutsches <strong>und</strong> internationales Bau- <strong>und</strong> Vergaberecht<br />

77


Impressum<br />

Herausgeber:<br />

Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong><br />

Martin-Luther-Straße 105<br />

10825 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030/9013-7418<br />

Fax: 030/9013-8281<br />

Redaktion:<br />

Barbara Affolter<br />

Gabriele Cüppers<br />

Kornelia Duwe<br />

Dr. Gabriele Kämper<br />

Gabriele Lubanda<br />

Denise Queckenstedt<br />

Marianne Rühl-Andresen<br />

Christine Simon<br />

Dr. Helga Voth<br />

Satz <strong>und</strong> Grafik:<br />

Kerstin Bigalke, <strong>Berlin</strong><br />

Druck:<br />

Mercedesdruck <strong>Berlin</strong><br />

Download dieser Broschüre <strong>und</strong> des dazugehörigen Materialienbandes unter:<br />

http://www.berlin.de/imperia/md/content/senatsverwaltungen/senwaf/frauen/lgg-broschuere.pdf<br />

(Broschüre)<br />

http://www.berlin.de/imperia/md/content/senatsverwaltungen/senwaf/frauen/lgg-materialien.pdf<br />

(Materialien)<br />

Weitere Informationen bei:<br />

Dr. Gabriele Kämper<br />

Tel.: 030/9013-8911<br />

Fax: 030/9013-8902<br />

e-mail: gabriele.kaemper@senwaf-verwalt-berlin.de<br />

<strong>Berlin</strong>, März 2006<br />

Diese Informationsschrift ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit des Landes <strong>Berlin</strong>. Sie ist nicht zum Verkauf<br />

bestimmt <strong>und</strong> darf nicht zur Werbung für politische Parteien verwendet werden.

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