bonnie »prince« billy & band - Fabrik Gastronomiebetriebs GmbH
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Alles auf Anfang<br />
Kein Konzert. Als Messe, als „unterschwellig<br />
dräuende musikalische Apokalypse“,<br />
hat man die Konzerte David<br />
Eugene Edwards zu beschreiben versucht.<br />
Die sakrale Terminologie kommt<br />
nicht von ungefähr: Zitternd thront<br />
seine einzigartige, fiebrige Stimme über<br />
den Kompositionen, die, abwechselnd<br />
auf die eigene Verderbtheit und die der<br />
gesamten Menschheit verweisend,<br />
Edwards spirituellen Prozesse und<br />
Kämpfe offen legt. Nichts wird hier<br />
leicht genommen, es wird gepredigt und<br />
gedrängt. Auch im Musikalischen bleibt<br />
nichts, wie es war, wie es gestern noch<br />
schien. Man erinnere sich an den überraschenden<br />
Verlauf des letztjährigen<br />
Konzertes.<br />
Stefan Krulle schrieb in der Welt:<br />
„Zunächst geschah vor Edwards, der mit<br />
dem Akkordeon auf den Knien startete,<br />
was auch beim letzten Mal und dem<br />
vorletzten bei ihm geschehen war: Wir<br />
bekamen Gänsehaut und tranken unser<br />
Bier ein bisschen schneller als gewohnt.<br />
Dann aber machte der Kerl uns einen<br />
Strich durch die Rechnung und<br />
mutierte unversehens zum Rocker.<br />
...Auch früher waren einige seiner<br />
Songs, meist in Moll und sinistrer<br />
HAZMAT MODINE<br />
„Erleuchteter Wahnsinn“ (Die Welt)<br />
WOVEN HAND<br />
Melancholie angelegt, in Heftigkeit entglitten,<br />
aber meist hatte er sie selbst aus<br />
dem Nachtasyl zurück gerettet. Dieses<br />
Mal war ihm ganz offenbar danach,<br />
seine Lieder auszuprobieren. Mal zu<br />
sehen, was mit ihnen so gehen könnte.<br />
Und so schickte er eines nach dem<br />
anderen von ihnen wie durch einen<br />
Kompressor, um sie als hoch verdichtetes,<br />
ungewohnt hartes und lautes Konzentrat<br />
wieder zu entlassen ins Leben.<br />
Die akustischen Gitarren, die hinter ihm<br />
standen, sollte er gar nicht erst anrühren<br />
an diesem Abend. Sein Bassist stand<br />
mit dem Rücken zum Publikum direkt<br />
vor den Verstärkern und ließ sein Instrument<br />
in Rückkopplungen brummen und<br />
heulen, der Schlagwerker schlug zu, so<br />
doll er konnte, die zweite Gitarre neben<br />
der des David Eugene krachwerkte<br />
durch den atemlosen Saal, Edwards<br />
drehte sich auf seinem Stuhl einmal<br />
nicht so possierlich wie sonst, sondern<br />
um brachiale Soli physisch zu untermalen.<br />
Doch was er auch tat: die Gänsehaut<br />
blieb. Wir können auch anders, so<br />
schien das Motto zu lauten. Seine alten<br />
Lieder zeigten uns plötzlich grandiose,<br />
neue und ungeheuer große Panoramen,<br />
hinweg über lärmend in Granit gemei-<br />
David Eugene Edwards<br />
ßelte Landschaften. Was Woven Hand<br />
bislang ausmachte - das Suhlen in Morbidität,<br />
in verglühender Emphase, in<br />
radikaler Umdeutung des eigenen<br />
Schaffens und die sehr eigene Art, die<br />
fragile Koexistenz von Americana, Folk,<br />
Blues-Fragmenten und christlich moti-<br />
In Worte lässt sich weder die Musik dieses New Yorker Sextetts noch die Begeisterung<br />
fassen, die sie auslösen. Die Musik des Malers, Sängers, Gitarristen und<br />
Harpvirtuosen Wade Schumann klingt wie eine leidenschaftliche Hommage an<br />
das ethnisch bunt gemischte Brooklyn der 30er Jahre - mitsamt seinem Charme<br />
und seiner sinnlich-verschwitzten Lebensnähe. Über rumpelnden Grundsound<br />
spielt Wade Schumann seine Mundharmonika und singt mit kratziger Stimme<br />
skurrile Geschichten von Bahamut, einem Fisch, auf dessen Rücken die ganze<br />
Welt ruht.<br />
Im vergangenen Jahr, ebenfalls im Juli, waren Hazmat Modine erstmals in Hamburg.<br />
Wie grandio es war, war anderntags in der Welt zu lesen: „Der erste Auftritt<br />
des New Yorker Ensembles drohte gleich nach dem ersten, wundervollen<br />
Song zur Genugtuung für die Fans von Frühschoppen-Jazz zu werden. Ohne den<br />
schrägen Gesang des Bandleaders Wade Schuman und ziemlich traditionell<br />
instrumentiert driftete die Musik des auf Platte so genialischen Septetts wie in<br />
der Flaute vor dem Strand dahin. Eine Stunde später allerdings schien es uns, als<br />
habe Schuman nur wie beim Pokern gezockt und uns schlichtweg hingehalten.<br />
Je länger der Spuk nämlich währte, desto tolldreister intonierten er und seine<br />
Kollegen das, was gemeinhin als Blues in keinem allzu innovativen Ruf steht,<br />
obwohl der alle Voraussetzungen dazu in sich birgt. ...Die glücklicherweise schwer<br />
neugierigen Zuhörer - übrigens eine Spezies, die offenbar noch lange nicht vom<br />
Aussterben bedroht ist - goutierten jeden geglückten Versuch Schumans, den<br />
Gevatter Blues auf die Schräge zu führen und ihn sodann von seiner famosen<br />
Band gerade noch kurz vor dem Absturz retten zu lassen. Klezmer, osteuropäischer<br />
Folk, der Jazz in beinahe all seinen Ausprägungen, sogar zwei, drei Takte<br />
schnöder Pop, warfen ihre Anker aus. Und Wade Schuman, geradezu ein Prototyp<br />
des New Yorkean Jewish Intellectual, wob die bunt bestickte Decke um seinen<br />
gerade erst gehobenen Schatz und saß stolz lächelnd in der Mitte seiner<br />
grandiosen Schöpfung. Über 500 Gäste applaudierten einem Manne, dessen<br />
Name noch vor einer Woche in Hamburg so bekannt war wie der Wechselkurs<br />
vom Euro zur kasachischen Tenge. Solche kleinen Wunder braucht die Musikwelt<br />
ungeheuer dringend.“<br />
Gibt’s nochmal: Hazmat Modine am 31. Juli in der FABRIK.<br />
(Stefan Krulle/cs)<br />
3<br />
vierter Lyrik zu demontieren -, all das<br />
führte Edwards an neue Ufer, und uns<br />
gleich mit.“<br />
Alles auf Anfang - am 20. Juli mit<br />
David Eugene Edwards und Woven<br />
Hand in der FABRIK.